NEWS & JOURNAL / ELEKTRONIK / PRAXISTEST: ALLES ÜBER STÖCKE
TRAIL MAGAZIN
DAS LAUFMAGAZIN NR.1 FÜR TRAILRUNNING
05
Wieviel Geschwätz verträgt der Trail? Deutschlands neue Trail-Elite!
IM TEST
EVENTS
- Zugspitz Ultratrail -Western States 100 by UTMB -Eiger Ultratrail by UTMB -Restonica Trail -Marathon Mont Blanc -Lavaredo Ultratrail by UTMB
10 Regenschutzjacken,
die allen Wettern trotzen
Sonnenbrillen für
365 Lauftage ... Trailschuhe und mehr! Myvirtualtrail: Trail-Marathon auf schwäbisch
SPECIAL F
MEINUNGEN:
ÜBUNGEN & TIPPS, UM EINE LANGE SAISON UNVERLETZT ZU LAUFEN
Schwarz auf Weiß: Eine ganz eigene Trail-Ästhetik
WWW.TRAIL-MAGAZIN.DE
AU RÜCKBLICK RAIL DIE MEGA-T WM IN INNSBRUCK
STABIL!
SPOT
ÖSTERREICH € 9,20 SCHWEIZ SFR 13,50 LUXEMBURG € 9,70 ITALIEN € 11,30 SPANIEN € 11,30 FRANKREICH € 11,30
2023 September Oktober
TRAINING
FOTOS
DEUTSCHLAND € 8,40
REISE
TYPEN
Südtirol: Bozen, Benni: Trails der Ritten, der zwischen Taunus Wein & die Trails & Chamonix
RACE FLAG CAPSULE Die Legende lebt Gebaut mit Präzision und Fachwissen. Ein Sortiment, das von unserer Herkunft inspiriert ist. Erfolge und Leidenschaft für Trailrunning.
EDITORIAL Liebe Freunde und Freundinnen, liebe Alle, es ist August. Es ist Hochsommer. Unser Sport hat, wenn wir in saisonalen Mustern denken, so etwas wie den Höhepunkt erreicht. Die hohen Berge sind schneefrei, die Alpen sind nun in all ihren Facetten unser Stadion, der Spielplatz schlechthin. Wir haben unseren Sommerurlaub auch für und mit dem Trailrunning verplant und all die harten Trainingsläufe und Sessions sollen sich nun bei einem Trailmarathon oder gar Ultratrail bezahlt machen. Als ob all das, was bis jetzt in diesem Jahr war, nicht schon genug wäre – eine WM in Innsbruck, die ein Sommermärchen war, viele neue Events und immer und immer wieder neue Rekorde, Bestzeiten und neue Namen in den Ergebnislisten. Trailrunning hat definitiv die Zeit seines Lebens. Um diese Sache dreht sich momentan wirklich viel, und dass wir all dies als Fachmagazin ganz eng und intensiv begleiten dürfen, macht Freude, macht Spaß und lässt uns brennen. Mit dem beispiellosen Aufstieg unserer Art des Laufsports, wachsen auch kritische Stimmen. Bei allem Wachstum gibt es auch Dinge, die eben nicht nur wunderbar sind. Aus einem einst überschaubaren Sport wurde ein Massen-Phänomen, das viele neue Menschen für sich gewinnt und einige andere zurückschrecken lässt. All das wollen wir als Magazin aufzeigen, wollen darüber berichten, was läuft und was nicht. Trailrunning ist kein Stadionsport, es ist kein Sport, der sich nach überall hin skalieren lässt. Es ist ein Sport mit Haltung und einer hohen Verantwortung gegenüber seinem „Playground“. Lasst uns alle gemeinsam künftig genau hinschauen, wo es mit diesem ganz besonderen Laufsport noch hingeht. Wir haben es eben auch selbst unter den Füßen, was aus dem Ding künftig noch alles wird.
4 Menschen dieser Ausgabe
Benni Fuchs
Einer, der fast überall am Start steht und sich Hals über Kopf ins Traillaufen verknallt hat. Ein ehemaliger Punkrocker und Fitnessstudio-Besitzer, der einiges vor hat. Seite 34
Katharina Hartmuth
Sie war der Superstar der Trail-WM in Innsbruck und holte im Longtrail eine Einzelmedaille. Katharina Hartmuth im Interview auf Seite 32
Kim-Dania Evers
ist im Trainings-Büro von Two Peaks Endurance die Expertin für Kraft und Stabilisation. Im Trainings-Artikel dieser Ausgabe geht es genau darum. Seite 52
Thomas Kümmerle
TRAIL-Herausgeber Denis Wischniewski liebt den Sport Trailrunning und lebt gewissermaßen auch davon. Dennoch macht er sich Gedanken darüber, wie sehr so ein Boom und Wachstum der Events und Sportindustrie für all jene gut ist, die den Sport ausüben. Wann verlässt sein Herzenssport seine Ursprünge und Grundsätze?
20 6/2 0 1 8 3 5/2023
War längere Zeit typisch "laufverletzt" und ist jetzt wieder fit und kann endlich auf seiner eigenen Strecke laufen, die er für uns auf Myvirtualtrail.de entdeckt hat. Seite 88
INHALT
STANDARDS EDITORIAL 3 INHALT 4 NEWS 14 MYVIRTUALTRAIL.DE 88 IMPRESSUM 87 PRAXISTEST 92 MORALFRAGE 98
15 Jahre Trail 2008 - 2023
WICHTIGE ANKÜNDIGUNG Liebe Abonnenten, Liebe Abonnentinnen,
46 6 FOTOSTORY
Diese BIG PICTURES zeigen diesmal ausschließlich in Schwarz und Weiß, wie gewaltig und emotional Trailrunning sein kann. Farbe? Fehlanzeige!
16 NEWS/JOURNAL
Wir freuen uns, eine technische Neuerung mit Euch zu teilen, die dafür sorgen wird, dass bisherige Hürden endgültig der Vergangenheit angehören werden.
16 42 BOZEN
Unser Autor rennt auf milder Halbhöhe um Bozen herum und entdeckt dabei Land und Leute. Ein Genuß-Wochenende!
Denis Kolumne, Produkte, Pro & Contra, Stressfaktur, neue Marken, Janosch Kowalczyk im Interview, Communityrun, ...
Die TRAIL Redaktion
48 ZUT 26 WMTRC
Ab sofort haben wir auf unserer neuen Homepage ein neues Abomanagement-System. In Deinem persönlichen Kunden-Konto kannst Du ab jetzt all Deine Daten zu Deinem Abo einsehen und anpassen. Bitte nimm Dir kurz Zeit und überprüfe im Reiter "Adressen", ob Deine Anschrift korrekt ist und passe diese ggf. an. So stellst Du in Zukunft immer sicher, dass Dein Magazin auch pünktlich bei Dir ankommt. Auch die jährlichen Verlängerungszahlungen funktionieren ab sofort über Dein Konto. Wir bitten Dich, auch hier eine der drei angebotenen Zahlungsmethoden anzulegen. Die Zugangsdaten zu Deinem Konto sowie eine InfoMail solltest Du in den letzten Wochen per Mail (Absender wordpress) bekommen haben. Voraussetzung natürlich: Wir haben die richtige Mail Adresse von Dir. Falls Du noch keine Mail bekommen hast und noch keinen Zugang zu Deinem neuen Kunden-Konto hast, schreibe uns bitte eine Mail an abo@trail-magazin.de
ZUT - Zugspitz Ultra Trail ist das größte Trail-Event in Deutschland und lockte fast 4000 Trail-Fans an. Uns natürlich auch!
Die Berglauf- und Trail-Weltmeisterschaft in Innsbruck war ein Highlight in diesem Sommer.
34 BENNI FUCHS
Ein Punk, ein Papa, ein Fitness-Studio-Besitzer und Oldtimer-Freund - all das ist Benni Fuchs. Ach ja und natürlich nebenbei ein Trailrunner, der sogar ziemlich flott unterwegs ist.
38 STÖCKE
Alles über Stöcke, der richtige Umgang damit und ein paar sehr gute Produkt-Tipps.
70 TRAINING
Trail-Coach Lars Schweizer zeigt uns diesmal, wieso Krafttraining und Stabilisation so wichtig sind und uns schneller machen! Meinung 68 Eiger Ultra Trail 82 5 Sportbrillen 64 Moral 98
20 6/2 0 1 8 4 5/2023
54 NOCH NORMAL?
Was ist normal? Wollen wir anders sein, anders Laufsport betreiben und uns unbedingt unterscheiden? Eine Beobachtung.
60 REGENJACKEN Diese neue Regenjacken-Modelle musst Du unbedingt im Rucksack dabei haben!
TIME TO TAME THE TERRAIN. Die neue Kollektion: ALL TERRAIN RUNNING by LOWA
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RUN YOUR TRAIL, MORE.
REPTEX® SPORT
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FOTOREPORT Schwarz-Weiß Text : CLEMENS NIEDENTHAL
OHNE Farbe 6
5/2023
7
5/2023
FOTOREPORT Schwarz-Weiß
8
5/2023
Foto: Jimmy Hyland
Foto: Martina Valmassoi
Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind oft pointierter und konzentrierter. Der Blick erfasst das Wesentliche intuitiv.
9
5/2023
Fotos: Andi Frank
FOTOREPORT Schwart-Weiß
Live, aber nicht in Farbe: durch starke Kontraste hat diese Aufnahme enorme Ausdruckskraft.
10 5/2023
11 5/2023
FOTOREPORT Schwarz-Weiß
12 5/2023
Foto: Pedro Silva
Grau in Grau wird aus dem Felsmassiv im Hintergrund eine fast unreale Form, die umso gewaltiger erscheint.
FOTOREPORT Schwarz-Weiß
14 5/2023
Foto: Franck Oddoux
Ohne Farbe zerfliessen die Natur und die Läufer:innen in eine Einheit. Gerade die Landschaft wirkt noch einmal dramatischer.
Der Anfang war ohne Farbe. Also der Anfang der Fotografie. Trailrunning aber ist ein viel zu junger Sport, um sich an ihn in Schwarz und in Weiß zu erinnern. Trailrunning war immer schon bunt. Was ein wenig schade ist. Schließlich hat Trailrunning diesen einen Hauptschauplatz, der sich ganz besonders gut in monochromenAufnahmen abbilden lässt. Monochrom, das ist der Fachausdruck für Aufnahmen, die einzig aus unterschiedlichen Grau-Abstufungen bestehen. Oder eben: Nur aus Licht und aus Schatten. Der Berg nämlich liebt SchwarzWeiß. Ohnehin ist er ja selbst gerne ganz Grau in Grau. Was schon einmal ein gute Hinweis auf Aufnahmen wäre, die ganz ohne Farbe Sinn machen: ein von Gesteinsadern durchzogenes Felsmassiv, vielleicht noch einige Schneefelder im Hintergrund. Oder eine starke oder gar theatralische Lichtstimmung, grelle Mittagssonne oder ein pointierter Lichteinfall nur auf einen Ausschnitt der Landschaft. Apropos: Schwarz-Weiß-Aufnahmen pointieren. Sie machen also auch dann Sinn, wenn man einen bestimmten Aspekt oder eine bestimmte Stimmung herausarbeiten will. Um am Beispiel der Felswand zu bleiben, das Grün einiger Zirben, die in der Felswand wurzeln, würde da nur ablenken. Und wäre das jubelnde Publikum auf einer Aufnahme dieser Serie in der typischen Vielfarbigkeit der Trailrunnningmode abgebildet, es würde nur von der Emotionalität und der Euphorie der Situation ablenken. Was nicht und niemals funktioniert: Eine langweilige Aufnahme durch die Schwarz-Weiß-Option (und ein munteres Drehen an den Kontrastwerten) spannender und atmosphärischer zu machen. Es wird dann allenfalls pathetisch. Denn auch das ist Schwarz-Weiß: eine anspruchsvollere Art zu fotografieren.
TICKER +++ Laufen wie Angermund: der neue ASICS FUJI SPEED™ 2 ist ab August im Handel
NEWS&JOURNAL GESUNDHEIT
BLOSS KEIN STRESS
Also: Was ist eine Stressfraktur? Das menschliche Skelett ist ziemlich talentiert. Wird ein Knochen intensiver gefordert, legt er, ähnlich einem Muskel, an Umfang zu. Doch dieser Anpassungsfähigkeit sind Grenzen gesetzt. „Intensive und wiederkehrende Belastungen an immer derselben Stelle können diesen Auf- und Abbau des Kno-
chens aus dem Gleichgewicht bringen", so Julia Seifert, Orthopädin am Unfallkrankenhaus Berlin. Im Inneren des Knochens entstehen kleine Risse. Und es dauert Wochen bis Monate, bis sich die Bruchstelle derart weitet, dass sie auch auf einem Röntgenbild sichtbar ist. Erst im ausgeprägten Stadium, dessen Erreichen eine törichte Schmerzresilienz verlangt, wäre eine Stressfraktur mit einem klassischen Knochenbruch zu vergleichen. Das ist eine gute Nachricht: Denn so sind auch die Therapieformen weniger drastisch und rigide.
So wichtig wie die Therapie ist es, die Ursache für die Stressfraktur zu finden.
16 5/2023
Wie wird eine Stressfraktur therapiert? Die häufigsten Stressfrakturen unter Läufer:innen betreffen den Mittelfuß sowie das Schien- oder Wadenbein. Seltener, vor allem bei Frauen, können auch der Oberschenkel oder das Becken betroffen sein. Wurden Ermüdungsbrüche noch in diesem Jahrhundert mit klassischer Gipstherapie versorgt, ist die Sportchirurgie längst weiter. Eine Faustregel: horizontale Frakturen (also die Mittelfußknochen) verlangen nach Ruhigstellung durch einen Airwalker oder einen Entlastungsschuh mit starrer Sohle. Vertikale Frakturen (Schien- oder Wa-
Foto: Clemens Niedenthal
Ein guter Lauffreund von mir hat chronischen Stress mit seinem Fuß. Bremste ihn vor eineinhalb Jahren eine Plantarfasziitis, also eine Sehnenentzündung in der Fußsohle aus, humpelt er nun mit einem Entlastungsschuh durch die Gegend. Ermüdungsbruch, beziehungsweise Stressfraktur. Jetzt der Knochen, damals die Sehne. Und doch zwei Seiten derselben Medaille, zwei Seiten desselben Überlastungssymptoms. Mit jedem Schritt zerren die Muskeln, und auch Sehnen sind Muskeln, an den Knochen. Und war es damals die Plantarsehne, die die Überbelastung mit einer Entzündung quittiert hatte, so wurden nun Mikrofissuren im fünften Mittelfußknochen sichtbar. Zumindest im MRT. Röntgenbilder dokumentieren Ermüdungsfrakturen zu einem frühen Stadium nämlich kaum.
Fotos: Thomas Bekker
Stressfrakturen, auch Ermüdungsbruch genannt, sind eine der typischsten Laufverletzungen, zumal bei plötzlich gesteigerten Trainingsumfängen. Die gute Nachricht: Sie werden heute meist zielführender therapiert – und ihre Entstehung ganzheitlich betrachtet
M Y V I R T U A LT R A I L
denbein) nach (Teil-)Entlastung durch Gehstützen. Zwar kann die Behandlung vier bis acht Wochen dauern, sukzessive sind aber Schwimmen, Aquajogging oder lockere Einheiten auf der „Rolle“ bereits möglich. Hilfreich ist es zudem, durch (Kinesio-)Tapes, den Druck vom betroffenen Sehnenapparat zu nehmen. Wie bemerke ich eine Stressfraktur überhaupt? Gute Frage. Die Stressfraktur gehört zu jenen Verletzungen, die zunächst einmal vieles sein können: eine Entzündung, ein Fersensporn, eine Knochenhautreizung, eben ein Ermüdungsbruch. Ein Indiz: Werden Sehnenüberlastungen etwa durchs Dehnen besser, bleibt der Schmerz bei einer Stressfraktur konstant. In fortgeschrittenem Stadium ist der Schmerz auch und gerade nachts spürbar. Ratsam spätestens für ambitionierte Hobbyläufer:innen ist die Wahl eines kompetenten Sportarztes, der auch über Einfühlungsvermögen in die Trainingspraxis seiner Patient:innen verfügt.
Fabian lädt ein
Der „Grünes Band Trail“ ist eine 36 Kilometer (1.200 hm) lange Strecke auf unserer Routen-Plattform myvirtualtrail.de. Immer entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze läuft diese Route, die ziemlich genau in der Mitte von Deutschland liegt. Diese Lage macht sie prädestiniert für folgende Idee von unserem Streckenpaten Fabian Häde: Er lädt alle begeisterten Trailrunner der Republik am Tag der Deutschen Einheit zu einem gemeinsamen Community Run auf der Strecke ein. Ganz nach dem Motto: Wo früher Stacheldraht und Beton trennten, sollen nun die Trails des wiederergrünten Grenzgebiets in Gemeinschaft erkundet werden.
Die Fakten: Montagabend 02.10.2023: Kennenlernen/ Kochen /Van-Party auf dem Wanderparkplatz Premiumweg P16 in Asbach-Sickenberg Dienstag, 03.10.2023: 10 Uhr Start des Gruppenlaufs auf dem „Grünes Band Trail“ (kein Wettkampf!) Dauer 4-6 h (Abkürzen möglich) Also auf nach Bad Soden Allendorf ! Das Gebiet rund um den Meißner-Kaufunger Wald als auch den Hainich Nationalpark bietet sich auch für ein verlängertes Trail-Wochenende an. Interessensbekundung/Vor-Anmeldung/ Rückfragen nimmt Fabian gerne über Mail (sportfreunde@sonnenei.de) oder Instagram (fabius_ei_skythlete) auf.
Was begünstigt eine Stressfraktur? Vor allem: Übertraining und zu schnell gesteigerte Umfänge. Vitamin-DMangel. Darüber hinaus erleiden Frauen häufiger einen Ermüdungsbruch als Männer und große Menschen häufiger als kleine. Beides hängt mit einer verringerten Mineraldichte der Knochen zusammen. Weitere Indikatoren: Fehlstellungen und Fehlbelastungen und, ja, auch die falschen oder ausgelatschten Laufschuhe. Einmal mehr also der Rat: Die Schuhe am besten mit jeder wöchentlichen Laufeinheit wechseln. Verträgt der Fuß ein Modell nicht, wird so die Gefahr minimiert. Sind die Gründe für eine Stressfraktur (oder ein eng verwandtes Knochenödem) nicht eindeutig herzuleiten, ist zudem eine umfassende Bewegungsanalyse ratsam, damit man nicht ein oder zwei Jahre später neuerlich vom Laufen ins Humpeln kommt. .
17 5/2023
NEWS&JOURNAL MEINUNG
PRO/CONTRA
Beim Eiger Ultra Trail läuft Kilian Jornet den E16, nur um sich für den UTMB zu qualifizieren. Sollte man sich bei einem Rennen anmelden, einzig um Quali-Punkte für ein anderes zu sammeln?
PRO Benni
CONTRA Clemens
Wir laufen aus Überzeugung, aus Leidenschaft, aus Liebe zu den Bergen und zur Landschaft. Sich bei einem Wettkampf anzumelden, um Steine, Punkte oder ITRA-Scores zu sammeln, mag da auf den ersten Blick merkwürdig erscheinen. Am Ende ist es für den Läufer, für die Läuferin aber doch nur Ausdruck einer großen Sehnsucht. Nennen wir sie doch beim Namen: Einmal in Chamonix beim UTMB am Start stehen, ist das Ziel der allermeisten Trailrunner:innen. Der Weg dorthin führt nunmal über das Sammeln von Stones bei anderen Wettkämpfen. Man kann dieses System durchaus kritisieren. Dann aber bitte den richtigen Adressaten wählen. Das Problem auf die Konsument:innen, also uns Läufer:innen zu schieben, nach dem Motto „Dann lauf halt woanders“, halte ich für verfehlt. Ich bin selbst den UTMB gelaufen und kann nicht bestreiten, dass es ein einzigartiges Erlebnis war, an das ich mich lange erinnern werde. Dass Läufer nun viel Zeit und Schweiß für dieses Ziel investieren, ist absolut legitim. Ja, vielleicht wird der große Tag sogar noch größer, umso steiniger der Weg dorthin war. Und am Ende ist Trailrunning auch nur ein Sport, bei dem es um Platzierungen und Zeiten geht. Der Running Stone ist für den Amateur wie das Podium für die Elite. Dennoch einen Appell an Ultra-Trail du Mont-Blanc und andere große und ganz große Rennen: Macht es nicht zu kompliziert und vor allem den Läufer:innen, die einmal in Chamonix starten wollen, nicht zu schwer.
Bennis abschließenden Appell mag ich teilen. Nur bedingt aber seine Einschätzung, uns Trailrunner:innen aus der Verantwortung zu nehmen. Wir alle stimmen über die Zukunft unseres Sports ab – mit den Füßen, und unseren Kreditkarten. Immerhin: Mit der steigenden Anzahl der “by UTMB“Rennen sinkt der Druck, für seine Qualifikationspunkte etwa in den Oman zu jetten. Dort nämlich stört nicht nur die Klimabilanz, sondern auch ein fragwürdiges Regime. Das Elsass liegt ums Eck. Und, ja, der Trail Alsace Est by UTMB ist in diesem Jahr die wohl beeindruckendste Rennpremiere. Es gibt gute Gründe, dort zu laufen. Und dennoch: Der zunehmende Druck, spätestens als national etablierte Laufveranstaltung darüber nachdenken zu müssen, ob man sich nicht unters Dach des UTMB begeben sollte, nervt. Auch beim diesjährigen Zugspitz Ultratrail kam diese Frage ja mehr als einmal auf. Trailrunning lebt von seiner Diversität. Und divers sollten auch die Rennformate bleiben. Eine Veranstaltung wie der ZUT beispielsweise ist gerade deshalb so inklusiv und niederschwellig, zumal für Trailnoviz:innen, weil sie verdammt professionell und selbsterklärend organisiert ist. Sowas kostet Geld, also Startgebühren. Von den kleinen, ehrenamtlich aufgestellten Rennen fast ohne Budget ganz zu schweigen. Was zum Problem wird, wenn viele nur noch dort rennen (können), wo die Running Stones etwa für die UTMB-Teilnahme auf dem Weg liegen.
18 5/2023
Foto: Ian Corless
Stufen zum Glück? Es ist ein steiler und zunehmend beschwerlicher Weg zu UTMB
TICKER +++ THE NORTH FACE sind nach 2010 wieder Titelsponsor des Transgrancanaria (seit 2003)
NEWS
L E S E R : I N N E N F R AG E N
Abrieb und Alkohol
Ihr habt Fragen, Anregungen, Meinungen? Immer her damit, wir antworten gerne. Am besten an leserbriefe@trail-magazin.de
Eigentlich vetraue ich Euren Testeindrücken immer sehr. Als Großstadtläufer mit vielen Asphaltpassagen bin ich aber auch zur Erkenntnis gekommen, dass sich gerade Modelle, die Ihr für einen besonders guten Grip feiert, auf meinen alltäglichen Runden überproportional schnell ablaufen. Kann die Industrie da nicht einen besseren Kompromiss finden? Marc Hilden, Berlin Lieber Marc, wir möchten da zunächst mit der Physik antworten: Haftung ist Reibung, also Abrieb, also (sehr kleine) Partikel der Außensohle. Aus Deiner Sicht kann es also Sinn machen, nicht immer den grippigsten Schuh zu wählen. Als Beispiel mag die Komfortschuhmarke Topo dienen, die etwa dem Landschaftsläufer Topo Ultraventure bewusst keine Megagrip-Außensohle spendiert, sondern eine haltbarere Vibram-Variante. Andererseits: Kilian Jornets Marke NNormal verbaut den weichen Vibram-Megagrip und bewirbt seine Modelle dennoch als überproportional haltbar. Stimmt auch wieder, denn auch wenn eine Sohle bereits “Gummi gegeben" hat, packt sie dennoch verlässlich zu. Trailschuhe sind Gebrauchsgegenstände und müssen nach 500 Kilometern nicht neu aussehen. Ob und wie die Sportartikelhersteller ihr Versprechen von nachhaltigeren und langlebigeren Produkten einlösen, wird sich zeigen. Die Briten von Inov-8 etwa versprechen durch Beimengung der Kohlenstofflage Graphene eine gesteigerte Haltbarkeit bei gleichbleibendem oder gar verbessertem Grip. Ich sitze gerade im Zug nach Verona und lese die Ausgabe 02/23 Eures Magazins. Auf Seite 65 bewerbt Ihr den Konsum von Bier als Belohnung nach einem Race-Finish. Das finde ich schade. Alkohol ist eine Droge, die gesundheitlich schädlich ist – auch in kleinsten Mengen. Niemand sollte Al-
Textil am Leben halten!
kohol konsumieren – erst recht kein:e Sportler:in. Ich fände es besser, wenn ihr euch klar gegen Drogenkonsum positionieren würdet. Lucas Weigl, Innsbruck Lieber Lucas, wir können deine Standpunkt nachvollziehen. Ergänzen aber aus unserer Perspektive: Alkohol ist auch ein Genussmittel. Eine Droge aber kann genauso der Laufsport sein. Und wir glauben sogar, dass wir unsere Leser:innen hin und wieder vor dem zu intensiven Genuss ihrer größten Leidenschaft, dem Laufen, warnen müssen. Und finden es deshalb gut, im Ziel erstmal an ein großes Bier zu denken. Und nicht an den nächsten Wettkampf oder die Trainingseinheit am Tag danach. Überhaupt geht es im Leben ja immer um die richtige Balance. Aber, ja, wir geben Dir Recht, gerade der Alkoholkonsum kann rasch in eine Dysbalance führen. Im Gegensatz zu Dir finden wir aber, dass die Dosis die Droge macht. Als Aufforderung, unbedingt trinken zu müssen, wollen wir unsere durchaus genussorientierte Berichterstattung, etwa in Reisereportagen, aber keineswegs verstanden wissen. Die Golden Trail Series wird nun also auf Eurosport übertragen. Schon ein Erfolg für den Sport, oder? Aber ehrlich: Eure Berichterstattung ist doch deutlich näher dran an der „Szene“. Patricia Schmid, Heidelberg Liebe Patricia, erst mal Danke für das Kompliment. Wir müssen es dennoch ein wenig relativieren. Wir glauben nämlich, dass es Trailrunning gut tut, im Sportressort einer Tageszeitung oder eben im Sportfernsehen endlich als ganz normale, berichtenswerte Sportart wahrgenommen zu werden. Manchmal auch mit einer gebotenen Distanz. Geben wir Eurosport ruhig noch mal drei, vier Rennen Zeit.
19 5/2023
Die Outdoormarke Patagonia baut ihr bekanntes Reparatursystem aus – und ruft nun auch andere Marken auf, sich der Bewegung anzuschließen. Bis 2028 soll die Anzahl um das Vierfache, auf rund 100.000 Reparaturen pro Jahr, steigen. Um das zu erreichen, ermöglicht ein neues online Repair Portal allen Kund:innen, die Reparatur ihrer kaputten Funktionsteile rund um die Uhr anzumelden und einzusenden – und im Anschluss deren Status zu verfolgen. Im Zuge dessen erweitert Patagonia in Europa sein Netzwerk an Reparaturprofis und bringt mehr Reparaturwerkzeuge und -Services in seine Geschäfte.
Reine Willkür! Natürlich könnten auf diesen beiden Unisex-Bio-Baumwolle-Shirts auch ganz andere Vornamen stehen. Bei den damals legendären Beatles-Shirts der Fab4 war das natürlich weit mehr gesetzt. Hier haben wir willkürlich unsere Lieblings-Trailrunning-Stars auf Textil gedruckt. Wer diese acht Top-Runners ebenfalls so sehr mag, darf jetzt in unserem Shop die Limited Edition kaufen. Es gibt jeweils nur 25 Stück.
NEWS&JOURNAL
DENIS’ KOLUMNE Liebe Freunde, ich erkenne mich und meinen Sport nicht mehr wieder. Ich habe den Punkt verpasst, an dem sich grundlegend, fundamental etwas verändert hat, aber es muss sich schleichend durch die Covid-Jahre gezogen haben. Mein Sport und ich gehen jedenfalls bei allen Gemeinsamkeiten ganz unterschiedliche Wege. Trailrunning wird professioneller und ich hingegen verlasse mehr und mehr die Tugend des Planerischen, das Training mit Struktur und den Gang der immer neuesten Ausrüstungsgegenstände. Würde es nur Typen wie mich geben, hätte es Trailrunning jedenfalls schwer mit seinem schier endlosen Wachstum. Ich stelle das aktuell sehr an der Wahl meiner Laufshirts fest – das sind allesamt gute Stücke von vor zehn Jahren. Sie sind mir ans Herz und den Oberkörper gewachsen, sie sind okay, zeitlos und von einer offensichtlichen Qualität, die zu hochwertig ist, um an Typen wie mich was ganz aktuelles zu verkaufen. Als Herausgeber dieser Gazette mag das jetzt schizophren klingen, denn natürlich liegen hier in der Redaktion Massen an Laufshirts der aktuellen Saison, auf die ich Zugriff hätte. Nun gut. Mein Sport verändert sich schneller als ich es tue. Ich komme nicht mehr mit ihm mit. Er rennt in die Zukunft in einer 4:15er Pace und ich trippel in der Gegenwart herum. Maximal 6:00er Pace. Hey, es fühlt sich okay an. Auch die Leser:innenschaft, die Community, die sogenannte Trail-Szene, rennt voran und ich, der Chefredak-
teur, hinterher. Zwar kann ich noch im Windschatten mithalten und muss nicht abreißen lassen, aber ich bemerke mehr als je zuvor, dass mir jeder Fehler, jedes kleinste Fehlwissen quasi um die Ohren gehauen wird. Ein Beispiel? Ich berichtete über den Western States 100 und behauptete, dass der diesjährige Sieger Tom Evans mit 14 Stunden und 40 Minuten einen Streckenrekord gelaufen wäre, was falsch war. Jim Walmsley hält den Rekord noch immer und ein weiterer US-Amerikaner lief eine schnellere Zeit als Evans in diesem Juni. Diese Falschinformation fiel mir auf die Füße und ich hatte dabei Trailschuhe ohne Zehenkappe an. Man legte mir nahe, meinen Job zu überdenken. Ich denke nicht darüber nach. Dass sehr viele Menschen mehr wissen als ich, ist für mich übrigens nicht neu. Es ist ungefähr so, wie das mit dem Laufen selbst, denn ich musste mich auch schnell daran gewöhnen, dass ein Gro der Leser:innen ganz einfach schneller läuft als ich das kann. Nicht besser. Nur schneller. Hatte ich Euch erzählt, dass ich mit dem rasant wachsenden Sport Trailrunning mithalten möchte? Genau. Deshalb laufe ich im späten Sommer auch mal wieder einen Ultratrail. Es hätte der TDS im Rahmen des UTMB sein sollen, aber am Ende fehlte irgendeine Qualifikation in einem System, das ich wirklich nicht mehr ganz verstehe. Ich werde also bei einem kleinen Wettkampf starten und damit auch in die eigenen Anfänge im Trailrunning zurücklaufen. So sehr Trailrunning wächst und in der Breite der Gesellschaft ankommt, bekannt wird und beliebt ist, so sehr bleibt es doch auch bei vielen ein Dorn. Ein Veranstalter aus der Region wollte einen Wettkampf veranstalten und hing nach fast allen behördlichen Genehmigungen, die man so benötigt, in letzter Hürde bei einigen Jägern fest, über deren "Reich" man hätte teilweise laufen wollen. Nach langer Diskussion blieb es beim "Nein" und viel spannender - beim Satz: "Wir wol-
20 5/2023
len Euch einfach nicht!“ Als ob wir die Pest wären, als ob wir es wären, die der Natur massiv schaden, also ob wir etwas gänzlich Fremdes im Wald, am Berg wären. Mir tut so etwas weh, weil ich weiß, dass es anders ist. Ich weiß, dass wir sensibel im Umgang mit all dem sind, worin wir laufen und uns bewegen. Unter uns sind in großen Teilen aktive Tierretter, Tierschützer, Vegetarier und Veganer alle auch als :innen, etliche räumen Müll aus der Natur. Und diese Leute will der Jäger nicht. Das ist hart. Richtig hart. Ich muss mich also irgendwie neu finden in diesem Sport und dieser so riesig gewordenen Community. Vielleicht bin ich ja auch längst am Punkt des sogenannten "Multisports" angekommen und will mir das nicht eingestehen. Nur Trailrunning- und Laufsport alleine ist für einen 50-Jährigen zu eindimensional. Ich sollte eine weitere Passion addieren. Gravelbiken. Rennradfahren. Tauchen. Gleitschirmfliegen. Nein. Es muss ein massives Gegenstück zum Laufen sein. Etwas mit Sitzen oder Rumstehen. Kaffee. Kunst. Kekse. Ich male wieder. Hatte ich vor rund 20 Jahren intensiv getan und nun stelle ich fest, dass zwischen all den Läufen und Bergausflügen die Zeit an der Leinwand genau das ist, was ich brauche. Es ist eine Sache, die sich ergänzt. Das mag hier esoterisch klingen, wenn der Herausgeber der Sportzeitschrift von Kunst und Acrylfarbe schreibt. Ich muss am Ende, wir alle müssen am Ende, nicht immer nur eine Sache sein. Wir dürfen unbedingt froh sein, dass wir dieses Trailrunning-Dings für uns gefunden haben, wir dürfen es abfeiern und übertrieben betreiben, denn Trailrunning hat eben auch und vor allem seine Reize und Magie, wenn man es hin und wieder so exzessiv ausführt, dass es bei Außenstehenden für Kopfschütteln sorgt. Bevor es uns dann aber entgleitet, tut es gut, auf einem Nebengleis andere Dinge zu entdecken. Man nennt all das, was da neben dem Laufsport passiert und manchmal ziemlich cool ist übrigens LEBEN.
TICKER +++ Benedikt Hoffmann gewinnt den Davos-X-Trail über 67 Kilometer in Davos
HABEN JETZT AUCH WAS
Dass Burton die Surf- und Snowboard-Community mit Streetwear versorgt, war bekannt. Dass Rossignol Skier bauen auch, aber dass diese Brands nun auch Produkte fürs Trailrunning anbieten, war uns neu - eine Auswahl an bis dato trailferner Brands. Burton? Kannten wir von den Teenies auf den Snowboards, die H-Blockx gehörthaben, oder House of Pain. Ja, vielleicht waren einige von Euch ja selbst diese Teenies. Jetzt will Burton auch auf die Trails, mit eher lässigen als athletischen Looks – wir bleiben gespannt.
Klättermusen Auf dem Weg zur nächsten distinguiert coolen Bergsportmarke hat Klättermusen die richtigen Register gezogen: eigenständige, technische Designs, Looks, die gleichsam am Berg und in der Kreativagentur funktionieren und die Zusammenarbeit einerseits mit hippen Concept-Stores und der stets geschmackssicheren H&M-Tochter Arket gleichermaßen. Jetzt wollen die Schweden auch auf die Trails. Das könnte was werden. www.klattermusen.de
Moncler Trailcrip Wir kennen einen, der war mit seiner Moncler-Daunenjacke im Himalaya und schwört noch immer auf das Teil. Besagte Nepalreise war 1984. Allerdings sind die französischen Daunenpioniere inzwischen zur (High-)Fashionmarke transformiert und der gut 500 Euro teure Trailgrip in diesem Sinne ein Flaneur, der das Rennen auf rauen Pfaden eher als coole Geste zitiert. Ansonsten wäre er definitiv der teuerste Schuh im Starterfeld. www.moncler.de
Zegna x Norda High-Fashion goes Trailrunning – das Mailänder Modehaus Zegna hat da bereits Erfahrungen gesammelt. Nach einer Kooperation mit La Sportiva adaptiert man in diesem Jahr einen Trailschuh der kanadischen Boutique-Running-Marke Norda. Sehr, sehr schön und sehr, sehr teuer.
Zara Interessant, wenn ausgerechnet ein spanischer Fast-FashionRiese liefert, woran viele Sportartikelhersteller scheitern: Slicke, unaufgeregte und unifarbene Looks mit zeitgemäßer Silhouette. Für die Trailschuhe in zeitgenössischem Rocker-Style arbeitet Zara mit der spanischen Sportmarke Joma – und die wiederum mit Vibram. Sieht alles sehr stylish und durchaus vielversprechend aus. www.zara.com
Rossignol Wir waren Fans der Rackets und Skier, tief in den 1980er Jahren und nun will die Marke im Stil eines Snob-Brands Trail-Produkte an Frau und Mann bringen.
21 5/2023
NEWS&JOURNAL
"DAS WAR VÖLLIG ABSURD" Adidas-Terrex-Athlet Janosch Kowalczyk hat den Western States Endurance Run sensationell in den TopTen gefinisht. Und träumt nun davon, als Backpacker durch deutsche Trailreviere zu reisen. Ein Gespräch über gelaserte Laufshirts, Wartelisten an Aid-Stationen und den neuen Terrex-Trailschuh mit Carbonplatte und Superschaum.
Janosch, ich erinnere mich noch gut an den Livestream Deines WesternState-Finishs, wo Du hundert Meter vor der Ziellinie noch flink Deinem Teammate Tom Evans, der das Rennen ja gewonnen hatte, in die Arme gefallen bist: Täuscht der Eindruck oder warst Du in diesem Moment in Auburn, California, einfach sehr gelöst?
fektes Rennen?
Um Himmels Willen, nein. Aber das lehrt einen der Ultralauf ja auch ziemlich schnell, dass die erste Teilnahme bei einem Rennen nie perfekt sein kann. Ich hatte 30, 40 Kilometer, die echt schlimm gelaufen sind und ich denke schon, dass ich in der Summe eine Stunde schneller sein könnte. Ich muss also wohl wieder nach Auburn im kommenden Jahr.
Der Eindruck täuscht nicht, gar nicht. Ich habe in diesem Moment realisiert, dass sich ein Kreis geschlossen hat. Als ich damals vor vier Jahren aufgehört habe, zu arbeiten und diese irre Idee hatte, das mit dem Trailrunning professionell zu probieren, hatte ich mir ein paar Dinge auf einen Zettel geschrieben, die ich definitiv erreichen möchte. Der Western States Endurance Run war da definitiv dabei.
Auch weil Western States so besonders und einmalig ist?
Zumal Dich Deine TopTen-Platzierung automatisch für die kommende Austragung qualifiziert. Also ein per-
Die US-Amerikaner:innen sind ultratrailverückt?
Das Rennen ist ein Mythos, definitiv. Und das gerade deshalb, weil eigentlich wenig Tamtam drumherum gemacht wird. Plötzlich hört man aber, dass es beim Western States Wartelisten gibt – Wartelisten für die ehrenamtliche Hilfe an einer Aid Station! Ich glaube, das sagt schon einiges aus.
Vielleicht, aber auf eine eigene Weise. Die kom-
22 5/2023
men trotzdem mit ihrem Pickup-Truck angefahren, sehen aus wie ein Cowboy und haben dann halt Ultratrailschuhe an ihren Füßen.
Wie wichtig ist die Vorbereitung für so ein Rennen – und ich meine jetzt nicht Dein Training, sondern Fragen des Equipments betreffend? Echt wichtig. Das waren auch mehr als fünf oder sechs Calls zwischen mir und dem TerrexTeam Herzogenaurach. Ich hatte von Anfang an gesagt, dass ich in dieser Hitze definitiv nur in Weiß laufen werde. Aber letztlich wurden die Textilien sogar in einer Wärmekammer getestet. Und eine Textilwissenschaftlerin, die ihre Abschlussarbeit in Heat-Transmission geschrieben hat, hat final noch die Löcher reingelasert. Welches Material schwitzt viel, welches saugt viel Wasser und hat am Ende vielleicht sogar einen kühlenden Effekt, ist es gut, eine klitschnasse Brust zu haben, das sind Fragen, mit denen man sich beschäftigen kann und beschäftigen muss.
Die Schuhfrage war hingegen früh geklärt: Du bist mit dem neuen Adidas-Terrex-Schuh mit einem Carbonelement gelaufen, der zum UTMB vorgestellt wird. Ein Gamechanger? Vermutlich, auch wenn das einige Old-SchoolTrailheads nicht so gerne hören. Es geht dabei gar nicht mal so sehr darum, in der Spitze
TICKER +++ Marina Cugnetto und Pere Aurell sind Weltmeister der Masters im Ultrasky Marathon
Wir hören es heraus, Du bist ein bisschen verliebt …
Ich hatte den Schuh in diesem Frühjahr beim Rennsteiglauf zum ersten Mal an und es war völlig absurd. Ich habe dann auch in der zweitbesten jemals gelaufenen Zeit gewonnen.
Die kommen trotzdem mit ihrem PickupTruck angefahren, sehen aus wie ein Cowboy und haben dann halt Ultratrailschuhe an ihren Füßen.
Glaubst Du dennoch, dass diese neue Technologie – eine steife, dynamisierende Platte und ein extrem weicher, reaktiver Schaum – auch an seine Grenzen kommen kann?
Vielleicht, wenn es bei einem Skyrace jetzt nur bergauf geht und dann sehr technisch wieder runter. Aber selbst dann hat man noch immer mächtig viel Schaum unterm Fuß, der eben auch brutal gut abfedert. Was sicher stimmt, dass man sich an diese neue Art zu laufen, gewöhnen und andere Muskelgruppen trainieren muss.
Die Ausrüstung wird rennentscheidend?
Ich sage lieber, wir Athlet:innen bekommen die bestmögliche Ausrüstung zur Verfügung gestellt. Ich will es mal mit der Tour de France vergleichen, wo jetzt selbst Fachjournalisten sagen, ein Vignegaard fährt da die Pässe schneller hoch als damals die Ulrichs und Armstrongs und die waren ja alle gedopt. Stimmt schon, nur ist das
23 5/2023
Equipment heute zwanzig Jahre weiter.
Janosch, was steht jetzt noch an für den Rest Deiner Saison? Gute Frage. Zum ersten Mal, seit ich diesen Sport mache, bin ich ein wenig leergelaufen, was auch mit dem Western States zusammenhängt. Ich habe da im Frühjahr relativ aus dem Nichts das Golden Ticket bekommen und von da an war alles auf den Western States fokussiert. Zudem will ich nicht nochmal fliegen, weil ich in diesem Jahr schon genug geflogen bin. Vielleicht mache ich einfach, was als Profiläufer so ein bisschen hinten runterfällt: Als Backpacker ein wenig rumreisen, um, gerne bei kleinen lokalen Rennen, die deutsche Community mitzunehmen.
Fotos: Dan King, Ian Corless für adidas
schneller zu laufen. Aber ich laufe um einiges effizienter und kann etwa meine 5k-Pace über die Halbmarathondistanz halten. Es ist ja auch kein Zufall, dass im Straßenlauf gerade sämtliche Rekorde, auch Altersklassenrekorde, gebrochen werden.
NEWS&JOURNAL P RO D U KT E
AKKUTE FREUDE Eigentlich. Ja, eigentlich, lassen wir alles Entertainment zu Hause. Brauchen wir Naturleute nicht - es gibt Ausnahmen ...
Ne Lampe, die lädt!
Die Goal Zero Lighthouse Micro Flash ist so klein und leicht, dass es in ihre Tasche passt. Die Laterne ist dimmbar, wasserfest und hat eine Leuchtkraft von 120 Lumen. Das Aufladen kann über einen USB-Anschluss erfolgen. Wenn die Batterie voll ist, bleibt die Lighthouse je nach Helligkeitseinstellung 7 bis 170 Stunden eingeschaltet. 25 Euro
Energie tanken
Jackery aus den USA versorgen beispielsweise Euer Trailcamp ganz autark mit Solarstrom. Solarpanel und Powerstation ab 900 Euro. www.de.jackery.com
Intuitive Karte! Manche
Leute wählen den Durchschnitt – aber Abenteurer benötigen etwas, auf das sie vertrauen können. Mit der besten Batterielaufzeit und Genauigkeit auf dem Markt ist die Suunto Vertical der perfekte Begleiter für die höchsten Gipfel und die anspruchsvollsten Täler.
24 5/2023
Ein paar Nummern kleiner: Solar-Powerbank im Hosentaschenformat für 89 Euro von Basic Nature bei Globetrotter.de
TICKER +++ Nochmal Race-Record? Kilian Jornet startet erneut beim UTMB Final in Chamonix!
Silva Speed 5 mit dem R!
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Fast nix!
Edel & Smart
Foto: Ulrich Pfeuffer, Markus Fruehmann
Die in London ansässige Technologiemarke Nothing präsentiert eine neue schwarze Version ihrer hochgelobten Hi-Res Audiozertifizierten Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung – der Ear (2).
Machen Smartphones nicht so gute Fotos, dass es keine kleinen Kameras mehr braucht? Die Sony DX 100 IV behauptet nicht nur das Gegenteil. Sie löst es mit 20 Megapixeln und mehrschichtigem CMOS-Sensor auch ein. www.sony.de
Von adidas Runnern entworfen
Der FWD-02 von Adidas Headphones ist die unsichtbare Begleitung, die jede:n Sportler:in dabei unterstützt, bei den jeweiligen Einheiten bis ans Limit zu pushen. Schwerelos und kompakt lässt sich das Modell problemlos zum Lauf oder auf das Fahrrad mitnehmen.
Mit System
Erholung im Griff!
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Systemkameras haben der Spiegelreflex den Rang abgelaufen. Für Trails prädestiniert: Die Canon R6 II mit spektakulär guter Augenerkennung und einem Image-Stabilisatior für wackelfreies Filmen. www.canon.de
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EVENT WMTRC Innsbruck&Stubai 2023 Text: CLEMENS NIEDENTHAL, BENNI BUBLAK, DENIS WISCHNIEWSKI
DAS SPEKTAKEL
26 4/2023
Unsere Vize-Weltmeisterin: Katharina Hartmuth lebt in Zürich und gewinnt für das Deustche Team sensationell eine Medaille im Long Trail.
am Inn
Innsbruck und das Stubaital waren im Juni die Gastgeber einer Trail- und Berglauf-Weltmeisterschaft, die diesem Sport neue Dimensionen eröffnete. Da sind sich die drei Autoren dieses Textes einig. Eine durch drei Brillen betrachtete Reflexion eines im wahrsten Sinne einmaligen Events.
27 5/2023
Benni: An der Axamer Lizum bimmeln die Glocken. Weidende Kühe und „cheerende“ Zuschauer stehen Seite an Seite und lassen es läuten. Immer dann, wenn ein Läufer oder eine Läuferin des Long Trails vorbeikommt, an der Talstation des Ortes, an dem 1964 und 1976 auch die Athlet:innen der olympischen Winterspiele auf Skiern den Abhang hinunter jagten. Für die WM-Läufer:innen geht es nun die damalige „Damenabfahrt“ hinauf. Einer der wenigen Abschnitte der Strecke, die relativ untechnisch auf einer Forststraße bzw. dem Skihang verlaufen. Hannes Namberger kommt vorbei. Viel zu spät. Irgendwo jenseits des 30. Platzes. Er schaut nicht gut aus und äußert mir gegenüber irgendetwas von wegen „Die Energie kommt heut einfach nicht in meinem Körper
an.“ Viel besser schaut einige Minuten später Katharina Hartmuth aus. Nur wenige Sekunden nach der führenden Marcela Vasinova läuft sie in den Anstieg. Ich will ihr noch kurz den Rückstand durchgeben. Doch sie winkt ab: „Nein, bitte nicht. Will ich gar nicht wissen." Ihre starke Positionierung so früh im Rennen ist ihr selbst nicht ganz geheuer. Einige Minuten später übernimmt sie die Führung. Auch Rosanna Buchauer und Ida Sophie Hegemann, die kurz darauf vorbeikommen, machen einen sehr starken Eindruck. Die deutschen Damen liegen in dem Moment auf Platz eins der Teamwertung. Freud und Leid liegen im deutschen Team zu diesem Zeitpunkt nah beieinander. Doch dieser Ultratrail ist lang und hart. Und bis dato ist noch nicht einmal die Hälfte der Strecke absolviert. „Zu lang“ und „nicht sehr zuschauerfreundlich“, findet der am letzten Tag dieser WM zurückgetretene Trail- und Berglaufkoordinator Kurt König diesen Long-Trail. Gerade aufgrund der Länge und der daraus resultierenden Dynamik, in welcher sich Freud und Leid die Klinke in die Hand geben, gefällt uns der Ultratrail-Sport, würden wir entgegnen. Apropos: Auch bei diesem Weltmeisterschafts-Wettkampf sollte sich noch viel bewegen. Clemens: Zwei Tage zuvor war bereits nach 7,1 Kilometern Schluss. Diese Zahl war aber eigentlich zu vernachlässigen. Entscheidender sind jene 1.000 Höhenmeter, die aus dem Vertical am Elfer im Stubaital eben einen Vertical machen. Oder, sagen die anderen, einen klassischen Berglauf. Womit das Dilemma oder eben die Chance dieser Weltmeisterschaften benannt werden: Zwei Weltverbände und mithin zwei Sportarten richten eine gemeinsame Weltmeisterschaft aus, Berglauf und Trailrunning, International Trail Running Association (ITRA), World Mountain Running Association (WMRA) und International Association of Ultrarunners (IAU). Dieser erste Tag der WM war dann also Mountain Running. Ach
Fotos: Alle Roast Media
EVENT WMTRC Innsbruck&Stubai 2023
was, diese 1.020 vertikalen Meter von Neustift hinauf zur exponiert gelegenen Elferhütte waren ein unglaublicher, den Zuschauer:innen radikal zugewandter, Spaß. Ein Wettbewerb, den man gerade in seinen physischen Leiden nicht unmittelbarer hätte erleben können. Die bis dato vor allem im Flachen pfeilschnelle Laura Hottenrott beispielsweise, sie wird knapp an der Bronzemedaille scheitern, aber im Team sensationell Silber holen, läuft durchaus schmerzverzerrt vielleicht 40 Zentimeter an meinem Objektiv vorbei. Up, Up, Up. Tour-de-FranceFeeling. Und vorneweg Andrea Mayr, 28-malige österreichische Meisterin, ihr Laufstil so eigenwillig, wie auch an diesem Bergsommertag uneinholbar. Damit hat das Austragungsland dieser WM seine Story. Trailrunning, oder eben Berglauf, in den Hauptnachrichten am Abend um Acht. Auch darum geht es ja bei diesem Event, bzw. muss es bei diesem Event gehen: einen Sport in seiner Schönheit, seinem Spektakel
28 5/2023
und vielleicht auch seiner Telegenität einem breiteren Publikum bekannt zu machen. In diesem Sinne: Dieser Vertical hat geliefert. Während eine gute Dreiviertelstunde später die letzten Teilnehmer:innen oben an der Elferhütte ankommen. Auch das gehört ja unbedingt zu solchen Weltfestspielen: Sportler:innen, die augenscheinlich zum ersten Mal in den wirklichen Bergen unterwegs sind. Die „Eddie the Eagles“ des Trailrunnings. Denis: Diese Weltmeisterschaft bringt wirklich alles mit sich, was man sich als „Fan und Cheerer" wünschen kann. Das alles hier in Innsbruck erinnert mich an den Sommer 2006, an dieses Sommermärchen. Diese Trail- und Berglauf WM hat mit einer FußballWM natürlich nichts zu tun und doch fühlt man sich im Bann der verschiedenen Nationen, die hier durch die Alpenmetropole laufen und fühlt sich als ein Teil einer ziemlich globalen Sache, die in Zeiten eines Krieges nur den
Eine echte Demonstration seiner Stärke: der Norweger Stian Angermund verteidigt seinen Titel und wird wiederholt Weltmeister im Short Trail über 44 Kilometer und 3.500 Höhenmeter.
Eine DER Stories dieser Weltspiele: Filimon Abraham läuft ein beherztes Abschlussrennen und erobert sich die Bronzemedaille in einem schweren Rennen.
29 5/2023
Frieden und das Miteinander kennt. Für alle, die zu Hause geblieben sind oder nicht direkt an die Rennstrecken kommen – in Innsbruck sollte sich die „Sportübertragung“, mindestens die „Trailrunningübetragung“ gänzlich neu erfinden. Der Live-Stream bei diesen vier Wettkämpfen bringt den Sport auf ein neues Niveau im Rahmen seiner bisherigen Darstellung im Bewegtbild. Eine gänzlich fitte Gruppe an Kameraläufer:innen folgt der Spitze, fängt jede Situation und jeden Positionswechsel ein und bringt somit selbst den über Stunden andauernden Long Trail in einer nie erreichten Kurzweiligkeit in die Wohnzimmer und Endgeräte. Am letzten Tag, dem Samstag, verfolgen wir den „Mountain Up and Down“, das Abschluss-Event und wissen nicht so recht, mit was wir es zu tun haben – kein Trailrun, kein Berglauf, aber unfassbar spannend, was dort über 17 Kilometer und zwei Runden vor den Toren von Innsbruck passiert. Die Spannung und Begeisterung an der Strecke sind unbeschreiblich und am Bildschirm zu Hause sowie der Mega-Leinwand im Start und Ziel ebenso. Der Deutsche Filimon Abraham läuft ganz vorne mit, Innsbruck bebt. Ein Trio rast dem Ziel entgegen und was für die Zuschauermassen im Ziel noch etwas unreal auf der Videowall passiert, wird plötzlich real. Filomon erläuft sich die Bronzemedaille und wird bejubelt wie ein Weltmeister. Ach, für uns ist er das ja auch geworden. Benni: Wir müssen nochmal zurückspulen. Zurück zu diesem Long Trail. Was wurde nicht vorher über diese Strecke geredet, geschrieben und diskutiert. Zu lang, zu hart, zu technisch, zu viel Schnee – der Respekt der Läufer:innen war groß. Streckenchef Simon Hubatius erklärt uns gegenüber aber, dass das durchaus so gewollt war: „Endlich konnten wir aufgrund des Juni-Termins und vor dem Hintergrund, dass die weltbesten Trailrunner uns besuchen würden, streckentechnisch aus dem Vollen schöpfen. Beim Innsbruck Alpine Trail Festival sind wir da immer etwas limitiert. So haben wir die Region nicht nur als Trail Paradies
EVENT WMTRC Innsbruck&Stubai 2023 ja, auch das sind Begegnungen, die diese Weltmeisterschaften für uns genauso prägen sollten wie die spektakulären Positionskämpfe 50 oder 100 Plätze weiter vorne im Feld.
promoten können, sondern auch noch ein authentisches Bild gezeichnet, wie Trailrunning in Tirol ist, nämlich wunderschön, gleichzeitig aber auch äußerst fordernd." Ob ein Jim Walmsley mit seiner Vorliebe für tempoorientiertes Laufen auf solch einer Strecke konkurrenzfähig sein würde, wurde im Vorhinein zur Disposition gestellt. Die Auflösung blieb leider aus. Der WahlFranzose aus den USA musste seinen Start verletzungsbedingt absagen. Klar, einige andere Spitzen-Athletinnen, genannt seien Dauwalter, Jornet oder Evans hätten der Startliste einer Weltmeisterschaft gut zu Gesicht gestanden. Aber wir wollen lieber über die reden, die da waren. Dass am Ende mit Marion Delaspierre und Benjamin Roubiol zwei vermeintliche Außenseiter aus Frankreich gewannen, zeigt einmal mehr, was für eine Talenttiefe im Land des Trailrunning noch immer steckt. Ab dem besagten„Damenabfahrt-Anstieg“ bis kurz vor den letzten Anstieg führte allerdings die Deutsche Katharina Hartmuth das Rennen an. Die Doktorandin der Umweltwissenschaften, ehemalige Triathletin und Hoka-Athletin aus Zürich hatte zuvor kaum jemand auf der Rechnung gehabt. Das hat sich schlagartig geändert, was sie im Interview mit uns
(siehe Kasten) eingestehen muss. Sowohl Rosanna Buchauer als auch Ida Sophie Hegemann müssen am Ende des Rennens, als die Physis mehr und mehr streikt, tief in den psychologischen Werkzeugkoffer greifen. Aber das ist ja auch das Schöne an dieser WM. Es gibt eine Teamwertung und für diese können nochmal ganz andere Leidensdimensionen mobilisiert werden. Die deutschen Damen gewinnen am Ende Silber. Sensationell! Und Hannes Namberger? Er kämpfte sich ins Rennen zurück und läuft bis auf Platz 14 vor. Eine Erfahrung, die am Ende viel wertvoller sein kann als ein perfekter Rennverlauf. Clemens: Weitab von solchen Platzierungen treffen wir Athleten wie den Paraguayer Oliver Horst Kroll, der tatsächlich so heißt, was an seiner Urgroßmutter liegt, die in den 1920erJahren aus dem Süddeutschen nach Mittelamerika ausgewandert war. Oder den sympathisch aufgekratzten Elmir Askardy aus Aserbaidschan, der gleich bei drei Wettbewerben startet, das Nationalteam seines Landes im Gegenzug allerdings allein stellt. Von wegen: Dabei sein ist alles. Dreimal dabei sein, ist viel, viel mehr. Oliver Horst Kroll erzählt uns in einem zwar antiquierten, aber flüssigen Deutsch (es ist die Sprache, die er mit seiner Familie noch immer spricht), wie das denn so ist: Trailrunning in einem Land, dessen höchste Erhebung gerade mal 800 Meter misst. Und eine Trailweltmeisterschaft mit einem Team, von dem drei Athlet:innen überhaupt zum ersten Mal ins Ausland gereist sind. Berge bestaunen bekommt da eine wortwörtliche Bedeutung. Und,
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Denis: Und dann war da noch der Donnerstag, der sogenannte Trail Short. Ein Titel, der ganz sicher verwirrt, sind denn 44 Kilometer und 3.200 Höhenmeter wirklich „short“? Wir finden nein und selbst Stian Angermund, der sich in vorhersehender Souveränität den Titel holt, wird im Ziel sagen, dass es gut lief, aber durchaus seine Längen hatte. Aus deutscher Sicht laufen Daniela Oemus und Benedikt Hoffmann in die Top 10 und beweisen einmal mehr, dass sie die Besten auf einer solchen Distanz in Deutschland sind. Beide sind schon so lange tief im Lauf- und Leistungssport unterwegs, dass man ihre kluge Renneinteilung und die unaufgeregte Art, den Sport zu betreiben, als angenehme Renn- und Lebenserfahrung bezeichnen darf. Das Ende dieser WM lässt uns durchaus auch traurig zurück, denn die Zeit in Stubai und Innsbruck war schön und wird – da sind wir uns sicher – ein in der Weise einzigartiges Ereignis bleiben. 2025 wird das spanische Pyrenäenörtchen Canfranc Ausrichter dieser Weltspiele sein und sie werden es gut machen, aber es wird nicht die Größe und Kraft haben, wie wir es hier erleben durften. Trailrunning- und Berglauf sind mit dieser WM erwachsen geworden, ab jetzt im Scheinwerferlicht der großen Medien, im Blick der Verbände und auf der Speisekarte von Leuten, die sich mit Übertragungsrechten und Vermarktungsstrategien beschäftigen. Vieles wird im Trailrunning bleiben, wie es immer war, anderes bekommt seit dieser Juni-Woche eine eigene Dynamik. Danke Innsbruck. Du hast dein Versprechen eingelöst. Es war wunderbar.
Hier noch vor der späteren Weltmeisterin Marion Delespierre im Anstieg zum Kreuzjoch: Rosanna Buchauer hatte ein Medaille in den Beinen, musste am Ende aber mit einem starken Platz 5 leben.
Ein Star zum anfassen in Innsbruck: US-Boy Zach Miller gab alles auf der längsten Distanz und lief auf Rang 6 am Theaterplatz ein.
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EVENT WMTRC Innsbruck&Stubai 2023
"Ich habe mir den Spaß bewahrt" KATHARINA HARTHMUTH wurde in Innsbruck Vizeweltmeisterin auf dem Long Trail. Sensationell, aber irgendwie auch souverän. Ein Gespräch am Tag nach dem Rennen mit einer sympathischen Athletin, die seitdem auch noch den Eiger-Ultra-Trail gewonnen hat. Interview : DENIS WISCHNIEWSKI Katharina, wir saßen vor einem knappen Jahr schon mal so beieinander. Nach Deinem großartigen dritten Platz beim TDS in Chamonix. Diesmal ist der Anlass noch einmal größer: Vizeweltmeisterin Long Trail. Boah, krass. Was war denn das bitte gestern?
Gute Frage, ich habe ja selbst noch nicht so richtig gecheckt, was da eigentlich passiert ist. Es war ein sauhartes Rennen, aber gleichzeitig unglaublich schön. Und natürlich ist es supercool, was am Ende dabei rausgekommen ist.
Herausgekommen ist der größte Erfolg, seit Du diesen Sport machst. Beschreibe einmal Deine Gefühle? Gefühlt stecke ich heute noch immer mitten im Rennen. Zumal der Trubel gestern so groß war, dass es schon fast ein bisschen absurd geworden ist. Sowas ist man in diesem Sport ja nicht gewohnt.
Lass uns mal gemeinsam das Rennen kapitulieren. Du läufst, merkst, dass Du gut dabei bist, arbeitest Dich nach vorne, liegst plötzlich auf Rang Eins. Was geht da in einem vor? Ich fand das gar nicht so gut, plötzlich vorne zu liegen, weil das eigentlich gar nicht meiner Renntaktik entspricht. Ich komme lieber von hinten, pirsche mich an. Diesmal dachte ich
aber intuitiv, dass ich diese Platzierung jetzt eben zu verteidigen hätte, so lange wie möglich.
Was uns aufgefallen ist, wenn Dich die Kameras des Livestreams eingefangen haben: Du hast eigentlich immer gelacht.
Tatsächlich konnte ich mir die Lockerheit und den Spaß während des Rennens immer bewahren. Ich weiß, dass es im deutschen Team einige Athlet:innen gab, die sich definitiv mehr Druck gemacht haben.
Kommt irgendwann der Punkt, an dem man daran denkt, man könnte sogar Weltmeisterin werden?
Der Moment kommt, und zwar sehr schnell. Aber ich habe es gestern geschafft, ihn gleich wieder zur Seite zu schieben. Volle Konzentration aufs Verpflegen, auf den nächsten Kilometer. Vor dem Rennen war mein Ziel ein Platz in den TopTen und daran hab ich auch im Rennen festgehalten. Erst im letzten Downhill habe ich gedacht, jetzt willst Du diesen zweiten Platz aber doch unbedingt verteidigen.
Du hast Dich im vergangenen Jahr ziemlich entwickelt. Hast mit Hoka einen Sponsor gefunden, der aktiv auf Dich zugegangen ist. Da war offensichtlich jemand sehr aufmerksam. Wie geht das jetzt weiter?
32 5/2023
So ein Erlebnis wie diese WM macht natürlich Bock auf mehr, Bock auf weitere solche Rennen. Für mich hat das zwei Seiten. Einerseits pusht das total. Andererseits versuche ich mir die Einstellung zu bewahren, mit der ich in den letzten Jahren eigentlich ganz gut gefahren bin: einfach eine schöne Zeit in den Bergen haben.
Heute geht in Innsbruck eine krasse, tolle Woche zu Ende, die diesen Sport definitiv auf ein neues Level gehoben hat. Wie beobachtest Du diese Entwicklung?
Es ist schon super für unseren Sport. Vor allem, dass so neue Menschen einen Zugang zum Trailrunning bekommen. Aber der Hype sollte nicht zu groß werden. Am Ende sind wir noch immer ein Haufen Leute, die mit diesem Sport angefangen haben, weil sie eben Lust hatten, in den Bergen rumzulaufen. Wenn diese Ursprünglichkeit irgendwann nicht mehr zu erkennen ist, das wäre mehr als nur schade. Das gebe ich zu bedenken, wenn jetzt überall von einer Professionlisierung gesprochen wird ...
... und einer Kommerzialisierung ...
Genau. Das hier war eine Weltmeisterschaft. Jetzt reden manche schon von den Olympischen Spielen. Wäre das eine gute Idee? Ich bin mir da mehr als nur unsicher,
ADVERTORIAL
Laufend die Alpen erobern: Die Trailrunning-Oase Gastein adidas TERREX waren mit die ersten, die das TrailrunningPotenzial des Gasteinertals erkannt haben. 2018 hat man sich bewusst entschieden, gemeinsam mit den Playern vor Ort, der Läufer-Community ein nachhaltiges Rennen der besonderen Art zu bieten. Seit das beliebte Sportevent dort stattfindet, wurde Trailrunning nicht nur zu DER Trendsportart in Gastein, das Tal hat sogleich ein hochwertiges Angebot für Läufer etabliert. Ganze 600 Kilometer markierter Wanderwege mit perfektem LaufTerrain liegen Runnern hier buchstäblich zu Füßen. Fünf permanente TrailrunningStrecken bieten höchsten Genuss auf allen Schwierigkeitsgraden. Ganz egal, ob man ein leidenschaftlicher Hobby-Runner oder fortgeschrittener Athlet auf der Suche nach einer neuen Herausforderung ist – mit seinen hügeligen Kessellandschaften, den höchsten Grasbergen Europas und den vergletscherten 3.000ern im Nationalpark Hohe Tauern verwöhnt das Gasteinertal Körper und Seele von Läufern jeglichen Levels. Trailrunner im Einklang mit der Natur – vor der Kulisse des Gasteiner Wasserfalls. © adidas INFINITE TRAILS World
Sportliche Herausforderung auf atemberaubenden Berg-Trails bei den adidas TERREX INFINITE TRAILS. © adidas INFINITE TRAILS, Marktl Photography
Die adidas TERREX INFINITE TRAILS
Run & Relax in Gastein
Zahlreiche Trailrunning-zertifizierte Gastbetriebe bemühen sich mit Wäscheservice, Routeninfo und mehr um das Wohlbefinden aller Gästen, die auf der Suche nach dem nächsten Trailrunning-Abenteuer sind. Übrigens: Dank der downloadbaren GPS-Daten ist es auch nicht ortskundigen Läufern möglich, die traumhaften Trails der Gasteiner Bergwelt zu erkunden. Und die heißen Quellen bieten in der Alpentherme Gastein und der Felsentherme Bad Gastein garantierte Erholung nach jedem Run.
Vom 8. bis zum 10. September wird Gastein wieder zum Trailrunning-Hotspot. Runner aus mehr als 50 Nationen weltweit stellen sich der Herausforderung der adidas TERREX INFINITE TRAILS. Als ideale Vorbereitung darauf hat sich die Region etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Läufer, die eine gute Leistung erzielen wollen, können im Gesundheitszentrum der Alpentherme Gastein das speziell dafür entwickelte Diagnose- und Trainingskonzept nutzen und erhalten anschließend die Teilnahmegebühr des Wettrennens zurück. Demnach gilt: See you at the starting line!
Mehr Infos zu Trailrunning in Gastein und den adidas TERREX INFINITE TRAILS auf www.gastein.com
TYPEN Benjamin Fuchs
Text : CLEMENS NIEDENTHAL
Fotos : PHILIPP REITER
34 5/2023
Du Fuchs!
Benjamin Fuchs ist schwer zu fassen, nicht nur auf den Trails. Ein Punk mit ausgeprägter Heimatliebe. Ein Familienmensch mit einem Faible für großflächige Tattoos und – Kuckucksuhren. Von einem, der den Sport zu seinem Lebensthema gemacht hat und der dennoch ganz bewusst zwischen der Arbeit und dem Trailrunning trennt.
Benjamin Fuchs kann auch ganz langsam. Wenn er so im B-Kadett über die Landstraßen im Taunus trödelt. Ein Opel-Oldtimer von 1971, stolze 50 PS. Letztens hat er eine Spargelkönigin damit zum Apfelfest gefahren. Aber dazu später mehr. Vor allem nämlich kann Benjamin Fuchs ganz schön schnell. In diesem Jahr noch einmal ganz schön schneller. Mit seinem 32. Platz beim Trail Alsace Est by UTMB über 50 Kilometer hat Benni, wie wir ihn im Folgenden nennen dürfen, ganz schön einen abgeräumt. „Oh ja, das lief richtig gut im Elsass, das war wirklich mein bestes, rundestes Rennen bis dato.“ Vor allem aber kann dieser Benjamin Fuchs mit Menschen. Und sagt das auch genauso: „Ich kann mit Menschen." Mit, das möchten wir hinzufügen, ganz unterschiedlichen Menschen. Was vielleicht der rote Faden im Leben des 38-Jährigen ist, den wir, recht intensiv zudem, während unseres Crossing-Germany-Projekts kennenlernen durften. Der Südhesse war einer der zehn Läufer:innen, mit denen wir uns im Oktober 2021 auf einen 500 Kilometer langen Trailstaffellauf von der luxemburgischen Grenze bis auf den sächsischen Fichtelberg gemacht hatten. Aus der Ferne betrachtet nämlich mag man diesen Faden zunächst suchen. Benni war ein Punk, knapp nach der Jahrtausendwende, ist früh zuhause ausgezogen. Er hatte eine ziemlich laute Band und jede Woche eine neue Haarfarbe. Und ist andererseits so sehr mit seiner Heimat, dem südhessischen Taunus und besonders der Kleinstadt Wehrheim verbunden, dass er dort heute sein eigenes Sportstudio führt. Und eben im Oldtimer-Korso eine Spargelkönigin zum Apfelfest am Wehrheimer Schwimmbad fährt. „Ich habe mir
nach dem Innsbruck Trail Festival, noch in den Rennklamotten, auch mal so eine Kuckucksuhr gekauft, die jetzt bei mir im Wohnzimmer hängt. Ich mag dieses Spiel mit dem Kitschigen, vielleicht auch Provinziellen und guck‘ da sicher auch mit einem ironischen Auge drauf, aber nicht nur.“ Ganz unironisch war einmal Bennis Job. Aber er hat gutes Geld gebracht. Vertrieb, Computerbranche. Den Leuten Dinge anquatschen, weil er ja, wie gesagt, gut mit Menschen kann. „Da saß ich dann am Frankfurter Flughafen, war unter Anzug, Schlips und Kragen schon voll tätowiert und hab mich gefragt, ob ich das jetzt also bis zur Rente weitermachen will. Meine Frau, mit der ich schon seit Teenagertagen zusammen bin, hat mich dann echt krass in meiner Entscheidung unterstützt. Ich habe, zunächst nebenbei, meine Scheine als Fitnesstrainer gemacht und dann als Trainer angefangen, 30 Stunden die Woche, da bleibt nicht viel vom Netto.“ Heute gehört Benjamin Fuchs die Fitnesslounge in Wehrheim. Jenes Studio, in dem er damals als Trainer angefangen hatte und in dem er, 2012, auch Gründungsmitglied war. „Ein Sportstudio bei uns auf dem Dorf und dann noch eines, das nicht bloß eine Muckibude ist, das musste ich doch unterstützen.“ Eine Muckibude ist die Fitnesslounge bis heute nicht. Durchschnittsalter der Kundschaft: 50plus. „Das ist schon auch ein sozialer Treffpunkt für die Menschen, zusammenkommen, einen Kaffee trinken, auch für die geistige und soziale Gesundheit, das ist ja genauso wichtig.“ Einige seiner Kund:innen kennen Benni dabei noch aus der Zeit, als er, wie gesagt, jede Woche eine andere Haarfarbe hatte: „Aber ich merke das ja heute noch, wenn da ein rüstiger Senior reinkommt. Der hat vielleicht gehört, dass das ein Studio mit einer total entspannten Atmosphäre sei, und sieht dann
35 5/2023
TYPEN Benjamin Fuchs
"Und tatsächlich wollen manche dann wissen, wer dieser Hannes ist und wo der Kilian gerade liegt."
mich, bis zum Halsansatz tätowiert, das muss er schon erstmal kurz zusammenbringen.“
wo der Kilian gerade liegt. Ich muss denen also ehrlicherweise mit meiner Leidenschaft ganz schön auf den Senkel gegangen sein, denn natürlich ist es noch eher so, dass die meisten zwar wissen, dass ihr Trainer dieses Trailrunning macht, aber nicht wirklich, was dieses Trailrunning ist.“
Einschub, Zwischenfrage: Das ist ja schon der Traum von vielen Leser:innen dieses Magazins, den Sport in dieser oder jener Form auch zum Beruf zu machen. Welche Rolle spielt Trailrunning in Deinem Studio? „Ich habe, glaube ich, keinen einzigen Trailrunner und keine einzige Trailrunnerin, die hier bei mir trainiert. Aber natürlich lasse ich hier auf dem Fernseher den Livestream des UTMB laufen oder jetzt im Juni die Übertragungen von der WM aus Innsbruck. Und tatsächlich wollen manche dann wissen, wer dieser Hannes ist und
Wusste Benni ja zunächst selbst nicht. Damals, am 20. August 2017, als ihn eine Freundin mit zu einem Community-Run nehmen sollte. Treffpunkt Hohemark, Taunus-Informationszentrum. Im Internet hatte er noch schnell ein paar Trailschuhe bestellt, und einen Trinkrucksack, weil die Freundin gesagt hatte, dass man beides zum Trailrunning braucht. „Ich
36 5/2023
bin dann am Tag davor nochmal auf meine Joggingrunde. Einem, der da immer mit seinem Hund unterwegs war, habe ich sogar erzählt, dass ich jetzt was Neues mache: Trailrunning. Ich bin dann einfach ins Unterholz, ohne irgendeinen Trail. Ich hatte ehrlicherweise gar keine Vorstellung von diesem Sport.“ Dieser Samstag zwischen Feldberg und Hochkönig sollte dann sein Leben verändern: „Ich habe alles aufgesogen wie ein Schwamm.“ Heute ist Benjamin Fuchs nicht nur ein ziemlich ambitionierter und, ja, auch talentierter Trailläufer. Und Vize-Vorsitzender der Interessengemeinschaft Trailrunning im Taunus
Dieser Samstag zwischen Feldberg und Hochkönig sollte dann sein Leben verändern: "Ich habe alles aufgesogen wie ein Schwamm."
(www.taunus.run). Er, der Fitnesstrainer, trainiert seit diesem Jahr sogar mit einem Lauftrainer. Lars Schweizer von Two Peaks Endurance, den die Leser:innen dieses Magazins ja gut kennen. Fast in jedem Monat hat er ein Rennen gebucht, auch in Chamonix wird Benni am Start stehen, nach dem CCC im vergangenen Jahr diesmal über die 55 Kilometer des OCC. „Früher bin ich immer mit Vollgas angelaufen und hintenrum geplatzt. Das war auch die Ansage, die ich Lars gemacht habe: Hey, Du musst mir zeigen, wie das mit einer vernünftigen Renneinteilung funktioniert.“ Hat funktioniert. Wobei das mit dem Einteilen für Benni schon auch zu einem Lebensthema geworden ist. Für ihn, den Punk, der immer gerne alles gegeben hat. „Ich bin nun ja auch schon 38 Jahre alt und möchte diesen Sport gerne noch einige Jahre machen. Da kann es manchmal die klügere Entscheidung sein, auf dem Teppich sitzen zu bleiben und mit seinem Kleinen Lego-Starwars zu spielen.“ Auf dem Teppich bleiben. Das wäre doch ein guter Schluss. Zumal in einem Porträt über einen, der auch schon mal mit diesem Teppich fliegt.
37 5/2023
PRODUKT STOCK-TIPPS Text & Fotos: DENIS WISCHNIEWSKI
dir
was
Mit Stock und Verstand Unser Lieblingssport geht am Stock. Und das mit Begeisterung, schließlich können wir so auch mit den Armen rennen. Was Laufstöcke können, wie man sie effektiv einsetzt und welche Modelle besonders zu empfehlen sind. 4/2023 38 5/2023
5 Tipps zur Stock-Technik Üben, üben, üben! Eine effiziente Nutzung der Stöcke ist nicht trivial und Bedarf praktischer Erfahrung.
Den Stock nicht zu weit vorne aufsetzen. Die Stockspitze sollte sich nie weiter vorne als der Griff befinden.
Den Stock nah am Körper vorbeiziehen, um die volle Armkraft übertragen zu können.
Text : BENNI BUBLAK Foto : SPORTOGRAF
Wir sind verliebt. Verliebt in diese neuen Trailrunning Stöcke. Ja, wir kommen in diesem Fall nicht ohne Markennennung aus. Es sind die Leki Ultratrail Fx.One Superlite. Dieses fast unglaublich geringe Gewicht, dieses kleine Packmaß und die gleichzeitig hervorragende Steifigkeit sind einmalig. Auch das von Leki Trail Shark genannte Handschlaufen-System garantiert direkte und verlustfreie Kraftübertragung (als Alternative gibt es aber auch das Modell mit klassischen Schlaufen; genannt Neotrail). Kurzum: Dieser Stock macht einfach nur Spaß. Die Marke Leki im Stockbereich inzwischen als Standard-Lösung zu bezeichnen, wird keiner bestreiten, der in letzter Zeit bei einem alpinen Wettkampf unterwegs war. Nein, dies ist kein Advertorial. Und deshalb kommen wir jetzt auch zum „Aber“. Denn keine Perfektion ohne Schattenseiten. Das genannte Modell ist
Schlaufen oder ein verwandtes System nutzen, um die Kraft möglichst effizient zu übertragen.
Im Downhill die Stöcke verstauen und nur in Ausnahmefällen (müde Muskulatur) zur Unterstützung verwenden.
aus Carbon, was ihn zwar wunderbar leicht und steif macht, aber gleichzeitig auch ziemlich brüchig. Einmal zwischen zwei Steinen eingeklemmt und horizontal belastet und man hat zwei Teile in der Hand. Der zweite Nachteil: Das Material frisst sich ziemlich schnell fest, sodass man Ziehen und Zerren kann wie man will, der Stock bleibt im zusammengeklappten Zustand. Nichts gibt es Schlimmeres, als im ersten Anstieg eines langen Ultratrails festzustellen, dass der Stock nicht mehr auseinandergeht. Durch regelmäßige Pflege kann man dies natürlich verhindern oder zumindest verzögern. Der Stock sollte vor dem Lagern unbedingt trocken sein und regelmäßig gesäubert sowie Dreck entfernt werden. In hartnäckigen Fällen kann auch Öl oder Fett zum Einsatz kommen. Dennoch ist solch ein Stock, bedingt durch die genannten Probleme, keine Anschaffung für die Ewigkeit. Bei einem Listenpreis von 190 Euro des genannten Modells nicht unbedingt erfreulich. Alternativen haben also durchaus ihre Berechtigung. Dass man im Wettkampf nicht auf die optimale Performance verzichten will, liegt auf der Hand. Aber braucht man diese auch bei jedem Trainingslauf? Vielleicht tut es dort auch ein günstigeres und gleichzeitig langlebigeres Modell. Eines aus dem Werkstoff Aluminium beispielsweise. Wer mit dem ganzen Lightweight-Gerede ohnehin nichts anfangen kann, sich auch mit einer soliden statt perfekten Performance abfindet oder Anfänger ist, der sich erstmal orientieren muss, für den sind Alternativen zu den gängigen Ultralight-Carbon-Modellen natürlich eine Option. Wir haben also fünf Trailrunning-Stock-Modelle rausgesucht, die sich in ihren Anforderungen, Eigenschaften und Anschaffungskosten doch erheblich unterscheiden. Welcher der richtige für Euch ist, entscheidet ihr selbst. Außerdem geben wir Euch noch fünf kurze Tipps für die richtige Stocktechnik mit auf den Weg. 4/2023 39 5/2023
PRODUKT STOCK-TIPPS
5 aktuelle Modelle Leki Ultratrail Fx.One Superlite
Leichtigkeit, Steifigkeit, Kraftübertragung– hier werden keine Kompromisse eingegangen. Das Top-Modell mit den erwähnten kleinen Schattenseiten.
Black Diamond Distance Z
Der Klassiker unter den Faltstöcken. Aber eben nicht die Version aus Carbon. Sondern das robustere und günstigere Aluminium-Modell.
Evadict Trailstock von Decathlon
Preis/Leistungs Sieger mit Betonung auf Preis. Günstiger Falt-Stock aus Carbon mit Schwächen bei der Steifigkeit.
40 5/2023
Komperdell Cloud Vario Team Pink
Optisch sehr auffälliger Carbon-Stock, der sich in dieser Vario-Variante in der Länge anpassen lässt. Der selbstentfaltende Mechanismus ist Geschmackssache.
Dynafit Mezzalama Stock
Eigentlich fürs Skitouren. Mit Fixlänge (nicht faltbar) und sehr spitzem Ende aber eine Empfehlung für Vertical Runner, die optimalen Grip und Kraftübertragung suchen.
ADVERTORIAL
Mehr Dynamik auf jedem Terrain: New Balance präsentiert den FuelCell SuperComp Trail v1 Die Revolution des Trailrunnings mit Carbon-Technologie
Lange Tage am Berg, in der Nase der Geruch einer frisch gemähten Almwiese, unter den Füßen ein kupierter Trail, der Blick reicht weit ins Tal und über die Gipfel. Weit unten schlängelt sich die Forststraße, auf der dieses Abenteuer in weit ausholenden, vorfreudigen Schritten begann. Bald wird es felsig, ein verblockter Anstieg führt ins Nachbartal. Später der Downhill, laufen lassen. Dabei einem Begleiter an den Füssen, mit dem es tatsächlich läuft. In variablen Tempi, auf unterschiedlichem Terrain. Der brandneue New Balance FuelCell SuperComp Trail v1 ist als erstes Trailmodell der Marke mit einem dynamisierenden Carbon-Element in der Mittelsohle ausgestattet. Der Schuh setzt neue Maßstäbe in Sachen Performance und sorgt für einen noch dynamischeren Schwung auf jedem Terrain. Dieser robuste und dennoch geschwindigkeitsorientierte Trailschuh vereint das Laufen im lustvoll beschleunigten Moment mit dem Komfort und der Seriosität für lange Tage und Dinger. Dämpfung und Dynamik, Agilität und Stabilität, kurzum ein Allroundtalent für passionierte Trailläufer*innen.
sorgt auf nassem wie trockenem Terrain für zuverlässigen Halt, Traktion und eine spürbare Sicherheit, die noch einmal zusätzlich zu neuerlichen Höchstleistungen animiert. Neben all der technischen Raffinesse überzeugt der FuelCell SuperComp Trail v1 aber auch in puncto Komfort und Passform. Das angenehm leichte, dennoch stabil sitzende Obermaterial gewährleistet eine schlanke, agile Passform, die den Fuß sicher hält, sodass sich Trailläufer:innen voll und ganz auf die Strecke konzentrieren können. Der New Balance FuelCell SuperComp Trail v1 ist die perfekte Wahl für alle Trailrunner:innen, die nach Höchstleistung streben. Egal, ob auf technisch anspruchsvollen Trails oder bei schnellen, rasanten Läufen – dieser Schuh ist der ideale Begleiter für alle, die Abenteuer suchen und die Natur in vollen Zügen genießen möchten. Ein Schuh, der Grenzen verschiebt und den Horizont erweitert.
Was macht den FuelCell SuperComp Trail v1 so besonders? Ein robustes, auf Spannung gearbeitetes und dennoch flexibles Carbonelement, das im Vorfuß gegabelt ist und dem Schuh somit eine höhere Flexibilität und Adaptivität gerade im unebenen, technischen Terrain spendiert. Eine perfekt auf dieses Carbonelement abgestimmte FuelCell-Zwischensohle. Der reaktionsfreudige, animierende Zwischensohlenschaum kommt etwa auch in den New Balance-Wettkampfschuhen für die Marathondistanz zum Einsatz. Synergetisch verschmelzen diese beiden Elemente mit der revolutionären EnergyArc-Technologie: Die FuelCell-Zwischensohle sorgt für maximale Energierückgabe, während die Carbonplatte im Schuh zusätzlichen Schutz und Stabilität bietet, da sie Steine, Wurzeln und andere Hindernisse besser absorbiert und so das Verletzungsrisiko reduziert. Dies ermöglicht den Läufer*innen einen selbstbewussten Auftritt und ein intuitives Laufgefühl gerade auf schwierigen Trails. Die in den Schuh integrierte Kohlefaserplatte garantiert eine hohe Reaktionsfreudigkeit und Rückfederung und vereint dabei zwei eigentliche Gegensätze: Tempohunger und größtmögliche Effizienz. Nicht nur auf unebenen und steinigen Pfaden, sondern auch auf schlammigem Untergrund spielt der FuelCell SuperComp Trail v1 seine Stärken aus – dank der MegaGrip-Außensohle von Branchenprimus Vibram, die zudem in der gewichtssparenden Lightbase-Variante verbaut worden ist. Sie
Daten zum Schuh: Sprengung: 10 mm Gewicht: Damen 222g / Herren 270g Preis: 220,00 €
REISE Südtirol/Bozen
42 5/2023
Südtirol auf halber Höhe Bozen, der Ritten, der Wein und die Trails: Warum es eine gute Idee ist, die ganz hohen Berge einmal links liegen zu lassen. Und wie man zwischen Weinreben und Schlutzkrapfen dennoch ganz lässig auf 2.000 Höhenmeter kommen kann. Am Stück
43 5/2023
REISE Südtirol/Bozen Text & Fotos : CLEMENS NIEDENTHAL
Othmar heißt er. Othmar Herbst. So wie die Jahreszeit. Also nicht diese Jahreszeit. Wir haben gerade Frühsommer, der Juni ist noch jung. Ich treffe Othmar an einem Brunnen in Oberbozen, wo er sich gerade seine Flasks mit frischem Bergwasser füllt. Für den finalen Downhill hinunter ins Tal. Was er hier oben gemacht hat, außer auf fantastischen Trails zu laufen, das wird mich gleich sehr erstaunen. Jetzt aber hilft mir Othmar erst einmal bei der Streckenplanung. Er nehme meistens den 6er, viel Schotterstraße zwar, aber dafür ginge es schnell. So in Begleitung aber würde er den 23er empfehlen. Und noch einige wurzel-trailige und aussichtsreiche Shortcuts und Schleifen einbauen. Tatsächlich sind die nächsten 40 Minuten ausnehmend wunderbar. Auch wenn sie meine in und um Berlin erworbenen Downhill-Fähigkeiten doch ziemlich fordern. Mit jeder Kehre aber steigt die Hitze, die ich vor ein paar Stunden unten in Bozen gelassen hatte, wieder weiter zu uns hinauf. Es wird einer dieser Läufe, nach denen das erste Bier im palmengesäumten Garten des Parkhotel Mondschein scheinbar noch auf der Zunge verdampft. Meine Osteopathin sagt ja, dass man in der ersten Viertelstunde nach dem Laufen Alkohol nicht über die Leber abbaut, sondern über die Haut, also den Schweiß. Wer wäre ich, an meiner Osteopathin zu zweifeln? Aber zurück zu Othmar und dem anderen Grund seiner Rennerei. Die Bären. Und die Almhütte, die schon seit Generationen in Familienbesitz ist. Seine Frau habe ihn gebeten, einmal nach Bärenspuren zu schauen. Wie man das denn machen würde? Na, Bärenspuren erkenne man schon. Und ob da nicht auch die Angst mitlaufen würde? Aber er hätte doch seine Aluminiumstöcke dabei. Bisher war ich davon ausgegangen, dass Trailrunning kein Kampfsport sei. Nun, ein Bär hatte sich nicht sehen lassen. Und auch keine Spuren von ihm. Und vielleicht war es Othmar doch vor allem darum gegangen, drei, vier Stunden in den Bergen zu sein. Am Ritten, dem Hausberg Bozens, an dem sich gut 2.000 Höhenmeter machen lassen, am Stück. Nicht weil der Ritten so hoch wäre, das Rittner Horn bringt es auf gut 2.200 Höhenmeter. Aber Bozen liegt bereits tief unten, gerade mal auf 260 Meter. Deshalb die Palmen. Und wohl auch das Dolce Vita im Garten des Parkhotels. Zum Bier noch ein Joghurteis mit frischen Früchten. Und Popcorn aufs Haus. Das Beste aus beiden Welten. Nein, nicht Bier und Eis sondern Alpen und Arkadien. Ich werde sehr selig sein in diesen fünf Tagen, dort, wo der Brenner aufhört und Südtirol immer italienischer wird. Eine Almhütte aus dem Gourmetführer Am Tag zuvor gut 400 Höhenmeter über Bozen im kleinen Bergdorf Unterinn, wo uns das Gasthaus Wunder für eine tiefenentspannte Nacht aufnahm, hatte sich die örtliche Blaskapelle auf der Terrasse mit Weißwein, nicht mit Weißbier, für die Fronleichnamsprozession warm getrunken. Der Glaube und seine Rituale, das sind hier in Südtirol immer auch sehr weltliche Themen. Wir Tourist:innen schauen staunend und, ja, durchaus ergriffen zu, wie sieben Meter hohe Prozessionsfahnen durch das kleine Dorf getragen werden. Weihrauch liegt in der Luft. Unsere Prozession aber ist der Trail. Wobei wir, der Gunst des inklusiven Tourismusangebots sei Dank, die Seilbahn hinauf zur Schwarzseespitze nehmen und uns oben angekommen nicht täuschen lassen von einer planierten Skiarenenlandschaft. Durch kniehohe Latschenkiefern führt der Trail bald ums Rittnerhorn herum und in ausgesetzten Passagen leicht, dann wieder steil talwärts. Zur Rechten der weite Blick auf den Schlern, den Rosengarten und weit in die Dolomiten hinein. Der Nase nach ginge es zum Latzfonser Kreuz und entlang
44 5/2023
Palmen im Garten, Gipfel am Horizont: Im Parkhotel Mondschein treffen sich die Alpen und Italien – historischer Charme und nonchalante Coolness
des Sarntaler Hufeisens, ein 120 Kilometer langer Weitwanderweg, der auch der Kurs des Südtirol Ultrarace ist. Schafe dösen in der Mittagssonne, trocknen ihr Fell vom Gewitterregen, der gerade eben noch herabgeprasselt war. Gerade als der Weg wieder breiter wird und sich erste Autospuren finden, geht es links hoch zu einer Alm, die man selbst auf den Karten von Komoot oder dem Alpenverein ganz genau suchen muss. Platzer Alm heißt der Ort, Almrast die Jausenstation, eine herrliche Alternative zu den pragmatisch gefliesten Berggasthäusern auf der anderen Seite des Rittner Horns, wo der Kaiserschmarrn verlässlich aus der Tüte kommt. Sie mache bewusst keine Werbung, sagt die Wirtin, die auch die Bäuerin ist. Darüber hinaus aber machen sie und ihr Mann, und die Töchter, alles selbst. Pilze sammeln, Kälber aufziehen, die Kräuter und das Gemüse fürs Knödeltrio im eigenen Garten ernten. Und schnell noch einen Apfelkuchen
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Männer. die auf Zirben starren: Der Autor auf dem Plateau des Rittner Horns, gut 2.000 Höhenmeter über Bozen.
backen, mit einer Sandwich-dicken Eischneehaube. Sogar der Gourmetführer Gault Millau hat die Almrast schon einige Male ausgezeichnet. Pünktlich zur Einkehr im gemütlichen Gastraum kehrt auch das Gewitter zurück. Man rückt zusammen. Ein älterer Bayer in Karohemd und Trainingshose, der so aussieht und so spricht wie Gustl Bayrhammer zu Meister-Eder-Zeiten, erzählt von seiner Jagdhütte gut zweihundert Meter bergaufwärts mit allen Annehmlichkeiten eines Einfamilienhauses. Ja, diese Trailrunner habe er jetzt auch schon öfter beobachtet. Es gibt also durchaus unterschiedliche Vorstellungen, sich am Berg zu vergnügen. Schön, wenn man dann bei größtmöglich selbstgemachter Küche, dort die Schweinshaxe, hier Knödel und Kraut, zusammensitzt.
REISE Südtirol/Bozen
Reiseplaner Einkehr, Unterkunft und die besten Trails: Alles Wichtige zum Trailurlaub in Bozen und um Bozen herum Anreise: Mit dem Eurocity über den Brenner. Ab Hamburg und über den Brenner gibt es sogar eine Nachtzugverbindung. Die Anreise mit der Bahn macht Sinn, denn das Parken in Bozen ist kompliziert und teuer. Zudem ist der Öffentliche Nahverkehr in Südtirol perfekt ausgebaut. Bezieht man ein Quartier (Pension, Ferienwohnung, Campingplatz ,,,) außerhalb von Bozen, also etwa am Ritten, sind in der Tourismuskarte Busse, Bahnen und auch Bergbahnen inkludiert, Unterkunft: Der Gasthof Wunder im kleinen Ort Unterinn (DZ mit Frühstück 140 Euro) ist eines dieser Gasthäuser, die man eigentlich jedem Ort wünschen würde. Schlichte, aber schlicht sehr schöne Zimmer mit viel regionalem Holz. In der Wirtsstube und auf der Terrasse am Kirchplatz gibt es sehr gute Pizzen und Kontakt mit den Einheimischen. www.wunder.bz.iz Das Parkhotel Mondschein in Bozen hat das Zeug zu einem Lieblingsort. Ein zeitgenössich, nicht bloß modisch wiederbelebtes Grand Hotel mit traumhaft gutem Frühstück (Poridge mit saisonalen Früchten, Eggs Bennedict, Marillencroissant), einer lässigen Bar und einem traumschönen Garten. Das historische Haus wurde nicht totrenoviert, das Publikum ist angenehm divers. Ein kleiner Luxus (DZ ab 170 Euro) für die schönsten Tage im Jahr. www.parkhotelmondschein.de Die Trails: Der Ritten ist als Laufrevier scheinbar grenzenlos. Darüber hinaus bietet er viele kurze Touren mit üppigen Höhenmetern, die sich wunderbar in einen Familienurlaub integrieren lassen. Auf einer Höge von 260 bis 2.300 Metern finden sich übers ganze Jahr laufbare Strecken. Reiszeit: Man könnte zwei, drei Tage in und um Bozen an seinen (hoch-)alpinen Südtirolurlaub dranhängen. Oder man kommt von September bis in den späten Oktober, wenn nach der Weinernte Törgellenzeit ist und viele Weinbetriebe charmante Buschenschänken öffnen. Genuss-Trailen.
Auch Matthias Messner vergnügt sich gern am Berg. Vor allem arbeitet er an den Hängen, die von hier oben betrachtet nicht verraten, dass 500 Meter tiefer die Brennerautobahn vorbeirauscht. Matthias Messner und seine Frau Evi bewirtschaften den Rielingerhof. Ein Hof-Ensemble wie ein Schwalbennest, die ältesten Gebäudeteile aus dem 13. Jahrhundert. Messner ist biodynamischer Bauer und Winzer, seit er auf den Beipackzetteln der Spritzmittel gelesen hatte, dass man die Weinberge nach der Behandlung 36 Stunden nicht betreten solle: „Wie soll das gehen, wenn der Hof mitten in den Weinbergen steht?“ Handarbeit war das Weinmachen in diesen Steillagen ohnehin schon immer. Heute setzt Matthias Messner auf regional verwurzelte Rebsorten, Vernatsch, Kerner und den fast vergessenen Blatterle, den er zu einem
Im kupierten Flow einmal um den Ritten – der Lauf zum Rielinger Hof wird zum schönsten dieser Reise
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traumhaft frischen, sehr alpinen und mit nur 10 Prozent Alkohol auch leichten Wein keltert. Was ihm wichtig ist: Das Terroir, sozusagen der Trail des Weines, soll in die Flasche. Weshalb im Weinkeller selbst möglichst wenig passiert. Die Weine vergären spontan und oft werden sie samt Schalen und Stile eingemaischt: „Das ist ja heute in der Naturweinszene total angesagt. Gleichzeitig ist es aber die Art, wie mein Großvater hier oben noch Wein gemacht hat. In gewisser Weise gehe ich also zurück zu den Wurzeln.“ Wir trinken zum Rindsgulasch und den Schlutzkrapfen Holunderblütensirup und schorlierten Vernatsch. Ein erfrischender Sommerrotwein, charakterfester und, spätestens wenn er aus der biodynamischen Wirtschaft des Rielingerhofs kommt, spannender als jeder Rosé. „Während der Apfelernte“, wird Florian Gojer, ein weiterer Winzer aus der Region, am Tag darauf mit Blick auf die Weinhänge von St. Magdalena sagen, „ist die Vernatsch-Schorle noch immer das durstlöschendste Getränk.“ Der Lauf zum Rielingerhof war vielleicht der schönste dieser Reise. Erst den 26er, dann den Keschtnweg, also Kastanienweg. Im kupierten Flow
von Oberbozen quasi einmal um den Ritten herum. Weite Blicke, Panoramaperspektiven auf Bozen, abwechslungsreiche Trails. Dort ein Kirchlein, hier ein alter Bauernhof, noch einmal durch die Ortschaft Unterinn, dann die ebenfalls kirchturmhohen Erdpyramiden aus der späten Eiszeit. Spektakulär. Zuletzt, im finalen Abstieg zum Rielingerhof, sonnt sich eine rund eineinhalb Meter lange Äskulapnatter mitten auf dem Trail. Auch spektakulär. Als sie uns spürt, macht sie eine Welle (sie schlängelt sich also im Wortsinn) und weg ist sie. Dass Äskulapnattern zwar die größten Schlangen der Zentralalpen, aber absolut ungiftig sind, hatten wir in der Aufregung kurz vergessen. Ein Herbst in Weinlaune Nun, sonnen können wir uns auch. Und es überhaupt lässig nehmen mit dem Leben, dem Laufen und dem Reisen. Bozen ist dafür der ziemlich beste Ort. Der öffentliche Nahverkehr, die Ausschilderung der Wanderwege, überhaupt die Infrastruktur ist, nun ja, nordisch verlässlich organisiert. Das Lebensgefühl, die stets handwerkliche Küche oder die Lust auch und gerade der Einheimischen am öffentlichen Leben aber sind so angenehm italienisch. Dolce Vita eben. Als Beispiel wäre die Aperókultur zu nennen. Halb Bozen scheint nach der Arbeit erstmal kurz irgendwo einzukehren. Auch unsere parkähnliche Hotelterrasse wird verlässlich von Einheimischen frequentiert. Und bald im Herbst, wenn die Weinernte gerade eingefahren ist, werden auch sie „Törggelen“. Die Törggelezeit, das ist so etwas wie die fünfte Südtiroler Jahreszeit. Der Begriff bezieht sich auf die „Torggl“ (lat. torquere, drehen), also die hölzerne Weinpresse in den Kellern der Bauern. Viele Weinhöfe, auch solche, die eigentlich keine eigene Wirtschaft haben, bieten dann einfache, handwerkliche Gerichte und eine warmherzige Geselligkeit. Speck, Schüttelbrot, Beteknödel. Ein durstlöschender Vernatsch. Hier auf halber Höhe ist
Matthias Messner (rechts) ist Gastwirt, Landwirt und BIo-Winzer. Bei Rindsgulasch und Schluzkrapfen machen wir auf seinem Rielingerhof Rast.
der Oktober, ja sogar der frühe November, noch einmal eine Saison für Wanderrungen, oder eben Trailtouren. Dann also, wenn im Hochgebirge das Wetter schon recht unwirsch werden kann. Oder anders gesagt: Rund um Bozen hat unser Sport eigentlich immer Saison.
EVENT Salomon Zugspitz Ultratrail
Wäre ein Trailrunning-Event eine Musikband, müsste man beim Salomon Zugspitz Ultratrail von "Independent" sprechen, denn das berühmteste Rennen seiner Art hat sich auch 2023 seine Unabhängigkeit bewahrt und ist dabei das geblieben, was es immer war - ein tolles Fest des Sports!
Ein klasse 48 5/2023
Treffen! 49 5/2023
Text : DENIS WISCHNIEWSKI Foto : KLAUS FENGLER, ANDI FRANK
Es gibt Ostern. Meinen Geburtstag. Andere Geburtstage. Rock am Ring. Wacken. Es gibt Heiligabend. Die Feiertage danach. Silvester und Neujahr. Es gibt den Hülenhock und das Bockbierfest in Honau und natürlich das Oktoberfest in München. Und dann gibt es den ZUGSPITZ ULTRATRAIL in Garmisch-Partenkirchen, der die längste Zeit seiner Existenz in Grainau beheimatet war. Dieser ZUT, wie ihn all jene rufen, die eng mit ihm verbunden sind, ist der größte und wichtigste Trail-Wettkampf Deutschlands und seit seiner Premiere vor über zwölf Jahren der ultimative Einstieg für fast alle, die den Weg ins lange und alpine Laufsport-Business suchen. Es ist ein Jahrestreffen, ein Jour fix für die heute erwachsen gewordene Community. Mehr als 80 Prozent aller Trail-Leser:innen waren hier irgendwie einmal zu Gast oder werden es irgendwann mal sein. Kein Event ist so eng mit dem Trail Magazin verbunden wie der ZUT, der mit seiner Erstaustragung auch nahe an der Veröffentlichung der ersten Printausgabe ist. Der ZUT ist, das kann man jetzt offen so sagen kann, standhaft geblieben. Er hat sie alle ein wenig an sich vorbeigelassen, um letztlich einfach das zu bleiben, was er ist. Da sind natürlich diejenigen, die immer weiterziehen, auf UTMB-Punkte-Suche und dem Stone-Trieb, die Zugspitze links liegen ließen, aber viele andere sind Jahr für Jahr hier, mieten sich bereits Tage zuvor in eine Pension ein, kommen in ganzen Gruppen und machen aus einem Wettkampf ein Festival – nein ein Fest. Freitag. Für eine der langen Distanzen oder gar für den echten 111 Kilometer langen Ultratrail, reicht es bei mir mal wieder nicht. Viermal habe ich seit 2011 diesen „Hunderter“ gefinisht, aber in den letzten Jahren hatte ich mich an solch eine Aufgabe nicht
mehr getraut. Mein Job soll diesmal kürzer sein – ich laufe heute zum Auftakt des Events den Garmisch-Partenkirchen-Trail über 35 Kilometer, der als Teil der Golden Trail Serie wohl auch das schnellste und am besten besetzte Rennen sein wird. Am Samstag bin ich dann so etwas wie ein passiver Teilnehmer des Ultratrails und moderiere den Live-Streams. Dass dies ebenfalls sehr anstrengend und verdammt heiß sein würde, konnte ich nicht erahnen – da hätte ich ja doch mitlaufen können. Mehr als 1000 Teilnehmer:innen versammeln sich im Zentrum von Garmisch. Ein imposantes Bild. Es erinnert natürlich an eine Szene aus Chamonix, wenngleich wir hier ja nicht über den UTMB reden wollten. Wir wollen unbedingt an und um Deutschlands höchsten Berg bleiben. Nach zwei Stunden und 24 Minuten rast Hans-Peter Innerhofer ins Ziel und ist mehr als 15 Minuten schneller als von Experten erwartet. Damit muss der Österreicher so ziemlich alle Abschnitte der Strecke in flottem Tempo gelaufen sein – auch die teils steilen Anstiege hinauf zum Eckbauer, wo echte Zegama-Stimmung herrscht und ich hinter Innerhofer irgendwo in den Büschen liege. Das mit den Energy Gels klappt diesmal leider nicht so sehr. Irgendwann bin ich dann von mehr oder weniger allem befreit und laufe mit Pudding-Beinen weiter, um mehr als 1,5 Stunden länger als der Sieger unterwegs zu sein. Damit bin ich aber irgendwie auch sehr im Geiste des ZUT unterwegs, denn hier ist dabei sein alles und das Finish steht über allem. 94 Prozent aller Starter erreichen hier auch das Ziel und das prägt die gute Stimmung und wohl auch die hohe Rate der Wiederholungstäter. Der ZUT ist aber auch eine bunte Expo, die es in der Art und Weise nur
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94% aller Starter erreichen hier auch das Ziel und das prägt die gute Stimmung und wohl auch die hohe Rate der Wiederholungstäter
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INTERVIEW Anna, Kim & Laura
hier gibt. Fast alle relevanten Hersteller stellen ihre Produkte aus, verkaufen in Last-Minute-Manier all das, was noch für die Pflichtausrüstung fehlt. In den letzten Jahren wurde oft darüber diskutiert, dass und warum die internationale Elite in Garmisch fehlt. Das war zu Beginn der Veranstaltung anders. In die Siegerlisten trugen sich Ikonen des Sports ein – Miguel Heras, Tofol Castanyer, Julien Chorier, Caroline Chaverot oder Ildiko Wermescher. Der ZUT bekam im Laufe seiner Karriere immer mehr Konkurrenz, was aber auch dafür sorgte, dass neue Namen und unbekannte nationale Athletinnen und Athleten auf das Podium liefen. Und doch stehen 2023 absolute Top-Leute am Start. Die Neuseeländerin Ruth Croft beispielsweise – ausgestattet mit einem CCC-Sieg und der Western States 100 Krone, läuft hier wenig überraschend zum Sieg des Ehrwald Trail über 80 Kilometer und 4.200 Höhenmeter und lässt dabei auch den schnellsten Mann hinter sich. Ruth – eine Klasse für sich. Beim etwas kürzeren Leutasch Trail gewinnt ebenfalls eine Frau, die Sportgeschichte geschrieben hat. Nicht unbedingt auf Trails (noch nicht), aber im Triathlon. Chrissie Wellington siegte viermal
Von links nach rechts nach unten: Jasmin Nunige siegt noch immer und zeigt sich in Topform. Max Rahm wird Zweiter hinter Flo Reichert und findet einen neuen Sport. Der ZUT lebt auch von der kürzesten Nacht des Jahres. Western States 100 Siegerin Ruth Croft dominiert den Ehrwald Trail und lässt sogar den schnellsten Mann hinter sich. Rahmenprogramm mit Philipp Reiter und den Coaches von Twopeaks Endurance.
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beim Ironman auf Hawaii und hat nun im Herbst ihrer Laufbahn Trailrunning entdeckt. Im Alter von 46 hat sie bei uns noch einige schöne Jahre vor sich. Der ZUT 2023 wird auch für Jasmin Nunige unvergesslich bleiben. Die Schweizerin ist eine lebende Legende des Sports, vielfache Gewinnerin des Swiss Alpine Davos und mit 49 noch immer mehr als nur konkurrenzfähig. Nunige wird beim Mittenwald Trail die erste Dame im Ziel und freut sich sichtlich. Damit ist dieser Zugspitz Ultratrail vor allem ein Event, das von starken Frauen geprägt wird und das steht dem größten Wettkampf seiner Art in Deutschland gut.
Der ZUT ist kein Teil einer großen internationalen Rennserie (bis auf den Garmisch-Partenkirchen Trail / GTS Serie), er vergibt keine Running Stones und dürfte für alle, die unbedingt einmal nach Chamonix zum UTMB möchten, nicht die dringlichste Station sein. Diese Austragung hat aber einmal mehr bewiesen, dass gänzlich unabhängige Wettkämpfe für sich und ihre Qualität stehen können. Wer hier läuft, weiß ganz genau was man bekommt – eine attraktive Strecke, alpine Trails, die dennoch gut laufbar sind, eine perfekte Organisation, eine vitale Community und die Auswahl zwischen sechs Renndistanzen. Man kann die Zukunft nicht vorhersehen und wer weiß schon, vielleicht hat der ZUT irgendwann auch dieses Label „by UTMB“, aber ich wünsche ihm noch eine lange Unabhängigkeit
und weiterhin diese Niedrigschwelligkeit, hier in den Trail-Rennsport einzusteigen. Zum Schluß dann doch noch die Geschichte eines Mannes, nämlich die des Ultratrail-Siegers Marcel Geißler, der wohl für das ikonischste Bild des ganzen Events sorgte, als er mit dem erst wenige Wochen alten Töchterlein auf dem Arm unter Freudentränen ins Ziel lief - mit genügend Vorsprung, um all das in Ruhe zu genießen. Geißler, der seit Jahren vordere Resultate erläuft und ein fleißiger und konsequenter Trainierer ist, feierte beim ZUT seinen mit Abstand größten Erfolg und hatte alle Sympathien auf seiner Seite. Sein Sieg sollte symbolisch für die ganze Veranstaltung sein - fleißig sein, sich selbst vertrauen und um das eigene Können wissen. Gratulation.
Ultratrail-Champ Geißler nur wenige Minuten nach seinem Finish im Livestream-Interview mit dem Autor 53 5/2023
GLOSSE Laufgesellschaft Text : CLEMENS NIEDENTHAL Foto : PHILIPP REITER
WAS HEISST DENN HIER NORMAL? Der Mainstream, so behaupten wir Trailrunner:innen gerne, das sind die anderen. Über den Laufsport und seine Nischen als soziokulturelle Fluchtbewegung. Und das allzu menschliche Bedürfnis, besonders zu sein
Im Juli bin ich seit langem mal wieder einen Ultra gelaufen. Einfach so für mich. Den Urwaldsteig im Kellerwald. Gut 60 Kilometer rund um den Edersee und durch wunderschöne Buchenwälder, UNESCO-Weltkulturbe. Der Lauf lag nahe, ich war auf dem Rückweg von einem 70. Geburtstag im Hessischen. Dort kam das Gespräch also auf den Urwaldsteig. Wie, 64 Kilometer? Am Stück? Ach, nicht mit dem Fahrrad? Ein wenig kam ich mir vor wie ein Hochstapler. Ich stellte mir vor, wie sich die anderen mich vorstellen, wie ich mit weit ausholenden Schritten durch die nordhessische Hügellandschaft hechte. Tausendsassa, Teufelskerl. Und dann stellte ich mir vor, wie ich bereits nach 15 Kilometern zwischendurch in den Wanderschritt wechsle. Zur Marathondistanz hatte ich eine üppige Pause eingeplant, meine Frau würde mich in einem Café erwarten.
Trailrunning ist auch im Jahr dieser wunderbaren WM von Innsbruck noch immer ein Sport, der für Außenstehende oft unvorstellbar bleibt. Wir Innenstehende beziehen aus diesem befremdeten Staunen gerne Bestätigung und Distinktion. Der Laufsport entwickelte sich in den Sechziger- und Siebzigerjahren auch in Abgrenzung zum organisierten (Mannschafts-)Sport. Laufen konnte man nur für sich. Eine Individualsportart für eine zunehmend individualisierte Gesellschaft. Und sollte man sich doch zu mehreren zusammenfinden, nannte man es Lauftreff und nicht mehr Sportverein. Laufen entwickelte eine eigene Ästhetik. Plötzlich gab es den Jogginganzug. Typen wie der US-Amerikaner Steve Prefontane erschienen auf der Bildfläche. Athleten, die krassen Leistungssport gemacht haben, aber immer auch ihr eigenes Ding. Trailrunning trat das Erbe dieser Entwicklung an. In den Nullerjahren, Laufen war längst ein Volkssport und die Marathonteilnahme auch ein Statussymbol unserer Leistungsgesellschaft, fanden sich jene zunehmend auf den Trails und in den Bergen, die auf der
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Suche nach unmittelbaren, ungefilterten Erfahrungen waren. Und genervt von einer Straßenlaufkultur, die den Sport entweder allzu ernst nahm – oder einzig als Event. Wurde Trailrunning also so etwas wie die Subkultur der Laufbewegung? Vieles spricht für diese These. Zumal diese Entwicklung in eine Epoche fallen sollte, in der eine ganze Gesellschaft oder zumindest relevante Teile von ihr die Natur und mithin die Berge neuerlich entdecken sollten. Das alles ist aber jetzt auch schon eine kleine Weile her. Und vielleicht verhält es sich mit diesem Trailrunning inzwischen ein wenig wie mit Nevermind, diesem Hitalbum der Band Nirvana aus dem Jahr 1991. Alle Welt hörte es auch deshalb, weil man dabei gleichzeitig das gute Gefühl bekam, einen exquisiten, eigenen Geschmack zu haben. Dazu passt aktuell die Nachricht, dass auch Branchenprimus Nike jetzt Trailrunning als ein lukratives Marktsegment erkennt. Lukrativ heißt für
Nike: Millionen potenzieller Kund:innen und Milliarden potenzieller Umsätze. Auch das ist ja ein Zeichen unserer Zeit, dass ein Unternehmen, also Nike, das es wie kein anderes schafft, Diversität und Empathie für gesellschaftliche Anliegen als Markenbotschaft zu inszenieren, andererseits nicht das geringste Interesse an tatsächlich minoritären Anliegen hat. An einer Sportart beispielsweise, die eigentlich ganz glücklich in ihrer Nische ist. Die Nische ist für Nike uninteressant. Nicht aber Millionen Menschen, die sich leidenschaftlich mit den Insignien der Nische inszenieren. Neulich bin ich mal wieder auf dem Insta-Profil eines mir sympathischen Läufers gelandet. Rauschebart, Tätowierungen, und immer wieder diese eine Geste: der gestreckte Mittelfinger. Überall sehe ich plötzlich vorwiegend dunkle gekleidete Läufer:innen mit gestrecktem Mittelfinger. Gegen wen richtet sich diese Geste? Damals
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in den Achtzigern war das noch eindeutig. Gegend die biederbürgerliche Mehrheitsgesellschaft, das Deutschland von Helmut Kohl. Heute kenne ich den Mittelfinger vor allem von diesen Pegida-Typen auf meinen langen Läufen durch Brandenburg. Neuerdings auch von Rammstein-Fans. Nicht nur mir fällt es zunehmend schwer zu sagen, was eigentlich Mainstream ist, was normal und was Gegenoder eben Subkultur. Ja ich weiß nicht einmal, ob diese Begriffe heute noch dazu taugen, gesellschaftliche Zustände zu beschreiben, gerade weil sie allenthalben als Kampfbegriffe missbraucht werden. Was ich weiß, ist, dass Trailrunning ein Sport der ausgestreckten Hand bleiben soll. Nicht des Mittelfingers. Dass wir uns alle vielleicht ein weniger cool geben, aber alles dafür tun sollten, dass Trailrunning cool bleibt.
MEINUNG Jetzt auch dabei!
Ab jetzt dabei
Verdammt lang her. Es muss 2009 gewesen sein. Da lief ein gewisser Uli Calmbach, heute 61 Jahre jung, beim UTMB auf Platz 4. Der drahtige Schwabe von der Ostalb überholte Traillegende Topher Gaylord und ließ im Ziel sogar einen gewissen Scott Jurek hinter sich. Ich jubelte, einige andere auch, aber ganz grundsätzlich nahm fast niemand Notiz von dieser Leistung. Heute würde eine deutsche TopTen Platzierung beim größten Trailrennen der Welt für ein mehr oder weniger großes Medienecho sorgen und die Community würde es in breiter Linie feiern. Gut so. Es hat sich also etwas getan im Trailrunning-Wettkampfsport. Man kann sagen, dass deutsche Athletinnen und Athleten mehr als nur ordentlich vorne mitmischen. Woran das liegt? Dazu komme ich etwas später. Zunächst – wann ging das eigentlich los, dass "die Deutschen" auch ein Trailrunning-Land wurden? Nun gut, bislang hat kein Deutscher Mann jenen legendären UTMB in Chamonix gewonnen, aber die Wahrheit ist – auch noch nie ein US-Amerikaner. Als im Mai diesen Jahres Daniela Oemus in den baskischen Bergen, bei widrigsten Bedingungen, das ikonischste Rennen auf Trails, ZegamaAizkorri gewinnt, beginnt für mich eine neue Zeitrechnung, die, um ehrlich zu sein, schon drei Jahre zuvor begonnen hat. Der ehemalige Profi-Skirennfahrer Hannes Namberger setzte seiner rasanten Laufsport-Karriere nämlich vorläufig die Krone auf und siegte als erster Deutscher bei einem
Wettkampf der UTMB-Worldserie. Namberger pulverisierte den Streckenrekord beim Lavaredo Ultratrail und startete fortan als ein Mitfavorit bei allen großen Events, er fand sich im ITRA-Ranking, der quasi Weltrangliste unseres Sports, vorübergehend auf einem TopTen-Platz. In den letzten drei oder vier Jahren haben sich Trailrunner aus Deutschland ziemlich smart in die Weltspitze gelaufen und das vielleicht Beste daran ist, dass das allesamt Typen sind, die das unaufgeregt und durchweg sympathisch tun – Ida Sophie Hegemann beispielsweise. Die junge The North Face Athletin betreibt zwar einen ziemlich aufgeregten Instagram Kanal, bleibt im Sport aber immer auf dem Boden. Noch "geerdeter" erscheinen die Erfolge von Daniela Oemus und Janosch Kowalczyk. Oemus ist Mutter zweier kleiner Kinder und balanciert ihren Alltag und das Training wohl mit viel Engagement aus. Zeit für eine üppige Social-Profil-Pflege bleibt da nicht. Die Zegama-Siegerin beweist gegenwärtig, dass man als Frau Familie und Spitzensport kombinieren kann. Damit ist Daniela die wichtigste deutsche Trailläuferin! Der Schwabe Janosch Kowalczyk ging mit seinem langjährigen Sponsor Adidas Terrex das Abenteuer Berufssportler ein und wurde belohnt. Seit er "professionell" auf Trails läuft, stellen sich auch internationale Erfolge ein und Kowalczyk wächst mit seinen Aufgaben. Er siegte beim Ultratrail Capetown, lief in die Top Ten des Western States 100 und gewann mit dem Mozart 100 ein Rennen der UTMB Serie.
56 5/2023
Die Konklusion aus Deutschen TrailErfolgen und woher sie denn nun kommen ist simpel. Die Bedingungen sind besser geworden. Ida, Hannes, Janosch, Rosanna oder Kimi können ihren Sport und das Training mehr oder weniger professionell gestalten, bekommen Unterstützung von ihren Sponsoren und haben allesamt eine clevere Trainingsbetreuung im Hintergrund. Weshalb 2009 Uli Calmbach ohne alle diese Rahmenbedingungen in 23 Stunden und 10 Minuten den UTMB lief? Ich weiß es nicht. Man müsste Uli einmal fragen. Ich kann allerdings sagen, dass Calmbach ein Ausnahmeathlet mit allen Fähigkeiten war, die man bei einem alpinen 100 Meiler braucht und in diesem Jahr in seiner Lebensform war. Zuletzt bliebt die Frage, wie es denn nun weiter geht mit "uns"? Die positive Entwicklung, diese deutschen Siege und Platzierung passieren nicht von allein. Es ist auch kein Verdienst des DLV oder eines Verbandes, nein, es ist die Belohnung und das Resultat von hartem Training, vom Glück, dass einige Firmen diese Leute finanziell unterstützt und in eine Art "ProfiRahmen" steckt. Wenn wir alle Spaß daran haben, an diesen Erfolgen weiterhin teilzuhaben, müssen wir "unseren" Profis weiterhin folgen, sie ein wenig glorifizieren und in die Rolle des Fans schlüpfen. Ja, auch wenn wir aus diesem Alter längst raus sind. Im Übrigen glaube ich fest daran, dass es nur eine Frage der Zeit ist bis eine Deutsche Dame den UTMB gewinnt – es wird vielleicht sogar noch vor einem amerikanische Männersieg geschehen.
Foto: Christian Penning, Philipp Reiter
Wie lange habe ich darauf gewartet, dass auch wir ganz vorne mitlaufen. Wenn es schon beim Straßenmarathon nicht richtig klappt, dann doch beim Ultratrail das scheint den Deutschen ganz gut zu liegen...
Text : DENIS WISCHNIEWSKI
MOMENT DER AUSGABE Text : CLEMENS NIEDENTHAL Foto : ALEXIS BERG
1/2023 58 5/2023
Like Courtney does
In den ganz hohen Bergen der Rocky Mountains zeigte der Hardrock 100 einmal mehr, dass Courtney Dauwalter die langen Dinger dieser Tage nach Herzenslaune dominiert – würde es der US-Amerikanerin nur eben gar nicht ums Dominieren gehen ... Frei nach einer längst ikonischen Fußballweißheit: Nach Courtney Dauwalter ist vor Courtney Dauwalter. Und während andere nach einem Rennen wie dem Western States erst einmal recovern, läuft Dauwalter keinen Monat später beim Hardrock 1000 einen (was auch sonst) neuen Streckenrekord. Egal, dass sich dieses Rennen in ganz eigenen Spähren befindet. Und man auf diesen 161,7 Kilometern sogar die Besteigungs eines Viertausenders quasi unterwegs einsammelt. Der Handies Peak, auf 4.284 Metern Seehöhe gelegen, ist höchste Punkt des Hardrock 100. Wo wir schon bei den bloßen Zahlen sind: Insgesamt kommt das Rennen auf mehr als 11.000 positive Höhenmeter, wobei sich die Läufer:innen auf einer durchschnittliche Altitude von 3.400 Metern befinden. Da kann, im Wortsinne, die Luft schon einmal knapp werden. Knapp 90 Prozent der Strecke befinden sich jenseits der Baumgrenze. Selbsterklärend also, dass der Hardrock Hundred Mile Endurance Run neben dem Western States der andere große Mythos des nordamerikanischen Trail- und Ultraruninngs ist. Einmal den Stein küssen. Das nämlich ist das Zielritual in Silverton, Colorado. Der Kuss auf jenen Felsbrocken, auf dem in fast kindlicher Naivität ein Steinbock gemalt wurde, das ikonische Logo des Rennens. Kilian Jornet hat das Rennen schon fünfmal gewonnen, Karl Meltzer in den Nullerjahren viermal. Courtney Dauwalter aber hält jetzt einen eigenen Rekord: Sie ist die Athletin, die für beide Autragungen des Rennens den Streckenrekord hält – mit und gegen den Uhrzeigersinn. Die Laufrichtung des Hardrock 100 wechselt nämlich jährlich. Bei den Männern teilen sich Kilian Jornet (21:36 Stunden) und François D'Haene die Bestzeiten. Courtney Dauwalter also hat ihren Vorjahressieg in typischer Dauwalter-Manier wiederholt. Ein Lauf wie ein Uhrwerk. Ein fröhlich tickendes Uhrwerk. Kein Hinweis darauf, dass die 38-jährige US-Amerikanerin nur drei Wochen zuvor bereits den Westen States, nein, nicht bloß gewonnen hatte. Sie hatte den alten Streckenrekord von Ellie Greenwood um fast 80 Minuten unterboten. In Silverton blieb die Uhr nun nach 26:15 Stunden stehen. Das sind Dimensionen, die wir in dieser (vermeintlichen) Leichtigkeit, Souveränität und Kontinuierlichkeit bis dato eben nur von Jornet gekannt haben. Dabei habe sie, so Dauwalter nach dem Sieg beim Western States, eigentlich bloß ein paar “coole Tage in Kalifornien" verbringen wollen: “Aber dann saß ich da am Pazifischen Ozean und hab in der Minute an den Hardrock 100 gedacht. Vielleicht gelingt es mir jetzt ja, für ein paar Momente dieses Sommers mal nicht ans Laufen zu denken." Man würde es ihr wünschen. Auch und gerade, weil uns Courney Dauwalter immer dieses gute Gefühl gibt, durchaus auch das Leben abseits der Trails zu genießen. Ja mehr noch: dass sie auch und gerade deshalb so spektakulär gut läuft. In diesem Jahr noch einmal spektakulärer. Aber halt, da kommt kurz vor Redaktionsschluss noch eine Meldung rein: "Dauwalter auch für UTMB gemeldet." War ja klar.
59 5/2023
TEST Regenjacken
Text : BENNI BUBLAK Foto : PHILIPP REITER
DICHTMITTEL
Gore-Tex hat die Produktion der Shakedry-Membran eingestellt. Und so hat die Frage nach einer guten, vielleicht sogar ultimativen Regenjacke neuerliche Relevanz. Eine Marktübersicht mit Blick auf die alltäglichen Herausforderungen unseres Sports.
60 5/2023
Gute Innovationen setzen sich immer durch. So heißt es. Die Shakedry-Membran von Gore war so eine gute Innovation. Was Wasserfestigkeit, Imprägnierung und vor allem Atmungsaktivität betraf, waren die Jacken mit dieser Technologie ein echter Game-Changer und fast unübertroffen. Nichtsdestotrotz entschied Gore letztes Jahr die Produktion der Membran einzustellen. Aufwand und Ertrag standen wohl nicht im richtigen Verhältnis zueinander. Am Ende ist dann nämlich doch folgender Satz wahrer als der Eingangssatz: Am Ende setzt sich durch, was sich rechnet. An uns soll es jedenfalls nicht gelegen haben. So oft wie wir in der Vergangenheit die Shakedry Technologie lobpreisten. Sogar einen Night Of The Trail-Award in der Kategorie „Trail-Innovation“ gewann Shakedry damals. Glücklich kann sich schätzen, wer noch ein altes ShakedryModell im Schrank hat oder noch eines der wenigen VorjahresModelle im Handel ergattern konnte. Für alle anderen heißt es: Alternativen finden! Auch wir haben uns auf die Suche gemacht und aktuelle Regenjacken-Modelle auf Herz und Nieren getestet. Im Gegensatz zu Shakedry, dessen Revolution ja darin bestand, nur aus einer Lage, nämlich der Membran, zu bestehen, setzen die meisten Hersteller weiterhin auf das Mehr-Lagen-Prinzip aus 2,5 oder 3 Lagen. Die Membran selbst
befindet sich in der Mitte. Oft wird diese von spezialisierten Firmen, wie Pertex produziert. Angaben, die man bei jeder Regenjacke findet, sind die technischen Messwerte für Wassersäule und Atmungsaktivität. Diese werden im Labor bestimmt. Allerdings haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich diese Werte nur sehr bedingt auf die Performance des jeweiligen Produktes übersetzen lässt. Jacken mit einem höheren Atmungsaktivitäts-Wert waren in unserem Test nicht automatisch auch atmungsaktiver als welche, mit einem geringeren Wert. Was natürlich unter anderem daran liegen kann, dass nicht nur das Material an sich für die Atmungsaktivität entscheidend ist, sondern die gesamte Konstruktion der Jacke. Viele Hersteller verbauen zum Beispiel Öffnungen und Belüftungs-Perforationen an dafür geeigneten Stellen. Weiterhin gibt es natürlich keine unabhängige PrüfInstanz für diese Werte. Man muss hier auf die Aufrichtigkeit der Hersteller vertrauen. In unserem Test haben wir vermerkt, wenn eine Jacke besonders atmungsaktiv ist oder in diesem Bereich vielleicht Defizite hat. Außerdem wollten wir wissen, ob sich es sich beim Produkt Regenjacke lohnt, tiefer in die Geldbörse zu greifen oder ob auch günstigere Modelle uns im gleichen Maße überzeugen, wie die Hochpreisigen. Wer also die zehn Regenjacken-Tests aufmerksam liest, wird dies herausfinden. Und noch einiges mehr.
Patagonia Storm Racer // 280,00 Euro Die vermutlich eigenartigste Regenjacke im Test kommt von Patagonia und hat sich zur Aufgabe gemacht, langlebig, fair und funktioneller zu sein. Die Storm Racer Jacke ist mehr Hoodie als Jacke und wird über den Kopf an- und ausgezogen. Die beiden Halfzipper ermöglichen Flaskzugriff und maximale Luftzirkulation. Überzeugend ist jedoch die Wind- und Wasserdichtigkeit bei nahezu trockenem Innenklima. Mit einem guten Midlayer kann man damit bei kalten und widrigen Bedingungen unterwegs sein. Die in Vietnam produzierte Jacke wiegt 198 Gramm und besteht aus 3-lagigem H2No™ Performance Standard Shell.
Mammut Aenergy Hooded Jacket // 280,00 Euro Okay. Mammut sind eindrucksvoll auf Trails zurück und zeigen hier, wie viel Regenjacke man mit nur 170 Gramm und in 3 Lagen abliefern kann. Durch die Blume - das hier ist ein Tipp! Das Pertex-Shield Material ist hier dünn, perfekt verbaut und überzeugt durch eine 20.000er-Wassersäule. Der Schnitt ist athletisch, aber luftig genug, um die Racevest darunter zu tragen. In Sachen Nachhaltigkeit ist die Jacke aus der Schweiz voll dabei: PFC-freie DWR, 100% decarbonisiert und Fair Wear zertifiziert.
61 5/2023
TEST Regenjacken
Houdini Orange Jacket // 300,00 Euro Die Orange Jacket der stilsicheren und nachhaltig agierenden Marke Houdini aus Stockholm ist mit 210 Gramm kein absolutes Leichtgewicht und trotzdem eine Regenjacke, die wir als "komplett" empfehlen möchten. Tragekomfort und Qualität sind mit der Note 1 bewertet. Die 3-lagige Membran bringt eine 20.000 mm Wassersäule mit sich und schützt über Stunden vor Nässe. Im Gegensatz zu anderen Regenjacke überzeugt sie durch das weiche und leise Material. Ein weiterer Pluspunkt: die Jacke besteht aus vollständig recyceltem Polyester, das sich wiederum recyceln lässt.
Salomon Bonatti Waterproof // 170,00 Euro Der Pflichtausrüstungsklassiker Bonatti ist 35 Prozent leichter geworden, wiegt nun 155 Gramm. Und damit eine echte Alternative zur weicheren, komfortableren, aber 60 Euro teureren und schwereren Bonatti Trail. Wer eine leichte, günstige und definitiv sturmerprobte Jacke sucht, wird hier fündig. Einige gute Details wie ein in die Kapuze integriertes, elastisches Stirnband für einen präzisen Sitz. Die eingeschränkte Atmungsaktivität bleibt ihr limitierender Faktor. Wer seine Regenjacke auch als Windund Wetterschutz für längere Läufe nutzen will, sollte doch zur weniger schweißtreibenden Bonatti Trail (mit Pertex-Membran) greifen.
Dass bisher noch niemand auf die Idee kam, in der Front zwei Reißverschlüsse zu verbauen, die es einem ermöglichen, den Rucksack zu bedienen, wenn er unter der Jacke getragen wird, verwundert fast. Auch was die Atmungsaktivität betrifft, ist dies genial. Hier kann man öffnen und bei bester Belüftung einfach weiterlaufen. Die Atmungsaktivität ist wirklich DER große Trumpf dieses Modells. Abstriche muss man vielleicht etwas bei der dauerhaften Wasserfestigkeit machen. Das sehr stretchige Material ist auf Minimalismus und Leichtigkeit ausgelegt. Eine Packtasche vermissten wir. Eien clever durchdachte, technische Wetterschutzjacke für ambitionierte Trailrunner.
Adidas Terrex Agravic 2.5 Layer // 180,00 Euro Nach einigen viel zu schweren und wenig minimalistischen Regenjacken, haben Adidas nun eine wirklich leichte, bewegungsfreudige und wettkampffähige Regenjacke in einer dünnen 2.5-Lagen-Schicht entwickelt. Wie von Terrex gewohnt, überzeugt der sportliche und dennoch lässige Schnitt und die schönen Details. Die Kapuze passt und man kann die Jacke über der Racevest tragen. Die mit 10.000 mm Wassersäule beschriebene, wasserdichte Jacke wiegt mit 140 Gramm nicht viel mehr als eine Windjacke und passt gefaltet sogar locker in den Hüftgürtel. Ein Tipp für die Pflichtausrüstung. 6/2022 62 5/2023
Fotos: Goran Jakus
Karpos Lavaredo // 250,00 Euro
Raidlight Ultralite 2.0 // 279,00 Euro Ihr sucht den Ersatz für Shakedry? Hier ist er: Diese Jacke von Raidlight ist nicht nur unfassbar leicht (100g) und klein verpackbar (die Tasche steckt in der Kapuze), sondern überzeugt auch in Sachen Imprägnierung und Wasserschutz zu 100 Prozent. Trailrunning-spezifische Applikationen gibt es obendrauf: Die Verstärkungen im Schulterbereich schützen vor Abrieb durch die Trailweste. Daumenschlaufen und super Kapuzen-Schirm sind kleine, aber schöne Details. Die im Test mehrfach bewiesene hohe Atmungsaktivität sollte gesondert erwähnt werden. Der Schnitt ist sportlich. Viel Perfektion, hoher Spaß-Faktor, große Zuverlässigkeit.
Evadict Laufregenjacke // 69,90 Euro Knapp 70 Euro sind doch schon weit weg von dem, was die hier angegebenen Konkurrenzprodukte aufschlagen. Tatsächlich attestierten wir den Produkten von Decathlon in der Vergangenheit jedoch ein durchaus vorhandenes Know-How, was den Trailrunningsport angeht. Diese 2,5-lagige Regenjacke ist wasserdicht, schmal geschnitten und funktioniert. Mehr aber auch nicht. Dank ausbaufähiger Atmungsaktivität sammelt sich Wasser in den Ärmeln und klebt an den Armen. Die zwei klassischen Taschen braucht man bei einer Laufjacke eher nicht. Zu mehr als einem Pflichtleistungsnachweis für den Rucksack taugt diese Jacke kaum.
Die leichteste Wetterschutzjacke (210g) der französischen Alpinspezialisten ist eine klassische und solide Lauf-Regenjacke. Der Spagat zwischen Atmungsaktivität und Wasserschutz tendiert bei diesem Modell eher Richtung Letzteres. Dass uns diese Jacke über lange Zeit vor äußerem Wassereinfluss schützt, davon sind wir überzeugt. Abstriche muss man tatsächlich eher bei der Atmungsaktivität machen. Ansonsten ist diese Jacke aber sehr ansprechend designt. Kapuze, Schnitt und Ärmelsäume überzeugen. Auch optisch ist die Intense gelungen. Eine solide und robuste Pflichtausrüstungsjacke für einen fairen Preis.
The North Face Summit Superior Futurelight // 299,00 Euro Überzeugen tut diese TNF-Regenjacke, die aus 3-lagigem Futurelight-Material gefertigt ist und mit 220 Gramm zu den robusten Modellen im Test gehört. Die Wasserdichtigkeit hat sich zu den Ausführungen der Vorjahre verbessert und die Jacke gefällt aufgrund des hohen Tragekomforts und dem leisen Stoff. Im Praxistest fiel uns bei kühlem Gipfelwind der absolute Schutz vor dem Windchill-Effekt auf. Die Packtasche ist clever im Innenteil integriert und der Zipper läuft auffallend geschmeidig und schließt elegant. Fazit: Gute Pflicht-Regenjacke und darüber hinaus eine komplette Ganzjahres-Multisportregenjacke. Etwas schwer.
63 5/2023
Fotos: Goran Jakus
Millet Intense 2.5 L // 200,00 Euro
EVENTTrail-Sonnenbrillen TEST City & Trail
SCHNELLE
Die Laufsport- und TrailSportbrille emanzipiert sich: Im zweiten Schritt, nach dem Trend der sehr großen Scheiben, legen Hersteller jetzt den Fokus wieder auf Funktion und Stil. Diese fünf neuen Modelle verbinden den aktuellen Style mit wenig Gewicht und Schutz. Unsere Tipps!
BRILLEN Julbo Density 214,00 Euro
Nur 20 Gramm wiegt die neue Density von Julbo und dürfte damit die wohl leichteste „Schnelle Brille“ auf dem Markt sein. Verarbeitung und Qualität sind wie von den Franzosen gewohnt sehr hoch. Die „Reactive 1-3 Scheibe“ sorgt für einen erkennbar verstärkten Kontrast und damit ruhigen und intensiven Blick. Sie ist selbsttönend, für wirklich alle Lichtverhältnisse ideal und hat mir bei einem tagesfüllenden Longrun gute Dienste geleistet. Sie ist so sehr unauffällig und schwebend, dass ich mehrmals beim Laufen ins Gesicht griff, um zu kontrollieren, ob ich sie noch trug. Fazit: Der Tipp für alle, die es maximal leicht wollen.
64 5/2023
Smith Vert Pivlock 200,00 Euro Trailstar Zach Miller aus den USA trägt die Vert Pivlock, und die Brille scheint für ihn und sein Gesicht wie gemacht zu sein. Auch wir sind schnell große Fans der großen Gläser und dem eigenständigen Design. Das Modell kommt mit einer dunklen und klaren Scheibe und wiegt nur 28 Gramm. Der Tragekomfort ist hoch, die Chromapop-Gläser gestochen scharf und sorgen für einen fokussierten Blick. Überraschend gut ist die Belüftung, denn bei wirklich allen Bedingungen blieb sie unbeschlagen. Fazit: Eine schnelle Brille, die auf alles verzichtet, was unnötig ist und trotzdem eine kritische Fläche bietet. Im Downhill trägt sie sich stabil.
100% S2 Hiper 149,00 Euro Längst eine feste Größe im Sportbrillen-Segment sind 100%, die von vielen Profisportlern und UCI-Radrennteams getragen werden. Die S2 in dieser Version ist eine lässige, optisch unique und leichte Brille, die dank dem Polycarbonat-Glas und TR90 Rahmen unfassbar robust ist und auch nach sorglosem Umgang noch wie neu aussieht. Überzeugend ist der Tragekomfort und das HD-Glas, das Farbüberlappungen filtert und den Kontrast erhöht. Resultat: eine tolle und extrem klare Sicht. Fazit: Irgendwie unser Tipp in diesem Test.
Dynafit Trail Pro 217,00 Euro Für Fans der Marke Dynafit dürfte die Multisport-Brille ein gesetzter Kauf sein, denn die großen Gläser funktionieren auf der Skitour, dem Trailrun und der alpinen Wanderung gleichermaßen. Mit 34 Gramm ist die Ultra Sport in diversen Ausführungen zu bekommen. Selbsttönende Scheiben für starke Sonneneinstrahlung, photochromatische DIVEL Optics Qualitätsgläser, sind das Herz der Brille und sorgen für Kontraste in wechselnden Lichtverhältnissen. Dieses Modell ist ein Update zur Allroundbrille „Trail“ und trägt sich leichter. Auch das Glas ist ist hier vielseitiger und reaktionsschneller als die All-Black-Scheibe des Einstiegsmodells. Es liegen jedoch auch satte 100 Euro zwischen der „Trail“ und „Trail Pro“. Wirklich universell ist jedoch ausschließlich das Top-Modell.
Adidas Eyewear SP0075 149,00 Euro Unter dem Label Adidas Eyewear produzieren Macrolin Sportbrillen mit den 3 Streifen und haben sich über die Jahre beeindruckend den verschiedenen Sportarten angepasst und spezielle Brillen entwickelt. Für den Laufund Radsport gibt es nun auch mit dem neuen Modell SP0075 eine sehr technische Brille, die zudem mit einem guten Preis-/Leistungsverhältnis auffällt. Im Mittelpunkt stehen dabei die hochwertigen, sehr verdunkelten grünen Spiegelgläser, die bei grellem Licht für ruhige und entspannte Sicht sorgen. Der Kontrast ist dabei so gut, dass man auch in Schattenumgebungen die Kontrolle über das Gelände nie verliert. Perfekter Halt auch bei ruppigen Läufen und tolle Luftzirkulation.
65 5/2023
TEST Alkoholfreies Bier
BIER, NUR BESSER Auf einer Traileise durch Südtirol ist unser Redakteur Clemens einem Bier begegnet, das genau betrachtet vielleicht gar keines ist. Sondern ein eigenständiges, unglaublich feines Getränk: das alkoholfreie Freedl Text & Foto : CLEMENS NIEDENTHAL
Vielleicht sollte man diesen Text mit der Feststellung beginnen, dass Trailrunning ja auch nicht einfach nur Laufen in mehr oder weniger hohen Bergen ist, sondern eine andere, eigene Sache. Warum? Weil das alkoholfreie Bier, um das es im folgenden gehen soll, eben auch nicht bloß ein alkohlfreies Bier ist. Und schon gar nicht ein Bier, nur ohne Alkohol. „Das war überhaupt eine ganz entscheidende Erkenntnis“, sagt Maria-Elisabeth Laimer, die übrigens dieselbe Schule wie Vizeweltmeister Andreas Reiterer besucht hat und dessen Erfolg bei der Trail-WM in Innsbruck in Echtzeit über die Sozialen Medien mitbekommen hatte, „die zentrale Erkenntnis war, alkoholfreies Bier als ein eigenständiges Getränk mit eigenständigem Charakter zu begreifen.“ Wir sitzen in Lana, knapp südlich von Meran, im familiengeführten Pfefferlechner-Biergarten. Um uns herum die Berge, in denen nicht nur Andreas Reiterer trainiert. Nach Jahren in Berlin, und in der Getränkeindustrie, kam Maria-Elisabeth Laimer zurück in den elterlichen Betrieb: „Alles hier war lokal, die Bratwürste, das Bauernbrot, die Spinatknödel, unser hausgebrautes Bier sowieso. Aber die alkoholfreie Alternative war fucking Erdinger, das konnte es doch nicht sein.“ Sollte man das eine, typische Getränk unserer Sportart küren, es wäre wohl ein alkoholfreies Bier. Wegen isotonisch, ohja, dazu die Mineralstoffe. Und erfrischen tut es auch. Der Autor dieser Zeilen weiß, wovon er redet. Nach
einem Zugspitz-Supertrail hat er einmal noch im Zielbereich dreieinhalb Liter Erdinger Alkoholfrei getrunken. Hätte es doch damals schon Freedl gegeben. Aber Freedl ist neu. Der kleinen Pfefferlechner-Brauerei kamen dabei an der TU Berlin gezüchtete Brauhefen zu Hilfe, die während der Gärung keinen, beziehungsweise kaum Alkohol entstehen lassen. Bis dato wird alkoholfreies Bier nämlich vor allem hergestellt, indem handelsüblichem Bier der Alkohol im nachhinein entzogen wird. Und damit auch sehr viel Geschmack. Freedl aber wird mit einem Alkoholgehalt von weniger als 0,5 Promille gebraut, woraus der volle, nie bloß hopfige oder (schlimmer) getreidige Geschmack entsteht. Genauso entscheidend: Schon im Brauprozess werden etwa Zitronenzeste oder Basilikum hinzugegeben – das Freedl Calma eben mit Bergbasilikum hat gerade einen Test alkoholfreier Biere in der Süddeutschen Zeitung gewonnen. „Für uns“, sagt Laimer, „ist es aber eigentlich gar kein Bier – sondern halt das Freedl.“ Und, das, mögen wir hinzufügen, aus einem großrandigen Weinglas nochmal intensiver und gleichzeitig feiner schmeckt. In Deutschland gibt es Freedl etwa in den Filalen des italianophilen Feinkosthändlers Viani (www.viani.de) und im kuratierten Craft-Beer-Handel. Oder man bestellt direkt in Südtirol: www.freedl.it
66 5/2023
Das trinkt die Redaktion Freedl Calma
Mit alkohlfreien Bieren tu ich mir oft schwer. Dafür trinke ich Bier einfach viel zu gern. Deshalb hat mich Freedl so herzlich umarmt. Weil es, obwohl handwerklich gebraut und ein Pale Ale nach britischer Art, nach etwas ganz und gar Eigenständigem schmeckt. Zumal als Freedl Calma – gebraut mit Bergbasilikum vom Stilfser Joch. Erfrischend kräutrig und cremig schäumend. Clemens
Lammsbräu
Ich mag es malzig. Und da ich nun schon eine längere Zeit alkoholfrei unterwegs bin, hab ich auch schon einiges durchprobiert. Ich bleibe einfach immer wieder beim dunklen Lammsbräu der Neumarkter Bio-Brauerei hängen. Ich finde es erfrischend und leicht mit der typisch süßlichen Note, aber eben nicht zu süß. Der ökologische Gesamtansatz der Brauerei überzeugt mich außerdem. Marie
Clausthaler Extra Herb Feierabendbier. Nichts für Läufer würde man denken? Ich trinke tatsächlich jeden Abend ein Bier. Manchmal sogar schon vor Feierabend. Natürlich (fast) immer alkoholfrei. Und da so eine Verbindlichkeit auf Dauer ganz schön ins Geld gehen kann, genüge ich mich mit dem vermeintlich biederen Standardwerk: Clausthaler Extra Herb. Starke Hopfennote in der Dose – gibt schlechtere Rituale. Benni
67 5/2023
MEINUNG Das große Schweigen
SCHWEIGEN IST GOLD Was labern die denn alle noch? Die sollen laufen und nicht reden und überhaupt - was gibt es denn noch zu besprechen? Das gibt es doch nicht. Kann der nicht einfach mal den Mund halten? Um die aktuelle Situation etwas genauer zu erklären: Rosengarten Skyrace. Ein Trailrennen in Südtirol. Vom Start weg (ca. 15 Minuten her) geht es über einen Wiesenhang stumpf und steil bergauf. Meine Sportuhr piepst. Sie will mir unmissverständlich klar machen, dass ich "drüber" bin. Bei einigen anderen um mich herum, erkenne ich ähnliche Warntöne. Manche sind lieblicher, manche eindeutiger, manche aggressiv. So schön dieses Rennen noch werden würde, so eindimensional und grausam ist es zu Beginn. Kein Genuss. Ich bin schlicht zu schnell unterwegs und hätte es gemütlicher angehen sollen. Wieso das nicht geht, weiß ich auch nach 15 Jahren „Racing“ nicht. Es wäre doch einfach. Je steiler es wird, desto mehr senkt sich mein Blick in Richtung Boden. Ich konzentriere mich auf meinen Atem, auf den Einsatz meiner Stöcke und den langen Schritt. „Hey hooo. Denis! Du auch hier? Wie gehts?“ „Passt schon.“ „Du was ich dich mal fragen wollte. Also wegen dem Abo. Ich habe da mal eine Mail geschrieben. Wegen der Prämie. Da kam eine falsche Größe.“ „Ahhh.“ „Bist Du hier schon mal gelaufen? Kennst Du die Strecke, oder? „Passt schon.“ Mich machen die Leute fertig, die Luft und Lust haben, sich während einem Rennen, noch dazu im Anstieg, episch zu unterhalten. Ich bewundere es auf eine Weise, will aber kein Teil solcher Konversationen sein. Ich kann es nicht. Ich erinnere mich sogar an latent-aggressive Reaktionen, wenn beim Trans-
alpine-Run andere Teams um uns herum in einen „Laber-Flash“ gerieten. Ich glaube ich brüllte sogar einmal „Haltet doch jetzt einfach die Schnauze und lauft. Bitte lauft und seid endlich leise. Oder lauft schneller.“ Im Hinblick und in der Vorbereitung zum Transalpine Run lief ich oft mit meinem Teampartner Till. Der Mann ist und war ein Glücksfall für mich, denn er ist ein „Stiller“. Er läuft mit mir stundenlang durch die Chiemgauer Berge und wir besprechen nur das Nötigste. Als er rund eine Woche vor dem Start der Alpenüberquerung zu mir sagte „Du, ich wollte dir nur mal sagen, dass es sein kann, dass ich in dieser Woche während des Rennens nicht sehr gesprächig bin. Das hat dann nichts mit Dir zu tun, Denis. Ich bin dann auch nicht sauer oder so. Ich mag es halt so.“ Ich war erleichtert. Wir rannten dann tatsächlich enorm schweigend in sieben Etappen von Garmisch nach Italien und es war gut. Super sogar. Andere Teams suchten einige Male das Gespräch mit uns, aber die Worte prallten an uns ab wie Regen am Shakedry. Die mögen gedacht haben – was für Schnösel. Egal. Wir waren Team „Schweigsam“. Um es auf eine breitere Ebene zu bringen, das „Reden beim Laufen“, ist wohl zu sagen, dass Trailrunning ganz unbedingt eine perfekte Plattform für Unterhaltung ist. Manchmal und eben nicht immer. Ich hatte bei Community-Runs im Wohlfühltempo ausufernde, tiefgehende Gespräche mit wildfremden Leuten, die mit mir über Stunden an solch einem Sonntag durch ein deutsches Mittelgebirge rannten. Das waren Gespräche auf Augenhöhe mit meist ähnlichen Sprachanteilen. Ein Geben und Nehmen. Ein Reden und Zuhören im Wechsel. Was mich wohl weit mehr bei diesem
68 5/2023
Thema nervt, sind regelrechte Attacken und das Ignorieren, dass da ein Gegenüber gerade nur bei sich selbst ist und gar keine Chance hat, angemessen zu antworten. Bei mir reduzieren sich solche Antworten dann auf in etwas „Passt schon“ oder „Ahhh, ja“. Man mag nun den Eindruck bekommen, dass ich ein Mensch bin, der das Interesse von anderen nicht schätzt, aber das stimmt überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich bin nur jemand, der bestimmte Dinge aufgeräumt sehen will. Für wichtige Dinge soll es auch ganz spezielle Räume geben und so ist das für mich mit der „Unterhaltung“. Ein guter Dialog soll bitte nicht durch einen viel zu hohen Puls oder einen unaufmerksamen Gegenüber zum schlechten Gespräch werden. Wie wäre es denn ganz einfach im Ziel bei einem Bier (gerne alkoholfrei) über Gott und die Welt und das Jahresabo zu sprechen? Bei solch einem Wettkampf darf natürlich wirklich jeder reden und labern und lachen und stöhnen, wie er mag. Mir steht es überhaupt nicht zu, das zu beurteilen. Ich senke den Blick nach unten. Ich versinke im Puls und höre zur letzten Not über die In-Ears norwegischen Black Metal und ganz sicher keinen Podcast. Es gäbe wohl nur eine Ausnahme, bei der ich bei einem Rennen selbst die Initiative ergreifen würde und hilflos meinen Gegenüber zuquatschen würde. Die Situation ist aber sehr unrealistisch und wird es nie geben können: Ich laufe beim Hardrock 100 bei Meile 89 auf Courtney Dauwalter auf und sage zu ihr „Hey, ho, Courtney, wie geht es? Kennst Du die Strecke, oder?“ „Klar, ich habe 89 Meilen auf Dich gewartet, um jetzt bitte wieder meine Ruhe zu haben. Bis später mein Bester.“
Foto: Gerhard Illig
Laufen sie noch oder reden sie nur? Zumindest lachen sie!
69 4/2023
TRAINING Stabil und kräftig
Foto: Sam Slater
Text : LARS SCHWEIZER
Zach Miller ist einer dieser Atthleten, dem man immer ansieht, dass er bei aller Quälerei eine Menge Spaß hat auf den Trails. Genauso sieht man ihm an, wie sehr er in ein gezieltes Krafttraining investiert.
70 5/2023
ENDLICH MAL STABILE TYPEN! In erster Linie sind wir doch alle erstmal Läufer und Läuferinnen, oder? Am besten noch Trailrunner. Das Laufen ist unser Sport und jede freie Minute, die fürs Training vorhanden ist, wird deshalb laufend verbracht. Soweit die Theorie. Und auch die Praxis der meisten Athlet:innen und auch
Athlet:innen. Wie soll ich das denn noch in meinen Trainingsplan einbauen, ist eine Frage, welche man als Trainer oft zu hören bekommt. Dabei muss es nicht unbedingt kompliziert und zeitaufwendig sein – und schon kann man einen großen Effekt für seine Leistung erzielen. Schon
Krafttraining reißt den Körper aus der immer gleichen linearen Trab. Laufen ist nämlich eine stumpfe, immer gleiche Bewegung. Muskeln, die den Körper seitlich stabilisieren werden dabei vernachlässigt. Hüft-, Knie- und Fußprobleme können die Folge sein von mir selbst. Stundenlang könnte ich diesem ultraflowigen Trail jetzt folgen, oder mich diesen nächsten Anstieg auch noch hochquälen, um die Aussicht zu genießen. Aber wenn es dann darum geht, eine Minute der Laufzeit wegzustreichen, und in alternative Sportarten zu investieren, tun wir uns alle plötzlich schwer. Sind es andere Ausdauersportarten, ist die Bereitschaft noch groß oder mindestens vorhanden, aber spätestens, wenn es um Krafttraining geht, streiken die meisten
eine relativ kurze Krafttrainingsroutine kann die Leistung deutlich steigern und auch die Verletzungsanfälligkeit deutlich senken. Auch Effizienzsteigerung, zum Beispiel die Schrittfrequenz, kann sich durch Krafttraining verbessern und somit direkt schneller machen. Krafttraining reißt den Körper aus der linearen Laufbewegung. Laufen ist eine stumpfe, immer gleiche Bewegung von vorne nach hinten. Muskeln, die den Körper seitlich stabilisieren,
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TRAINING Stabil und kräftig werden hierbei vernachlässigt. Hüft-, Knie- und Fußprobleme können das Resultat schwacher Stützmuskulatur und Überbelastung der immer gleichen Muskelguppen sein. Eigentlich aber wollen wir doch alle so lange und so schnell wie möglich Laufen und möglichst bis ins hohe Alter auch Läufer:innen bleiben. Ich behaupte einfach mal: Das ist gar nicht so schwer. Konzentriert Euch beim Krafttraining auf das Wesentliche. Die verfügbare Trainingszeit ist neben Arbeit und Alltag vermutlich begrenzt und auch kostbar. Von daher sollte man sich auf Krafttrainingsübungen konzentrieren, welche einen direkten positiven Einfluss aufs Laufen bringen. Als Trailläufer:in sind dies vor allem Übungen auf einem Bein, polymetrische Übungen und eben Stabilisationstraining. Der Core, bzw. die Mitte des Körpers besteht aus mehr als zwanzig Muskeln, die Bauchmuskulatur, der untere Rücken und die Hüftmuskulatur sind hierbei die größten Muskelgruppen. Diese Muskeln sorgen für die Stabilisierung der Bewegung und letztendlich auch der Laufbewegung. Mit einer stabilen Mitte hat man eine optimale Kraftübertragung durch den gesamten Körper. In der Laufbewegung dienen vor allem die Muskeln des unteren Rückens und die Bauchmuskeln dazu, den Oberkörper in Position zu halten. Auf dem Trail ist ein stabiler Oberkörper enorm wichtig, um eine optimale Kraftübertragung zu gewährleisten. Hierzu empfehlen sich also Übungen, welche die Muskelgruppen dazu zwingen, den Core auch stabil zu halten. Bestes Beispiel hierzu ist der Plank oder auch seitlicher Plank. Die Muskelgruppen der Hüfte sind im Gegensatz dazu vor allem für die Erzeugung von Kraft zum Laufen verantwortlich. Um diese zu stärken, bieten sich vor allem dynamische Übungen an, bei welchen die Muskeln auch laufähnliche Kraftübungen ausführen müssen. Ein Beispiel hierfür wären
die typischen Lunges, also Ausfallschritte. Als Zeit fürs Krafttraining solltet Ihr auf jeden Fall Tage wählen, an welchen Ihr gar keine Laufeinheit eingeplant habt – oder einzig einen ruhigen Dauerlauf. Ob das Krafttraining nun vor oder nach dem Lauf passiert, ist dabei nicht entscheidend. Nur solltet Ihr die Einheiten keinesfalls an einem Tag mit Intervalltraining oder einem zügigen Tempolauf machen. Entweder beeinflussen diese negativ die Intervalle oder Ihr seid nach den Intervallen zu erschöpft, die Übungen auch korrekt und sauber auszuführen. Überhaupt gilt für das Krafttraining, Qualität geht über Quantität. Vor allem am Anfang ist es entscheidend, eine saubere Ausführung der Übungen zu erreichen, bevor die Wiederholungen maßlos gesteigert werden können. Außerdem sollten die Wiederholungen langsam und kontrolliert stattfinden, nicht schnell und impulsiv. Ich würde Euch außerdem nicht empfehlen, mitten in der Saison oder kurz vor dem geplanten Wettkampf mit dem Krafttraining anzufangen. Die Belastung und Ermüdung kann hier besonders am Anfang recht hoch sein und Muskelkater das Lauftraining nachhaltig beeinflussen. Beginnt mit dem Krafttraining am besten mit der Vorbereitung auf ein neues Ziel oder in der Offseason. Außer den klassischen Krafttrainingsübungen können auch Balance Übungen zur Stabilisierung des Cores beitragen. Oft sind diese sehr einfachen Übungen erstaunlich effektiv. Ein Beispiel ist das einbeinige Stehen auf einem instabilen Untergrund. Hier muss der Körper mit verschiedensten Muskeln entsprechend gegenarbeiten, um gerade, also im Lot stehen zu bleiben. Wollt ihr Krafttraining starten, so tut dies mit einem recht kleinen Umfang. Zweimal 30 – 40 Minuten in der Woche sind hierzu erstmal völlig ausreichend. Hiermit kann man seinem Körper bereits neue Reize vermitteln, ohne das Lauftraining negativ zu be-
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Ich würde nicht empfehlen, mitten in der Saison oder kurz vor dem geplanten Wettkampf mit dem Krafttraining anzufangen. Die Belastung und Ermüdung kann hier besonders am Anfang recht hoch sein.
Die Italienerin Martina Valmassoi ist Dritte der Trail-WM im Longtrail geworden und steckt eine ausgedehnte Saison voller Ultratrail-Belastungen gut weg. das hat auch mit ihrer Disziplin ums Stabitraining zu tun.
einflussen und einschränken zu müssen. Das Krafttraining sollte mit dem Lauftraining harmonieren und nicht in Konkurrenz stehen. Hast du bisher noch nie Krafttraining absolviert solltest du dir einen Zeitraum von 4-6 Wochen als Anpassungsphase einräumen. In dieser Zeit solltest du 2-3x pro Woche Krafttraining machen. Der Fokus sollte hierbei auf einer geringen Belastung, korrekter Ausführung der Einheiten und langsamer Ausführung liegen. Neben der Muskelstimulation müssen sich auch die Bänder, Sehen und Muskeln an die neue Belastung gewöhnen. Anschließend kannst du sowohl die Komplexität der Einheiten erhöhen als auch die Wiederholungen oder Gewicht erhöhen. Vor allem bei einer Erhöhung des Gewichts bis hin zu Übungen mit Maximalgewicht, wächst die Wichtigkeit einer richti-
3 Fragen an ... Coach Kim-Dania Evers Warum ist für Dich Krafttraining per se ein wesentlicher Bestandteil Deiner Ultra Vorbereitung?
Bei langen Ultratrails sind wir oft stundenlang auf den Beinen und ermüden nach und nach immer mehr. Je besser uns unsere Muskulatur stabilisieren kann, desto später setzt diese Ermüdung ein. Wenn ich z.B. durch gezieltes und konsequentes Krafttraining meine Beinmuskulatur in der Vorbereitung trainiert habe, fällt es mir leichter, lange und steile Anstiege zu überwinden und die exzentrische Muskelbelastung im Downhill abzufedern. Ein weiterer wichtiger Aspekt liegt in der Kräftigung der rumpfstabilisierenden Muskulatur, die gerade im Downhill sehr wichtig ist. Je stabiler ich im Rumpf bin, desto weniger “wackle“ ich hin und her.
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Wie integrierst Du Krafttraining in Deinen Trainingsalltag?
Während der Sommersaison versuche ich, konsequent zweimal pro Woche mein Krafttraining durchzuführen, über den Winter hinweg sogar dreimal wöchentlich. Meist laufe ich an den Tagen morgens vor der Arbeit 60-90min locker und gehe dann abends nach der Arbeit ins Fitnessstudio.
Welches ist Deine favorisierte Übung?
Ich kombiniere sehr gerne freie Übungen mit einer koordinativen Komponente. Meine Lieblingsübung sind Lunges, wobei der hintere Fuß in der TRX-Schlaufe hängt und der vordere Fuß auf einem Kreisel oder Bosu. Eine super effektive Kombination, die jedoch sehr viel Koordination erfordert.
TRAINING kräftig INTERVIEWStabil Lina und El Kott Helander / Sana El Kott Helander Text: CLEMENS NIEDENTHAL Fotos: ALEXIS BERG
Vier statische Übungen Der Plank
Beim allseits bekannten Plank ist das Ziel, die tiefliegende, körperstabilisierende Muskulatur zu stärken. Primär spricht man beim planken die Muskulatur der Körpermitte wie Bauchmuskeln, Lendenmuskeln und Rückenstrecker an, aber auch weitere wie Oberschenkel und Schulter werden trainiert.
Seitlicher Plank
Der seitliche Plank ist eine Variante des Planks und zielt vor allem auf die Rumpfmuskulatur und insbesondere auf die tiefliegenden seitlichen Bauchmuskeln ab. Stelle Deinen Ellbogen seitlich unterhalb Deiner Schulter ab, Dein Körper sollte eine gerade Linie bilden. Versuche Deine Körperspannung aufrecht zu halten und keine Kurve zu bilden.
gen Ausführung der Übungen, um Schäden und Verletzungen zu verhindern. Will man ein:e komplette:r Athlet:in sein, gehört Krafttraining zu einem festen Trainingsplan mit dazu. Und spätestens, wenn man diesen Sport professionell oder semiprofessionell betreibt, ist Kraft- und Stabilitätstraining längst keine Ergänzung des Trainings mehr – sondern ein zentrales Element.
Wallsit
Der Wallsit soll vor allem Deine Oberschenkelmuskulatur stärken. Vorrangig die vordere Oberschenkelmuskulatur. Setze Dich hierzu mit dem Rücken angelehnt an eine Wand. Die Beine sollten 30-40cm von der Wand entfernt sein und der Winkel Deiner Knie 90 Grad betragen. Versuche nun möglichst lange diese Position zu halten.
Das Laufen mit Stöcken ist auch so ein Thema, bei dem Ihr von Stabilitätsstraining unglaublich profitiert
Wir Amateursportler:innen sollten uns davon inspirieren lassen. Mit vergleichsweise geringem Aufwand kann man noch eine Menge Potential ausschöpfen – ohne noch einmal weitere Stunden laufen zu gehen, was wiederum die Verletzungsanfälligkeit deut-
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Brücke
Bei der Brücke stärkst Du vor allem Deine untere Rückenmuskulatur, das Gesäß und die hintere Oberschenkelmuskulatur. Platziere Deine Fersen hierzu nahe am Gesäß und drücke das Becken weit nach oben und spanne die Gesäßmuskulatur an. Halte diese Spannung.
Vier dynamische Übungen Lunges
Lunges haben den Sinn, Deine Oberschenkel- und Gesäßmuskulatur zu stärken. Verlagere Dein Gewicht auf das vordere Bein und achte darauf Dein Knie durchgängig hinter den Fußspitzen zu halten. Neige Deinen Oberkörper leicht nach vorne, halte ihn aufrecht. Führe nun eine Bewegung aus dem Ausfallschritt mit dem hinteren Knie bis auf den Boden aus.
Konzentrisches Wadenheben
Kreuzheben (mit Resistantband)
Beim konzentrischen Wadenheben stärkst Du die Wadenmuskulatur. Der Fokus liegt dabei auf der Bewegung nach oben. Senke hierzu auf einer Stufe stehend die Fersen ab und drücke Dich dann langsam mit einem Bein, soweit es geht, nach oben. Fällt Dir das zu leicht, kannst Du diese Übung auch mit Langhantelstange machen.
Das Kreuzheben soll die rückseitige Streckmuskulatur stärken. Finde hierzu einen stabilen, hüftbreiten Stand und beuge die Knie leicht. Greife die Stange oder das Band. Beim Aufrichten halte Deine Arme gestreckt und Deine Schultern tief-hinten. Halte Deinen Rücken gerade. Verschärfen kannst Du die Übung mit einer Langhantel.
Foto: Patitucci Foto
Krafttraining könnte gerade das Puzzlestück sein, das Euch auf eine neue Leistungsstufe bringen kann.
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Pull-Down (mit Resistantband)
Diese Übung stärkt vor allem Deinen Oberkörper. Unter anderem Armstrecker, Schulter, Brust und obere Rückenmuskulatur. Halte dazu das Band in der Ausgangsposition auf Spannung, ziehe es dann mit gestreckten Armen nah am Körper nach hinten. Achte darauf, dass die Bewegung ausschließlich in den Schultern stattfindet.
lich steigern könnte. Auch in einer Phase, in der man leistungstechnisch auf einem Plateau feststeckt, kann Krafttraining das entscheidende Puzzlestück zu einer neuerlichen Leistungssteigerung sein. Ich weiß, was wir alle am liebsten machen: Rausgehen und auf den Trails und bei den Trailrennen dieser Welt unterwegs sein. Aber glaubt mir, es lohnt sich, ein, zwei Stunden in der Woche ins Krafttraining zu investieren. Einerseits, um durchaus schneller auf den Trails unterwegs zu sein, vor allem aber, um Verletzungen vorzubeugen, und damit in eine lange Zukunft auf den Trails zu investieren. Da fällt mir gerade ein … Ich sollte unbedingt auch mal wieder Krafttraining machen ...
EVENTS Sommer der Rennen
Ruhmgerenne
Foto: Ian Corless für adidas
Vom Heuchelberg über Chamonix bis nach Auburn in Kalifornien: die Wettkampfsaison kennt keine Grenzen – und keine Angst vor immer neuen Rekorden. 2023 ist schon jetzt "rennhistorisch"
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Texte: BENNI BUBLAK, DENIS WISCHNIEWSKI,
sollte diesen Western States mit einer Fabelzeit gewinnen, die vermutlich noch einmal höher eingeschätzt werden sollte als der Streckenrekord von Jim Walmsley aus dem Jahr 2019 (14:09 Stunden). 15:29 Stunden brauchte Dauwalter in ihrem gewohnt relaxten (und niemals arroganten) Stil für die hundert Meilen – oder eben 78 Minuten weniger als die bisherige Bestzeit von Ellie Greenwood aus dem Jahr 2011. Der andere liefert sich ein halbes Rennen lang ein episches Battle mit Tom Evans (der letztlich in 14:40 Stunden eindrücklich souverän siegt). Und bricht dann ein, aber nicht zusammen. Dakota Jones beendet das Rennen (für seine Verhältnisse) unter fernerliefen. Und verneigt sich damit auch vor diesem Sport und dem Geschenk, ein Rennen wie den Western States zu rennen. Manchmal sind gerade die zu feiern, die am Ende nicht ganz vorne gelandet sind.
MARIE MEIXNER, CLEMENS NIEDENTHAL
Western States Endurance Run Wie wird ein Trailevent groß? Also episch groß. So groß, wie es vielleicht nur zwei oder drei Veranstaltungen sind. Der UTMB natürlich, vielleicht noch die Transvulcania. Und eben der Western States Endurance Run. 1977 zum ersten Mal ausgetragen, drei Jahre zuvor hatte das Pferd eines gewissen Gordy Ainsleigh während eines Langdistanzritts in den Bergen der Sierra Nevada gelahmt. Weswegen Ainsleigh, der in diesem wie jenem Sinne als ein
harter Knochen bezeichnet werden kann, eben auf die Idee kam, die Strecke in Laufschuhen zu meistern. Älter ist kein Ultratrailrennen und schon gar keines, das auch nach den heutigen Maßstäben, eines eigentlich erst zwei, drei Jahrzehnte später wirklich erfundenen Sports, als Trailrennen bezeichnet werden kann. Cooler vermutlich auch nicht. Was eben auch daran liegt, dass man sich in Auburn, Kalifornien, herzlich wenig darum schert, was genau eigentlich gerade cool ist. Courtney Dauwalter ist verdammt cool. Dakota Jones sowieso. Die eine
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Aber das gelingt Western States sowieso. Keinem zweiten Rennen gelingt es derart selbstverständlich, jeden und jede, die diese hundert Meilen in weniger als 30 Stunden schaffen, ins Rampenlicht zu rücken. Was vielleicht auch daran liegt, dass dieses Rampenlicht im Stadionrund von Auburn noch nicht ganz so grell leuchtet. Ein Rennen aus der Community heraus, diesen Nimbus hat sich der Western States Endurance Run bewahrt. Und so wird auch ein guter Freund dieses Magazins, der Terrex-Athlet Janosch Kowalczyk, vom Team der Moderator:innen des Livestreams wie ein alter Bekannter empfangen. Dabei wird Kowalczyk im kommenden Jahr erst zum zweiten Mal bei diesem Rennen starten, das eben alles hat: die Hitze, die Kälte, die Berge, die Wüste, den Schnee, die Höhe, die Flussquerungen, die Trails und die Schotterstraßen. Für einen neuerlichen Start nämlich hat er sich mit seiner TopTen-Platzierung qualifiziert. Und wir sind uns sicher, dass er im kommenden Jahr wieder nach Kalifornien reisen wird.
EVENTS Sommer der Rennen
Lavaredo Ultratrail by UTMB Mit der Abwesenheit des zweimaligen Siegers und Streckenrekordhalters Hannes Namberger war in diesem Jahr klar, dass es einen neuen Sieger bei den Herren geben würde. Unser redaktionsinterner Tipp wurde dann auch mit Jonas Russi eingelöst, denn der Tor des Geants Sieger aus Andermatt bewies in den Dolomiten einmal mehr, dass er auch mit 100 Kilometern und 100 Meilen zurechtkommt und ließ Top-Runner Robert Hajnal hinter sich. Bei den Damen gewann die Französing Fiona Porte die 120 Kilometer-Strecke vor ihrer Landsfrau Marylin Nackage. Die starkbesetzte 50 Kilometer Strecke gewannen Irene Fuertes und Nike-Läufer Francesco Puppi.
Golden Trail Series: Marathon du Mont Blanc/Dolomyths Run Rennen Nummer zwei und drei standen an bei dieser Serie, die nur an den ikonischsten Trailrunning-Orten der Welt stoppt. Vom Marathon du Mt. Blanc in Chamonix sowie dem Dolomyths Run in den Dolomiten erreichten uns wieder fesselnde Action-Szenen und epische Total-Aufnahmen. Sophia Laukli und Remi Bonnet bewiesen bestechende Form und siegten souverän am Mont Blanc. Der Dolomyths Run gehört zu den kürzesten und gleichzeitig wohl technischsten Rennen der Golden Trail Serie. Die US-amerikanische Skilangläuferin Laukli stand auch hier wieder als Favoritin am Start. Am Ende war es die Vizeweltmeisterin Judith Wyder, die ihr einen Strich durch die Rechnung machte. War ihr der Marathon bei der WM in Innsbruck/Stubai noch fast ein wenig zu lang, fand die Schweizerin nach zwei sportlich eher schwierigen Jahren zu alter Stärke zurück und gewann das Rennen zum mittlerweile dritten Mal. Bei den Herren siegte nach vielen zweiten und dritten Plätzen erstmalig der Marokkaner Elhousine Ellazzaoui. Mit dem Sierre Zinal wartet nun der wohl größte Showdown dieser Serie auf uns. Walmsley, Jornet und unzählige weitere große Namen stehen auf der Startliste. Favorit mit Ansage dürfte aber Remi Bonnet sein. Mit Hendrik Pfeiffer wagt sich ein deutscher Straßenläufer in neue Gefilde. Daniela Oemus und Kim Schreiber haben ebenfalls Ambitionen.
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Mit dem Sierre Zinal wartet nun der wohl größte Showdown dieser Serie auf uns.
Restonica Ultratrail by UTMB Korsika
Trail Verbier St. Bernard by UTMB
Eva Sperger wollte wissen, was es mit dem Mythos der schwierigsten Trailstrecken Europas auf Korsika auf sich hat und stellte sich im Rahmen der UTMB Worldserie dem RESTONICA Ultratrail. Sagenhafte 7.200 Höhenmeter auf rund 110 Kilometer Länge. Eine Zahlenkombination, die für sich spricht. Dass dieses Rennen im Zentrum der Insel mit seinen Höhen über 2.500 Meter der Neo-Garmischerin auf den Leib geschneidert ist, war uns bewusst, denn die alpin-versierte Salomon-Athletin liebt schweres technischen Gelände. Die Vorzeichen standen jedoch schlecht, denn Spergers Koffer kam auf Korsika nicht an und das Handgepäck sah keine Laufausrüstung vor. Also musste sich die Diplom-Psychologin, die erst vor rund acht Jahren den Laufsport für sich entdeckte, alle Ausrüstung, vom Schuh bis zur Racevest, zusammenleihen. Der am Ende zu kleine Schuh konnte einen Fabellauf nicht verhindern. Eva Sperger siegte nach über 20 schweren Stunden ihr erstes UTMB-Rennen und unterbot dabei sogar den Streckenrekord. Beeindruckt war sie jedoch weit mehr von den Leuten um sich herum als weniger von sich selbst. "Wie die dort in technischem Terrain, auf super verblockten Trails, die Downhills nach unten rasen - das ist irre!" Bei den Herren siegte der lokale Läufer Lambert Sanatelli zum sechsten Mal in Folge und heimste einen UTMB Score von 883 ein. Eva Sperger wurde bei ihren Sieg in 20 Stunden und 59 Minuten mit "nur" 642 Punkten bedacht. Zum Vergleich - beim Transgrancanaria wurde sie Sechste der Damen und bekam 706 Punkte.
Fast 4000 Teilnehmer:innen feierten in der französischen Schweiz ein Fest des Trailrunnings und hoben die Traditionsveranstaltung, das älteste Trailrace der Schweiz, das auf Teilstrecken des UTMB verläuft, auf ein neues Level. Mit Mattieu Clement und Thibaud Garrivier siegten Stars der Szene, bei den Damen gewann die Polin Katarzyna Solinska die 76 km lange X-Traverse und lief in die TopTen gesamt.
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PORTRÄTGroßglockner EVENTS Daniela Oemus Ultratrail Text : BENNI BUBLAK Fotos: PHILIPP REITER Großglockner Ultratrail Text: Marie Meixner-Brunnhuber
Mein Arbeitstag in den Bergen. Oder: Das etwas andere Wettkampf-Comeback
Foto: Harald Wisthalter
Es scheint die Zeit der Wettkampf-Comebacks zu sein. Nicht nur mein Kollege Benni hat an anderer Stelle in diesem Heft bereits davon geschrieben, auch ich darf nach fünf Jahren Abstinenz einmal wieder bei einem Rennen starten. Meine Gründe sind nicht etwa eine Verletzung, nein. Meine Gründe sind jeweils vier und ein Jahr alt. Bei mir kam das geplante, gewünschte Leben dazwischen. Und auch wenn ich es mir sicher damals anders vorgestellt habe mit meiner Pause, so würde ich doch nichts anders machen. Ich stand in dieser Zeit oft an den Strecken diverser Läufe, Familie und Freunde anfeuern, aber selbst laufen war nicht wirklich auf dem Plan. Der Anruf kam drei Wochen vor dem Event, es wäre schön, wenn wir dabei sind und ich könnte dann doch auch gleich die 37 Kilometer des Weissee Gletscherwelt Trails im Rahmen des Großglockner Ultratrails mitlaufen. Ok. Meine Family-Life-Work-Balance war in den letzten Monaten nicht ganz so ausbalanciert, Training eher Fehlanzeige, der längste Lauf in diesem Jahr um die 20 Kilometer bei unserem Trail Camp am Gardasee im März. Dennoch wissen wir Trailrunner ganz genau, dass wir solche Rennen auch gut mit dem Kopf laufen können und die Beine nur folgen müssen. Natürlich gehört da eine gute Portion Selbstbewusstsein dazu und ich bin mir auch selbst bewusst, dass genießen und ankommen das Hauptziel sind. Ein Arbeitstag in den Bergen eben, statt am Schreibtisch. Ich mache es kurz. Es war gerade am Anfang ein purer Genuss, die Landschaft, die Trails, der Aufstieg zum höchsten Punkt am Kapruner Törl inmitten der anderen Läufer und die flowigen Trails entlang des Stausees Mooserboden. Dieser war nach etwa 20 Kilometern erreicht und ich schon ziemlich am Limit. Die nächsten zehn Kilometer konnte ich es zwar bergab nochmal ganz passabel laufen lassen, die letzten sieben Kilometer unten im Tal waren bei praller Sonne dann aber doch mehr Qual als Genuss. Mit Gänsehaut konnte ich mich ins Ziel retten. Zeit und Platzierung sehr egal. Glücksgefühle Overload. Das Wissen, dass ich es geschafft habe, ich eine schöne Zeit hatte, war Gold wert. Ich habe wieder Wettkampfluft geschnupft, und angebissen. Ich will wieder öfter dabei sein und nicht nur am Rand stehen und zuschauen.
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Zwischen Bayerwald und Saarschleife Es ist Hochsommer und die ganze Trailrunning-Szene läuft in den Alpen. Die Ganze? Nein. Ein paar gallische Mittelgebirgs-Dörfer erwehren sich der Übermacht der großen Events und veranstalten wunderbare Trailrunning Wettbewerbe mit ganz besonderem Charakter. Die lokale Trailrunning-Szene jenseits der großen Gipfel lebt und beweist mit neuen Event-Formaten viel Kreativität. Three Kings, Three Hills
Heuchelbergtrail
Losheimer Trailfest
Tief im Bayrischen Wald, im Dreiländereck zwischen Deutschland, Tschechien und Österreich fand dieses Jahr erneut ein großartiges Event statt: Trailrunning und Musikfestival in einem. Mit vier Strecken war das Laufangebot hier tatsächlich noch ausgeprägter als das musikalische Angebot. Standen diesem doch nur drei Bands gegenüber. Aber das kann sich ja noch ändern. Mit Susanne Edelmann und Markus Mingo siegten bekannte Namen über die Ultra-Distanz.
Oha, was war da los? Am steilen Schlussanstieg zum Heuchelbergturm, den alle Teilnehmer:innen, egal ob über 12, 24 oder 50 Kilometer gestartet, bewältigen mussten, ließen die zahlreich cheerenden Zuschauer und der lautstarke Zuspruch so manchen Trailrunner die Schmerzen mit Sicherheit vergessen. Klasse! Lina Kabsch und Timo Striegel siegten über die Königsdistanz, die auf den Höhenzügen des Heuchelbergs unweit von Heilbronn immerhin 1.400 Höhenmeter zusammenbrachte.
Auch das Losheimer Trailfest beschränkte sich nicht nur auf das Laufen allein, sondern fand im Rahmen des Draußen am See Outdoorfestivals statt. Wer also eine der vier Distanzen rund um die Saarschleife absolviert hatte, konnte beim vielfältigen Programm des Festivals auch in andere Outdoor-Sportarten (Klettern, SUP, Yoga) oder andere Programmangebote reinschnuppern. Über 400 Teilnehmer rannten im Saarland über die Trails.
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EVENT Eiger Ultratrail by UTMB
Im Eiger des Gefechts
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Beim Eiger Ultra Trail läuft unser Redakteur Benni Bublak nach 14 Monaten Pause wieder einen Wettkampf. Wenn auch unter anderen Voraussetzungen als bisher gewohnt. Über die Dialektik von Sturheit und Akzeptanz Text : BENNI BUBLAK
Fotos : SPORTOGRAF
EVENT Eiger Ultratrail by UTMB
ständen mein neues Normal ist, wollte ich mich in Akzeptanz üben. Es war also einen Versuch wert: Macht es trotzdem Spaß sich eine Startnummer umzubinden, auch wenn es nicht um Podiumsplätze geht? Macht es trotzdem Spaß, auch wenn der limitierende Faktor nicht die Ausdauerleistungsfähigkeit, sondern ein kaputtes Venensystem ist?
Wir Läufer:innen sind sture Böcke. Haben wir uns etwas in den Kopf gesetzt, wird dieses Ziel kompromisslos verfolgt. Vermeintliche Hürden und Bedenken werden achtlos beiseite geschoben. Das ist oft gut: Wenn am Ende Plan, Prozess und Platzierung ineinander aufgehen, erfüllt uns das mit tiefer Zufriedenheit. Das Gegenteil dieser sturen Hartnäckigkeit wäre: Akzeptanz. Eine Eigenschaft die bei uns Läufer:innen oft weniger gut ausgeprägt ist. Der sture Bock und die Akzeptanz Nach einer wiederholten ausgeprägten Thrombose vor 14 Monaten leide ich an einem starken post-thrombotischen Syndrom. Derzeit verbessern sich meine Symptome immer noch stetig, wenn auch sehr langsam. Ein Umstand den ich sicher auch meiner Beharrlichkeit zu verdanken habe. Jede Bewegung wirkt sich positiv auf meinen Zustand aus. Nur dass diese Bewegung eben nicht mehr so funktioniert wie zuvor gewohnt. Vernünftige Menschen hätten wahrscheinlich längst Einsicht walten lassen und sich umorientiert, die Identität des Leistungssportlers hinter sich gelassen. Oder zumindest die Sportart angepasst, würden nun schwimmen oder Rennrad ahren. Doch ich bin kein Schwimmer, kein Radfahrer. Ich bin Läufer. Trailrunner. Und ein sturer Bock! Das ist manchmal hart. Denn gelegentlich liegt es einfach nicht in unserer Hand. Akzeptanz ist dann das einzige was bleibt. Also übe ich mich in dieser Eigenschaft, die mir bisher so fremd war.
„Wir Läufer:innen sind sture Böcke. Haben wir uns etwas in den Kopf gesetzt, wird dieses Ziel kompromisslos verfolgt. Das Gegenteil dieser sturen Hartnäckigkeit wäre: Akzeptanz..."
Ich habe mich wieder für einen Wettkampf angemeldet. Nie zuvor fühlte ich mich weniger bereit und fit vor einem Rennen. Ich bin in den vergangenen Wochen zwar gelaufen. Doch von normalem Training, geschweige denn strukturierter Vorbereitung oder akzeptablen Kilometerumfängen bin ich mit diesem Bein weit entfernt. Kein Zustand, der mich unter normalen Umständen zufrieden gestellt hätte. Aber wenn dies nun unter Um-
Sprinten für Steine Der Ort, den ich wählte, um dies herauszufinden war Grindelwald in der Schweiz. Beim Eiger Ultra Trail wollte ich den E35 laufen. Im Berner Oberland war ich zuvor noch nie gewesen. Ein Versäumnis, dass ich unbedingt nachholen musste, angesichts der zahlreichen imposanten Gipfel jenseits der 4000 Meter, die sich rings um die bekannten Berge Eiger, Mönch und Jungfrau erheben. Der Eiger Ultra Trail firmiert seit zwei Jahren unter dem Label „by UTMB“. Ein Umstand der dem Lauf zudem kurzfristig einen äußerst prominenten Teilnehmer verschaffte. Kilian Jornet hatte sich Mitte Juli entschieden, nach seinem Sieg im vergangenen Jahr erneut den UTMB zu laufen. Da gab es nur ein Problem: Ihm fehlte noch ein Running Stone, um die Qualifikationskriterien komplett zu erfüllen. Das man letztlich auf der Startliste des E16 wiederfand, dem kürzesten Lauf am Eiger, machte deutlich, dass seine Ambitionen sich wirklich ausschließlich darauf beschränkten diesen Stone einzusammeln. Bei der Eliten-Präsentation am Freitag wird Kilian dann kurzerhand dazu verdonnert die komplette Zeit auf der Bühne zu stehen und jedem einzelnen vorgestellten Top-Läufer die Hand zu schütteln. Sein Gesichtsausdruck verrät, dass dem eher menschenscheuen Katalanen nicht ganz wohl bei der Sache war. Nacheinander schütteln ihm Robbie Simpson, Petter Engdahl, Dani Moreno und auch seine Partnerin Emelie Forsberg, die den E51 läuft, die Hand. Im Gegensatz zu Kilians Sprintdistanz übrigens, sind die beiden Mitteldistanzen über 35 und 51 Kilometer stark
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besetzt. Am spannendsten aus deutscher Sicht ist aber sicherlich die Königsdistanz über 101 Kilometer. Denn Katharina Hartmuth und Hannes Namberger sind hier die klaren Favoriten. Beide wollen diesen Wettkampf nutzen, um nochmal Selbstbewusstsein zu tanken vor dem großen Saisonhighlight Ende August in Chamonix. Ein ungewohntes Renngefühl Meine Ambitionen hängen, wie schon erwähnt, ein paar Etagen tiefer. Doch in meinem Kopf macht sich das nicht wirklich bemerkbar. Ich bin nicht nervös. Nein das wäre das falsche Wort.
Meine direkte Rennvorbereitung beschränkte sich auf ein absolutes Minimum. Am Tag vorher lege ich schnell die nötigsten Sachen zusammen. Ich bin froh, dass ich alles dabei habe. Die sonst üblichen Gedanken, Pacing, Carboloading, Rennverpflegung und sonstiges betreffend, mache ich mir kaum. Sportlich geht es für mich um nichts. Ein anderes Wort beschreibt mein Pre-Race-Gefühl besser: Unruhe. Ja fast ein bisschen Bammel. Was wenn das alles eine furchtbar dumme Idee ist? Was wenn ich nach dem Rennen feststelle, dass es keinen Sinn macht? Was wenn dieser Tag die Gewissheit
Die Läufer:innen des Eiger Ultratrail unweit des Startes in Grindelwald mit dem Panorama der Eiger Nordwand im Hintergrund
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bringt, dass ich mir das Laufen endgültig abschminken kann und mir einen anderen Lebensinhalt suchen muss? Akzeptanz schön und gut. Aber das würde mich dann doch überfordern. Begünstigt wird dieses Gefühl zudem dadurch, dass mein Bein sich am Tag vor dem Rennen gar nicht gut anfühlt. Race Day! Schon der Start stellt mich vor die erste Herausforderung. 15 Minuten im Startblock rumstehen ist für mich keine Option. Ich will mein Louis Wachsmann Bein ja nicht schon vor Startzum an imdem Aufstieg den Rand der Überforderung bringen. Hochstaufen. Also setze ich mich aufDer eine Bank und Nachwuchläubeobachte die Läufer:innen. fer wurdeEinige am Ende 52er. schauen fokussiert insguter Nichts, andere tanzen schon um sieben Uhr morgens zur lauten Musik. Da ich auch beim Zeitpunkt des Frühstücks weniger konsequent war, als ich es früher gewesen wäre, finde ich mich eine Minute vor dem Start auf dem Dixi wieder. Zehn Sekunden nachdem ich mir die Hose hochgezogen habe, ertönt auch schon der Startschuss. Am Ende des Feldes trabe ich los. Es geht sofort in den Anstieg hinein. Spätestens als der Untergrund nach ein paar hundert Metern auf Trail wechselt, gehe ich in den Hiking-Schritt über und reihe mich brav in die Perlenkette der Läufer:innen ein. Für mich eine neue Situation. Einen eigenen Rhythmus zu finden, erübrigt sich hier. Man hängt mit der Nasenspitze am Rücken des Vordermanns. Geländekanten oder kurze Zwischen-Downhills verursachen ein regelmäßiges Stop-and-Go. Es herrscht Totenstille. Keiner spricht. Das überrascht mich dann doch etwas. Im Angesicht der Gletscher-Giganten Der erste Uphill ist lang. Der Downhill nach Wengen kurz und wenig anspruchsvoll. Ich spüre mein Bein deutlich. Gerade im Downhill ist dieses unangenehme Gefühl im Unterschenkel, das sich irgendwo zwischen Taubheit, Jucken und Spannungsschmerz bewegt, sehr präsent. Wieder ein langer Uphill. Von Wengen geht es steil hinauf zum Männlichen. Perfekt um zügig zu marschieren. Höhenmeter
EVENT Eiger Ultratrail by UTMB
Autor Benni Bublak im Anstieg zum Männlichen. Im Hintergrund: Die gletscherbedeckte Jungfrau
um Höhenmeter und Platz um Platz kämpfe ich mich nach oben. Über der Baumgrenze tut sich uns ein atemberaubendes Panorama auf. Mönch und Jungfrau ragen aus einer einzigartigen Gletscherlandschaft heraus. Ein Anblick, wie man ihn nur an wenigen Orten der Welt genießen kann. Unter anderem eben in diesem von der UNESCO zum Welterbe erklärten Jungfrau-Aletsch Gebirge. Dass der Eiger Ultra Trail so erfolgreich ist und sich weltweiter Beliebtheit erfreut (das Starterfeld ist immer in wenigen Minuten ausverkauft) erschließt sich mir sofort. Die Ausblicke sind gigantisch, während die Trails, für alpine Verhältnisse, aber eher einfach zu laufen sind. Es gibt viele Höhenmeter, doch der technische Anspruch ist gering. Am Checkpoint Männlichen warten Frau und Kind auf mich. Ich setze mich kurz zwei Minuten hin, lege das Bein hoch und lasse das Blut „ablaufen“. Auch auf der anschließenden
Querung zur Kleinen Scheidegg spüre ich das Bein noch. Der Anstieg hinauf zum Eigergletscher ist steil, aber wunderschön. Ich merke langsam, dass meine Beschwerden weniger werden und drücke ein wenig aufs Tempo. Es ist als hätte meine (zerstörte) Venenpumpe diese knapp drei Stunden gebraucht, um richtig hochzufahren. Am Ende der ikonischen Gletschermoräne und damit auch am Ende des Anstiegs angekommen, haben sich meine Beschwerden auf ein Minimum reduziert und sollten den restlichen Lauf auch nicht wieder aufblühen. Den folgenden Downhill und die lange Querung unter der Eiger Nordwand kann ich es also richtig laufen lassen. Das erste Mal seit 14 Monaten spüre ich es, zumindest in Ansätzen, wieder – das Race-Feeling: dieses lodernde Feuer im Bauch und dieser zielsichere Fokus im Kopf. Es fühlt sich einfach fantastisch an. Den ein oder anderen
86 5/2023
„Irgendwie auch eine schöne Anekdote, dass es auch dem Michael Jordan des Trailrunning einfach mal nur ums Dabeisein geht. Für mich galt das ja in diesem Rennen in ähnlicher Weise"
I M P R E S S U M
Läufer kann ich noch einsammeln auf den letzten Kilometern. Lag ich bei der ersten VP noch um Platz 100, bin ich im Ziel knapp in den Top 20. Und doch nur einer von Vielen die nun über die Ziellinie laufen. Der Mangel an Aufmerksamkeit ist ungewohnt, in meinem inneren Kosmos aber weckt dieses Finish weit mehr Emotionen als so manche Podiums-Platzierung. Es ist nur ein Anfang, allerdings ein ziemlich guter. Einer, an den ich in so mancher düsteren Stunde nicht mehr zu träumen gewagt hatte. Dabeisein ist alles Deutlich über eine Stunde vor mir läuft Robbie Simpson ins Ziel, gewinnt das Rennen und verpasst doch den Streckenrekord um wenige Sekunden. Den hält noch immer Moritz auf der Heide. Eine unglaubliche Leistung liefert auch die Spanierin Dani Moreno ab, die nur 25 Minuten nach Simpson zurück in Grindelwald ist und Gesamt-
Fünfte wird. Ein Name den man sich für den OCC in Chamonix ganz oben auf den Tipp-Schein schreiben sollte. Kurz nach meinem Finish erreichen schon die Sieger:innen des E51 das Ziel. Es sind die zwei Schweden Emelie Forsberg und Petter Engdahl. Auch über die königlichen 101 Kilometer siegen die beiden genannten Favoriten. Hannes Namberger wäre zwar gern eine bessere Zeit gelaufen, aber die Hitze machte diesem Vorhaben an diesem Tag einen Strich durch die Rechnung. Auch Katharina Hartmuth kämpfte an diesem Tag, besonders zu Beginn des Rennens, mit Problemen. Umso beeindruckender, dass Beide sich souverän gegen die Konkurrenz durchsetzten und sich nun mit viel Selbstvertrauen an die Startlinie des UTMB stellen werden. Ein Rennen habe ich bis jetzt noch gar nicht erwähnt. Eine Nachlässigkeit, die aber sofort abgeräumt werden soll. Schon am Mittwoch machten sich Zweier-Teams auf die große Runde um das gesamte Jungfrau-Aletsch-Massiv. 250 Kilometer und 14.000 Höhenmeter. Beseelt und überwältigt von den Erfahrungen der vergangenen fast 63 Stunden erreichte unser Team, das Team Trail Magazin mit Carsten Drilling und Thomas „The Baker“ Schmitt, in der Nacht auf Samstag auf dem achten Platz das Ziel in Grindelwald. Herzlichen Glückwunsch zu dieser famosen Leistung. Und Kilian? Wurde mal eben Achtundviertzigster! über 16 Kilometer! Der Po zwickte und der NNormal Athlet wollte eben nur den Stone, aber nichts riskieren. Irgendwie auch ein nette Anekdote, dass es auch für den Michael Jordan des Trailrunning einfach mal nur ums Dabeisein geht. Für mich galt das ja in diesem Rennen, wenn auch mit anderen Vorzeichen, in ähnlicher Weise. Ankommen und Akzeptieren. War mein Motto für diese 35 Kilometer am Eiger gewesen. Für das nächste Rennen wird es dann aber doch eines anderen Narrativs bedürfen. Denn bei aller neugewonnen Akzeptanz-Befähigung: Der sture Bock in mir ist noch lang nicht gezähmt.
87 5/2023
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REPORT My Virtual Trail presented by CRAFT Text & Fotos: DENIS WISCHNIEWSKI
Alb halt
Wir wollen in regelmäßigen Abständen unsere Strecken der Plattform MYVIRTUALTRAIL.DE im Heft vorstellen und die beste Methode ist, darauf selbst zu laufen. Für Trail-Herausgeber Denis war es dann als Schwabe fast Ehrensache, der Route des Streckenpaten Thomas Kümmerle zu folgen. 43 Kilometer Alb total!
88 5/2023
Unter den 30 Myvirtualtrail.de Strecken, die sich in diesem Jahr quer durch die Republik schlängeln und ziehen, sind zumindest zwei dabei, die ich unter „Heimat“ abheften darf. Das mag fast allen hier so gehen – irgendeine dieser Routen liegt in Regionen und Landstrichen, die wir aus der Kindheit kennen oder heute mehr oder weniger regelmäßig besuchen. Thomas Kümmerle aus Owen ist ein sogenannter Streckenpate. Er lebt quasi an der Strecke, die er uns im Februar 2023 vorgeschlagen hatte und die wir mit Freude aufgenommen haben. Thomas ist Schwabe. Das hört man. Er macht erst gar keine großartigen Versuche, den Dialekt ins Hochdeutsche zu drehen. Als er mich an diesem Mittwochnachmittag zu Cola-Mix und Nussecke auf seine Terrasse einlädt, habe ich 43 Kilometer in den Beinen. Sich nun mit dem 45-jährigen Vater zweier Kinder über die Strecke zu unterhalten macht Sinn, denn er weiß genau, wo ich unterwegs war. Im Prinzip startet die Strecke hinter seinem schmucken Haus in Hanglage. Der drahtige Mann, der im echten Leben dafür sorgt, dass ganze Hotelketten, schick und funktionell eingerichtet werden, taufte seinen Trail „Schwäbische Alb Marathon“ und überlegte sich eine ziemlich flowige und hier und da anspruchsvolle Runde, die vom Start weg zur Sache kommt. Ich gratuliere Thomas jedenfalls zu einer Runde, die leider noch zu wenige Teilnehmer:innen verbucht. Thomas Kümmerle analysiert „Ich denke die Strecke ist dann doch etwas zu lange. Wäre sie um die 20 Kilometer, wären vermutlich mehr Leute und auch Einsteiger daran interessiert.“ Grundsätzlich wären nämlich an den Wochenenden immer mehr Menschen in seinem Revier unterwegs und klar als Trailrunner zu identifizieren. Die tollen Wanderwege um den Hohenneuffen und die berühmte Burg Teck, liegen in unmittelbarer Nähe zur Landeshauptstadt Stuttgart. „Ich habe mir
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auch schon überlegt, hier ein echtes Rennen zu veranstalten. Das fehlt uns hier. Bis auf klassische Berg- und Volksläufe gibt es hier nichts. Ein echter Trailrun muss her. Ich hätte auf jeden Fall Ideen.“ Ideen. Eine Idee war auch Thomas´ Vorschlag, auf dem ich jetzt laufen darf. Zunächst vom Parkplatz des Naturkundemuseums in Beuren in Richtung Hohenneuffen. Das große Highlight quasi zuerst. Man wird von Beginn an so richtig und ohne Vorwarnung in eine zauberhafte Landschaft transferiert. So schnell und intensiv war ich jedenfalls selten in einem Lauf. Autotür zu. Rucksack geschlossen. Zack. Bumm. Singletrail und ein Panoramablick bis weit über Stuttgart hinaus. Es ist ein absoluter Traumsommertag. 29 Grad. Leichte Brise. Nur wenige Touristen. Das satte Grün des Junis beginnt seine Sättigung zu verlieren. Alles dreht auf Hochsommer und ich drehe eine kleine Extraschleife hinauf zur Burgruine Hohenneuffen, der höchste Punkt der Strecke auf 745 Meter. Man sagt, dass genau hier schon 450 v. Chr. Menschen gelebt haben, die Burg selbst soll um 1100 erbaut worden sein. Ich bewege mich also auf historischen Pfaden und komme spätestens ganz oben ins Grübeln. Weiterlaufen oder diesem
INTERVIEW REPORT My Virtual Stephan TrailHugenschmidt presented by CRAFT Das untere Lenninger Tal ist ein Highlght der 43 Kilometer langen Strecke und ein Naturparadies der Alb.
Biergarten-Restaurant nachgeben. Im Stile einer VP bestelle ich eine naturtrübe Zitronenlimonade und blicke während dem hastigen Ausnuckeln etwas neidisch zum älteren Wandererpaar, das sich heute mehr Zeit nimmt als ich und sehr hedonistisch mit ihren Tellern „Linsen, Spätzle, Saitenwurst“ beschäftigt ist. Ich stelle Überlegungen an. Kann ich wirklich nach 12 von 43 Kilometern um 11.30 Uhr in ein feudales Mittagessen einsteigen? Nein. Geht nicht. Ich laufe weiter und trage noch für viele Minuten diesen Linsen- und Wurstgeruch mit mir herum. Ich würde garantiert in Zivil noch einmal dieses Restaurant besuchen. Das ist mein Vorhaben. Nach den ersten massiven Höhenmetern von insgesamt 980, laufe ich in einem Auf und Ab in Richtung unteres Lenninger Tal. Macht Spaß. Alles laufbar. Es geht einmal steil nach unten – fast alpin. Hier soll der Trainings-Habitat des ProfiTrailrunners Janosch Kowalczyk sein. Habe ich jedenfalls so gehört. Fast genauso schnell ist übrigens der aktuelle Rekordhalter der Runde. Der Einheimische Sascha Chwalek lief am 17 März den „Alb-Trailmarathon“ in unter 4 Stunden! Das müsste der Terrex-Athlet erst einmal nachmachen. Ich bin davon weit entfernt und eine Top-Zeit wird schon alleine durch meine ständigen Foto-Stopps zunichte gemacht. Um hier unter 5 Stunden zu laufen, müsste ich wohl noch einmal herkommen und wirklich alles geben was möglich ist. Ein Versuch wäre es wert. So wie ich es aber heute angehe, ist es sicher auch nicht verkehrt, denn ich habe den Blick und die Zeit für meine Umgebung. Meine Hündin bekommt ihre Pausen und Trinkstopps an den wenigen Quellen und Bächen, die es im Juli noch gibt. Energiezufuhr ist dieser Tage an der Strecke übrigens simpel. Wer den besagten Biergarten also, wie ich, auslässt, findet Himbeeren und Brombeeren. Die Hündin und ich retten uns quasi „beerenhaft“ durch die gesamte Distanz. Haben wir von Kilian Jornet abgeguckt. Funktioniert. Nach über sechs Stunden komme ich jedenfalls wieder am Parkplatz des Naturkundemuseums an und mit einer schönen „Kaputtigkeit“ ausgestattet. Ein Mikroabenteuer, ein Longrun, Urlaub auf der Alb. Ein wenig geht es aber auch mal wieder um das Thema Mittelgebirge versus Alpen und heute hat diese eher milde Hügelwelt gewonnen. Diese Runde macht einfach Spaß, führt den Protagonisten fast spielerisch durch archetypische Alb-Landschaften, die ab hier auch als Biosphärenreservat bekannt sind.
90 5/2023
Ich bin befangen. Es fällt mir schwer, diese 43-KilometerStrecke neutral zu laufen, denn sehr viel hier ist einfach "Heimat"
Thomas und seine Hood
Thomas Kümmerle aus Owen ist der Streckenpate des ALB MARATHON und lebt quasi direkt am Trail. 30 Trailstrecken - eine schöner und kurzweiliger als die andere haben wir zusammen mit "Streckenpaten" wie Thomas Kümmerle in ganz Deutschland gefunden und in unserer Trailrunning-Plattform www.myvirtualtrail,de zusammengefasst und öffentlich gemacht. Aber nicht nur das! Auf dieser Homepage findet ihr jenseits offizieller Wettkämpfe perfekte Strecken zur Renn-Vorbereitung und könnt eure Läufe hochladen. Damit findet ihr Euch in einer Jahresbestenliste, in der jeweiligen Streckenwertung und könnt Euch mit allen anderen vergleichen. Der Vorteil dieser Strecken liegt auf der Hand - ihr lernt tolle Trails und Regionen Deutschlands kennen und lauft auf Trails, die eben nur ein Local kennen kann. In dieser Story geht es um eine 43 Kilometer Runde auf der Schwäbischen Alb, rund 40 Kilometer von Stuttgart entfernt. Die Höhenmeter summieren sich in einem Auf und Ab auf 980 Höhenmeter und damit ist diese Strecke ein ganzjähriger "Longrun", der auch für unmittelbare Ultratrail-Vorbereitungen ideal ist. Die Anreise über die A8 ist problemlos und auch im ÖPNV ist Owen/Beuren mit der S1 und dem Bus in ca. 60 MInuten ab Stuttgart erreichbar. In der kommenden Ausgabe stellen wir Euch eine weitere MVTStrecke vor!
Diese Strecke muss man sich merken. Man muss sie abspeichern und sich fest in den Kalender eintragen. Vielleicht nicht unbedingt wie ich im heißen Juli oder August, aber an einem Oktobertag und dem späten Mai. Der Alb Trailmarathon ist eine „365-Tage-Strecke“. Selbst Schnee im tiefen Winter würde der Runde nicht den Stecker ziehen. Was mir da noch einfällt – Thomas Kümmerle wollten doch unbedingt in seinem Revier, hinter seinem Hanggrundstück, ein echtes Trailrennen veranstalten. Ich hätte da ganz konkret eine perfekte Strecke - seine eigene. 43 Kilometer mit 980 Höhenmeter. Start und Ziel am Naturkundemuseum Beuren. Zu Beginn ein knackiger Uphill. Am Ende ein pfeilschneller Downhill hinab ins Ziel. Ich wäre am Start.
91 5/2023
PRAXISTEST
Brooks Cascadia 17 Sprengung: 8mm, Gewicht: 311g (42,5), 277g (38,5) Preis: 150 Euro Ein solider Trailschuh. Das war das stete Lob, aber bald auch die berechtigte Kritik am Brooks Cascadia, längst das dienstälteste Modell auf den Trails. Ein Dauerläufer, seit fast zwei Jahrzehnten. Gut, mit der 15. Auflage vor knapp drei Jahren hatten die USAmerikaner mit einer zeitgemäßen Verarbeitung und neuen, schlankeren Materialien nachgelegt. Aber da waren sie schon spät dran. Viele Mitbewerber waren agiler, vor allem aber komfortabler gedämpft. Womit gesagt wäre, was die nun 17. Auflage besser macht. Die vielen Kerben in der Mittelsohle deuten es ja bereits an. Zwei Millimeter mehr Schaum und eine flexiblere Rockplate – der Cascadia ist laufbarer, adaptiver und auch weicher geworden. Weil er dabei seine übrigen Werte bewahrt – die bequeme Passform, den verlässlichen Sitz, die Stabilität – kann man von einem gelungenen Update sprechen. Gut, andere Modelle laufen sich dynamischer, softer oder fühlen sich im Hochalpinen wohler. Der Cascadia gehört aber wieder selbstbewusst zu den empfehlenswerten Allroundern, zumal für alle, die es nicht ganz so eilig haben und den einen Schuh mit breitem Einsatzspektrum suchen.
Nike Ultrafly Sprengung: 8,5mm, Gewicht: 280g (42,5), Preis: 250 Euro “Und? Und?“ rufen mir die Kollegen noch in Treppenhaus entgegen, als ich nach dem ersten Testlauf wieder in die Redaktion komme. “Ja was – und?“ Ich weiß tatsächlich nicht so richtig, wie ich den Ultrafly Trail, Nikes ersten Trailschuh mit Carbonplatte, beschreiben soll. In jedem Fall ist er ... besonders. Die Kombination aus einem sehr weichen Mittelsohlenschaum und einer sehr steifen Platte sorgt für ein ganz eigenes Laufgefühl. Also erzähle ich am Besten einfach, wie der Lauf war: Schon beim Reinschlüpfen wird deutlich, dass der Schuh auffällig weich und komfortabel ist. Schmale Füße benötigen ein massives Schüren, breite Füße freuen sich über viel Zehenfreiheit. Nicht nur Nike-Pro's wie Nienke Brinkmann und Francesco Puppi können sich erstmals über echten Grip dank der Kooperation mit Vibram freuen. Im Gegensatz zu den bekannten Trailschuhen von Nike, lässt der Ultrafly endlich keine Zweifel in puncto Haftung am Untergrund. Nach zwanzig Minuten auf flachem Schotterweg bemerke ich aber, wie mein Ballen zunehmend taub wird - ein unangenehmer Effekt, den ich der steifen Platte zuschreibe. Das Gefühl löst sich im Anstieg und wilderem Gelände auf und genau dort macht der Schuh einen wirklich guten Job und findet souverän einen stabilen Tritt. Auch die Downhills in hohem Tempo dämpft er lässig weg. Der direkte Vergleich zum Hoka Tekton X2 drängt sich auf, genauso die Nähe zu den carbonisierten. ebenso steifen Straßenschuhen von Nike, etwa dem Vaporfly. Ich finde, der Ultrafly hätte eine andere Platte verdient - eine mit mehr Flexibilität und ggf. einer spangenartigen Zweiteilung à la Hoka. Das würde ihn für ein größeres Klientel interessant machen. Fazit: Ein neuer Platten-Trailschuh, der bei allen tollen und dynamischen Attributen auch Schwächen zeigt. Die Steifheit der Platte ist so enorm, dass eine intensive Nutzung Verletzungsgefahren birgt und seinen Einsatz einschränkt.
92 5/2023
PRAXISTEST Saucony Endorphin Rift Gewicht: 244g (42), 207g (38), Sprengung: 6mm, Preis: 200 Euro Dieser Schuh kam durchaus mit einer Ansage in unseren Redaktionsräumen an: Der Endorphin Rift sei der beste und vor allem kompletteste Schuh, den die zuletzt ja ohnehin recht überzeugenden Entwickler:innen von Saucony auf die Trails gestellt hätten. Oha! Wir waren also mindestens so gespannt wie jenes zentrale Carbonelement, das den eng verwandten Saucony Endorphin Edge zu einem unglaublich lauflustigen und reaktiven Trailschuh macht. Nur verzichtet der Endorphin Rift als erstes Modell der Endorphin-Reihe gerade auf eine dynamisierende Plattentechnologie. Weitere Unterschiede: Der Neue hat tiefere, im Losen griffigere Stollen und eine sockenartige Konstruktion, die zunächst an einen Lifestyle-Sneaker erinnert, den Fuß aber tatsächlich gut fasst. Eine stabilisierendes, fast drahtiges Mesh um Schaft und Ferse unterstreicht den positiven Eindruck, Passform und Halt betreffend. Gut, vielleicht könnte die Protektion im Zehenbereich ausgeprägter sein. Was der Endorphin Rift soll: Dort weitermachen, wo der stürmende und drängende Endorphin Edge dann doch mit seinen Straßenschuhgenen zu kämpfen hat. Diese Aufgabe gelingt. Der wieder einmal fantastisch reaktive Pwrrun-Schaum (im Gegensatz zu Saucony Peregrine oder Xodus Ultra kommt er hier ausschließlich zum Einsatz) trifft auf eine flexiblere und gerade im technischen Terrain adaptivere Mittelsohlenkonstruktion. Der Rift läuft sich weich, komfortabel und noch immer sehr dynamisch. Es sei denn, man betritt glattes und zudem nasses Parkett. Dann schwächelt der Grip und Wurzeln, Holzstufen oder auch eine schnell gelaufene Asphaltkurve können zur Rutschpartie werden. Das war es auch schon mit der Kritik. Nur die Sache mit dem ultimativen Trailschuh mögen wir nicht so ganz teilen: Das liegt aber nicht am Endorphin Rift im Speziellen, sondern ganz generell daran, dass es, bei immer breiter aufgestellten Aufgaben, die Trailschuhe heute souverän rocken, den einen ultimativen Alleskönner schlicht und einfach nicht mehr geben kann. Was im Falle des Endorphin Rift also heißt, dass die begeisternde Kombination aus reaktivem Laufgefühl, weichem, ausdauerndem Laufkomfort und spürbarer Leichtigkeit auf Kosten (alpiner) Stabilität und Verbindlichkeit geht. Vermisst man aber eine (Carbon-)Platte? Tatsächlich läuft sich der eng ai168794135052_TRACTION_MATTERS_Advertisement_215x140_RUNNING_2023_SCOTTSports_DE.pdf 1 28.06.23 verwandte Endorphin Edge noch einmal explosiver und "auf Spannung“. Die Kombination aus Agilität bei gleichzeitiger Flexibilität des Rift könnte manch Läufer:innen aber sogar besser taugen.
10:35
PRAXISTEST
Arcteryx Norvan SL3 Preis: 160 Euro Sprengung: 7mm Gewicht: 171 g
Direktheit erstaunlich reaktiv. Viel Komfort darf man aber nicht erwarten. Vibram Megagrip lässt auch unterm Schuh keine Fragen offen.
Mit deutlich unter 200 Gramm ist dies einer der Schuhe, die am unteren Rand des technisch möglichen Gewichts kratzen. „Es gibt eine Gewichtsgrenze, die zu unterschreiten wirklich keinen Sinn mehr ergibt“ möchten wir einen SchuhEntwickler zitieren. Der Pulsar von Salomon und auch der Norvan SL 3 bewegen sich gerade noch über dieser Grenze. Tatsächlich sind Ähnlichkeiten bei den Schuhmodellen der beiden genannten Marken nicht von der Hand zu weisen. Vielleicht nicht verwunderlich gehören doch beide zur Amer Sports Gruppe. Während Salomon mit der Pulsar Reihe aber kompromissloser den optimalen Vortrieb sucht und auf Rocker-Geometrien setzt, orientiert sich der Norvan mehr am alpinen Laufen und erinnert so etwas an die früheren Sense Modelle. Enge Passform, ein schmaler Leisten und sehr viel Bodengefühl machen diesen Schuh zur Waffe auf kurzen Traildistanzen. Das Obermaterial (aus Matryx Material) ist aus einem Guss gefertigt und umschließt den Fuß sockenartig, wobei der Zungenbereich als auch die Gamasche aus einem superelastischen Strickschaft gefertigt ist. Die klassische Schnürung funktioniert tadelllos und lässt sich in der Schnürsenkeltasche einwandfrei verstauen. Die Dämpfung aus EVA und Polyolefin ist trotz ihrer kompromisslosen
Fazit: Mit dem Norvan SL3 bieten Arcteryx einen perfekten Trailrunningschuh für ambitionierte und schnelle Trailläufer an, der uns nicht nur aufgrund seiner kompromisslosen Leichtigkeit überzeugt, sondern auch mit dem erfrischend schlichten komplett einfarbigem Design.
94 5/2023
PRAXISTEST Coros Decathlon GPS 900 Preis: 249,00 Euro
Dass Sportartikel-Riese und Outdoor-Supermarkt DECATHLON Trailschuhe und Trail-Bekleidung für einen niedrigen Kurs ganz gut hinbekommt, hat er bewiesen, aber die hauseigene Elektronik war oft von geringer Qualität und wenn, überhaupt, für ganz grundsätzliche Aufgaben zu verwenden. Nun arbeiten Decathlon mit Coros zusammen und präsentieren die GPS900, die sich im wesentlichen auf die Funktionen der COROS Apex konzentriert, aber mit einem reduzierten Preis winkt und etwas reduzierter wirkt. Um es abzukürzen - das Angebot ist ziemlich verlockend, die Uhr aktuell zumindest online schon vergriffen. Schwierig in dem Zusammenhang könnte werden, dass von Seiten Coros die Apex keine Updates mehr bekommt - dies sollte hier im Zusammenspiel von Decathlon und Coros nicht passieren. Was kann denn überhaupt diese Uhr und was macht sie für unter 250 Euro so interessant? Ganz sicher die souveräne Akkudauer über rund 80 Stunden in vollem Modus und im Ultramax-Modus. Sie hat eine gut aufbereitete Routen-Navigation und anlysiert alle relevanten Daten wie Strecke, Tempo, Herzfrequenz (auch im Wasser!), und vieles mehr. Ein barometrischer Höhenmesser ist obligatorisch. Im Trailrunning- oder Wandermodus kann man sein Höhenprofil (kumuliert + und -) verfolgen. Die neue GPS 900 hat alle Funktionen der kleinen Schwester GPS 500, aber zudem einen größeren Akku und neue Merkmale, die für lange Trails sinnvoll sind. Das schlanke Design und die sehr simple Menüführung haben uns gefallen. Am Ende ist der Preis ein Argument, denn die Apex kostet regulär fast 400 Euro. In Verbindung mit der durchaus gut aufbereiten Coros-App bekommt man alles, was man will.
Altra Outroad 2
Preis: 150 Euro Sprengung: 0mm Gewicht: 303 g Ein Hybrid-Schuh! Der Outroad 2 der Zero-Drop Spezialisten von Altra ist laut Hersteller "mit Straßen- und Trail-Features“ ausgestattet. Uns gefällt er tatsächlich auf der Straße besser als auf dem Trail. Auf ersterem weiß die komfortable und reaktive Dämpfung zu überzeugen. Ganz Altra-typisch lässt sie trotz hoher Komfortwerte viel Gefühl für den Untergrund zu. Insgesamt läuft sich der Schuh, auch dank der fehlenden Sprengung und der breiten Zehenbox, sehr unmittelbar und natürlich. Auch das Obermaterial ist sehr komfortabel, liefert über die gut konstruierte Schürung und die stark gepolsterte Zunge einen sehr guten Mittelfuß-Halt. Die Max-Trac Sohle ist eine klassische "Trail-Außensohle“, die sich aber auf der Straße nicht störend bemerkbar macht. Im Trail überzeugt der Grip. Allerdings fehlt uns hier, zumindest wenn das Gelände doch mal leicht fordernder wird, die Stabiliät. Man merkt nicht nur jeden Stein durch die Sohle, sondern hat auch kaum verstärkende Elemente in der Sohle verbaut. Das macht ihn im Gelände schwieriger zu laufen, fördert aber das natürliche Laufverhalten. Das Gewicht von knapp über 300 Gramm fühlte sich beim Testen weniger an. Fazit: Der Outroad 2 wird bei Altra-Fans mit Sicherheit viele Anhänger finden. Wer bei seinen Asphaltläufen auch gelegentlich mal ins Unterholz abbiegt und auf ein natürliches Laufgefühl schwört, kann hier ebenfalls unbedenklich zuschlagen.
95 5/2023
PRAXISTEST Karpos Cengia Shorts 95,00 Euro
"Drei in Eins Short“ nennt Karpos, diese kurze Laufhose. Wegen der Innenhose sowie dem breiten TaillenGurt, der viele Taschen beherbergt. Wir machen es kurz: Bei dieser Short stimmt von der Konzeption bis zur Umsetzung eigentlich alles. Die lange Innenhose liegt angenehm auf der Haut, ohne aufdringlich zu sein. Die Atmungsaktivität ist klasse. Auch die "Über-Short“ ist aus super-leichtem und luftig-stretchigem Material gefertigt. Der breite Bund trägt zum perfekten Sitz der Hose bei, indem er viel Stabilität mitbringt. Eine große Reißverschlusstasche hinten, eine große vorne und zwei kleinere seitliche Taschen liefern viel Stauraum für alles von Gels über Soft-Flasks bis hin zur leichten Wetterschutzjacke. Cleveres Detail: Eine kleine Öffnung in der Untershort erlaubt zügige und unauffällige "Boxenstopps“. Einzig zwei Riemen zum Befestigen der Stöcke hätte sich der ein oder andere Nutzer noch gewünscht. Die Cengia Short der italienischen Bergsportmarke Karpos ist im gesamten eine sehr hochwertige, sehr durchdachte und sehr leichte Laufshort.
Shockz Open Fit 199,00 Euro
Das Open Ear Design ist das Steckenpferd der Firma Shokz. Schon beim Vorgängermodell, welches noch mit einem "Nacken-Bügel“ arbeitete, saß der Kopfhörer nur auf der Ohrmuschel und wurde im Gegensatz zu "In Ear“-Kopfhörern nicht in den Gehörgang geschoben. Das funktioniert auch bei dem neuen Modell, bei dem der rechte und linke Kopfhörer nun getrennt sind, einwandfrei. Der Sound ist satt und laut genug. Bei beiden Eigenschaften gibt es leichte Varianzen, je nachdem wo der Kopfhörer am Ohr genau aufliegt. Der Sinn des Ganzen: Shokz wirbt damit, dass man alle Umgebungsgeräusche weiterhin in vollem Umfang wahrnimmt. Das muss man natürlich wollen. Wer neben einer viel befahrenen Straße lang läuft, hört eben auch jedes Motorengeräusch. Was natürlich sicherheitstechnisch große Vorteile hat. Ein weiterer Vorteil ist, dass man beim Musik hören nicht mehr unfreiwillig seinen Gehörgang säubert und das entsprechende Sekret am Kopfhörer wiederfindet, wie es bei „In Ear“-Kopfhörern der Fall ist. Die Shokz Kopfhörer sind bei Läufer:innen generell sehr beliebt. Mit dem neuen, nochmal kompakteren Openfit Modell wird sich dies fortsetzen.
CEP Light Merino Midcut Socken 24,95 Euro
Über Laufsocken könnte man hinweggehen oder sich in Details verlieren. Wir wollen Letzteres tun, denn ein noch so guter Trailschuh verliert seine Qualität, wenn die Socke nichts taugt. Die neue CEP Socke hat jedenfalls diesen Test bestanden und ist in unsere Kollektion aufgenommen. Wir liefen zwei alpine Marathons damit und waren überzeugt vom tollen Komfort und der nahtlosen Bauweise. Diese Socke gefällt durch viele technische Raffinessen, diverse Einsätze und Polsterungen, die allesamt sehr smart in einem Produkt vereint werden. Nichts stört, nichts reibt! Auch die Bezeichnung „Kompression“ im Produktnamen, sollte nicht wörtlich genommen werden, denn die aus 76% Polyamid und 12% Merinowolle bestehende Mid-Cut-Socke ist weniger straff und eng am Fuß als zunächst vermutet. Sie lässt sich als Alltagssocke tragen und leicht an- und ausziehen. Fazit: Eine schnell-trocknende und sehr robuste Qualitätssocke aus dem Profihaus CEP. www.cepsports.com
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MORAL Ego-Trip
Unter uns
Unsere Leserin fährt gerne mit dem Auto in die Berge. Und mit ihrem Freund. Aber müsse sie in diesen Zeiten nicht noch zwei, drei weitere Trailrunner:innen mitnehmen?
Mein Partner und ich brechen jedes zweite Wochenende in die Berge auf. Für eine Hüttentour, ein längeren Trailrun, so oft es geht auch für einen Wettbewerb. Wir haben uns übers Laufen kennengelernt und genießen diese Quality Time tatsächlich sehr, zumal als Ausgleich zu meinem zunehmend stressigeren Arbeitsalltag. Ich weiß aber auch, dass es ein ganz schönes Privileg ist, die Ressourcen, nicht nur die finanziellen, für diese Auszeiten zu haben. Und wenn da nicht gerade die Moutainbikes liegen, sind in unserem Kombi immer mindestens zwei Plätze frei. Spätestens, wenn es dann zum Zugspitz Ultratrail geht, oder zu einem Rennen in Südtirol oder den Dolomiten, ahne ich, dass sich der eine oder die andere Münchener:in über eine Mitfahrgelegenheit freuen würde. Die Natur, das Klima, etc. sowieso. Aber nach einer turbulenten Woche kommen mein Partner und ich manchmal erst im Auto dazu in Ruhe miteinander zu reden, und sei es über ganz banale Alltagsdinge. Ist es zu egoistisch von mir, wenn ich mir diesbezüglich mal selbst am nächsten bin?
Vielleicht haben ja zwei von ihnen die übrigen drei im Auto mitgenommen: Trailläufer:innen im Siebengebirge
Sina W., München Ach Sina, natürlich musst Du drei weitere Trailrunner:innen auf die Rückbank packen. Oder viel besser: Ihr müsst stattdessen mit dem Zug oder gleich dem Fahrrad in die Alpen aufbrechen. Beziehungsweise: Könnt Ihr nicht einfach vor Eurer Haustür laufen? Was ich damit sagen will: Einfache und vor allem absolute Wahrheiten bringen uns hier nicht weiter. Ich war, irgendwo in diesem Heft ist schon davon die Rede, gerade auf dem 70. Geburtstag meiner Tante. Wie ich denn Verständnis für die Letzte Generation haben könnte, bekam ich da zu hören, wo ich doch gleichzeitig aus Berlin mit dem Auto kommen würde. Meine Antwort: Weil das Leben und seine Umstände eben komplex und mithin paradox, also widersprüchlich sind. Klar gibt es da die, die es sich einfach machen – und zwar immer mit den anderen. Die sagen dann, dass wer für eine Mobilitätswende sei, eben gar kein Auto mehr fahren dürfe. Das sagen die aber nur, um sich selbst einen Freifahrtschein ausstellen zu können. Einen buchstäblichen in
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diesem Fall. Wenn nämlich niemand alles richtig macht, kann man auch getrost noch viel mehr falsch machen. Wobei Richtig und Falsch hier vermutlich die, ähm, falschen Kategorien sind. Schon deshalb, weil Du uns diese Frage ganz selbstkritisch gemailt hast, glauben wir ohnehin, dass Du Dir über Deine ökologische Bilanz und Deinen Mobilitätsmix hinreichend Gedanken machst. Auch deshalb solltet Ihr beiden ruhig auch mal zweisam über die Alpen brausen. Nicht obwohl, sondern gerade weil ihr Euch dieser, nun ja, egoistischen Aktion durchaus bewusst seid. Das nämlich ist schon weit mehr als viele andere von sich behaupten können.
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