
5 minute read
Aminosäuren
säure wird mittlerweile das Selenocystein bezeichnet. Neben den proteinogenen Aminosäuren sollten an dieser Stelle Taurin, Ornithin und Citrullin erwähnt werden.
VERSORGUNG ÜBER DIE ERNÄHRUNG
Der Bedarf an Aminosäuren wird in der Regel durch eine ausgewogene Ernährung vollkommen gedeckt. Proteinreiche Lebensmittel sind Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier, Nüsse und Hülsenfrüchte wie bspw. Soja, Linsen und Erbsen. Lebensmittel tierischen Ursprungs enthalten in der Regel alle unentbehrlichen Aminosäuren. Wenn man pflanzliche Lebensmittel wie Getreide (methioninreich, lysin-, threonin- und tryptophanarm) und Hülsenfrüchte (methioninarm, lysin-, threonin- und tryptophanreich) kombiniert, sollen auch bei rein pflanzlicher Ernährung der WHO und DGE zufolge Mangelzustände vermeidbar sein.
STRESS UND AMINOSÄUREN
Tryptophan wird als stimmungsaufhellend und antidepressiv beschrieben. Es spielt zudem eine Rolle bei der Schläfrigkeit, die nach großen Mahlzeiten auftritt. Die Ursache für diesen Effekt ist die Umwandlung von Tryptophan über 5-Hydroxytryptophan in Serotonin. Ein Mangel an Tryptophan kann sich in Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Depressionen usw. äußern. Manche Untersuchungen zeigen, dass sich Menschen nach Einnahme von Tryptophan schläfrig fühlen und auch schneller einschlafen. (Zhao et al., The Effects of Dietary Nutrition on Sleep and Sleep Disorders. Mediators of Inflammation, 2020.)
Eine Überdosierung von Tryptophan kann jedoch zum Serotonin-Syndrom führen, einer Stoffwechselstörung, die mit Verwirrtheit, Erregung, Temperaturerhöhung, Muskelzuckungen, gesteigerten Reflexen, Zittern, Durchfall und Blutdruckanstieg, in schweren Fällen auch mit Blutdruckabfall, Koma und Schock einhergeht.
Im Zusammenhang mit dem Thema „Stress“ wird oft das Tyrosin genannt. Ein Metabolit des Tyrosins ist das Noradrenalin. Die Noradrenalin-Freisetzung ist während des Schlafs am niedrigsten, steigt während des Wachseins und erreicht hohe Level in Stress- und Gefahrensituationen. Noradrenalin hilft somit dem Körper, sich auf Angriff oder Flucht einzustellen. Eine Studie berichtet bspw., dass die Gabe von 150 mg/kg Tyrosin nach nächtlichem Schlafentzug das Arbeitsgedächtnis, das logische Denken und die Vigilanz verbesserte. Jedoch ist der Zusammenhang zwischen Tyrosin und Schlaf noch nicht ausreichend untersucht. (Zhao et al., s. o.)
VERSORGUNGSLÜCKEN SIND SELTEN
Die meisten Menschen weisen eine gute Versorgung mit Aminosäuren auf. Manchmal sehen wir in den Profilen erniedrigtes Taurin, Arginin, Ornithin oder 1-Methylhistidin. Allerdings erfahren wir nur selten etwas über den Lebensstil und die Ernährungsweise des Getesteten. Taurin kann im menschlichen Körper zwar aus Cystin hergestellt werden, der größte Taurin-Anteil stammt aber aus der Nahrung, vor allem aus Fleisch und Fisch. Wer Taurin supplementiert, sollte sich bewusst machen, dass diese Aminosäure wegen ihrer nur einstündigen Halbwertzeit etwa acht Stunden nach einmaliger Einnahme bereits wieder ihre Ausgangskonzentration im Plasma erreicht.
WIE VIEL PROTEIN?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt gesunden Erwachsenen bis 64 Jahren täglich 0,8 g Protein pro kg Körpergewicht, ab 65 Jahren täglich 1 g/kg Körpergewicht.
Die International Society of Sports Nutrition vertritt den Standpunkt, dass sportlich aktive Personen etwa 1,4 bis 2,0 g Protein pro kg Körpergewicht/Tag benötigen.
Die Menge ist abhängig von der Art/Intensität des Trainings, der Qualität des Proteins und dem Status der Energie- und Kohlenhydrataufnahme der Person.
MANGELERSCHEINUNGEN
• trockene, brüchige Haare • Stimmungsschwankungen • Depressionen, Schlaflosigkeit, Müdigkeit • Lethargie und Schwäche bis hin zum
Muskelabbau • Wachstumsverzögerung bei Kindern und
Jugendlichen • Kwashiorkor (Hungerödem). Charakteristisch dafür sind der Hungerbauch, Hautveränderungen, eine Entfärbung der Haare, Wachstumsstörungen, Durchfall, Gewichtsverlust, Apathie und Teilnahmslosigkeit.
Beim Arginin steigt der Bedarf z. B. stressbedingt, bei diversen Krankheiten und im Alter an. Ornithin wird – als nichtproteinogene Aminosäure – im Harnstoffzyklus aus Arginin gebildet. In der normalen Ernährung kommt Ornithin nur in sehr geringen Mengen in Fisch und Fleisch vor. 1-Methylhistidin nehmen wir mit der Nahrung zu uns; es ist somit in unterschiedlichen Mengen nachweisbar, hat jedoch keine klinisch-pathologische Bedeutung.
Einen Mangel an Aminosäuren sollte man bei ungenügender Eiweißzufuhr im Blick behalten, etwa im Verlauf von Diäten oder bei Infekten, bei chronischem Erbrechen oder Diarrhö – und bei erhöhtem Proteinbedarf, wie er bei Sportlern, Kindern, im Alter oder postoperativ vorkommt. AUFNAHMEFÄHIGKEIT
sorption is Associated with Decreased Plasma Tryptophan, Scand J Gastroenterol 2001.) HELFEN PROTEINSHAKES? Unabhängig vom Bedarf an Protein bzw. einzelnen Aminosäuren sollte
DR. CLAUDIA erst einmal versucht werden, diesen
SCHROEDER
über eine ausgewogene Ernährung zu Die Diplom-Chemikerin hat sich auf die Analytik von decken. Diese besteht übrigens nicht vererbbaren Stoffwechsel- nur aus Proteinen, sondern auch aus krankheiten spezialisiert und leitet die Abteilung für Kohlenhydraten, Fetten, Vitaminen spezielle klinische Chemie und Spurenelementen. Falls man Probeim Bioscientia Institut für teinpulver/-shakes konsumiert, gilt
Medizinische Diagnostik. dies: Proteinmischungen tierischen www.bioscientia.de Ursprungs (Molken- oder Caseinprotein) enthalten in der Regel alle unentbehrlichen Aminosäuren. Bei pflanzlichen Produkten kommt es auf eine ausgewogene Kombination der pflanzlichen Proteine an, da Getreideproteine methioninreich, aber lysin-, threonin- und tryptophanarm sind, Proteine aus Hülsenfrüchten dagegen methioninarm, lysin-, threonin- und tryptophanreich.
U. a. kann es bei entzündlichen Darmerkrankungen vorkommen, dass der Körper Aminosäuren nicht richtig aufnehmen kann. Bei der Colitis ulcerosa werden oft niedrige Histidinspiegel gemessen, beim Morbus Crohn sowohl niedrigere Histidin- als auch Tryptophan-Spiegel. Den Entzündungsmarker CRP finden manche Forscher dabei gleichzeitig erhöht. (Hisamatsu et al., Novel, Objective, Multivariate Biomarkers Composed of Plasma Amino Acid Profiles for the Diagnosis and Assessment of Inflammatory Bowel Disease. PLOS One, 2012 Vol7 Issue 1.) Ob und inwiefern Aminosäuren ergänzend zur Behandlung eingesetzt werden können, ist noch nicht hinreichend geklärt. (Liu et al., Nutrients 2017, 9, 920.)
Bei Zöliakie-Patienten, die sich glutenfrei ernähren, wurden niedrigere Level an verzweigtkettigen Aminosäuren sowie an Tyrosin, Phenylalanin und Tryptophan festgestellt. Ob diese Erniedrigungen eine klinische Bedeutung haben, ist derzeit jedoch noch nicht geklärt. (van Hees et al., Essential Amino Acids in the Gluten-Free Diet and Serum in Relation to Depression in Patients with Celiac Disease PLOS One, 2015.)
Letztes Beispiel: die Fruktose-Malabsorption, bei der Fruktose schlecht aus dem Dünndarm aufgenommen wird und sich daher dort konzentriert. In der Folge kommt es zu einer Resorptionsstörung des Tryptophans; der Tryptophanspiegel im Plasma ist messbar erniedrigt. (Ledochowski et al., Fructose MalabANALYTIK Üblicherweise erfolgt eine Aminosäure-Analytik im Rahmen eines selektiven Screenings oder bei klinischen Fragen, zum Beispiel ob eine Entwicklungsverzögerung, eine mentale Retardierung oder eine episodisch fieberbedingte Somnolenz eines Patienten auf eine vererbte Stoffwechselkrankheit zurückzuführen ist. Bei den möglichen Mangelsymptomen (s. o.) können Aminosäureprofile zur Klärung beitragen. Vegetarier und Veganer interessieren sich zunehmend dafür, ob ein Mangel an bestimmten Aminosäuren besteht. Auch wenn einzelne Aminosäuren, etwa die essentiellen, im Einzelfall relevant sind, wird meist ein Spektrum aus ca. 44 Aminosäuren untersucht. ERGEBNISSE Zunächst kann man im Aminogramm sehen, ob die einzelnen Aminosäuren im Referenzbereich liegen. Bestimmte pathologische Veränderungen der Aminosäurewerte lassen Rückschlüsse auf eine eventuelle vererbbare Stoffwechselkrankheit
DR. HENDRIK zu. Außerdem gibt ein Aminogramm
BORUCKI
Hinweise zu Aminosäuremangel,
Der Diplom-Biologe ist seit 2014 Leiter für Marketing und Übersupplementierung und ob eine Kommunikation der Bioscien- Probe postprandial oder nach einer tia Gruppe. 2003 gründete er das Magazin „IGeL aktiv" und verlängerten Fastenperiode gewonbeschäftigt sich seitdem mit nen wurde. Die Ergebnisse lassen dem Vermitteln von labor- sich aber nur zuverlässig interpretiediagnostischen Inhalten. www.bioscientia.de ren, wenn die Fragestellung und die klinische Daten bekannt sind. W
