Trail Magazin #4/2022

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TRAIL MAGAZIN TRAIL-ROOKIE TEAM / INTERVIEW ALEX DAUTEL / PRAXISTEST / MORALFRAGE

DAS LAUFMAGAZIN NR.1 FÜR TRAILRUNNER

04 2022 Juli August

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TRAININGS-SERIE

EVENTS

Chiemgau Trail, Penyagolosa, MIUT, UTFS, ...

REISE

Sardinien: Saisonstart am Meer

TYPEN

Flo Grasel über Topsport, Beruf & Familie

FOTOS Laufen als Abenteuer! Lauf los!



EDITORIAL Liebe Leser:innen, nun, da Corona vorbei oder zumindest vorübergehend geglättet ist, läuft es sich erfreulicherweise wieder in großen Gruppen, bei Wettkämpfen und Events. Umarmungen sind zurück, im Startblock drücken sich Schultern an Schultern. All die frühen Rennen im April und Mai haben uns diesmal entzückt – es tut doch gut, wenn Normalität auch auf Trails zurückkehrt, es macht das Laufen leichter. Ich würde Euch gerne mal einen Zustand beschreiben, denn ich habe mir in letzter Zeit doch viele Gedanken um das Laufen und die Lust gemacht. Der Effekt, dass ich mich selbst vor die Türe bitten muss, mich zum Laufen zwingen muss, ist nichts neues. Ich laufe los, es ist ein wenig zäh, aber dann, ja dann, wird es runder und runder und plötzlich macht es Spaß. Es geht aber auch ganz anders und darum soll es in dieser Ausgabe gehen: Lust. Pure Vorfreude. Es ist Juni. Es ist Sommer. All diese Last ist nun Lust, ich will raus, ich will den Wald riechen, ich will, dass sie Sonne den Schweiß auf meinen Armen sofort wieder wegbrennt. Blättert durch dieses Heft, lasst Euch eine wenig von den Fotos, den Menschen und ihren Stories inspirieren und lasst die Freude, den Spaß unbedingt in Euren Laufsport eintreten, lasst die Leichtigkeit zu! Gerne möchte ich euch ganz simpel in unsere Nummer 4/2022 bitten: Kurze Hose, kurzes Trikot, einmal den Berg hoch stürmen, um wie entfesselt wieder nach unten zu rennen. Alles rauslassen was geht. Trailrunning ist das beste Instrument dafür.

4 Menschen dieser Ausgabe

Flo Grasel #lifeworktrailbalance ist sein Motto. Flo Grasel ist seit vielen jahren sehr erfolgreich auf den Ultratrails dieser Welt unterwegs. Im Interview erzählt er uns, wie ihm der Spagat aus Familie, Job und Sport gelingt. Seite 22

Barbara Poxleitner Die Bergziege und dreifach Mutter aus dem Bayerischen Wald ist ein wahres Organisationstalent inmitten ihrer Familie und eine schnelle Läuferin obendrein. Seite 78

Anne Struijk Die 21 Jahre junge Salzburgerin ist eine von unseren sechs Rookies im neuen TRAIL Rookie Team. Zusammen mit Salomon unterstützen wir 6 junge Trailrunner*innen. Seite 54

Euer Denis Wischniewski Alex Dautel

TRAIL-Herausgeber Denis Wischniewski ist total entzückt vom Wunder des Sommers, ein Wunder, das er seit 49 Jahren kennt, aber jährlich auf ein Neues total abfeiert. Seit er diesen frühen, sprießenden Sommer in Trailschuhen erlebt, ist das Verhältnis noch intensiver geworden. Nur eines lässt massiv nach: bei Hitze oberkörperfrei zu laufen, lässt der Chefredakteur nun sein. Er denkt eben auch an andere!

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Ein Lauf-Talent. Ein Ultraläufer. Diese Schubladen hatten wir für den in Graz lebenden Franken aufgemacht. Doch der sympathisch zurückhaltende Merrell-Athlet passt in keine Schublade. Ein Skyrunner im Interview. Seite 88


INHALT

STANDARDS EDITORIAL 3 INHALT 4 NEWS 16 MYVIRTUALTRAIL.DE 44 PRAXISTEST 94 IMPRESSUM 97 MORALFRAGE 100

14 Jahre Trail 2008 - 2022

6 FOTOSTORY

64 EVENTS

16 NEWS

74 TRAINING 16

Laufen ist Erleben! Eine Fotostory die euch animieren soll, den Laufrucksack zu packen und loszumachen. 100% Adventurerunning!

Im Journal: Denis´ Kolumne, Naturprodukte, Pro & Contra, Trail-WM 2023 in Tirol, Flo Grasel ...

Beim Chiemgau Trailrun und dem ersten UTFS in der Fränkischen Schweiz startete die WettkampfSaison in Deutschland. Wir waren nahe dran!

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Lars Schweizer von Twopeaksendurance erklärt in Teil 2, wie man, nach abgeschlossenem Training nun die passende Pace beim Rennen findet.

82 REVIERGUIDE

Im Siebengebirge bei Köln/Bonn ließen wir unsere beliebten "Revierguides" mit einem Communityrun wieder aufleben und entdeckten die Magie eines Gruppenlaufs.

24 TRAILSCHUHE

88 INTERVIEW

Alex Dautel ist einer der besten Ultraläufer in Deutschland, aber nun wagt er den Sprung in das sehr alpine Gelände. Was ist seine Motivation?

T R A I L YO U T U B E

Der zweite Teil des Trailschuhe-Praxistest mit: Adidas, Saucony, Mizuno, Scott, La Sportiva, Craft, Altra, Inov-8, Dynafit und mehr.

36 GIRLSTALK

Marie Meixner-Brunnhuber traf Barbara Poxleitner zu einem Gespräch über Sport, Familie und Beruf.

38 REISE

In Bad Ischl im Salzkammergut liegen die guten Trails so nah, dass unser Autor, diesmal nicht richtig zum guten Essen kam.

46 TOP 3

94 PRAXISTEST

54 ROOKIE-TEAM

100 MORALFRAGE

Das sind die Lieblingsprodukte der Trail-Redaktion im Sommer 2022. Die jeweils drei Besten der wichtigsten Kategorien.

Sechs junge Leute unter 24 Jahre bilden seit April das Trail-Magazin-Rookie-Team. Wir stellen sie hier vor und warnen vor Top-Leistungen.

60 REISE

Als hier zu Lande noch einmal Schnee drohte, entfloh Redakteur Benni dem Übel nach Sardinien.

Richtig geprüft, gelaufen, gefordert: wir haben ein Shirt, Energygel, Racevest und ein Longsleeve in langen Läufen getragen und gegessen.

Die Berge, die Alpen locken. Darf man sein ganzes Leben nach der Begierde ausrichten, nun auch seinen Wohnort in den Süden zu verlegen?

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TECHNIK AM STOCK MIT HANNES Wir sind große Fans des geschriebenen Wortes. Doch ab und an machen wir eine Ausnahme und teilen Dinge in Ton und Bewegtbild mit Euch. Kurzum: Wir haben einen Youtube Kanal! Neben der regelmäßigen Wochenshow mit Chefredakteur Denis Wischniewski findet man dort auch weitere spannende Inhalte. Erst kürzlich waren wir mit Hannes Namberger am Berg und haben uns die richtige Stocktechnik beim Laufen erklären lassen. Schaut doch mal rein. www.youtube.com/c/TRAILMagazin2021


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ES IST DEINE FOTOSTORY Trail-Abenteuer

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4/2022


Wer heute das große Abenteuer des Lebens sucht, braucht nicht viel: Laufschuhe, einen Rucksack, ein paar Scheine und etwas Mut. Wer also einfach loslässt, losläuft und sich einem Ziel verschreibt, wird belohnt. Dieser Sommer ist Dein Sommer des Adventure-Runnings.

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Fotos: Wandering Fever

STORY


FOTOSTORY Die Rookies kommen

» Lesotho Traverse

Foto: Kolesky

Fotos: Wibke Dehnert

Das Königreich Lesotho ist ein Binnenstaat, der komplett von Südafrika umschlossen ist. 16 Tage und 7 Stunden brauchten die beiden Freunde Ryno Griesel und Ryan Sandes, um Lesotho einmal komplett zu umrunden (1.100 km). Auf dem Weg um den "Berg-Staat", dessen Fläche zu 80% über 1800m liegt, musten sie insgesamt 33.000 Höhenmeter überwinden.

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4/2022


Fotos: Philipp Reiter

Foto: Damiano Levati

» Dragons Back

Foto: Attila Szabo

Das 380 Kilometer lange Etappenrennen in Wales erstreckt sich über sechs Tagesabschnitte und fordert seinen Teilnehmer:innen von Beginn bis Ende alles ab. Die Strecken sind teils ausgesetzt, technisch anspruchsoll zu laufen und nur mit gutem EinOrientierungsgroßer Moment für den beliebten Fransinn zu zosen: finden. Sebastian Chaigneau feiert seinen

dritten UTMB-Rang 2011 mit dem Publikum wie einen Sieg.

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Foto: No Limity Photography Fotos: Clemens Niedenthal, Benni Bublak, Denis Wischniewski

Im Schneefeld: Beim Großglockner Ultratrail 2021 lief man in Höhen, die Restschnee bieten.


FOTOSTORY Trail-Abenteuer

Die Azoren sind Flecke im Atlantik, die eben nicht nur mit Strand warten, sondern bekannt sind für grüne Wiesen, Wälder und Trailevents.

» Pacific Crest trail

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Fotos: Kelvin Trautman

Von Mexiko bis Kanada: Dieser 4265 Kilometer lange Trail durch den Westen der USA, gehört wohl zu den bekanntesten Weitwanderwegen der Welt. Terrex Athlet Timothy Olson stellte letztes Jahr eine neue FKT auf: 51 Tage, 16 Stunden und 55 Minuten!


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Fotos: Phlipp Reiter Fotos: Clemens Niedenthal

43 / 2 0 2 2 Fotos: Oriol Batista


FOTOSTORY Trail-Abenteuer Die Rookies kommen

» OCEAN FLOOR RACE

Foto: Harald Tauderer

Der Kultläufer Christian Schiester schläft! Irgendwo inmitten der ägyptischen Wüste, denn dem Österreicher fielen irgendwann einfach beim Laufen die Augen zu. Dieses 250 Kilometer lange Rennen wird Nonstop gelaufen, Pausen wie dieses Schäfchen, sind natürlich erlaubt.

» Tor De Geants

Eine lange Reise in Trailschuhen ist der Tor des Geants durch das Aostatal. 340 Kilometer, 30.000 Höhenmeter und - das Foto verrät es - Schlaf nur im nötigsten Fall und als Powernap. Dieser Trail ist das ultimative Abenteuer für alle, die lange dachten, dass 100 Kilometer-Rennen ganz lange sind.

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Foto: Felix Weber Archiv Fotos: Jakob Erdholm

» Fastpacking / Alpen

Foto: Giacomo Buzio

Felix Weber aus Braunschweig ist ein laufender Nomade. Alles was er zum Leben braucht, trägt er in seinem Rucksack. Hier ist der ehemalige deutsche Meister im 24 Stundenlauf in den Westalpen unterwegs.

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4/2022

Fotos: Klaus Fengler

»OMM Achensee

Im Zweierteam nicht nur in der Natur, sondern mit der Natur laufen – der Original Mountain Marathon hat seine Ursprünge 1968 in Nordengland und schickt seine Fans mit Kompass und Karte auf wilde Routen. Immer dabei: Humor, Ausdauer und Teamwork!


FOTOSTORY Trail-Abenteuer

» FKT Via ALPINA

Der Via Alpine schlängelt sich einmal durch den kompletten Alpenkamm. Von Triest an der Adria bis nach Monaco am westlichen Mittelmeer. Zusammen mit Familie und Supportern genießt Ultraläufer Karel Sabbe ein wohlverdientes Eis nach seinem FKT auf dem Weitwanderweg. Der On-Athlet legte jeden Tag über 80 Kilometer mit mehr als 4.000 Höhenmetern zurück.

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NEWS&JOURNAL DIE WELT ZU GAST IN TIROL. Darauf haben wir natürlich gewartet – eine WM im Trailrunning ganz nahe an der Haustüre. Wer also die Besten unserer Sports live erleben will, muss im Juni 2023 nach Innsbruck und ins Stubaital. Es könnte eine riesige Festwoche werden! E V E N T -VO R S C H AU

Foto: Florentin Haunold

2021 sollte erstmals die offiziell von den Verbänden ausgerufene Weltmeisterschaft für Berg- und Trailläufer gemeinsam stattfinden. Doch die Organisatoren und die beteiligten Verbände (ITRA -Trailrunning, WMRA - Berglauf, IAU - Ultramarathon und WA - Leichtathletik) hatten kein Glück und das Debüt in Thailand musste aufgrund der Pandemie zweimal verschoben werden und findet nun erst im November diesen Jahres statt. Was allerdings den Vorteil mit sich bringt, dass man nun statt zwei Jahren nur wenige Monate warten muss, bis die nächste Weltmeisterschaft ansteht. Im Juni 2023 findet die World Mountain and Trailrunning Championship, so der offizielle Name, in Innsbruck und dem Stubaital statt. Dies verkündeten die Verbände Anfang Mai. Die Elite unseres Sports zu Gast vor „unserer“ Haustür! Dass dies ein echtes Trailrunningfest wird, daran arbeitet seit geraumer Zeit das Team von der Laufwerkstatt Innsbruck, welches auch das Innsbruck Alpine Trailrun Festival organisiert. Jenes wird, so zwitscherte es uns Organisator Alexander Pittl, 2023 eingebunden in die Weltmeisterschaft der Eliteläufer. Ein großes Fest des Trailrunningsports ist da zwischen dem 1. und 10. Juni 2023 geplant. Ein Fix-Termin, den man sich am besten jetzt schon ganz fest im Kalender anstreichen sollte.

Über 1.400 Elite-Athleten aus 60 Nationen werden in Innsbruck und dem Stubaital erwartet. Sie konkurrieren in vier Disziplinen: 2x Berglauf (bergauf sowie bergauf und bergab); Short Trail (40 km) und Long Trail (85 km). Die genauen Routen sind noch nicht endgültig fixiert, aber in jedem Fall zwischen Innsbruck und Neustift im Stubaital stattfinden. Dazwischen so imposante Szenerien wie die Nordkette über Innsbruck, der Habicht im Stubaital sowie die Kalkkögel. Letztere schroffe Gebirgskette, welche auch die Nordtiroler Dolomiten genannt wird, bildet eine eindrucksvolle Szenerie, wenn man über gut laufbaren Gras-

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Grat auf über 2.000 Metern Höhe läuft. Beim Gedanken an die Live Bilder aus der Luft von diesem ca. 6 Kilometer langen Streckenabschnitt, bekommen wir schon jetzt Gänsehaut. Die offiziellen Weltmeisterschaften der Verbände standen in unserem Sport immer etwas im Schatten der großen Events wie UTMB, Transvulcania oder Zegama. Mit der Vereinigung aller Berg- und Traillauf-Disziplinen in einem Format und vor allem mit dieser vielversprechenden Entscheidung für die Olympiastadt Innsbruck, könnte dieses (Un-)Gleichgewicht zumindest ins Wanken geraten.


PRO UND CONTRA

Wer sich bei einem Trail-Wettkampf anmeldet, darf erwarten, dass ihm die Sorge um die Streckenführung abgenommen wird. Oder sind wir für das Finden der Route auch selbst verantwortlich?

Foto: Andi Frank

STRECKENMARKIERUNG

PRO / Benni Bublak

Ich brauche kein Finishershirt und keine Medaille. Will auch keine Werbegeschenke mit nach Hause nehmen. Tatsächlich ist eine voll durchmarkierte Strecke für mich die wichtigste Serviceleistung eines Trail-Events. Neben der Pasta-Party vielleicht. Schließlich will ich mich voll und ganz auf mein Rennen konzentrieren können, will, dass am Ende der beste Trailrunner und nicht der beste Orientierungsläufer das Rennen gewinnt. Gerade bei den kurzen Distanzen, wo die Spitze mit wahnsinnig hohen Geschwindigkeiten unterwegs ist, wo es am Ende wirklich um wenige Sekunden geht, muss die Markierung einwandfrei und lückenlos sein. Da bleibt keine Zeit zum Inne halten oder Nachdenken – zumal die Hirnfunktion laktatbedingt sowieso arg runtergefahren ist. Ja ich bin inzwischen ziemlich versiert, was die Navigation per auf die Uhr geladener Strecke betrifft. Allerdings kann man das nicht von jedem behaupten. Und sollte es auch nicht von jedem verlangen. Nicht alle wollen und können 600 Euro für eine Uhr mit Kartennavigation ausgeben. Noch dazu höre ich in letzter Zeit immer öfter, dass Viele bewusst ohne Uhr unterwegs sind. Sich den Druck des Zeit- und Pacemessers einfach entziehen wollen. Auch das sollte erlaubt sein. Ein weiterer Appell an alle Rennveranstalter: Ich weiß es ist schwer, Menschen davon zu überzeugen, stundenlang im Wald oder am Berg rumzustehen. Aber Streckenposten (die sich auskennen) sind noch mehr wert als jede Markierung. Sie können dir den Weg weisen, aber auch kontrollieren, ob wirklich alle den Gipfel oder einen anderen neuralgischen Punkt passiert haben. Für Streckenposten und andere Ehrenamtliche wäre die Medaille dann auch wieder angebracht – oder eben doch ein Bier.

CONTRA / Clemens Niedenthal

Benni hat ja recht. Aus seiner Perspektive. Aus meiner Perspektive nervt mich die All-Inklusive-Mentalität, mit der so einige an ein Rennen herangehen, als hätten sie es bei der TUI gebucht. Denn ja, ich bin schon bei Trailevents gewesen, da habe ich den Wald vor lauter Lametta nicht mehr gesehen. Betreutes Laufen sozusagen. Und wenn eine:r falsch abbiegt, rennen ganz bestimmt trotzdem alle anderen hinterher. Da sind wir wie die Lemminge ... Sicher, ich habe nicht Bennis Tempo, aber ich mag diesen Moment, am Fuß einer ausgesetzten Passage zu stehen und mir anhand einiger leuchtfarbenen Flatterbändern erst einmal die Route zusammenzusuchen. Am liebsten aber mag ich logische Strecken, bei denen sich die Frage nach der Orientierung ohnehin erübrigt. Einfach dem Bergrücken folgen. Oder dem Ufer eines Sees. Dass das nicht immer und überall möglich ist, verstehe ich. Und auch wenn ich, seit ich auf den Trails unterwegs bin, ein fast pathologisches Verhältnis zu Wanderkarten entwickelt habe, ist das Rennen selbst kaum der richtige Moment zum Kartenstudium. Weder auf dem Papier noch auf der Uhr. Die Vorbereitung auf ein Rennen, und das vergessen allzu viele, aber eben ganz unbedingt. Und außerdem: Traillaufen ist so viel mehr als Laufen, sonst hätte ich damals auch auf der Straße bleiben können. Beim Berlin Marathon, wo eine Viertelmillion Zuschauer:innen die Strecke markieren. Ein Trailrennen möchte ich mit allen Sinnen genießen, auch dem Orientierungssinn.

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NEWS&JOURNAL P RO D U KT E

NATURSTOFF Zurück zur Natur? Aber sind wir da als Trailrunner:innen nicht ohnehin unterwegs. Genau deswegen ja! Neun Produkte, die ganz und gar natürlich sind Coole Socke: Satisfy aus Paris haben ihrer Merinosocke einen neuen, traumhaften Fit spendiert – und einen hippen Tie-Dye-Look. www.satisfyrunning.com

Smart? Wool! Und dazu das Panorama eines langen Tages in den Rockies auf die Socke geprintet. www.smartwool.eu

Das Nationaltier Neuseelands? Es müsste eigentlich das Schaf sein. Die junge Marke Mons Royale kommt aus Neuseeland. Und denkt Performancetextilien aus Merinowolle nachhaltig und lässig. monsroyale.com

Plötzlich ganz weit vorne: das Öko-Versandhaus Hess Natur: Die abenteuertaugliche Unterwäsche kombiniert Merino mit Seide. www.hessnatur.com Warum der Tourenrucksack Peak Lite 32 von Ortovox ganz natürlich ist? Wegen der ergonomischen Passform – und einem atmungsaktiven und adaptiven Rückensystem aus der Wolle von Schweizer Schafen. www.ortovox.com

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EVENTS

Zentrum der Leiden?

Es gibt Teile in der Redaktion, Teile von Houdini, die halten schon seit zehn Jahren. Diesem MerinoLongsleeve trauen wir das auch zu. www.houdinisportswear.com Als Logo-Print ein Pilz mit Beinen? Wem das schon reichlich psychedelisch vorkommt: Dieses Shirt der Boutique-Running-Marke District Vision ist komplett aus Hanf gemacht. www.districtvision.com

Dieses Sweatshirt hat Stil. Und kein schlechtes Gewissen. Aus zertifizierter Biobaumwolle. patagonia.de

Wohl eher Zentrum der zukünftigen UTMB Sieger:innen! In Rimsting am Chiemsee hat ein Performance Center namens Sports innovated seine Türen geöffnet. Dort kümmern sich ab sofort Ärzte, Physiotherapeuten und Trainer um alles neben dem Laufen: Diagnostik, Rehabilitation, Therapie. Die Trailrunning und Skimo Brand Dynafit hat dort ihr neues Athlete Center angesiedelt. www.sportsinnovated.de

Team komplett!

Tracksmith war uns mit Laufklamotten im US-College-Style aufgefallen. Nun gibt es eine Trail-Kollektion. Mit Oberteilen aus Merino und der Holzfaser Tecel. www.tracksmith.com

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Ist das NNormal? Ist es! Die von Kilian Jornet und dem mallorquinischen Schuhhersteller Camper gegründete (Trail-) Sportmarke NNormal wird das eigene Laufteam in Zegama (29. Mai) erstmalig auf die Trails schicken. Neben Kilian Jornet mit dabei: Emelie Forsberg (na, klar), Tòfol Castanyer (auch ein Mallorquiner), Dakota Jones (Foto, wir freuen uns schon auf ein neuerliches Interview) und Max Romey. Noch im Juni soll die erste (Schuh-)Kollektion präsentiert werden. www.nnormal.com


NEWS&JOURNAL

DENIS’ KOLUMNE

Ich begrüße das. Ich begrüße das sogar sehr. Ich freue mich wirklich von Herzen über alle, die sich Trailschuhe kaufen, loslaufen und kurze Zeit später sagen, dass sie jetzt „dieses Trailrunning“ betreiben. Ich finde das gut, weil es ausnahmslos für alle eine feine Sache ist. In der Zeit, in der man nämlich nicht läuft, könnte man ziemlich viele andere Dinge tun, die nichts bringen, die Zeit sinnlos verschwenden, die ungesünder sind oder ne Menge Geld verbrennen. Also lasst uns laufen. Nun gibt es aber eine neuere Entwicklung, die aus dem Trailrunning- und Laufsport eine Angelegenheit macht, die kompliziert wird. Komplizierter als der bloße Akt der Fortbewegung im Gelände und Berg. Aus Laufsport ist eine verdammte Wissenschaft geworden. Training. Laufen ist nicht nur mehr Laufen, sondern Laufen nennt sich jetzt Training. Als mein Vater in den 1980er Jahren in dieses Industriegebiet fuhr, um dort in einer ehemaligen Lagerhalle Gewichte zu pumpen, und im Anschluss einen Eiweiß Shake zu trinken und auf die Solarium Bank zu liegen, verabschiedete er sich von meiner Mutter meist mit den Worten „Ingrid, ich gehe ins Training!“. Er sagte nicht „Ich gehe Gewichte stemmen und Eiweiß Drinks trinken“, sondern er nannte es „Training“. Er hätte, um simpel zu beschreiben was er tut, einfach sagen müssen „Ich gehe in eine Lagerhalle, um dort Eisen anzuheben, bis die Muskeln komplett im Arsch sind.“ Nun ja, so ist es nun mit dem TrailLaufen eben auch. Nur zu laufen reicht nicht. Man könnte zu viele Fehler machen. Man könnte – um Himmels Willen – falsch laufen, man könnte zu viel, zu schnell, zu wenig, zu langsam, zum falschen Zeitpunkt zu hochpulsig laufen

und alles, alles wäre … ja was denn? Wäre nicht 100 Prozent optimal. 100 Prozent. Ich würde zu meiner Frau nie sagen, ich gehe trainieren. Ihr könnt sie fragen. Fragt sie ruhig. Sie wird beim ZUT im Juli dabei sein. Fragt sie, ob ich sage, ich gehe trainieren, wenn ich laufen gehe und sie wird Euch garantiert antworten, dass ich eh nur noch spazieren gehe und das weder mit Training noch mit Laufen zu tun hat. Wir sind also beim aktuellen Phänomen angekommen, dass fast alle Menschen die ich kenne, (aus der Trailrun-Bubble) einen Trainingsplan befolgen oder sogar persönliche Trainer:innen beauftragt haben. Sie bezahlen ein monatliches Salär und sind dafür in einer Art ständigen Beobachtung, Auswertung und in einem Wechselbad aus Lob und Tadel. Es ist bestätigt, dass Menschen, die das Laufen trainieren, irgendwann schneller sind als die das Laufen laufen. Also nur laufen. Ich bin absolut kein Gegner des Trainings. Auch nicht eines Trainingsplanes, aber es nimmt doch in beiden Fällen dem so schlichten Kasus Trailrunning die Ursprünglichkeit. Man macht aus einer an sich sehr einfachen Sache eine fast unnötig komplizierte. Ich selbst unterlag auch einmal einer Art von Trainingsüberwachung. Lange her. 1987. Also zu jener Zeit, in der mein Vater Eisen pumpte und sich einen irrsinnigen Bizeps „antrainierte“. Ich fuhr damals Radrennen und neben der Pflege des italienischen Stahlrahmens war ein kleines DIN A5 Buch ungemein wichtig. Es lag wie eine Bibel in der Schrankschublabe neben meinem Fichte-Furnier-Bett. Jeden Tag trug ich dort ein: Ruhepuls am Morgen, Distanz, Dauer, Ruhepuls vor dem Einschlafen. Am Ende einer jeden Woche übergab ich das Büchlein einem Trainer, der Roland oder Marcel hieß. Die schauen sich das nicht wirklich an, signierten es und ich war glücklich und zufrieden. Ich fuhr nicht Rennrad. Ich trainierte Rennrad. Alles war Training. Alles. Und das was nicht Training war, war Wettkampf. Nun gut. Nun ja. Heute bin ich fast 49 Jahre alt und ich habe vor lauter Digitalisierung die Handschrift fast verlernt. Hätte ich heute solch ein Büchlein, wäre das Schriftbild nicht mehr so schön wie da-

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mals. Ich muss nicht mehr trainieren. Ich will nicht mehr trainieren. Ich will laufen. Ich will mich quälen, ich will liebend gerne über Grenzen hinaus gehen, so sehr laufenderweise übertreiben, dass ich danach tagelang keine Treppe mehr hinabsteigen kann, weil meine Muskeln ein einziger Krampfstatus sind. Ende August laufen mein Kumpel Till und ich den Transalpine Run als Team. Senior Master Wertung. Gemeinsam sind wir über 100 Jahre alt und fit, weil wir beide viel laufen, viel in den Bergen herumrennen und uns auf diesen besonderen Wettkampf gut vorbereiten. Till spricht es neulich aus: „Hey Denis, wir trainieren dann schon noch so richtig auf den TAR, gell?“ Mhhh. Training. Da ist es wieder. Ich entkomme ihm nicht. „Mein lieber Freund Till, weißt du was? Wir sollten uns vielleicht sogar einen Trainingsplan machen lassen. Top 10 ist doch nur noch mit Training möglich!“ Bei einem Communityrun traf ich vor Kurzem einen netten Herrn um die 60, der mir, während wir in einer großen Laufgruppe Schulter an Schulter liefen, verriet, dass er keine Rennen laufen würde. Ab und an mal einen lokalen Trailrun. Ihm würde dieses „SchnellerBesser-Gen“ wohl komplett fehlen. Ihm ginge es darum fit zu sein und den Moment des Laufens zu genießen. Aber. Er hätte seit zwei Jahren einen Trainer, einen Trainingsplan und hätte sogar ein Premiumpacket, das beinhaltet, dass er einmal pro Woche ein Telefonat mit dem Trainer hat. All das wäre toll und wichtig für ihn, denn ohne dieses, zugegeben für ihn übertriebene Coaching, würde er vermutlich nicht laufen. Also garnicht. Nicht mehr. Er bräuchte diese Ansprachen, das Wissen, dass da jemand will, dass er besser wird, dass er rausgeht, dass er sich quält. Und ja, er würde auch seinem Umfeld, gerne erzählen, dass er trainiert. Hart nach Plan trainiert. Das wäre ok. Nun weiß ich auch nicht. Laufen? Trainieren? Sofa? Ich gehe raus. 1.000 Höhenmeter in 1 Stunde und 35 Minuten. Nennt das wir ihr möchtet.


NEUES AUS DEM ZIELBEREICH

Ein echter Renner ... ... war der Salomon Pulsar Trail Pro in dieser von Ciele gestalteten limitierten Auflage

Vom Bayerischen Wald bis Madeira – im April und Mai war bereits ganz schön was los zwischen Startschuss und Zieleinlauf.

IATF Ida Sophie Hegemann und Alexander Westenberger hießen die großen Gewinner der Königsdistanz einmal rund um Innsbruck. Während die North Face Athletin einen relativ ungefährdeten aber umso beeindruckenderen Start/Ziel Sieg feierte, konnte sich der Schamel Athlet erst im letzten Abschnitt gegen Christian Stern aus dem Stubaital durchsetzen. Andre Purschke (Dynafit) belegte Platz drei. Dank des Hauptsponsors Adidas Terrex waren auch internationale TrailGrößen, wie Abby Hall (1. 60K), Luis Alberto Hernando (3. 60K) und Petter Engdahl (1. K42) am Start. KAITERSBERG TRAIL Skyrunning im Mittelgebirge? Wenn das geht, dann beim Kaitersbergtrail im Bayerischen Wald. Auf der 35 Kilometer langen technisch fordernden Strecke machten bei den Männern die erfahrenen Lokalmatadoren das Rennen unter sich aus: UTLW Sieger Thomas Wanninger siegte auch beim zweiten Bayerwald-Trail Klassiker– hinter ihm Markus Mingo und Wolfgang Hochholzer. Mit Lisa Hamberger setzte sich auch bei den Damen eine Einheimische durch. Lisa Wimmer lief auf Rang zwei. Die Französin Cloe Prud`Homme komplettierte das Podium. MIUT Courtney Dauwalter und Jim Walmsley ließen nichts anbrennen und bestätigten mit ihren jeweiligen Siegen auf der Inseldurchquerung ihre Favoritenrollen– trotz eines sehr stark besetzten Feldes. Eva Sperger lief auf Platz 7. Aber auch auf den anderen Distanzen wurden beeindruckende Leistungen geboten. Besonders freute uns der Sieg von Kim Schreiber (München) über die Marathondistanz, der starke zweite Platz von Adrian Niski (Innsbruck) über die 60 Kilometer, sowie Platz zwei und drei von Moritz auf der Heide (Innsbruck) und Marcel Höche (Garmisch)– ebenfalls über 42 Kilometer.

Zumindest im markeneigenen OnlineStore nämlich waren gängige Größen bereits nach wenigen Stunden ausverkauft. Haben Trailrunner:innen also den besseren Geschmack? Der ebenfalls von der kanadischen Kappenmarke gestaltete Straßenschuh Phantasm ging nicht ganz so schnell weg. Schnell sind sie dennoch beide, sie gehören zur neuen Generation von Salomon-Schuhen, in die die reaktive Plattentechnologie Energy Plate verbaut ist. Die Kooperation von Salomon und Ciele zeigt: Große Marken tun sich auch weiterhin einen Gefallen damit, das coole Kapital der jungen Labels abzugreifen. Wir geben es zu: Wir fallen auf solche Marketingcoups gerne rein. Schöne Schuhe, gerade der dezent asymmetrisch gestaltete Pulsar Trail Pro.

Wir trauern um unseren Sportfreund

A L E X LU B I N A

der bei einem tragischen Unfall auf Mallorca ums Leben gekommen ist. Unsere Gedanken sind bei seiner Lebensgefährtin, seinem Sohn und der Familie. Ruhe in Frieden Alex!


NEWS&JOURNAL

PAPA FANTASTISCH

Foto: Jose Miguel Munoze

Wie macht der Mann mit dem Rauschebart das nur? Florian Grasel gehört zu den besten UltratrailLäufer der DACH-Region und wuppt dabei noch Familie und den eigenen Betrieb.

I N T E RV I E W

Florian „Trailbeard“ Grasel lief 2018 in die Top Ten beim UTMB und gewann ein Jahr später den GGUT, um nur die herausstechendsten seiner vielen Erfolge zu nennen. Als Vater von Zwillingen und Gründer einer Software Firma ist er aber auch abseits des Trails stark gefordert. Wir haben mit dem BOA Athleten unter anderem genau über diese Balance aus Leben, Arbeit und Sport gesprochen – wobei der Ultraläufer genau auf diese Reihenfolge besteht.

Lieber Flo, wenn man Deinen Spitznamen Trailbeard so hört, könnte man denken Du bist ein echter Berg-Eremit, ein wilder Freigeist der Trails. Dein oft genutzter Hash-

tag #lifeworktrailbalance zeigt eine andere Seite von Dir – die des Unternehmers und Familienvaters. Was stimmt? Ich hab den Hashtag #lifeworktrailbalance eigentlich für mich selbst „gemacht“. Er soll mich immer daran erinnern, dass ich die drei Bereiche (Life – Familie und Kinder, Work – meine Firma, Trail – meine Leidenschaft) immer in Balance halten / bringen muss. Klar wäre es manchmal super, als Eremit nur durch die Berge zu ziehen. Aber ich hab mir schon recht früh mein Leben, so wie es heute ist, ausgesucht und ich trage sowohl für meine Familie als auch für meine Mitarbeiter eine Verantwortung.

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Als meine Kinder auf die Welt gekommen sind, habe ich folgendes schmerzhaft festgestellt: Wenn ich gearbeitet habe, dachte ich ans Laufen. Wenn ich Zeit mit der Familie verbrachte, habe ich ans Arbeiten gedacht. Und beim Laufen drehten sich meine Gedanken um die Arbeit und die Familie. Ich war nirgends richtig bei der Sache! Und das hat mich zerrissen und unglücklich gemacht – daher der Hashtag: er soll mich selbst erinnern, dass ich mein Leben in Balance halten muss.

Du bist Ehemann, Vater von Zwillingen, leitest als Firmengründer ein ganzes Team und läufst nebenbei seit vielen Jahren auf al-


Herzlichen Glückwunsch zum fünften Platz beim IATF! Wie lief das Rennen für Dich und was steht diese Saison noch auf dem Plan? Danke. Das Rennen war für mich echt hart, weil ich für meine Verhältnisse viel zu schnell gelaufen bin. Obwohl ich 50 Minuten hinter dem Ersten war, bin ich aber dennoch sehr zufrieden. Ich hätte zwar auf keinen Fall schneller laufen können, aber im Ziel hatte ich trotz den 100 Kilometern noch das Gefühl, dass noch ein paar Kilometer drin gewesen wären. Das stimmt mich für die weitere Saison mit dem Eiger250 gemeinsam mit Tom Wagner (250km mit 20.000hm – das wird ein Spaß!) und meinem zweiten Highlight, dem UTMB, durchaus positiv. Du läufst für das BOA Trail Team. Warum ist ein BOA Verschluss am Trailschuh für Dich unverzichtbar? Und was ist Dein aktuelles Lieblingsmodell mit BOA? Es gibt viele offensichtliche Erklärungen. Das BOA Fit System funktioniert mühelos: Jeder, der schon mal mit klammen Fingern am Berg Schnürsenkel binden musste, wird das verstehen. Es ist schnell: Jeder, der schon mal nach 100km und kaputten Beinen einen Krampf hatte, weil er einen Stein aus dem Schuh entfernen musste, kann das nachvollziehen.Aber das wichtigste ist für mich der Halt. Vor allem die neue WrappingSchuhkonstruktion mit mehreren, den

Foto: Georg Krewenka

lerhöchstem Niveau: Wie schaffst Du das? Verrate uns bitte Dein Geheimnis. Ich möchte mit #lifeworktrailbalance definitiv kein falsches Bild von mir malen – es gibt (leider) kein Geheimnis oder Wundermittel, wie man alles unter einem Hut bringt. Das ist jeden Tag, jede Woche, jeden Monat harte Arbeit. Hier kommt mir wahrscheinlich zugute, dass ich eben auch gerne hart arbeite – vor allem an mir. Das ist natürlich auch oft Stress pur – aber ich liebe den Prozess! Ich weiß auch, dass es wie bei einem Ultra sowohl Höhen als auch Tiefen gibt – die habe ich auch (Gott sei Dank) gelernt, zu akzeptieren. Und was das Laufen betrifft: Da ist es sowieso einfach. Ich liebe es einfach, draußen unterwegs zu sein.

Wenn ich gearbeitet habe, dachte ich ans Laufen. Wenn ich Zeit mit der Familie verbrachte, habe ich ans Arbeiten gedacht. Und beim Laufen drehten sich meine Gedanken um die Arbeit und die Familie. Fuß umschließenden Paneelen - wie beim La Sportiva Cyklon, Terrex Agravic Pro und dem Speedland (auch meine aktuelle Wahl) - ermöglicht gemeinsam mit BOA eine perfekte Verbindung von Schuh und Fuß. Ich liebe technische Trails und da ist der perfekte Halt und Verlässlichkeit einfach das A und O. Ich möchte keine normale Schnürung mehr, wo man den meisten Druck und sozusagen auch die Schwachstelle auf einem Punkt – dem Knoten – hat.

Neben unzähligen anderen Finishs und Siegen bist du fünf Mal den

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UTMB gelaufen, einmal sogar in die Top Ten. Mittlerweile bist du über 40 jahre alt. Wir können uns daher kaum einen erfahreneren Ultraläufer vorstellen. Was ist der wichtigste Tipp, den Du jungen Athlet:innen, die gerade mit diesem Sport anfangen, mit auf den Weg geben würdest? Ich habe jetzt schon viele junge und talentierte Trailläufer kommen und leider auch wieder schnell gehen gesehen. Der wichtigste Tipp ist daher sehr banal und abgedroschen: Lasst Euch Zeit. Stürzt Euch nicht gleich auf die ganz langen Trails dieser Welt, weil diese prestigeträchtig erscheinen. Ohne Zweifel, euer Herz-Kreislaufsystem packt auch die langen Kanten, aber alles drumherum, wie Gelenke, Bänder, Knochen und auch der Hormonhaushalt brauchen leider sehr sehr lange, um sich auf solche Distanzen einzustellen. Problematisch ist, dass genau diese Systeme sich erst melden, wenn es zu spät ist und man dann aber leider jahrelang mit den Folgeschäden kämpft. Wir müssen nochmal deine Erfahrung ausnutzen und dich nach der Entwicklung der Szene fragen. Wie siehst Du die aktuelle und zukünftige Entwicklung des Sports? Auch mit Blick auf die derzeitigen Bestrebungen des UTMB? Wie so viele sehe ich das mit gemischten Gefühlen. Einerseits verknüpfe ich mit dem UTMB so viele unglaublich schöne Erfahrungen, andererseits stimmt mich die Kommerzialisierung unseres Sports natürlich auch nachdenklich. Aus unternehmerischer Sicht finde ich die Bestrebungen des UTMBs genial und auch für die ambitionierten Trailläufer von morgen ist das sicherlich auch durchweg positiv. Ich glaube es steht und fällt mit uns Läufern (vom Hobbyläufer bis zum Elite-Athleten) – wir dürfen einfach den Trailspirit nicht verlieren, unsere Liebe zum Sport, zur Natur und zur Gemeinschaft. Wenn wir das in Zukunft sowohl bei einem so kommerziellen Rennen wie dem UTMB, als auch beim eigenen FKT-Projekt vor der Haustür weiter verkörpern und den nächsten Generationen weitervermitteln, dann ist alles gut!


PRAXISTEST Trailschuhe Teil 2/2 Text: BENNI BUBLAK, CLEMENS NIEDENTHAL

Fotos: Christian Penning, Christian Heilwagen

RUNDE 2

In unserer letzten Ausgabe fande 24 Schuhe in den Praxistest, aber viele andere aktuelle Modelle kamen damals nicht rechtzeitig bei uns an. Jetzt sind alle da! Die Konsequenz – ein zweiter Teil, um am Ende zu sagen: "Wir sind 40 Trailschuhe gelaufen bis die Socken glühten!"

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Foto: Alexis Berg

DENIS WISCHNIEWSKI


Runde Zwei. Nachdem wir im letzten Heft 24 neue Trailschuhe getestet haben, folgen nun nochmal 16 Modelle. Mit 40 Testschuhen ist unser großer Jahres-Test damit auch genauso umfangreich, wie in den vergangenen Jahren. Klar: Adidas fehlte im letzten Heft. Mit dem Agravic Flow 2.0 und dem Agravic Pro bringt Terrex zwei neue Schuhe auf den Markt, die überraschend protektiv daherkommen. Am Ende fühlten wir uns im, vermeintlich einfacheren weil günstigeren, Flow doch wohler als im Pro. Auch Dynafit Schuhe suchte man im vergangenen Heft vergeblich. Mit dem Ultra 50 ist auch in diesem Heft nur ein Modell vertreten. Der spannendste Neuzugang im Hause der Bergspezialisten soll dieses Jahr der Sky DNA sein. Doch auf den speedigen Skyrunner müsst Ihr leider ein weiteres Heft warten. La Sportiva! Eine weitere Marke, die ihr vermisst haben dürftet. Neben dem schon einige Monate bekannten Cyklon mit BOA System, konzentrierten sich die Italiener dieses Jahr vor allem auf Neuauflagen ihrer Klassiker. Keine schlechte Idee finden wir. Wir haben den Akasha getestet, der genauso neu aufgelegt ist, wie der Ultra Raptor.

Weitere Neuheiten: Arcteryx erobern mit dem Norvan LD3 das Segment der voll-gedämpften Ultraschuhe, Inov-8 aktualisieren den bekannten Terraultra G270 und verpassen ihm einen neuen Namen, Scott bleiben mit dem Supertrac 3 ihren Kernkompetenzen treu und die finnische, aus dem Orientierungslauf kommende, Marke VJ probiert sich erstmalig am Segment der Ultratrailschuhe aus. Schuhe einordnen, Schuhe charakterisieren und Leser:innen dieses Magazins navigieren zu ihrem ganz persönlichen „Best Case Schuh“… Das war analog zu Teil eins auch dieses mal unsere Leitlinie. Unser Siegel System kommt wieder zum Einsatz und soll grob die erste Orientierung bieten. Im jeweiligen Test-Text, geht es dann ans Eingemachte, an die Details. Und hey, wem das nicht reicht, dem sei unser Club-Abo und das Club Menu auf unserer Homepage empfohlen. Hier gibt es noch mehr Details zu den neuesten Schuhen- in Form eines Webinars. Aber jetzt erstmal, viel Spaß beim Lesen. Und später natürlich, beim Laufen.

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SPEED

REPORTAGE PROFI PRAXISTEST Trailschuhe TRAILRUNNER Teil 2/2

ULTRA KOMFORT

ALPIN

ADIDAS Terrex

ADIDAS Terrex

200 Euro Agravic Pro

Uih. Der sieht verschärft aus. Dieser Schuh macht direkt und unvermittelt aus der Box heraus viel Eindruck. Schwarz mit ein wenig Magenta und Cyan, aber nur so dezent knallige Farbe, dass er am Ende als schwarzer Schuh gelten darf. Gefällt mir definitiv. Auch die Silhouette, das Design. Auffällig ist natürlich zunächst das BOA Fitting System, das hier den Part der Schürung übernimmt und nochmehr – in und mit dem Schuh ein Gesamt-Konzept bildet. Praxis: wir tragen den Agravic BOA heute bei einem 20 Kilometer Trail, der als durchSprengung aus alpin gelten darf. Im ersten langen 4 mm Anstieg bin ich sehr angetan vom Verhalten des Schuhs, denn der AbGewicht druck ist herrlich direkt und auch im 320 Gramm (M) technischen Trail findet der Vorfuß 280 Gramm(W) sicher seinen Tritt. Ich fühle mich gut aufgehoben und steige 1.000 Höhenmeter auf den Gipfel. Auch der erste kleine Downhill ist kein Problem für ihn, denn die Aussensohle von Continental greift auch nach langen Regentagen in dieser Region zu 100% zu. Etwas schwieriger wird es im steilen und langen Abstieg, denn die steife Sohlenkonstruktion untersagt mir den Untergrund so zu erfühlen, wie ich es gerne hätte und gibt etwas zu sehr die Laufbewegung vor.

140 Euro Agravic Flow 2.0

Neben den beiden Modellreihen Speed und Two steht die Agravic-Reihe bei Terrex inzwischen für die stabileren, auch alpineren Schuhmodelle. Der Flow 2.0 reiht sich da hervorragend ein, auch wenn er nicht mehr viel mit dem Vorgänger gemein hat. Während der alte Agravic Flow mit Boost Dämpfung ein weicher, flexibler Schuh fürs einfache Gelände war, ist der 2.0 deutlich stabiler und robuster unterwegs– ja der Name Flow fast schon ein wenig irreführend. Die Lightstrike-Dämpfung ist mit einer Kunststoff Platte verstärkt, die viel Stabilität und Sprengung Schutz mitbringt. Der Schuh läuft sich 4 mm dadurch relativ direkt, aber durchaus auch im Flachen mit Dynamik und Gewicht Vortrieb. Trotz seines auf dem Papier 320 Gramm (M) hohen Gewichts (320g) vermittelt er 300 gramm(W) Lauffreude und fühlt sich subjektiv deutlich leichter an. Seine Stärken hat er aber vor allem im rauen Gelände. Gerade dort fehlte uns im Terrex-Sortiment bis dato ein Modell. Der Flow 2.0 füllt diese Lücke. Beim exzellenten Fit des Schuhs und der exzellent performenden klassischen Schnürung spielt Adidas sein ganzes Know-How aus. Anfängliche Bedenken, dass das Material an Ferse und Schaft zu fest ist, lösten sich beim Laufen in Wohlgefallen auf. Zusammen mit den ausgeprägten Protektionselementen gibt einem der Schuh viel Sicherheit und Selbstvertrauen im schroffen Gelände.

Fazit: Der mit alpinen Fähigkeiten ausgestattete Agravic BOA hat Grip, Protektion und Durchschlagsschutz, aber lässt wenig Dynamik zu und auch die Dämpfung gibt nach einer gewissen Dauer zu wenig zurück. Ein Tipp für Speed-Hiker ist er allemal.

Fazit: Ein robuster Trailrunningschuh (nicht nur) für raues Terrain, der sich von Grip bis Passform keine Schwächen erlaubt.

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Move, discover, connect and explore. Scramble, climb and breathe. Commit. Run. Push. Send. Reach. Focus. Descend. Reflect. You are made to go further, faster, In whatever way you choose.

MONTANE.COM


ALLROUND ROULEUR PRAXISTEST Trailschuhe Teil 2/2 SPEED

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149,95 Euro Lone Peak 6

Im ersten Teil unseres Schuhtests hatten wir uns quasi mit der Zukunft von Altra beschäftigt. Hatten mit der Neuauflage des Timp einen komfortablen Allrounder auch für alljene vorgestellt, die bisher dachten, dass ein Nullsprengungsschuh nichts für sie sei. Und waren begeistert vom sehr technischen und präzisen Ultraschuh Mont Blanc. Diesmal beschäftigen wir uns mit dem in seiner Unkonventionalität wohl konventionellsten Altra-Modell: dem Lone Peak. Ein Schuh mit Fans, ja eingeschworene Jünger:innen. Das wissen auch die US-Amerikaner, wesweSprengung gen die Veränderungen zur sechsten 0 mm Generation zart ausgefallen sind: Ein paar Nähte sitzen anders, die Lasche Gewicht an der Ferse verläuft jetzt horizontal, 300 Gramm (m) nicht vertikal. Am Fuß sitzt er gemüt248 Gramm (w) lich, die Passform ist weit, nicht nur im Vorfuß, lässt sich nun aber wirkungsvoll justieren und gut an den Fuß bringen – das ist die tatsächliche und begeisternde Neuerung des Lone Peak 6, vor allem für Läufer:innen mit schmaleren Füssen. Die Dämpfung ist fast buttrig, doch aufgrund des flachen Stands nie instabil. Seine Stärken hat der Lone Peak, wenn er mit dem Gelände spielen kann. Es gibt wenige so effektiv gedämpfte Schuhe, die einen so direkten Bodenkontakt vermitteln. Schwächen? Die fehlende Dynamik und der nur durschnittliche Grip der hauseigenen Außensohle.

159,95 Euro Norvan LD3

Manche Trailschuhe, so unsere langjährige Testerfahrung, funktionieren am besten, wenn man sie gegen ihre eigentliche Bestimmung benutzt. Der Norvan Long Distance war in seiner zweiten Generation so ein Kandidat. Knochentrocken abgestimmt, wollte man ihn eher nicht für lange, zumal laufbare Distanzen hernehmen. Dafür gefiel er uns im technischen, alpinen Terrain überraschend gut. Der alte Norvan LD saß präzise am Fuß und trug sich dennoch bequem. Er war überzeugend leicht und sehr technisch verarbeitet, aber doch ein kompletter, auch hinSprengung reichend robuster und stabiler Schuh. 6 mm Und die in der Litebase-Variante verbaute Vibram-Megagrip-Sohle ist ohGewicht nehin über jeden Zweifel erhaben. Die 265 Gramm (m) gute Nachricht: All diese Tugenden hat 250 Gramm(W) sich die dritte Generation bewahrt. Die zweite gute Nachricht: Der neue Norvan LD ist jetzt auch noch komfortabel, ja richtiggehend weich. Wobei es die noch einmal softere und sehr präsente Ferse eher nicht gebraucht hätte. Überhaupt absorbiert die konventionell aufgebaute Mittelsohle Aufprallenergien eher, als dass sie sie neuerlich in Vortrieb verwandelt. Gemütlich und komfortabel kann dieser Kanadier gut, Tempolaune entwickelt er aber kaum. Fazit: Der Norvan LD3 ist in vielen seiner Charaktereigenschaften (Verarbeitung, Tragegefühl, Gewicht, Grip) so überzeugend, dass wir ihm eine zeitgemäße, dynamischer rollende Mittelsohlenkonstruktion gewünscht hätten.

Fazit: Breiter Stand, flache Sprengung: der Lone Peak interpretiert die Natural-Running-Idee komfortabel und mit Gefühl für den Trail. Verbesserter Fit!

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ALLROUND

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170 Euro Trailfly G270

Zugegeben, ich war dann doch überrascht und darf sagen, dass ich nun ein Fan des neuen Trailfly G270 (vorher Terraultra G270) bin. Ein echter Trailschuh, ein Schuh, der mit dem Gelände spielt, am Untergrund haftet und zudem richtig schön rollt. Letzteres liegt wohl an der großen Neuerung im Vergleich zum vorgänger: Der POWERFLOW MAX genannten Mittelsohle. Dass der Schuh eine 0-mmSprengung hat muss erwähnt werden, aber wirklich bemerkt habe ich das nicht, obwohl ich eher von Modellen komme, die bei 4-8 mm Drop liegen. Sprengung Der Trailfly liegt an Ferse und Mittel0 mm fuß präzise an, am Vorfuß lässt er alle Freiheiten. Die klassische Schürung Gewicht arbeitet effektiv und man kann durch 270 Gramm (M) sie auch partiell den Schuh an den Fuß binden. Im technischen Revier, auf Wurzel- und Felsentrails, wirkt der Engländer agil, findet ganz bestimmt und sicher seinen Tritt und die Außensohle beeindruckt durch einen Grip, der für viel Selbstbewusstsein und mutiges Laufen sorgt. Ob dieser Schuh nun ein ausgesprochener Ultralaufschuh ist, hat sicher auch damit zu tun, wie sehr man auf langen Kanten nach massiver Dämpfung sucht. Wer also bereits Praxiserfahrung mit Zerodrop-Schuhen hat und mit einer straffen Dämpfung zurecht kommt, wird auch auf Strecken jenseits der 40 oder 50 Kilometer bestens klar kommen. Fazit: Ein rundum gelungener Trailschuh für viele Einsätze auf echten Trails, aber auch für flache Passagen.

CRAFT

249,95 Euro CTM Ultra Carbon 2

Alle jene, die auf den sozialen Medien dem US-Starläufer Tommy Rivs folgen, wird dieser Schuh längst ins Auge gefallen sein, denn er läuft darin und war an der Entwicklung beteiligt. Das Update hat nun den Weg in die Redaktion gefunden und meine Meinung ist wie beim Vorgänger eindeutig - der CTM Ultra Carbon 2 ist kein Trailschuh! Das meine ich nicht böse, sondern es ist eine nüchterne Feststellung. Sein Aufbau, die Gesamtkonstruktion und auch der eher dezente Grip der Außensohle tut sich im Gelände schwer. Es tut hier auch nicht Not, breit zu Sprengung beschreiben was dieser Schuh von 10 mm Craft auf schweren Trails nicht kann, denn der Hersteller selbst sagt, dass Gewicht dieser Schuh kein Trailschuh, son265 gRAMM (M) dern eher ein Tänzer zwischen Trail 225 Gramm (W) und Straße ist. Was bleibt? Vieles! Man muss wohl, würde man Vergleiche zum Radsport ziehen, von einem ziemlich leichten und schnellen Race-Gravelbike sprechen. Der CTM Ultra Carbon treibt mit seiner Carbonplatte in der Mittelsohle zum Tempo an, bringt einen dank der üppigen Dämpfung mit Komfort auch über lange Distanzen und ist ein typischer Race-Ultra-Schuh für Landschaftsläufe. Noch dieses Jahr soll ein reinrassiges Trail-Modell von Craft auf den Markt kommen. Fazit: Für Rennläufer, die einen schnellen, innovativen Schuh für einfache Trails und Straße suchen. Flinke Menschen, die mit ihm bei Rennsteiglauf oder Herrmannslauf in die vorderen Ränge laufen.

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ALLROUND

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REPORTAGE Crossing PRAXISTEST Trailschuhe Germany Teil 2/2 ALLROUND

ROULEURULTRA KOMFORT SPEED ALPIN

ULTRA KOMFORT

ALPIN

DYNAFIT

MIZUNO

140,00 Euro Ultra 50

150,00 Euro Wave Daichi 7 GTX

Alles für die Bergausdauer, müsste das Motto von Dynafit sein, denn mit dem ULTRA 50 öffnet Dynafit weiter die Tür in die Welt der Ultratrails. Die dürfen im ULTRA 50 gerne alpin sein, aber eben doch nicht allzu technisch, denn der Schuh ist zu Beginn noch straffer, nach einigen Testkilometern aber überraschend weich, soft und flexibel gelaufen. Das macht auf Wurzeltrails und Forstwegen verdammt viel Spaß und bietet verdammt viel Komfort. Nahe dem „Hausschuhfeeling“ rennt man sehr sicher und mit viel Vertrauen in die griffige Aussensohle durch das Sprengung Gelände. 8 mm Der Ultra 50 kann Ultra, er kann lange und bietet sogar breiten Füßen genug Gewicht Raum. Schmale Füße müssen an der 290 Gramm(M) klassischen Schürung etwas länger ziehen, um stabil und sicher im Schuh zu stehen. Fazit: Der ULTRA 50 ist einer der bequemen und weichen Langdistanz-Trailschuhe, die echte Allroundfähigkeiten haben und auch als Door-To-Trail-Modell im Alltag funktioniert. Für technisches Terrain ist er zu wenig straff, zu wenig direkt. In jedem Fall istb er eine Punktlandung der Südtiroler, um künftig ihre vielfältige Kundschaft auf die Trails zu bitten. Im Zusammenhang mit dem ULTRA 50 muss man übrigens garnicht so sehr den Begriff „Ultra“ verwenden, sondern einfach von einem gelungenen, vielseitigen Trailschuh sprechen.

Verkehrte Welt bei Mizuno: Während andere Hersteller zunehmend Kunststoffplatten verbauen, um (mehr oder weniger erfolgreich) an einem reaktiveren Laufgefühl zu feilen, verabschieden sich die Japaner bei bestimmten Modellen von ihrem einstigen Alleinstellungsmerkmal: der Wave-Technologie. Der Wave Daichi zumindest verzichtet in seiner siebten Auflage erneut auf besagte Kunststoffkonstruktion im Fersenbereich. Dämpfung und Dynamisierung erfolgen nun über eine ganz konventionell geschäumte Mittelsohle. Wobei: Eine Dynamisierung Sprengung erfolgt nicht wirklich, immerhin läuft 8 mm sich der um mehr als zehn Prozent leichter gewordene Schuh aber nicht Gewicht ganz so weich und vor allem weniger 300 Gramm(M) schwammig als die Vorgängergenera274 gramm(W) tion. Für technische Trails ist der ohnehin noch nie alpine Daichi dennoch nicht gemacht, auch weil die von Michelin zugelieferte Außensohle einmal mehr enttäuscht. Überzeugen können einzig die hochwertige Verarbeitung des monochrom gestalteten Oberschuhs und die konventionelle, aber bequeme mittelweite Passform. Das als stretchig beworbene Obermaterial können wir zumindest der von uns getesteten Gore-Tex-Variante nicht attestieren, was wohl der weniger flexiblen Membran geschuldet ist. Apropos: Nicht wasserdicht läuft sich der Daichi atmungsaktiver und 20 Euro günstiger.

Fazit: Wer für lange Trails einen soft-gedämpften Schuh sucht, der dennoch Stabilität für anspruchsvolles Gelände und unebenen Untergrund bietet, muss den ULTRA 50 in seine Auswahl einbeziehen.

Fazit: Gut verarbeiteter und wetterfester Wald-undWiesenschuh mit konservativer Laufdynamik und zu wenig Grip und Halt im fordernden Terrain.

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ALLROUND ROULEUR SPEED

ULTRA KOMFORT

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ECCO

139,95 Euro Biom 2.1 X

ICEBUG

189,95 Euro Sisu RB9X

Die älteste Marke in unserem Test? Nun, so alt wie Adidas ist Ecco nicht. Und auch François Salomon hat in Annecy bereits ab 1947 Skibindungen hergestellt. Dann aber kommt die 1963 gegründete, dänische Bequemschuhmarke. Und ja, wirklich bequem ist der hochwertig gearbeitete Biom 2.1 X. Der elastische Innenschuh gefällt, genauso die stabilisierende Führung an der Innenseite der Ferse. Am Ende des Tages bleibt der Biom aber ein Trailwalker, ein schicker Begleiter für die Panoramarunde am See. Nur, dass wir uns nicht falsch verstehen: Ecco ist nicht Sprengung wie andere Trekking- und Lifestyle8 mm marken daran gescheitert, einen wirklichen Trailschuh zu bauen. Sie haben Gewicht es gar nicht erst versucht. Sie haben 420 gramm(m) stattdessen das verlässliche Ecco-Ge355 gramm(w) fühl auf einen Schuh übertragen, der halt ein wenig robuster, ein bisschen agiler und ein, zwei Nuancen sportiver ist. Ein solider Schuh für lange Tage draussen. Nur fühlt sich der Biom beinahe noch schwerer an, als es die 470 Gramm des Testschuhs (Größe 46) bereits vermuten lassen. Das meiste Gewicht sitzt dabei in der steifen, nur im Zehenbereich flexiblen Sohle. Immerhin ist diese so breit aufgestellt, dass der Biom X einen stabilen Tritt und einen relaxten Stand garantiert. Die komfortabel-stabile Dämpfung ist einem eher langsamen Tempo angemessen. Das unaufgeregte, durchaus schicke Design qualifiziert den Biom als alltäglichen Begleiter.

Und nun zu einem sehr speziellen Schuh, der vor ein paar Jahren noch gar nicht so speziell gewesen wäre. Damals, als minimalistische, stollige, und in Passform und Dynamik vom Racing Flat abgeguckte Trailschuhe spätestens im britischen Fell Running noch State of the Art waren. Heute muss man bei den Begriff Racing Flat schmunzeln, ja lauthals lachen, weil längst gerade die Wettkampfschuhe längst die beefigsten Sohlen haben. Heute schicken die schwedischen (Winter-)Grip-Perfektionisten von Icebug den Sisu ins Rennen, der in benachbarten DisSprengung ziplinen wie dem Orientierungs- oder 4 mm Crosslauf viele Fans finden wird – und der auch bei sehr spezifischen TraiGewicht laufgaben richtig Spaß machem kann. 240 Gramm(M) Vorausetzung: Es wird schnell, haken210 Gramm(W) schlagend, unwegsam und weich. Das Pfund des Sisu ist die Kombination einer in alle Richungen extrem flexiblen, sehr direkten, ja beinahe ungedämpften Mittelsohle mit einem phantatisch präzise agierenden Boa-System. So wird dieses Ballettschläppchen von einem Trailschuh zur direkten Verlängerung des Fußes. Und die Kraft und Flexibilität eines menschlichen Fußes ist, wie wir ja wissen, spektakulär. Gewohnt großartiger Grip und spikeähnliche Passform, dank des sehr soften Obermaterials und des den Druck perfekt verteilenden Boa-Systems sitzt der Sisu aber angenehmer und gleichzeitig viel präziser als ältere Querfeldein-Racer der Schweden.

Fazit: Entspannter Trailwalker mit modischen Ambitionen. Herrlich bequem, aber viel zu schwer.

Fazit: Schuh für kurze, knackige Sachen und sehr spezielle Anwendungsgebiete – dort aber überzeugend.

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ULTRA PRAXISTEST TIPPS 7 Wintertipps Trailschuhe Teil 2/2

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LA SPORTIVA

LA SPORTIVA

155,00 Euro Akasha 2

Die familiengeführte Marke La Sportiva aus dem Val die Fiemme hat ihre Traditionen. Und so bleibt man auch seinen Trailrunning-Modellen treu, anstatt jedes Jahr das Sortiment komplett umzukrempeln. Der Helios, der Bushido und der Ultra Raptor sind alle noch in aktualisierten Versionen verfügbar. Nun hat man auch dem beliebten Ultratrailschuh Akasha ein Update gegönnt. Das Original aus dem Jahr 2015 hat schließlich auch schon einige Jahre auf dem Buckel. Machen wir es kurz: Wer den Akasha kennt und liebt, wird auch mit der zweiten Version seine Freude Sprengung haben. Der Schuh ist im großen und 6 mm ganzen derselbe geblieben, mit ein paar kleinen Verbesserungen: Die SchnüGewicht rung und deren Handling wurde ver310 Gramm (M) bessert, das Obermaterial angepasst 260 GRAMM(W) (es bleibt robust, wurde aber flexibler) und die Dämpfung durch eine zusätzliche EVA Schicht mit einem Tick mehr Komfort und Dynamik ausgestattet. Ein wenig leichter ist er auch geworden. Der Akasha 2 ist ein sehr bequemer Schuh (dicke Zunge, angenehmer nicht zu enger Fit), bewahrt sich aber eine gewisse Direktheit, um auch im schwierigen Gelände zu bestehen. Der Grip und die Protektion sind jeweils ausgeprägt und hochfunktional. Neben den ganzen (großartigen) neuen Technologien und super-soften Schäumen, haben wir uns über dieser Trailschuh der alten (aber guten) Schule, sehr gefreut.

169,00 Euro Cyklon

Der Cyklon war neben dem VK BOA der erste Schuh mit der neuen BOA Wrapping Konstruktion, wie sie inzwischen auch beim Adidas Agravic Pro oder dem Speedland verarbeitet ist. Erst durch diese seitliche Schnürung („Dynamic Cage“ genannt), die über drei Paneele den Mittelfuß bombenfest fixieren zu vermag, spielt die BOA Schnürung endgültig ihre großen Stärken aus. So kann man für den Uphill einen leicht lockeren Fit wählen und am Gipfel einmal kurz runtergreifen, um den Fuß mit einer kurzen Handdrehung für den Downhill zu fixieren. Dies Sprengung beherrscht der Cyklon perfekt. Apro7 mm pos Gipfel. Das ist das Gelände, in dem sich der Cyklon zu Hause fühlt. Die Gewicht Knöchel umschließende Gamasche, 315 gramm(m), der präzise Fit und auch die hervorra260 gramm(w) gend zupackende Frixion-Außensohle prädestinieren ihn für das alpine Gelände. Nur ein wenig mehr Schutz, also eventuell eine Platte in der Zwischensohle, hätten wir uns für rasante Skyrunnng-Abenteuer gewünscht. So aber bleibt der Schuh wunderbar flexibel und die Dämpfung liefert einen milden Komfort, der mittlere Distanzen bis zum Marathon, höchstens 50 Kilometer, auf jeden Fall erlaubt. Gleichzeit bleibt der Schuh aber sehr agil und ist dadurch, trotz seines eher höheren Gewichts, auch für speedige Unternehmungen absolut geeignet. Fazit: Ein schwarz gelber Hingucker für vertikale Abenteuer, der seine Kern-Attribute aber nicht auf die Spitze treibt und dadurch auch auf nicht alpinen Pfaden eine gute Figur macht.

Fazit: Wer einen komfortablen, gut gedämpften Ultratrailschuh sucht, der nicht zu soft und vor allem nicht zu indirekt ist, sollte beim Akasha 2 genau hinsehen.

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ALLROUND

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149,95 Euro Trinity AG

Dieses neue Modell von Columbia Montrail war nicht unbedingt der Schuh, um den sich alle Tester:innen in der Redaktion gerissen haben. Die vielen gummierten Elemente verwirrten genauso wie das, nun ja, progressive Design. Doch einmal am Fuß und mit auf den Trail genommen, verbesserten sich die Emotionen gegenüber des Trinity AG zusehends. Dieses Modell ist definitiv sehr komfortabel. Das sehr weich gepolsterte Obermaterial sorgt für ein wohliges Tragegefühl, bei gleichzeitig gut sitzender Passform. Die Ferse ist sehr bequem gearbeitet, sitzt aber stabil, geSprengung nauso wie der Mittelfuß. Für letzteres 8 mm sorgt ein in letzter Zeit auch bei anderen Herstellern gesehener Riemen, der Gewicht den Fuß über die Schnürung unabhän290 Gramm (M) gig vom restlichen Obermaterial fixiert. 240 Gramm(W) Beim Trinity war dieser zunächst recht deutlich zu spüren und bereitete uns etwas Irritationen, die sich später aber legten. Die Zunge ist sehr komfortabel gepolstert, der Vorfuß breit und volumig. Die Dämpfung ist weich und kommod, ohne dadurch an Dynamik einzubüßen. Das Laufverhalten gefiel uns daher sehr gut. Durch den breiten Leisten, mit der nochmal betont breiteren Ferse läuft sich der Schuh sehr stabil und rollt erstmal alles weg. Wer aber denkt, dass der Schuh dadurch undynamisch wird, irrt. Auch im trailigen Downhill fühlten wir uns gut aufgehoben. Fazit: Komfortabler Ultratrailschuh für lange Distanzen. Auch Liebhaber von Hoka-Schuhen, die mal ein wenig näher am Boden stehen möchten, könnten hier fündig werden. .

SCOTT

139,95 Euro Supertrac 3

Das ist ein Trailschuh. Kein Door-to-Trailschuh, kein Ultratrailschuh und kein Skyrunning-Schuh. Kein Racer und auch kein ausgeprägter Rocker. Nein, ein Trailschuh. Diese Feststellung ist bedeutsam, weil der Supertrac noch vor sechs, sieben Jahren examplarisch für die Talente gestanden hätte, die in diesem Sport zählten: Grip, Stollen, Stabilität. Ein Schuh für Fels, Wald und Wiese. Aber eben einer, der die Asphaltkilometer bis dorthin eher stoisch nimmt, als lustvoll meistert. Macht aber nichts, weil Scott, etwa mit dem weniger profilierten Kinabalu Ultra, Sprengung auch Schuhe für längere und variable8 mm re Distanzen im Portfolio hat. Und weil es andererseits noch immer diese StreGewicht cken sind, die Trailrunning für viele 320 Gramm(M) von Euch ausmachen: mittlere Distanz, 290 GRAMM(W) mittleres Tempo, viele Höhenmeter, technische Passagen, unterschiedliches Terrain. Hier punktet der Supetrac mit ausgeprägtem Profil, das gerade auf weichen, aber auch nassen Böden begeistert. Und mit einer breit ausgestellten und stabilen, aber hinreichend flexiblen Mittelsohle, die Trittsicherheit vermittelt und den Untergrund adaptiert. Sie rollt auch komfortabel, Dynamik entwickelt sie aber kaum. Das überarbeitete Upper ist überzeugend protektiv und in Grenzen sogar wasserabweisend. Ferse und Zunge sind üppig gepolstert, eine vernähte Lasche hätte einem präziseren Fit aber gut getan. Bequem trägt sich der indes etwas zu schwere Supertrac allemal. Fazit: Trailallrounder mit der Betonung auf Trail. Robust, zupackend und überzeugend grob bereift.

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SPEED ALLROUND

PRAXISTEST Trailschuhe Teil 2/2

ULEUR

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SAUCONY

VJ

165,00 Euro Xodus Ultra

179,00 Euro Ultra

Saucony begeistert uns in diesem Jahr. Und das, obwohl der auf den Herbst datierte Carbonplattenschuh Endorphine Edge noch nicht einmal in der Redaktion angekommen ist. Hatten wir uns im vergangenen Heft darüber gefreut, dass der Peregrine 12 ein dynamischer und spielfreudigerer Schuh geworden ist, ist der Xodus, der in seiner ebenfalls 12. Ausgabe nun Xodus Ultra heißt, fast nicht mehr wiederzuerkennen. Fast, weil wir dennoch glauben, dass alle Xodus-Fans auch die um spektakuläre 15 Prozent leichter gewordene Neuauflage lieben werden. Mit dieser Sprengung Ausnahme: Der softe und deutlich re6 mm aktivere PWR-Schaum macht den Xodus Ultra überraschend lauflustig und Gewicht komfortabel, nimmt ihm aber auch ein 293 Gramm(M) Stück jener Stabilität, den gerade ge262 GRAMM(W) mütlichere Ultraläufer:innen an den Vorgängern geschätzt haben. Auch im technischen Gelände kann es nun schwammig werden – trotz der effektiven Rockplate und dem weiterhin flachen und konkreten Stand. Das war es aber schon mit der Kritik. Der Oberschuh sitzt sockenartig, stabil und reibungslos am Fuß und hat bei konventioneller Passform genügend Bonusraum für lange Distanzen. Die merklich profilierte Außensohle findet einen Kompromiss für viele Untergründe, schwächelt auf Nassem, gerade nassem Asphalt aber weiterhin ein wenig. Einen Schönheitspreis gewinnt der Xodus Ultra eher nicht.

Dieser Schuh ist das erste Ultratrail-Modell der finnischen Orientierungslauf-Spezialisten von VJ. Die wenigen Modelle die wir bisher von VJ testeten, machten vor allem beim Grip keine Gefangenen. Der Butyl Rubber klebte förmlich an allem, was sich ihm in den Weg stellte. Der Ultra ist da keine Ausnahme. Auf Asphalt ist der Gummi ungewöhnlich laut, aber dafür sind VJ-Schuhe auch nicht gemacht. Die EVA-Dämpfung ist durchaus komfortabel, wenn auch mit Luft nach oben, Dynamik und Lauffreude betreffend. Wie bei allen anderen VJModellen vermittelt das Obermaterial, Sprengung bestehend aus super robustem Kevlar, 6 mm viel Stabilität und das Vertrauen, sehr langlebig zu sein. Allerdings hatten wir Gewicht etwas Probleme mit der Passform. Für 265 Gramm (M) einen Ultraschuh ist der VJ Ultra vorne 242 Gramm(W) äußerst schmal – vor allem im Bereich des kleinen Zehs. Wir empfehlen VJ-erfahrenen Läufer:Innen, den Ultra eine halbe Größe größer zu wählen. Aber auch sonst vermochte uns die Passform des Schuhs nicht zu überzeugen. Zwar ist der Fersenhalt exzellent, im Mittelfuß hätten wir uns allerdings einen etwas stabileren Zugriff und vorne, wie gesagt, mehr Platz gewünscht. Während der VJ Maxx und der VJ Spark uns vollends überzeugten, scheint der Ultra doch etwas zu weit weg von den Kernkompetenzen der Finnen (Speed und Agilität im Offtrail-Bereich). Wir sehen also Verbesserungspotenzial.

Fazit: Ein komfortabler, lauflustiger Ultraschuh funktioniert also auch ohne Rockergeometrie und sandwichdicke Sohle – grundlegendes Update eines Klassikers.

Fazit: Der VJ Ultra ist ein stabiler aber dennoch leichter Ultratrailschuh für Grip-Fanatiker– mit leichten Schwächen bei Passform und Dynamik.

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ALLROUND

ALLROUND

ALLROUND ROULEUR OUND ROULEUR

ROULEUR SPEED

PEED

RT SPEED

PIN

Ein leichter und dynamischer Schuh für ULTRA die schnellen und kurzen Trails.

SPEED ALLROUND

KOMFORT ULTRA ROULEUR

Straße. Forstweg, alpiner Trail. Dieser Schuh ist kein Experte, meistert aber alle Untergründe sehr souverän.

ULTRA

50 bis 100 Kilometer oder sogar 100 ULTRA Meilen sind für diesen Schuh kein ProbKOMFORT lem.

KOMFORT ALPIN

Stabilität und Schutz sind Kernkompe-

tenzen dieses Schuhs. Er ist im rauen und ALPIN ULTRA technischen Gelände zu Hause.

ALPIN KOMFORT ALLROUND

In diesem Schuh fühlst du dich richtig wohl. Eine weiche Dämpfung und ein bequemer Fit zeichnen ihn aus.

ROULEUR ALPIN

Du willst es in der Ebene oder welligen Gelände schön rollen lassen? Dieser Schuh bekommt das besonders gut hin.

SPEED

ULTRA KOMFORT

Seit Ende März testet die TRAIL-Redaktion nun Schuhe für diesen zweiteiligen Praxistest. Die manchmal unterschiedlichen Meinungen in einen Text zu bringen ist oft schwer, aber möglich.

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GIRLSTALK Barbara Poxleitner

Wir haben Barbara nach ihrem klassischen Alltag gefragt. Ganz selbstverständlich für sie ist, dass es keine Ausreden gibt. „Ich höre von meinen Hotelgästen so oft, dass sie keine Zeit haben für Sport, sie so lange arbeiten müssen und es nicht schaffen. Aber ich bin der Meinung, dass es jeder schaffen kann, wenn man es nur wirklich will. Natürlich muss man Kompromisse eingehen, aber das ist ja überall so. Mein Tag beginnt meist um 5, manchmal steht auch eine 4 davor. Dann schleiche ich mich aus dem Schlafzimmer und freue mich auf eine kurze Yoga-Einheit und einen ruhigen Lauf.“ Diese Zeit hat sie nur für sich, bevor es Zuhause ans Organisatorische geht. Brotzeit und Kaba herrichten, ihr Haferbreimüsli

Text: MARIE MEIXNER-BRUNNHUBER Fotos: MICHAEL RACKL, PRIVAT

Die Bergziege...

... so ruft man sie im Bayerwald. Barbara Poxleitner organisiert einen straffen Alltag mit vielen Ritualen und meistert nebenbei ein ambitioniertes Läufer-Leben. Wie man Familie und Sport unter einen Hut bekommt, beweist sie Tag um Tag. Es geht weiter mit dem Girlstalk. Wir haben überwiegend positives Feedback bekommen. Von Frauen und auch Männern. Und deswegen wollen wir Euch wieder mit einer beeindruckenden Frau inspirieren, die viel Freude an unserem Sport hat und im wahrsten Sinne kinderleicht Sport und Alltag meistert. Was dahinter steckt und wie unsere Protagonistin mit akribischer Planung und vielen Ritualen ihren Tag durchlebt, hat uns besonders beindruckt. Wir sprechen diesmal von und mit Barbara Poxleitner, auch „Bergziege“ genannt, aus dem Bayerischen Wald. Klingt komisch, aber zum Laufen kam sie tatsächlich aus Zeitmangel, denn die 3-fach-Mutter war früher auf dem Mountainbike unterwegs, fuhr bei regionalen Rennen auch mal 24 Stunden lang. „Mit den Kindern wurde es einfach zu zeitaufwendig und so schnürte ich immer öfter meine Schuhe und konnte so auch mal nur 15 Minuten rauskommen. Mit dem Rad fährt man da nicht mal los.“ Schnell wurde es immer ambitionierter, es machte mehr Spaß und auch die Kinder konnten im Babyjogger oder mit dem Laufrad mit dabei sein. Im Lockdown kam dann noch die Fitnesstrainer-Lizenz dazu, die sie sich meist in den Abendstunden erarbeitet hat. Und nun ist die sympathische Mutter neben ihrem klassischen Job als Erzieherin auch noch in einem Sport/Wellness-Hotel als Trainerin im Einsatz. Man möchte meinen, der Tag müsste 30 Stunden haben, damit da auch wirklich alles unter einen Hut passt. Arbeit, Familie, und achja, der Sport, das Laufen. Aber darüber kann Barbara nur lachen, denn mit einem sehr strukturierten Tagesablauf und eiserner Disziplin bekommt sie alles wirklich beindruckend leicht gewuppt.

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mit Früchten kochen. „Bis alle versorgt und im Sommer auch noch mit Sonnenschutz eingecremt sind, geht da schon einmal eine Stunde drauf.“ Die Kinder verlassen dann um 7 das Haus und gehen in die Schule, dann wird noch der Haushalt auf Vordermann gebracht und sie darf selbst in die Arbeit, entweder in den Kindergarten oder zum Hotel. Mittags wird frisch gekocht, sie steht gerne am Herd, da kann sie auch ein bisschen runterkommen. Nicht selten stehen am Schluss drei Gerichte oder Beilagen am Tisch, wer selbst Kinder hat, kennt das sehr gut. Nach den Hausaufgaben darf sie Kindertaxi spielen, da ihr Nachwuchs natürlich in sämtlichen Vereinen aktiv. „Solange alle bis 18:00 Uhr Zuhause sind, ist es ok. Dann gibt es meist Brotzeit und wir läuten unser Abendritual ein.“ Ein weiteres Ritual.


Doch sie sagt selbst, dass sich auch die Kinder so viel leichter tun, wenn einfach eine Struktur dahinter steht. Gemeinsam am Tisch sitzen und Essen, Familienzeit verbringen und auch mal den Fernseher einschalten. Wichtig ist ihr auch, dass mit den Kindern der Tag reflektiert wird, was waren die Highlights, was war nicht so schön.

Wer gedacht hätte, dass mit dem Bettgehen der Kinder auch Barbaras Tag so langsam ein Ende findet, hat falsch gedacht...Bei ihr kommen dann Dinge wie Bürozeit oder während der Pandemie Lernen an die Reihe, aber natürlich auch Couch, Internet und Netflix. Vor 23 Uhr geht bei ihr selten das Licht aus. 18 Stunden volle Power finden wir echt großes Kino! Auch wenn die Kinder bei ihr immer an erster Stelle stehen und sie auch eine stolze „Mutterkuh“ ist, Barbara Poxleitner ist neben der Familie auch eine ambitionierte Läuferin, die in den letzten Jahren auch bereits einige, für sie überraschende, Erfolge feiern durfte. Sie gewann beispielsweise beim UTLW den Osserriesen. Von den lokalen Medien wurde ihr dadurch der Spitzname „Bergziege“ verliehen. Vor einigen Wochen kam sie auch als Dritte auf den 25 Kilometern beim IATF ins Ziel. Es läuft bei ihr also im wahrsten Sinne. Sie hat keinen Trainingsplan, weil sie flexibel bleiben möchte. Sie möchte die Läufe und ihr Training so einrichten, dass sie in der Familie nicht fehlt, möchte niemanden extra dafür engagieren, auf die Kinder aufzupassen. Ihr Motto bei der Ernährung im Sport: „Keine Experimente. Ich mag Gels nicht so gerne, höchstens mal im Wettkampf, aber bei den Strecken, auf denen ich unterwegs bin, brauche ich das auch zum Glück im Training nicht. Mir reicht Wasser.“ Fast logisch, dass sie auch ohne Musik auf den Ohren unterwegs ist. Natur pur. Nicht in ihrem Rucksack fehlen darf das Handy, um für die Familie immer erreichbar zu sein. Wichtig sind auch die Taschentücher, wenn man den Weg einmal kurz verlassen muss. Bei Barbaras´ Tempo ist es manchmal nicht einfach andere Frauen zu finden mit denen Sie in einer Gruppe laufen kann – da bleiben dann oft nur die Kerle vom Lauftreff übrig, denen sie sich gerne anschließt. Vielleicht kann ich ja als Vorbild einige Frauen und

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Mütter animieren, mitzukommen. In genau dieser Laufgruppe ist auch eine besondere Idee entstanden. Da es in unserem 3-Ländergebiet bisher keine Laufevents gibt, haben wir uns überlegt, ein Trailfestival zu organisieren. „Ich wechsle quasi auf die andere Seite und bin Teil einer coolen Orga-Truppe. Erst kann auf drei verschiedenen Strecken gelaufen werden, danach gibt es am Abend Konzerte von lässigen, regionalen Bands. Mehr Infos findet man unter www.3kings-3hills.com. Ein für sie wichtiges, weibliches Ritual hat sich zuletzt bei ihr etabliert: "Am Vorabend eines Wettkampfs lackiere ich immer meine Fußnägel in einem knalligen Ferrari-Rot. Das wissen schon alle um mich herum und fragen auch danach.“ Wir finden das eine schicke und auch tolle mentale Motivation, und die Geschwindigkeit der Scuderia Farbe scheint tatsächlich abzufärben.

"Es gibt keine Ausreden, wenn einem etwas wirklich wichtig ist, schafft man alles, auch den Sport neben einem anstrengenden Job oder Familienalltag!"


REISE Salzkammergut

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Katrin und Wolfgang In Bad Ischl, so heißt es, würde es so viel regnen, damit man die ganze Schönheit des Salzkammerguts überhaupt ertragen könne. Wir hatten nur einmal, in der Nacht, ein strammes Gewitter. Ansonsten Kaiserwetter in einer Landschaft, in der die Monarchie noch gegenwärtig, traumschöne Trails aber gegenwärtiger sind. In einem Ort, in dem eine Aufbruchstimmung spürbar ist, kulinarisch, kulturell – und in Trailrunningschuhen

Jodlstein, Rosskopf, Hainzen, Elferkogel, Feurkogel und natürlich die Katrin. Lange her, dass ich in einer Tour gleich sechs alpine Gipfel genommen habe. Auch lange her, dass ich auf einer derart von buchstäblichen Höhepunkten gesäumten Runde so viel und so entspannten Spaß gehabt habe. Die Trails: felsig, aber flowig und oft von brusthohen Latschen flankiert. Die Perspektive: weitreichend. Im Westen glitzert der Wolfgangsee und zeigt der Schafberg seine klare

Text & Fotos: CLEMENS NIEDENTHAL

Kante, nach Süden spielen die Wolken mit dem Dachsteinmassiv und immer wieder neue spektakuläre Perspektiven frei. Gen Nordosten der Traunsee und das Tote Gebirge. Und was man nicht sieht, die Salzstollen etwa, die das Salzkammergut einmal reich gemacht haben, erfährt man im Blick durch ein Fernrohr, das an exponierte Stelle noch tiefere Einblicke buchstäblich hinter und unter die Felsen ermöglicht. Ein paar hundert Meter weiter: ein Alpenmemory, Bergblumenpaare finden. Und auf der Katrin Almhütte, bereits beim Bier und bei zweierlei Knödeln, wird der Redakteur plötzlich von zweierlei Abonnenten erkannt. Von Elmar und Daniel (das ist der auf dem Bild, im Hintergrund die Katrin Almhütte), die an diesem Tag schon ihre

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zweite Runde rennen (auf dem Loser bei Altaussee waren sie am frühen Morgen). Eigentlich aber wollen und werden sie um 16 Uhr ums Eck in St. Wolfgang beim Schafsberglauf starten. Begeisterung allenthalben. Die Beiden treffen „ihr“ Magazin. Und ich feiere ihre lässige Haltung, den Schafberglauf, immerhin die Oberösterreichischen Berglaufmeisterschaften, an diesem Samstag einfach in einen langen Tag in den Bergen zu integrieren. Ich selbst werde mich tags drauf auch auf den Weg an den Wolfgangsee und auf den Schafberg machen. Die Katrin und ihre Nebengipfel stehen exemplarisch für eine Aufbruchstimmung in Bad Ischl. Eigentlich war die Seilbahn schon pleite. Eigentlich war das Zentrum


REISE Salzkammergut

Die Trails Katrin Der Bad Ischler Hausberg ist ein eigenes kleines Gebirge. Die Trails sind felsig, stufig und an wenigen Stellen seilversichert, aber doch oft laufbar. Ein permanentes, moderates Auf und Ab. Vom Ischler Ortsteil Ramsau aus gibt es einen tollen, teils technischen Aufstieg zum Roßkopf, dem westlichsten der sieben Gipfel. Technisch einfach, dafür aber steil: der Aufstieg von der Talstation der Seilbahn auf dem Kurs des traditionsreichen Katrin Berglaufs.

des Salzkammerguts vor allem bei Senior:innen beliebt. Kurgäste, Kaisertourismus, Alpenkitsch. Nun, auf der Katrin könnte es unkitschiger nicht sein. Hier oben gibt es keine Wanderwege von Trottoirqualität. Und die Seilbahn mit ihren putzigen Vierergondeln, von denen eine der Ortpfarrer gesponsert hat und die nun gelegentlich als Beichtstuhl (oder besser: Ort zum Reden) dient, rentiert sich gerade deshalb wieder: weil sie hinauf in eine Welt führt, die es ernst damit meint, Berg zu sein. Auf der Katrin Almütte steht Hüttenwirt Roland Schimpfl exemplarisch für dieses neue, naturnahe Bad Ischl. Der Mann mit der Lederhose und den längeren grauen Haaren, auf dem Oktoberfest hat er schon mal ein ganzes Zelt geschmissen, rollt jeden Tag die Knödel selbst und macht den besten, weil pursten Kaiserschmarrn, den ich seit langem gegessen habe. Der Weg, den die Katrin gegangen ist, ist in gewisser Weise auch seiner: zurück zu den einfacheren und wesentlicheren Dingen. Weitere Protagonist:innen dieses neuen Bad Ischl: Das Weinhaus Attwenger mit seiner lässigen Gastlichkeit und tollen Naturweinen. Oder der Koch Florian Simmer, der nach Stationen in den besten Restaurants Österreichs aus der Rettenbachalm (Foto) den vielleicht besten Almhüttengasthof Österreichs gemacht hat. Mit einer Rindssuppe, die drei Tage auf dem offenen Feuer kocht und Mehlspeisen, für die er eine 70-jährige Bäuerin aufgetan hat: „Die

Jubiläumsweg und Hoisnradalm Knackige 10k-Runde (gut 500 Höhenmeter), oft schattig im Wald gelegen und stellenweise ausgesetzt. Gegen den Uhrzeigersinn gelaufen, kommen die technischeren Passagen im Downhill unter die Schuhe. Start und Ziel im Ischler Ortsteil Reitendorf. Übrigens: Der Jubiläumsweg wurde anlässlich des 50. Thronjubiläums vom Kaiser Franz Josef im Jahr 1898 angelegt. Auch damals hatte man schon Lust auf schmale, mit der Landschaft spielende Trails.

macht für den Topfenstrudel erstmal den Topfen selbst.“ Der Maibock, den ich hatte, kam aus den Wäldern gleich neben der Hütte. Jagdrevier von Kaiser Franz Josef war das alles einmal. 60 Sommer hatte der in Bad Ischl verbracht. In der Kaiservilla hatte ich seinen Trailrunning-, ach nein, Jagdstock in der Hand.

60 Sommer hatte der in Bad Ischl verbracht. In der Kaiservilla hatte ich seinen Trailrunning-, ach nein, Jagdstock in der Hand.

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St. Wolfgang und Schafberg Der Schafberglauf ist einer der österreichischen Berglaufklassiker. Zumal der Kurs bis vor kurzem noch entlang der Dampfzahnradbahn führte, ein Wettlauf Mensch gegen Maschine. Wir wählen hinauf eine andere, nicht minder steile Route. Von St. Wolfgang geht es zunächst auf einer Forststraße, bald aber auf immer schmaleren Pfaden und zuletzt fast weglos (auf die blauen Punkte achten) aufs Törlspitz und unterhalb des Gipfels der Spinnerin hinüber zum exponierten Schafberg. Auf flowigen Trails geht es schließlich zurück und hinab ans Ufer des Wolfgangsees. Teils alpine Tour mit spektakulären Rundumblick und rund 1500 positiven Höhenmetern.


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WARUM DEINE LAUFSCHUHE CARBONFREI SEIN SOLLTEN

Carbonplatten werden von der Laufschuhindustrie als Must-Have vermarktet. Aus anatomischen und biomechanischen Gesichtspunkten sind sie allerdings mehr als fragwürdig - Joe Nimble erklärt warum. „Der menschliche Fuß ist ein Kunstwerk aus 26 Knochen, 107 Bändern und 19 Muskeln“, wusste Leonardo da Vinci schon im Jahr 1500. Und tatsächlich hat Mutter Natur mit dem menschlichen Fuß ein anatomisches Wunder geschaffen, das sich innerhalb von Millisekunden von einem biegsamen, anpassungsfähigen Stoßdämpfer zu einem steifen, antreibenden Hebel verwandeln kann. Biomechanisch funktioniert das so: Der Fuß ist als eine Art verwrungene, federartige Platte konstruiert, an der vorne die Zehen befestigt sind, um die Platte am Boden zu verankern. Wenn der Fuß den Boden berührt, dreht sich die Platte auf und verlängert sich, um den Aufprall zu absorbieren, wodurch die Plantarfaszie die Zehen in den Boden zieht (umgekehrter Ankerwindenmechanismus), den Fuß verankert und eine stabile Basis bietet. Wenn das Gewicht des Läufers über den Fuß zu wandern beginnt, hebt sich die Ferse vom Boden ab, wobei die Zehengelenke als Drehpunkte verwendet werden (der Ankerwindenmechanismus). Jetzt sind die Zehen dran, an der Plantarfaszie zu ziehen, wodurch das Fußgewölbe angehoben und der Fuß verwrungen und verkürzt wird, um eine straffere, festere Feder zu werden, die sich auf die wichtige Abstoßphase beim Laufen vorbereitet.

“Nature perfected” statt “Nature corrected” Um den perfekten Laufschuh zu kreieren, müsste die Sportschuhindustrie also im Prinzip die Natur imitieren und maximal perfektionieren. Tatsächlich allerdings bremst sie mit vermeintlichen Innovationen wie Carbonplatten die Natur eher aus. Denn in Laufschuhen mit Carbonplatten und Zehensprengung wird der Großzeh während der gesamten Bodenkontaktphase wie in einer Art Gips in einem fixen Winkel gehalten. Gelenke und Muskulatur sind ruhig gestellt, während sie im natürlichen Zustand aktiv arbeiten würden. Doch was passiert, wenn Muskeln immobilisiert werden, kennt jeder, der sich schon einmal einen Arm oder ein Bein gebrochen hat: Die eingegipsten Muskeln bauen sich innerhalb kürzester Zeit ab und die Kraft im betroffenen Arm oder Bein schwindet. Ein ähnliches Phänomen tritt in Laufschuhen mit Carbonplatten auf. Stellen wir uns dazu einen Marathonläufer vor. Vom Start bis zum Ziel legt er durchschnittlich 40.000 Schritte zurück. Die Muskeln der Zehen kontrahieren und entspannen in dieser Zeit also 40.000 Mal, die Zehengelenke arbeiten während

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der Antriebsphase innerhalb ihres natürlichen Bereichs. Steife Carbonplatten haben in der Regel eine übertriebene Zehensprengung, die den Bewegungsumfang der Zehengelenke und die Muskelaktivität der Zehenmuskeln erheblich einschränkt. Insbesondere die vier Muskeln, die direkt an der Großzehe ansetzen, sind betroffen. Schwache Zehen steigern das Verletzungsrisiko Die Folge dieses „Zehensprengungeffekts“: Die Muskeln werden schwach und dekonditioniert. Der Vorfuß wird instabil. Und die natürliche Fähigkeit des Fußes, sich in einen festen, antreibenden Hebel für den Abstoß zu verwandeln, wird verringert. So wird das Risiko von Vorfuß-, aber auch Fersenschmerzen (Plantarfasziitis) erheblich gesteigert. Halten wir es doch lieber wie Leonardo da Vinci und betrachten den menschlichen Körper als eine feingetunte Maschine, die keine Unterstützung braucht. Wenn wir in diese Maschine eingreifen, bringen wir den ganzen Mechanismus durcheinander und verbauen uns buchstäblich das, was jeder Läufer sich eigentlich wünscht: Schmerzfrei laufen. Ein Leben lang.


REISE Salzkammergut

Die Region Hotel Goldener Ochs

Diese Reisereportage wurde geschrieben auf einem Balkon des Hotel Goldener Ochs, direkt über der Traun, die das viele Schmelzwasser aus dem Dachstein geräuschvoll gegen den Brückenpfeiler drückt. Selten habe ich einen besseren Arbeitsplatz gehabt (ein charmanter Nebeneffekt, wenn ein Text noch am letzten Tag der Reise in die Redaktion muss). Die Lage direkt am Wasser und an den Handelswegen des Salzes verdankt der Goldene Ochs seine Gründung, ursprünglich als Metzgerei mit einigen Unterkünften. Heute ist es ein alpines Boutique-Hotel, frei von jedwedem Alpenkitsch und genauso jedwedem kurzlebigen Zeitgeist. Meine Lieblingsorte (abgesehen vom Balkon): der Wellnessbereich und der historische Gastgarten mit hervorragender Regionalküche. www.goldenerochs.at

Trail-Pakete

Von Bad Ischl aus organisiert Peter Seebacher mehrtägige Trailrunning-Touren mit Gepäcktransport und diesem unschlagbaren Vorteil: Sie wurden von einem erfahrenen

und begeisternden Trailrunner konzipiert. Der 10-Seen Trail führt über fünf Etappen, 120 Kilometer und 7.600 Höhenmeter zu – eben – zehn Seen des Salzkammerguts. Der King Dachstein Trail führt in vier Etappen, 117 Kilometer und 5.800 Höhenmeter durch das Dachsteinmassiv. Übernachtungen in Hotels bzw. Pensionen. Alternativrouten bei einem Wettereinbruch sind genauso vorgesehen wie individuelle Anpassungen der Strecken. www.salzkammergut.co.at

Die Region

Bad Ischl empfiehlt sich als Basecamp für den Trailurlaub im Salzkammergut. Einerseits liegt es zentral zwischen Halltstädter-, Wolfgang-, Ausseer-, Atter- und Traunsee. Andererseits hat die Stadt ein durchaus jugendliches Flair und eine perfekte Infrastruktur. Ein preiswerte Unterkunft auch für Gruppen und direkt im Stadtzentrum wäre das Jugendgästehaus Bad Ischl, direkt am Aufstieg zur Katrin steht das junge Hotel Bett & Berg Zimmer quasi mitten auf den Trails. www.badischl.salzkammergut.at

Und dann gibt es in Bad Ischl noch Orte wie die ehrwürdige Kurapotheke Hrovat, „k.u.k. Hoflieferant“ seit 1890. Schon Sissi und Kaiser Franz Josef hatten hier ihre Pillen her. Modern und sehr, sehr gegenwärtig ist diese Kurapotheke gerade deshalb, weil man hier noch macht, was in einer zunehmend industrialisierten Pharmazie abhandengekommen ist: Man macht selbst, und zwar mehr als 200 Produkte ohne unnötige Zusätze. Die „Aua Salbe“ zum Beispiel, aber auch einen wunderbaren Zirbenlikör. Neuerdings hat eine Salzburger Agentur den Cremes, Lotionen und Tinkturen ein charmantes und sehr wertiges Design verpasst. Verkauft aber werden die Produkte weiterhin nur in der Apotheke und im eigenen Onlineshop. Ich habe mir eine „Arnika Einreibung“ eingepackt, für die Oberschenkel nach den sechs Gipfeln oben auf der Katrin. Und die Körper- und Haarpflege „Sportler“. Schon des Namens wegen.

Ich habe die „Arnika Einreibung“ eingepackt, für die Beine nach den sechs Gipfeln gestern 42

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ADVENTURE STARTS HERE!

Seit 1936 sucht der Sportuhrenhersteller SUUNTO nach Abenteuern und setzt dabei auf Produktion in Finnland und erneuerbare Energien

Vom Gipfel des Mount Everest zum Fuß der Eisbergen der Antarktis – Entdecker und Taucher tragen Suunto Uhren, Denn Suunto verfolgt eine Mission: Abenteurer, Entdecker und Sportbegeisterte zu inspirieren und dazu ausstatten, die Berge, Ozeane und Pfade dieser Welt mental und physisch zu erobern. Am Stammsitz in Vantaa bei Helsinki – das gesamte Team, Entwicklung und Produktion, arbeitet im selben Gebäude zusammen – leistet das Unternehmen seit mehr als 75 Jahren Pionierarbeit in Design und Innovation von Sportuhren, Instrumenten und Tauchcomputern. Die Multisportuhren etwa, werden dort von Hand und mit Sorgfalt montiert. Suuntos Geschichte began, als der finnische Orientierungsläufer und Ingenieur Tuomas Vohlonen vor einem Problem stand – die unzureichende Genauigkeit der damaligen Kompasse. Seine Lösung? Einen besseren Kompass. Er entwickelte 1936 eine neue Technik, mit der die Massenfertigung flüssigkeitsgefüllter Kompasse möglich war. Darum also geht es Suunto bis heute: Visionäre Lösungen zu finden – und zu produzieren. Suunto stellte 1965 den ersten Tauchkompass her und revolutionierte diesen Sport 1987 durch die Einführung seines ersten Tauchcomputers. Ein Jahrzehnt später war die Suunto Vector eine der ersten Uhren mit „ABCFunktionalität“, sprich Altimeter, Barometer und Kompass. Sie ist unter Bergsteigern für ihre Zuverlässigkeit berühmt und wird auch heute noch hergestellt. Wahrscheinlich hat dieses Modell mehr Berggipfel „bestiegen“ als jede andere Uhr! Nicolas Holtzmeyer, Marketingleiter von Suunto, bekräftigt: „Wir sind stolz auf unsere finnischen

Wurzeln. Unsere Liebe zur Innovation hat eine lange Geschichte. Jede Suunto Uhr ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von leidenschaftlichen Personen“. Lucy Bartholomew, Trailrunnerin, Ultraläuferin,Idol, ist einer dieser leidenschaftlichen Menschen. Was sie an ihrer Suunto mag? Sicher auch die Präzision ihrer Multisportuhr. Aber Bartholomew gehört genauso zu jener jungen Generation, für die ein nachhaltiger, ressourcenschonender Lebensstil längst selbstverständlich ist: „Ich bin immer auf der Suche, nachhaltiger zu leben, als Sportlerin und als glücklicher Mensch auf diesem Planeten. Ich bin nicht perfekt, aber ich bin mir bewusst, was ich mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln tun kann.“ Diese bescheidene und doch entschlossene Haltung spiegelt die finnische Mentalität und den Ansatz von Suunto in Bezug auf Nachhaltigkeit wider. Auch der GPS-Sportuhrenhersteller erhebt nicht den Anspruch, perfekt zu sein, sondern strebt ständig danach, nachhaltiger zu werden. Heidi Heikkinen, Nachhaltigkeitsmanagerin bei Suunto: „90 Prozent unserer Produkte werden in unserer eigenen Fabrik in Finnland produziert, was unter den Herstellern von Elektronikgeräten sehr selten ist. Diese Entscheidung ermöglicht uns, den Fokus auf die Herstellung hochwertigerer, langlebiger und reparierbarer Produkte zu legen – Faktoren, die für eine geringere Umweltbelastung über die gesamte Lebensdauer eines Produkts von zentraler Bedeutung sind." Kurzum: Multisportuhren, die die Zeichen der Zeit bereits erkannt haben. www.suunto.com

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Mit einem ultradünnen und eleganten Design, Over-theAir-Software-Updates, bis zu 170 Stunden GPS-Akkulaufzeit und Blutsauerstoffmessung ist die Suunto 9 Peak ein Meisterwerk Made in Finland.

Mit der neuen Suunto 5 Peak GPSSportuhr für jedes Abenteuer gewappnet: 100 Stunden Akkulaufzeit, Musiksteuerung beim Sport, umfangreiche OutdoorNavigationsfunktionen und das alles zu einem günstigen Preis.


EVENTS www.myvirtualtrail.com

Spitz auf Auer Das LENGGRIES SKYRACE gehört zu den alpinen Strecken unserer Plattform, das ab Juni, vollkommen schneefrei zur Arena der Bestzeiten wird.

Der Sommer ist da. Zeit auch, die alpineren Strecken unserer Laufplattform anzugreifen. Zusammen mit dem Streckenpaten Johannes Stimpfle waren wir auf dem Lenggries Skyrace unterwegs. Diese Route, beginnend auf einem Wanderparkplatz in Lenggries, ist von München aus wunderschön mit der Regionalbahn erreichbar. Leider hatten wir kein Glück mit dem Wetter. Aber die in Nebel gehüllten Lenggrieser Hausberge verzückten uns dafür mit einer ganz einzigartigen, mystischen Stimmung. Doch von vorn: Nach einem wirklich kurzen Forststraßenstück geht es sofort zur Sache. Der Grasleitensteig ist ein steiler, aber wunderschöner Waldtrail.

Über tausende, in sich verschlungene Wurzeln, steigen wir hinauf zum Grasleitenkopf, dem ersten schönen Aussichtsgipfel. Allerdings nicht heute. Nur fünf Meter weit reicht die Sicht. Danach verschluckt der Nebel jegliches Licht. Also weiter Richtung Seekarkreuz. Die Trails sind voll mit Schlamm. Konsistenz: Erdnussbutter. Auch unsere extra grob gewählten Schuhprofile haben keine Chance und sind komplett zugesetzt. Was uns aber nicht daran hindert, weiter Gipfel zu sammeln: Die Überschreitung der Kampen auf unwegsamen Pfaden steht an: Spitz-, Auer- und Ochsenkamp. Drei Gipfel auf nur zwei Kilometern. Es ist der 1. Mai, Tag der Arbeit! Aber wie Arbeit fühlt sich das heute nicht an. Eher wie der pure Genuss. Auf dem Weg zum nächsten Gipfel, dem Fockenstein müssen wir ein paar letzte Schneefelder überschreiten. Bei der Gipfelpassage dürfen wir ein erstes Mal Hand anlegen und ein wenig kraxeln. Diese Runde ist nicht nur ein echtes

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Highlight für Gipfelhungrige, sondern auch für Skyrunning Fans. Gerade auf dem letzten Abschnitt zum Geierstein wird dies deutlich. Wir steigen über Felsstufen und Schrofengelände, benutzen die Hände und genießen es, dass nicht wir und unsere Fitness das Tempo vorgeben, sondern der Berg selbst und sein mal mehr mal weniger unwegsames Gelände. Das ist er dann auch. Der große Vorteil von MyVirtualTrail. Diese spektakuläre Skyrunning Runde würde in unseren Breitengeraden wohl kaum für ein offizielles Rennen zugelassen werden und wenn doch, wäre dessen Durchführung abhängig von stabilen Wetterverhältnissen. So aber ist man flexibel, kann auf gute Bedingungen warten und diese Runde mit weit über 90 Prozent Singletrail-Anteil einfach nur genießen. Oder aber, wer das Race-Feeling vermisst, ein wenig Druck machen und sich messen mit den Bestzeiten auf unserer Plattform.


Der abschließende Downhill fordert nochmal unsere ganze Aufmerksamkeit. Steil und verblockt hüpfen wir hinunter. Erst weiter unten wird der Trail flowig und wir können es laufen lassen. Johannes erzählt mir, dass ihm diese Route eigentlich sein Vater gezeigt hat. Er hat sie schon vor über 20 Jahren genutzt, um für den Aufstieg zum Kilimandscharo zu trainieren. Nur war das damals für ihn eine Tagestour. Uns spuckt der Downhill nach knapp 3,5 Stunden am Schlossweiher wieder aus. Der letzte Kilometer ist wohl der einzig flache der ganzen Runde. Wir lassen es ausrollen und freuen uns über diese großartige Tour. Das Lenggries Skyrace! Wer etwas Trittsicherheit und alpine Erfahrung mitbringt, sollte diese Runde auf keinen Fall verpassen. Auch die anderen beiden, inzwischen schneefreien, Alpen-Strecken garantieren absoluten Trail-Genuss. Über die beiden ikonischen Chiemgauer Gipfel Kampenwand und Geigelstein geht es beim Chiemgau-Trail. Eine nicht minder spektakuläre, wenn auch vielleicht etwas laufbarere Route als das Lenggries Skyrace. Der große Klassiker wartet im Berchtesgadener Land. Die Königssee Umrundung sollte eigentlich jeder deutschsprachige Trailrunner mindestens einmal gemacht haben. Nicht vergessen wollen wir natürlich die zwölf anderen, über ganz Deutschland verteilten, Mittelgebirgstrails – vom Deister bis in den Schwarzwald, von der Eifel bis ins Elbsandsteingebirge. Die GPX Tracks und genauen Routenbeschreibungen gibt es wie immer auf myvirtualtrail.de. Bitte nicht vergessen, Eure Aktivitäten mit uns zu teilen und über das UploadFormular hochzuladen.

Das ist er dann auch. Der große Vorteil von MyVirtualTrail. Diese spektakuläre Skyrunning Runde würde in unseren Breitengraden wohl kaum für ein offizielles Rennen zugelassen.

Die Juni Challenge: Schönschrift beweisen Im Juni wartet die zweite ortsunabhängige Challenge auf Euch. Letztes Jahr sorgte die Aufgabe, Euren eigenen Namen zu schreiben, für viel Heiterkeit und wahre Kreativitätsschübe. Unsere Aufgabe für den Juni 2022 lautet ähnlich: Schreibe das Wort TRAIL mit Deinem Lauf. Wo Ihr das machst oder wie lang Euer Lauf ist, spielt dabei keine Rolle. Allerdings würden wir Euch bitten, Euch an bestehende Wege und Straßen zu halten. Also nicht einfach auf einer Wiese oder ähnlichem, kreuz und quer zu laufen. Das schont die Vegetation und macht die ganze Aufgabe noch etwas spannender. Die schönsten, kreativsten und vielleicht auch außergewöhnlichsten Schriftzüge veröffentlichen wir dann auf myvirualtrail.de und hier im Magazin.

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TOP PRODUKTE Lieblingsteile

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In dieser Ausgabe ist viel von Schuhen die Rede, schon wieder. Der große Schuhtest, zweiter Teil. Und ehrlich, sich so ausgiebig mit Trailschuhen beschäftigen zu dürfen, macht schon richtig Spaß. Über Schuhe lässt sich herrlich streiten. Man kann, also subjektiv betrachtet, wunderschön darin aussehen. Und wenn alles passt, läuft es sich damit auch richtig schnell. Nur ist es das dann auch irgendwann gewesen, auch der liebste Trailschuh ist nach ein, eineinhalb Jahren einfach ausgelatscht. Und vielleicht hatte ich beim „Abschiedslauf“ dann wieder dieses eine Merinolongsleeve an, das schon seit fünf Jahren ziemlich weit oben in meiner Laufklamottenkiste liegt. Darum also geht es auf den folgenden Seiten. Um unsere Lieblingsteile. Um ein Shirt, einen Rucksack oder auch nur ein paar Socken (wie immens wichtig ist die richtige Laufsocke!), von der man mit der Zeit merkt, dass man einfach nicht mehr ohne kann. Sachen, zu denen man richtiggehend in Beziehung tritt, mit denen man Erinnerungen teilt. Und die wir hier mit Euch teilen wollen. Die Liste hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Auch taucht das fünf Jahre alte Merinoshirt nicht darin auf. Aber neues und ganze neues Trailequipment, denen wir das Potenzial zu solchen Lieblingsteilen nicht nur zusprechen. Sie haben sich in ausgiebigen Praxistest, also unserem Läufer:innenalltag, bereits als solche bewährt.

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Zugegeben: wir sind etwas verwöhnt und als Redaktion natürlich mehr als gut versorgt mit Laufklamotten, Schuhen, Rucksäcken und allem anderen Equipment für den Trail-Sport. Bei all der beinahe Reizüberflutung bleiben auch bei uns die besonders gelungenen Produkte hängen und so stellen wir unsere aktuellen TOP3 der wichtigsten Kategorien einmal vor.

Salomon Sense Aero 7 Eine der besten Trail-Shorts ist aktuell defintiv diese Sense Aero Hose mit integriertem Slip und zweier Fronttaschen. Ich mag den leichten Stoff, der unfassbar schnell trocknet und im Sommer die Luft geradezu ungefiltert an die haut lässt. Eine echtes Gefühl der Freiheit für 57 Euro. www.salomon.com

DYNAFIT Women's Alpine Pro 2/1 Skirt Röcke beim Laufen, ich liebe es. Nicht nur, weil sie schick aussehen, sondern auch, weil sie sehr bequem sind. Eben wie eine Hose und trotzdem so luftig wie ein Rock. Die Mischung machts aus, die integrierte Mesh-Hose sitzt ohne rutschen und verhindert das Wundscheuern. Dazu ist das Material leicht und atmungsaktiv und die Nähte scheuern nicht. Auch praktisch sind die integrierten Taschen für Soft-Flasks oder Verpflegung. www.dynafit.com Satisfy 3" Trail Shorts Ja, diese coole Hose hat Ihren Preis. Und vielleicht zahlt man ein paar Euro davon für das Image der französischen Boutique-Running-Marke. Darüber hinaus aber werden diese Shorts unter anderem aus wunderbar weicher technischer Seide direkt in Frankreich produziert. Sie tragen sich federleicht und überzeugend reibungslos und haben in drei Außentaschen Platz fürs Smartphone und sogar eine geknäulte Windjacke. 220 Euro.

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PRODUKTE Lieblingsteile

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HOUDINI COME ALONG JACKET Ich bin verliebt in diese Jacke, diese Farbe und die Leichtigkeit, mit der sie daherkommt. Houdini können simpel, können Understatement und vergessen dabei nie die Funktion, die Qualität und den Komfort. 170 Euro Adidas Agravic Windwave Was uns an dieser Jacke gefällt? Dass sie einen Tick robuster gearbeitet ist und so einen umfassenderen Windund Wetterschitz bietet. Dass die Atmungsaktivität dennoch passt, liegt am so genannten Bodymapping: Je nach Körperpartie ist das Material unterschiedlich dick gewebt. 140 Euro.

Urs ist sich ganz sicher: „Irgendwann wird es für fitte Alpinisten ganz normal sein, über alle Berge zu laufen.“

Black Diamond Distance Windshell Eine Windjacke nach dem Bauhaus-Prinzip: weniger ist mehr. Dazu passt das überzeugend klare Design und ein Packmaß, das das Distance Windshell auch in den Taschen einer Laifshorts verschwinden lässt. Es ist tatsächlich so was wie eine Love Affair zwischen uns und diesem Teil. 130 Euro.

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SALOMON AERO TEE Passend zur hier gezeigten kurzen Hose gibt es von Salomon ein ebenso eindrucksvoll leichtes und kurzes Oberteil, das vor allem im Sommer und bei hochintensiven Trailruns eine Top-Figur abgibt und nach dem schweißtreibenden Anstieg bereits auf den ersten Downhill-Momenten trocken ist. 57 Euro The Norh face Flight Series Weightless Shirt Ein auf absolute Performance ausgelegtes Wettkampfteil, das fast nichts wiegt, exzellent geschnitten und technisch verarbeitet ist und dazu noch lässig und nicht bloß ambitioniert aussieht. Viel zu gut, um es nur am Raceday zu tragen. 80 Euro.

Dynafit Ultra S-Tech Shirt Dieses supertechnische nahtlose Shirt ist superleicht, liegt eng an und sieht einfach mega sportlich aus. Das Verhindern von Wundscheuern und das Temperaturmanagement sind seine Stärken. Wir empfehlen dieses Shirt daher für eure ganz langen Läufe bei wechselnden (nicht zu heißen) Temperaturen. www.dynafit.com

STance Run tab Diese Socke ist zu kurz, um eine Kernkompetenz von Stance auszuspielen: ausgefallene und oft auch ziemlich gute Designs. Dafür sitzt kein anderer Söckling so präzise und fühlt sich gleichzeitig so flauschig-komfortabel (aber nicht zu dick) an. 15 Euro.

DRYMAX Eine feste, relativ dicke Socke, die durch ihre mittellange Höhe allen FashionTrends entflieht. Die Maximum Protection trägt sich komfortabel, aber nicht so eng, wie viele andere Laufsocken. Ellie Greenwood trug das Model bei ihrem Western States 100 Erfolg. 39 Euro

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ON RUNNING Sock Diese Socke begleitet Teile der Redaktion schon lange. Nicht das Modell wohlgemerkt, sondern ein bestimmtes Paar. Überzeugende Passform, stilsicheres Design und vor allem unglaublich langlebig gearbeitet. Drei Längen, 18 bis 22 Euro.


PRODUKTE Lieblingsteile

TOP

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Gipron - 310 MontBlanc Carbon 4 Für Lightweight Freaks: Dieser 4-segmentige Faltstock des italienischen Familienunternehmens Gipron wiegt nur sagenhafte 110g. Das Falt-System ist clever und das Carbon-Material sehr steif. Dieses teilweise in Handarbeit hergestellte Lieblingsprodukt hat allerdings auch seinen Preis. www.sporthunger.de

Black Diamond - Distance Carbon Z Der Klassiker. Super leicht und mit cooler Optik kommt dieser Carbon-Stock der Amis von Black Diamond daher. Auch als Fixstock sowie mit variabel verstellbarer Länge erhältlich. www.blackdiamondequipment.com

Leki - Ultratrail FX.one Superlite Wenn die schwäbische Marke Leki, was macht, dann richtig! Dieses neue Faltstock-Modell ist dementsprechend ein großer Wurf: Deutlich leichter als seine Vorgänger- dank dünnerem Schaft. Sowie mit verbessertem Klick-System für die Schlaufen Auch mit konventionellen Schlaufen erhältlich. www.leki.de

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Coros PAce 2 Wir könnten hier auch die Coros Apex Pro zeigen. Wegen der unermüdlichen Akku-Laufzeit, den Karten- und Navigationsfeatures und weil es neuerdings ja die Uhr von Kilian Jornet ist. Wer zum Navigieren aber das Smartphone nutzt, oder die Wanderkarte, findet mit der Pace 2 eine phantastisch leichte, mega bequeme und sehr komplette Laufuhr für 199 Euro. Unser Preistipp.

Suunto 9 Peak Dünn, schlank und gleichzeitig langlebig- dank edlem Edelstahl-Gehäuse! Das und viel mehr ist die Suunto 9 Peak. Bei den Finnen profitiert man laufend von aktuellen SoftwareUpdates, welche die Funktionen der Uhr fortlaufend aufwerten. www.suunto.com

Garmin Forerunner 945 Die Offline Karten sind der große Trumph der Uhren von Garmin. Bei der Forerunner 945 kommt man nicht nur in den Genuss dieser Funktion, sondern profitiert auch sonst von dem nahezu kompletten Funktionsangebot Garmins - bei gleichzeitig schlankem und leichten Gehäusedesign. Wir hörten, dieses Modell bekommt bald sogar ein Update (Forerunner 955) www.garmin.com

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PRODUKTE Lieblingsteile

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Salomon Adv Skin 12 Das beste aus zwei Modellen. Die aktuelle Generation der Adv-SkinSerie verbindet die ultraleichte Performance der Sense-Rucksäcke mit der von Salomon gewohnten intuitiven Funktionalität. Passt, wackelt nicht – und hat genügend Luft für alles, was ein Tag in den Bergen so braucht. 140 Euro (12 Liter Fassungsvermögen).

Oxsitis Pulse 12 Super durchdachter Laufrucksack mit wasserdichtem Hauptfach. Die Franzosen überzeugen hier mit vielen cleveren Details. Fast alles für einen ausgedehnten Ultratrail oder eine lange Tagestour. Auch in den größen 8 Liter und 16 Liter erhältlich. www.oxsitis.com

ULTIMATE DIRECTION ULTRA VEST 5.0 Mit dieser Racevest startete das US-Label seine Erfolgsstory um die bislang durchdachtesten Laufrucksäcke auf dem Markt. Die ULTRA VEST beeindruckt uns durch all ihre intuitiven Features, den Tragekomfort und die Robustheit bei wenig Gewicht. 129,95 Euro

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MODE Trail-Bekleidung 2022

die rookies kommen.

Schon mitbekommen? Trailrunning wird jünger. Der Staub des Berglaufs ist verflogen, sich in der Natur auszutoben hat den Clubbesuch abgelöst und nun tragen auch wir unseren Teil zur Jugendlichkeit bei und freuen uns über das Trail-Rookie-Team, sechs junge Menschen, die keine Angst vor einer matschigen, rauen Zukunft haben.

Man ist so alt, wie man sich fühlt? Glauben wir natürlich gerne. Und fühlen doch, dass Anna und Anne, Michelle und Timon, Lukas und Louis die Zukunft gehört. Ist aber kein Problem für uns. Die Redaktion des Trail Magazins freut sich über ihre Gegenwart. Darüber also, jetzt den direkten Draht zu sechs jungen Menschen zu haben, die für diesen Sport

brennen. Zu merken, wie generationsübergreifend Trailrunning doch funktioniert. Und genauso, wie sich manche Perspektiven doch verschieben. Auch Sportarten können ja durchaus schlecht altern. Und wir glauben fest daran, dass es nicht nur wichtig ist, die Jugend mitznehmen, sondern sich genauso von der Jugend mitnehmen zu lassen. Deshalb

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gibt es nun, gemeinsam mit Salomon, das Trail-Rookie-Team. Sechs tolle Trailrunner:innen, die (fast) alle in diesem Jahrtausend geboren worden sind. Einige von ihnen sogar jünger als der Ultra-Trail du Mont-Blanc. Einer von ihnen: Timon, wird in diesem Jahr genau dort starten. Und uns dann davon erzählen. Wir hören ganz genau zu.


» anna GEISTANGER Bislang war der Winter die Jahreszeit der Wahl für Anna. Die 16 Jahre junge Gymnasiastin aus den Chiemgauer Alpen lebt mit ihrer Familie bei Ruhpolding und ist auf Langlaufskiern so schnell unterwegs, dass sie bereits den Deutschen Schülercup gewinnen konnte. Anna weiß also ganz genau, was im Leistungssport abgeht, was hartes Training bedeutet und wie es sich anfühlt, mit einer Startnummer am Trikot einfach alles zu geben. Die Jüngste im Team kam eigentlich fast automatisch auf den Trail, denn es war der Papa, dem sie einfach folgte. Ultraläufer Wolfgang Geistanger lief los, Anna hinterher und als die beiden zu Hause ankamen, waren für die damals 15-Jährige 33 Kilometer mit etlichen Höhenmetern vorüber. Der Vater war müde. Anna ein wenig und vor allem sehr entschlossen, dass fortan die Trailschuhe anstatt der Skier ihr WettkampfWerkzeug werden könnten. Wie lange so eine TrailrunningKarriere bei Anna ab jetzt sein könnte, mag man sich mit bester Laune vorstellen – sie soll es langsam und mit Spaß angehen, denn ihr Highlight liegt vermutlich weit in den 2040er Jahren. Wir werden es aus dem Altersruhesitz beobachten und bejubeln.

» MICHELLE HASSEL Michelle, die Älteste im Team und mit 24 richtig im Leben. Inmitten des sechsten Semesters des Medizinstudiums, das sie an der Uni Heidelberg in Mannheim absolviert. Michelle ist ein schnelle Läuferin und wir stellen uns gerne vor, wie sie diesen Speed auf Trails und künftig im Gelände auslebt. Das wird spannend. Trailrunning ist für Michelle ein Ausgleich, denn sie finanziert sich ihr Studium selbst, arbeitet im Krankenhaus und jobbt in einem Café. Ja, sie müsse viel lernen und das Leben wäre ganz schön durchgetaktet verrät die junge Frau, die mit den Infinite Trails in Bad Gastein im Spätsommer ihr Saisonhighlight verrät. Eine weitere Wahrheit ist natürlich, dass Michelle nicht nur ein Mitglied unserer TRAIL ROOKIES TEAMS ist, sondern auch mit der berühmten BERGZIEGEN Trailcrew leidenschaftlich durch die Wälder rennt. Momentan ist das Gasteiner Tal noch in weiter Ferne und der Odenwald das Revier, das zumindest an den Wochenenden für feines Trailrunning die Grundlagen legt. „Irgendwann würde ich auch mal gerne in den Alpen leben und laufen“ sagt die Studentin und blickt staunend vom Gipfel des Karkopfes hinein in das Kaisergebirge.

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TYPEN Anna Hahner

» Timon Günther Timon einen Rookie zu nennen, ist fast frech. Der 23 Jahre junge Dresdner hat schon etliche harte Ultratrails gefinisht. Das Feuer und die unbändige Begeisterung, mit der Timon diesen Sport betreibt, steckt an. Und so war gleich klar, dass der leistungsstarke Athlet, Teil des TRAIL Rookie Teams sein muss. Rudern und Fußball waren in Timons Jugend die Hauptsportarten. Um ein wenig an Gewicht zu verlieren, begann er mit dem Laufen – und blieb dran. Mit der Familie ging es im Urlaub schon immer in die Berge, Timon hat schon etliche Fernwanderwege und Alpenüberquerungen absolviert. „Eine unserer Wanderungen führte an der Hirzer Hütte vorbei. Da war eine Plakette angebracht von Daniel Jung’s Bestzeit beim Südtirol Ultra Skyrace. 120 Kilometer und 8.000 Höhenmeter. In dem Moment wusste ich, dass will ich auch. 27 Stunden war ich am Ende unterwegs.“ Was ein Brocken – noch dazu für den allerersten TrailrunningWettkampf. Allein das sagt schon einiges aus über den Mut, die Willenskraft und die Leidensfähigkeit des damals erst 19-jährigen Athleten. „Mich haben von Anfang an die ganz langen Sachen fasziniert. Dass es möglich ist, ganze Gebirgszüge zu Fuß zu durchqueren.“ Das Jahres-Highlight von Timon passt da ins Bild. Im August wird er in Chamonix zu seinem bisher größten Abenteuer starten: dem UTMB.

» Lukas Schwella Während die meisten von uns hinauf zum Breitenstein in den Gehmodus gewechselt sind, ist einer noch im kräftigen Laufschritt unterwegs. Nicht weil Lukas Schwella unbedingt zeigen muss, was er kann. Dafür ist der 18-Jährige Schwabe dann doch zu intelligent im Kopf und zu zurückhaltend im Wesen. Nein, da hat einer einfach ordentlich Dampf in den Beinen. Lukas war schon früh im Leichtathletikverein aktiv, eine starke Naturverbundenheit war bei dem Aalener schon lange gegeben. Lokale Trailrunning-Workshops der Baur Brüder brachten ihn dann auf die Trails. Lange überlegen, wo er derweil sein Chemie-Studium beginnt, musste Lukas nicht. Es ging nach Innsbruck – inzwischen ein richtiges Mekka für talentierte und ambitionierte Trailläufer:innen. Mit den besten Trainingsbedingungen ausgestattet, verfolgt Lukas dieses Jahr große Ziele. Das Highlight ist wohl die Teilnahme an der Jugend-Weltmeisterschaft im Skyrunning in Andorra. Die kurzen und technischen Distanzen sind es dann auch, auf die sich Lukas in den nächsten Jahren fokussieren will. Aber der Fokus des aufgeweckten Trailrunners endet nicht bei den sportlichen Ambitionen. Klimaschutz ist ein Thema, welches dem Vegetarier besonders am Herzen liegt. Gegen einen Führerschein hat er sich bewusst entschieden.

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» annE StRuijk Mit Anne ins Gespräch zu kommen ist nicht schwer. Mit ihrer offenen Art hat sie unsere Sympathien sofort auf ihrer Seite Schon früh wurde Anne von den sportbegeisterten Eltern sozialisiert und in die heimischen Berge rund um Salzburg mitgeschleppt. Bereits mit 12 Jahren begann sie professionell im Triathlon-Verein zu trainieren. Anne belegte Top-Platzierungen bei nationalen wie internationalen Meisterschaften, startete ein Jahr in der deutschen Triathlon Bundesliga: Über den Weg zum großen Traum, Triathlon Profi werden, berichtet sie: „Das war natürlich nicht immer einfach. Das Training war oft sehr hart. Wenn du nach Luft ringend am Beckenrand hängst, fragst du dich schon manchmal ob das alles Sinn macht.“ Nach einer schwierigen Zeit, in der der Körper nicht mehr mitspielte und sie an Pfeiferschem Drüsenfieber erkrankte, fasste sie den Entschluss: „.Ich geh jetzt studieren und mach erstmal gar keinen Sport mehr.“ Aber irgendwann kribbelte es dann natürlich doch wieder in den Beinen. Die Mama schlägt vor, im September diesen Jahres gemeinsam beim Run2 im Rahmen des Transalpine Runs zu starten. Anne ist dabei. Erst seit einigen Wochen hat sie wieder angefangen regelmäßig zu trainieren. Geht Radfahren, aber meistens doch in Laufschuhen in die Berge: „In der Natur zu sein, gibt mir ein Gefühl von Leichtigkiet und Freiheit, aber auch Sicherheit.“

» LOUIS WACHSMANN Louis hat gute Laune. Eigentlich müsste er im totalen Abi-Stress versinken, aber er spielt es entweder profihaft herunter oder hat eine natürliche Lockerheit. Wir vermuten Letzteres. Der 18-Jährige aus Gotha bei Erfurt hat das Trailrunning entdeckt und lebt es im Thüringer Wald aus. Er lief vor einigen Wochen einen Landschafts-Marathon mit 500 Höhenmetern in 3 Stunden und 14 Minuten. Louis kann also flott laufen und nun, da er hier im Chiemgau, beim ersten Team-Treffen so vor mir läuft, fällt auf, wie souverän und sicher er sich am Berg bewegt. Ein Talent? Ja, offenbar schon. Einer, der vor allem derbe Bock auf diese Sache hier hat. Das mit den Alpen ist keine Unbekannte für Louis. Mit seinen Eltern ist er seit seiner Geburt regelmäßig in Südtirol und am Gardasee und genau dort hat er Trailrunning lieben gelernt. Nun stehen im Teamtrikot zwei Höhepunkte an: Er startet beim Marathon des Rennsteig Laufes und wird beim Zugspitz Ultratrail in Garmisch am Start stehen. Last Minute News: Louis hat natürlich einen rausgehauen und hat in 3 Stunden und 10 Minuten die AK20 des Rennsteig Marathons gewonnen! Gratulation vom Team!

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Foto: Ol ly B ow man © 2022 Patagonia, Inc.


Running Up For Air ist wieder da. Egal, ob du deine Höhenzunahme auf alpinen Trails oder im heimischen Park erläufst, jeder Höhenmeter zählt. Ob 24-Stunden-Ultralauf oder eine Stunde in gemütlichem Plaudertempo - pack die Gels ein, schnapp dir ein paar Freund:innen und erlebe mit uns gemeinsam diesen besonderen Tag mit vielen Höhenmetern und voller Bewusstsein für saubere Luft. Erfahre mehr patagonia-rufa.com


REISE Sardinien

Text & Fotos: BENNI BUBLAK

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THE TRAIL HAUNTED YOUTH . www.thywear.com

Wenn daheim noch Schnee liegt, zieht es unseren Redakteur regelmäßig auf Inseln im Mittelmeer. Dass die Meeres-Trails auf Sardinien aber auch über das Frühjahr hinaus ein wahres Läufer Paradies sind, zeigte sich bei diesem Trip mit Familie und Camper.

Über dem Meer

Was ich an Mittelmeerinseln so mag? Dieses über dem Wasser laufen. Unten prallen die Wellen gegen die Felsen, oben die Profilgummisohle auf die meist anspruchsvollen Trails. Außerdem: Dieser Geruch. Maritim, salzig – dazu eine frische, aber warme Brise. Und die Autos! Autos? Ja genau. Ich mag sie, diese kleinen, alten und zerbeulten Fiats und Co. Mag es, wenn Schlichtheit und Praxistauglichkeit (enge Gassen) obwalten, statt Prunk und Status (Großstadt SUVs). So machten auch wir uns auf den Weg gen Süden, um dem oft schneeschwangeren Tiroler Frühjahr zu entfliehen. Erst mit dem zugegebenermaßen nicht kleinen, aber doch ziemlich zerbeulten Bulli ins italienische Livorno und von dort aus weiter mit der Fähre. Ziel: Die Mittelmeer Insel Sardinien. Eine Insel bekannt für ihre weißen Strände und romantischen Buchten. Für Wassersport und Klettern. Und Trailrunning? Berge gibt es genug. Nicht so hoch wie auf Korsika und nicht so erschlossen wie auf Mallorca – dafür umso wilder und ursprünglicher. Gleich mehrere Regionen laden zum Laufen im Gelände ein: Im Westen zwischen Villacidro und Buggerru, im Süden im Parco del Sulcis, im Norden bei Argentiera oder im Landesinneren rund um das Bergmassiv Gennargentu mit dem höchsten Berg Sardiniens, dem La Punta Lamarmora (1834 m). Wir allerdings entscheiden uns für den Osten und die wohl beliebteste Trailrunning-Region, das Supramonte Gebirge. Zumindest gab es hier bis vor wenigen Jahren noch einen über die Grenzen Sardiniens hinaus sehr beliebten Ultratrail, den Ultratrack Supramonte Seaside. Über dem Meer Der Empfang auf Sardinien ist rau. Stürmischer Wind pfeift uns um die Ohren und durch die Baumkronen und lässt uns die erste Nacht nur unruhig schlafen. Ja Sardinien im April liefert noch keine Schönwettergarantien, wie später in der Hochsaison. Dafür ist die Insel (und die Strände) noch vergleichsweise leer, die Temperaturen zum Laufen erträglicher und die Wassertemperatur perfekt, um geschundene Läuferbeine regenerativ zu kühlen. Für Camper ist die Zahl der offenen Campingplätze um diese Zeit zwar noch eingeschränkt, dafür wird das Freistehen an traumhaften Stellen direkt über dem Meer im


REISE Sardinien

Gegensatz zur Hauptsaison noch geduldet. Schon am nächsten Morgen hat sich der Sturm gelegt. Mein erster Lauf ist anspruchsvoll. Von der Cala Gonone geht es zur Cala Luna. Einer traumhaften Bucht mit weißem Strand und türkis-farbenem Wasser. Der Trail windet sich im steten Auf und Ab immer über dem Meer entlang. Ein sehr gut angelegter und viel begangener Pfad, welcher aber durchweg anspruchsvoll zu laufen ist. Große und scharfkantige Steine behindern das schnelle Vorankommen, erhöhen aber den Spaßfaktor. Am frühen Morgen, noch vor allen Wanderern und Booten, erreiche ich die Cala Luna. Ein paar wilde Kühe flüchten vor mir und die Sonne lacht mir warm ins Gesicht. Ich könnte mich jetzt eine Stunde in den weißen Sand legen und auf den Rest der Reisegruppe warten, die den Strand per Motorschlauchboot erreicht. Aber ich will weiterlaufen, mehr Trails entdecken und diese Energie aufsaugen, die einem der Blick über das Meer in die Beine zaubert. Mein Ziel ist die Cala Sisine, eine weitere Bucht weiter südlich. Doch erstmal muss ich den Weg dorthin finden. Ich stehe vor einer verlassenen Strandbar. Laut meiner Uhr führt der Track genau über das eingezäunte Grundstück. Das Problem: Der einzige erkennbare Hausherr, ein ziemlich laut bellender Hund, scheint mein Passieren nicht mit

Aber ich will weiter laufen, mehr Trails entdecken und diese Energie aufsaugen, die einem der Blick über das Meer in die Beine zaubert

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Wohlwollen zu akzeptieren. Ich rufe laut, warte aber vergeblich auf die Antwort eines Artgenossen und mache kehrt. Ich versuche noch das Grundstück zu umgehen, irre eine halbe Stunde herum, aber keine Chance. Steile Felsen und dichtes Gestrüpp (Macchia nennt sich das stachelige und undurchdringliche Buschland auf Sardinien) versperren den Weg. Weil es so schön war, laufe ich also den kompletten Trail wieder zurück und noch einmal zur Cala Luna, um anschließend in Gesellschaft wieder zurück zu wandern. Strava berichtet mir später, ich sei nun die „Local Legend“ des Teilstücks Cala Fuili nach Cala Luna. Immerhin. Asphalt und Schlucht Am nächsten Tag laufe ich auf Asphalt. Bergan Intervalle stehen auf dem (nicht vorhandenen) Trainingsplan. Nicht gerade meine Lieblingseinheit. Aber mit dem Meer im Rücken lässt sich auch diese Tortur ertragen. Im letzten Abschnitt vor der Bergkante hilft sogar der starke Wind ein bisschen mit und schiebt mich an. Auf dem Rückweg kommt mir eine Radfahrerin entgegen. Das Gesicht kenn ich doch. Judith Wyder weilt ebenfalls auf der Insel und leitet gemeinsam mit ihrem Mann Gabriel ein Trailrunning Camp. Die Weltklasse Athletin aus der Schweiz berichtet mir, dass sie aufgrund einer Beckenfraktur seit mehreren Monaten nicht gelaufen ist. Die Mutter zweier Kinder macht dennoch einen vergnügten Eindruck. Ich wünsche ihr alles Gute und hoffe sie spätestens im Spätsommer in gewohnt starker Form an der Startlinie eines großen Rennens wiederzusehen. Wenn ich mich vor dem Trip nach Sardinien Tipps erkundigte, viel immer wieder der Name Gola Gorropu. Es ist eine von sehr vielen spektakulär tiefen Karstschluchten auf der italienischen Insel. Allein der Weg hinunter vom Passo Gella Silana ist ein Traum. Vorbei an steilen Felswänden, urig und schnörkelig verwachsene Steineichen und alten Hirtenhütten aus Stein (auf Sardinien Pinnetta genannt) schlängelt sich der wunderschön zu laufende Weg. Am Eingang der Schlucht angekommen laden eine Quelle und mehrere Wasserbecken zum Verweilen ein. Wer möchte kann gegen einen kleinen Wegzoll und eine kurze Sicherheitseinweisung noch ein Stück in die Schlucht hineinsteigen. Laufen ist hier nicht mehr möglich. Dafür kann man über riesige Findlinge kraxeln und springen. Wir lassen es für heute gut sein und sparen unsere Kräfte für den steilen Rückweg. Der Trailrunner-Traum Unser Nachtlager schlagen wir an diesem Abend am Fuße der Pedra Longa auf. Eine riesige Felsnadel, die direkt aus dem Meer emporragt. Mehrere Kletterer hängen bei unserer Ankunft in der Wand. Unter ihnen nur Luft und Meeresbrandung. Nur die Ziegen, die uns ebenfalls begrüßen, übertreffen ihrer Kletterkünste noch. Am nächsten Morgen breche ich früh auf. Ein Long Run wartet auf mich. Und was für einer. Die Runde, die ich mir im Routenplaner zusammengebastelt habe, teilweise orientierte ich mich an der Strecke des Supramonte Ultratrails, ist spektakulär. Erst die reinste Singletrail-Ekstase immer gut 50 bis 100 Meter über dem Meer, dann kurz laufbar, später knackig und steinig zur Hochebene über dem romantisch, mitten im Hang gelegenen Dörfchen Baunei. Nun kann man es ein wenig laufen lassen. Allein bin ich selten. Kühe, Ziegen und wilde Babyschweine laufen mir über den Weg. Ein Glück habe ich Track und Karte auf der Uhr. Essenziell in Sardinien. Denn viele Wege und so gut wie keine Markierungen oder Wanderbeschilderungen würden mir sonst das Leben schwer machen. Auch genügend Wasser sollte man auf den langen Touren zwingend mitführen. Das Finale zurück zur Pedra Longa ist spektakulär. Ein steiler technischer Pfad führt in Serpentinen hinunter zum Meer, wo die Wellen gegen die steilen Wände schlagen. Ich lasse es laufen und jubiliere. Wer hier das Trailrunner-High nicht findet, ist selber schuld. Mit dem obligatorischen kurzen Bad im Meer beende ich diesen Läufer-Traum.

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Eine klassischen Gipfel-Tour zum Monte Tuttavista hoch über dem Städtchen Orosei wird meine letzte Trailrunning Tour auf der Insel. Neben der monströsen Christusfigur am Kreuz genieße ich den 360° Rundumblick über Meer und mediterrane Gipfel. Leider auch wieder mit einem Beulchen mehr im motorisierten Zuhause geht es auf die Fähre, die uns zurück ans Festland bringt. Ist aber längst wieder vergessen. Die Energie des Meeres und der darüber liegenden sardischen Trails sind es aber mitnichten und werden mich noch durch die ganze Laufsaison tragen.

3 Traumtrails zum nachlaufen Cala Luna 18 km /600 hm Vom Parkplatz am Hafen in Cala Gonone läuft man über die Straße direkt am Meer zur Cala Fuili. Hier beginnt der anspruchsvolle aber nicht allzu lange Trail zum idyllischen Sandstrand Cala Luna. Von hier gibt es die Möglichkeit, mit dem Boot zurückzufahren (warme Sachen einpacken) und die Tour zu halbieren. Long Run Pedra Longa 24,7 km /1.170 hm Vom Parkplatz Pedra Longa laufen wir auf traumhaften Meerestrails bis nach Santa Maria Navarese. Jetzt kurz über Straßen und Wege ein wenig rollen lassen, bevor es über wunderschöne Trails Richtung Baunei und weiter hinauf geht. Dar finale Downhill zurück zum Meer ist das szenische Highlight dieser äußerst abwechslungsreichen Tour. Cala Mariolu und Cala Goloritze 26 km/ 1300 hm Eine sehr anspruchsvolle, aber auch sehr lohnende Tour zu zwei wundervollen Buchten inklusive Sandstrand. Als erstes sollte man den etwas längeren und schwierigeren Weg zur Cala Mariolu auf sich nehmen. Wer dann genug hat, kann die Tour am Ausgangspunkt beenden und ins Golgo Restaurant einkehren. Wer noch Kraft hat, läuft unbedingt noch zur traumhaften Cala Goloritze hinunter.


EVENT Chiemgau Trailrun

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Nichts weniger als der Sieg beim Chiemgau Trailrun war das Ziel unseres Redakteurs. Aber nicht immer verläuft alles nach Plan. Dann ist der Kopf gefragt. Über die Bedeutung von mentaler Stärke und Selbstgesprächen beim Ultralaufen. Text: BENNI BUBLAK Fotos: PHILLIPP REITER

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Auf dem Trail und im Erfolg angekommen: Anna Hahner gewinnt den CTR Marathon.

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EVENT Chiemgau Trailrun Die Woche vor dem Rennen Ich bin in Top-Form. Behauptet zumindest meine Uhr. Diesmal deckt sich das sogar mit meinem Körpergefühl, was bei weitem nicht immer der Fall ist. Dienstag noch eine schnelle kurze Einheit vor dem Rennen und anschließend nur noch Ruhe. Doch was ist das? Mittwoch wache ich mit Halskratzen auf. Der tiefgelbe Auswurf im Waschbecken lässt nichts gutes Verheißen. Ich will nicht verleugnen, dass kurz Panik in mir aufkommt: „Das kann doch jetzt nicht wahr sein. Nicht schon wieder. Da trainiert man wochenlang für diesen Tag …“. Doch ich versuche mich zu beruhigen. Positiv bleiben. Schnell die (vermeintlichen) Wundermittel einwerfen und Ruhe bewahren. Die mentale Stärke beginnt manchmal schon weit vor dem Startschuss. Der Tag vor dem Rennen Eigentlich sollte man den Tag vor dem Rennen möglichst frei halten. Keine Termine, keine Verpflichtungen, wenig Stress und Bewegung. Mein Pre-Race-Day sah anders aus: Arbeiten, Leute treffen, logistische Probleme lösen und unerwartete Ereignisse managen. Ich stehe also um 18 Uhr (viel zu spät) auf dem Dorfplatz in Marquartstein in der Schlange, um meine Startnummer abzuholen. Der Regen prasselt nur so auf meinen müden Kopf. Die Wettervorhersage für den Renntag lässt keine Besserung vermuten. Mein innerer Monolog beginnt erneut: „Positiv bleiben: Gleich liegst du im Bett und wenn wenige Stunden später der Wecker klingelt, sind die nervigen Vorbereitungen endlich vorbei und du darfst das machen, was dir am meisten Freude bereitet: Mit Startnummer und (hoffentlich) frischen Beinen durch die Berge laufen.“ Der Start Es hat fast aufgehört zu regnen. Nur ein paar vereinzelte Tropfen fallen aus dem immer noch düster-grauen Himmel. Der Startschuss! Alle laufen los. Einer ein bisschen schneller als alle anderen. Immer die Straße hinunter. Ich hinterher- etwas verwundert und gleichzeitig nach Markierungen Ausschau haltend. Müssen wir nicht nach links? Hinüber Richtung Hochgern? Aber der führende Läufer macht keine Anstalten sein Tempo zu drosseln, geschweige denn nach links oder rechts zu schauen. Kurz darauf ruft es von hinten: „Falsch. Hier gehts lang.“ Wir machen kehrt, rennen zurück, um die richtige Abzweigung zu nehmen. Es sind zwar nur hundert Meter. Genug aber, um das frühe Rennen auf den Kopf zu stellen. Waren wir eben noch ganz vorne, sind wir nun die Letzten. Ein paar Sprüche fallen. Auch ich nehme es mit Humor. Wieder heißt es: Cool bleiben. Jetzt nur nicht unnötig Energie verschwenden und mit aller Macht wieder ganz nach vorne Rennen. Als ich nach einem, oder zwei, Kilometern wieder im vorderen Teil des Feldes angekommen bin, hat sich eine Dreiergruppe an die Spitze gesetzt und läuft wenige hundert Meter vor mir. Der eigene Anspruch, dieses Rennen unbedingt zu gewinnen, setzt einen nochmal ganz anders unter Druck. Ich habe diesen Anspruch und versuche dennoch, bei mir zu bleiben und jetzt nicht mit aller Macht die Lücke zu schließen. Wohlwissend, dass meine Stärken in der Länge des Rennens liegen und sehr viele Ultraläufer geneigt sind, zu schnell loszulaufen. Mit diesem Selbstverständnis im Kopf laufe ich mein eigenes Tempo. Als es wenige hundert Höhenmeter vor dem Gipfel steiler und durch Altschneereste unwegsamer wird, schließe ich zur Führungsgruppe auf und setzte mich an ihre Spitze. Halbzeit Seit dem ersten und technischen Downhill laufe ich allein in Führung. Es geht wieder hinauf. Ein kurzer Verlaufer aufgrund eines willkürlich verdrehten Pfeils (warum macht jemand sowas?) prallt noch ab an meinem Schutzmantel aus positivem Denken. Als ich einige Zeit später wieder nach Marquartstein hinunter laufe und den ersten von zwei Loops beende, wird dieser Schutzmantel schon deutlicher gefordert. Die Markierungen zeigen nach rechts in einen Forstweg. Aber ich weiß, dass sich hier die Streckenabschnitte überschneiden. Kein Streckenposten weit und breit, der helfen könnte. Kurze Panik. Doch ich halte kurz inne und treffe mit der nötigen Ruhe die richtige Entscheidung. Ich muss natürlich runter ins Dorf. Die Markierungen nach rechts gelten noch dem Anstieg zu Rennbeginn.

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Bald klingelt der Wecker und ich darf machen, was ich am liebsten mache: Mit Startnummer und frischen Beinen durch die Berge laufen Ich passiere den Start-Ziel-Bereich. Meinen Gel-Nachschub kann ich noch finden, aber keine VP zum Wasser auffüllen. Ich laufe ohne Flüssigkeit weiter, will keine Zeit verlieren. Ob das so schlau war? Ein Glück kommt nach ein paar Kilometern ein großer Bach. Doch die nächste Herausforderung für meinen angespannten Geist wartet nicht lange auf mich. 600 Läufer:innen des Halbmarathons sind unmittelbar vor mir gestartet. Kein Problem auf der Forststraße, aber der Trail hinauf zur Hochplatte könnte schmaler nicht sein. „Sorry darf ich mal durch … Entschuldigung, ich laufe eine andere Distanz …Vielen Dank fürs Vorbeilassen…“ Das viele Reden und an den Leuten vorbeidrücken ist zwar etwas lästig, doch ich rede es mir schön: "Das sorgt immerhin für Abwechslung und der lange Anstieg geht somit gefühlt schneller vorbei." Selbstgespräch Ende. Downhill ins Ziel Hochplatte. Endlich bin ich am Gipfel. War der Aufstieg schon außerordentlich schlammig, so setzt der Gipfeldownhill nochmal einen drauf: Schnee, Regen und Erde haben sich zu einer zentimeterdicken, extrem glitschigen Schlammschicht vereint. Eine weitere mentale Herausforderung? Nicht für mich. Ich grinse: „Umso schwieriger zu laufen, umso besser für mich.“ Auch der weitere, weniger technische, Downhill macht Spaß. Ich bin nicht allein, sondern laufe mit vielen jungen Trailläufer:innen der Halbmarathondistanz zusammen. Mein Zieleinlauf als Sieger der Ultradistanz geht in diesem WirrWarr von Finishern dann etwas unter. Macht aber nichts. Denn mein Kopf weiß Bescheid und verfällt erneut in den inneren Dialog: „Das war heute vor allem dein Verdienst lieber Kopf.“ Ein Hoch auf das Selbstgespräch.


DER RENNVERLAUF

Aber nicht nur auf der Ultradistanz wurden starke Kopfleistungen erbracht. Vor allem über die Marathondistanz war das Feld aufgrund der Zugehörigkeit zur nationalen Golden Trail Serie stark besetzt. Es siegten Anna Hahner (Adidas Terrex) und Tomas Hudec (Inov8). Letzterer profitierte von einem Verlaufer des Schweizers Ramon Manetsch, der sich aber noch Platz zwei sicherte – knapp vor Pierre Emmanuel Alexandre (beide Salomon). Lisa Wimmer und Teresa Kubickova durften neben Anna Hahner auf dem Podium Platz nehmen. Erwähnen müssen wir natürlich auch, dass über 21 und 60 Kilometer die Skyrunning deutschen Meisterschaften des neu gegründeten Skyrunning Verbandes stattfanden. Erste deutsche Meister im Skyrunning dürfen sich daher nennen: Rebecca Robisch und Maximilian Zeus (Sky Classic) sowie Marie-Luise Mühlhuber und der Autor des Haupttextes (Sky Ultra). Ob es diese weiteren Meisterschaften gebraucht hätte, auch angesichts des eher begrenzten Andrangs der nationalen Elite Athlet*innen, darf natürlich diskutiert werden.

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EVENTS Ultra Trail Fränkische Schweiz

Franken-Fete Schmale Waldtrails, technische Wurzel-Downhills, spektakuläre Höhlendurchquerungen – es war höchste Zeit, dass jemand in diesem Trailrunning-Juwel einen Ultralauf aus dem Boden hebt. Wir waren in der Fränkischen Schweiz bei einem ganz besonderen Event-Debüt.

Autor Benni Bublak läuft an einer der vielen Höhlen vorbei

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Text: BENNI BUBLAK Fotos: GERHARD ILLIG, PETER NEUNTEUFEL „Wir sind Debütanten, aber keine Anfänger.“ Ist die flinkzüngige Antwort von Johannes Hendel auf mein zartes Ansuchen eines Finisher Bieres im Ziel von Ebermannstadt. Wahrhaftig: Anfängerfehler suchte man beim UTFS vergeblich. Normalerweise sind wir etwas zögerlich mit der Anmeldung bei Rennen, die das erste mal stattfinden. Schließlich ist es nicht ganz trivial, so ein komplexes Event wie einen Ultratrail zu organisieren. Doch bei diesem Debüt hatten wir keinerlei solcher Bedenken. Was wahrscheinlich auch am authentischen und vertrauenserweckenden Setup dieser Veranstaltung lag: Fünf ortskundige und passionierte Trailrunner, mit dem Ziel ihre geliebten Heimattrails überregional bekannter zu machen, setzen sich zusammen und veranstalten einen Ultratrail. Und weil es auch nicht darum geht, möglichst viele Betten vollzumachen, wird die kluge Entscheidung gefällt, sich beim Debüt auf eine Distanz zu beschränken. 65 Kilometer und 2.500 Höhenmeter. Die Szene spürt, dass hier was Organisches heranwächst und so ist der UTFS in kürzester Zeit ausgebucht.

Sorgen, ob der kurzen Anstiege und der vermeintlich laufbaren Strecke. Doch ein Freund warnt mich vor, ich solle meine Kräfte gut einteilen. Die Anstiege seien zwar kurz, dafür umso giftiger und steiler. 6:30 Uhr. Ebermannstadt. Wir sitzen im Konferenzsaal des Hotel Sonne beim Streckenbriefing, direkt neben dem Start/Ziel Gelände. Länger als fünf Minuten dauert es nicht. Ich merke mir nur: „Markierungen folgen und Kopf runter in den Höhlen“ Pflichtausrüstung? Gibt es nicht. Da die Temperaturen moderat sind, spare ich mir also den Rucksack und verstaue Trinken und Nahrung in der Hose. 7:00 Uhr. Startschuss! Unsere Führungsgruppe besteht auf den ersten flachen Kilometern aus vier Läufern, sprengte sich aber schon im ersten Anstieg. Alexander Westenberger packt die Stöcke aus und legt ein hohes Tempo vor. Der 26-Jahre junge Wahl-Tiroler aus Berchtesgaden ist wohl der heimliche Favorit des Rennens. Und vielleicht zu unrecht noch etwas unbekannt in der Trailszene, gewann er doch im letzten Jahr zwei lange Ultratrails (Hochkönigman und KAT100) in souveräner Manier. Die ersten Kilometer laufen wir zu zweit vorneweg. Singletrail reiht sich an Singletrail (insgesamt weist die Strecke sehr beachtliche 80% Singletrail-Anteil auf). Der erste Downhill führt uns in Spitzkehren hinunter nach Muggendorf. Schon nach 12 Kilometern ist klar, dass es die Organisatoren geschafft ha-

Die Fränkische Schweiz ist mir gänzlich unbekannt. Die Erinnerungen meines ersten und letzten Aufenthalts in selbiger, ein Kurzurlaub in früher Kindheit, sind vollständig aus dem Gedächtnis gelöscht. Als Trailrunner, der sich fast ausschließlich im alpinem Raum bewegt, mache ich mir etwas

Drittplatzierter Matthias Krah beim Zielinterview

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TRAINING EVENTS UltraDieTrail Top5 Fränkische der Dehnung Schweiz ben, die schönsten Trails der Region in einer langen Schleife zu vereinen. Im nächsten Anstieg lasse ich Alex ziehen. Ehrlich gesagt, glaube ich in dem Moment nicht daran, ihn vor dem Ziel wieder zu sehen. Zu stark erscheint seine Performance, insbesondere in den Anstiegen. Das Tempo ist hoch, die Steigungen im ersten Teil noch moderat und daher gut laufbar. Die mit Laub bedeckten aber trockenen Trails machen Spaß. Nach gut 30 Kilometern meldet sich meine rückseitige Beinmuskulatur, der dieses Tempo wohl nicht ganz so viel Freude bereitet, wie meinem endorphin geschwängerten Gehirn. Etwas zu früh. Da fehlte krankheitsbedingt wohl doch der ein oder andere Long Run in der Vorbereitung. Ich muss ein bisschen rausnehmen, um ein Finish nicht zu gefährden. So geht es weiter, kämpfend auf den Geraden, etwas besser in den Up- and Downhills. Ich rechne damit eingeholt zu werden, doch von hinten kommt nichts. Immer wieder passieren wir kleine Schluchten, senkrecht in die höhe ragende Kletterfelsen und pittoreske Burgen. Oft kann man es im Vorbeirasen erahnen: Wenn man jetzt die Zeit hätte, um nur fünf Meter weg vom Weg auf den Felsen zu steigen, die Aussicht über das Wiesenttal wäre traumhaft. Doch dafür bleibt keine Zeit. Ich laufe noch immer einsam auf Platz zwei. Das große Highlight des Laufs wartet kurz vor Kilometer 50. Sehr steil und leicht ausgesetzt geht es über Felsen und wurzeln einen Aussichtsfelsen hinauf. Linker Hand sieht man schon den Downhill. Doch die Streckenführung sagt rechts abbiegen in den Downhill. Hä? Wie kann das sein? Eine paar Sekunden später präsentiert sich mir die Antwort: Wir laufen durch die 65 Meter lange Oswaldhöhle. Mitten durch den Fels. Am Eingang rufen Streckenposten: „Arme hoch“. Halb gebückt laufe ich durch die ziemlich dunkle und sehr glitschige Höhle und gleich danach einen technischen Downhill hinunter . Am letzten Verpflegungsposten dann die Überraschung: Alex läuft gerade hinaus, als ich ankomme. Ich weiß, ich müsste jetzt nochmal alles raushauen. Mir einen harten Fight um diesen ersten Platz liefern. Doch in meinem (scheinbar) wenig kompetitiven Oberstübchen toben andere Gedanken: „Wie jetzt? Du warst doch schon seit 20 Kilometern fein damit, ohne große Hektik auf Platz zwei ins Ziel zu laufen. Jetzt nochmal pushen? Och nö.“ Als mir dann im folgenden Uphill zweimal gesagt wird, ich seie zwei Minuten hinten dran, nimmt mein lahmender Geist das als willkommene Ausrede: „Zu viel. Zwei Minuten sind zu viel. Das wird nichts mehr.“ Nur noch zwei flache Kilometer. Und da ist er schon wieder. Wenige hundert Meter vor mir. Das gibts doch nicht. Alex scheint Probleme zu haben. Ich forciere also doch nochmal das Tempo. Hole alles aus den müden Beinen, was der streikende Kopf so freigeben will. Doch es reicht nicht ganz. Alexander Westenberger gewinnt vollkommen verdient den ersten Ultratrail Fränkische Schweiz. 21 Sekunden nach ihm, nach 5 Stunden und 55 Minuten, laufe ich über die Ziellinie. Zuerst etwas verwirrt ob des überraschend aufregenden Finales, später aber ziemlich zufrieden mit mei-

nem sicher alles andere als perfekten, aber unter den gegebenen Vorraussetzungen doch ziemlich optimal verlaufenem Saison-Auftakt. Noch dazu mit einem weiteren traumhaften Ultratrail über noch traumhaftere Pfade im Gepäck. Schnell habe ich auch das versprochene (alkoholfreie) Weizen in der Hand. Ein Traum! Auf dem prall gefüllten Marktplatz in Ebermannstadt sitzend, genießen wir den Nachmittag und freuen uns mit jedem Finisher. Auf Platz drei läuft Matthias Krah mit blutendem Kopf ins Ziel. Er hatte sich in der Oswaldhöhle etwas zu früh wieder aufgerichtet. Lisa Wimmer gewinnt souverän und in starker Zeit die Frauenkonkurrenz (vor Jana Seel und Judith Hofmann). Als Sieger darf sich aber ein jeder der über 200 Finisher:innen fühlen, bekommt er oder sie doch einen handgefertigten Finisherpokal in die Hand gedrückt. Ein Stück fränkischer Fels. Passt auch viel besser als so ein vergängliches Finisher Shirt aus Plastik zu dieser Veranstaltung. Der Ultratrail Fränkische Schweiz! Ein Lauf, da sind wir uns sicher, der sich prächtig einreihen wird in den Reigen der authentischen und geliebten Mittelgebirgs-Klassiker à la Lamer Winkel und Co.

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Knapp aber verdient: Alexander Westenberger gewinnt den Ultratrail Fränkische Schweiz (und zwei Wochen später auch den 100er beim IATF)

Nur noch zwei flache Kilometer. Da ist er schon wieder. Wenige hundert Meter vor mir. Das gibts doch nicht.


ADVERTORIAL

Total starke Aussichten Vom Wiener Wald bis zur Nordkette oberhalb von Innsbruck reichen die Vorbereitungen zu einem der schönsten Trail-Highlights im Sommer 2022, dem Montafone Totale Trail. Nora und Théo haben sich für den MTT so einiges vorgenommen ... Eine Läuferin. Ein Läufer. Ihre Wege, die sie auf Trails führten, sind unterschiedlich, aber ihr Ziel ist dasselbe – Nora und Theo wollen den MTT, den Montafon Totale Trail bezwingen. Nora Havlínová, 27, lebt in Wien und hat eine beeindruckende, sportliche

Biografie, denn vor nicht allzu langer Zeit stand sie professionell auf dem Volleyball-Feld. Dass sie alle Motivation, allen Trainingsfleiss und Talent nun in die Lauf- und Trailschuhe mit hinüber nimmt, eröffnet dann doch so einige Perspektiven. Ihren ersten Marathon finishte sie in 2:56:57 und damit

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deutlich unter der 3-Stunden-Marke. Beim Wings for Life Run tauchte das Catcher-Car erst bei Kilometer 46,64 an ihrer Seite auf. Und nun? Nun müssen die Challenges auf alpinen Trails her, denn Nora ist - wie sagt man so schön - komplett im Trailfieber! Für dieses Jahr stehen also neben einigen Wettbewerben der Golden Trail Series, der Montafon Totale Trail auf ihrem Programm. Ihr Motto, einfach die Trailschuhe zu schnappen, keinen Plan zu haben und den Abenteuern entgegen zu laufen, hört sich klasse an, aber so ganz mögen wir ihr dieses planlose Vorgehen nicht abnehmen. Nora scheint eine ambitionierte Sportlerin zu sein, eine die noch einiges vor hat und bei diesen Fähigkeiten und Voraussetzungen dann doch für mehr als nur den Spaß laufen wird. Für schnelle Zeiten, für ausgezeichnete Platzierungen und wer weiß – für den Sieg? Beim MTT sehen wir Nora auf der 11 Kilometer Distanz.


Was ist der Montafone Totale Trail?

Die Streckenführung der drei Distanzen Berglauf, Trail und Ultra, mit 11, 33 und 47 km sowie 1.200, 3.300 und 4.200 hm bleiben im Wesentlichen gleich. Auch die Bewerbe für den Nachwuchs, der Bambini, Kids und Juniors Trail, werden wieder stattfinden. Neu ist, wie sich der MTT online präsentiert: Die Silvretta Montafon hat gemeinsam mit On eine neue Website für die Veranstaltung und Community lanciert: montafontotale.at. Für den MTT anmelden können sich alle Läufer:innen bis zum 07. Juli 2022 um 18.00 Uhr direkt auf der Website. www.montafontotale.at

Der leistungsstarke Partner On

Die Schweizer Outdoor Brand On ist Hauptsponsor des MTT und Partner der Tourismus Region Silvretta Montafon. Innerhalb des Produkt-Portfolios findet man bei On eine Reihe innovative und ausgereifte Trailrunning-Schuhe, die perfekt zu den Ansprüchen der MTT-Strecken und alpiner Trails passen. www.on-running.com

Théo Lothodé, 29 Jahre alt, lebt in Innsbruck. Er hat also die Nordkette immer im Blick. Wenn er von alpinem Trailrunning spricht, ist das genau das, was er täglich von der Haustüre weg erlebt. Theo geht das mittlerweile durchaus ambitioniert an. Beim Innsbruck Alpine Trail und beim Mayrhofen Ultras stand er bereits auf dem Podium, beim MTT will er das in diesem Sommer über die in der 33k-Distanz gerne wiederholen. 2022 soll die Saison für Theo werden. Er will ganz vorne dabei sein und redet nicht lange um den heißen Brei herum – er will den MTT gewinnen und sein großes Highlight, den CCC (im Rahmen des UTMB) unter den Top 20 beenden. Aber es geht natürlich nicht nur um Bestzeiten und Wettkampf-Erfolge, denn Theo sieht im Trailrunning vor allem eines: Freiheit! Dabei ist er von dieser Leistungsfähigkeit seines eigenen Körpers fasziniert. Wo der ihn überall hintransportiert, wie zuverlässig und schnell, zaubert ihm ein Dauergrinsen ins Gesicht.

VERLOSUNG Gewinne mit dem Trail Magazin und On zwei Startplätze beim MTT (Distanz deiner Wahl), ein Paar On Cloudvista, sowie eine Hotelübernachtung im Montafon. (Anreise ist wenige Wochen später individuell) Die Verlosung findet vom 10. bis 12. Juni auf Instagram statt. www.instagram.com/ trailmagazin

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TRAINING Teil 2/2 Wettkampfpace

Text: LARS SCHWEIZER Fotos: L

Jetzt stehst du also am Start deiner Träume, beim Trail-Wettkampf für den du lange trainiert hast und nun musst du eigentlich NUR noch laufen. Laufen, essen und trinken. Aber wie schnell oder langsam? Alles über das richtige PACING!

DEIN

E

TEMPO!

Es ist so weit, nach langem und aufopferungsvollen Training steht endlich der lang ersehnte Wettkampf an. All die Mühen der vergangenen Monate sollen nun nicht umsonst gewesen sein. Die unzähligen Intervalle und langen Läufe bei schlechtestem Wetter, Alltagsstress und Entbehrungen. Doch wie geht man das große Ziel am besten an? Welche Pacing Strategie bzw. Methode solltest du am besten wählen? Das falsche Pacing kann dein lang erarbeitetes Ziel unerreichbar machen. Das gewählte Tempo auf der Strecke wird entscheiden, ob man das Ziel in der anvisierten Zeit erreichen kann, deutlich langsamer ist oder eventuell sogar gar nicht ankommt. Auf einer klassischen Distanz wie 10km auf der Straße ist das Pacing relativ schnell abgehakt. Lief das Training entsprechend nach Plan, so kann man recht einfach

die Intensität festlegen, in welcher der 10km Lauf angegangen werden sollte, in diesem Fall kann der Wettkampf so ziemlich genau bei 100% der Anaeroben Schwelle gelaufen werden. Dieses Spiel lässt sich bis zum Marathon und vor allem bei flachen Distanzen sehr einfach fortführen. Richtig interessant wird das Tempo erst, wenn weitere Einflüsse wie längere Distanzen, Höhenmeter, Steigungen, Temperatur und Untergrund hinzukommen. Hier entscheidet das richtige Pacing nicht nur über die neue Bestzeit, sondern auch darüber, ob man überhaupt ankommt. In einer Studie aus dem Jahr 2017 von Arthur Henrique Bossi mit dem Titel „Pacing Strategy During 24-Hour Ultramarathon-Distance Running“ wurden die Zeiten der Läufer:innen untersucht, welche mehr als 19 Stunden unterwegs waren. Dabei zeigte sich, dass der Unterschied zwischen den Spitzenläufer:innen und den anderen Teilnehmer:innen vor allem im gleichmäßigen Tempo lag. Der größte Unterschied der Geschwindigkeit der Spitzengruppe zum restlichen Teilnehmerfeld wird hier in der Stunde 13 bis 21 erzielt.

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Doch welche Arten von Pacing bieten sich am besten für den Wettkampf an? Das Repertoire reicht von klassisch nach Herzfrequenz oder Pace über exotischere Methoden wie Watt oder RPE. In den erklärenden Kästen erläutere ich die jeweiligen Vor- und Nachteile der verschiedenen Pacing Arten. Bevor ich die jene am Beispiel der Zugspitz Ultratrail Strecke veranschauliche, empfiehlt es sich daher zuerst die Kästen durchzulesen.

Das falsche Pacing kann dein lang erarbeitetes Ziel unerreichbar machen. Das gewählte Tempo auf der Strecke wird entscheiden, ob man das Ziel in der anvisierten Zeit erreichen kann.


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TRAINING Erster Saisonhöhepunkt Teil 1/2

Deine PACE nach Herzfrequenz Text: LARS SCHWEIZER Fotos: JULY TURIN

Die Herzfrequenz ist normalerweise das einzige Mittel im Pacing, das wirklich verrät, wie stark man sich gerade anstrengt bzw. wie hart der Körper gerade arbeiten muss, um Leistung zu erbringen. Die Herzfrequenz berücksichtigt auch äußere Einflüsse wie Temperaturen, Ermüdung, Aufregung oder auch einen Infekt, der vielleicht noch nicht ganz überstanden ist. Außerdem ist die Herzfrequenz auch die einzige Messgröße, welche die Tagesform berücksichtigt. Die Berücksichtigung dieser Einflüsse sind der große Vorteil des Pacings nach Herzfrequenz. Wenn man an einem heißen Tag nur nach Pace oder Watt läuft, ist die Gefahr hoch, das Tempo zu überziehen und frühzeitig Probleme mit der Energie zu bekommen. Das gleiche gilt für schlechte Tagesform oder auch Müdigkeit und Stress. Auch im welligen oder steilen Gelände ist die Messgröße Herzfrequenz die einzige, auf die man sich verlassen kann. Pace und Watt machen hier nur bedingt Sinn bzw. sind sogar zum Teil komplett unbrauchbar. Aber trotz all diesen Umständen hat die Herzfrequenz in Sachen Pacing auch Nachteile. Um optimal mit Herzfrequenz pacen zu können, musst man seine Herzfrequenzbereiche genau kennen. Hierzu empfiehlt es sich, eine Leistungsanalyse zu machen, um diese zu ermitteln oder von seinem Trainer einstellen zu lassen. Um richtig mit Herzfrequenz zu pacen, muss man die Länge und Charakteristik des Rennens genau betrachten. Die Länge des Wettkampfs bestimmt die erlaubten Herzfrequenzbereiche. Für einen Halbmarathon ist die Herzfrequenz Grenze natürlich höher als für einen Ultratrail im alpinen Gelände. Aber nicht nur die Länge spielt hier eine entscheidende Rolle, sondern auch die Charakteristik des Rennens. Gibt es nur einen langen Anstieg oder gibt es mehrere kurze Anstiege im Wechsel mit Downhill-Abschnitten, in denen man sich eventuell sogar ein bisschen erholen kann.

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Wie ihr seht, hat jede Methode seine Vor- und Nachteile. Auf welche Variante man am besten zurückgreift, hängt neben der Art des Rennens vor allem von den Erfahrungen, den Trainingsdaten und der eigenen Disziplin ab. Exemplarisch möchte ich dies einmal an der Strecke des diesjährigen Zugspitz Basetrail XL erläutern. Die Strecke führt 2022 über 48 Kilometer von Leutasch nach Garmisch-Partenkirchen. Hierbei gilt es, knapp 1.800hm im Aufstieg und über 2.100hm im Abstieg zu bewältigen. Die Strecke lässt sich sehr gut in zwei Teile unterteilen. Der erste mit dem An- und Abstieg über das Scharnitzjoch und der zweite Part mit der welligen, gut laufbaren Strecke bis ins Ziel. Auch auf diesem Abschnitt gibt es ein bis zwei Anstiege, welche je nach Leistungsstand nicht laufbar sein werden. Der erste Anstieg zum Scharnitzjoch überwindet über 800 Höhenmeter auf vier Kilometer. Das Gelände ist an-


fangs noch gut laufbar, wird dann aber felsdurchsetzter und der Untergrund wechselt von lockerer Erde zu lockerem Gestein im oberen Abschnitt. Das wichtigste bei diesem Rennen ist, sich besonders in diesem Abschnitt nicht zu überpacen und zu viele Körner zu ver-

schwenden. Hierzu eignet sich am besten das Pacing nach Herzfrequenz oder RPE. Wenn man den Anstieg gehen wird, macht die Pace und die Watt keinen Sinn. Nehmt Euch hier eine Herzfrequenz vor, die ca. bei 90 – 92 Prozent der Herzfrequenz an der Anaeroben

Deine PACE nach Geschwindigkeit

Das Tempo nach Geschwindigkeit, also min/km, ist für flache Strecken auf denen man eine gewisse Zielzeit erreichen will, die oberste Wahl. Schafft man es die Pace zu halten, dann erreicht man auch sein Ziel. So simpel und einfach ist das Pacing nach Geschwindigkeit. Durch die Pace hat man aber von der ersten Sekunde an eine direkte Rückmeldung über die Intensität. Im Gegensatz zur Herzfrequenz, fällt es einem nach Pace leichter, das Tempo vor allem im ersten Teil des Rennens nicht zu schnell oder zu langsam anzugehen, weil die Herzfrequenz sich erst einmal einpendeln muss. Der Nachteil daran ist, dass das sofort nicht mehr funktioniert, wenn man die Strecke nicht genau kennt, bzw. die Strecke eben doch nicht nur flach ist. Das Gelände zwingt einen dann zu einer höheren Anstrengung, um die vorgenommene Pace noch halten zu können und dadurch bewegt man sich auf einmal außerhalb seines vorgenommenen Energieverbrauchs. Äußere Einflüsse wie Temperatur, Tagesform oder Höhe werden hier nicht berücksichtigt.

Deine PACE nach Wattmessung

Das Pacing nach Watt ist noch nicht so weit verbreitet, wie das Pacing nach Pace doch es kommt durch diverse Möglichkeiten, Watt beim Laufen zu messen, immer mehr in den Fokus. Hier ist vor allem wichtig zu beachten, dass die Wattwerte weder zwischen den Läufer:innen noch zwischen den Uhrenherstellern oder Footpods verglichen werden dürfen. Die zu leistende Wattzahl variiert vom eigenen Gewicht und muss auch durch Lauftests oder ständige Trainingsauswertung bestimmt werden. Auch sollte man wissen, dass die verschiedenen Arten, die geleistete Power zu messen, auch ihre Schwächen haben bzw. unbrauchbar sind. Das gilt zb. für das Gehen/Steigen an langen oder steilen Anstiegen oder das Laufen im technischen Gelände. Hier liefert die Wattanzeige keine verlässlichen Daten und man muss auf RPE oder Herzfrequenz zurückgreifen. Der große Vorteil des Pacing nach Pace liegt vor allem an einer durchgängigen laufbaren Steigung oder bei Bergintervallen im Training. Hierbei hat man mit Watt die einzige, wirklich zuverlässige Rückmeldung über seine momentane Leistung.

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Schwelle liegt oder bei RPE 6-7 von 10. Oben angekommen kann man sich erst einmal etwas regenerieren, denn dann folgt der Abstieg vom Scharnitzjoch. Versucht hier die Beine nicht zu schnell laufen zu lassen, um die Muskeln nicht schon auf diesem Abstieg zu stark zu ermüden. Ist man am Hubertushof angekommen, folgt eine flach bis wellige Passage bis nach Mittenwald. Hier kann man entweder weiter über Herzfrequenz und RPE laufen, oder wenn verfügbar über Watt oder Pace. Anschließend wird es wieder steiler in Richtung der Partnach Alm. Hier kann man wieder auf RPE oder Herzfrequenz umsteigen. Ihr seht also, dass das Pacing sehr entscheidend ist, ob das Training der letzten Wochen und Monate auch wirklich Früchte tragen wird, oder man in nur einem Rennen alles wieder zunichtemachen kann. Versucht Euch, im Vorfeld so viel wie möglich über das Rennen zu

Auf welche Variante man am besten zurückgreift, hängt neben der Art des Rennens, vor allem von den Erfahrungen, den Trainingsdaten und der eigenen Disziplin ab.


TRAINING Erster Saisonhöhepunkt Teil 1/2 Deine PACE nach RPE

RPE ist die „Rate of Perceived Exertion”, der Grad der empfundenen Anstrengung. Hierbei wird das Rennen nach der gefühlten Anstrengung gelaufen. Dies erfordert vor allem zwei Dinge: Erfahrung und Disziplin. Beim Laufen nach RPE ist entscheidend, wie gut man seinen Körper kennt und wie gut man sich ehrlich einschätzen kann. Das Pacing nach RPE ist vor allem auf langen Wettkämpfen die beste oder sogar einzige Möglichkeit. Sollte das Rennen länger als 30 Stunden dauern, kommen die meisten GPS-Uhren unter Einsatz von Herzfrequenz oder exaktem GPS Tracking an die Grenzen ihrer Akkuleistung und reduzieren ihre Genauigkeit. Gleichzeitig kann ein Herzfrequenzgurt zu Scheuerstellen oder Problemen mit dem Rucksack führen.

informieren. Eventuell kann man Abschnitte auch schon im Voraus einmal ablaufen, um hier die richtige Krafteinteilung auszumachen und die Gegebenheiten vor Ort in Sachen Untergrund, Gelände und Steigung zu kennen. Sollte dies das A-Rennen in dieser Saison

sein, dann lohnt sich der Aufwand. Und in der Vorbereitung einen spezifischen Lauf zu absolvieren, ist sowieso nie verkehrt. Ich wünsche Euch viel Erfolg bei Eurem geplanten Wettkampf!

Das Pacing nach RPE ist vor allem auf langen Wettkämpfen die beste oder sogar einzige Möglichkeit. Sollte das Rennen länger als 30 Stunden dauern, kommen die meisten GPS-Uhren an ihre Grenzen.

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PUSH YOUR PACE PULSAR TRAIL FAST, RESPONSIVE AND FUN FOR YOUR DAILY TRAIL RUNS.


MOMENT Dieser Ausgabe

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Ida und Hannes

Er hat es schon wieder getan: Hannes Namberger läuft beim Penyagolosa Trail in Spanien Streckenrekord. Immer dabei: Freundin und Supporterin Ida. Wir haben uns schon so daran gewöhnt, dass diesem Typen aus Ruhpolding alles gelingt, was er anpackt, dass er wirklich jedes Rennen mit einer Top Platzierung beendet, da geht fast unter, wie viel Arbeit, Akribie und Trainingsfleiß jedesmal damit verbunden ist. Auch eher im Hintergund aktiv, aber keinesfalls untergehen sollte ein weiterer, wesentlicher Baustein von Hannes Erfolg: Freundin Ida. Während einer die ganze Nacht durchläuft, fährt die andere von Checkpoint zu Checkpoint, wartet stundenlang in der Kälte (es war wirklich ungewöhnlich kalt bei diesem spanischen Klassiker Mitte April) und klaubt alte klebrige Gelpackungen auf. Nur, um für ein paar Sekunden in Aktion zu treten, Soft Flasks und Kohlenhydrate in viel zu enge Rucksacktaschen zu drücken und, wahrscheinlich am wichtigsten: Einfach nur da zu sein.

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REPORT Phänomen Community-Runs

GESPÜR

Über zwei Jahre war das mit dem Laufen in der großen Gruppe irgendwie nicht so richtig drin. Umso größer die Vorfreude auf das Revival unserer REVIERGUIDES. 5 Teilnehmer berichten uns, warum so ein CommunityRun mit anderen für sie so besonders ist. 82

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ALLE

FÜR

Text: DENIS WISCHNIEWSKI, CLEMENS NIEDENTHAL Fotos: CLEMENS NIEDENTHAL


REPORT Phänomen Community-Runs Hallo, wir sind zurück. Nach über vier Jahren, nach mehr als zwei Jahren Pandemie-Gedöns und der Entscheidung, dass das Laufen in einer großen Gruppe, ungezwungen und ohne Wettkampf-Stress, eine, wenn nicht DIE Sache für uns überhaupt ist. Kurzum: Der Revierguide ist wieder da. Wir blicken zurück. Zweimal war ein Revierguide-Treffen by Trail Magazin bereits in Köln-Bonn, genauer gesagt, auf Trails im Siebengebirge. Einmal vor fünf Jahren und einmal vor rund sieben Jahren. Beide Male waren das, vor allem in der Retrospektive, irrsinnige Lauftreffs. Irrsinnig deshalb, weil unserer Einladung damals 200 oder gar 300 Leute folgten. Wir brachten die Wanderparkplätze an den Rande der Überfüllung, wir teilten die Teilnehmer:innen in zig verschiedene Gruppen ein und fast 15 lokale Guides führten durch ihre Hausstrecken und über ihre Lieblingstrails. Das waren Wochenenden, die sich bis heute tief in mein Gedächtnis brannten, es entstanden Freundschaften, die bis in die Gegenwart wirken. Ich übertreibe nicht, wenn ich behaupte, dass unser Sport durch eben jene Revierguide-Events ein Gesicht, eine Struktur, eine Szene bekam. Vieles davon ist heute noch sichtbar. Man behauptet, es gäbe Revierguide-Ehen, Revierguide-Scheidungen und sogar Kinder. Glückliche Kinder. Eigentlich dachten wir, dass wir genug in Gruppen gelaufen wären, dass wir als Magazin unseren Dienst an der Szene getan hätten, dass die, die zusammengehören längst vereint sind. Dann kam Corona, und damit das mit den Abständen. Man sollte alleine laufen, durfte maximal zu zweit oder zu dritt laufen, dann wieder alleine und zwischendurch sehr verkrampft in kleiner Zahl. So richtig Freude kam da nicht auf. Faust auf Faust zur Begrüßung und möglichst wenig Atem der anderen abbekommen. Dieses Aprilwochenende im Siebengebirge sollte anders werden. Es sollte so etwas wie ein Neuanfang sein. Endlich wieder unbegrenzt und etwas näher und enger und verbindlicher. Auf der langen Fahrt in die 7 Hills, hatte ich viel Raum darüber nachzudenken, wieso mir dieses Revival des Revierguides, dieser Communityrun im allgemeinen plötzlich wieder so wichtig ist. Wieso bin ich komplett voller Vorfreude mit 50, 60 oder 100 Leuten zu laufen? Man sagt doch, dass Trailrunning seine Qualitäten hätte, wenn man mit sich, dem Berg, dem Atem, dem Trail, Flora, Fauna allein ist.

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Rosa Räderscheidt, Köln Ehrlich? Ich laufe schon auch gerne alleine. Das ist für mich sogar eine der großen Qualitäten dieses Sports: dass man ihn alleine machen kann. Manchmal läuft man zu sich hin und ein anderes mal von sich weg. Läuft es gut, findet man wieder zu sich. Auch dafür liebe ich und brauche ich das Laufen. Gruppenläufe wie diesen Revierguide mag ich aber genauso. In diesem Fall ganz besonders, weil ich heute morgen noch aufgebrochen bin, ohne auch nur einen oder eine zu kennen, von der ich wusste, dass er oder sie heute auch hier im Siebengebirge sein wird. Dennoch oder gerade deswegen habe ich mich bis jetzt eigentlich permanent mit anderen Läuferinnen und Läufern gut unterhalten und fühlte mich echt abgeholt. Wenn es gut läuft, entstehen daraus neue Kontakte, Lauffreundschaften. Auch wenn ich, wie gesagt, das mit dem Laufen manchmal auch ganz für mich alleine brauche.


Anke Dargel, Bochum Was mir gleich aufgefallen ist: Die Guides hier im Siebengebirge sind alles Männer – wenn auch echt nette Jungs zugegeben. Da hat Trailrunning noch Nachholbedarf. Ich denke da etwa an bestimmte Gravelbike-Events, bei denen die Anmeldung bewusst in den ersten Tagen nur für Frauen freigeschaltet ist. Das motiviert und sorgt für eine Niederschwelligkeit, die es braucht, damit dieser Sport weiblicher und überhaupt diverser wird. Was ich damit genauso sage: Hiermit bewerbe ich mich unbedingt auch mal als Guide und zwar bei mir im Ruhrgebiet. Grundsätzlich glaube ich nämlich an die positive Wirkung von Gruppenprozessen, wie sie bei so einem Lauf entstehen. Hat man ja heute an der Stimmung gemerkt.

Ich will Menschen sehen. Menschen wollen Menschen sehen. So ist das eben. Man kann dieses Verlangen unterdrücken, man kann es für eine definierte Dauer unterbinden, aber es bleibt. Der Text könnte vermutlich hier enden. Siebengebirge also noch einmal und wieder. An diesem Samstag, der uns bei viel Sonne den Frühling vortäuscht und in Wirklichkeit bitterkalt ist. Alte Bekannte rollen an - im Auto, im E-Mobil, in Fahrgemeinschaften, auf Gravelbikes. Da umarmen sich welche innig, andere bevorzugen die Faust, andere den traditionellen Handschlag. Eines ist allen klar – das hier ist ein Neubeginn und für die allermeisten der erste große „Lauftreff“ seit über zwei Jahren. Es sind auch welche hier, die vor sieben Jahren bereits unter diesen 250 waren, die so etwas wie „Trail-History“ erlebten und gestalteten. Hach. Seufz. Der Ort Königswinter ist für dieses Wochenende unser Start- und Zielort. Nur unweit von Bonn entfernt liegt dieses Städtchen fast kitschig vor Romantik inmitten dieser insgesamt sieben rechtsrheinischen Hügel, die sich mit dem großen Ölberg auf maximal 460 Meter Höhe erheben. Für die lokalen Trailrunner ist diese Region das perfekte Gebiet, um sich in Form zu bringen. Dass ein Redakteur, der in den Alpen lebt auch in den 7 Hills an seine Klettergrenzen gelangt, ist kein Mythos. Dazu später etwas mehr. Im Grunde ist auch dieses Revival so wie es „früher“ einmal war. Da sind eine Handvoll dieser ambitionierten Typen, die beim Laufen in der schnellen Gruppe, auf der langen Distanz darüber berichten, wie es sich so auf dem Podium anfühlt, wie das mit dem UTMB-Start ist und was der Trainingsplan so spricht. In der Breite folgen dann die Genußläufer:innen, die hier genug Zeit haben zu plaudern, weil die Laufpausen ausgeprägter sind. Diesmal sind keine 250 hier dabei und das hat wohl erstaunlich wenig damit zu tun, dass unser Sport oder die Community kleiner geworden wäre – im Gegenteil – nein, es ist die enorme Entwicklung im Trailsport, die dafür sorgt, dass an diesem Samstag und Sonntag 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch den frischen Ostwind

Matthias Vergers-Geisinger, Brühl Was so eine Veranstaltung wie diesen Revierguide einzigartig macht: Man hat ein kleines Abenteuer vor der eigenen Haustür, das nicht viel kostet. Ein schönes Mikroabenteuer, bei dem alle mitmachen können und zu dem jede:r herzlich eingeladen ist. Man lernt Leute kennen, man lernt Regionen kennen, man sammelt Erlebnisse, von denen man lange zehrt. Als Guide kann ich aus eigener Erfahrung und voller Überzeugzung sagen: Anderen ein solches Erlebnis zu ermöglichen ist noch einmal viel schöner und beglückender als nur mitzulaufen und dabei zu sein. Solltet Ihr alle mal bei Euch Zuhause ausprobieren.


REPORT Phänomen Community-Runs

Benjamin Fuchs, Wehrheim Community Runs sind immer eine Chance, Leute kennenzulernen, die alle Ihre Geschichten, ihre eigenen Geschichten mitbringen und andere, also zum Beispiel mich, dann damit wiederum inspirieren.Ich hoffe natürlich, dass mir das mit der Inspiration für andere umgekehrt genauso gelingt. Gerade in so einer kleine Szene, wie es die Trail-Comunity noch immer ist, empfinde ich solche Einladungen wie diesen Revierguide als Geschenk. Es braucht nicht mehr als einen freien Samstag und man hat eine tolle Zeit mit tollen Menschen. Jeder und jede kann kommen, alle dürfen und sollen mitmachen. Und dazu zählen ganz unbedingt auch die Stunden. die man danach noch beim Kaffee oder beim Bierchen zusammensitzt.

Da stehen welche in hauchdünnen Splitshorts und andere in fleecegefütterten Tights. Ganz viele gute Leute, ganz unterschiedlicher Couleur.

Tina Ratke, Bonn Ich bin schon häufiger im Siebengebirge unterwegs gewesen, schließlich sind das ja meine Hausberge, meistens allerdings alleine. Deshalb fand ich es total cool, heute mit so vielen Anderen gemeinsam zu laufen. Mit Leuten beispielsweise, denen ich bereits auf Strava folge und die ich nun endlich mal leibhaftig gesehen habe. Wobei ich bei Strava gar nicht darauf achte, wie schnell jemand ist, wie viele Kilometer er oder sie runterspult und was für ein krasser Athlet eine:r ist. Ich schaue mir die Bilder und Profile der Strecken an und denke, dass ich genau diese Runde auch gerne laufen würde. Wenn jemand so richtig Bock auf die Berge zu haben scheint, dann bleibe ich hängen. Und wenn sich dann wie heute eine angenehm entspannte Möglichkeit zum Kennenlernen ergibt, ist das richtig klasse. Gerade weil dieser Revierguide ein Format zu sein scheint, bei dem sich niemand in den Vordergrund spielen muss.

Der zweite REVIERGUIDE by Trail Magazin & Salomon findet vom 23. bis 25. September im TAUNUS bei Frankfurt statt. www.trail-magazin.de

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rennen und sichtlich froh sind, sich gegenseitig wieder zu haben. Wir fragen uns freilich schon, wieso damals bei diesen frühen Revierguides gut doppelt und dreifach so viele Leute am Start waren? Es gibt wohl viele verschiedene Antworten. Zum einen mag Corona an diesem Aprilwochenende noch immer dafür sorgen, dass viele krank zu Hause sind, noch nicht wieder lauf-fit sind oder in einem Trainingszustand, in dem man lieber ganz alleine, nur für sich etwas trabt und ungern von anderen „getrieben“ wird. Mehr als verständlich. In so einer Gruppe ist man schnell verleitet, über eben jene Grenzen zu gehen, die sonst eher weiter entfernt liegen. Noch eine Antwort die Sinn macht ist wohl die Tatsache, dass im April 2022 mehr Trailrunner als früher in einer direkten Wettkampfvorbereitung stecken, an einem Wettkampf teilnehmen, oder eben selbst bei einem ganz anderen Communitytreffen durch ein ganz anderes Revier rennen – nicht mit einem anderen Trailrunning-Magazin, aber privat, mit Freunden, dem Club, dem Verein. Es hat sich viel getan in den letzten sieben Jahren. Wir laufen los. Einige wenige Meter durch den Ort, unter den Gleisen, über den Parkplatz der Bundesbahn und direkt, sehr direkt in einen armbreiten Trail. Die Gruppe zieht sich wie eine Perlenschnur, es geht steil nach oben, die Gespräche verwandeln sich in lautes Atmen. Jede:r ist bei sich und doch alle unfassbar zusammen. Die Guides koordinieren: wer läuft welche Distanz, wer welche Tempogruppe? Carsten, Sebastian, Thomas, Zwiebel, Markus, Rudi und Lars behalten den Überblick, kennen so ziemlich jeden Meter in diesem Mittelgebirge. Und Matt? Matt wird an diesen beiden Tagen mit einer beeindruckenden Ruhe den Exklusiv-Guide spielen, so sehr selbstlos und für alle jene da, die Speed für das ganz bewusste Laufen eingetauscht haben. Über den Lauf an diesem Samstag könnte man Unmengen an kleinen Geschichten erzählen. Beispielsweise, dass wir genau dort liefen, wo einst Bill Clinton bewacht von Bodyguards und verzückt von Monica Lewinsky, joggte. Bonn eben. Dort war ja einst die Weltpolitik, bevor sie nach Berlin wanderte. Ich stelle mir jedenfalls sehr ausgeschmückt vor, wie dort zu Bundesrepublik-Zeiten Diplomaten mit dicken Bluthochdruck-Köpfen und ihren Königspudeln umherjoggten, pausierten und mit den ersten Mobiltelefonen dubiose Geschäfte vereinbarten. Sie beendeten die Telefonate mit Sätzen wie „Okay, okay, dann haben wir uns ja verstanden!“, legten auf und joggten weiter. Nach drei ziemlich spaßigen Stunden, die so verspielt, vertrackt und komplex durch das im Oligozän entstandene Gebirge führen und für alle Nicht-Lokals kaum nachvollziehbar sind, geben wir die Testschuhe zurück, rubbeln uns trocken und folgen dem Kaffee-Duft in dieses nette Café am Bahnhof. Dort fährt der Puls nach unten, der Zuckergehalt nach oben und wir lauschen den beiden Vorträgen – Laura und Carsten kennen sich nämlich nicht nur im Siebengebirge aus, sondern wissen uns auch von Trail-Urlauben auf Island und den Färöer Inseln zu berichten. Die beiden sind als Ehepaar übrigens so etwas wie eine RevierguideRomanze. Ziemlich viel, was bei den Beiden heute Familie, Liebe und Leben ist, hat den Ursprung bei einem unserer Community-Runs. Es ist Sonntagvormittag. Der Himmel ist sehr blau, die Sonne hat freie Fahrt und doch will es auch heute nicht warm werden. Wer würde sich beschweren, wenn es trocken ist, wenn Punkt 10 Uhr 70 Leute darauf warten, gemeinsam durch den Wald zu rennen. Die einen haben Hitze, die anderen frieren an den Fingerkuppen. Da

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stehen welche in hauchdünnen Splitshorts und andere in fleecegefütterten Tights. Ganz viele gute Leute, ganz unterschiedlicher Couleur. Ob es eine gute Idee ist, heute mit den Schnellen auf die lange 26 Kilometer-Runde zu gehen? Für die ersten 15 Kilometer ist meine Idee ganz gut. Nahezu perfekt. Dann ist sie für 5 Kilometer zumindest bedenkenswert und ab Kilometer 20 eine ganz und gar schlechte Idee. Am letzten langen Anstieg, der für mich als Alpenbewohner eigentlich ein Klacks sein sollte, leide ich. Die Gruppe der Schnellen – es sind so 8 oder 9 – verschwinden aus meinem Sichtfeld. Am „Gipfel“ warten Sie entspannt, beäugen mich mitleidig und rennen weiter. Im letzten Downhill hinab nach Königswinter, hinab zur Torte und zum Kaffee haue ich alles raus was in mir ist. So ein Revierguide kann eben doch auch ein Wettkampf sein. Er kann ein entspannter, sehr sozialer Gruppenlauf sein und in einem Moment ein gnadenloser Kampf mit sich selbst. Für mich endet das Wochenende in vollster Zufriedenheit in Sarahs´Cafe. Mit den Leuten, die ich so vermisst habe, mit dem Gefühl vollkommen zerstört zu sein und doch alles richtig gemacht zu haben. Taunus. Im September. Da machen wir weiter. 4/2022


INTERVIEW Alex Dautel

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Die Zeit ist jetzt!

Wer Ultras läuft, muss auch das Gleichförmige mögen. Zumal wenn man wie Alexander Dautel dabei schon mal Deutscher Meister wird. Naheliegend also bei den langen, laufbaren Dingern zu bleiben. Doch den Merrell-Athleten zieht es stattdessen zum Skyrunning. Von einem, dem es leichtfällt, loszulassen. Interviewi: CLEMENS NIEDENTHAL Fotos: ALEXIS BERG

Diese Geschichte beginnt im Sommer 2016 in einem Stadtpark im bürgerlichen Süden von Berlin. Höhenmeter am Stück: vielleicht 24. Während eines Workshops im urbanen Laufen abseits befestigter Wege – erinnert sich noch jemand an Citytrail? – kam da ein junger Kerl vorbei und fragte, ob ich seiner Downhilltechnik auf die Sprünge helfen könnte, er würde in zwei Wochen bei den Deutschen Meisterschaften im Ultratrail starten. Konnte ich nicht wirk-

lich. Alexander Dautel wurde dennoch Vizemeister bei der beim Bilstein Ultra Marathon ausgetragenen DM. Fortan notierte man den Namen Alexander Dautel häufig gerade anlässlich offizieller Meisterschaften. Es folgten zwei weitere Vizemeisterschaften im Ultratrail an der Zugspitze und im Maintal, ein Deutscher Meistertitel über 100 Kilometer auf der Straße, und, als vielleicht größter Erfolg, die Bronzemedaille im Team bei den Weltmeisterschaften über

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100 Kilometer in 2018. Dennoch hat man den heute 33-Jährigen nie als typischen Kaderathleten wahrgenommen, ganz im Gegenteil. Es erstaunte, ja verwirrte geradezu, mit welcher Locker- und Bescheidenheit der gebürtige Franke mit heutigem Wohnsitz in Graz immer auf und neben der Strecke aufgetreten ist. Mit verplauderten Kilometern oder mit Löchern im Obermaterial seiner Laufschuhe, beides bei offiziellen Deutschen Meisterschaften.


INTERVIEW MEINUNG Alex Dautel - was treibt uns an? STRECKENWettkampflaufen Ab durch die Mitte Wenigstens letzteresBUBLAK wird es künftig Text & FOTOS: BENNI nicht mehr geben, Alexander Dautel ist seit vergangenem Herbst Teamläufer für Merrell. Auch darüber hinaus hat sich sein Fokus verschoben. Er, der ultrastarke Ultraläufer, hat sich für dieses Jahr ausgerechnet die technische Skyrunner World Series ausgeguckt. Was dann doch wieder gut zu einem Menschen passt, der kein Problem damit hat, ein paar Schritte ins Ungewisse zu gehen. Alex, läufst Du gerade? Na, ich sollte wohl. Schließlich starte ich in knapp drei Wochen mit dem Madeira Skyrace (das Interview führten wir Mitte Mai, Anm. d. Red.) so richtig in die Saison. Um den versteckten Witz dieser Frage aufzuklären: Vor dreieinhalb Jahren hattest Du mir anlässlich der spektakulären Bronzemedaille mit dem deutschen Team bei der 100k-Weltmeisterschaft auf der Straße noch erzählt, dass Du eigentlich nur vor einem Rennen wirklich trainierst. Oh ja, ich erinnere mich (lacht). Aber auch damals bin ich schon immer laufen gegangen, nur eben frei Schnauze. Wenn einer 5k all out auf der Bahn machen wollte, na klar. Und wenn ein paar Freund:innen locker durch Wald cruisen wollten, auch gerne. Wirklich konsequent auf ein Rennen hingearbeitet habe ich sechs, allenfalls acht Wochen davor. Ich hatte immer das Gefühl, die Spannung physisch und vor allem mental nicht länger halten zu können. Manchmal war die Vorbereitung auch deutlich kürzer. Bei den Deutschen Meisterschaften über 50k 2019 bei Berlin hattest Du Dich erst ein paar Tage vor dem Rennen entschlossen, überhaupt zu starten. Weil meinem Team, der LG Nord Berlin, ein Starter abhandengekommen war und sie mich für die Teamwertung brauchten. Klar wusste ich, dass das nicht mein bestes 50k-Rennen wird. Aber letztlich beschreibt es meine Einstellung zum Laufen ganz gut. Ich tat das für den Verein, auch ein stückweit für den Spaß und die Erfahrung. Aber

„Klar hätte das leistungsmäßig total Sinn gemacht, mich auf die hundert Kilometer auf der Straße zu spezialisieren. Auf dieser Distanz war ich Deutscher Meister und Dritter im Team bei einer WM. Aber ich hatte das Gefühl, das Thema ist für mich auserzählt.“ es stimmt schon: Ich mache mir nicht wirklich den Druck, immer unbedingt das Beste liefern zu müssen.

so richtig weiß, was ich wirklich draufhabe. Umso cooler, wenn ich noch ein wenig vorne mitmischen könnte.

Erklärt das die Lockerheit, mit der ich Dich bei all Deinen spektakulär guten Ergebnissen immer erlebt habe? Am Donnerstag bei einem Rennen anmelden, am Freitag ins Auto setzen und am Samstag laufen: diese Spontanität hat mir schon ziemlich getaugt. Gleichzeitig ist mir aber auch klar, dass ich da ziemlich in meiner eigenen Bubble gelaufen bin. Wenn ich eben gemerkt habe, dass die Form stimmt, habe ich mir ein Rennen gesucht. Es ist schon eine andere Sache, jetzt zu wissen, dass ich Ende August in Chamonix beim TDS am Start stehen werde und auf den Punkt topfit sein sollte.

Was denkst Du, hast Du denn drauf? Ich weiß, dass ich runter besser bin als hoch, ich kann ganz gut den Kopf abschalten und einfach los, und dass ich flach eh ziemlich gut kann. Auch bergauf bin ich deutlich besser geworden, seit ich in Graz lebe. Das ist zwar noch nicht richtig hochalpin hier, aber genügend Berge gibt es schon. Momentan arbeite ich also vor allem am Uphill und ein bisschen an der Kraft. Dennoch: Mich so richtig in die Skyrace-Szene reinzuwerfen, diese Entscheidung hat schon ein paar Abende Überlegung gebraucht.

Der TDS also, ein Klassiker des Genres. Wir sehr siehst Du Dich als immerhin dreimaliger deutscher Vizemeister im Ultratrail schon wirklich im alpinen Laufsport angekommen? Ich bin halt aus dieser Berliner Laufszene. Da läuft man schon auch Trails, aber, hey, das ist dann eben die Harzquerung. Rückblickend war es echt mein Glück, dass die Deutschen Meisterschaften im Ultratrail 2017 mal nicht im Mittelgebirge sondern beim Zugspitz Ultratrail waren, und ich so das mit den wirklichen Bergen eher zufällig ausprobieren durfte und Blut geleckt hatte. Wobei der ZUT ja nicht mit einem richtigen Skyrace zu vergleichen ist. Ich will jetzt auf jeden Fall noch eine Menge neuer Erfahrungen sammeln, und ganz bewusst etwas machen, wo ich selbst noch nicht

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Letzteres glaube ich sofort. Zumal Routine gerade auf den Ultradistanzen eine harte Währung ist, ein echtes Kapital. Wäre es Dir zu langweilig geworden, einfach den ganz langen, laufbaren Dingern treu zu bleiben, die Dir doch so gut liegen? Gute Frage. Vielleicht ist schon etwas dran, dass mir nach einer Weile langweilig wird. Deshalb laufe ich inzwischen auch Trails – wegen der Abwechslung und wegen den tollen Landschaften. Klar hätte das leistungsmäßig total Sinn gemacht, mich auf die 100 Kilometer auf der Straße zu spezialisieren. Diese Distanz bin ich im Wettkampf viermal gelaufen und jedes Mal besser geworden. Auf dieser Distanz war ich Deutscher Meister und Dritter im Team bei einer WM. Aber ich hatte irgendwann das Gefühl, dass dieses Thema für mich auserzählt ist. Es war einfach nicht mehr die


krasse Challenge. Bei Trailläufen, gerade den technischen, alpinen Dingern, bin ich in gewissen Momenten noch ein echter Anfänger. Die Entscheidung in Deinem ersten Jahr als Merrell-Athlet ausgerechnet in der sehr technischen und alpinen Skyrunner World Series zu starten, auf Madeira eben oder

etwa in Tromsø, hat uns gerade deshalb doch überrascht. Tatsächlich habe ich selbst immer das Gefühl gehabt, dass ich besser werde, je länger ein Rennen ist. 100 Kilometer kannte ich von der Straße. Essen kann ich gut, langsam laufen kann ich gut und mag ich gern. Also dachte ich lange, dass ich auch auf den Trails auf die wirklichen Ultradistanzen gehen sollte. Dann habe ich mich im vergangenen Jahr selbst mit einem schnellen Marathon überrascht … … in 2:21 Stunden … … der eigentlich nur ein Vorbereitungslauf für den Zugspitz Ultratrail sein sollte, der dann ja abgesagt worden ist. Ich hatte also gemerkt, dass mir die auf Anschlag gelaufenen Sachen schon auch liegen.


INTERVIEW Alex Dautel Hat Dein neuer Ausrüster Merrell diese Entscheidung beeinflusst? Gar nicht. Merrell wollte nur gerne, dass ich während der UTMB-Woche dabei bin, also in Chamonix. Für den Ultra-Trail du Mont-Blanc selbst haben mir die Qualipunkte gefehlt, deshalb der TDS, zumal viele sagen, dass das das landschaftlich schönste Rennen ist. Vielleicht wäre es logischer gewesen, beim kürzeren OCC zu starten, der mit seinen 55 Kilometern noch näher an den Skyrace-Distanzen ist, auf die ich mich in diesem Jahr eigentlich konzentriere. Aber das ist dann wohl wieder meine Neugier, dass ich mich weniger rational, sondern nach Lust entscheide.

worden, und das ist inzwischen auch in Deutschland angekommen. Die Leute, gegen die ich vor vier oder fünf Jahren so gelaufen bin, sind jetzt alle in einem Team. Und es wird ja auch schwerer, ohne Team zu bestimmten Rennen zu kommen. Ich war eine lange Zeit damit glücklich, so vor mich hinzuwurschteln, habe jetzt aber deutlich gemerkt, dass mir, wenn ich mich selbst nochmal fordern und überraschen will, professionellere Strukturen helfen. Nicht zuletzt waren sie bei Merrell einfach supernice und sind ohne großen Druck und großes Bohei auf mich zugekommen. Zumal mir auch die Schuhe wirklich taugen.

Als lustgeleitet habe ich auch Deine Entscheidung gewertet, lange ohne Sponsoren zu laufen. Warum hast Du das mit 33 Jahren geändert? Der Sport ist einfach professioneller ge-

Welches Modell, oder welche Modelle, läufst Du? Inzwischen total gerne den Long Sky, seit der neuen, zweiten Generation. Der Skyfire ist noch etwas direkter und unmittelbarer, was ich bei Laufschuhen

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eh gern mag. Umgekehrt bin ich aber auch schon im Agility Peak gestartet, der merklich komfortabler und fast schon speedgoatmäßig daherkommt, zumindest für Merrell-Verhältnisse. Ertappst Du Dich manchmal dabei, Dich zu fragen, auf welchem Niveau Du heute laufen würdest, wenn Du vielleicht schon mit Anfang oder Mitte 20 in die Alpen gezogen wärst? Ehrlich? Kein Sekunde. Ich in superfein damit, wie es gelaufen ist und auch extrem froh über meine Zeit in Berlin und in Kopenhagen und über die Erfahrungen in anderen Laufformaten. Wenn ich schon vor zehn Jahren mit den alpinen, technischen Läufen angefangen hätte, hätte ich vielleicht längst schon wieder aufgehört.


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Gletscher bewältigt werden. Jede Etappe endet an einem Ort mit entsprechenden Nächtigungsmöglichkeiten bei einem unserer Pitztal Trail Partnerbetrieben – Gepäcktransport inkludiert. Der Pitztal Trail kann individuell gelaufen werden oder mit zusätzlichen Annehmlichkeiten, wie Unterkunft, Gepäcktransport und Wäscheservice beim Tourismusverband Pitztal gebucht werden. Die Trail Running Partnerbetriebe sind die idealen Basislager an den einzelnen Etappenzielen des Pitztal Trails. Ausgestattet mit perfekten Routenkenntnissen und flexiblen Frühaufsteher-Frühstück sind Trail Runner hier bestens aufgehoben und können sich stressfrei und bequem auf Ihren Lauf konzentrieren.


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Satz mit X ... ... das wird was. Die Davos X-Trails haben sich auf laufbaren, oft spektakulären Trails neu erfunden, ohne die Gene des legendären Swiss Alpine Marathon zu verleugnen. Ein Gespräch mit Seriensiegerin und Lokalmatadorin Jasmin Nunige Jasmin, meine älteste Erinnerung an den Swiss Alpine Marathon ist ein Davos-Urlaub mit meinen Eltern. Auf einer Hütte setzen sich ein paar Läufer zu uns an den Tisch und einer sagt, Du, der neben Dir gewinnt morgen. Ich hielt das für einen Witz, aber es war Peter Camenzind, der dann dreimal in Folge gewinnen konnte. Nicht ganz so oft wie Du. Was sind Deine ersten Erinnerungen an das Rennen? Ich bin ja in Davos aufgewachsen, bin wirklich eine Einheimische. Der Swiss Alpine Marathon war einfach immer

da, nur das damals noch niemand vom Trailrunning oder vom Ultrarunning gesprochen hat. Das war halt ein Berglauf. Ich bin schon früh auch selbst mitgelaufen, zum ersten Mal noch auf der kurzen, flachen Distanz von Davos nach Filisur. Der Swiss Alpine Marathon war in gewisser Weise tatsächlich eine Pioniertat für das, was dann später alles aus dem Laufen in den Bergen werden sollte. Du sprichst von der Ära, bevor Trailrunning überhaupt zu Trailrunng geworden ist. Wie sah für

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Dich das Laufen in den Bergen damals aus? Ich war ja Skilangläuferin und bereits im Schweizer Nationalkader. Natürlich haben wir damals im Sommer laufend trainiert. Weil es sowas wie Trailrunningstöcke noch gar nicht gab, haben wir unsere Langlaufstöcke gekürzt. Nun sind die Davos X-Trails merklich alpiner als es der Swiss Alpine Marathon war, Stöcke braucht man aber nicht unbedingt ... Das war uns, also dem Organisationsteam, auch wichtig. Nicht immer schnel-


ler, höher, weiter, krasser. Sondern Strecken die laufbar bleiben, sowohl für die Top-Athlet:innen. aber genauso für Hobbyläufer:innen, die eine neue Herausforderung, ein neues Erlebnis suchen. Vor fünf oder zehn Jahren musste ja jede:r mal einen Straßenmarathon gelaufen sein. Aber diese Entwicklung ging weiter und dort sehe ich jetzt die Davos X-Trails: Sie sind abwechslungsreicher, trailiger und landschaftlich noch mal spektakulärer als der Swiss Alpine Marathon, aber doch noch ein Trailrennen. Es war einfach an der Zeit, diesen Lauf in die Gegenwart zu holen. Ich war zur Premiere vor zwei Jahren selbst auf der Strecke und teile Deinen Eindruck. Habt Ihr die einzelnen Läufe nochmal verändert? Ganz bewusst nicht. Erstens finde ich die Routen ziemlich perfekt. Nehmen wir etwa die Königsdistanz Diamond. Die Strecke ist mit 68 Kilometern etwas kürzer, als der alte Swiss Alpine Marathon, hat dafür mehr Höhenmeter und deutlich mehr trailige Passagen. Tatsächlich ist Aspahlt inzwischen die absolute Ausnahme. Und zweitens weiß ich aus eigener Erfahrung als Athletin, dass man sich ja auch vergleichen möchte. Mit Freunden oder Freundinnen oder mit der eigenen Zeit aus dem Vorjahr. Ein Rennen braucht diese Kontinuität, um ein Klassiker zu werden. Hast Du eine Lieblingspassage? Einige. Ein Highlight ist sicher der Panoramatrail vom Scarlettapass hinüber zum Sertigpass, ein exponierter Höhenweg gut 2.200 Meter über dem Meer. Das einzige Problem ist, dass der Trail durch die Bodenerosion jedes Jahr wieder ein wenig abrutscht und im Frühjahr mühsam aufgebaut werden muss. Ehrlicherweise vermag niemand zu sagen, wie lange wir den Panoramatrail noch laufen können. Auch der lange Downhill hinunter nach Monstein mit seinen vielen Kehren ist traumhaft schön. Ich trainiere auf beiden Teilstücken auch regelmäßig.

Gerade hat Petter Engdahl mit mir in Davos trainiert. Er wäre gerne geblieben. Wir haben das Terrain für lange, schnelle Einheiten. Wir finden easy 1000 Höhenmeter am Stück. Und eine Tal-Höhe von 1500 Metern taugt zum Höhentrainingslager gen zwei befreundete Athlet:innen zu Besuch, den Schweden Petter Engdahl und Tony McCann aus Südafrika. Petter ist jetzt weiter nach Chamonix, Tony nach Lavaredo, wo sie sich auf die Rennen dort vorbereiten. Und beide meinten, dass sie eigentlich viel besser in Davos hätten bleiben können. Hier hätten sie das passende Terrain auch mal für schnelle, lange Einheiten. Hier finden sie easy tausend Höhenmeter am Stück und eine Tal-Höhe von gut 1.500 Metern darf man auch nicht unterschätzen. Davos taugt definitiv für ein Höhentrainingslager. Umgekehrt ist die Höhe natürlich auch fordernd. Wie sollten Sportler:innen damit umgehen? Wenn es passt, bereits eine Woche früher zu den X-Trails anreisen und das Rennevent mit einem Uralub verbinden. Dann läuft es sich ohnehhin entspannter. Umgekehrt kann es aber effektiver sein, wirklich erst am Vortag anzu-

kommen. Erfahrungsgemäß nämlich funktioniert man am ersten Tag in der Höhe noch ziemlich okay, am dritten Tag geht aber vielleicht gar nichts mehr. Darüber hinaus macht sich die Höhe ganz generell im Rennen bemerkbar. Also: Langsamer starten und die erste Stunde ruhiger machen, rechtzeitig ans Essen denken und viel, wirklich viel trinken. Du hast den Urlaub angesprochen, merkst Du in Davos inzwischen, dass Trailrunner:innen so alltäglich geworden sind wie etwa Mountainbiker:innen? Ich würde definitiv sagen, dass dieser Sport hier bei uns auch abseits von Rennevents oder expliziten Trainingsläufen seit, drei vier Jahren ziemlichen Zulauf hat. Wobei die Übergänge ja fließend sind. Man kann bergan ja auch stramm wandern und hat trotzdem den Vorteil einer leichten Ausrüstung und nicht die schweren klobigen Wanderstiefel an den Beinen. Und: Man kann alle Wan-

Die Lokal-Heldin Jasmin Nunige wird 1973 in Davos geboren. Sie ist bereits als Bergsportlerin und Langläuferin aktiv, als der Swiss Alpine Marathon 1986 zum ersten Mal ausgetragen wird. Die Olympiateilnehmerin im Skilanglauf in Lillehammer kommt durch ihren Ehemann, den französischen Leichtathleten Guy Nudige, später endgültig zum Laufen. Ihr Lokalrennen wird die Physiotherapeutin und Mentaltrainerin bis heute acht Mal gewinnen. 2016 siegt sie zudem beim 90 Kilometer langen Ultravasan in Schweden mit Streckenrekord.

Wie würdest Du die Qualität der Region Davos-Klosters als Trailrunning-Destination ganz generell beschreiben? Oh, da lasse ich doch einfach mal andere sprechen. Ich hatte bis vor wenigen Ta-

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ADVERTORIAL Davos X–Trails derwege ja auch, in seinem Tempo, rennen. Wobei ich schon das Ziel habe, dass alle vier Distanzen des X-Trails bald fest als Trailrunngstrecken signalisiert, also ausgeschildert, und bei Strava angelegt sind. So etwas ist dann noch einmal eine ganz andere Motivation. Apropos Motivation: Für was motivierst Du Dich gerade? Ich starte in diesem Jahr tatsächlich an der Zugspitze über die 68 Kilometer. Die Königsdistanz des Swiss Alpine beziehungsweise der X-Trails habe ich inzwischen ja bereits achtmal gewonnen, da war es mal Zeit für eine neue Herausforderung. Starten werde ich vierzehn Tage danach bei den X-Trails aber wohl trotzdem. Vermutlich auf der Gold-Distanz locker unter die Läufer:innen gemischt. Auch, um einmal ganz unmittelbar zu erfahren, was die Teilnehmer:innen während eines solchen Rennens beschäftigt und bewegt.

Das Rennen...

... haben wir vor zwei Jahren selbst in Augenschein nehmen können und waren begeistert von den logisch in die Bündner Alpen gelegten Schleifen, die teilweise uralten Handelspfaden über den Scarlettapass folgen, dann wieder exponierten Trails weit jenseits der 2.000 Höhenmeter. Rund zwölf Kilometer vor dem Ziel der beiden langen Distanzen schenkt eine sympathische Privatbrauerei in Davos-Monstein Bier aus, mit und ohne Alkohol. Zieleinlauf im Sportstadion von Davos. Diamond: Samstag, 30 Juli, Start: 7 Uhr in Davos, Zielschluss 20:45 Uhr in Davos, 67 Kilometer, knapp 3.000 positive Höhenmeter, Highlights der Strecke: Dischmatal, Scalettapass, Panoramatrail, Sertigpass, Fanezfurgga, Monstein, Sertig Dörfli. Gold: Samstag, 30. Juli, Start: 7 Uhr in Davos, Zielschluss: 17 Uhr in Davos, 42,7 Kilometer, gut 1.400 positive Höhenmeter, Highlights der Strecke: Dischmatal, Scalettapass, Panoramatrail, Sertigpass, Sertig Dörfli. Silber: Samstag, 30. Juli, Start: 9:40 Uhr in Klosters, Zielschluss: 14:30 Uhr in Davos, 23,6 Kilometer, 630 positive, 270 negative Höhenmeter, Highlights der Strecke: Monbiel, Stützbachschlucht, Wolfgangpass, Davosersee Bronze: Samstag, 30. Juli, Start: 8:30 Uhr in Davos, Zielschluss: 10:30 Uhr in Davos, 9,3 Kilometer, 160 positive Höhenmeter, Highlights: Wildboden, Clavadel www.davos-xtrails.ch

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MORALFRAGE Basecamp

Der Berg ruft – oder willst Du ihn nur hören? Liebe Redaktion, Ich bin mit meinem Leben im Großen und Ganzen sehr glücklich. Ich habe einen okayen Job, momentan zwar keine Beziehung, aber jede Menge Freunde im und genauso abseits des Sports. Seit ich 30 geworden bin, ertappe ich mich aber bei dem Gedanken, es später einmal zu bereuen, diese eine Chance nicht ergriffen zu haben: es einmal ausprobiert zu haben mit dem Leben in den Bergen. Dabei geht es mir gar nicht darum, plötzlich ein großartiger Athlet zu werden. Ich würde nur gern auch mal meine Feierabendläufe auf einer Berghütte ausklingen lassen und beim Downhill meine 500 Höhenmeter am Stück haben. Ist das naiv von mir? Stelle ich meinen persönlichen Spaß zu sehr in Vordergrund? Marius aus Solingen

Ach Marius, ist das Leben nicht ohnehin schon ernst genug? Und außerdem: So unernst klingen Deine Gedanken doch gar nicht. Was uns vor allem gefällt ist, dass Du sie aus einer intrinsischen Motivation heraus formulierst. Du willst im Sonnenuntergang auf einer Berghütte sitzen und nicht andere mit neuen Bestzeiten beeindrucken oder auch permanent so tolle Bilder aus den Bergen posten. Dein Job sei okay, schreibst Du. Okaye Jobs gibt es viele. Aber ob das mit guten Freund:innen genauso ist? Manche Dinge sehen aus der Ferne einfach spielerischer und spektakulärer aus. Instagram-Profile zum Beispiel. Was wir damit sagen wollen: Es könnte gut sein, dass es nicht an Deinem Lauftalent liegt, dass das mit den Bergen und Dir doch nicht nur großartig werden wird, sondern an Deinen eventuell allzu romantisierenden Erwartungen. Du kennst

die Berge vielleicht bereits ganz gut, aber eben aus dem Urlaub oder von Reisen zu Rennevents. Damit aber genug unserer Skepsis – jetzt sprechen wir Dir Mut zu. Trau Dich, Nur: Was spricht gegen ein Sicherheitsnetz? Vermiete Deine Wohnung erstmal unter. Frag Deinen Chef, ob Du nicht zunächst ein Sabatical nehmen kannst. Du bist nicht auf der Flucht, sondern auf der Suche. Kein Grund, alle Türen hinter Dir zuzuschlagen und alle Verbindungen zu kappen. Am Ende geht es doch darum, den Ort zu finden, an dem Du ganz bei Dir sein kannst. Und nicht um irgendwelche idealtypischen Vorstellungen eines Lebens als Trailläufer:in. Frage Dich also ganz unbedingt auch: Wo würde ich denn am liebsten sein, wenn das mit dem Laufen so gar nicht meine Sache wäre? Bei Deinen Freund:innen in Solingen? Dann hebe Dir die Berge auch weiterhin für den Urlaub auf.

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Frage Dich ganz unbedingt auch: Wo würde ich denn am liebsten sein, wenn das mit dem Laufen so gar nicht meine Sache wäre?


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30. Juli 2022 Wie Diamanten funkeln und strahlen die Trails der abwechslungsreichen Strecken durch Täler, über Pässe und durch malerische Dörfer.

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Die Strecken 68 km Diamond 43 km Gold 23 km Silver 10 km Bronze Am 29. Juli 2022 findet der Kidsrun statt.

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