NEWS & JOURNAL / SPORT-BH-TEST/ FOTOSTORY: UNLAUFBAR, ABER GEIL
TRAIL MAGAZIN
DAS LAUFMAGAZIN NR.1 FÜR TRAILRUNNING
04 2023 Juli August
ULTRA
DEUTSCHLAND € 8,40 ÖSTERREICH € 9,20 SCHWEIZ SFR 13,50 LUXEMBURG € 9,70 ITALIEN € 11,30 SPANIEN € 11,30 FRANKREICH € 11,30
WWW.TRAIL-MAGAZIN.DE
EVENTS IA
AN T R A N SV U L C IL CITY & TRA TRAIL CHIEMGAU UTFS
TRAIL DER ULTIMATIVE
TRAININGS-GUIDE
IM TEST
Interview: Frauen auf dem Trail: Wie weiblich ist Trailrunning?
14
8 Trailschuh-Highlights für den heißen Sommer Leichte Racevests für Wettkampf und Training
TYPEN
Zegama-Siegerin Daniela Oemus im Porträt
REPORT
Vom großen Glück: mein Tag auf Trails
Menschen, die Trailrunning verändert haben!
STUFF
Neue Produkte, die der Sommerhitze trotzen
REISE
Auch Inseln sind Berge: Trails auf Rügen
This is trail running
www.salomon.com
EDITORIAL Liebe Trailrunnerinnen und Trailrunner, liebe Alle, mit dieser Ausgabe Eures Lieblingsmagazins möchte ich ein „Mission Statement“ erläutern, etwas, das wir als Redaktion mit den folgenden Seiten sozusagen erreichen möchten. Wir möchten Euch abholen, Euch vom Stromnetz nehmen, so etwas wie ein Saunabesuch sein, ein nettes Treffen mit Freunden im Restaurant. Eine Auszeit. Schnappt Euch das TRAIL Magazin, sucht Euch ein ruhiges Plätzchen (darf auch das WC sein) und blättert entspannt in die Welt des Laufsports auf unbefestigten Wegen. Wir wollen Eure Oase sein, etwas, das dem stressigen Alltag entgegen steht. Was wir nicht sein wollen – austauschbar und meinungslos. Deshalb haben wir in dieser Nummer auch wieder viele Inhalte, Interviews und Produkttests, die ganz klare Positionen einnehmen. Zum Beispiel ab Seite 52 in einem langen Gespräch mit drei spannenden Frauen, die im Trailrunning nicht nur ihre Profession, sondern auch ein Umfeld gefunden haben, in dem sie sich ausdrücken und ausleben können. Der Herausgeber dieser Zeitschrift hat aus seiner Arbeit sogar den "perfekten Tag" gemacht. Die Überstunden wurden dabei nicht angerechnet und das ist okay so (Die Story ab Seite 38). Viel Spaß in diesem Trailsommer und immer schön Sonnencreme auftragen und genug trinken.
4 Menschen dieser Ausgabe
Laura Hampel
Sie ist eine von drei Terrex Damen, mit der wir über Frauen im Trailrunning Sport sprachen. Kurz nach unserem Interview siegte sie beim Chiemgau Trailrun. Seite 52
Daniela Oemus
Was ein Ding! Daniela überraschte uns alle und siegte in Zegama. Wir haben die WM-Teilnehmerin nur drei Tage später getroffen. Seite 82
Marc Dürr
Der amtierende Deutsche Meister im Skibergsteigen aus Band Hindelang gehört auch bei den Skyraces im Sommer zu den besten Deutschen und vielleicht schafft der 27-Jährige bei der WM in Innsbruck eine ganz große Überraschung. Ab Seite 64
Ramona Falk
TRAIL-Herausgeber Denis Wischniewski hat das TRAIL Magazin 2008 als Online-Magazin gegründet und die imposante Entwicklung des TRAILRUNNING-Sports begleitet. Mit der Weltmeisterschaft in Innsbruck könnte sein Hobby und seine Passion an einer Weggabelung angekommen sein.
20 6/2 0 1 8 3 4/2023
Ramona liebt die felsigen und verblockten Trails. Wir waren mit unserer Strecken-Patin des Soiern Skyraces auf eben jener Strecke unterwegs und leiteten die alpine Saison auf myvirtualtrail.de ein. Ab Seite 78
INHALT
STANDARDS EDITORIAL 3 INHALT 4 NEWS 14 MYVIRTUALTRAIL.DE 78 IMPRESSUM 84 PRAXISTEST 92 MORALFRAGE 98
15 Jahre Trail 2008 - 2023
58 8 TRAILSCHUHE
46
Im großen Trailschuhtest der letzten Ausgabe #3/23 haben nicht alle neuen Trailschuhe Platz gefunden - ein Nachtrag!
6 FOTOSTORY
Diese BIG PICTURES erzählen vom Laufen, wenn es unlaufbar ist! Es zeigt das, was wir lieben und manchmal verteufeln.
14 NEWS/JOURNAL
16 32 TRAINING
ULTRA! Die langen Trails stehen im Fokus der Trainings-Story von Profi-Coach Lars Schweizer. Alles zum perfekten Ultratrail!
Denis Kolumne, Produkte, Pro & Contra, Alkohol läuft mit, Produkte mit Muster, neue Homepage, ITRA, Skyrunning, ...
38 WUNSCHTAG 26 TYPEN
Unser Autor lebte einen Tag genau so, wie er ihn wünschte und es passierte - lest selbst!
14 Menschen, die den Trailsport veränderten und Spuren hinterlassen haben in kurzen Porträts, .
64 CITY & TRAIL
Einmal hoch und einmal runter. Beim City & Trail in Bad Reichenhall feiert Trailrunning hinauf zum Hochstaufen seine Faszination in der Stringenz. Das Salomon-Team war fast komplett am Start und wir an der Strecke.
78 MYVIRTUALTRAIL 46 RÜGEN
Mit den Schwiegereltern auf Rügen. Nun ja, das ist für Clemens Niedenthal eine Sache die läuft, weil es auf der Insel läuft. Im Test: Sport BHs 44 7 gute Nachrichten 74 Foto der Ausgabe 92 Moral 98
20 6/2 0 1 8 4 4/2023
Traumsonntag: Mit Streckenpatin Ramona auf einer flotten Runde um die Soiernspitze und auf der alpinsten Strecke der Plattform.
A D IDAS T ERREX SOULSTRIDE FLOW // FÜR LANGE TAGE AUF DEN TRAILS
FOTOREPORT Schweres Terrain Text : BENNI BUBLAK
Foto: Ian Corless
ROUGH
ab 6
4/2023
ber schön
"Das hat doch mit Laufen nichts mehr zu tun!" sagen sie. Aber sie vergessen dabei, dass wir Trailrunner sind und uns die Strecken genau so aussuchen, wie sie manchmal von der Natur vorgegeben sind. Diese Bilder erzählen davon... 7
4/2023
Fotos: Philipp Reiter, Alexis Berg
FOTOREPORT Schweres Terrain
Die Geschwister El Kott bei einem Trainingslauf auf den Kanaren kurz vor Sonnenuntergang
Irgendwie im Taunus: Späte Herbstsonne geht unter und Kälte schiebt sich in Feld und Flur.
8
4/2023
Foto: Jimmy Hyland
Unlaufbar hat viele Gesichter. Auch wenn es paradox klingt: Unlaufbar ist Teil des Trail-Laufens.
9
4/2023
Foto: Jakob Edholm
Wir Trailrunner sind Läufer. Soviel ist klar. Und doch gibt es da diese Elemente in unserem Sport, die uns abgrenzen vom klassischen Laufsport. Besonders deutlich wird das in den extremen Momenten, wenn uns das Gelände eine beherzte Flugphase von einem Bein auf das andere, gemeinhin als Laufen bezeichnet, verwehrt. Bei dem einen ist das früher der Fall, bei der anderen vielleicht erst später. Der eine liebt unseren Sport genau wegen dieser Momente, der andere kann gut und gerne darauf verzichten. Ich gehöre zur ersteren Sorte. Als technisch bezeichnen wir gemeinhin eine Strecke, wenn sie weniger laufbar ist. Technik braucht man bei fast allen Sportarten. Ein gute Schusstechnik beim Fußball, eine gute Schwungtechnik beim Golfen, eine gute Schlagtechnik beim Tennis. Beim klassischen Laufen ist Technik sekundär. Ok, wir reden auch oft über gute Lauftechnik. Aber mal ehrlich: Viel wichtiger ist ein guter Motor. Oder wie sonst hätte Emil „Die Lokomotive“ Zatopek so erfolgreich werden können. Bewegen wir uns weg von der Straße oder gut ausgebauten Wegen hinein ins Gelände, kommt auch beim Laufen der Faktor Technik hinzu. Viele können wahrscheinlich gut darauf verzichten, mir hingegen kommt das entgegen. Ich habe keinen Motor wie Zatopek. Klar, ich gebe mein Bestes, um meine Ausdauerleistungsfähigkeit zu verbessern, aber irgendwann zeigt einem der eigene Körper auch hier Grenzen auf. In diesen Momenten bin ich froh, wenn unser Sport noch diese weitere Komponente aufweist. Die Technik. Downhill-Technik, aber auch möglichst effizientes Bewegen im verblockten, versandeten oder matschigem Terrain, bis hin zu Sicherheit und schnellem Fortbewegen in leichten Kraxel-Passagen. Das sogenannte Scrambling. Unlaufbar hat viele Gesichter. Auch wenn es paradox klingt: Unlaufbar ist Teil des Trail-Laufens. Und das ist gut so. Denn sind wir doch mal ehrlich: Am Ende sind es doch genau diese Passagen, die Würze und Abwechslung in unseren Sport bringen. Sind sie vorbei, freut man sich umso mehr, es wieder laufen lassen zu können.
FOTOREPORT Schweres Terrain
Fotos: Harald Wisthaler
Der Dynafit Transalpine Run führt über mehrere Etappen über die Alpen und bringt in den Höhen natürlich auch wegloses Terrain mit sich.
10 4/2023
Fotos: JPhilipp Reiter
Beim legendären Wüstenmarathon, Marathon des Sables, läuft man auch über Dünen - vor allem aber eine ganze Woche in Selbstversorgung.
11 4/2023
FOTOREPORT Schweres Terrain
Jonas Russi (Team Hoka) fokussiert durch die Nacht und ganz ohne Schlafpause.
Foto: Brian Sharpe
Bewegen im verblockten, versandeten oder in matschigem Terrain, bis hin zu Sicherheit und schnellem Fortbewegen in leichten Kraxel-Passagen. Das sogenannte Scrambling.
Iris Pessey bei einem Rennen der Skyrunning Worldseries.
12 4/2023
U LT R AT R A I L F X . O N E S U P E R L I T E
LESS MEANS FASTER.
LEKI.COM
TICKER +++ Felix Weber stellt neuen Deutschen Rekord im 24-Stunden-Lauf auf: 278 Kilometer
NEWS&JOURNAL INSIDE
VERBANDSSACHE Vereine und Verbände sind Klasse! Wir zumindest sind große Fans dieses Konzepts. Da schließen sich Menschen zusammen, um ihren Sport zu fördern. Nicht um Geld zu verdienen, nicht um ein Geschäft voranzutreiben, nein da soll ein Sport und die Menschen, die ihn ausüben, strukturell organisiert, gefördert und unterstützt werden. Natürlich immer im Sinne der Mitglieder und Sportler. So zumindest die Grundidee. Der Deutsche Leichtathletik Verband ist die Vertretung aller Läufer:innen. Auch der Trailrunner:innen. Zumindest gibt es in Deutschland keinen Trailrunning Verband oder dergleichen. Selbst wenn es ihn gäbe, wie beispielsweise in Österreich, hätte dieser nur beschränkte Gestaltungsmöglichkeiten. Die Nominierungskompetenz für alle internationalen Meisterschaften liegt nämlich einzig und allein beim DLV. Der DLV entscheidet also, wer bei den Trailrun-
ning Welt- und Europameisterschaften startet und welche Unterstützung der oder die Athlet:in bekommt. In der Vergangenheit hatte man des Öfteren den Eindruck, dass so ein Verband, der sich vorrangig um Stadion-Laufsport, respektive Straßen-Laufsport kümmert, in einigen Bereichen doch eine relativ hohe Distanz aufweist, gegenüber einem doch recht eigenwilligen Sport, wie dem Trailrunning. Dass da in kurzen Splitshorts und Stadion-Singlets gelaufen wird, mag man ja noch mit einem Lächeln verschmerzen können. Dass bisher kaum Mittel bereitstanden, um die besten Trailrunner und Bergläufer auf ihrem Weg zu einem WM-Start zu unterstützen, vielleicht weniger. Berglauf und Trailrunning ist innerhalb des DLVs unter der Abteilung „Sportentwicklung/ Freizeit- und Gesundheitssport“ angesiedelt. Bei der letztjährigen WM wurden nur drei Athlet:innen nach
14 4/2023
Thailand entsandt. Unterstützung für die Athlet:innen, welche über die Reisekosten zu den Meisterschaften hinaus ging, gab es keine. Die Koordinatoren (Kurt König und Florian Reichert) die letztendlich die Nominierungsentscheidungen treffen und damit erste Ansprechpartner für die Athlet:innen sind, arbeiten ehrenamtlich. Auf Nachfrage hat der DLV uns zugesichert, dass den Sportarten Berglauf und Trailrunning innerhalb des DLVs in Zukunft eine stärkere Bedeutung zugesprochen wird. Tatsächlich wird schon in Innsbruck ein DLV-eigenes Medienteam live vor Ort berichten. „Die mediale Begleitung der WM und damit die Sichtbarkeit der Laufdisziplinen und deren Athlet:innen in der Öffentlichkeit ist uns sehr wichtig.“ Die mediale Berichterstattung in die eigene Hand zu nehmen, klingt aus unserer Sicht erstmal wie ein relativ ungewöhnlicher Schritt für einen Laufverband. Zumal die sicher nicht unendlich vorhandenen finanziellen Mittel dann vielleicht in anderen Bereichen fehlen. Stichwort Athletenförderung. „Wir sind kontinuierlich dabei, den Bereich im DLV weiterzuentwickeln und sehen ihn als festen und wichtigen Bestandteil der Leichtathletik“, heißt es weiter. Das klingt erstmal sehr positiv. Zu wünschen wäre, dass ein Verband darüber hinaus anerkennt, dass Berglauf und vor allem Trailrunning eben nicht nur ein weiterer Teil der Leichtathletik sind, sondern seine ganz eigenen, historisch gewachsenen Charakteristika mitbringt.
Fotos: Thomas Bekker
Kürzlich, aber leider nach Redaktionsschluss dieses Heftes, fand die Berg- und Traillauf Weltmeisterschaft in Innsbruck/Stubai statt. Zu diesem Anlass rückte ein Interessensvertreter in den Blickpunkt, dessen Berührungspunkte mit Trailrunning bisher rar waren: Der DLV
G LOS S E
Ein Glas Glück
Foto: Clemens Niedenthal
GEMACHT FÜRS LAUFEN GENAU WIE DU
Vertragen sich Alkohol und Trailrunning? Versuch einer Versöhnung. Was das obige Bild zeigt: ein sehr leckeres Bier. Worauf die Kappe im Hintergrund verweist: auf die 22 Kilometer, die ich zu diesem Bier gelaufen bin. Und, ja, es gibt Gründe, zu behaupten, dass ich ohne dieses Bier die nächsten 22 Kilometer schneller, effektiver und mit einer kürzeren Erholungszeit laufen würde. Kurz: Dass noch besser läuft, wer eben keinen Alkohol trinkt. Studien und Stimmung, also der Zeitgeist, sprechen dafür. Gerade unter jungen Athlet:innen erleben wir einen zunehmenden, teils grundsätzlichen Verzicht auf Alkohol. Zudem begegneten uns zuletzt recht grundsätzliche Debatten über das angeblich hemmungslose Trinken im Umfeld von Trailevents. Auch hier lautet unsere empirische Erfahrung: Früher war mehr Bier. Volksfestartige Ausschweifungen haben wir nach Rennen nicht erlebt. Nachzuweisen, dass der Verzicht auf Alkohol gut tut, ist einfach. Schließlich kann man medizinisch belegen, wie Alkohol wirkt. Wie aber berechnet man das Glücksgefühl, das mir obiges Bier beschert hat? Wie die Ausgeglichenheit, die uns ein Lebensstil beschert, der sich nicht nur einer Sache und den dazu perfekten Rahmenbedingungen unterordnet? Trinkt ein Bier, wenn ihr wollt. Oder eben keines, wenn ihr nicht wollt. Feiert an einem Freitag ruhig auch mal hart. Nur erwartet dann am Samstagmorgen keine Bestzeiten (wobei ein Lauf noch immer der verlässlich beste Weg ist, einen Kater loszuwerden). Und denkt nach einer Bestzeit bitte nicht als erstes daran, wie ihr schleunigst für die nächste Bestzeit regeneriert. Lasst los, auch mal das Laufen. www.silvasweden.com
NEWS&JOURNAL MEINUNG
PRO/CONTRA
Foto: Ian Corless
Woran man die Qualität eines alpinen Ultras misst? An der Summe seiner Höhenmeter! Dabei gibt es doch auch gute Gründe, die Latte einige hundert Meter tiefer zu hängen, oder?
PRO Clemens
In diesem Jahr hatte ich so richtig Lust auf einen alpinen Ultra. Und siehe da: Direkt nach meinem Einsatz als Reporter bei den Weltmeisterschaften in Innsbruck liegt der Dolomiti Extreme Trail. 55 Kilometer – perfekt. 3.800 positive Höhenmeter – und da war es, das Ausschlusskriterium. Schließlich bin ich Läufer und kein Wanderer, zumindest während eines Trailrennens. Und ich bin niemand, der sich, hoch oben im Norden in Berlin, auf 3.800 positive Höhenmeter vorbereiten kann und, ja, vielleicht auch nicht vorbereiten will. Nicht falsch verstehen: Ich mag schon auch die logischen Strecken und Rennen, die sich die Berge von oben anschauen. Und ich mag wirkliche, handtuchschmale Trails. Solange ich nicht den halben Tag in seilversicherten Steilstücken, nun ja, abhängen muss. Nur mag ich eben auch den Flow und dieses Gefühl, das etwas unscharf als Runner’s High beschrieben wird. 3.800 Höhenmeter auf 55 Kilometern wären hingegen mein Hiker’s Down. Ich bin schon skandinavische Fünfzigmeiler mit gut halb so vielen Höhenmetern sehr, sehr glücklich gerannt. Vielleicht also sollte ich dort wieder hin. Liegt halt nicht einmal ansatzweise in der Nähe von Innsbruck und Tirol.
CONTRA Denis
Mein Leben ist ein Auf und Ab. So soll das auch beim Laufen bleiben. Ich mag bei all den Ultras die flachen Passagen nicht. Bestes Beispiel: Der Zugspitz Ultratrail hat ungefähr bei Halbzeit ab VP5 fast zehn sehr ebene und laufbare Kilometer an einem Bach entlang. Für die einen nach einem langen Up- und Downhill eine Wohltat, für die anderen ein Horror. Für mich Letzteres. Nö bitte, bei all den langen Trails liebe ich dieses konsequente Wechseln aus "nach oben Powerhiken" und "Runterballern". Wirklich zu laufen, passt irgendwann einfach nicht mehr in mein Konzept und meinen Bewegungsablauf. Demnach bin ich längst nicht mehr verstört, wenn es Wettkämpfe gibt, die mit schier aberwitzigen Höhenmeterangaben protzen – beruhigt mich eher. Nur am Rande: Ich lief einmal den famosen Rennsteiglauf und bin bei Kilometer 35 ausgestiegen. Das lag nicht an der Stimmung an der Strecke, nicht am genialen Haferschleim und auch nicht an irgendeiner Verletzung, sondern schlicht daran, dass ich nicht mehr laufen wollte und dieses flotte Dahinrollen auch kaum trainiere. Meine Welt des Trailrunning darf auch künftig logisch bleiben – Hoch und wieder runter und hoch und wieder runter ...
16 4/2023
TICKER +++ TICKER +++ Canfranc (ESP) wird Ausrichter der World Mountain and Trail Running Championships 2025
NEWS
L E S E R : I N N E N F R AG E N
Zeiten und Züge
Ihr habt Fragen, Anregungen, Meinungen? Immer her damit, wir antworten gerne. Am besten an leserbriefe@trail-magazin.de
Ich bin ein großer Fan Eurer Reisereportagen und habe mir für diesen Sommer die dänische Insel Bornholm ausgeguckt. Darauf, dort eine aktive Trailszene anzutreffen, wäre ich ohne Euch nie gekommen. Danke dafür. Was ich mir allerdings wünschen würde, nicht nur von Euch, sondern genauso von den Urlaubsregionen selbst, wären zumindest grobe Zeitangaben für Trailtouren, wie man sie etwa von Wanderwegen kennt. Ich weiß zwar, wie schnell ich ungefähr laufe. Wenn ich aber neu an einem Ort bin, kann ich das Terrain und die Begebenheiten vor Ort oft noch nicht richtig einschätzen. Miriam Stein, Hildesheim Liebe Miriam, vermutlich bist Du ja selbst gelegentlich als Hikerin in den Bergen unterwegs. Und weißt deshalb aus eigener Erfahrung, wie sehr die Zeitangaben auf den Wegweisern von der Realität abweichen können. Läuft man eine solche Runde, anstatt sie zu wandern, potenzieren sich diese Ungenauigkeiten und die Abweichungen nehmen noch einmal zu. Der eine ist schnell in der Ebene, die andere trittsicher am Berg, die nächsten lieben es, die Downhills zu ballern, ihr geht es um den Erschöpfungszustand, ihm um einen entspannten Tag in der Natur. Wir finden: All das ist Trailrunning. Und all das hat seine Zeit. Vertraue also auf Deine Erfahrungswerte und nehme einen gewissen Puffer mit auf den Lauf – zu viel Zeit kann man im Urlaub ja ohenhin nicht haben. Das 49-Euro-Ticket ist da. Und mich als Berliner ruft der Harz, die Müritz oder das Elbsandsteingebirge. Nur reise und renne ich gerne mit leichtem Gepäck. Deshalb die Frage: Wie haltet ihr es mit den sauberen Klamotten (oder einer Dusche) vor der Rückfahrt. Wieviel Trailrunning-
Skyrunning Auftakt
Authentizität verträgt der öffentliche Nahverkehr? Philipp Reichelt, Berlin Lieber Philipp, wir könnten den Sommer nutzen und es der Bahn heimzahlen. Als Retourkutsche für all die Verspätungen, Zugausfälle, die ausgefallenen Klimaanlagen und überfüllten Großraumabteile. Aber wir sind ja gut erzogen. Und wir wollen unseren sportiven Lebensstil unseren Mitmenschen auch nicht buchstäblich unter die Nase reiben. Verschwitzte oder regennasse Klamotten müssen also in die Racevest, Ein trockenes Shirt muss mit, zudem noch eine leichte Jacke. Und für eine Katzenwäsche findet sich vor Ort garantiert irgendein Wasserhahn. Ob aber die Frisur sitzt oder noch ein wenig Elbsandsteingebirgssandstein an der Wade klebt, das darf und muss Deinen Mitreisenden herzlich egal sein. Mit Blick auf Euren Schuhtest habe ich mich gefragt: Läuft es sich mit den neuesten Modellen tatsächlich so revolutionär schneller und effizienter? Würde etwa ein Kilian Jornet mit seinen Schuhen von, sagen wir, 2012 heute noch den UTMB gewinnen? Gunnar Lehmann, Erding Lieber Gunnar, eine Frage, zwei Antworten: Ja, die Entwicklung der letzten vier, fünf Jahre ist gewaltig. Und ja, Kilian könnte den UTMB auch im alten Latschen gewinnen. Vielleicht aber nicht mehr Sierre-Zinal, also ein deutlich schnelleres und laufbareres Rennen. Um so einfacher das Terrain, um so mehr spielen die neuen reaktiven Dämpfungsschäume ihre Qualität aus. Viel entscheidender für uns Alltagsläufer:innen aber: Heute gibt es agile Trailallrounder, die in der Ebene dynamisch rollen, im Berg hinreichend stabil und zudem komfortabel gedämpft sind. Sowas sind wir 2012 nicht gelaufen.
17 4/2023
Mit dem Calamarro Skyrace ganz im Süden Spaniens und dem Skyrace des Matheysins in den französischen Alpen ist auch die technisch anspruchvollste und extremste aller Lauf-Serien gestartet. Iris Pessey und Antonio Martinez Perez führen die Gesamtwertung der Skyrunning World Series nach den ersten zwei Rennen an. Nachdem im letzten Jahr unglaublicherweise kein italienisches Rennen vertreten war, ist das Skymasters Finale dieses Jahr wieder an gewohnt prestigeträchtigem Ort: nämlich in Limone am Gardasee. Während wir sowohl deutsche Skyrunner:innen als auch ein deutsches Skyrace vermissen, ist der deutsch-sprachige Raum mit den beiden österreichischen Events Hochkönigman und Schlegeis 3000 sowie dem Matterhorn Ultraks in der Schweiz gut vertreten.
Kim kanns! Toller Erfolg für die jetzt in Chamonix lebende Deutsche Kim Schreiber beim neuen Mountain Ultra-Trail by UTMB am Westkap Südafrikas. Sie siegte auf der anspruchsvollen, mit über 3000 Höhenmeter gespickten 60 Kilometer Strecke und heimste sich dabei 725 ITRA Punkte ein. Für Kim ein Bestätigung des Trainings und ein weiterer Schritt in ihrer noch jungen Karriere. Wir gratulieren!
NEWS&JOURNAL
DENIS’ KOLUMNE Liebe Freundinnen, liebe Freunde, New York Hardcore, Florida Death Metal, Westcoast-Punkrock, UK-Crustcore, Tampa Straight Edge, Boston Hardcore und Trailrunning. Seltsame Auflistung? Für mich nicht. Für mich logisch. Ich wollte hier über die neue Bedrohung des Bären und des Wolfs schreiben, aber muss nun zuerst klarstellen, dass Trailrunning für mich, auch im Jahr 18 nach meinen ersten Schritten auf Pfaden, eine Subkultur ist, ein Genre, ein Lifestyle. Auf der Wand einer Rotterdamer Bahnunterführung stand in wilder GraffitiTypografie „There is no culture without Community“. Da wurde mir klar, dass eben jene Musik-Szenen des Punks oder Metal, nicht so weit entfernt sind von Splittergruppen des Laufsports. Bitte nicht falsch verstehen – ein Trailrunner, eine Trailläuferin muss unter Umständen keine Verbindung zu Underground-Musik haben, aber dennoch gibt es Parallelen beider Passionen. So ein Punkkonzert zeigt Ähnlichkeiten zu einem lässigen Communityrun, ein großes Musik-Festival kann durchaus einem Event wie dem UTMB nahe sein. Menschen treffen auf Menschen. Viel Emotion. Viel Freude und Energie. Trailrunning übernimmt heute für mich so einiges, was ich früher im Hardcore-Punk geliebt habe und weil ich mich heute mit rund 50 Jahren eher gerne in der Natur als einem Jugendhaus sehe … Nun doch zum Wolf. Er ist da. Er hat gerissen. Nur 1.000 Meter von unserem Haus entfernt und Bärenspuren haben sie 15 Kilometer von der Redaktion ent-
fernt gefunden. Er könnte also auch schon hier sein. Der Bär. Ich würde ihm Honig geben. Spaß beiseite. Wolf und Bär sind Raubtiere. Gestern beim Laufen habe ich ein Rehkitz gefunden. Ohne Kopf. Ich habe die Polizei verständigt, die wiederum den Jäger und der hat sich anschließend bei mir bedankt, dass ich das gemeldet habe. Es wäre wohl der Fuchs gewesen. Der ist also auch noch da. Ich bin von Haus aus ein Angsthase. Nur bei Corona war ich mutig. Jetzt mit dem Bären vor Ort überdenke ich meine Läufe hier im schönen Chiemgau. Was tun, wenn der Neffe von Bruno plötzlich vor mir steht und meine strammen Schenkelchen sichtet? Was tun, wenn ich sein Honig bin? Ich würde wegrennen und genau das wäre wohl falsch. In 80 Prozent aller Fälle hätte ich meinen Hund dabei. Den würde ich retten. Ich würde meinen Hund dem Bären nicht überlassen und schon wäre ich selbst das Opfer. Ich weiß nicht, ob ich mich wirklich auf solch eine Situation vorbereiten kann. In Zukunft laufe ich mit Glöckchen am Laufrucksack und mit dem Wissen, dass die Chance hier auf den Bären zu treffen bei 0,00013% liegt. Mit Freunden habe ich viel darüber gesprochen, ob Wolf und Bär hier in unserem Habitat eine Heimat haben sollten, ob sie hier leben sollten? Es gibt ein halbiertes Für und Wider. Es gibt auch eine Enthaltung. Die bin ich. Ich verstehe all die Bauern, die sich um ihr Alm-Vieh sorgen. Wenn Wölfe reißen, dann ist das ein pures Massaker. Der Schaden für den Bauern ist enorm – in vielerlei Hinsicht. In Ländern wie Rumänien oder Tschechien sind die Hüte- und Hofhunde ganz anders auf Angriffe der Wölfe konditioniert. Sie schlagen enorm schnell Alarm und die Umgebung dort ist auch weniger touristisch geprägt, als bei uns. Scharfe und freilaufende Hütehunde wären bei uns mindestens so unpopulär wie Bär und Wolf selbst. Ich brauche keinen Bären und auch keinen Wolf hier in den Bergen und ich bin mir sogar sicher, dass es auch bessere Umgebungen für sie gibt. Ihre Ausflüge zu uns sind Zufälle und eher Verirrung als geplantes Ziel. Es fehlt Weite, es fehlt
18 4/2023
Freiheit und Ruhe, ihre Streifzüge werden bei uns viel zu schnell und zu oft von Landstrasse und Autobahn unterbrochen. Im Übrigen habe ich, ich schätze mich glücklich, zweimal bei einem Trailrun einen Wolf gesehen. Einmal in München an der Isar, als ich ganz nahe am Gehege des Tierparks Hellabrunn lief und einmal an einem Frühsommertag bei der Überschreitung des Alpenhauptkamms bei Gastein. Ich lief durch dichten Nebel, der sich für einen Moment lichtete und in einer Entfernung von nicht mehr als 200 Meter sah ich einen jungen Wolf, der auch mich entdeckte, kurz stehen blieb und wieder weg war. Ich hatte keine Angst. Ich hatte kein Glöckchen. Mein Trailrunning wird in Zukunft nicht anders sein. Ich werde mit und ohne Wolf laufen und will mir auch immer wieder in Erinnerung rufen, dass das größte Raubtier der Mensch selbst ist.
Meek und Parrish ganz vorne! Einer der weltweit schwersten Etappen-Läufe, der CAPE WRATH ULTRA, führt von Fort William nach Cape Wrath. das sind 400 oft weglose Kilometer, in acht Etappen, durch das schottische Hochland. Von 185 kamen am Ende 88 ins Ziel. Dabei waren Jo Meek (Bild) und David Parrish die Schnellsten. Der Schotte Parrish fasste im Zielkommentar solch ein extremes Rennen perfekt zusammen: "Ich war froh, dass es zu Ende ist. All die Schmerzen! Und nun - bin ich traurig und will möglichst schnell so etwas wieder erleben!"
TICKER +++ ITRA-Repräsentant für Deutschland ist seit Mai 2023 Pierre Emmanuel Alexandre
ALLES NEU!
Foto: No Limity Photography
Unsere alte Homepage war in die Jahre gekommen. Ab sofort findet ihr auf www.trail-magazin.de den kompletten Relaunch unseres Web-Auftrittes. Mit moderner Optik, neuen Inhalten und verbessertem Kunden-Service.
Unser Fokus-Produkt, das Print-Heft, haltet ihr in den Händen. Nun haben wir uns aber auch digital rundum erneuert. Es wurde Zeit. Auf www. trail-magazin.de werdet ihr zukünftig also unseren komplett überarbeiteten Web-Auftritt finden. Schicker, intuitiver und moderner wollen wir Euch also fortan heiße News, besondere Reportagen und exklusive Club-Inhalte präsentieren. Aber auch funktional haben wir aufgesattelt. Diese Website, das wagen wir schon jetzt zu behaupten, wird unseren Kunden-Service erheblich verbessern. Wir haben das
komplette System digitalisiert und auf vodermann gebracht. Zukünftig findet ihr im Bereich „Mein Konto“ eine Übersicht über Eure Bestellungen und Abonnements. Adressänderungen, das Einrichten und Ändern von automatisierten Abo-Bezahlungen (Paypal, Kreditkarte oder Bankeinzug) oder das Aktualisieren und Beenden von laufenden Abo’s könnt ihr ab sofort einfach und schnell per Mausklick erledigen.
19 4/2023
Ach ja, zu Verdanken haben wir das Ganze einem Mann mit doppelter Expertise. Johannes Hendel kennen einige von Euch vielleicht als Race-Direktor des Ultratrail Fränkische Schweiz. Für uns hat er seine Trailrunning-Leidenschaft mit seiner „Digital-communication“-Profession vereint, um www. trail-magazin.de ein neues Gesicht zu verleihen. Aber macht Euch selbst ein Bild und schaut vorbei.
NEWS&JOURNAL
GEFÜLLTE WAHRHEIT
Blasen nerven. Eine Blase kann einen langen Tag in den Bergen ruinieren oder das wochenlange Training für ein Rennen. Wissenswertes zu einem aufreibenden Thema
Foto: Philipp Reiter
Unsere Erfahrung zeigt: Die Zeiten, in denen man Laufschuhe einlaufen musste (und auch konnte!) sind vorbei. Ein Schuh, dessen Passform Euch nicht beim ersten Reinschlüpfen hundertprozentig überzeugt, wird dies auch nach drei oder sieben Läufen nicht. Liegt er nun aber schon in Eurer Trailschuhkiste, kann man sich mit kleinen Tricks behelfen, einer dünneren Einlegesohle etwa. Ich musste auch schon mal eine direkt über das Zehengrundgelenk verlaufende Laminierung aufschneiden. So hatte ich zwar ein Loch im Oberschuh, war aber die leidige Reibung endlich los.
Unsere Haut ist aufgebaut wie hoffentlich einmal überwundene Gesellschaftsstrukturen, sie besteht aus mehreren Schichten: der Oberhaut (Epidermis), der Lederhaut (Corium oder Dermis) und der Unterhaut (Subcutis). Durch eine ungewohnt starke Belastung der Haut, durch andauernden Druck oder Reibung lösen sich diese eigentlich durch Zellstrukturen verbundenen Hautschichten voneinander. Im so entstandenen Zwischenraum bildet sich eine Wundflüssigkeit, die unser eigentlich ja ziemlich schlauer Körper produziert, um die verletzte Stelle zu schützen. Wurden zusätzlich kleinere Blutgefäße beschädigt, kann sich auch Blut oder Lymphflüssigkeit in der Blase sammeln. Die typischsten Stellen für eine Blase: die Ferse, der Ballen, die Zehenzwischenräume. Dort also, wo viel Bewegung, Belastung und Reibung entsteht. Reibung ist das Schlüsselwort, schon bei den ersten Indizien einer Scheuerstelle oder eines buchstäblich unpassenden Gefühls, sollte man sich die Zeit nehmen, anzuhalten und Schuhe und Socken zu richten Zeigt her Eure Schuh` Auch wenn die Redaktion bei unserem großen Schuhtest in diesem Frühjahr (fast) ohne eine einzige Blase davongekommen ist: Eine der Hauptursachen für eine Blasenbildung liegen in Trailschuhen und Laufsocken. Dabei kann es sich um Design- oder Verarbeitungsmängel handeln, eine zu hart gearbeitete Ferse etwa oder eine zu starre und zu weit in den Knöchel ragende Schnürsenkel Leiste. Überwiegend liegt es jedoch an individuellen Problemen mit der Passform, an zu kleinen, zu schmalen, aber auch zu großen Schuhen.
Von den Socken Vor einem Wettkampf oder einer längeren Tour sollte man sich zudem gründlich mit der Wahl der Socken beschäftigen – und der passenden Socken-Schuh-Kombination. Unterschätzt dieses Thema bitte nicht! Unserer Erfahrung nach bieten synthetische Socken einen überzeugenderen Feuchtigkeitstransport. Zweilagige Socken (Wrightsocks), die quasi das Reiben für den Fuß übernehmen sollen, funktionieren bei Manchen, bei Anderen aber überhaupt nicht. Porentiefe Perspektiven Und der Fuß selbst? Nagelpflege, eine Fett- oder Feuchtigkeitscreme (Hirschtalg, Kokosöl …) und die Hornhaut unbedingt nicht vollständig entfernen, schließlich ist auch sie eine Schutzschicht. Bei Ultraläufen, zumal im Feuchten und Matschigen, sollten die Socken regelmäßig gewechselt und der Fuß getrocknet und kurz massiert werden, auch wenn es bei zunehmender Renndauer zusätzliche Kraft kostet. Treten Blasen immer an spezifischen Stellen auf, hilft es, diese prophylaktisch zu tapen, am besten mit einem Blasenpflaster. Eine generelle Agilität und Flexibilität des Fußes schützt ebenso, da hilft das klassische Lauf-ABC, genauso regelmäßiges Barfußlaufen und spezifische Übungen. Überbelastungen, wie sie etwa mehrtägige Wettkämpfe mit sich bringen, müssen Füße übrigens genauso trainieren wie der Rest des Körpers. Und wenn es zu spät ist? Ist die Blase noch relativ klein und geschlossen, schützt ein Blasenpflaster. Wichtig ist, möglichst wenig Druck auf die Blase zu bringen, was in einem Wettkampf indes schwer möglich ist. Hat sich die Flüssigkeit auch nach einem Tag noch nicht zurückgebildet: Die Blase mit einer sterilen Nadel an zwei Stellen aufstechen und mit einem sterilen Tupfer die Flüssigkeit aufnehmen, keinesfalls die Haut abziehen. Eine antibakterielle Creme und gegebenenfalls ein kühlendes Gel auftragen und die Blase durch ein Pflaster schützen.
20 4/2023
TICKER +++ ITRA-Repräsentant für Österreich ist seit Mai 2023 Michael Geissler
Rausfahren - Reinlaufen
Foto: Ulrich Pfeuffer, Markus Fruehmann
Man kann logische Runden laufen. Das macht Spaß und ergibt sogar Sinn. Dort ankommen, wo man loslief. Mindestens ebenso kurzweilig sind auch diese vier Trailtipps - mit dem Zug bequem rausfahren und "one way" wieder zum Ausgangsort laufen. Mal was anderes.
Ost: Von Schmilka nach Pirna über den unbekannteren Malerweg
Südwest: Von Freiburg über den Schauinsland auf den Feldberg
Tatsächlich sind es ziemlich exakt 50 Kilometer, also diese unbekannteren, weniger oft gelaufenen 40 Prozent des sächsischen Malerwegs auf der Südseite der Elbe. Dort, wo die Landschaft noch einmal romantischer und elegischer sein soll. Weniger touristisch ist es dort definitiv. Wir würden das Auto in Pirna parken und mit der S1 (tagsüber halbstündige Taktung) bis Schmilka-Hirschgarten fahren. Dauert exakt eine halbe Stunde und da auch die Gleise am rechten Elbufer verlaufen, muss man nicht einmal mehr mit der Fähre übersetzen. Aber Achtung: Der üblicherweise in acht Tagesetappen gewanderte Malerweg kommt auf rund 4.500 positive Höhenmeter, von denen mehr als 2.000 auf diesen letzten dreieinhalb Etappen liegen. Wenn sich das nicht alle Eurer Trailreisegruppe zutrauen, empfiehlt es sich, die Strecke in entgegengesetzter Richtung zu laufen. So ist ein Ausstieg auf der Höhe von Bad Schandau noch knapp 40 Kilometern möglich.
Auch wenn es aus logistischen Gründen naheliegt, zum Auto (Basecamp) zurückzulaufen, würden wir diese Runde aus dramaturgischen Gründen in Freiburg (am S-Bahnhof Littenweiler) beginnen. Hinaus aus der Stadt, hinauf in die Höhe. Höhenmeter gibt es reichlich, weswegen wir die Vier-Gipfel-Tour bis Kirchzarten (60 Kilometer, 3800 positive Höhenmeter) nur optional erwähnen. Bereits die 34 Kilometer über den Schauinsland bis auf den 1.492 Meter hohen Feldberg (plus Downhill zum Bahnhof Feldberg-Bärental) sind eine Aufgabe, die mit weiten Blicken, exponierten Trails und einer weitgehend logischen Strecke belohnt wird. Auch hier geht es übrigens mit der S-Bahn (Linie S1) zurück, Fahrtzeit eine gute Stunde, halbstündige Taktung. bei Outdoor Active: Schwarzwald 4Summits.
Süden: Vom Marienplatz München bis Hohenschäftlarn
Süden: Rund um Stuttgart oder eben nur halb
Man sagt, München wäre das größte Dorf der Welt und doch ist die Weißwurst-Metropole eine Stadt, in der mehr als eine Million Menschen leben. Dass durch diese Stadt ein wunderbar unberührter Fluss führt, der nur unweit der City seinen Ursprung hat, ist wundervoll und in dieser Form weltweit einzigartig. Entlang der Isar kann man auf verspielten Singletrails mit viel Flow und auch teils technisch laufen. Unser Tipp: Mit der S-Bahn Linie 6 von der Stadtmitte hinaus bis Hohenschäftlarn oder gar Wolfratshausen und dann auf traumhaften Wegen zurück ins Zentrum. Dabei gibt es garantiert kein Prozent an Asphalt und etliche Höhenmeter. Der ein oder andere Kiosk sorgt im Sommer für Abkühlung und Labe. Wer von außerhalb kommt, sollte sein Auto unbedingt vor den Toren Münchens abstellen oder z.B. am Park & Ride am Sollner S-Bahnhof parken. Das liegt direkt an der S6.
Der berühmte Rössleweg bei Stuttgart verläuft über genau 54 Kilometer und 1.200 Höhenmeter rund um den Kessel der Landeshauptstadt. Wer an der S1 Haltestelle Untertürkheim in die durchweg einfache Wegstrecke einsteigt, findet sich schnell auf gut laufbaren Trails wieder. Diese sind meist so breit und komfortabel, dass man sie mit Bikern und Wandersleuten teilt. Wem der Ultra zu viel ist, kann beispielsweise über die Highlights Bopser, Birkenkopf und Heukopf bis Killesberg laufen und dort bei Kilometer 35 auf Höhe Feuerbach hinab in Richtung Zentrum laufen. Ab der Haltestelle Sieglestraße kommt man bequem und in nur 26 Minuten mit U7 und U13 zurück zum Startpunkt.
21 4/2023
Alle Routen findet ihr als GPXDaten auf unserer Homepage www.trail-magazin.de oder der Strava-Seite von TRAIL.
NEWS&JOURNAL Klassiker
Der Wallabee von CLARKS ist seit 1964 ein unveränderter Schuh im ikonischen Design und Kreppsohle. Das Design, der Anstrich erfindet sich jedoch immer wieder neu! www.clarks.eu
P RO D U KT E
MUSTERBEISPIELE Nach Mustern leben? Mhhh. Mit Mustern leben? Klar, warum nicht? Wir haben Wiederholungen für euch gefunden, die gut aussehen, passen und sogar schmecken.
Ringelrübe
Rote Bete senkt den Blutdruck, entlastet die Leber, unterstützt den Magen-Darm-Trakt, hält das Gehirn fit und wirkt Alterungsprozessen entgegen. Das alles kann die geringelte Choggia-Bete auch. Und sie sieht dazu noch richtig fancy aus.
POPART
In limitierter Auflage setzt Denis Wischniewski Berge hinter Raster und durch eine Vielzahl an Farben und Schattierungen. Signiert und nummeriert in jeweils 200er-Stückzahlen, kann man die DIN A2 großen Drucke ab jetzt im Magazin-Shop unter www. trail-magazin.de kaufen. Auf der Expo der Trail-WM in Innsbruck werden die Werke ebenfalls über den Ladentisch wandern. Preis pro Druck: 9,90 Euro. www.trail-magazin.de
Stadt/Land
Mit der NSE-Kollektion von The North Face findet man eine zeitgemäße und lässige Sportklamotte, die es ziemlich cool schafft, den Geist der Stadt aufs Land zu transferieren. Klasse Farbkombinationen!
22 4/2023
TICKER +++ ITRA-Repräsentant für die Schweiz ist seit Mai 2023 Malte Herbrecht
Kissenpracht
Partnerlook
Uniqlo X Marimekko: Für diese mustergültige Frauenkollektion hat sich das japanische Label Uniqlo mit dem für seine ikonischen Designs bekannten Textilhersteller Marimekko aus Helsinki zusammengetan. www.uniqlo.com
Viel an Auswahl
Mützen-Experten von CIELE überraschen wieder und wieder mit prächtigen Designs und Farbpaletten. Diemal mit einer freshen Pattern-Grafik die Sommer sucht.
Der jüdische Architekt Josef Frank emigrierte 1933 von Wien nach Schweden. Und entwarf für das Designunternehmen Svenskt Tenn rund 160 Textilmuster, die es bunt mit der Moderne treiben sollten. svenskttenn.com
Tuchfühlung
Foto: Ulrich Pfeuffer, Markus Fruehmann
Die unverwüstlichen Frottiertücher wurden ursprünglich für die Waschräume von Grubenarbeitern gewebt – aus die Restbeständen an Garnen verschiedenster Farben, daher die vielfältigen Farbkombinationen. Erhältlich über: manufactum.de
So ein Theater
Kabuki - die traditionelle japanische Theaterkultur findet sich in diesem Hemd von UNIQLO wieder. Wir finden: Darin lässt sich mindestens so gut laufen wie auf einer Bühne stehen. Ach nein - der Trail ist doch unsere Bühne. Passt also. 34,90 Euro www.uniqlo.com
23 4/2023
Nike Dri-FIT Repel
Eine ganz und gar "modische" Trail-Shorts von NIKE, mit 75% recycelter Faser und diversen Taschen. Das wilde Muster gibt es in verschiedenen Styles und Farbgebungen. Schnitt: Gewohnt lässig. 69,90 Euro
MEINUNG Alte Erfolge wirken nicht mehr
Nicht nachhaltig Nur noch ein blasse Erinnerung diese schönen Zieleinläufe, diese persönlichen Bestzeiten und Platzierungen. Ich quäle mich als nahezu Letzter über die Ziellinie eines regionale Berglaufes und könnte im Boden versinken - nichts rettet diesen Moment.
dachte mir lange, dass das eine gute Investition ist. Keine Depression kommt dagegen an, keine Schlechtwetterfront oder Laufverletzung kann mir diese Erfolge nehmen oder von dieser ultimativen „Finisher-Welle“ stoßen. Am Ende war es ein Berglauf. Ein gottverdammter, acht Kilometer langer Berglauf mit 900 Höhenmetern. Ein Rennen, das eigentlich nichts ist, außer einer breiten Schotterstrasse, die geradezu unmotiviert auf einen Berg führt, um dann am Ende nicht einmal die Courage zu haben, bis zum Gipfelkreuz zu führen. Nein, das Rennen endete an einer Hütte 200 Höhenmeter unterhalb des höchsten Punktes. Ein Lauf, der so langweilig wie inkonsequent und doch so ehrlich ist.
Die Erinnerungen an dieses sagenhafte Finish bei der Tor des Geants 2019 bringen Dir irgendwie fast nichts, wenn Du 2023 beim Hochgern-Berglauf fast 18 Minuten hinter Deiner Bestzeit bist.
Laufsport ist zu ehrlich. Mal ehrlich – dieses Hobby kennt keine Schummelei, keine Bauernfängerei. Man zahlt ein, man wird ausbezahlt. Kredit? Nun ja. Über Kredit beim Trailrunning würde ich Euch hier gerne etwas erzählen. Ich könnte damit beginnen, dass ich schon relativ lange laufe und eine ganze Menge Wettkämpfe gelaufen bin. Da waren – wow – echt schöne Nummern dabei und ich konnte für mich wirklich schöne Erfolge feiern. Ich hatte gute Finishs und viele Läufe mindestens besser beendet, als ich es mir erträumt hätte. Es waren sogar Finishs und Platzierungen darunter, die mich tagelang, wochenlang und über Monate auf einer perfekten Welle haben reiten lassen. Als ich 2019 die Tor des Geants in 124 Stunden beendete, war ich so sehr glücklich, dass es fast schon verrückt gewesen war. Ich war gar nicht mehr bei mir – oder eben so sehr, wie nie zuvor. Crazy mood jedenfalls. Richtig gut. Es trug mich. Viele erfolgreiche Rennen formten mein Ego, rüstete mein Selbstbewusstsein auf. Ich
Es lief genauso ab an diesem perfekten Sonntag. Ausschlafen. Bestes Frühstück. So eine kleines, aber dennoch genussvolles Essen. Kaffee. Schwarz. Toast mit Konfitüre und etwas Müsli. Von der Haustüre zum Start nur 450 Meter. Keine Wolke. Mitte Mai. Frisch gemähtes Gras duftet. 23 Grad. Punkt 10 Uhr der Start. Ich sprinte los. Puls zu hoch. Langsamer. Okay, es passt. Ich finde eine Gruppe und ich merke, wie hart das Alles ist, aber ich genieße diese kleine Qual. Sie ist im Rahmen einer faszinierenden Erträglichkeit. Kilometer zwei von acht – meine Frau jubelt mir zu. Sie zählt mich auf Rang 11 oder 12. Ich fühle mich gut und stark. Bei Halbzeit kommt ein Hammer oder eine Wand. Irgendjemand hat eine riesige Betonwand kurz nach der Getränke-VP aufgestellt und ich bin aus unerfindlichen Gründen voll dagegen gerannt. Aus. Der Anstieg wird hier etwas steiler, ich reduziere das Tempo, fühle mich matt. Alle Kraft schwindet binnen Sekunden aus meinen Beinen. Ich gehe. Ich wehre mich dagegen, aber es nützt nicht. Ich werde langsamer, verliere den Vortrieb. All jene, die ich zu Beginn überholte, überholen nun mich. Ein junger Mann wirft mir einen Blick des Mitleids über die Schulter zu – ich möchte das nicht. Ich wäre gerne unsichtbar.
24 4/2023
Irgendwann überhole ich die wandernden Familien nicht mehr. Ich habe nämlich genau dasselbe Tempo. Sie könnten denken, dass ich ein Angeber bin, ein Spinner, der doch besser unten im Tal am Fluss spazieren sollte. Zwei Damen der AK70 überholen mich. Sie befinden sich in einem knallharten Zweikampf um den Klassen-Sieg. Ich komme nach 1 Stunde und 8 Minuten im Ziel an. 12 Minuten langsamer, als im Vorjahr und mehr als 17 Minuten langsamer, als meine beste Zeit vor drei Jahren. Ich werde 53ter von 60. Mein vermutlicher schlechtester Lauf, den ich jemals mit einer Startnummer lief. Ich sitze frustriert auf dem Boden. An einem schlicht traumhaften Tag im Mai. In einem Land voller Frieden. Ich hab echt einen an der Waffel. Was war passiert? Keine Ahnung. Ich hätte auf mein inneres Gefühl hören müssen. Muss denn wirklich jeder Lauf ein Finish haben? Sollte man nicht gerade diese kurzen Läufe abbrechen, wenn sie nicht funktionieren? Ich hätte auf meine Frau warten können, mit ihr – ohne Startnummer – weiterwandern können. Egal. Für einen langen Moment, für ein oder gar zwei Tage, hat ein kleiner, unschuldiger Berglauf, ein Lauf, der noch nicht einmal, im tiefere Sinne, meinen Sport abbildet, meine Gemütslage ruiniert, er hat mich mit allem hadern lassen. Diese eine Stunde und acht Minuten, diese beiden Damen jenseits der 70, haben meine Helden-Finishs im Aosta Tal, der Zugspitze oder an einem Vulkan in Chile, quasi ad absurdum geführt. Ich war zu naiv. Ich dachte Laufsport, Ultratrail ist eine Währung, die stabil ist. Es tut mir leid, dass ich es Euch so sagen muss, aber ihr könnt Euch nicht ausruhen. Solange ihr lauft, müsst ihr abliefern. Oder die Nummer abnehmen.
Denis Wischniewski
Sollte man nicht gerade diese kurzen Läufe abbrechen, wenn sie nicht funktionieren?
MENSCHEN 14 Trail-Ikonen
DIE FANTASTISCHEN Text: CLEMENS NIEDENTHAL, BENNI BUBLAK
Auf den kommenden vier Seiten stellen wir Euch Menschen vor, die nachhaltig Einfluss nahmen auf die Geschicke der Trailrunning Welt und in ihrer ganz individuellen Art und Weise mit Konventionen brachen und Dinge veränderten. Bewusst vermieden wir die Betitelung „einflussreichste, wichtigste oder mächtigste Personen im Trailrunning Sport“. Eben weil wir überzeugt sind, dass man aus vielen Positionen heraus Dinge verändern kann. KILIAN JORNET
CATHERINE POLETTI Sie ist es, die alle Top-Finisher
beim UTMB als erstes drückt. Ok, manchmal kommt ihr noch der jeweilige Partner oder die jeweilige Partnerin zuvor. Aber spätestens danach ist es Catherine Poletti, die Kilian, Courtney, Katie und Co. in die Arme schließt. Zusammen mit ihrem Mann Michele ist sie der Kopf hinter dem UTMB und allem, was inzwischen dazu gehört. Relativ klein angefangen hat das damals im Jahr 2003. Catherine selbst ist im Gegensatz zu ihrem Mann keine Läuferin. Da der Mann und auch alle anderen Organisatoren selbst mitlaufen wollten, beim Debüt des UTMB, wurde Catherine damals kurzerhand zur Renndirektorin erklärt. Heute nennt sie sich Präsidentin der UTMB Group und steht damit an der Spitze der größten und einflussreichsten Trailrunning-Serie weltweit. Neben ihrem Einsatz für den UTMB war das Ehepaar Poletti auch maßgeblich an der Gründung der ITRA beteiligt. Aus diesem Engagement haben sich die Polettis aber inzwischen zurückgezogen. Wenn auch nicht immer von allen wohlwollend bewertet, so hat Catherine Polettis Arbeit den Sport doch substanziell verändert und wird dies weiterhin tun.
26 4/2023
Was wäre diese Liste ohne diesen Namen. Kilian ist der beste Trailrunner aller Zeiten und hat allein deswegen diesen Sport geprägt und verändert. Aber tatsächlich gehen seine Errungenschaften noch weit über seine sportlichen Leistungen hinaus. Vor allem in jungen Jahren brach der Katalane mit so manchen Gesetzen des Ultratrailrunnings. Zum Beispiel, dass man eine umfangreiche Ausrüstung und mindestens ein Jahrzehnt UltralaufErfahrung mitbringen muss, um den UTMB zu gewinnen. Zu gern erinnern wir uns an das Jahr 2008, als der gerade mal 20 Jahre junge Skibergsteiger die Mont Blanc Umrundung in so eindrucksvoller Manier gewann, dass die Veranstalter ihn auf der Strecke festhielten und ihm im Ziel vorerst die Preisübergabe verwehrten. Tatsächlich hatte er die Regeln der Pflichtausrüstung bis zu ihren äußersten Grenzen ausgereizt und war ohne den sonst üblichen dicken Laufrucksack gestartet. In den Folgejahren war er die prägende Figur der Marke Salomon, die diesen Sport, was Ausrüstung und mediale Kommunikation betraf, maßgeblich prägte. Erneut neue Maßstäbe setzen, diesmal das Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz in der Outdoorbranche betreffend, ist nun sein Ziel mit der Marke NNormal. Achso: Der beste Trailrunner der Welt ist er nebenbei bis heute geblieben.
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BERND HEINRICH Nicht, dass Bernd Heinrich nicht auch ein schneller Läufer war. Mit diversen US-Rekorden und Weltbestzeiten über Ultradistanzen. Mehr noch aber steht der heute 83-jährige Biologe und Wildtierforscher für das Geschenk unseres Sports, immer auch von Menschen geprägt zu sein, die anders und vielfältiger über das Trailrunning nachdenken als nur in Bestzeiten und Bestenlisten. Apropos: Seine beste Zeit hat Bernd Heinrich noch heute in seiner einsamen Blockhütte im US-Bundesstaat Maine, wo er Tiere beobachtet, Hummeln, Raben, Wildgänse, wo er durch die Wälder läuft und in Gedanken und Texten diese beiden Lebensthemen zusammenbringt. „Laufen – Geschichte einer Leidenschaft“, 2001 im englischen Original erschienen, ist ein so kluges wie demütiges und wahrhaftiges Buch. Nicht nur, weil man darin erfährt, welche Ausdauertricks wir uns von arktischen Zugvögeln abgucken sollten. Wenn Ihr nur ein Buch über das Laufen lesen könnt (oder wollt), dann „Laufen“ von Bernd Heinrich.
27 4/2023
MENSCHEN 14 Trail-Ikonen RICKEY GATES In den Jahren nach 2010, als sich die wichtigen Trailevents etablierten,
als es plötzlich Profi-Athlet:innen gab und einen Kilian Jornet, war es Rickey Gates, der diesen Sport um eine erzählerische Perspektive erweitern sollte. Der uns die Gewissheit gab, dass Trailrunning mehr ist, als bloß ein Sport. Mehrere Jahre hatte Gates, Jahrgang 1981, vor allem im Zelt, auf seiner BMW-Enduro und in Laufschuhen gelebt. Er war ein Hobo im Stil der US-amerikanischen Beat-Poeten, ein Jack Kerouac des Trailrunnings. Dass uns das Laufen immer auch zu den Menschen führen sollte – nirgends sieht man es besser als in Transamericana, jenem Dokumentarfilm über seinen Lauf einmal quer durch die USA. Die erschütternde Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten hatte Gates dazu gebracht, sein Heimatland neuerlich begreifen zu wollen. Da läuft also einer entlang seiner physischen und mentalen Grenzen und begegnet der Welt doch immer neugierig, empathisch, unvoreingenommen. Ein fantastischer Film.
BRYON POWELL Im Jahr 2009 kündigte Bryon Powell seinen Job
als Anwalt und gründete die Online Plattform IRunFar. Gemeinsam mit seiner Partnerin Meghan Hicks baute er etwas auf, was lange Zeit DIE Informationsquelle überhaupt war, wenn es um Trail- und Ultrarunning ging: Race-Previews, Rennergebnisse, Hintergrundreportagen sowie Essays von US-Trailstars wie Zach Miller und Dakota Jones findet man bis heute auf irunfar.com in seit Jahren fast unveränderter Form. Und ist mal wieder Western States oder Hardrock, hängen alle auf Twitter und folgten den Live-News von Bryon und seiner Crew. Es gibt inzwischen modernere und hippere Formate auf YouTube, Spotify und Co., die Tiefe und Authentizität von irunfar.com erreichen diese aber Beileibe nicht.
COURTNEY DAUWALTER Sie kam,
lief und siegte. Aber es waren nicht nur unzählige Ultratrail-Wettkämpfe, die sie in beeindruckender Manier gewann. Auch die Herzen der Trailrunning Community flogen der aufgeschlossenen, freundlichen und authentischen SalomonAthletin zu. Dauwalter schert sich nicht um Konventionen und vermeintliche Grenzen, wenn sie in knielangen Basketball-Shorts bei schrulligen Formaten, wie Big's Dog Backyard oder dem Barkley Marathon antritt. Derzeit hält sie die Streckenrekorde beim UTMB, Hardrock und Grand Raid de La Réunion und ist damit wohl die erfolgreichste Ultratrail-Läuferin aller Zeiten.
28 4/2023
ANTON KRUPICKA Nein, Tony Krupicka war sicher nicht so erfolgreich, wie Kilian oder Courtney. Dennoch ist sein Legendenstatus unhinterfragt. Es gibt da dieses Video auf YouTube, das eigentlich dazu diente, den neuen Schuh seines Sponsors (New Balance) zu promoten. Tony läuft dort nur mit einer Splitshorts und eben diesen super-minimalen Schuhen bekleidet durch die weiten Landschaften NordAmerikas, redet von der puren Erfahrung des Laufens, schneidet Überflüssiges von seinen Laufschuhen weg und kauft Gemüse auf dem Markt. In dieser Zeit, wir reden von der Zeit zwischen 2007 und 2014, prägte der bärtige und langhaarige Tony die Außenwahrnehmung eines Sports und verschaffte ihm eine coole Attitüde von kompromissloser Simplizität und Reinheit, die weit über das Sportliche hinaus ging.
SOPHIE POWER Einmal den UTMB finishen! Das war der große
Traum der Britin Sophie Power. „Auch von einer Schwangerschaft ließ sie sich nicht aufhalten“, könnte man jetzt heldenhaft schreiben. Was die ganze Geschichte aber nur unzureichend umreißen würde. Tatsächlich lief Sophie nur drei Monate nach der Geburt ihres Kindes 170 Kilometer um den Mont Blanc. Das nebenstehende Foto von Alexis Berg ging um die Welt. Die Möglichkeit, die Erfüllung ihres Traums nach hinten verschieben zu können, wenn etwas so Selbstverständliches, wie die Geburt eines Kindes dazwischen kommt, dafür kämpfte Sophie Power fortan und gründete die Organisation SheRaces. Mit Erfolg: Erst kürzlich veröffentlichte der UTMB ein neues Regelwerk, dass es Frauen, die schwanger werden, ermöglicht, ihren Start in Chamonix um bis zu fünf Jahre nach hinten zu verschieben. Ein Foto, das um die Welt ging. Und eine Frau, die zumindest die Welt des Trailrunnings um einiges verbesserte.
29 4/2023
MENSCHEN 14 Trail-Ikonen
TSUYOSHI KABURAKI
Der Japaner wurde ab 2006 ein echter Volksheld und Sportstar in seiner Heimat. Mit dem dritten Platz beim UTMB und einer Film-Dokumentation eines großen japanischen TVSenders erlang Kaburaki eine allgemeine Berühmtheit. Der heute 50-Jährige ist noch immer topfit und aktiv im TrailrunningSport. Er hält Vorträge, er ist Veranstalter und ein wichtiger Kopf für die Entwicklung des Sports im ganzen asiatischen Raum. Der Trailrunning-Boom in Japan ist ganz sicher in erster Linie auf den langjährigen The North Face Profi zurückzuführen. Er war der richtige Charakter zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
ANNA FROST Neben Lizzy Hawker gab es ab 2007 eine weitere Frau, die mit internationalen Erfolgen für Aufsehen sorgte. Anna Frost war zunächst bei klassischen Bergläufen und später bei schweren Skyraces eine Top-Läuferin. In den folgenden Jahren konnte sie auch auf langen Distanzen glänzen und siegte in einer damals unvorstellbaren Siegerzeit bei der Transvulcania. Die Neuseeländerin ist für unseren Sport aber nicht nur wegen der Bestleistungen wichtig, sondern vielmehr aufgrund ihrer ganzen Einstellung zum Leben. Für junge Frauen war und ist „Frosty“ ein Vorbild, die neben Stärke auch mit ihren Schwächen und dem Zweifel offen umgeht. Mit der Geburt Ihrer Tochter erfand sich Anna Frost auch als Trailrunnerin neu und ging mit all Ihren Entwicklungen immer ehrlich und erfrischend transparent um.
GREG VOLLET Als Marketing- und Team-
Manager von Salomon beeinflusste der Franzose über viele Jahre hinweg die Narrative des Trailrunning Sports. Als stets locker, cool und spaßig durften wir die Salomon Trail-Stars zu Hause vor dem Bildschirm erleben, wenn sie zu den jeweils sehr gut dokumentierten Rennen oder Teamtreffen zusammenkamen. Zu nicht unerheblichen Teilen ist es also Greg Vollet zu verdanken, dass Trailrunning bis heute diese unzwanghafte und freundschaftliche Attitüde ausstrahlt. Inzwischen ist der ehemalige Mountainbike-Profi als Direktor und Kopf der Golden Trail Series tätig, seine Rolle als Kommunikations-Visionär hat er aber beibehalten.
30 4/2023
DEPA 43.000 Leute folgen dem spanischen Moderator „Depa“ bei Instagram und er ist damit mindestens so berühmt, wie die besten spanischen Trailrunner. Der Event-Moderator des Transvulcania oder des Skyraces in Zegama ist selbst ein mehr als nur passabler Läufer und war vor einigen Jahren spanischer Vizemeister im Halbmarathon, in einer Zeit, die nur wenige Trailrunner auf den Asphalt legen. Depa schafft, was nur wenige „Speaker“ bei Sportveranstaltungen schaffen - er macht eine irre Stimmung, brennt für diesen Sport und kennt sich bis ins Detail mit allem aus. Er stellt die richtigen Fragen, er weiß, wann etwas zu sagen ist und er weiß, wann man besser leise ist und die Athletinnen und Athleten sprechen lässt. Depa ist ganz sicher ein großer Baustein des Erfolges im europäischen und spanischen Trailsport. Seine Stimme steht für gute Laune, Spektakel und viel Professionalität.
JASMIN PARIS 83 Stunden und 12 Minuten. Das ist bis heute der Overall-Streckenrekord des 262 Meilen (421 Kilometer) langen Spine Races. Aufgestellt von Jasmin Paris im Jahr 2019. An den Checkpoints nahm sich die Mutter einer 14 Monate alten Tochter sogar noch die Zeit, Milch abzupumpen. Jene Heldentat der 35-jährigen Britin generierte damals ein unglaublich großes Medien-Echo und bugsierte den Sport Ultrarunning für ein paar Wochen aus seiner Nische hinaus. The Guardian, F.A.Z. und New York Times berichteten. Fortan war dies der Sport, in dem Frauen Männer besiegen und nebenbei noch ihren mütterlichen Verpflichtungen nachkommen konnten.
ROBERT MÜCKE Timothy
Olson, Tom Evans und Abby Hall kennen die meisten. Den Kopf, Strippenzieher und Manager hinter den Kulissen des Adidas Terrex Trailrunning Teams vielleicht weniger. Robert Mücke steht seit 2018, als Adidas begann seine Präsenz im Trailrunning Markt stark auszubauen, hinter allen konzeptionellen Marketing-Entscheidungen des Drei-Streifen-Konzerns. Mit dem Terrex Trailrunning Team verfolgt der ehemalige Triathlet von Beginn an eine klare Vision, baut ein eingeschworenes Team auf und setzte neue Maßstäbe, was Athletenbetreuung betrifft. Wer für Terrex läuft, soll sich schließlich nur noch um eines kümmern müssen: Ein noch schnellerer Trailrunner zu werden.
31 4/2023
TRAINING Der perfekte Ultratrail
ULTRATRAIL Text: LARS SCHWEIZER
32 3/2023
In erster Linie bezeichnen wir uns doch alle als Ausdauer-Athleten. Ob auf dem Trail, auf der Laufbahn beim 6, 12 oder 24 Stunden-Lauf. Die Ausdauer scheint also alles zu definieren, was unseren Sport ausmacht. Aber ist Ausdauer bei einem so vielschichtigen Sport, wie dem Ultralaufen, das entscheidendste Kriterium? Oder gibt es da noch andere Faktoren, die mindestens ebenso wichtig sind, um einen Ultratrail erfolgreich zu finishen. Im Folgenden diskutiere ich fünf Faktoren, die beim Ultralaufen entscheidender Bedeutung sind.
MEHR ALS NUR UNENDLICHE AUSDAUER! Wer Ultratrails läuft, muss einfach nur noch länger laufen können? Doch ganz so einfach ist es nicht. Je länger der Wettkampf, desto vielschichtiger werden die Anforderungen an unseren Körper und damit auch an unser Training 33 4/2023
Die Energiebereitstellung Ein Ultramarathon führt zu einer hohen energetischen Belastung. Bei einem 24-Stunden-Ultramarathon konnten die Läufer:innen ihre Laufgeschwindigkeit nur in den ersten sechs Stunden beibehalten, danach wurden sie kontinuierlich langsamer. Bei der Untersuchung eines Läufers während seines "Run around Australia"Projekts hat sich herausgestellt, dass dieser etwa 6.300 kcal pro Tag verbraucht. Um den Energieverbrauch zu decken, muss man als Läufer:in also während eines Ultramarathons große Mengen an Energie zu sich nehmen. Erfolgreiche Ultramarathon-Finisher haben eine verbesserte Fähigkeit, die benötigte Energie während der Leistung zu konsumieren und im Körper in Energie umzuwandeln. Aber selbst die besten Esser stehen hier vor einem Problem. Im Allgemeinen sind Ultramarathonläufer:innen mit immer weiter zunehmender Distanz nicht in der Lage, ihren Energiebedarf während eines Rennens durch Nahrungsaufnahme zu decken und dadurch entsteht in einigen Fällen ein erhebliches Energiedefizit. Dieses Energiedefizit entsteht vor allem aufgrund eines abnehmenden Appetits, dem Aufkommen von Verdauungsproblemen und der fehlenden Möglichkeit, große Mengen an hochenergetischen Lebensmitteln zu sich zu nehmen. Meistens stoppt man doch nur für ein paar Sekunden oder wenige Minuten an den Verpflegungsstationen. Um diesem Problem entgegenzuwirken,
TRAINING Der perfekte Ultratrail muss man sich als Ultraläufer:in frühzeitig mit dem Thema Verpflegung im Wettkampf beschäftigen. Hier sollte man sich vor allem folgende Fragestellungen vornehmen. Wie viele Kohlenhydrate sollte ich pro Stunde zu mir nehmen? Kann ich diese nur mit Energie-Gels über die Dauer des Wettkampfs decken? Macht es Sinn, außer Kohlenhydraten auch noch auf Fette oder Eiweiß in meiner Ernährung zu setzen? Wie groß sind die Abstände der Verpflegungsstationen und was muss ich dafür in meinen Rucksack packen? Vertrage ich die vor Ort angebotenen Gels bzw. Speisen an den Verpflegungsstationen? Die richtige Ernährungsweise während des Wettkampfs ist vielleicht sogar wichtiger, als die nötige Ausdauer, denn die beste Ausdauer hält der Belastung des Ultralaufs nicht stand, wenn sie nicht mit entsprechender Energie versorgt wird. Aus diesem Grund sollte die Ernährung nicht nur theoretisch geplant werden, sondern genauso eindringlich in der Vorbereitung trainiert werden. Muskuläre Voraussetzungen Das Training für einen Ultralauf bzw. der Ultralauf selbst wird zu einer Schädigung der Skelettmuskulatur führen. Das Ausmaß der Schädigung ist hierbei abhängig von der Länge und der Belastung durch den Ultralauf. Keine Angst, diese Schädigungen sind nur von kleinem Ausmaß und vor allem erfahrene Ultraläufer:innen sind hier weniger betroffen. Eine für jeden spürbare Schädigung ist der typische Muskelkater. Auch hier finden kleine Schäden an der Muskulatur statt, z.B. in einem langen Downhill. Diese müssen dann vom Körper wieder repariert werden, im Idealfall findet dadurch auch eine Stärkung bzw. Gewöhnung an die Belastung statt. Bei einem Ultramarathon über 1.005 Kilometer von Sydney nach Melbourne traten bei 32 Läufern insgesamt 64 verschiedene Probleme auf, von denen das Knie (31,3 %) und das Sprunggelenk (8,1 %) die am häufigsten betroffenen Gelenke waren. Achillessehnenentzündung,
femoropatellare Schmerzen und Entzündungen der Strecksehnen im Fuß waren die häufigsten Probleme bei einem anderen Sechstägigen Ultramarathon. In Studien zu Ultramarathonläufen wurden verschiedene Blutmarker zur Bewertung von Skelettmuskelschäden verwendet. Skelettmuskelschäden lassen sich gut am Anstieg spezifischer Marker im Blut erkennen, wie Myoglobin, Laktatdehydrogenase und Kreatinkinase. Besonders ein erhöhter Kreatinkinase-Spiegel im Blut lässt auf viele geschädigte Muskelzellen schließen. Spitzen-Ultramarathonläufer haben sowohl vor als auch nach dem Start einen niedrigeren KreatinkinaseSpiegel, als langsamere Läufer. Ultramarathonläufer mit einem Wert von mehr als 500 mU/ml vor dem Start fühlten sich müde und gaben das Rennen eher auf. Zu betonen ist allerdings, dass ein leicht erhöhter Kreatinkinase-Wert asymptomatisch und medizinisch unbedenklich ist. Wie lassen sich diese muskulären Schädigungen also reduzieren oder gar vermeiden? In unterschiedlichsten Studien wurde hier nachgewiesen, dass die Einnahme von BCAA-Supplement, Antirheumatikum, Diclofenac oder Ibuprofen, keine Verbesserung der Marker im Blut mit sich brachte. Zum Glück! Die einzigen ernährungsbedingten Studien zeigten, dass eine Antioxidantien-konzentrierte Ernährung es vermag, den Anstieg von Kreatinkinase im Blut zu verringern. Somit bleibt also das Training als beste Möglichkeit, diese Anpassungen des Körpers hervorzurufen. Dies erreicht man vor allem durch ein Training mit hohem Trainingsumfang in Kombination mit entsprechender Vorbelastung durch beispielweise Vorbereitungswettkämpfe. Aber sicherlich auch spezifisches DownhillTraining, wenn dies auch im Wettkampf gefordert ist. Die Erhöhung des Trainingsumfangs im Zuge einer Ultra-Vorbereitung führt zur systematischen Anpassung der Muskelfasern an die Belastung.
34 4/2023
Mentale Voraussetzungen Nicht nur physiologische Parameter spielen eine wichtige Rolle, sondern auch die psychologischen Voraussetzungen müssen stimmen, um einen Ultralauf zu bestehen. Es heißt nicht umsonst “Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach”. Der bzw. die ein oder andere Läufer:in hat sich schon mit starkem Geist, trotz geringem Trainingsumfang, erfolgreich durch einen Ultralauf gebracht. Andersherum hat ein schwacher Geist aber auch schon den am besten trainiertesten Ultraläufer in die Knie gezwungen und letztendlich aufgeben lassen. Ich würde zwar nicht dem Mythos “Ultra wird zu 90 Prozent mit dem Kopf gelaufen” zustimmen, aber etwas Wahres ist auf jeden Fall daran. Um die Belastungen und Schmerzen, die an einem bestimmten Punkt des Ultralaufs immer dazu gehören, auszuhalten, sollte man sich eine mentale Strategien zurechtlegen. Wenn Athlet:innen akzeptieren, dass das, was sie vorhaben, wehtun wird, anstatt zu versuchen, es zu verdrängen, erzielen sie bessere Leistungen. Ultraläufer:innen, die einen Ultramarathon in dem Wissen angehen, dass es irgendwann sehr hart wird, sind nicht überrascht und am Boden zerstört, wenn sie sich schlecht fühlen – sondern haben eine entsprechende Lösung parat. Vor allem bei einem auftretenden Schmerz steigen viele Athlet:innen früh aus einem Wettkampf aus, anstatt den Schmerz als etwas zu akzeptieren, das dazugehört. Erwartet und akzeptiert man den Schmerz, hilft einem das, über diesen Punkt hinüberzukommen und der Schmerz verschwindet eventuell wieder oder wird durch einen anderen abgelöst. Das gilt natürlich nicht für eine ernsthaft auftretende Verletzung. Eine weitere Taktik ist es, sich bewusst zu werden, wie stark man eigentlich selbst ist. Allein das Training, um an diesen Punkt im Rennen zu kommen oder an dieser Startlinie zu stehen, war verdammt hart und gezeichnet von unzähligen Trainingsstunden – vermutlich auch zu den widrigsten
5 Tipps für einen perfekten Ultralauf •Bereitet euch gewissenhaft auf den Ultralauf vor. An welchem Punkt steht ihr heute und was wird der Ultra von euch verlangen? Handelt es sich hierbei um ein Projekt, welches ihr in dieser Saison erreichen könnt oder braucht ihr hierzu eventuell zwei Saisons? • Lauft kürzere Distanzen in der Vorbereitung. Viel Erfahrung sammelt man erst wirklich im Wettkampf und viele Probleme treten erst dann auf bzw. die Lösungsstrategien aus dem Training müssen auch unter Wettkampfbedingungen funktionieren. • Bereitet euch mental auf die euch erwartende Herausforderung vor. Hier kann Mentaltraining hilfreich sein. • Versucht, alles zu eurem Lauf zu konsumieren. Youtube-Videos, Erfahrungsberichte, Podcasts oder Erzählungen. • Committet euch zu eurem Ziel. Eine frühzeitige Anmeldung ist nicht nur günstiger, sondern macht euer Ziel auch verbindlich. Ein verbindliches Ziel lässt euch das ein oder andere ätzende Training auch mal durchziehen, weil ihr ja nicht mehr verschieben könnt und einfach fit am Start stehen wollt.
35 4/2023
TRAINING Der perfekte Ultratrail Bedingungen und gepaart mit Alltagsstress. Sich diese Trainingsstunden wieder in den Kopf zu rufen, kann in einem schwachen Moment im Ultralauf dazu führen, den Kopf doch zu überreden weiterzumachen, weil genau auf diesen Moment hat man ja schließlich Wochen oder Monate lang hingearbeitet. Und sollte der DNF-Teufel auf der eigenen Schulter dann doch mal gewinnen und man muss aus einem Rennen aussteigen, dann analysiert die Gründe hierfür und zieht die richtigen Schlüsse daraus, um beim nächsten Rennen eventuelle Fehler zu vermeiden. Auch dieses Scheitern gehört beim Ultralauf dazu und macht einen nur stärker als zuvor. Die Ausrüstung Bist du physiologisch und psychologisch bestens vorbereitet, bleibt noch die Frage der Ausrüstung. Auch diese gehört zu einem erfolgreichen Finish eines Ultras einfach mit dazu. Doch nicht nur die Ausrüstung im Wettkampf sollte perfekt sein, sondern auch das Training mit dieser. Nur hier findet man heraus, ob die Aus-
rüstung wirklich zu einem passt. Passen die Schuhe, scheuern die Socken auch nicht, ist der Rucksack wirklich praktikabel und bekomme ich die Pflichtausrüstung ohne Unbehagen rein? Im Idealfall sollte man im Wettkampf nichts Neues testen. Das gilt sowohl für die Ernährung als auch für die Ausrüstung. Außerdem sollte man sich neben der verpflichtenden oder empfohlenen Ausrüstung auch Gedanken machen, welche Probleme unterwegs auf einen warten könnten und welche Ausrüstung man entsprechend benötigt, um diese Probleme bestmöglich zu bewältigen. Taktik und Time Management - Wo verliert man die meiste Zeit? Schaue ich meine eigenen Aufzeichnungen vom Zugspitz Ultratrail 2014 an, so bin ich zufrieden, diesen zwar in für mich damals starken 18:45 Stunden gefinisht zu haben, aber auch gleichzeitig immer wieder überrascht, wie viel Zeit ich unterwegs verloren habe. Beinahe zwei Stunden habe ich damals an den insgesamt zehn Verpflegungsstationen rund um das Wettersteingebirge verloren. Pro Station
36 3/2023
Im Uphill ist das Tempo für alle dichter beisammen, da bei einem steilen langen Uphill so gut wie jeder ins Hiken wechseln muss steht man dort zwar nur einige Minuten, aber genau das summiert sich über die Länge eines Ultralaufs und es ist Zeit, welche man anschließend gegenüber einer gewünschten Zielzeit oder auch dem Cut Off wieder rauslaufen muss. Oftmals macht man in dieser Zeit auch nicht wirklich etwas an der VP, sondern nascht vielleicht noch was, quatscht noch mit den Helfern etc., anstatt weiter zu laufen. Auch ein falsches Pacing führt zu großem Zeitverlust. Gerade im Downhill bzw. flachen Passagen lässt sich sehr viel Zeit kaputt machen. Kann man diese Abschnitte, welche es in jedem Ultralauf gibt, aufgrund der Ermüdung nicht mehr laufen, sondern muss diese gehen, verliert man überproportional viel Zeit. Im Uphill ist das Tempo für alle dichter beisammen, da bei einem steilen langen Uphill so gut wie jeder ins Hiken wechseln muss und sich hier die Pace dann zwischen ca. 700 und 1.200 Höhenmeter pro Stunde einpendelt. Das ist zwar immer noch fast doppelt so schnell, aber in einem Downhill oder Flachstück, in dem man gehen muss, sind wir hier gleich bei dem Unterschied von 4 min/km zu 12 min/km, also eine Verdreifachung der Zeit. Hier kann ein gutes Pacing der entscheidende Faktor sein, in einem Uphill nicht zu viel Kraft zu verschwenden, um anschließend im Downhill oder Flachstück noch entsprechend laufen zu können.
ULTRA CARBON RC
U LT R A CARBON RC T R AC T I O N M AT T E R S NEUER ULTRA CARBON RC, unser bisher technisch fortschrittlichster Trail Laufschuh. Carbitex GEARFLEX Karbon Platte, neue Ultra Traction Aussensohle, Kinetic Light Foam. Dies ist dein Laufschuh von Trail Marathons bis Ultra Distanz-Rennen.
SCOTT-SPORTS.COM © SCOTT SPORTS SA 2022.23 | Photo: Simon Dugué
REPORT Der perfekte Tag
dir WÜNSCH
Text & Fotos: DENIS WISCHNIEWSKI
was
Kein Nerz, kein Mondflug, kein Urlaub auf Hawaii. Sie fragte mich, wie mein perfekter Tag aussehen würde und ich hatte sofort, unmittelbar ein Bild im Kopf. Ich erzähle Euch von meinem Idealzustand an einem stinknormalen Dienstag, der sogar mehr Regen als Sonne brachte.
38 4/2023
Schnuffi
39 4/2023
REPORT Der perfekte Tag Man muss immer ganz ehrlich sein. Ehrlich währt am längsten. Bitte formuliere klar und deutlich Deine Bedürfnisse, Wünsche und Verlangen. Als ob es so einfach wäre. Als Jugendlicher gewann ein Großcousin von mir, damals so um die 20 Jahre alt, genau 100.000 DM im Lotto. Aus unerfindlichen Gründen stand das damals sogar in der Tageszeitung und alle Augen des Dorfes lagen nun darauf, was der Gewinner mit all diesem, damals unvorstellbar vielem Geld, tun würde. Es schien, als ob dieses Geld ihm wirklich alle Wünsche erfüllen könnte. Vielleicht war mein Großcousin jetzt unter Druck. Euch interessiert nun, ganz verständlich, was er mit dem Gewinn angestellt hat? Nun ja. Zunächst, das rechne ich ihm hoch an, kaufte er seinem jüngeren Bruder einen VW Golf GTI. 110 PS. Schwarz. Tiefergelegt. Krasse Karre. Dann buchte er über ein eher exklusives Reisebüro eine New York Reise, auf der er es so richtig krachen lassen hat. Er ließ sich tagelang in einer Stretch-Limousine durch die City fahren und speiste ausschließlich in sehr teuren Restaurants, die meist in den oberen Etagen der sehr hohen Hochhäuser lagen. Er erfüllte sich Träume und Wünsche und verriet mir nach der Rückkehr, dass es eigentlich nicht besonders schön war, der Stress zu hoch war und so manch einfacher Tag zu Hause perfekter wäre. Mir fiel die Story um den Großcousin irgendwie so am Rande ein, weil ich mich mit meiner Frau darüber unterhielt, wie denn solch ein Traumtag aussehen müsste. Sie fragte: „Wie würde Dein perfekter Tag aussehen, wenn Du es Dir komplett aussuchen könntest? Wünsch dir was, Schnuffi!“ Ich kam zunächst in eine Art Schockzustand. Was sagen? Mein Hirn arbeitete effektiv, aber im Sprachzentrum kam nichts an. Ich sollte sagen, dass der perfekte Tag meiner Wahl mit einem tollen gemeinsamen Frühstück beginnt, wir mit dem Hund in einer langen Wanderung münden und am Abend bei einem Abendessen endet. Dazwischen ein Museumsbesuch, guter Kaffee. Ja, das wäre ein ziemlich toller Tag, mit meiner Frau und ganz sicher ein perfekter Traumtag. Meine Antwort war aber eine andere. „Ein perfekter Tag. Also, nicht der perfekte Tag, sondern ein Tag, wie ich ihn mir einfach mal wieder wünschen würde, sieht genau so aus. Pass auf! Es ist einer dieser ersten warmen Sommertage. Alles ist übertrieben grün und alles wächst und treibt. Es ist ein Tag unter der Woche – sagen wir ein Dienstag – und alle anderen sind am Arbeiten. Das ist in diesem Zusammenhang wirklich wichtig, dass alle anderen arbeiten. Ich schlafe bis 8.30 Uhr. Ich frühstücke in aller Ruhe, aber mit so einer kleinen, nicht unangenehmen Vorfreude und Nervosität, was der Tag bringt. Etwas Anspannung. Alle meine Laufsachen liegen bereit, denn ich habe sie am Vorabend zurecht sortiert. Ich ziehe mich an, füttere den Hund, fülle die Flasks und mach
40 4/2023
mir einen letzten Espresso. Einen besonders starken. Dann laufe ich los. Mit Hund und nur einer wagen Idee, wie lange und wohin ich renne. Ich habe eine Runde im Kopf, aber nichts an diesem Tag soll in Stein gemeißelt sein. Es gibt keine Pace, keinen Plan, sondern nur das Wissen, dass dieser ganze Tag mir gehört und ich ihn in den Bergen verbringen werde. Wenn ich Lust habe schnell zu rennen, ist es gut, wenn ich wandere, ebenso. Am Abend will ich zu Hause ankommen und komplett fertig sein, ich will mich vor dem Haus auf die weiße Bank legen, ein kaltes Bier trinken und für zehn Minuten regungslos in den späten Himmel starren. Ich will, dass genau dann mein Gehirn so leer und friedlich ist, dass alles was irgendwie schwer war, auf einem Teil meiner langen Tagesstrecke liegen geblieben ist. Dann will ich duschen, meine Füße mit so einer Rosmarin-Kastanien-Creme einschmieren und gutduftend vor zur Eisdiele spazieren, um dort drei Kugeln in der Waffel zu holen – Mandarine, Pistazie, Vanille. So ungefähr würde ein perfekter Tag aussehen, Schnuffi.“ Ich war mit meiner Frau im Urlaub. Wir waren in Rotterdam und saugten tagelang Kultur auf. Danach chillten wir in der Toskana und nach rund zwölf Tagen stellte ich fest, dass ich unbedingt mal wieder laufen sollte. Tief in mir war ein Verlangen nach Bewegung, nach genau solch einem Tag, wie ich ihn beschrieb. An einem Dienstag Ende Mai, nahm ich ihn mir. Ich dachte dabei auch an jenen Großcousin und seinen Lottogewinn und mir fiel dabei ein, dass ich für meinen großen Tag eigentlich kein Geld brauche. Zumindest nicht im direkten Sinne. Die Qualität meines Wunschtags fährt nicht in einer Limousine durch NYC, sondern hat viel mit mir und einer einfachen Bewegung zu tun. Mit dem Beobachten und dem Vorankommen, mit einem intensiven Körpergefühl. Eine weitere Feststellung ist natürlich – es geht ausschließlich um mich – mein perfekter Tag hat rein gar nichts mit anderen Menschen zu tun. Ich nehme es so hin. Dann ist er da. Der Dienstag. Mein Tag. Es ist 8.45 Uhr als ich loslaufe. Es ist ein Sommertag, der laut Vorhersage alles mit sich bringen wird, was es so gibt. Zwischen den Wolken blitzt blauer
Dann will ich duschen, meine Füße mit so einer Rosmarin-Kastanien-Creme einschmieren und gutduftend vor zur Eisdiele spazieren. 41 4/2023
REPORT Der perfekte Tag
Himmel, Nebel hängt zwischen den Gipfeln. Ich denke mir, dass das irgendwie viel schöner ist, als so ein strahlend blauer Tag. Nach einigen Minuten liegt das Dorf hinter mir, ich treffe den Bundespräsidenten a.D, der seinen frisch geschorenen Königspudel ausführt. Unsere Hunde beschnuppern sich kurz, dann geht es weiter. Herr Köhler kennt mich nicht. Weshalb sollte er? Hinauf zur Rechenbergalm bemerke ich die Vorfreude auf den langen Tag. Mir wird mit jedem langen Schritt bergauf bewusst, wie mich heute die Uhrzeit nicht kümmert. Das Wissen, dass die kommenden Stunden, der Tag in seiner Gänze nur mir und diesem Lauf gehört, legt eine wunderbare Ruhe und Seligkeit über mich. Im weiteren steilen Aufstieg zum Gipfel des Hochgern setzte ich mich in einer Spitzkehre auf einen Baumstumpf und blicke für Minuten in die zentralen Alpen. Wolken fliegen an mir vorüber, der Himmel verändert im Sekundentakt sein Bild. Alles scheint in Bewegung. In einem Moment scheint Sonne, im anderen regnet und stürmt es. Ein Gewitter überrascht mich am Gipfel, ich renne nach unten und rette mich in ein Waldstück. Für eine halbe Stunde kauere ich, der Hund zusammengerollt eng an meinen Beinen, unter meiner Rettungsdecke. Ich bin so sehr im Moment. Der Regen hat nach Monaten der Kälte und des Winters endlich wieder diesen besonderen Duft und die Nachricht, dass nach ihm kein Schnee mehr kommt, sondern nur noch Sonne. Im langen Downhill trocknet es so schnell, wie es nass wurde und nach vier Stunden laufe ich durch einen kleinen Ort, der für seine sehr gute Bäckerei bekannt ist. Ich nehme mir die Zeit, genieße Erdbeer-Plunder und Cappuccino, gebe dem Hund etwas ab und zeichne mit dem Finger die Strecke in die vor mir liegende Gebirgskette, die jetzt folgt. Mein Handy vibriert. Es ist mein Kollege Benni. Er will irgendetwas wegen einer Datenbank wissen. Ich antworte ihm kurz und sachlich und ziehe vom „100%-perfekten-Tag-Wert“ ungefähr 0,01% ab. Es ist Mittag geworden. Zwischen Hochplatte und Kampenwand ertappe ich mich selbst in einem Zustand, den ich suchte und lange nicht innehatte. Ich bin in einem Flow, der nichts mit Geschwindigkeit und vielmehr mit Ruhe und Gelassenheit zu tun hat. Die Landschaft geht an mir vorüber, ich habe einen scharfen und unabgelenkten Blick für die kleinen Wunder der Natur. Ich erkenne kleine Bäche, kleine Lurche und Schnecken. Die warme Luft streichelt meine Unterarme und im nächsten Schattenstück kühlt frischer Wind meine Stirn. Dazwischen kriechen Blumen- und Grasduft in meine Nase. Es ist alles intensiv und doch unauffällig. Nach neun Stunden, 62 Kilometern und 4.600 Höhenmetern komme ich zu Hause an. Ich lege mich auf die weiße Bank. Es regnet. Ich bin paniert. Komplett erledigt und komplett zufrieden. Nichts sollte jetzt anders sein. All meine Bedürfnisse sind erfüllt. Ich dusche und humple zur Eisdiele. Mandarine ist aus. Ich bin zu spät. Pistazie, Vanille, Haselnuss.
42 4/2023
ADVERTORIAL Engadin Samnaun Val Müstair
Trailrunning abseits ausgetretener Pfade An malerischen Bergseen entlangflitzen? Durch karge Mondlandschaften laufen? Dann ab auf die unberührten alpinen Trails in der Ferienregion Engadin Samnaun Val Müstair: Hier schnüren sich die Laufschuhe fast von selbst. Wer kennt sie nicht, die Mekkas des Schweizer Trailrunnings? Grindelwald mit dem Eiger Ultra Trail? Der Jungfrau Marathon in Interlaken? Ohne Zweifel lassen diese Ziele Läuferherzen höherschlagen. Doch am östlichen Zipfel der Schweiz versteckt sich eine Trailrunning-Spielwiese, die den
grossen Namen in Sachen Panorama und Naturerlebnis in nichts nachsteht – im Gegenteil: Engadin Samnaun Val Müstair gilt unter Trailrunning-Begeisterten noch als Geheimtipp und besticht mit zahlreichen naturbelassenen Trails, authentischen Bergdörfern und spektakulärer Aussicht.
Unsere Tipps für alle Ambitionen: Für Newbies: » Trailtrophy Lai Nair Für Angefressene: » Motta Naluns – Alp Clünas – Mot da l’Hom – Alp Laret - Ftan Für Weltmeister-Aspiranten: » Biosfera-Trail – «il dür» Wer die Entdeckung der Region mit einer sportlichen Herausforderung kombinieren möchte, dem empfehlen wir den Engiadina
Scuol Trail am 24. Juni oder das grenzübergreifende Trailrunning-Festival Terra Raetica Trails vom 4. bis 8. Juli. Für die optima-
le Wettkampfvorbereitung sorgen unsere Angebote «Biosfera Trail», «Fit for Trailrunning» und «Trai(l)s Vals».
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TEST Sport BHs
Kein ewiges Auf und Ab Der Sport BH: Oft unterschätzt, aber essentiell beim Laufen, gerade auf einem flowigen Downhill. Damit das Bouncen auf den Trails ein Ende hat, haben wir uns mit ein paar aktuellen Modellen auseinandergesetzt und geben Euch einen kleinen Überblick. Text: MARIE MEIXNER-BRUNNHUBER
Neben den Schuhen ist der BH für Frauen das wichtigste Kleidungsstück beim Laufen. Ein Must-Have auch für kleinere Oberweiten! Wenn er nicht richtig sitzt, hat Frau keinen Spaß, sondern Schmerzen – Scheuerstellen, unangenehmes Wippen, Milchstau, alles schon erlebt. Die Suche nach einem geeigneten Modell gestaltet sich nicht so leicht. Die Brust bewegt sich vor allem beim Laufen und Springen sehr stark nach oben und unten. Vom vielen Bouncen kann der Busen auf Dauer gesehen einen dauerhaften Schaden tragen. Risse im Unterhautgewebe, ähnlich wie Schwangerschaftsstreifen lassen sich nicht mehr rückgängig machen. Je nach Größe kann sie bis zu 8 Zentimeter schwingen. Das sind auf einen Marathon gesehen 9 Kilometer Strecke! Daher ist es unabdingbar, sie gut zu „Verpacken“, denn jede, wirklich jede Brust ist anders. Wir haben für Euch einige aktuelle BHs getestet und geben Euch im Folgenden eine Übersicht und Tipps zum Kauf.
Adidas FastImpact Luxe Run High-Support Sport-BH // 85 Euro
Starker Halt ist mein erster Gedanke und wird sich auch während des Laufes nicht ändern. Der Support wird mit seitlichen Riemen und einem elastischen Unterbrustband unterstützt, der Sitz kann dadurch sehr individuell angepasst oder besser gesagt, eingehakt werden. Je nachdem welche Schlaufe man wählt, sitzt er locker oder enger. Die Länge der Träger lässt sich ebenfalls verstellen. Das schnell trocknende Material fühlt sich angenehm kühl auf der Haut an. Die adidas Technologie AEROREADY mit einem atmungsaktiven Einsatz aus Power-Mesh hinterlässt ein luftiges Tragegefühl. Einzig für das An- und Ausziehen bedarf es ein wenig Übung, um alle Haken durch die schlauchartigen Ösen zu schieben, aber es ist jede Mühe wert. Fazit: Ein BH mit viel Support, auch für Sportlerinnen mit großen Cups. Vor allem die individuelle Anpassbarkeit punktet.
44 4/2023
Patagonia
Women’s Trails Sports Bra // 65 Euro
Wild
Der Wild Trails Sports Bra gefällt schon auf den ersten Blick mit seinem schicken Design und überzeugt dann auch auf den zweiten Blick mit seinem Komfort und Support auch bei starker Belastung im Downhill. Das Material ist angenehm weich auf der Haut, leitet Nässe ab und trocknet schnell. Die Träger liegen flach und breit auf den Schultern, ohne einzuschneiden. Seine Racerback-Konstruktion minimiert die Stoffmenge am Rücken und verursacht weniger Reibung. Geformte Schaumeinsatz im vorderen Bereich bieten die nötige Stützkraft, auch bei Größen bis Cup D. Der BH besteht aus geruchshemmendem Material und ist Fair Trade™-zertifiziert. Die Weite des Brustbunds kann mit einem weichen Elastikband am Rücken mithilfe von zwei Haken eingestellt werden und ermöglicht ein unkompliziertes An- und Ausziehen. Fazit: Ein Bustier, das uns auf voller Linie überzeugt und im Sommer zum Lieblingsstück wird.
Devold Berle Bra
The North Face Align Bra
Under Armour Infinity High
// 65 Euro
// 55 Euro
Sport-BH // 60 Euro
Das Schöne an diesem BH, er ist auf den ersten Blick absolut nichts Besonderes und punktet aber genau deswegen. Das schlichte Design des Bustiers versteckt quasi den Wolf im Schafspelz, und das im wahrsten Sinne. Denn der Bra ist aus 100 Prozent Merinowolle gefertigt und hält dadurch auch bei intensiveren und schweißtreibenden Aktivitäten trocken und warm. Die breiten und bequemen Schulterträger drücken nicht, das RacerbackDesign ist besonders fürs Tragen eines Rucksacks oder einer Racevest geeignet. Durch die Flachnähte scheuert und reibt nichts und das breite, elastische Wolband unter der Brust sorgt für optimalen Sitz sowie Komfort und vor allem stabilen Halt. Gefertigt wird der Bra übrigens in Litauen, in eigenen zertifizierten Produktionsstätten. Fazit: Oft ist weniger mehr, vor allem, wenn das Material und der Halt überzeugt.
Der Bra von The North Face ist aus sehr weichem Strech-Material gefertigt und bietet angenehmen Komfort auf der Haut. Das Top drückt die Brust auch nicht platt, wie ich es bei so manchem Bustier schon erlebt habe. Ein dicker Bund unter der Brust sorgt für nicht allzu viel aber doch angenehmen Halt, hinterlässt nach der Laufrunde aber leicht einschneidende Linien am Übergang. Durch den hohen Schnitt am Hals ist er nicht ideal mit einem Trinkrucksack kombinierbar, da es leicht zu Reibestellen kommt. Die angenehm offene Rücken-Konstruktion ermöglicht gute Atmungsaktivität. Wir würden den Bra eher für sanftere Trainings ohne zu viel Bouncen anziehen als für schnelle Läufe oder Ultratrails. Fazit: Gelungenes und komfortables Oberteil, durchaus geeignet und sinnvoll bei Cup A und B, jedoch zu wenig Support für große Oberweiten beim Laufen.
Der BH wird damit beworben, dass herkömmlichen Designprinzipien über den Haufen geworfen und eine Polsterung mit Flüssigfüllung in einem 8-förmigen Muster entwickelt wurde, die sich der natürlichen Bewegung der Brüste anpasst. Mein Blick geht daher tatsächlich gleich nach innen und findet eine aus vielen Linien geführte acht. Die Passform der dadurch vorgeformten Körbchen ist gut, vielleicht etwas eng. Kleiner Nachteil des etwas dickeren Materials ist die fehlende Atmungsaktivität, der Schweiß sammelt sich vorne. Die elastischen Träger sind am Rücken überkreuzt und können stufenlos verstellt werden, das breite Unterbrustband mündet in einem klassischen Verschluss mit drei Haken. Die Nähte sind flach, allerdings hinterließ sie am rechten Schlüsselbein eine kleine Scheuerstelle, als der BH mit einer Racevest getragen wurde. Fazit: Ein bequemer BH mit vorgeformten Körbchen.
Anita Anita Momentum Maximum
Dynafit Trail Graphic Sport
Adidas TLRD Impact Training
Von Dynafit als stylische Funktionswäsche für Bergsportlerinnen beworben, werfe ich neben dem zugegeben flotten Design gerne einen Blick auf die inneren Werte. Und da werde ich schnell positiv überrascht. Das strechige Material des Bustiers ist eng anliegend ohne einzuengen und bietet mir beim Laufen auch den nötigen Halt, vor allem wegen des breiten Unterbrustbands. Auch die Funktionalität des schnell trocknenden und feuchtigkeitstransportierenden Materials finde ich klasse. Die überkreuzten, breiten Träger lassen den Rücken fast komplett frei, gut für die Bewegungsfreiheit, bietet allerdings auch Möglichkeiten zum Scheuern beim Tragen eines Rucksacks. Für zusätzlichen Halt bei starker Belastung sorgt die leichte Polsterung mit herausnehmbaren Cups. Fazit: Ein stylischer BH, der auch mal ohne Shirt getragen werden kann. Trocknet sehr schnell und ist bequem.
Das zweite Modell von Adidas ist aus einem weichen, glatten Material und fühlt sich sehr geschmeidig auf der Haut an. Die forgeformten Cups umfassen die Brust angenehm, können auch herausgenommen werden. Allerdings muss die Brust ziemlich exakt hineinpassen, damit keine leeren Falten geworfen werden. Vielleicht muss man verschiedene Größen ausprobieren. An der Rückseite sind die Träger überkreuzt, verschlossen wird der BH mit drei Haken. Da die Träger am Rücken verstellt werden, kann man ihn perfekt anpassen. Wer beweglich ist, kann dies am angezogenen Modell justieren, ansonsten muss man den BH beim ersten Ausprobieren ein paarmal an- und ausziehen, bis man den optimalen Sitz gefunden hat. Die feuchtigkeitsabsorbierende Technologie sorgt für ein trockenes Tragegefühl und lässt mich auch bei warmen Temperaturen nicht überhitzen. Fazit: Einmal richtig angepasst unterstützt der BH ausgezeichnet.
Support // 70 Euro
Dieses BH-Modell gibt es schon seit ein paar Jahren auf dem Markt, ich habe ihn bereits vor der Schwangerschaft getragen und jetzt danach nochmal in einer neuen Größe besorgt. Er ist aufgebaut wie ein klassischer BH und drückt die Brust auch nicht platt, sondern lässt die Form ganz natürlich. Man möchte meinen, dass der Support dabei nicht funktioniert, doch im Gegenteil, Die Brust wippt nicht, alles sitzt und hält genau so, wie es sein soll und ist bequem noch dazu. Durch klassische Träger und Haken am Rücken ist das An- und Ausziehen auch einfach. Das Material ist sehr hochwertig verarbeitet, schmiegt sich an die Haut und es gibt keine Scheuerstellen. Auch habe ich das Gefühl, dass es außerordentlich gut belüftet ist, beim Schwitzen wird alles abtransportiert. Fazit: Gerade für schweißtreibende Aktivitäten im Sommer perfekt, der BH sitzt wie eine zweite Haut und hält alles gut verpackt.
BH // 60 Euro
45 4/2023
High Support Sport-BH // 60,00 Euro
REISE Rügen
ACH, RÜGEN 46 4/2023
Text & Fotos: CLEMENS NIEDENTHAL
Meine Schwiegereltern haben Aktien. Vom Ferienanlagenanbieter Hapimag. So kam ich in den Genuss eines März-Wochenendes im Ostseebad Binz. Mit Pool, Sauna – und den schönsten Trails nicht nur der deutschen Ostseeküste. Eine Liebeserklärung an den Norden, und an das azyklische Reisen che wieder im Berliner Büro, bleibt für diese Ouvertüre diesmal keine Zeit. Nach einem sehr guten Quarkkuchen und einer Tasse Kaffee in der angeblich ältesten Gaststube Rügens, der Linde in Middelhagen, startet dieser Inselurlaub also gleich mit einem langen Lauf. Knapp 30 Kilometer von der Südspitze der elegischen Landzunge Mönchgut zurück ins Ostseebad Binz. Am Strand hat einer der letzten noch aktiven Fischer Rügens gerade seine Kisten zum Trocknen gestapelt, die kleinen Boote dösen rücklings im Sand. Vielleicht ist es aber auch nur ein pittoreskes Arrangement für die Tourist:innen. Auch wenn diese jetzt, Ende März, noch nicht so zahlreich auf der Insel sind.
E
Es ist mein liebstes, auf jeden Fall aber verlässlichstes Urlaubsritual: als erstes wird gelaufen. Gut fünf Kilometer, eine halbe Stunde vielleicht, um schon einmal ein Gespür für den Ort zu bekommen, für sein Terrain und seine Eigenheiten. Um ein Restaurant zu suchen, in dem man später am Abend essen mag. Um schon mal auf die Trails einzubiegen, um die Neugier zu wecken auf die längeren Läufe der kommenden Tage. Da diese Reise aber eingeklemmt liegt zwischen zwei beruflichen Terminen im Norden und einer neuen Wo-
47 4/2023
Es geht entlang der Rügener Ostküste und des Großen Strandes, der ganz zurecht so heißt, weil er sich über gut zehn Kilometer bis nach Gören zieht, wo dann die hügeligere Nordküste beginnt. Ich wechsle beliebig das Gelände, mal vorne an der Wasserkante, mal auf moosig weichen Pfaden durch den langgestreckten Waldstreifen, der den Strand von der Straße trennt. Vor Gören wird es trailig und ich biege ganz nach rechts, auch wenn Binz in der entgegengesetzten Richtung liegt. Die Wurzelwege am exponierten Nordperd wollen unbedingt erlaufen werden. Für mich ist dieser vom Wetter zerzauste Landzunge eine der schönsten Ecken der Insel. Die Kilometer 20 bis 27 sind dann ganz wunderbar, die exponierte Steilküste zwischen Sellin und Binz mit den kupierten Trails durch einen his-
REISE Rügen
Auf Rügen habe ich gefunden, wofür ich auch meine liebste Ostseeinsel Bornholm so mag: Höhenmeter, die sich auf logischen Routen erlaufen lassen – die Kreidefelsen hinter Sassnitz etwa und die Steilküste über Binz torischen Buchenwald. Immer dicht an und über dem Meer. Umso mehr werden dann die letzten zweieinhalb Kilometer quälend. Asphaltschlurfen auf der Promenade von Binz? Ich entscheide mich für die All-Out-Methode, wer schneller läuft, ist früher am Ziel. Zum Glück ist dieser Lauf schneller am Ende, als ich es bin. Sauna. Räucherfisch. Bernsteinweizen. Das Meeresrauschen durchs gekippte Schlafzimmerfenster. In dieser Reihenfolge. Inseln sind auch Berge Rügen also. Es ist nicht meine erste Trailreise an die deutsche Ostseeküste. Ich bin den Weststrand auf dem Darß entlanggelaufen, natürlich in der Abendsonne. Ich habe auf Hiddensee die Einsamkeit geliebt, frühmorgens und spätabends, wenn die Tagestourist:innen nicht auf der Insel waren. Ich habe Usedom ganz grundsätzlich erlaufen. Den Sandstrand und sein wurzelwaldiges Hinterland zwischen Ahlbeck und Zinnowitz. Die naturraue Halbinsel Gnitz, auf der bis vor kurzem noch Erdöl gefördert wurde. Den Balmer See und den Lieper Winkel. Nur auf Rügen aber habe ich gefunden, wofür ich auch meine beiden liebsten Ostseeinseln Gotland und Bornholm so liebe: die Selbstverständlichkeit eines kupierten Terrains.
48 3/2023
Höhenmeter, die sich in der Summe tatsächlich bemerkbar machen. Und die sich auf ganz logischen Routen erlaufen lassen. Zumal hier an der Nordküste der Insel zwischen Gören, Sellin, Binz, Sassnitz oder, dazu kommen wir gleich, dem Nationalpark Jassmund mit den exponierten Kreidefelsen. „Inseln sind auch Berge“, hatte mir mal einer gesagt, der hier oben an der See Käse macht. Nach dem Vorbild eines Schweizer Bergkäses. Topografisch ist das schon mal richtig. Wäre es anders, würde ja keine Insel aus dem Meer gucken. Inseln sind aber vor allem auch eines: Inseln. Und diese Tatsache bringt mit sich, dass sie vom Meer umflossen sind. Jetzt im März reicht mir die Brandung nur bis zur Hüfte. Und das nur in der Mittagssonne nach einem zügigen Lauf. Darf man schon Anbaden dazu sagen?
Immerhin: Zwei Strandkörbe stehen schon im Sand. Sie sind so früh in der Saison aber nur auf Vorbestellung und mit guten Kontakten buchbar. Für die besonders Wetterfesten Ein unbedingter Tipp für den Trailtrip nach Rügen: azyklisch reisen und in Kauf nehmen, dass noch nicht jedes Café geöffnet und das Wasser eher sieben, allenfalls zehn Grad hat. Am besten man kommt vor Ende Mai oder wieder im September, dazwischen ist die Insel voll, die Staus sind lang und die Apartments und auch die Campingplätze teuer. Und auch auf den Trails um die Kreidefelsen kann es dann voll werden von wanderunerfahrenen Urlauber:innen, die nicht darauf gefasst sind, von Trailläufer:innen überholt zu werden. Wer doch in den Sommermonaten reisen muss oder will: Vor 10 Uhr und nach 17 Uhr hat man die Trails und
49 4/2023
Wanderwege auch im Juli oder August fast für sich. Die frühen Vögel Apropos azyklisch reisen: Schon nach einem halben Tag haben wir den Rhythmus unserer Ferienanlage verstanden. Die Sauna? Spätestens ab 18.30 Uhr sitzt das zumeist ältere Publikum verlässlich beim Abendbrot und man schwitzt für sich. Der Pool? Meistens ziemlich leer, außer zu den Wassergymnastikkursen. Und früh am Morgen. Aber vielleicht finde ich es im Alter ja auch ganz normal, um 5:30 Uhr stoisch meine Bahnen zu ziehen. Es wäre bei Weitem nicht die schlechteste Perspektive. Die beste Perspektive für diesen Samstag ist der Nationalpark Jassmund mit den Kreidefelsen, der Stubbenkammer, der Victoriasicht, dem Königsstuhl. Gut 20 Kilometer und rund 750
REISE Rügen
Er kam ganz Gebrauchsamweisung für Rügenschön rum; 24 Arbeitsstellen brachte ihm das Bäckerhandwerk ein - jetzt weiß er wie gutes Brot geht! ANRREISE: Empfohlen sei die gute Zuganbindung mit dem ICE aus Berlin oder Hamburg und damit auch aus dem Rest der Republik. Wer zudem ein Fahrradticket bucht, hat auch auf Rügen selbst keine Mobilitätsprobleme mehr. Dennoch: Ein Auto ist praktisch, wir konnten so etwa noch flink nach Schaprode und Ummanz abbiegen. ORTE: Aufgrund der Topografie und damit der tatsächlich hügeligen Trails sollte man ein Quartier an der Nordküste in einem der Seebäder zwischen Gören, Binz und Sassnitz suchen. Allerdings ist es dort spätestens zur Hauptsaison auch am vollsten. UNTERKOMMEN: Ob im Van oder dem Zelt, Rügen ist definitiv eine Insel zum campen. Der schönste Campingplatz ist das Naturcamping Alt-Reddevitz auf der Halbinsel Mönchgut. Nächteweise gibt es auch einige informelle Stellplätze mit Meerblick. Ferienwohnungen und Apartmentanlagen bleiben abseits der Hochsaison auch in den Ostseebädern Binz oder Sellin bezahlbar. KULINARIK: Unsere Restaurantempfehlungen sind Schillings Gasthof in Schaprode, dort werden vor allem die Erzeugnisse der eigenen Landwirtschaft verarbeitet, und das zeitgenössische Carla & Jo im Kleinbahnhof in Binz. Die Fischbrötchen in der Räucherei Kuse unterhalb der Steilküste von Binz schmecken schon alleine aufgrund der Location toll. Zudem gibt es eine coole Sommerpizzeria bei den Surfer:innen in Ummanz im Westen von Rügen.
50 4/2023
Höhenmeter braucht es für die ausgedehnte Runde von und zurück nach Sassnitz. Sie beginnt bei der betonavantgardistischen Kurmuschel des Architekten Ulrich Müther, einem Vertreter der DDR-Moderne, und endet unbedingt bei der Kleinen Konditorei. Wegen der Windbeutel, dem handwerklichen Eis und des Panoramafensters mit Blick auf die See. Zunächst geht es am steinigen Strand entlang, bald führt der Weg über steinerne Tritte und hölzerne Stiegen in die Höhe, Abzweigungen führen aber immer wieder hinunter an den Strand. Wir empfehlen, alle mitzunehmen. Wegen der zusätzlichen Höhenmeter und noch mehr der fantastischen Perspektiven auf die Kreideküste. Wer mit einer weniger trailbegeisterten Urlaubsbegleitung unterwegs ist: der Aufstieg auf dem neu angelegten Radweg durch den dichten Buchenwald (UNESCO Weltnaturerbe) ist knapp drei Kilometer länger und engagiert gerannt (also eben neben einem Fahrrad) ein gutes Bergtraining. Am Königsstuhl, dem prominentesten der Kreidefelsen, angekommen kann man sich dann trennen und unten in der Kleinen Konditorei wieder zusammenfinden. Abends nach der Sauna sind wir so unverfroren, das Essen bereits so früh im Jahr auf der zu unserem Apartment gehörenden Terrasse anzurichten. Sauerteigbrot aus Berlin, fermentiertes Gemüse, das wir unterwegs bei einer Freundin aufgelesen haben, die in Mecklenburg die Wassermühle im Nebeltal betreibt. Würste von Mathias Schilling, der in Schaprode auf Rügen die Insel Öhe bewirtschaftet und auf Rügen und Hiddensee mehrere sympathische Gastronomien führt. Diesmal hat es nur für eine Stipvisite auf seinem Bauernhof (Foto links) gereicht. Aber sein „Rotes Haus“ auf Hiddensee, ein schwedenschönes Sommerrestaurant, liegt jetzt im März ohnehin noch im Winterschlaf. Es gäbe also durchaus gute Gründe, noch einmal im Sommer nach Rügen und auf die Nachbarinsel Hiddensee zu kommen.
a friend and companion a w w w . t h y w e a r . c o m lo n g r u n e p i s o d e
INTERVIEW Anna, Kim & Laura
WIR SIND SCHON ZIEMLICH WEIT Interview: BENNI BUBLAK, DENIS WISCHNIEWSKI
52 4/2023
Anna Hahner, Kim Schreiber und Laura Hampel gehören zu den schnellsten und besten Trailrunning-Damen Deutschlands. Wir wollten von ihnen wissen, wo unser Sport für Frauen steht, was gut ist, was besser werden muss und wie weit die Gleichberechtigung auf Trails eingebogen ist. Anna: Ich habe schon das Gefühl, dass das Thema Frauen im Sport gerade ein wenig en vogue ist. Das Optimum wäre natürlich, wenn es immer um Trailrunning im Allgemeinen geht und das Geschlecht der Protagonist:innen gar keine Rolle mehr spielt.
Wenn zwei Männer mit drei Frauen darüber sprechen, wie es um die Gleichberechtigung in unserem Sport steht, könnte man bereits jetzt die Hand heben und sich fragen, ob das überhaupt richtig ist, ob es Sinn macht, das Thema „Frauen im Trailsport“ so exponiert zu besprechen. Früh in der Diskussion sind wir uns einig, dass es wichtig ist, daraus eine mehrseitige Story zu machen, dass Trailrunning ein Sport ist, der schon ziemlich gut ist, wenn es um Diversität geht, aber noch Luft nach oben hat. An diesem Donnerstag Mittag sitzen Anna Hahner, Kim Schreiber und Laura Hampel mit den beiden Trail Redakteuren Benni Bublak und Denis Wischniewski in einem Münchner Café im Stadtteil Westend bei Ingwertee und Hafermilch-Latte. Anna Hahner wird wenige Tage nach unserem Treffen Mutter werden, Kim Schreiber ihren Lebensmittelpunkt von München nach Chamonix verlegen und Laura Hampel beim Chiemgau Trailrun triumphieren.. Benni: Hier sitzen heute zwei Männer, die mit Euch ein Interview führen wollen und ein Thema vorgeben, nämlich Frauen im Trailrunningsport. Mal ganz naiv und blauäugig gefragt: Ist das überhaupt legitim? Ist es ok und wichtig, wenn wir dieses Thema so exponieren, denn wahrscheinlich würden wir wohl kaum ein Interview machen, das sich Männer im Trailrunningsport nennt? Kim: Also erstmal habe ich überhaupt kein Problem damit, dass wir heute mit zwei Männern über das Thema Frauen im Sport reden. Ich habe da vorher nicht mal drüber nachgedacht, dass das ein Thema sein könnte.
Laura: Ich finde am Trailrunning gerade gut, auch mit Männern gemeinsam Wettkämpfe zu laufen. Ich nehme das als starken Support wahr, wenn Männer mir auf der Strecke gut zusprechen. Ich wünsche mir, dass es da keine Differenzierung gibt und Frauen keine Scheu haben, sich neben Männer an die Startlinie zu stellen.
Denis: Vor kurzem fand der Transgrancanaria statt, den Courtney Dauwalter gewann. Gefühlt drehte sich der Großteil der Berichterstattung nur um sie. Vor ein paar Jahren noch undenkbar. Da ging es fast nur um die Männer und die Frauenergebnisse wurden vielleicht der Vollständigkeit halber hinten angehängt? Beobachtet ihr auch, dass sich da was verändert hat? Laura: Ja klar. Vielleicht aber einfach auch, weil die Frauen immer schneller geworden sind. Trailrunning boomt und gerade bei den Frauen wird das Niveau immer höher und die Leistungsdichte steigt. Anna: Ich kann mal den Vergleich zum Straßenlauf herziehen. Wenn die ARD einen Marathon übertrug, war die Live-Berichterstattung des Öfteren vorbei, nachdem die drei ersten Männer im Ziel waren. Im Trailrunning wird viel gestreamt und man hat auch deshalb mehr Zeit, sich auch den Frauen zu widmen. Kim: Ich finde auch, dass Trailrunning schon ziemlich weit ist. Mir wäre jetzt nicht aufgefallen, dass es in der Rennberichterstattung einen auffallenden Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt. Wir haben so viele starke Frauen wie Nienke Brinkmann, Sara Alonso und mehr, über die zurecht viel gesprochen wird. Ich mag es auch nicht, wenn das Thema Frauen als etwas wahrgenommen wird, was man gesondert hervorheben muss und es damit dann letzten Endes doch separiert.
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Denis: Das verstehe ich. Aber dennoch scheint es ja in einigen Bereichen noch Luft nach oben zu geben, was die Gleichberechtigung angeht? Kim: Ich bin in der Arbeitsgruppe „Women equality“ bei der Pro Trailrunners Association. Wir stellen fest, dass der Frauenanteil bei Rennen von Jahr zu Jahr wächst, es aber immer noch eine große Lücke zwischen den teilnehmenden Männern und Frauen gibt. Ich würde daher sagen, dass es derzeit absolut wichtig ist, in dieser Richtung aktiv zu werden. Wünschen würde ich mir aber natürlich einen Zustand, der das erst gar nicht nötig macht. Anna: Ich denke ganz wichtig sind starke Frauen, die für andere Frauen Idole und Vorbilder sind.
Benni: Ihr seid ja als Profi-Läuferinnen schon in einer sehr privilegierten Stellung und habt wahrscheinlich wenig Hemmungen, Euch mit Männern an die Startlinie zu stellen. Vielen Hobby-Athletinnen oder auch Anfängerinnen mag es da anders gehen. Nehmt ihr das auch wahr, dass das für viele Frauen eine Hürde ist? Oder anders gefragt: Wie wichtig sind reine Frauenläufe? Laura: Ich kenn einige, die sich nicht mit den Männern an eine Startlinie stellen wollen. Die Angst davor haben, dass Männer schlecht über sie denken. Oft ist das aber gar nicht der Fall. Von daher wünsche ich mir, dass diese Angst überwunden wird. Und vielleicht sind „„Womenonly- Wettkämpfe“ da ein guter Einstieg, damit Frauen zunehmend das nötige Selbstbewusstsein aufbauen. Anna: Nicht nur Frauenläufe sind sehr populär, auch Firmenläufe. Bei beidem ist die ganze Atmosphäre eine andere. Es geht nicht vorrangig um Leistung, sondern um Freude am gemeinsamen Laufen. Und auch das Trailrunning ist da ja ein gutes Beispiel, bei dem es vielen nicht um Bestleistung, sondern um das Laufen in der Natur und das Finishen geht.
Denis: Ist das nur ein Klischee, dass Männer sich schneller bei Wettkämpfen an-
INTERVIEW Anna, Kim & Laura melden und Frauen zurückhaltender sind und vielleicht erstmal ein paar Wochen oder Monate überlegen, ob sie sich das überhaupt zutrauen? Kim: Ich glaube das ist ein Klischee. Ich bin kein Freund dieser Schubladen. Es gibt genauso unsichere Männer, die Angst haben als Mann langsamer als eine Frau zu sein. Genauso gibt es sehr starke Frauen, die sich vielleicht selbst überschätzen und zu schnell loslaufen. Anna: Ich muss da leicht widersprechen. Durch mein Coaching rede ich sehr viel mit Sportlerinnen und stelle schon fest, dass die Prozentzahl der Frauen, die zurückhaltender sind und ihre Ziele konservativer formulieren, schon groß ist. Männer sagen oft einfach: „Ich würde gern einen Marathon in 3:30h laufen.“ Wenn ich dann frage, wieviel sie aktuell laufen, kommt dann gern die Antwort: „Ja nee, ich fang ja jetzt erst an.“ Das erlebe ich bei Frauen eigentlich nie.
Benni: Anna, Du wirst in wenigen Wochen Mutter. Das ist jetzt schon ein relativ harter Bruch zu Deinem bisherigen Leben, das sich viele Jahre voll und ganz um Leistungssport drehte. Wie gehst Du damit um? Anna: Mir fällt das schon einfach. Für mich ist das Leben ein Fluss. Es kommt, wie es kommen soll. Und auch jetzt habe ich ja ein konkretes Ziel, auf das ich mich bestmöglich vorzubereiten versuche. Das ist dann im Prinzip ähnlich wie beim Sport, auch wenn der Fokus ganz woanders liegt. Nämlich beim Mama werden und darauf, eine Verbindung mit dem Baby aufzubauen.
Benni: Wirst Du schnell wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen oder planst Du eine längere Auszeit? Anna: Tatsächlich habe ich selten konkrete Pläne im Leben. Aber wenn ich in mich hineinhöre, fühle ich, dass ich Bock habe, noch Dinge zu erreichen. Die 100 Kilometer reizen mich zum Beispiel unfassbar. Gleichzeitig ist es aber nicht so, dass ich mir jetzt konkrete Zeitpläne setze, weil ich ja keine Ahnung habe, wie ich mich nach der Geburt fühlen werde. Was ich im Moment merke, ist, dass mein Killerinstinkt komplett weg ist. Kim: Killerinstinkt? Anna: Ja naja dieser Drive, mich selber voll zu pushen. Kim: Ich bewundere das bei der Anna ja immer.
Diesen Fluss, den sie da beschreibt. Ich glaube, ich wäre da komplett anders.
Benni: Sport kann ja oft auch sehr roh sein. Du, Kimi, bist jemand, die das versucht aufzubrechen, die auf Social Media viel von sich preisgibt und auch oft eine gewisse Empfindsamkeit ausstrahlt. Siehst Du es als Aufgabe der Frauen, mehr Sensibilität in den Sport zu bringen? Kim: Schon. Aber ich glaube, dass es für Männer oft schwerer ist, sich verletzlich zu zeigen. Sich offen hinzustellen und über Emotionen und Probleme zu reden, wird unter Männern schwieriger angenommen. Da heißt es oft: „Steh deinen Mann.“ Jenes Rollenbild, was früher ja noch viel ausgeprägter war. Und genau von diesen strikten Rollenbildern, die Geschlechtern gewisse Identitäten zuordnen, will ich auf jeden Fall weg. Von daher sehe ich da schon meine Rolle, auch mal kritischere Punkte anzusprechen. Anna: Und genau das ist es, was Frauen im Trailrunning nach vorne bringt. Starke Frauen, die vorangehen, wie eben Ida und Kimi, die jetzt den ersten reinen Frauenpodcast im Laufsport machen.
Benni: Laura, Du warst als Jugendliche in Hannover im Lauf-Internat, hattest dort einen männlichen Trainer. Aktuell seid ihr, wenn ihr für die WM nominiert werden wollt, abhängig von der Gunst eines Mannes und auch Euer Team-Manager bei Adidas ist ein Mann. Wünschst Du Dir mehr Frauen in verantwortlichen Positionen? Laura: Nein, ganz und garnicht, Sowohl beim DLV als auch bei Adidas gibt es ebenso Frauen, an die man sich wenden könnte. Aber ich habe da überhaupt keine schlechten Erfahrungen ge-
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macht. Im Gegenteil. Manchmal bekommt man von Männern sogar mehr Verständnis, als von Frauen.
Benni: Gibt es unter Frauen ein ausgeprägteres Konkurrenzdenken, als unter Männern? Laura: Ja ich denke schon. Nach meinem letzten Rennen wurde ich von einer Konkurrentin gefragt, was denn mein nächstes Rennen wäre, sie würde gern mal gegen mich laufen. Dieser Satz hat schon was mit mir gemacht. Anna: Ich habe diese Erfahrung eigentlich noch nicht gemacht. Selbst beim Marathonlauf innerhalb der deutschen Spitzen-Athletinnen gab es keinen Zickenkrieg. Frauen haben aber vielleicht schon eine Tendenz dazu, solche Fragen, wie Laura sie bekommen hat, negativ aufzufassen. Wenn ein Mann diese Frage bekommen hätte, hätte er vielleicht gedacht: „Ah cool, da will sich jemand mit mir challengen.“ Und Frauen denken gleich, da stellt jemand meine Leistung in Frage. Männer sehen das oft viel spielerischer. Kim: Ich hätte die Frage auch tendenziell wie Laura aufgefasst. Man muss schon feststellen, dass die Positivität und der Optimismus von Anna nicht der Norm entsprechen. (Alle lachen). Aber Laura, du musst das positiv sehen. Vielleicht ist es tatsächlich Neid, der aus dieser Frau spricht. Neid auf deine Hammer Leistung. Du bist mit dem Sieg beim Ötzi Trailrun definitiv einigen in die Köpfe gelaufen. Ich selbst neige auch dazu, viele Dinge zu negativ zu sehen. Da spielt sich viel im Kopf ab. Ich versuche, daran zu arbeiten, mehr bei mir zu bleiben und Konkurrenz- und Neid-Denken gegenüber anderen Frauen gar nicht erst zuzulassen. Anna: Frauen nehmen sich ja absolut garnichts untereinander weg. Je mehr starke Frauen es
Denis: Ohne die Männer aus der Verantwortung zu nehmen: Haben die Frauen selbst auch viel in der Hand, Dinge zu gestalten und zu verändern? Anna: Unbedingt. Sobald man die Verantwortung an andere abgibt, hat man es selbst nicht mehr in der Hand. Ich kann mich da nur wiederholen: Wir brauchen starke Frauen, die Präsenz zeigen. Es ist immer am besten, wenn die Power zu 100 Prozent bei den Frauen liegt. Kim: Das stimmt. Andererseits habe ich schon Erfahrungen mit typischen Männeraussagen gemacht, die für mich problematisch waren. Das beste Beispiel: „Ok Du bist jetzt in die Top Drei gelaufen. Aber die Konkurrenz war ja auch nicht so stark, wie bei uns Männern.“ Da kann ich Feuer spucken, wenn ich sowas höre. Das ist von den Männern ja nicht mal bösartig gemeint. Die versuchen, das dann auch sofort anhand von Zahlen und Statistiken zu belegen. Da würde ich mir halt wünschen, dass Männer auch mal über die rationale Ebene hinausdenken und verstehen, wie es sich anfühlt, gewisse Themen zu haben.
Benni: Männer können also noch viel lernen? Kim: Ja. Schon allein, dass nicht alle zusammenzucken, wenn jemand Tampon sagt.
Denis: Schaut ihr bei Rennen auch auf Eure Platzierung bezüglich der Männer?
Benni: Oder anders gefragt, wenn im Ziel noch ein Mann knapp vor Euch ist, sprintet ihr, um vor ihm zu finishen? Anna: Ich schaue generell eher auf mein eigenes Rennen und versuche das Bestmöglichste herauszuholen. Da ist es dann natürlich manchmal hilfreich, sich auch an den Männern zu orientieren. Wenn keine Frau mehr da ist, überhole ich natürlich auch gern Männer. Aber nicht mit dem Ziel, am Ende zu sagen, ich war jetzt so und so vielter „Mann“. Foto: Matthias Wendling, Raphael Weber
gibt, desto größer wird der Kuchen für alle.
Laura: Bei mir ist es ähnlich. Ich versuche eigentlich ganz und gar bei mir zu bleiben und das Beste aus mir herauszuholen. Dabei schaue ich oft nicht mal auf die anderen Frauen, geschweige denn die anderen Männer. Kim: Also ich kann von mir sagen, dass ich mich null an Männern orientiere. Ich würde jetzt nicht langsamer laufen, wenn ich erste Frau bin, aber schon gar nicht anfangen zu denken: So jetzt sammle ich auch noch so viele Männer wie möglich ein. Oft hat man stattdessen Situationen, wo man mit Männern zusammen läuft und sich von ihnen ziehen lassen kann. Manche Männer machen es sich dann sogar zur Aufgabe, uns zu helfen und uns beispielsweise die Bahn frei zu räumen. Das ist doch voll cool.
Denis: Braucht es spezielle Ausrüstung für Frauen? Sowohl was das Design, als auch die Konstruktion betrifft? Anna: Gerade wenn es um Schuhe geht, ist es
Kim Schreiber lebte lange in München, zog jetzt nach Chamomix - natürlich um den Bergen näher zu sein und das Training zu optimieren.
Da würde ich mir wünschen, dass Männer mal die rationale Ebene verlassen und verstehen, wie es sich anfühlt, gewisse Themen zu haben
INTERVIEW Anna, Kim & Laura schon wichtig, auf die biomechanischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen einzugehen. Der Schwerpunkt bei einer Frau ist ganz woanders, als bei einem Mann, weshalb auch der Schuh anders konstruiert sein muss. Was ja nicht heißt, dass es auch Einzelfälle geben darf, die sagen: „Ach ich als Mann komm besser mit dem Frauenschuh zurecht oder umgekehrt.“ Kim: Was das Thema Farben und Style angeht, finde ich es schon gerechtfertigt, dass es vielfältige Farbenangebote gibt und glaube auch, dass es einen großen Markt für die „typischen“ Frauenfarben gibt.
Kim: Darf ich mal eine Frage an Euch stellen? Gendert ihr in Euren Texten im Heft?
Denis: Ja wir gendern mit Doppelpunkt. Aber tatsächlich ist es so, dass wir regelmäßig Kritik bekommen, auch scharfe, weil wir gendern. Anna: Ich bin auch kein sehr großer Freund dieser Entwicklung. Ich finde nicht unbedingt, dass es Frauen stärker macht, wenn man Doppelpunkte zwischen Wörter schiebt. Kim: Ich habe da auch meine Erfahrungen gemacht. Letztens habe ich eine Story geteilt, welche diese Schreibweise eher kritisch betrachtete. Tatsächlich habe ich daraufhin viele Nachrichten von Frauen bekommen, die meinten sie wären sehr enttäuscht von mir. Von wegen „Ich wäre doch eigentlich eine starke Frau, die für Frauen eintritt und jetzt sowas.“ Ich war dann schon schockiert, dass mein Einsatz für Frauen in Frage gestellt wurde, weil ich eine gewisse Art zu schreiben, kritisch sehe. Mich stört das als Leser einfach ästhetisch. Und im Endeffekt ist die Frage der Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann auch viel zu groß und relevant, um sie mit einem Doppelpunkt zu lösen.
Benni: Beim Finale der Golden Trail World Series wird das Rennen der Männer und das der Frauen getrennt stattfinden, sogar an zwei unterschiedlichen Tagen. Eine gute Entscheidung? Man könnte ja in beide Richtungen argumentieren. Am egalitärsten ist es, wenn alle an der gleichen Startlinie stehen. Oder aber: In ihrem eigenen Rennen bekommen die Frauen mehr Aufmerksamkeit. Kim: Ich finde es eher schwierig. Warum jetzt wieder alles auftrennen? Letzteres Argument
Frauen nehmen sich rein garnichts untereinander weg. Je mehr starke Frauen es gibt, desto größer der Kuchen für alle
Foto: Roastmedia
Anna: Ich trage zum Beispiel super gerne den Frauenrock von Terrex. Und auch die Oberteile sind ja zurecht anders geschnitten bei Frauen. Also zu sagen, wir machen jetzt nur noch Unisex-Produkte halt ich nicht für die Lösung.
Laura Hampel läuft für Adidas Terrex und ist eine grosse Hoffnung für die WM in Innsbruck.
könnte ja auch ein Trugschluss sein. Vielleicht schalten auch alle nur am Samstag in den Livestream, wenn das Männerrennen ist, und ignorieren den Sonntag. Das war doch lange immer das Schöne am Trailrunning. Das alle, egal welches Geschlecht oder Leistungsniveau, an einer Startlinie stehen. Anna: Ich denke da gerade drüber nach und muss mir noch eine Meinung bilden. Man müsste es vielleicht wirklich mal ausprobieren, ob es was bringt. Vielleicht ist es am Ende schon so, dass durch die Trennung jedes der Rennen mehr Aufmerksamkeit bekommt, das der Frauen und das der Männer.
Denis: Der Frauensport pflegte lange Zeit ein Schattendasein hinter dem Männersport. Im Moment aber passiert viel, sei es im Fußball (EM 2022), Radsport (Tour de France Femmes) und sehr vielen anderen Sportarten. Wie weit ist Trailrunning, in diesem Gleichberechtigungsprozess?
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Ist unser Sport vielleicht sogar ein Vorreiter, eine Vorreiterin? Kim: Ich habe wirklich nicht das Gefühl, dass da ein riesige Lücke in unserem Sport klafft. Da sind wir sicher weiter als andere Sportarten. Der finanzielle Unterschied zwischen einer Fußballerin und einem Fußballer ist mit Sicherheit deutlich größer als der zwischen Trailrunner und Trailrunnerin. Anna: Ich denke das Glück des Trailrunning ist, dass es ein sehr junger Sport ist und Geld noch nicht so die große Rolle spielte in der Vergangenheit. Dadurch gab es da von Anfang an keine große Schieflage in der Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann, mit der man jetzt aufräumen musste. Laura: Ich finde auch, dass die Gleichberechtigung in unserem Sport schon sehr weit vorangeschritten ist.
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TEST 8 Trailrunning-Schuhe 2023 Text: BENN BUBLAK, CLEMENS NIEDENTHAL
NACHTRAG
Als wären 46 Schuhe nicht schon genug: Auch in diesem Jahr folgt auf unseren großen Schuhtest der zweite Teil, mit einigen echten Ausrufezeichen
Zum Glück ist unser Schuhtest kein Ultratrail. Sonst hätten diese Nachzügler vielleicht schon die Cut-off-Zeit verpasst. Was, so viel sei verraten, in den nun also nachgereichten Trailneuheiten aber eigentlich nicht passieren sollte, sind doch wieder richtig rasante Kandidaten darunter. So verschiebt der Vectiv Sky von The North Face die Möglichkeiten der Carbontechnologie ins merklich Alpine. Der Hoka Tecton X bleibt auch in seiner zweiten Auflage der universellste und zugänglichste „Plattenschuh“ auf den Trails. Zwei echte Favoriten. Dass uns hingegen der NNormal Tomir nicht vollends euphorisiert hat, auch
das passt vermutlich zum Charakter eines Schuhs, der vor allem das sein will: unkompliziert, langlebig und ein täglicher Begleiter.
Es gibt gegenwärtig einfach sehr viele beeindruckend gute Schuhe mit breit gespreizten Talenten Zudem hatten wir mit dem Salomon S/Lab Pulsar 2 einen echten Sprinter unter den Füssen. Der Saucony Peregrine ST erinnerte uns grobstollig 1/2023 58 4/2023
daran, dass so eine Außensohle gestern noch so typisch für die meisten Trailschuhe war. Und, dass grobe Stollen uns manchmal tatsächlich packen. Kurzum: Dieser Nachtrag zu unserem großen Schuhtest unterstreicht nur noch einmal das Fazit aus dem vergangenen Heft: Es gibt gegenwärtig einfach sehr viele beeindruckend gute Schuhe mit breit gespreizten Talenten. Dennoch oder gerade deswegen lohnt sich der genaue Blick. In unseren Review-Texten sowie über unser Siegel-System (die große Übersicht: auf Seite 63) findet Ihr die objektive Einordnung – und Euren Lieblingsschuh.
ROULEUR
ALPIN
The North Face // Summit Vectiv Sky 200 Euro, Gewicht: 272 g Sprengung: 4 mm
Ein Ausrufezeichen! Oder sogar zwei!! Hat dieses neue Modell von The North Face in unserer Redaktion hinterlassen. Die drei ersten Modelle der Vectiv Reihe des vergangenen Jahres sowie auch der Summit Vectiv Pro in diesem Jahr überzeugten uns bis dato mit viel Lauffreude. Nur eines fehlte allen genannten Modellen: die kompromisslose Geländegängigkeit. Also ein Schuh für The North Face Athlet Jonathan Albon, dem Meister der alpinen Downhills. Dass der Brite beim Vectiv Sky seine Finger mit im Spiel hatte, ist anzunehmen, so gekonnt und präzise sich dieses Modell bis ins technische Gelände hineinläuft. Auch der Vectiv Sky hat sie. Die Carbonplatte, die schon fast zum Markenzeichen der TNF Trailschuhe geworden ist. Diese ist vorn und hinten Gabel-artig gespalten, was dem Schuh deutlich mehr Flexibilität und damit Geländetauglichkeit verleiht, als sie beispielsweise beim Vectiv Summit Pro zu finden ist. Sehr gut gefällt uns auch das Obermaterial im Schaftbereich. Ein neoprenartiger Innenschuh umschließt Ferse und Mittelfuß perfekt und angenehm. Über die geriffelte, klassische (leider zu lange) Schnürung kann der Schuh sehr gut an den Fuß angepasst werden. Im eher breiter aufgestellten Vorfußbereich ist das Material gröber und luftiger. Unser Alpin Siegel hat sich der Sky damit absolut verdient. Aber auch den Rouleur müssen wir ihm anheften, soviel Spaß und Vortrieb erzeugt der stark gerockerte Schuh im beschleunigten Laufschritt. Obacht: Der Schuh ist ein Racer und will schnell gelaufen werden. Fazit: Selten bis nie war ein Schuh in den beiden vermeintlichen Antipoden Ebene und Gelände ex aequo stark unterwegs. Unser Favorit im inzwischen großen Trail-Portfolio der Amis von The North Face.
Hoka // Tecton X2
ROULEUR
220 Euro, Gewicht: 255 Gramm (42,5), 211 Gramm (38,5). Sprengung: 5mm
Es passt gut in die Dramaturgie unseres zweigeteilten Schuhtests, dass die zweite Generation des ersten carbonisierten Trailschuhs von Hoka mit ein wenig Verspätung in der Redaktion eingetroffen ist. Wenn man so will, liefert der Tecton X 2 nämlich eine gute Zusammenfassung aller dynamisierenden (Carbon-)Plattenkonstruktionen auf den Trails. Vor allem aber bleibt der Tecton X 2 der universellste und bis dato kompletteste Carbon-Trailschuh. Was nicht heißt, dass sich manch Mitbewerber subjektiv dynamischer anfühlen kann oder mehr Wums suggeriert – die ausgewogene Kombination aus Laufkomfort, Bodengefühl (und einer tatsächlichen Adaptivität auch im anspruchsvolleren Gelände) und einer reaktiven Energierückgewinnung macht den Tecton X2 aber zum heißen Tipp für (alpine) Ultratrails – und das für viele Füße und unterschiedliche Tempi. Kernstück des Teton X 2 ist das weiterhin auf ganzer Länge zweitgeteilte Carbonelement. Es garantiert nicht nur eine hinreichende Flexibilität, es zwingt auch nicht in einen ungewohnten Laufstil und lässt individuelle Bewegungsmuster zu. Eine effiziente Kraftübertragung ist spürbar und das Laufgefühl weniger abstrakt als in anderen Carbonmodellen. Vibrams Megagrip, in der Litebase-Variante, arbeitet gewohnt tadellos, genauso das komplett überarbeitete (ziemich coole) Upper. Der technisch präzise, aber auch tighte Fersensitz deutet aber an: Es kann Sinn machen, den Tecton X 2 eine halbe Nummer abzugraden, zumal sich der Oberschuh gut an den Fuß bringen lässt. Fazit: In der Kombination aus Laufkomfort, Präzision und reaktivem Dämpfungsverhalten der gegenwärtig universellste Trailschuh mit (Carbon-)Plattentechnologie. Lieblingsschuh für lange, auch alpine Trails.
Warum Trailschuhe inzwischen so teuer sind Wegen der Inflation. Und auch wegen Euch. Tatsächlich steigt und fällt der Durchschnittspreis von Sportschuhen mit der Popularität der jeweiligen Sportart. Tennisschuhe etwa sind in den vergangenen 20 Jahren kaum teurer geworden. Aber Tennis war 1990 eben auch ein viel populärerer Sport. Seit zehn Jahren nun ist Laufen (neben Fußball) die Leitwährung der Sportartikelindutstrie. Und ein Segment mit gleich drei Kaufargumenten: Lifestyle, Performance, Gesundheitsbewusstsein. Wir investieren also gerne. Ob technologische Investitionen die Produktion verteuern? Auf moderne Dämfungsschäume trifft das in Maßen zu. Dennoch steht der Preis kaum in direkter Korrelation zu den jeweiligen Produktionskosten. Das heißt glücklicherweise auch, dass es sehr gute Trailschuhe auch für 130 Euro gibt, mit Glück sogar Euren Lieblingsschuh.
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TEST 8 Trailrunning-Schuhe 2023
Salomon // S-Lab Pulsar 2
180 Euro, Gewicht: 178 Gramm (42,5), Sprengung: 6 mm SPEED
ROULEUR
Update für den letzten mit Kilian Jornet entwickelten Schuh von Salomon: Der S/Lab Pulsar, gemacht für schnelle, kupierte Rennen wie Sierre-Zinal (oder einen laktathustenden Vertikal K), kommt jetzt im gewohnten S/Lab-Rot. Wobei das neue Upper aus dünnem, resilientem Matrix-Material noch einmal präziser sitzt als der bereits sehr exakte Vorgänger. Aber auch snugger – eventuell eine halbe Nummer upgraden. Der keineswegs nur brettharte S/Lab Pulsar läuft sich spielerisch, dynamisch und überzeugend reaktiv. Beeindruckende Kraftübertragung. Allerdings ist die Konkurrenz in der 200-Gramm-Klasse größer geworden. Modelle wie der Merrel Skyfire 2 setzen auf die Gunst einer Platte. Und Kilians Jornets neuer Schuh, der NNormal Kjerag, drängt vielleicht weniger nach vorne, ist aber einige Nuancen stabiler und universeller. Abschließend dieser Tipp: Die graphitgraue Softground-Variante (auch kein Schuh fürs wirklich Grobe) ist in Testgröße 46 nur neun Gramm schwerer, die ausgeprägtere Außensohle spendiert aber eine gewisse Stabilität und erlaubt auch den Aufsatz über Mittelfuß und Ferse. Fazit: Extrem lustvoller, spielerischer Schuh für kürzere Distanzen, dem der Verzicht auf eine versteifende Plattenkonstruktion gut steht.
Lowa ATR // Amplux
170 Euro, Gewicht: 256 Gramm (42,5), Sprengung: 6 mm
Selten hat uns ein Neuling auf den Trails so begeistert wie das Bergstiefelurgestein Lowa aus dem bayerischen Jetzendorf. Das konnten Ihr ja bereits im vergangenen Heft nachlesen. Der direkte, auch im wirklich alpinen Gelände adaptive Citux und der komfortabel abgestimmte, immer verlässliche Fortux – beides Schuhe, denen wir sehr viel zutrauen und die umgekehrt viel Vertrauen schenken. Grundsätzlich gilt das auch für den Amplux. Die weit in den Zehenbereich geführte Schnürung, der extrem gute Sitz, die Traktion, das protektive Obermaterial: Es ist ein Trailschuh im Wortsinne, ein Schuh, der sich wohlfühlt am Berg und, ja, auch auf dem Weg dorthin. Im Weg steht ihm vielleicht die Sandwich-Position im Lowa-Sortiment. Der Amplux läuft sich weniger spielerisch und technisch versiert als der Citux, er kommt auch nicht auf die Komfortwerte des Fortux. Auch ob die im Vorfuß verbaute Carbonplatte der Dynamisierung dienen soll oder doch vor allem ein Durchschlagschutz ist, bleibt ungeklärt. Bei merklichem Tragekomfort mit dennoch hervorragendem Gefühl fürs Terrain fehlt uns ein reaktives, tempolauniges Dämpfungsverhalten. Fazit: Leichter, dennoch alpiner Trailschuh mit viel Potential für kommende Modellgenerationen.
60 4/2023
NNormal // Tomir
160 Euro, Gewicht: 272 g (42,5) Sprengung: 8 mm
Eine eierlegende Wollmilchsau, die viele Jahre durchhält. Dies soll der Tomir von NNormal sein. Während der Kjerag unbestritten das auf Kilian Jornet zugeschnittene Performance-Modell darstellt, soll der Tomir die nochmals robustere Alternative für universelle Bergaktivitäten von Laufen bis Hiking sein. Tatsächlich packt er den Fuß nicht ganz so präzise wie sein schnellerer Bruder, ist weniger flexibel und auch nicht so lauf-fröhlich. Vielleicht muss man ihn sogar ein wenig „weich“ laufen. Robustheit und Langlebigkeit sind tatsächlich die Kernkompetenz des Tomir. Das Obermaterial wird wohl viele lange Berg-Tage durchstehen und dabei viel Schutz und Sicherheit bieten. Die klassische EVADämpfung ist voluminös und bietet Komfort, ohne dabei zu weich und unpräzise im Gelände zu werden. Die relativ grobstollige Vibram Außensohle lässt in Sachen Grip keine Wünsche offen. Und auch das Design, welches an die Sandsteinwände des Tramuntana Gebirges (Puig Tomir ist ein beliebter Gipfel auf Mallorca) erinnern soll, gefällt und unterstützt die universelle und auf Dauer ausgelegte Nutzung dieses Schuhs. Fazit: Der Vergleich mit dem Kjerag drängt sich auf, ist aber nicht ganz fair. Tatsächlich ist der Tomir ein Schuh mit ganz eigener DNA. Eine, die alpiner, kommoder und universeller ist.
Saucony //Peregrine 13 ST
150 Euro, Gewicht 282 Gramm (42,5), 247 Gramm (38,5) Sprengung: 4 mm
Den im vergangenen Heft als dynamischen Allrounder gewürdigten, populärsten Trailschuh von Saucony gibt es auch in einer fast identischen Gore-Tex-Variante, dessen Upper konstruktionsbedingt etwas weniger weich ausfällt. Wir schauen uns hier allerdings den dritten im Bunde an, den Pergrine ST (= Soft Terrain), der sich vom Peregrine 13 in diesen Details unterscheidet: einer Außensohle mit griffigen, stolzen 6,5 Millimeter langen Stollen, einem resilienteren Oberschuh mit integriertem Gaiter und einem unauffällig agierenden Schnellschnürsystem. Die agile PwrrunMittelsohle blieb unverändert, durch die steifere Außensohle und das folierte Obermaterial läuft sich der Peregrine ST aber weniger schmeichelnd, das anfänglich fast störrische Abrollverhalten sollte sich aber bereits nach zwei Läufen legen. Tadellos sind Grip und Traktion auf weichen Böden, der Schuh packt zu, und der Fuß steht stabil im Schuh. Dank der komfortablen Mittelsohle (und einer Rockplate) meistert der ST aber auch nötige Asphaltpassagen solide. Das Upper ist überzeugend wasserabweisend und durchaus eine Gore-Tex-Alternative, umgekehrt aber an heißen Tagen weniger atmungsaktiv als etwa der konventionelle Peregrine. Fazit: Ein Trailschuh im Wortsinn und ein Allrounder für nasse Tage und weicheres Terrain.
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TEST 8 Trailrunning-Schuhe 2023
Scarpa // Spin Planet
159,95 Euro, Gewicht: 290 Gramm (42,5) , 260 Gramm (38,5), Sprengung: 4 mm
Der Scarpa Spin Planet will vor allem eines: Nachhaltig sein. Das Obermaterial besteht zu 100 Prozent aus recyceltem Material, der Rest zu gewissen Teilen. Über diese Eigenschaft hinaus fiel es uns schwer, diesen Schuh in den Reigen der ja durchaus sehr guten Trailrunning-Kollektion von Scarpa einzuordnen. Er ist längst nicht so agil und trittsicher wie der Golden Gate Kima, nicht so lauffreudig wie der Golden Gate, nicht so Ultra-tauglich wie der Infinity und auch nicht so bergfest wie der Ribelle Run. Die Dämpfung ist üppig und macht einen soliden Job. Der hauseigene Presa Grip funktioniert. Die Passform ist massentauglich und sollte an jeden Fuß passen. Kurzum: Der Spin Planet ist ein guter Schuh für ein breites Einsatzgebiet. So richtig begeistern kann er uns aber weder auf der Straße noch im einfachen Trail und auch nicht im alpinen Hochgebirge. Was am Ende bleibt, ist ein Schuh, dessen vordergründiges Bestreben darin besteht, nachhaltig zu sein, sogar bis in die Namensgebung. Allerdings gilt noch immer: Am nachhaltigsten ist noch immer der Schuh, der garnicht erst produziert wird. Fazit: Solider Trailschuh, den wir aber kaum vermisst hätten. Erst recht nicht im sehr gut aufgestellten Sortiment der Italiener.
160 Euro, 286 Gramm (42,5), 251 Gramm (38,5), Sprengung: 6mm
Maximal Maximal. Darum geht es dem Glide Max TR. Spätestens aus der Perspektive der französischen Trailpioniere von Salomon betrachtet, die ja lange fast ausschließlich für eher konkret gedämpfte, schmal geschnittene und gerne sehr technisch gearbeitete Schuhe standen. Der Glide Max macht da vieles anders. Er ist ultrasoft gedämpft, rollt über seine ausgeprägte Rockergeometrie lässig und verlässlich, aber nie tempohungrig dahin. Er ist generös breit (manchen sicher zu breit) geschnitten und umschmeichelt den Fuß ausgehend von einer üppigen Lasche (die Salomon-untypisch nicht seitlich mit der Sohle vernäht ist) und einer weich gepolsterten Ferse mit viel Material. Durchaus überraschend sind deshalb zwei Dinge. Erstens das noch immer moderate Gewicht dieses Maximalschuhs. Und zweitens das durchaus spürbare Maß an Präzision, Robustheit und Stabilität. Auch die klassische Schnürung nehmen wir ihm nicht übel, zumal der Glide Max TR kaum in Situationen kommen dürfte, die einen noch einmal präziseren Sitz verlangen. Anders gesagt: Das ist kein Schuh für Bestzeiten und keiner fürs Tänzeln im ausgesetzten Terrain, es ist ein verlässlicher Begleiter, ein im positiven Sinne gutmütiger Schuh. Fazit: Üppig gedämpft, ultrabequem und doch ein in seinen Möglichkeiten vollumfänglicher Allrounder. Ehrliche Empfehlung für schwerere Läufer:innen 6/2022 62 4/2023
Fotos: Goran Jakus
Salomon Glide Max TR
KOMFORT
ALL ROUND
Ausgezeichnet: Alle 38 Trailschuh-Modelle mit Siegel im Überblick Allround, SPEED Komfort, Speed, Rouleur und Alpin– das sind unsere fünf Siegel, die wir in dieser und der letzten Ausgabe verliehen. Zwei Funktionen verstecken 2023sich hinter den Siegeln: Sie sollen Euch erstens eine erste Einordnung liefern, für welches Einsatzgebiet der Schuh sich eignet und zweitens sollen sie eine ROULEUR Auszeichnung sein für Eigenschaften, die ein Schuh besonders gut beherrscht. ULTRA
Modelle, die das Vertrauen, den Komfort und die Resllienz für einen alpinen Ultra mitbringen.
KOMFORT
Bequem, ein behaglicher Sitz, Zehenfreiheit und auch eine komfortable Dämpfung führen zu diesem Siegel.
ALPIN
Schuhe explizit für höhere Aufgaben, robust, trittsicher, mit präzisem Grip und einem stabilem Sitz am Fuß.
Adidas Terrex Soulstride Flow Allround
ALL ROUND
Schuhe, die alles können, die rollen, im Berg greifen und auch Anfänger:innen das nötige Vertrauen spenden.
SPEED
Modelle, die animieren, schnell zu laufen, ob als Carbon-Rocker oder minimalistische Skyracer.
ROULEUR
Unsere neueste Kategorie. Schuhe, die reaktiv und ermüdungsarm rollen, vor allem im einfachen Gelände.
ULTRA
Merrell MTL Skyfire 2 Speed
Altra LonePeak 7 Allround Komfort
New Balance Fresh Foam Hierro 7 Allround
Asics Trabuco 11 Allround
New Balance Fresh Foam x More Trail Komfort KOMFORT
Brooks Catamont 2 Allround Rouleur
NNormal Kjerag Speed Allround
Brooks Caldera 6 Komfort Ultra Craft Endurance Trail Rouleur Speed
On Cloudventure Peak 3 Speed
ALPIN
Salomon Pulsar Trail Rouleur
Dynafit Ultra 100 Ultra
Salomon Sense Ride 5 Allround
Dynafit SKY DNA Alpin Speed
Salomon S/Lab Genesis Alpin Ultra
Evadict Trail Race Ultra Alpin
Salomon UltraGilde 2 Komfort
Hoka Challanger 7 Ultra Komfort
Salomon S/Lab Pulsar 2 Speed Rouleur
Hoka Mafate Speed 4 Alpin Komfort
Saucony Edorphin Edge Speed Ruoleur
Hoka Tecton X 2 Ruoleur
Saucony Peregrine 13 Allround
Inov-8 Trailfly Ultra G270 V2 Komfort
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63 4/2023
EVENT City & Trail
DIE STADT, DER BERG UND EIN TEAM.
64 3/2023
Text: DENIS WISCHNIEWSKI Fotos: JAN LENFERT, CHRISTOPH PAULUS,
Beim City & Trail, der ersten Etappe der nationalen der Golden Trail Serie in Bad Reichenhall, präsentierte sich nicht nur das neu formierte Trailrunning Team des Hauptsponsors Salomon, sondern fast alle Spezialisten des schnellen Up & Downs.
Ganz schön was los an diesen beiden Tagen - als ob die erste Etappe der nationalen Golden Trail Serie nicht schon genug wäre, stellt Salomon im Rahmen des CITY & TRAIL in Bad Reichenhall das neue Team vor. Im doppelten Sinne wird man das Gefühl nicht los, dass sich hier eine Sache neu erfindet und bei aller Tradition den Sport neu denkt und vorantreibt. Wir waren dabei. Bad Reichenhall ist sozusagen von Bergen umfänglich geküsst. Die Stadt an der Grenze zu Österreich kennt viele Gipfel, aber wir wollen uns hier um diesen markanten Felsberg kümmern, um den 1771 Meter hohen Hochstaufen, den man umrunden, mit einem Eisbecher in der Hand von unten bewundern oder aber erlaufen kann. Natürlich sollte man letzteres tun. Man sollte einmal hoch und wieder runter. Möglichst schnell. Diese Idee hatten Philipp Reiter und Steve Auch, zwei bekannte Trailrunner der Region. Dass daraus 2023, in der nur zweiten Edition, der Auftakt zur mittlerweile sehr beachteten Golden Trail Serie wurde, ist nicht verwunderlich - Reiter arbeitete lange für die Serie und den Hauptsponsor. Diese Auftaktetappe in seiner Heimat war eine nur allzu logische Konsequenz. Es ist Mitte Mai. Mit einem plötzlichen Wumms, ist der lange Winter endlich weg, der Hochstaufen schneefrei. Es ist das erste richtige Sommerwochenende und Bad Reichenhall putzt sich mit allem was es hat heraus.
Es sind 18,7 Kilometer und 1300 Höhenmeter die auch für das Salomon Team zur ersten echten Prüfung der jungen Saison werden sollen, denn hier treffen sich alle. Rund 25 Athletinnen und Athleten laufen in dieser ältesten und vermutlich berühmtesten Trailrunning-Equipe der Welt. Auf internationaler Ebene sind es Leute wir Courtney Dauwalter oder Remi Bonnet die für die französische Kultmarke laufen, in Österreich und Deutschland sind es 2023 junge Leute und einige altbekannte, die seit über einem Jahrzehnt den Sport auf höchstem Niveau für die 1947 gegründete Bergsportmarke betreiben. Was man bei diesem Teamtreffen von aussen schnell mitbekommt - der Sport wird professioneller. Neben der guten Stimmung, den freundschaftlichen, verbindlichen Gesprächen und Gesten, drängt sich immer auch der Eifer, die Diskussion über das Training, die Ziele und wie man das ohnehin hohe Niveau noch einmal steigern kann. Viele des Teams sind für die kommende WM in Inns-
Das Salomon-Team 2023 traf sich beim City & Trail in Bad Reichenhall zum Kick-Off. Ein Mix aus jungen und erfahrenen Athletinnen und Athleten zeigen auch den Blick in die Zukunft des Sports!
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bruck nominiert und hier, rund 3 Wochen vor diesem Megaevent, macht sich schon Spannung und eine erkennbare Nervosität breit. Die Geschichte des nationalen Salomon Trailrunning-Teams beginnt bereits um 2008 als aus der ursprünglichen Berglauf-Truppe mehr und mehr eine ambitionierte Sportgruppe wird, die sich in Richtung Ultratrails und Etappenläufe orientiert. Vorbild des Ganzen ist dabei das internationale Pendant das mit Kilian Jornet, Julien Chorier, Miguel Heras oder Tofol Castanyer die weltbesten Langstreckenläufer bei damals bereits legendären Wettkämpfen wie UTMB oder Zegama am Start hatten. 2023 ist das Team eine moderne Mischung aus jungen Frauen und Männern, die Trailrunning für sich neu interpretieren und einigen Legenden, die „noch“ immer dabei sind und mit einem Schatz an Erfahrung und Lauferlebnissen, den Jungen mit Tipps helfen. Nicht alles was damals vor 10 Jahren anders war, ist auch besser - aber ein Blick zurück hilft manchmal um die Gegenwart besser zu verstehen. Der Grazer Tom Wagner ist seit 11 Jahren für Salomon unterwegs und kam damals untypisch in einen Sport, der gerade dabei war, in seine Pubertät einzubiegen. Wagner war ein Kletterer und Motocross-Fahrer, kein Leichtathlet und Skibergsteiger und doch wurde Trailrunning sein Lebenssport und Lebensstil - er siegte beim Istria100, er lief auf das Podest beim ZUT und gewann den Eiger250. Neben dem Mann mit ansatzweise grauem Vollbart sitzen beim gemeinsamen Essen auf dem Predigstuhl, an diesem Nachmittag vor dem „Raceday“ auch die UTMB-Zehnte Eva Sperger und eine Reihe jüngerer Menschen, die eine ganz neue Generation vertreten, eine
EVENT City & Trail
War der Schnellste: Hans-Peter Innerhofer siegte und unterstrich dabei seine Topform für große nachfolgende Rennen und die WM.
Zwei Herzen in einer Brust - MARC DÜRR Er ist kein Mann der großen Worte, kein Showmaster oder Redensführer. In der großen Gruppe des Salomon-Teams fällt Marc Dürr nicht auf. Erst wenn man mit ihm ins Vier-AugenGespräch kommt, merkt man, dass der Deutsche Meister im Skibergsteigen ein durchweg sympathischer und sehr fokussierter Mensch ist. Ob er denn nun mehr Skibergsteiger oder mehr ein Trailrunner ist“, wollen wir wissen und Dürr schlägt sich eher eindeutig auf die Latten, wobei er darauf hinweist, dass ihm das Laufen im Sommer ganz genau so viel Freude bereitet. Egal in welchem Sport - alles wird enger, alles wird professioneller und der Mann aus Bad Hindelang mag das. Er will auf höchstem Niveau Berge erobern und kann sich sogar vorstellen, in den kommenden Jahren seine Distanzen auch in Richtung Ultra auszubauen. Solange er aber auf den kurzen Strecken mit der Weltspitze flirten kann, will er weiter Tempo machen. Bei der WM startet Dürr für Deutschland auf der 44 Kilometer langen Short Trail Strecke.
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Generation die unfassbar zielstrebig und strukturiert an die Startlinie geht. Beispielsweise Marc Dürr, ein 27 Jahre alter Top-Läufer aus Bad Hindelang, der amtierende Deutscher Meister im Skibergsteigen (siehe Kasten) oder die Innerhofer-Brüder aus Österreich, beides grosse Hoffnungen für die Weltmeisterschaften (siehe Kasten). Mit Marie Luise Mühlhuber ist auch eine Frau im Team die vom DLV für die WM nominiert ist und dort auf der 85 Kilometer Longtrail Strecke starten wird. Doch zunächst geht es um all das was Morgen passiert. Der Hochstaufentrail soll nämlich so etwas wie ein Heimspiel für die Salomon-Truppe werden. Wie wichtig dieses Rennen und die gesamte Golden Trail Serie ist, bestätigt auch Salomon-Sport-Marketing Manager Dani Gassner im Gespräch. „Es ist die wichtigste Rennserie auf nationaler Ebene. Hier starten die
Schnelle Skyrunner, Ultra-Trail-Damen mit langem Atem oder echte Adventure Racer - das Salomon Team aus Deutschland und Österreich ist 2023 bei allen Ausprägungen der Trail-Rennen auch international im Einsatz und wird auch bei der WM in Innsbruck um vordere Plätze kämpfen.
City & Trail. Der Hochstaufen-Trail über 18 Kilometer mag es simpel: Einmal hoch und einmal runter!
Besten und hier zeigt sich auch ob ein Produkt das hält, was es verspricht!“ Bei der Premiere war es Max Grieser, ein bärenstarker einheimischer Läufer, der in nur 2 Stunden und 2 Minuten, den Loop von der Stadtmitte hinauf zum Gipfel und wieder hinunter lief. Lief? Nun gut - wer diese 18,7 Kilometer in solch einer Zeit bewältigt fliegt geradezu hinunter. Um diese Bestzeit zu unterbieten müssen auch Leute wir Dürr, die erwähnten Innerhofers, der Berglauf-Vize Max Zeus oder der Italiener Lukas Gasser alles geben! Das Konzept eines Wettkampfes wie des Hochstaufentrails, des City & Trail, ist simpel und nahezu perfekt - kein Event, das sich in unübersichtlich vielen Distanzen verliert, das es allem recht machen will, sondern das einer einzigen klaren Absicht und Linie folgt. Hinauf zum Hochstaufen und wieder hinunter. Bei aller Kraxelei auf den letzten Höhenmetern, wird auch schnell gelaufen, denn es sind dann immerhin 6 von 18 Kilometern, die nahezu topfeben auf Asphalt zum Berg hin und weg führen. Genau diese Tatsache wird im Kampf
um den Gesamtsieg entscheidend werden. Marc Dürr hat zwar alle Fähigkeiten im Up- und Downhill, aber es fehlen ihm nach intensiver Skisaison die Laufeinheiten. Anders bei den Innerhofers oder Max Zeus. Die können flach richtig Tempo machen. Das Rennen startet. Die Meute rennt in den Anstieg. Wie zu erwarten liegen die Innerhofers in Führung doch nach nur 200 Höhenmetern beendet Manuel plötzlich, aber bestimmend auf Position 2 das Rennen. "Es hat in den Oberschenkel gezogen. Ich riskiere nichts. Die WM. Die WM. Ich riskiere nichts!" Und doch merkt man dem jungen Mann an wie schwer es ist nun hier am Berg zu stehen und das Rennen aus der falschen Perspektive zu betrachten. Auf Platz 8 mit erheblich Rückstand folgt Favorit Marc Dürr. Er ist offenbar mit Ruhe in den Anstieg gestartet und beginnt eine beeindruckende Aufholjagd, die ihm die Führung am Gipfel einbringt. Bei den Damen zeigt Lilly Becker großes Kino und liegt am langen Uphill nach nur wenigen Metern weit vor der Konkurrenz. Sie wird im Ziel ihren Vorsprung knapp verteidigen und
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Das Konzept eines Wettkampfes wie des Hochstaufentrails, des City & Trail, ist simpel und nahezu perfekt - Kein Event der sich in unübersichtlich vielen Distanzen verliert siegt mit Sekundenabstand vor der Italienerin Martina Bilora. Weit überraschender sind aber die satten 6 Minuten Vorsprung zu Anja Kobs, denn diese ist für die WM in Innsbruck nominiert - Becker nicht. Die Diskussion um sinnvolle Qualifikations-Kriterien wird auch nach diesem Wochenende fortgeführt. Am Ende des anspruchsvollen Downhills rasseln Marc Dürr und Hans-Peter Innerhofer in vollem Speed dem Tal entgegen. Ein Zweikampf, der sich, wie erwartet, auf den letzten flachen Kilometern auflöst und zu Gunsten des Österreichers ausgeht. Im Ziel ist der Vorsprung eindeutig. Beide sind
EVENT City & Trail / Trail Alsace by UTMB
BURG UND TAL
Trails, tief hinein in die DNA einer Landschaft: die Premiere des Trail Alsace Grand Est by UTMB
Innerhofer-Brüder: Vier schnelle Beine Hans-Peter und Manuel Innerhofer haben vom Crosslauf bis hin zu den 10.000 Metern auf der Bahn so ziemlich alle Österreichischen Meistertitel gewonnen, die es gibt. Die Brüder aus Neukirchen am Großvenediger sind pfeilschnell und haben mit dem Fokus auf die WM in Innsbruck längst echte Trail-Wettkämpfe für sich entdeckt. 2022 beendete Manuel das Finale der Golden Trails auf Madeira unter den Weltbesten und nach fünf schweren Etappen auf Rang 5. Die Zwillingsbrüder, von Beruf Maurer und Seilbahntechniker, sind die großen Hoffnungen des Trailrunnings in Österreich.
happy. Die WM-Form ist mehr als unterstrichen. Ein wundervolles Rennen geht am Marktplatz von Bad Reichenhall bei Sommersonnenwetter zu Ende. Hier treffen Profis auf ambitionierte Trailrunner, hier treffen sich Menschen, die lange im Sport und der Szene verankert sind und junge Leute, die erst seit Kurzem diese beschleunigten Bewegungen am Berg lieben gelernt haben. All das hier schreit nach Wiederholungen! Spätestens in einem Jahr.
Sollten wir nach einem Grund suchen, uns mit den Expansionsgelüsten der längst global agierenden Ultratrailmarke UTMB zu versöhnen, wir würden ins Elsass reisen. Ihr wisst schon diese Gegend hinter Freiburg mit den Burgen und den Fachwerkhäusern, dem guten Essen – und einem neuen spektakulären Trailfestival, dem Trail Alsace Grand Est by UTMB. Sagenhafte 4500 Sportler:innen starteten am Himmelfahrtswochenende über Distanzen von 34, 50, 109 und 175 Kilometer – und lobten eine laufbare, abwechslungsreiche und eigenständige Streckenführung, die tief in die DNA dieser Kulturlandschaft führen sollte. So wurden etwa diverse Burgen erklommen, was besonders ausdauernd dem Kölner Markus Meinke gelang, der sich auf der Königsdistanz einen eindrücklichen zweiten Platz sichern konnte. Eine Premiere, die aus dem Stand seine Relevanz behaupten konnte.
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Louis Wachsmann im Aufstieg zum Hochstaufen. Der Nachwuchläufer wurde am Ende guter 52er.
JETZT WIRD ES ERNST
Das "TRAIL Magazin/Salomon Rookie Team" geht in seine zweite Saison und wird in grossen Schritten erwachsen. Beim City & Trail war Louis am Start und lieferte. profihaft! Natürlich läuft nicht alles immer wie geplant, natürlich quälen Verletzungen und zwingen zu neuen Zielen, aber auch da helfen sich die Fünf ganz großartig untereinander. Die Fünf sind eine echte "Equipe" geworden. Beim City & Trail war Louis Wachsmann am Start. Der junge Mann aus Thüringen hat nach dem Abitur nun sein Studium begonnen und lief nur eine Woche zuvor den Marathon auf dem Rennsteig, sein Heimrennen! Er war wie im Vorjahr wieder weit vorne dabei, aber noch besser sind sein Leistungen in Bad Reichenhall und zuvor in Naturns beim Ötzi Skyrace. Trails mit kantigem Profil, Up und Down Skyraces scheinen Louis zu liegen. Er kommt mit technischem Terrain klar,
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mag die Belastungen um drei Stunden Länge. In Naturns lief er in einem topbesetzten Startfeld auf Rang 22, genau einen Platz vor der Lauflegende Helmut Schießl, dem ehemaligen Weltmeister im Berglauf. Beim City & Trail war er ähnlich stark und belegte am Ende Position 52. All das, was in diesem Sommer mit dem Team passieren wird, lässt uns mit Vorfreude strahlen. Timon Günther wird im Oktober die Diagonal des Fous auf La Reunion laufen und damit erneut die 100 Meilen bestreiten, Lukas Schwella greift bei Skyraces auch international an und Anna und Anne werden weiter Schritt für Schritt unter die besten Trail-Damen in Deutschland laufen. Fotos: Clemens Niedenthal
Als wir im vergangenen Jahr sechs junge Menschen zu unserem "Trail Magazin Salomon Rookie Team" vereinten, wussten wir zunächst überhaupt nicht was uns erwartet. Ein Trailrunning-Team das sich aus unter 23-Jährigen zusammensetzt. Was sind deren Erwartungen? Wie ist ihr Blick auf den Sport? Unterscheidet sich das von unserer Perspektive? Heute sind wir nachhaltig fasziniert von Anne, Anna, Louis, Timon und Lukas, denn sie haben uns in den letzten Monaten immer wieder gezeigt, wie sehr man für eine Sache brennen kann. All die Zweifel, die wir so haben, finden bei denen überhaupt nicht statt und wie sie Schule, Studium und den Alltag mit dem Training und all den Wettkämpfen kombinieren, ist
EVENT Transvulcania / UTFS
Nach 11 Jahren der zweite Sieg. Dakota Jones.
WIEDER IM TAKT Die Kanareninsel La Palma hatte und hat schwere Zeiten. Der Vulkanausbruch zwang auch die Transvulcania in die Knie - nun ist sie im Takt zurück. Dakota Jones ist zurück! Es ist schon eine Art Auferstehung und eine Rückkehr an einen Ort, der für den US-Amerikaner etwas ganz besonderes sein muss. Vor 11 Jahren siegte der damals 21-Jährige, für viele überraschend, bei der Transvulcania und war ab diesem Moment ein Name auf der Weltkarte des Trailrunning-Sports. Er wechselte ins globale Team von Salomon, wurde Profiläufer und siegte weiter. Dann wurde es langsam ruhiger um den spannenden, erfrischend selbtsreflektierten Athleten. Bis Kilian Jornet bei ihm anklopfte, ihn ins neue Normal-Team holte und offenbar eine Art zweites Feuer in ihm auslöste. Nun gewinnt Dakota zum zweiten mal das Kultrennen über 72 Kilometer Länge, bei Hitze und in Höhen bis weit über die 2000er-Grenze. Seine Zeit ist dabei bemerkenswert - in 7 Stunden und 2 Minuten liegt er Kopf an Kopf mit all den Top-Zeiten von Jornet, Hernando oder Heras. Im Ziel war Jones nicht sprachlos und erklärte seinen Ritt über den Vulkan:“„Was für ein unglaublicher Tag! Meine Rennstrategie ist immer, 5 oder 10 % härter zu laufen, als ich mir zutraue, und zu sehen, ob ich durchhalte. Meine Güte, das hat mir
alles abverlangt, und es war von Anfang bis Ende eine große mentale Anstrengung, aber heute hat es geklappt. Die Aussicht auf die Insel, den Vollmond, den Vulkan, das Meer und so viele andere Dinge waren heute unglaublich. Ich musste immer wieder daran denken, wie sehr diese Insel in letzter Zeit unter dem Vulkan gelitten hat, und das hat mich dazu gebracht, noch härter zu arbeiten. Alle scheinen mich hier zu kennen, und das bedeutet mir sehr viel.“ Bei den Damen war es einmal mehr die Italienerin Martina Valmassoi, die nach dem Megaerfolg beim TDS 2022 einen weiteren großen Sieg erlief. Ihre Zeit ist zwar um einiges hinter den Rekordzeiten von Anna Frost oder Ragna Debats, aber umso beachtenswerter, weil sie die Führung erst spät im langen Downhill nach dem höchsten Punkt übernahm und die Polin Edyta Lewandowska am Ende um 12 Minuten auf Rang verwies. Ein weiteres Ausrufezeichen setzte der Südtiroler Andreas Reiterer, der nach Siegen beim Ötzi Trailrun, der italienischen Meisterschaft nun auch ein internationales Podium eroberte und Platz 3 belegte.
70 4/2023
VOLLE PREMIERE
Ein junger Trail-Event in der Fränkischen Schweiz wird zur WM-Qualifikation und Instanz im Rennkalender. Der UTFS hat das Zeug zum Frühjahrsklassiker!
Letztes Jahr berichteten wir ausführlich über dieses famose Debüt eines Mittelgebirgs Ultratrails. Auch bei der zweiten Auflage waren wir wieder vor Ort. Konzentrierte sich das Orgateam, bestehend aus fünf lokalen Trailrunning-Enthusiasten, letztes Jahr noch auf die Ultra-Distanz, konnte man dieses Jahr auch beim 33 Kilometer langen Speedtrail an den Start gehen. Trotz damit einhergehender Erhöhung der Teilnehmerzahl war der UTFS wieder ratzfatz ausverkauft. Auch sonst professionalisiert sich dieses Event in jeglichen Bereichen. In der übergroßen Stadthalle fanden Podiumsdiskussion, Race-Briefing und Siegerehrung statt. Veranstalter und Teilnehmer hatten Glück: Nach viel AprilWetter lachte am Renntag die Sonne. Der eine oder andere hatte zu dieser Zeit aber doch mit den ungewohnt hohen Temperaturen zu kämpfen. Markus Bergler und Lisa Hamberger kamen am besten mit den Bedingungen zurecht und siegte über die kurze Distanz. Der Ultratrail hatte bei den Männern nochmal an Würze gewonnen, wurde er doch kurzfristig zum inoffiziellen Quali-Lauf für die noch vakanten deutschen Startplätze bei der
Trailrunning WM in Innsbruck erkoren. Mit Markus Brennauer, Alex Dautel (Foto), Adrian Niski, Markus Mingo und Matthias Krah hatten hier noch mehrere Athleten Ambitionen. Am Ende setzte sich der Ex-Merrell Athlet Dautel, der an diesem Tag in offenem Seiden-Hemd, Bucket-Hat und Vaporfly Schuhen startete, durch. Knapp vor Adrian Niski, den er circa 10 Kilometer vor dem Ziel distanzieren konnte. Beide sicherten sich mit dieser Leistung einen Startplatz für die Long Trail Distanz bei der Trail WM. Die „Sabotage beim UTFS“ war dennoch das größte Thema in der fränkischen Lokalpresse. Da hatte doch tatsächlich jemand bei KM 40 den Streckenverlauf ummarkiert. Leidtragender war Markus Brennauer, der der GPS Uhr folgte und den richtigen Weg lief, dadurch aber den Kontakt zu den drei Führenden verlor, die einen kürzeren QuerfeldeinWeg wählten. Am Ende wurde er Dritter, zeigte sich aber als fairer Sportsmann. Karola Rennhack vom Allgäu Outlet Racing Team siegte bei den Damen vor Anna Jansen und Juliane Hofmann.
71 4/2023
Foto: Gerhard Illig
Alex Dautel: Guter Style, bessere Form. Souverän siegte er beim UTFS.
WALDKULT
HEIMSPIEL
Blaskapellen-Start, König vom Bayerwald, TromsöPassage, After-Race-Party mit Kombiwertung– seit der U.TLW 2015 das erste mal stattfand, hat dieses Rennen seine Traditionen. Neben der wahnsinnig schönen Strecke auch ein Grund warum das selbsttitulierte Klassentreffen der Trailrunner, welches nur alle 2 Jahre stattfindet, so beliebt ist. Sportlich ging es dieses Jahr vor allem über die kurze OsserRiesen-Distanz heiß her. Hier lieferten sich Thomas Wanninger und Hannes Namberger ein heißes Duell. Beide waren schon für die WM nominiert und nutzten das Rennen als Vorbereitung. Bergauf hatte Lokalpatriot Wanninger an diesem Tag die besseren Beine. Namberger konnte im Downhill zwar nochmal Boden gut machen, musste sich aber um 50 Sekunden geschlagen geben. Mit einer Siegerzeit von 1:51h pulverisierten Beide den Streckenrekord. Königin und König vom Bayerwald über die Langdistanz wurden bei bestem Laufwetter Lisa Hamberger und Patrick Ehrentaler. Letzterer feierte seinen ersten großen Trail-Erfolg. Die Leistungsdichte auf der Langdistanz hielt zwar nicht ganz stand mit den letzten Jahren, das scherte die Teilnehmer und Veranstalter aber wenig, sodass der UTLW erneut zu einer einzigartigen TrailrunningFeier mit vielen lachenden Gesichtern gedeihte. Auch die nach Corona endlich wieder stattfindende After Race Party war ein feucht-fröhlicher Erfolg. So hörten wir.
Dass die Trails rund um Marquartstein, im Chiemgauer Achental, allen Ansprüchen für internationales Trailrunning erfüllen, haben sie in den letzten Jahren bei der Golden Trail Serie bewiesen. Die besten Sky- und Trailrunner waren hier am Start um Hochgern und Hochplatte zu erobern. In diesem Jahr kam der CTR ganz ohne Hauptsponsor und Label einer großen Rennserie aus. All das Tat der Beliebtheit keinen Abbruch. Mit 1300 Trail-Freunden war der Event ein kompletter Erfolg. Auch Sturm und Unwetter am Vortag konnten das Rennen nicht in die Knie zwingen, denn die Community hielt zusammen und markierte in einer nächtlichen Aktion die Strecke neu. Mit Hannes Namberger siegte beim Halbmarathon ein lokaler Hero, mit Laura Hampel eine echte WM-Hoffnung. Auf allen Distanzen wurde Trailsport auf höchstem Niveau gezeigt. Für alle Hobbysportler waren die Rennen ein geradezu perfekter Einstieg in die alpine Trail-Saison und für all jene mit langer Anreise aus dem Norden, war es auch der erste Lauf mit einer kritischen Anzahl an Höhenmetern. Muskelkater-Garantie, schwere Beine im Büro inklusive. Wer sich beim CTR für den Ultra entschied, für jene 60 Kilometer die mit Hochgern, Hochplatte und Kampenwand alle Gipfel der Umgebung mitnehmen, entschied sich für eine schwere Reise mit langen Anstiegen und Downhills, die durch lange Regenfälle und Schneereste zur technischen Herausforderungen wurden.
Längst ist der U.TLW der kultigste Trail Deutschlands. Auch diesmal wurde er allem gerecht
Foto: sportshot.de
EVENT UTLW / Chiemgau Trail
Ohne Golden Trail-Label geht es auch: Der Chiemgau Trail eröffnete mit 1300 Teilnehmer:innen die Saison.
72 4/2023
SERVICE Gute Nachrichten
SIEBEN GUTE NACHRICHTEN Text: CLEMENS NIEDENTHAL, DENIS WISCHNIEWSKI, BENNI BUBLAK
Laufen macht schlau Wissenschaftler:innen der American Academy of Neurology (AAN) haben herausgefunden, dass regelmäßiges Laufen bereits nach sechs Monaten die Gehirntätigkeit steigert. In besagter Studie um durchschnittlich 5,7 Prozent. Verbesserungen der Hirnaktivität waren dabei unabhängig vom Alter der Probant:innen festzustellen. So zeigte sich etwa eine verbesserte Konzentrationsfähigkeit und ein ausgeprägteres visuell-räumliches Gedächtnis. Das Bewegen im Raum korreliert demnach direkt mit unseren Fähigkeiten, räumlich zu denken und etwa auch mathematisch-geografische Aufgaben zu lösen. Kann man ja immer mal gebrauchen. Unabhängig von dieser Studie und dem, was das Laufen mit unserem Gehirn anstellt: Trailrunning bildet, weil man mit neuen Menschen, Landschaften und, ja, auch Situationen in Berührung kommt.
74 4/2023
Trailrunning erobert Free TV Trailrunning im Fernsehen. Das war bis jetzt des Öfteren Extrem-Sport-Entrückung. Der krasse Typ, der bei Wind und Wetter durch den Kontinent läuft. Ihr wisst schon. Aber echter Trailrunning Spitzen-Sport? Eher Fehlanzeige. Die Golden Trail World Series und Eurosport wollen nun ein wenig Schwung in dieses verkrustete Verhältnis bringen. Wir müssen zugeben, ganz neu ist diese Verbindung nicht. Vor rund zehn Jahren gab es schonmal halbstündige Zusammenfassungen vom UTMB auf Eurosport zu sehen. Jetzt aber eine neue Dimension: Von drei Rennen der GTWS, Marathon du Mt. Blanc, Sierre Zinal und dem Finale, wird es zweistündige Live-Übertragungen geben. Von allen anderen Rennen 23-minütige Zusammenfassungen. Das Ganze in 53 Ländern und auf 20 Sprachen. Ziemlich cool! Nachtrag: Wir haben die erste Zusammenfassung von Zegama gesehen und waren doch etwas erschrocken von der distanzierten Ahnungslosigkeit des Eurosport-Moderators.
Trailschuhe laufen bald im Kreis Ist das noch Recycling oder schon Greenwashing? Wir haben das gute Gefühl, dass sich die Sache langsam in die richtige Richtung bewegt. Mit ON und Salomon haben bereits zwei Hersteller Laufschuhe vorgestellt, die nach dem Kreislaufprinzip vollständig in ihre Grundmaterialien zerlegt und zu hundert Prozent recycelt werden – zu Skistiefeln oder Skibindungen beispielsweise. Den aktuellen ON Cloudventure Peak gibt es zudem in einer ungefärbten Variante, verwendet werden nur bereits im Rohmaterial durchgefärbte Kunststoffe, was den Impact gerade auf die lokalen Ressourcen am Produktionsstandort noch einmal verringert. NNormal geht einen anderen Weg und verspricht, gebrauchte Schuhe aufzuarbeiten und Projekten in Nepal oder in Afrika zur Verfügung zu stellen. Zudem zeigen auch unsere Praxistests, dass sich die Qualität und Langlebigkeit vieler Textilien und Laufprodukte wieder erhöht. Wir erinnern uns: Vor zehn, zwölf Jahren war es noch normal, dass ein Laufshirt eigentlich unkaputtbar war. Wir kommen wieder in eine Gegenwart, in der wir es genießen, dass uns unser Equipment über sieben oder acht Jahre begleitet.
75 4/2023
SERVICE Gute Lina Nachrichten INTERVIEW El Kott Helander / Sana El Kott Helander Text: CLEMENS NIEDENTHAL Fotos: ALEXIS BERG
UTMB: Schwangerschafts-Aufschub erteilt Die dieses Jahr erst neu gegründete Pro Trailrunners Association konnte schon mehrere kleine Erfolge feiern. Neben einem neuen Qualifikations-System für die Elite unseres Sports, betrifft die folgende Errungenschaft wirklich alle Athlet:innen. Ja genau, wir meinen beide Geschlechter. Athletinnen die schwanger werden und für den UTMB einen festen Startplatz haben, können diesen nun um bis zu fünf Jahre nach hinten verschieben und erhalten eine komplette Rückerstattung des Startgeldes. Sogar dessen Partnern wird dies ermöglicht – wenn auch nur über zwei Jahre. Einen großen Anteil an diesem Erfolg trägt Sophie Power mit ihrer Organisation SheRaces, die, seitdem sie selber drei Monate nach ihrer Entbindung an den Start des UTMB ging, Druck in dieser Sache ausübte.
Gute Nachricht: Müll Teil 1 Es gibt zu viele Besserwisser, zu viel Spießertum und Denunzianten. Und doch ist es eine wirklich gute Nachricht, dass Petzerei auch etwas durchweg Wichtiges sein kann. In diesem Falle geht es um Müll und darum, dass der nicht einfach irgendwo in den Wald geschmissen werden soll. Diese Unart kann man nämlich ab jetzt ganz bequem dem Ordnungsamt melden. Müll melden leicht gemacht in nur 3 Schritten – per App, der Homepage oder einem Anruf (www.muell-weg.de). Du meldest den Ort und was da so rumliegt und läufst dann einfach weiter. Die Chancen, die Übeltäter ausfindig zu machen, sind übrigens garnicht mal so gering wie gedacht, denn viel zu oft verstecken sich im Unrat dann doch irgendwelche Adressen und Kontakte, die an des Übels Wurzel führen.
76 4/2023
Ozonloch wird kleiner Klimawandel leugnen? Sicher nicht. Dennoch gibt es auch eine sehr positive Nachricht vom leidgeplagten Planeten Erde. Das Ozonloch wird kleiner und Experten erwarten, dass sich die Ozonlöcher über Arktis und Antarktis wieder vollständig schließen werden. Das ist vor allem ein Erfolg internationaler Maßnahmen. Der Zusammenhang zwischen den FCKWs und den Ozonlöchern wurde von Wissenschaftlern erkannt und von der Politik aufgegriffen. So trat 1989 das Montrealer Protokoll in Kraft, das einen weltweiten Ausstieg aus der FCKW-Nutzung vorsah. Die Ergebnisse dieser Entscheidung sind seit einigen Jahren spürbar: Wissenschaftler prognostizieren, dass sich das Ozonloch über der Arktis bis 2045 und das über der Antarktis bis 2066 geschlossen haben wird. Die Ozonschicht liegt in ungefähr 15 bis 35 Kilometern Höhe in der Stratosphäre. Sie schützt Lebewesen auf der Erde vor den schädlichen Auswirkungen ultravioletter Strahlung der Sonne. Dass sich das Ozonloch auch heute, also lange nach dem Verbot der wichtigsten Verursacherstoffe bildet, hat mit der Langlebigkeit dieser Verbindungen zu tun. Typischerweise bildet es sich im antarktischen Frühling ab August, seine maximale Größe erreicht es im Oktober. Im Dezember schließt es sich wieder. Gute Nachricht: Müll Teil 2 Plogging ist nicht neu, im Gegenteil. Vor ca. zehn Jahren kam diese „Sportart“ auf. Es ist eine Kombination aus dem schwedischen Wort "plocka" (aufsammeln) und "Jogging". Trendsetter war damals der schwedische Umweltaktivist Erik Ahlström. Er störte sich am Müll in Stockholm – seine Lösung: Laufgruppen, die durch die Stadt joggen und dabei Abfall einsammeln. Seit vielen Jahren gehört es weltweit zum guten Ton, laufend Müll zu sammeln, bei uns in Deutschland nicht nur in jeder Stadt, sondern auch regelmäßig in den Bergen. Wie viel Müll in der Zwischenzeit gesammelt wurde vermag niemand genau zu sagen. Aber jedes Stück Müll, das eingesammelt wurde, ist Gold wert. Neu und gut finden wir den weltweit anhaltenden Trend, dass fast jeder Trailrunning-Veranstalter (im Gegensatz zu Straßenlauf-Events) seine Müll-Bilanz minimiert und neben dem Einmalbecher-Verbot an VPs auch andere Maßnahmen, wie obligatorischen Startnummern auf der Verpflegung einführt, um dem Thema Müll den Kampf anzusagen. Wir können uns alle an der Nase fassen und versuchen, jeglichen Müll in der Natur zu vermeiden oder gegebenenfalls einzusammeln. Gerne auch in organisierten Gruppen, ein hoher Spaßfaktor ist garantiert.
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REPORT My Virtual Trail presented by CRAFT Text & Fotos: BENNI BUBLAK
Feuer frei
Wir läuten die alpine Saison auf unserer Routen-Plattform myvirtualtrail.de ein. Zusammen mit Ramona und Ronald waren wir auf dem Soiern Skyrace, einer von insgesamt 30 Strecken, unterwegs
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E
Erst Pferde dann Berge. Ramona Falk ist die Streckenpatin und Urheberin des Soiern Skyrace, einer der alpinsten Routen auf myvirtualtrail.de. Während sie früher fast ihre gesamte Freizeit im Sattel verbrachte, ist die Ingolstädterin seit einigen Jahren fast jede freie Minute in den Bergen unterwegs. Fast immer mit dabei: Ihr Freund Ronald. Ich treffe die Beiden auf dem Wanderparkplatz in Krün, unweit von Garmisch. Die Soierngruppe gehört zum bayrischen Karwendel. Einmal die Isar überquert, geht es direkt hinein in schmale Single-Trails. Wir steigen hinauf. Erst seicht ansteigend, dann immer steiler werdend. Ramona erzählt mir von ihren Bergabenteuern. Zwar läuft sie auch Wettkämpfe. Der Stubai Ultratrail gehört beispielsweise jedes Jahr zum Pflichtprogramm. So richtig begeistern kann sie sich aber für die privaten Abenteuer und Fastest Known Times. Auf dem Stubaier Höhenweg hält sie sogar die weibliche Rekordzeit und war fast zwei Stunden schneller als Ida Sophie Hegemann. Natürlich hat sie Ronald während dieser 17 Stunden und 20 Minuten langen Tour begleitet. Ronald kommt ursprünglich aus dem sächsischen Görlitz, ist aber sofort nach dem Abitur nach Bayern gegangen und dort hängen geblieben. Wir lassen es heute gemütlich angehen. So richtig sicher sind wir uns nicht, ob wir die ganze Route laufen können. Schließlich ist es Ende Mai und die letzten Wochen und Monate waren in der Höhe sehr schneereich. Nach 1.000 Höhenmetern verlassen wir den Wald und erhaschen einen ersten Blick ins Schöttelkar. Eine andere Welt tut sich uns auf. Schroffe, an die Dolomiten erinnernde Gipfel wechseln sich mit steilen Schuttkaren ab. Auf dem Grat (natürlich verläuft die Route auf dem oberen, schwierigeren
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REPORT My Virtual Trail presented by CRAFT
Es ist also König Ludwig, dem wir nach einer kurzen Gipfelrast, den wunderschön flowig zu laufenden Downhill hinunter zum Soiernhaus verdanken.
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von zwei parallel verlaufenden Wegen) zwischen Seinskopf und Feldernkreuz angekommen, wird es teilweise ausgesetzter. Wir erblicken die ersten Gämsen. Vom Feldernkreuz ist es nur noch ein Katzensprung, wenn auch ein sehr anspruchsvoller, hinüber zur Schöttelkarspitze. Der markante Gipfel zeigt sich uns nur kurz, um sich dann wieder in den Wolken zu verstecken. Die Schöttelkarspitze ist vor allem berühmt, weil es der Lieblingsberg von König Ludwig dem II. war. Jener ließ sich auf dem Gipfel einen Pavillon erbauen und von seinen Bediensteten in einer Sänfte hinauftragen. Es ist also König Ludwig, dem wir nach einer kurzen Gipfelrast, den wunderschön flowig zu laufenden Downhill hinunter zum Soiernhaus verdanken. Denn damit die königlichen Träger den exzentrischen König, der auch die Schlösser Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee bauen ließ, hinauftragen konnten, ist der Weg vergleichsweise breit und in sanftem Gefälle mit vielen Spitzkehren angelegt. Immer den Soiernsee im Blick laufen wir ein paar Schneefelder querend den Downhill hinunter und erreichen das Soiernhaus. Die einzigen Anzeichen menschlicher Zivilisation auf der Route und eine Möglichkeit, Wasser und Nahrung aufzunehmen, um für den zweiten Teil der Route gerüstet zu sein. Uns ist es noch zu früh zum Einkehren und wir machen uns auf in den Anstieg gen Jägersruh Sattel. Wir tratschen über Trailrunning. Ramona und Ronald kennen sich richtig gut aus in der Trail-Szene. Kein Wunder, sind beide doch sehr ambitionierte Athleten. Am Grossglockner gewannen sie schon die Teamwertung. „Ronald ist ein richtiger WettkampfTyp“ meint Ramona. Wenn er startet, läuft er eigentlich immer in die Top Ten. Auf Myvirtualtrail hat er auf drei Strecken die Bestzeit. „Deinen FKT auf dem Spitzing Skyrace muss ich auch noch angreifen“, sagt er zum Autor dieser Zeilen. Ronald war es auch, der Ramona zu ihrem ersten Wettkampf überredete. Dieser sollte dann gleich über zwölf Stunden dauern und mitten in der Nacht starten.
Beim Stubai Ultratrail 2017 begleitet Ronald sie lange Zeit, bevor er am letzten Anstieg nochmal Druck machte. Wenn die Beiden mal nicht in den Bergen unterwegs sind, arbeiten sie bei Audi. Ramona betreut dort Crash Tests. Circa zwei Stunden Fahrt sind es von Ingolstadt in die großen Berge. Eine Stunde 45 Minuten bis zum Herzogstand. „Das machen wir dann manchmal sogar noch nach Feierabend“, meint Ramona. Sonst nutzen sie aber vor allem die Wochenenden. Meist zieht es sie Richtung Wettersteingebirge oder Karwendel. „Auch im Urlaub bewegen wir uns fast immer auf der Achse Zugspitze, Stubaital, Dolomiten, Gardasee. Da gibt es genug zu entdecken.“ Und wenn es dann doch mal schnell auf die Trails gehen muss, laufen sie eben daheim im Altmühltal. Wunderschön flowig und ausnahmsweise mal kurz ansatzweise flach, folgen wir dem Trail. Die noch schneebedeckten, schroffen Gipfel des Karwendel bilden eine beeindruckende Kulisse. Eine Kreuzotter genießt die Sonne, die sich immer mal wieder zwischen den Wolken zeigt. Der letzte längere Anstieg hinauf zum höchsten Punkt der Strecke, der Soiernspitze ist noch ziemlich weiß. Kurz vor dem Gipfel müssen wir ein großes Schneefeld überwinden. Von der 2.253 Meter hohen Soiernspitze können wir fast die ganze Runde erblicken. Wir machen nochmal kurz Rast, bevor wir teilweise ausgesetzt und immer wieder Schneefelder querend über den Grat zurück Richtung Feldernkreuz laufen. Wie fast die ganze Runde ist dieser Wegabschnitt spektakulär. Wir drei sind uns einig: Es gibt kaum ein besseres Gefühl, als auf einem Grat entlangzulaufen, den Blick mal nach unten richtend auf die anspruchsvollen und ausgesetzten Pfade, die wir spielerisch überwinden, um dann wieder kurz nach oben zu schauen auf die eindrucksvolle Bergkulisse zwischen Schöttelkarspitze, Wörner und Wetterstein. Nachdem wir unsere Runde über Schöttelkarspitze, Soiernspitze und Seinskopf beendet haben, ist der letzte Downhill wieder mit dem ersten Aufstieg identisch. Wir machen
Was ist MYVIRTUALTRAIL.DE? MyVirtualTrail.de ist eine Routenplattform des Trail Magazins. 30 traumhaft schöne Trailrunning Strecken, die über die ganze Bundesrepublik verteilt sind, könnt Ihr dort einsehen, den gpx-Track runterladen und nachlaufen. Bitte reicht anschließend Euren Lauf über das Upload Formular bei uns ein. Wer möchte, kann seine Zeit dann mit den Leistungen der anderen MVT-User vergleichen. Nun da der Sommer da ist, bieten sich vor allem unsere fünf alpinen Routen zum Nachlaufen an: Neben dem schon ausführlich beschriebenen Soiern Skyrace, sind das der Chiemgau Trail, die Königssee Umrundung, der Tegelberg Long Trail und das Spitzing Skyrace.
dann doch nochmal die Bremse auf und lassen es laufen. Wenn auch nicht ganz so schwierig, wie weiter oben, ist der Downhill nicht einfach zu laufen. Doch Ramona, und Ronald sowieso, bewegen sich flink und gekonnt im technischen Terrain. Der Downhill spuckt uns am Parkplatz wieder aus. Gut so. Auf flach laufen, da sind wir uns einig, haben wir jetzt alle keine Lust mehr. Sechs Stunden für 26 Kilometer und 2.500 Höhenmeter. 2 /23 81 4/2023
Klingt langsam. Doch die Daten allein beschreiben nur unzureichend, welche Herausforderungen das Soiern Skyrace bereithält. Wer dieses unvergleichliche Trailrunning und Berg-Erlebnis selbst nachempfinden möchte, sollte also etwas Zeit und alpine Verbundenheit mitbringen. Ronald und Ramona werden mit Sicherheit nochmal wiederkommen. Ohne Schnee und Pausen. Dafür mit etwas mehr Druck und im Optimalfall einer Bestzeit im Gepäck zurück nach Ingolstadt.
PORTRÄT Daniela Oemus
Nicht aus dem Nichts Text : BENNI BUBLAK Fotos: PHILIPP REITER
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Es ist ein unfassbarer Erfolg, der viele Beobachter, nicht zuletzt die Redaktion dieses Heftes, mit offenen Mündern zurückließ. Daniela Oemus siegt in Zegama. Nur drei Tage nach dieser Großtat besuchten wir die Mutter zweier Kinder daheim in Thüringen für ein ausführliches Gespräch.
Die Kamera folgt einer Läuferin in schwarzen Shorts und weißer Salomon Jacke, als ich an einem Vormittag den Fernseher einschalte, um dem Live-Stream von Zegama-Aizkorri zu folgen. Die baskischen Berge stecken in einer undurchdringlichen Nebelsuppe. Es regnet, der ohnehin schon anspruchsvoll zu laufende Untergrund ist matschig, die Felsen nass. Doch die Läuferin vor der Kamera scheint dies nicht zu stören. Als hätte sie in ihrem Leben nie etwas anderes getan, bewegt sie sich gekonnt und sicher zwischen scharfkantigen Steinen, schmierigem Morast und glitschigem Gras. Schnell wird klar, dass dies die führende Frau des Rennens ist. Doch wer? Auch die beiden Moderatoren bewundern das Können der Läuferin, doch wollen einfach keinen Namen fallen lassen. Man erkennt nicht viel. Die Kapuze ist weit über das Gesicht gezogen. Es ist ohne Zweifel eine von Salomon gesponsorte Läuferin. Doch nicht etwa Daniela? „Nein das kann nicht sein. Die wohnt in Thüringen. Einen Downhill so zu laufen, kann man dort sicher nicht lernen. Wahrscheinlich irgendeine lokale Spanierin“, denke ich.
Medizinstudiums realisiert sie, dass die Zeit für ambitionierten Laufsport knapp wird. Daniela schraubt ihr Trainingspensum erheblich herunter. Ganz mit dem Laufen aufhören tut sie nicht. Das Runden drehen auf der Bahn lässt sie allerdings doch hinter sich. Als sie mit dem Studium fertig ist, beginnt sie in Jena an der Uniklinik zu arbeiten. In der wenigen freien Zeit, die sie hat, erkundet sie die Natur rund um Jena auf ausgedehnten Dauerläufen. Die Ausflüge werden immer länger und überschreiten des Öfteren die Marathonmarke. Im Urlaub ist sie dann auch mal zehn Stunden laufend in den Alpen unterwegs. „Ich erinnere mich noch, wie mein Chef im OP zu mir sagte: Ein Job an der Uni und ein zeitintensives Hobby lassen sich nicht vereinen. Da habe ich gedacht: Von wegen. Jetzt erst recht. Da kann ich richtig trotzig werden.“ Ihr Einstieg in den Ultralauf-Wettkampfsport verläuft dann phänomenal. Beim lokalen Bleilochlauf über 48 Kilometer läuft sie 2016 vor dem ersten Mann ins Ziel. Einen Monat später läuft sie Streckenrekord beim legendären Rennsteig Supermarathon. Als wir über den Rennsteiglauf reden,
Drei Tage später sitze ich in eben jenem Thüringen und esse Rostbratwürste. Daniela Oemus sitzt mir gegenüber und berichtet von ihren läuferischen Anfängen. Mit 13 Jahren beginnt sie, unterstützt vom Laufsport-begeisterten Opa, ambitioniert im Verein zu trainieren. Sie ist talentiert, wenige Jahre später wird sie zweimal deutsche Jugendmeisterin im Crosslauf und über 10 Kilometer Straße. Irgendwann ist ein wenig die Luft raus. „Vielleicht war ich auch etwas zu ehrgeizig“, sagt Daniela selbst. Mit dem Beginn des
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kommt Tobias herein. „Das war übrigens der Zeitpunkt, wo das mit uns Beiden seinen Anfang nahm. Damals war ich noch eine halbe Stunde schneller als Daniela“, berichtet mir Tobias – Hausmann, Fotograf und Danielas größter Supporter in Personalunion. Im Augenblick absolviert er eine fast einjährige Elternzeit. 2019 haben die Beiden geheiratet, kurz darauf kam das erste Kind. Und dann Corona. Daniela steigt nach der Schwangerschaft schnell wieder ins Training ein, doch hat lange Zeit keine Chance, ihre starke Form unter Beweis zu stellen. Erst im Juli 2021 startet sie beim international stark besetzten Marathon du Mt. Blanc in Chamonix und wird auf Anhieb starke Vierte. SV Motor Königsee steht da neben ihrem Namen. Einen Verein mit knapp 20 Mitgliedern, den ihr Mann Tobias erst kürzlich neu gegründet hatte. Eine Anfrage von einem großen Sponsor hatte sie bisher nicht bekommen. Und Daniela ist nicht der Typ, die ihre eigene Person in solch einer Sache selbst ins Gespräch bringen würde. Lieber überzeugt sie auf dem Trail. In Chamonix kommt sie nur wenige Minuten hinter SpitzenAthletinnen, wie Maude Mathys oder Blandine L’Hirondel ins Ziel. Salo-
PORTRÄT Daniela Oemus mon Athleten-Manager Greg Vollet bietet ihr daraufhin einen attraktiven Vertrag im internationalen Salomon Team an, wenn sie noch zwei weitere Golden Trail Rennen in den Top Ten beendet. Da gab es nur ein Problem. Daniela war zum Zeitpunkt des Rennens das zweite Mal schwanger, wie sie kurz darauf herausfand. Das war nicht unbedingt geplant, doch Danielas Freude ist erstmal groß (dazu später mehr) auch wenn dies einen weiteren Bruch ihrer läuferischen Ambitionen bedeutet. Emelie, Danielas zweite Tochter hat gerade erst Laufen gelernt und tapst vor dem mit Rostbratwürsten und Thüringer Brätel gefülltem Tisch entlang. „..3,4,5,…“ zählt Tobias: „Yeah neuer Rekord.“ Daniela arbeitet inzwischen im Klinikum Gera in der Orthopädie. Dort hat man etwas mehr Verständnis für ihren Sport inklusive Familienleben, als an der Uniklinik. Sie ist inzwischen Teil des nationalen Salomon Teams und bekommt dort so viel Unterstützung, dass sie ihre Stundenzahl auf 60 Prozent reduzieren konnte, um mehr Zeit für Sport und Familie zu haben. Nach der Geburt von Emelie im Frühjahr letzten Jahres steigt die Salomon Athletin schnell wieder ein. Sowohl ins Training, als auch in die Arbeit. Während Tobias sich um viel um die Kinder kümmert, wird Danielas Form immer besser. Als frisch gebackene Zweifach-Mutter gewinnt sie noch im selben Jahr durch Siege im Pitztal und in Mayrhofen die nationale Golden Trail Serie und wird 14. beim OCC in Chamonix sowie 13. beim Golden Trail World Series Finale auf Madeira. Eigentlich mehr als genug Nachweise ihrer sportlichen Leistungsstärke, um sie für die Weltmeisterschaft in Innsbruck/Stubai ganz oben auf der Liste zu haben. Doch der Anruf vom sportlichen Leiter Kurt König bleibt erstmal aus und Daniela ist wie bereits erwähnt niemand, der von sich aus Klinken putzen würde. Ende Januar klingelt dann doch noch das Telefon. Im März wäre der Ötzi Trailrun Naturns, den der
DLV als offiziellen Leistungsnachweis auserkoren hatte. Dieser kurzfristige Leistungsnachweis sei von Seiten des DLV nötig, um die Form im Jahr der WM nachzuweisen. Nur hatte Daniela da ihre Saisonplanung schon längst abgeschlossen. Eine Woche vor dem Ötzi Trailrun hatte sie geplant beim Hannover Marathon zu starten. Auch, dass Daniela plane, drei Wochen vor der WM in Zegama zu starten, stößt beim DLV Verantwortlichen nicht auf große Begeisterung. „Du Kurt, ich würde sehr gerne bei der Weltmeisterschaft starten, doch wenn dies bedeutet, dass ich bei der Golden Trail
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World Series nicht auf meine drei Rennstarts komme, dann wird daraus leider nichts“, macht ihm Daniela in ihrer geradlinig bestimmten Art klar. Letztendlich laborierte Daniela im Frühjahr an einer Verletzung und konnte deswegen nicht beim Hannover Marathon starten. Auch der Ötzi Trailrun kam ein wenig zu früh. So konnte sie kurz darauf nur mündlich weitergeben, dass sie fit, gesund und bereit für einen WM-Start wäre. Ihre Nicht-Nominierung Anfang Mai überraschte und enttäuschte die 33-Jährige zugleich. Doch da kommt sie wieder zum Vorschein. Die trotzige „Jetzt-
I M P R E S S U M
"Wenig später tauchte die Chinesin Miao vor mir auf, sie blickte sich zu mir um, ich grinste ihr frech ins Gesicht und lief an ihr vorbei"
erst-Recht-Daniela“. In Zegama will sie beweisen, dass ihre Nicht-Nominierung eine Fehlentscheidung war. Sonntag, der 14. Mai 2023. Muttertag! Daniela Oemus, zweifache Mutter, gewinnt als erste deutsche den legendären Trailmarathon Zegama-Aizkorri. Ihr Mann Tobias sitzt mit den beiden Kids daheim vor dem Fernseher und ist völlig aufgelöst. Ein Top-Ten-Resultat hatten sich die Beiden vorher ausgemalt. Wenns gut läuft. „Ich wusste
das komplette Rennen nicht, welche Platzierung ich hatte. Selbst als ich durch das Siegerbanner gelaufen bin, konnte ich es nicht glauben und habe den Moderator gefragt, welchen Platz ich denn belegt habe“, berichtet Daniela. „Die Bedingungen waren unglaublich. Sturm, peitschender Regen, kaum Sicht. Irgendwann überholte ich jemanden mit einer großen Regenjacke in Frauenfarben (es war die Favoritin Blandine L’Hirondel; Anmerkung der Redaktion), sah aber keine Startnummer. Wenig später tauchte die Chinesin Miao vor mir auf, sie blickte sich zu mir um, ich grinste ihr frech ins Gesicht und lief an ihr vorbei. Da wusste ich, dass ich ganz gut dabei bin, rechnete aber noch immer damit, dass ein paar starke Frauen vor mir sind.“ Doch dem ist nicht so. Genauso wie der Autor dieser Zeilen, bewundern tausende Zuschauer weltweit, wie der Kamera-Mann alle Mühe hat, an der sich äußerst geschickt bewegenden Erstplatzierten, dran zu bleiben. Gegen Ende wird es für Daniela aber doch nochmal hart: „Ich bin zehn Tage zuvor an einer Spielplatz-Rutsche hängen geblieben und habe mir dabei den Zeh gebrochen. Der tat nun doch ziemlich weh“, erwähnt Daniela beiläufig, als wäre es das normalste der Welt, mit einem gebrochenen Zeh einen Trail Marathon zu laufen. Vielleicht bringt das ihre Rolle als Ärztin, zweifache Mutter und Top-Athletin so mit sich. Vielleicht ist es ihr aber auch in die Wiege gelegt worden. Fakt ist, Daniela ist ziemlich hart im Nehmen, verschwendet keine Gedanken daran, was nicht geht, sondern setzt ihre Vorhaben mit großer Zielstrebigkeit um. Ein gesundes Selbstvertrauen, eine mit Cleverness gepaarte Rationalität und das Wissen über ihr Können helfen ihr dabei. Um Konventionen schert sie sich wenig. Wenn der Sponsor ein großes Paket mit Ausrüstung schickt, packt sie alles, was sie nicht braucht, zurück in den Karton und schickt es zurück ins Lager. Zurück zu Rostbratwurst und Brät im thüringischen Stadtroda. Ob sie ein großes Vorbild im Frauen-Laufsport habe, will ich noch von ihr wissen.
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PORTRÄT Daniela Oemus
„Ich glaube schon, dass es ein relativ häufiges und unterschätztes Problem ist, dass Frauen, die viel Sport treiben und dazu noch am Rande des Untergewichts kratzen..."
Nicht unbedingt, erwidert sie. Der Lebensentwurf einer Vollzeit-Sportlerin hat für sie keine große Anziehungskraft. Daniela’s Kinderwunsch war schon früh sehr stark. Doch schon in ihrer Jugend blieb ihr Zyklus aus. Möglicherweise eine Folge des intensiven Ausdauertrainings in Kombination mit zu wenig Gewicht. Lange Zeit nahm sie die Pille, um das Hormondefizit auszugleichen. Ein Arzt rät ihr zwei Jahre mit dem Sport zu pausieren. Doch auch dann wäre es ungewiss, ob der Zyklus zurückkehrt. Daniela entscheidet sich daraufhin für eine Hormontherapie. Mit schon mehrfach erwähntem Erfolg. Nach ihrer ersten Schwangerschaft stellt sich sogar eine „ganz normale“ Periode ein, obwohl sie weiter hart trainiert. „Nur am intensiven Sport kann es also auch nicht gelegen haben. Die Schwangerschaft hatte auf meinen Körper wohl die Wirkung eines Reset-Knopfes.“ Mit sympathischer Offenheit und erstaunlicher
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Nüchternheit schildert sie ihre Erfahrungen. „Ich glaube schon, dass es ein relativ häufiges und unterschätztes Problem ist, dass Frauen, die viel Sport treiben und dazu noch am Rande des Untergewichts kratzen, keinen Zyklus bekommen. Das hat natürlich sehr negativen Einfluss auf die Knochendichte und man ist viel anfälliger für Ermüdungsbrüche und sonstige Verletzungen“, spricht die Ärztin. Drei Tage nach Danielas triumphalen Sieg in Spanien, verkündet der DLV, dass die Salomon Athletin für den Short Trail bei der Weltmeisterschaft in Innsbruck/Stubai doch noch nachnominiert wird. Natürlich die einzig richtige Entscheidung, sind Danielas Chancen auf eine Top-Platzierung sicher die Besten aller inzwischen sechs deutschen Läuferinnen über diese Distanz. „Manchmal geht`s dann doch ganz schnell,“ grinst Daniela zufrieden.
ULTR A DNA RE ADY FOR MORE VICTORIES
ROSANNA BUCHAUER
PRAXISTEST 9 Racevests
Text: BENNI BUBLAK, MARIE MEIXNER.BRUNNHUBER, DENIS WISCHNIEWSKI
Wenn der Westenwind weht
Kaum ein Hersteller kann es sich leisten, sie nicht mehr im Programm zu haben: die Race-Vest. Wir haben für Euch neun neue Modelle für das nächste Rennen, aber auch den Trainings-Alltag, getestet.
In diesem Test wollen wir uns auf die ganz leichten Race-Vests beschränken. Minimale Teile für den Wettkampf, die aber auch für 95 Prozent aller Trainings-Long-Runs ausreichend sind. Inzwischen hat deshalb fast jeder Hersteller, der sich im Trailrunning engagiert, ein solches Modell im Angebot. Welchen Anforderungen eine RaceVest entsprechen muss, hat sich in den Jahren einer zunehmenden Professionalisierung des Sports herumgespro-
chen, sodass es eigentlich keine Flops mehr gibt. Auch die folgenden neun Modelle sind alles brauchbare bis sehr gute Laufwesten, die sich oft nur noch in kleinen Details unterscheiden. Es ist daher schwer, einzelne Modelle hervorzuheben. Wenn doch, dann könnte man das innovative Rückenfach-Management des Dynafit Ultra 12 oder die Alpin-Spezialisierung des Millet Trilogy Sky nennen. Wichtig ist, die richtige Größe zu wählen, damit der
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Rucksack wirklich perfekt sitzt. Mit Ausnahme von Camelbak, die auf unisize setzen, haben alle Hersteller mindestens drei Größen im Angebot. Einen Hinweis noch: Wir haben bewusst auf die Angabe des Fassungsvermögens verzichtet, da wir die Angaben der Hersteller wenig vergleichbar und teils schwer nachprüfbar fanden. Signifikante Größenunterschiede haben wir ohnehin keine festgestellt.
Camelbak // Trail Run Vest 99,99 Euro
Millet // Trilogy Sky 170,00 Euro
Dynafit // Ultra 12 150,00 Euro
Mit der Trail Run Vest schicken die TrinkschlauchPioniere von Camelbak ihre leichteste und minimalste Laufweste ins Rennen. Der Rucksack ist tatsächlich ausgesprochen leicht, der Sitz ist dank verstellbarer Hüftgurte sehr gut. Allerdings ist da, wo die seitlichen Gurte sitzen, eben kein Material und daher auch keine Taschen verbaut. Die Möglichkeit, Dinge in der Front zu verstauen ist daher sehr eingeschränkt. Neben den Soft Flask-Taschen (Flasks im Lieferumfang enthalten) gibt es nur ein weiteres kleines Reißverschlussfach. Auch ein Fach am Rücken, das während des Laufens leicht erreichbar wäre, suchten wir vergeblich. Dafür gibt es am Rücken drei übereinander gelagerte Fächer, von denen eines sogar wasserfest ist. Für alle, die es luftig mögen und vorne nicht viel Stauraum brauchen.
Die Franzosen von Millet sind Alpin unterwegs. Das merkt man dieser dennoch minimalen und leichten Trailrunning Weste an. Es gibt sowohl Schlaufen für Karabiner und sonstige Ausrüstung, als auch eine Befestigungsmöglichkeit für Eisgeräte. Das Material der Weste ist zu großen Teilen aus Dyneema. Ein sehr robustes, widerstandsfähiges und gleichzeitig leichtes sowie stretchiges Material. Der Rucksack macht einen sehr langlebigen und hochwertigen Eindruck. Die Taschen sind hinten wie vorne funktional designt. Das Hauptfach ist über ein Reißverschlussfach zu erreichen. Ein selbiges Fach vorne könnte man vermissen. Soft Flasks sind nicht im Lieferumfang enthalten. Der Preis ist hoch, für ein Modell, welches wie hier, das besondere Etwas mitbringt, aber ok. Lieblingsstück! Waren die bisherigen Dynafit-Westen Auftragsarbeiten, stammt die neue Ultra 12 aus den Köpfen der hauseigenen Entwickler. Das merkt man. Diese Weste ist bis ins kleinste Detail durchdacht. Ein wenig elastisches Material als Basis garantiert einen wackelfreien Sitz. Die unzähligen Taschen sind aber aus flexiblerem Material hergestellt. Der Rucksack ist so konstruiert, dass man wirklich überall schnell herankommt, ohne den Rucksack abnehmen zu müssen. An die vielen Taschen (darunter zwei Reißverschlusstaschen) in der Front sowieso. Das Highlight ist aber der Rückenbereich. Drei große Fächer sind unmerklich übereinander angebracht und jede von ihnen kann über einen seitlichen Griff nach hinten erreicht werden. Genial. Drei verschiedene Möglichkeiten Stöcke zu fixieren und mitgelieferte Soft-Flasks runden das perfekt durchdachte Gesamtpaket ab.
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INTERVIEW Stephan PRAXISTEST 9 Racevests Hugenschmidt
Salomon // Sense Pro 5 160,00 Euro
Salomon ist mit Sicherheit der Vorreiter dieses Systems, auf das inzwischen fast alle minimalen Trailrunning-Westen vertrauen: Leichtes strechiges Material, große Fronttaschen, gut erreichbare untere Rückentasche, mindestens eine Reißverschlusstasche in der Front. Auch der Sense Pro 5 macht hier alles richtig. Das Material ist vielleicht noch einmal minimaler und einen Tick leichter als bei der Konkurrenz. Stabilisierungselemente gibt es wenige bis keine. Der Rucksack sitzt aber ausgesprochen gut. Der Frontverschluss funktioniert gut, könnte aber im Eifer des Renngeschehens etwas zu fummelig sein. Die Pioniere der Trailrunning-Westen liefern hier wieder eine tadellose Arbeit ab, die besonders für Ultralight- Fans in Frage kommt. Soft Flasks sind enthalten.
Auch Adidas Terrex hat seine hauseigene Race Vest immer weiter verbessert. Das aktuelle Modell arbeitet mit äußerst stretchigem Material. Die Lösung am Frontverschluss gefällt uns sehr gut. Hier ist die Weste auch nochmal verstärkt. Eine Reißverschlusstasche vorne (wasserdicht!) sowie an der Seite ist vorhanden, ebenso wie ein während des Laufens gut erreichbares Rückenfach, das per Druckknopf verschließbar ist. Eine Möglichkeit zum Befestigen der Stöcke gibt es nicht. Terrex liefert hier eine klassische Race-Vest, die einwandfrei am Körper sitzt und zwei Soft-Flasks enthält. Mit 150 Euro ist der Preis allerdings am oberen Ende angesetzt.
Adidas Terrex // Trailrunning Weste 150,00 Euro
Patagonia // Slope Runner 170,00 Euro
Diese Weste von Patagonia ist vor alle eines: Sehr minimalistisch, ohne viel Schnickschnack. Seitlich erreichbare Taschen mit Stretch-Einsätzen bieten gerade genug Platz für essentielle Kleidungsstücke, der Zugriff unterm Laufen erfordert geübte Beweglichkeit. Hinten oben wurde noch ein Fach mit Reißverschluss angebracht, das zwar nicht groß ist, aber für Handy oder Schlüssel reicht. Vorne gibt es neben den Fächern für die beiden mitgelieferten 500ml Softflasks auch noch zwei recht große Brusttaschen für sämtliches, was an Verpflegung benötigt wird. Da die Weste eng anliegt fühlt sie sich eher wie ein Kleidungsstück an. Elastische Bänder und verstellbare Brustgurte ermöglichen trotzdem einen individuellen Sitz, auch bei unterschiedlicher Beladung. Die Befestigung für Stöcke finden wir nicht allzu praktisch.
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Mammut // Aenergy TR 5 160,00 Euro
Black Diamond // Distance 4 130,00 Euro
The North Face // Race Day West 150,00 Euro
Die Aenergy TR5 Vest von Mammut ist eine Überraschung im Test. Der Schweizer Bergprofi ist erst seit diesem Jahr wieder mit spezifischen Trailrunning-Produkten zurück im Markt und lässt uns staunen. Dieser Rucksack ist ein guter Kompromiss aus „stoffiger“ Racevest und robusten Elementen. Der Komfort ist hoch und die Größenanpassung ist mit drei Größen und einem intelligenten Einstellsystem nahezu perfekt. Die beiden HydrapakFlasks gleiten mühelos in die Fronttaschen, zwei großzügig gestaltete Fächer auf Rippenbogen-Höhe sind aus dehnbarem Stretch-Material und lassen sich üppig befüllen. Das Hauptfach ist in ein offenes und zippbares Abteil aufgeteilt – besser kann man seine Ausrüstung kaum transportieren. Fazit: Ein toller Laufrucksack für Trails und den kompletten Trainingsalltag.
Stöcke und Rucksäcke können sie, die US-Amerikaner von Black Diamond. Auch diese zur aktuellen Saison überarbeitete Race Vest überzeugt. Stretchiges und gleichzeitig superleichtes Material ist hier gekonnt eingesetzt. Die Fronttaschen sind groß und super intuitiv zu befüllen. Am Rücken ist das untere Fach während des Laufens gut zu erreichen. Oben gibt es zusätzlich zum Hauptfach noch ein Reißverschlussfach. Das Highlight ist die so noch nicht gesehene Stockhalterung. Die Stöcke werden über zwei breite Gummis fixiert und am Rücken getragen. Das ganze System ist so gestaltet, dass das Festmachen und Herausnehmen der Stöcke während des Laufens einfach funktioniert, ohne den Rucksack abnehmen zu müssen. Für 130 Euro bekommt man hier ein starkes Produkt inklusive zweier Soft-Flasks. Ganz schön clever ist diese Racevest von The North Face: Unter insgesamt fünf Größen findet man garantiert seinen perfekten Fit und einen Laufrucksack, der für flotte Trails, Ultras und lange Trainingsläufe ideal ist. Die Weste ist an den richtigen Stellen dehnbar und weich, aber dort, wo es nötig ist, ebenso stabil. Zu den beiden üblichen SoftflaskFächern finden sich im Frontbereich weitere vier Außentaschen, die zwar nicht so „stretchy“ sind, wie bei einigen Mitbewerbern, aber dennoch alles fassen, was wichtig ist. Das üppige Hauptfach sorgt für Stauraum und trägt Regenausrüstung, Lampe und alle voluminösen Gegenstände. Fazit: Eine klassische Racevest, die durch geringes Gewicht und hohen Tragekomfort positiv auffällt. Faltstöcke finden in einem eigenen Fach am unteren Rücken Platz. Nicht alle mögen das – es funktioniert aber sehr gut.
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MOMENT DER AUSGABE
Tòfol, der Dauerläufer Kann man auch mit Anfang Fünfzig noch einen stark besetzten Ultra gewinnen? Tòfol Castanyer kann. Würdigung eines legendären Typen anlässlich seines Sieges beim Trail Menorca Camí de Cavalls Als ich Tòfol Castanyer zum ersten Mal begegnet bin, hat der gerade eine Bratpfanne verkauft. Bei sich zu Hause in Sóller im mallorquinischen Tramuntana-Gebirge, wo die Familie Castanyer ein Geschäft für Haushaltsartikel betreibt und eines für Reisesouveniers. Klar wusste ich, dass dieser stoische Läufer aus Mallorca kommt, Ultra-Trail-Weltmeister von 2010 und, damals 2019, Sieger des Zugspitz Ultratrails war. Erkannt hätte ich den Mann in der roten Daunenjacke aber nicht, wäre da nicht eben diese rote Daunenjacke und ebenso rote SalomonSchuhe gewesen. Ein Prototyp, den es so nie im Handel gab. Ich habe ihn angesprochen. Und so sind wir an diesem Dezembertag noch gemeinsam durch seine Berge gelaufen. Selten habe ich einen Athleten getroffen, der so unmittelbar mit seiner Heimatregion verbunden und in ihr verwurzelt war. Wie sehr, erfuhr ich im Sommer darauf: Tòfol Castanyer hatte in einem persönlichen Projekt alle 54 Gipfel abgehakt – in 30 Stunden. Exakt 18:19 Stunden hat der 51-Jährige nun am vorletzten Mai-Wochenende für die 185 Kilometer des Trail Menorca Camí de Cavalls auf der mallorquinischen Nachbarinsel gebraucht. Ein Sieg, nein, nicht des Alters, sondern eines beeindruckenden Athleten. Und ehrlich, als es im vergangenen Herbst hieß, dass Tòfol Castanyer zu Kilian Jornets NNormalTeam gehören wird, habe ich gedacht: das passt. Eine mallorquinische Marke, NNormal gehört ja zum Schuhhersteller Camper, braucht einen mallorquinischen Markenbotschafter. Den Sportler Tòfol Castanyer habe ich damals ein wenig unterschätzt.
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Foto: Jose Miguel Munoze
PRAXISTEST Suunto Vertical Zwei Versionen: Titanium Solar 799 Euro Stainless Steel 599 Euro kostenlose Offline-Karten DualBand GNSS Massive Akkulaufzeit: bis zu 85 h bei voller GPS-Qualität, bis zu 60 Tage im Alltagsmodus (jeweils mit Solar) Intelligente Akku-Modi Sehr robustes, outdoor-angepasstes Design Größe: 49x13,6 mm Gewicht: 86g (mit Solar), 74g (ohne Solar)
Mit der Ambit Serie war Suunto vor einigen Jahren die unangefochten führende Marke im Trailrunning-Segment. In den letzten Jahren verloren die Finnen dann ein wenig an Boden im Vergleich zur etablierten, aber auch neu in den Markt drängenden Konkurrenz. Nach einigen strategischen Änderungen (Suunto gehört nun nicht mehr zur Amer Sports Gruppe), launcht der Kompass-Konzern nun ein neues Produkt, das von der Marketingabteilung mit großem Trara und viel Selbstbewusstsein kommuniziert wurde. Es ist zu spüren: Mit der neuen Vertical will Suunto zumindest in ihrer Kern-Zielgruppe, den Outdoor-Sportlern, wieder zu den guten alten Markt-Verhältnissen zurückkehren. Der Uhr merkt man dies schon beim ersten in die Hand nehmen an. Während die Peak Serie vor allem darauf bedacht war, am Handgelenk eine edle, cleane und alltagstaugliche Figur abzugeben, will die Vertical, deren Design an einen alten Kompass angelehnt ist, auch im Optischen wieder Robustheit und Funktionalität in den Vordergrund stellen. Gewicht und Maße der Uhr bewegen sich für solch ein High-End-Produkt absolut im Rahmen. Blicken wir in die Uhr und ihre Funktionen hinein: Hier wollen wir besonders eine Funktion herausgreifen und näher besprechen: Die vielleicht wichtigste Neuerung, gerade für uns Trailrunner:innen, ist wohl die Kartenfunktion. Im Gegensatz zur reinen Brotkrümel-Navigation, bietet eine Karte, die Geländeformen und Wegverläufe genau abzeichnet, unheimliche Vorteile. Suunto hat sich hier echt ins Zeug gelegt und liefert eine optisch sehr kontrastreiche und ansprechende Karte. Bis zu den kleinsten Pfaden sind alle Wege eingezeichnet und auch die Höhenlinien helfen bei der Orientierung. Klar, einige wenige Details (z.B. Ortsund Geländebeschriftungen) fehlen noch, insgesamt sind wir aber sehr begeistert. Vor allem, dass das Kartenmaterial der ganzen Welt (leider aufgeteilt auf kleine und separat downloadbare Regionen) for free bereitgestellt wird, überzeugt. In Kombination mit der Suunto App lassen sich nun die kühnsten Outdoor-Abenteuer planen und umsetzen. Die in der App abrufbare Karte bietet eine nochmal bessere
Übersicht und wirklich starke Funktionen: Anhand der Heat Map sieht man stark frequentierte Wege, man kann sich den Straßenbelag als Layer über die Karte legen, Wintersportler sich die Hanglage visualisieren lassen und noch einiges mehr. Beste Voraussetzungen, um direkt in der App eine individuelle Route zu erstellen. Insgesamt ist die Suunto App stark verbessert und bietet nun unzählig viele Möglichkeiten, Aktivitäts- und Alltagsdaten auszuwerten. Gleichzeitig bleibt die Orientierung in App und Uhr übersichtlich und intuitiv. Stark umgesetzt auch das Akku-Management der Uhr. Insgesamt setzt die Laufzeit (60 bis 280 Stunden) neue Maßstäbe innerhalb des Suunto Portfolios und kann bei der Solarversion nochmal um ca. 30 Prozent verlängert werden. Es stehen verschiedene, intelligente Akku-Modi zur Auswahl, die anhand der ausgewählten GPS-Genauigkeit die verbleibende Akkulaufzeit direkt anzeigen. Hier ist auch eine weitere Neuerung verborgen. Erstmalig verbaut auch Suunto, die bei der Konkurrenz in den Top-Modellen schon übliche, GNSS-DualBand Technologie, welche durch die gleichzeitige Nutzung verschiedener Satelliten-Frequenzen die GPS-Genauigkeit besonders in kritischen Geländeformen (Schluchten, Straßen) nochmal erhöht. Aufladen muss man die Suunto Vertical also nur noch selten. Hier haben wir einen kleinen Kritikpunkt ausgemacht. Die Uhr muss sehr genau und sorgsam auf der Lade-Plattform platziert werden, um die Konnektivität herzustellen. Viele weitere Funktionen, wie Wettervorhersage, auf BerganLäufe spezialisierter Intervall Timer und mehr können wir hier nur anreißen. Tatsächlich gibt es nur noch wenige Funktionen, wie zum Beispiel das Laden von Musikdateien auf die Uhr oder das Messen der Herzfrequenzvariabilität, welche man bei der Suunto Vertical noch vermissen könnte. Fazit: Die Suunto Vertical holt weit aus, macht einen RiesenSatz und landet auf beiden Beinen ganz oben im SportuhrenHochgebirge. Wenn auch nicht ganz günstig, macht diese Uhr einfach nur Spaß und ist für jeden begeistert-ambitionierten Outdoor-Athleten ein treuer und hilfreicher Begleiter im Alltag sowie an den ganz besonderen Tagen.
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PRAXISTEST Wer die Solar Edition der Suunto Vertical wählt, zahlt stattliche 200 Euro mehr. Darf sich aber abhängig von der Sonneneinstrahlung über bis zu 30% zusätzliche Akkulaufzeit freuen. Über den intelligenten Batteriemodus kann man intuitiv auswählen welcher Kompromiss aus bester Akkulaufzeit und höchster GPSGenauigkeit für die kommende Aktivität die beste Lösung ist Die Nutzung der neuen Suunto Karte macht sehr viel Spaß. Sehr kontrastreich und mit allen nötigen Details auf der Uhr. In der Suunto App macht das Strecken-Planen nochmal mehr Spaß.
Rabbit High Country Laufhemd Preis: 72 Euro
Ein Hemd beim Sport? Ja, auch dafür kann es Gründe geben: Der Lauf, der im Biergarten endet. Der Lauf, der im Büro beginnt. Der Style-Anspruch, der eben auch im beschleunigten Laufschritt nicht aufhört. Oder eben keinen einzigen: Warum ein Kleidungsstück mit hochstehendem Kragen, welcher ausschließlich eine formelle und keine funktionale Bestimmung hat, zum Laufen anziehen? Der US-amerikanischen Kultmarke Rabbit, gegründet von zwei Läuferinnen, ist das ziemlich egal. Denn wer möchte, soll eben auch beim Laufen ein Hemd tragen dürfen, ohne in der Performance Kompromisse eingehen zu müssen. Und dies ist ihnen ziemlich gut gelungen. Das Hemd ist aus sehr angenehm stretchigem, vergleichsweise leichtem Material. Durch die Druckknöpfe und den Kragen ist es natürlich schon etwas schwerer als ein modernes Shirt, aber ehrlicherweise fällt dies beim Laufen im wahrsten Sinne des Wortes kaum ins Gewicht. Die Passform ist sportlich eng. Am meisten punktet das High Country Hemd in Sachen Atmungsaktivität. Die Perforation (kleine Löcher am Rücken) in Kombination mit den Öffnungen zwischen den Knöpfen in der Front sorgen für einen angenehmen Luftzug, welcher naturgemäß verstärkt werden kann, umso mehr Knöpfe man öffnet. Die Knöpfe selbst waren beim Laufen in keinster Weise spürbar oder störend. Rein funktionell spricht also wenig gegen dieses etwas andere Produkt. Bewiesen wurde die Ultralauftauglichkeit eines Oberhemdes zudem gerade erst im April, als Alexander Dautel den Ultratrail Fränkische Schweiz eben in einem, Hemd (allerdings aus dem Naturmaterial Leinen, nicht wie hier Polyester) gewonnen hat. Wer es Alex nach machen will, findet das passende Shirt ab jetzt bei unseren Freunden von Sporthunger aus München, die die Textilien von Rabbit exklusiv über den Atlantik geholt haben. www.sporthunger.de
Patagonia Women‘s Strider Pro Shorts 3 1/2 72,00 Euro
Ende Mai war dann auch endlich mal das passende Wetter, um diese Shorts von Patagonia zu testen. Schnell reingeschlüpft und sofort wohl gefühlt. Wie weich kann bitte eine Hose sein?! Das stretchige Material, so lese ich nach, besteht zum größten Teil aus recyceltem Polyester, das aus Ocean Plastic gewonnen wurde und die Weltmeerverschmutzung verringert. Bluesign Siegel und Fair Trade Zertifizierung gehören auch noch dazu, d.h. die Näherinnen bekommen einen Zuschlag. Also definitiv kein Greenwashing! Zurück zur Hose. Ich muss tatsächlich nochmal nachschauen, aber ja, ich habe eine Hose an, und da ist auch eine Innenhose drin, die ich wirklich überhaupt nicht spüre, erst recht nicht beim Laufen. Sie ist atmungsaktiv und geruchshemmend und bleibt gefühlt auch immer trocken. Ein breiter Hüftbund sorgt für einen angenehmen Sitz, ohne einzuschneiden, die praktische Zugkordel mittig vorne lässt sich leicht verstellen. Beim Laufen hat sie sich bei mir dann zwar wieder gelockert, aber schnell nachjustieren war auch kein Problem. In der Tasche hinten mit Reißverschluss konnte ich leicht mein Handy verstauen, die zwei seitlichen Taschen am Bund wurden mit Riegel und Taschentüchern gefüllt, beides fand locker Platz. Tatkräftige Unterstützung beim Testen erhielt ich auch von meinem Sohn, der seinen Becher Wasser nämlich direkt nach meinem Lauf auf meinem Schoß entleerte, also ja, die PFC-freie DWR-Behandlung der Laufhose hält auch, was sie verspricht, das Wasser perlt komplett ab. Erfrischende Farben, u.a. in Lila und Türkis, mit jeweils reflektierendem Logo runden das überaus gelungene Produkt ab. Nicht nur für einen „Short Run“ eine absolute Empfehlung.
95 4/2023
PRODUKTE Hitze
P l a n e t
Im Sommer halt ein Shirt... Wenn es nur so einfach wäre. Wir stellen auf diesen Seiten ein paar essenzielle Teile vor, die uns in der Hitze des Trails vollends überzeugt haben
g l ü h t
Soar Running
Hot Weather Shirt / Gewicht 74g (Größe M) / Preis: 99 Euro To Make a long Story SHIRT: Das ist das beste Oberteil für warme und ganz warme Tage, das ich in meinem bisherigen Läuferleben gelaufen bin. Und das nicht nur in der Theorie. Theoretisch nämlich finde ich das Hot Weather Tee der britischen Boutique-Running-Marke Soar schon deshalb überzeugend, weil es aus italienischem, größtenteils recyceltem Stoff in Portugal gefertigt wird. Und nicht irgendwo vier Überseecontainerwochen weit weg. Weil der Look stimmt und auch die Passform. Körpernah, aber nicht wurstpellen-eng. Und weil es, gerade für ein so leichtes, synthetisches Teil, einen unfassbar weichen Griff hat. Natürlich sind die Nähte laminiert, nichts scheuert, nichts trägt auf. In der Praxis dann diese eindrückliche Erfahrung: Einmal nassgeschwitzt, wird das Shirt sogar noch weicher, der Tragekomfort beeindruckt auch nach 30 Kilometern. Der dünnere der beiden Stoffe, ein dezent se-
mitransparentes Waffel-Piqué an Bauch, Rücken und der Unterseite der Arme kühlt geradezu, das Tragefühl geht in Richtung: Hey, habe ich da überhaupt etwas an? Klar, sind hundert Euro für ein Laufshirt viel Geld. Nasses Wetter oder kaltes Wetter lassen wir uns etwas kosten, aber tut es bei Hitze nicht auch irgendein Singlet oder Shirt? Nicht nur, weil sich Singlets verlässlich nicht mit einer Racevest vertragen, sage ich: Das eine wirklich gut atmende, reibungslos sitzende und schnell trocknende Sommershirt sollte uns eine Investition wert sein. Ich werde das Soar Hot Weather Shirt auch nur im Sommer tragen. Zum Baselayer im Lagenlook ist es ohnehin nicht gemacht. Und wer jetzt einwendet, dass ein tiefes Violet doch schon beim Ansehen wärmt. Es gibt auch zwei merklich hellere (Mintgrün beziehungsweise Flieder) Farbvarianten.
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The North Face Summit High Trail Tank Top
Gewicht: 72 Gramm (M), Preis: 70 Euro Wir suchten das eine Tank Top dieser Saison. Warum das High Trail von TNF? Sein Schnitt ist, zumal für ein ausgewiesen ambitioniertes Teil, nicht zu athletisch, die Belüftung effektiv und doch fühlten wir uns angezogen. Schnelle Trocknung und vor allem ein selbst nass noch ein überzeugend weiches Tragegefühl. Nicht alle Nähte sind laminiert, es scheuert aber nix!
Rabbit Run ET Tee Perf Preis: 44,90 Euro
Die Suche nach einem guten, nach einem einfachen, leichten und perfekt sitzenden Laufshirt ist eine echte Aufgabe. Mit dem perforierten EZ Tee Perf ICE SS habe ich nun ein lässiges Sommer-Shirt für alle heissen Trails gefunden und die ersten intensiven Läufe bei Temperaturen jenseits der 25 Grad hat es mit Bravour gemeistert. Die kleinen Löcher, die man nur von nahem erkennt, tun in Sachen „Atmungsaktivität“ wirklich ihren Dienst. Ich bin nach einem schweisstreibenden Uphill zwar
immer noch nass, aber das Oberteil hat lediglich am Brustbereich einen erkennbaren Fleck und ist ansonsten komplette trocken. Bei mir ein Novum! Das schaffte in der Form nur ein einziges anderes Lauftrikot. Die Mischung aus Nylon und Spandex trägt sich angenehm auf der Haut, das Material begeistert zudem durch viel Dehnbarkeit. Ein weiterer Pluspunkt: Nach zweimal Einsatz, war der Muffelfaktor für ein Kunststoff-Shirt sehr gering.
Dieses Produkt nehmen wir auf die eigene Kappe. Und führen den Bucket Hat von THY Wear mit einer Anekdote ein. Ein Redaktionsmitglied hat einen hochsommerlichen Lauf entlang des Prättigauer Höhenwegs einmal mit einem Sonnenstich bezahlt. Wäre mit einer angemessenen Kopfbedeckungen wohl nicht passiert. Denn klar, sieht dieses dezent aus den Neunzigern herübergeholtes Teil cool aus. Vor allem aber hilft es bei Hitze enorm, weil es nicht nur die Kopfhaut und Stirn, sondern etwa auch den Nacken schützt. www.thywear.com
Ab in den Urlaub, der Sonne hinterher! Mit der Ferienzeit steht auch stets die Frage nach der geeignetsten Sonnencreme vor der Tür. Gefordert sind vor allem langanhaltender Schutz, eine praktische Größe, Hautverträglichkeit und – immer mehr – auch umweltfreundliche Inhaltsstoffe. Die Esslinger Marke eco elio vereint all diese Kriterien in ihrer neuen Sonnencreme mit LSF 50 und legt ein besonderes Augenmerk auf Nachhaltigkeit: So leistet eco elio unter anderem über die Partnerschaft mit Coral Guardian einen wichtigen Beitrag zum Schutz und Erhalt von Korallenriffen weltweit.
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MORAL Themenwechsel
Zum Davonlaufen ... Eigentlich hat unsere Leserin Lauffreundschaften schätzen gelernt. Im Verein ist Sport halt doch am schönsten. Muss man deshalb aber gleich jedes Wochenende einen Kuchen backen? Oder das eigene Tempo immer dem kollektiven Trott unterordnen? Ein Appell an den Eigensinn
Ich komme ganz gut mit mir allein zurecht. Und habe das lange auch beim Laufen so gehalten. Nur lernt man mit der Zeit ja auch andere Trailrunner:innen kennen. Man verabredet sich zu Trainingsläufen, es entwickeln sich Lauffreundschaften. Auch ich mag die Verlässlichkeit, jetzt jeden Sonntag vier, fünf andere Läufer:innen am Waldparkplatz zu treffen. Nur bin ich nicht die, die dann auch jede zweite Woche einen Kuchen mitbringt. Ich möchte mit meinem Lauftreff auch nicht in den Urlaub fahren. Und wenn ein zügiger Tempodauerlauf auf dem Trainingsplan steht, mache ich auch mal mein eigenes Ding, ohne danach eine Viertelstunde auf die anderen zu warten. Noch einmal: Ich mag schon auch das Laufen in der Gemeinschaft, nur will ich dafür offensichtlich weniger investieren als andere. Ist das zu egoistisch von mir? Bettina B. aus Kassel
Bei einem flachen Zehner und erst recht auf der Rennradausfahrt schätzen wir diese Qualität der Gruppe: man kann sich (halbwegs) entspannt in den Windschatten hängen und die Arbeit den anderen überlassen. Ungefähr so funktioniert auch jeder Lauftreff. Ob nun die lose Feierabendrunde im Stadtwald oder der vollumfänglich durchdelegierte Laufverein. Wenn es gut läuft, läuft es dennoch für jede:n gut. Schließlich gibt es Menschen, die sehr gerne sehr viele Kuchen backen. Die ihr Glück darin finden, jedes Wochenende eine neue Strecke zu planen und auch die kollektive Laufreise in die Allgäuer Alpen. Und die sich ihren Siebensitzer vor allem für die Ausflüge mit den Lauffreund:innen gekauft haben. Anderen geht es eher nicht so. Zu denen gehören Sie. Wichtig ist nur, verbal und auch nonverbal zu kommunizieren, dass Sie sich damit nicht gegen die anderen entscheiden – sondern schlicht für sich. Und es ist allemal kollegialer, nach einem netten Plausch auf dem Waldparkplatz den einsamen Tempolauf durchzuziehen, anstatt dem Rest der Gruppe das eigene Tempo aufzunötigen. Aber: Reden Sie drüber. Laufen Sie, auch im übertragenen Sinn, nicht einfach weg. Vielleicht hat Ihr Verhalten
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dann sogar eine katalysatorische Wirkung. Vielleicht sind Sie nicht die Einzige, die oder der das Gefühl hat, permanent im vermeintlichen Interesse der Gruppe handeln zu müssen. Eines dürfen Sie nur nicht: Beleidigt sein, wenn sich dann auch mal zwei oder drei Läufer:innen ohne Sie verabreden oder sich die Geschichten vom gemeinsamen Wochenende der Anderen beim Zugspitz-Ultratrail doch ganz lustig anhören.
R U N . LO N G E R .
PRÄZISE
MIKRO-EINSTELLUNGEN FÜR EINE PRÄZISE PASSFORM
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VERBESSERT DIE LAUFEFFIZIENZ UND REDUZIERT DIE BELASTUNG BEIM AUFTRETEN
SICHER
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Bewältige jedes Terrain, jede Zeit und Distanz. Maximale Stabilität, Dämpfung und Energierückgabe. Der Trail liegt dir zu Füßen. RUN. LONGER.