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Organe
Wie beeinflussen sie den Bewegungsapparat?
Thomas Marx erklärt, wie sich unsere inneren Organe bewegen, wie sich diese Bewegungen auf die Druckverhältnisse im Körper auswirken und wie sie damit unseren ganzen Bewegungsapparat beeinflussen.
Das parietale System (der Bewegungsapparat) ist der Spielball des viszeralen Systems. Trainer beschäftigen sich vorwiegend mit dem parietalen System, seinen zusammenhängenden Faszienzügen, seiner starken Muskulatur, seinen knöchernen Gelenken und den stützenden Bändern (Ligamenten). Auf den ersten Blick wirkt dieses
System robust, da z. B. die Stoßdämpferfunktion im
Sprung- und Kniegelenk immensen Kräften standhält.
Zudem ist auch die Wundheilungsfähigkeit erstaunlich, die Schürfwunden, Bänderrisse, Muskelverletzungen und sogar Brüche heilen lässt.
BIOMECHANIK
Die Biomechanik des parietalen Systems ist ein dreidimensionales Bewegungssystem und ein Zusammenspiel aller parietalen Gewebe. Ein Zahnrädchen greift in das nächste. Wenn hier etwas stockt, wie z. B. eine Blockade in einem Gelenk, kann unser parietales System diese Einbahnstraße gut kompensieren.
Wenn sich ein Gewebe, z. B. ein Muskel, durch eine Überbelastung (plötzlich höherer Belastungsreiz) zusammenzieht und darüber das Gelenk bzw. die Bewegungsfreiheit einschränkt, wird der Körper diesen Muskel schützen und dafür sorgen, dass er über benachbarte Gewebe – sowohl durch topografische als auch fernliegende „distale“ funktionelle Verbindungen THOMAS MARX – die Funktion kom-
Der Physiotherapeut, Osteopa- pensieren kann. th, Kinderosteopath,Chiro- und Heilpraktiker ist Gründer, ZusammenfasErfinder und Geschäftsfüh- send kann man also rer der TMX Trigger GmbH. Zudem ist er als Dozent an durchaus sagen: der Physiotherapieschule TOP Das parietale Sys-
Physio und an der SFO (Schule tem steht mit all seifür Osteopathie) tätig. nen Geweben in volwww.tmx-trigger.de ler Form und Kraft in Verbindung. Es braucht ein optimales Miteinander, um reibungslos zu funktionieren.
VISZERALES SYSTEM
Das viszerale System ist die Welt der Organe. Dieses System ist lebensnotwendig. Wie ist es nun möglich, dass einzelne Organe Einfluss auf unsere Hüftbewegungen haben, der Magen unsere Schulterbeweglichkeit beeinflusst und der Darm einen starken Einfluss auf die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule hat? Jedes Organ muss sich bewegen können. Folgende drei Bewegungstypen kommen bei viszeralen Bewegungen vor: 1. Mobilität: die Bewegungsfähigkeit der Organe untereinander. 2. Motilität: die Eigenbewegung des Organs – jedes Organ hat eine eigene dreidimensionale Bewegung im
Raum. So zieht sich der Darm wellenförmig zusammen, um den Stuhl in Richtung Exit zu schieben. 3. Motrizität: Diese bezeichnet die passiven Verlagerungen von Organen zu- und voneinander, hervorgerufen durch die Willkürmotorik des Bewegungsapparates. Neigt man beispielsweise den Oberkörper nach links, müssen sich alle Organe in Richtung der rechten Körperhälfte bewegen. Werden diese drei Bewegungstypen gestört oder beeinflusst von Entzündungen, chronischen Reizprozessen, Druck, Spasmen u.v.m., können viszerale Dysfunktionen und daraus resultierende Krankheiten entstehen.
DRUCKVERHÄLTNISSE
Schauen wir noch tiefer in den Körper hinein und betrachten die bändergeführten Aufhängungen der inneren Organe. Jedes Organ hat eine fasziale Hülle, die das Organ schützt, umhüllt und mit anderen Faszien in Verbindung bringt. Diese Aufhängungen der Organe sind essenziell für die Ortsbestimmung der einzelnen Organe und für die Qualität der Organbewegungen. Zudem haben sie eine weitere präventive Aufgabe: Im Inneren unseres Körpers herrschen enorme „Drücke“, wie z. B. der Druck innerhalb eines Blutgefäßes oder
eines Hohlorgans und externe Drücke, die z. B. durch Fehlstatiken im freien Gewebe hervorgerufen werden. Beispielsweise kann eine Skoliose einen hohen inneren Druck im freien Gewebe auslösen. Diesen nehmen wir als Trainer als hohe Spannungen wahr, die sich kompensatorisch auf die oberflächliche Muskulatur auswirken. In der Osteopathie nennen wir diesen Zustand „Drucksäulen“. Hat der Dünndarm z. B. ein fasziales Aufhängungsproblem („Ptose“), entstehen hohe innere Drücke im Bereich des Unterbauchs – der Dünndarm hängt quasi nach vorn-unten „aus“. Diese Drücke, die dadurch entstehen, verursachen eine zirkulatorische Störung im Bereich der Hüfte/Beckenregion. Zudem wirkt sich der enorme fasziale Zug auf die Lendenwirbelsäule aus: Die Faszien des Dünndarms ziehen regelrecht an der inneren myofaszialen Rumpfwand; dies führt zu Rückenschmerzen.
GASTRITIS
Des Weiteren lässt sich eine klare Verbindung zwischen Gastritis (Magenschleimhautentzündung) und dem parietalen System feststellen. Der Magen ist sehr stark mit dem Zwerchfell mittels Faszien verbunden und das Zwerchfell wird von dem N. phrenicus innerviert. Wenn der Magen eine Art Reizung oder einen Spasmus hat, was sich auf die Beweglichkeit des Magens negativ auswirkt, wird das Zwerchfell mit in die „Bredouille“ gebracht. Der Magen und somit das Zwerchfell werden sich kompensatorisch weiter zusammenziehen und die Beweglichkeit wird sich weiter einschränken. Dieses Phänomen beeinflusst den N. phrenicus so stark, dass er diesen negativen Reiz aufnimmt und diese Information in Richtung Halswirbelsäule schickt. Der Ursprung des N. phrenicus liegt in der Höhe der Halswirbelsäule – zwischen Halswirbel 3 bis 5. Wenn also diese negative Information des Magens bzw. Zwerchfells über den N. phrenicus in die Halswirbelsäule weitergeleitet wird, wirkt sich das negativ auf die Halswirbelsäule aus. Diese negativen Nervenimpulse breiten sich auf die Segmente 3 bis 5 aus. Bei einer chronischen Gastritis sind so oft mehrere Segmente der Halswirbelsäule betroffen. Dies führt dazu, dass die motorischen Nerven (Nerven, die die Muskulatur innervieren), die aus der Halswirbelsäule austreten, folglich das muskuläre Gewebe nicht richtig innervieren können – und das wiederum führt dazu, dass sich die Muskulatur zusammenzieht.
CHRONISCHE SCHULTER-/NACKENSCHMERZEN
Mobilisierende Atem- bzw. Zwerchfellübungen sorgen dafür, dass die faszialen Verbindungen vom Magen zum Zwerchfell harmonischer ablaufen. Das Zwerchfell unterhalb des Brustkorbs zu triggern, ist eine neue und wirkungsvolle Methode, um Spannungen zu lösen. In Bauchlage platziert man je einen Trigger unterhalb des linken und des rechten unteren Rippenbogens. Die
„AUFHÄNGUNGSPROBLEM PTOSE“
Dein Kunde steht entspannt. Lege eine Hand auf seinen Unterbauch und die andere auf die LWS. Hebe nun seinen Bauch leicht nach cranial (oben) an, um den Unterbauch zu entlasten. Wenn die Dornfortsätze jetzt leicht gegen deine Finger gedrückt werden, liegt ein erhöhter Zug im Dünndarmbereich, „ein Aufhängungsproblem Ptose“, vor.
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ABHILFE
Der Kunde legt in Rückenlage seine Hände mit den Innenflächen unter den Unterbauch und schiebt den Unterbauch in Richtung Kopf. Diese Technik dient zur Entlastung der faszialen Dünndarmaufhängung, was sich positiv auf die LWS auswirkt.
Triggerköpfe gleiten in das weiche Gewebe unterhalb des Rippenbogens und können hier überschüssigen Spannungen des Zwerchfells entgegenwirken.
FAZIT
Das viszerale System steht vor dem parietalen System. Wenn sich organische Bewegungsstörungen in und um unsere Organe manifestieren, liegt eine Verkettung von Spannungslinien und enormen myofaszialen Zügen vor, die sich auf den kompletten Organismus verbreiten. Organe müssen sich bewegen können. Treten hierbei Störungen auf, wirkt sich das negativ auf den Bewegungsapparat aus. W