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Outdoor-Training
Outdoor
TRAINING
Outdoor-Training bietet bei Weitem mehr als nur ein Training an der frischen Luft. Studien zeigen sogar, dass die Aktivität in der Natur einen ähnlichen Effekt hat wie Meditation. Es wird also höchste Zeit, Outdoor-Training nicht nur als Benefit an der frischen Luft zu sehen, sondern seine Vorteile bewusst zu nutzen und zu bewerben.
s ist wissenschaftlich erwiesen, dass
Eder Aufenthalt in der Natur positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat. In Metastudien wurde beispielsweise der Effekt von naturbasiertem Achtsamkeitstraining im Vergleich zu einer nicht aktiven Kontrollgruppe sowie zu einer aktiven, aber nicht in der Natur aktiven Kontrollgruppe abgeglichen. Es zeigten sich dabei signifikante Auswirkungen sowohl auf psychologischer als auch auf physiologischer und zwischenmenschlicher Ebene. Dabei haben natürliche Umgebungen wie beispielsweise Wälder größere Effekte als Gärten und Parks. Auch wenn es hier sicherlich noch weiterer qualitativer und quantitativer Forschung bedarf, spricht die Tendenz der Ergebnisse für sich.
Das wird auch daran liegen, dass die physiologischen Funktionen an das gewohnte natürliche Umfeld angepasst sind. In Vergleichsstudien konnten wissenschaftliche Daten erhoben werden, die den positiven Einfluss auf physiologische Indikatoren wie Gehirnaktivität, autonome Nervenaktivität, endokrine Aktivität und auf die Immunaktivität nachweisen. WELCHEN EINFLUSSHAT DIE NATUR?
Besonders Neurohacker schwören auf die Effekte von Naturtherapie. Für manche dient sie als Pause von der Bildschirmarbeit, andere nutzen sie, um sich zu erden und wieder in Einklang mit der Natur und Umwelt zu gelangen. Eine Studie weist sogar darauf hin, dass bereits 10-50 Minuten in der Natur dazu führen, dass sich die Stimmung, die Konzentration und physiologische Marker wie zum Beispiel Blutdruck und Herzfrequenz verbessern. In einer Studie mit Studierenden fand man heraus, dass bereits 10 Minuten in der Natur genügten, um positive körperliche und geistige Auswirkungen zu erzielen. Ziel war es herauszufinden, ob der Aufenthalt in der Natur als effektives Mittel zur Vorbeugung und Verbesserung von Stress und Ängsten eingesetzt werden kann und ob daraus gleichzeitig positive gesundheitliche Effekte abzuleiten sind.
Kombiniert man diese Effekte der Naturtherapie mit den positiven Effekten des Trainings, hat Outdoor-Training also ein sehr hohes Potenzial zur gesundheitlichen Prävention und Leistungsverbesserung.
WELCHEN EINFLUSS HAT DAS SONNENLICHT?
Besonders morgens und abends lohnt es sich, das Training nach draußen zu verlegen, denn die Wirksamkeit des Sonnenlichts auf biologische Schaltkreise ist dann besonders hoch. Der Grund für den positiven Einfluss auf die geistige und körperliche Gesundheit ist der niedrige Sonnenwinkel, der den Kontrast zwischen der blauen und der gelben Wellenlänge verstärkt. Neuronen, die den Körper und das Gehirn über die Tageszeit informieren und darüber hinaus die immunologische, die zirkadiane und die geistige Gesundheit fördern, reagieren auf den Gelb-Blau-Kontrast am besten. Die unbewusste Verarbeitung der Farbveränderungen am Himmel scheint hierbei der Schlüsselreiz zu sein und verantwortet das zirkadiane Zeitsystem. Der Neurowissenschaftler Andrew Huberman empfiehlt beispielsweise, gezielt morgens und abends jeweils 2-10 Minuten lang Tageslicht zu sehen.
WELCHE KOMPETENZEN GILT ES ZU BERÜCKSICHTIGEN?
Geschichtlich gesehen gilt es, Outdoor-Training im Kontext mit Erlebnispädagogik zu betrachten. Beim klassischen Outdoor-Training handelt es sich nämlich nicht nur um ein Workout, das an der frischen Luft durchgeführt wird. Der Wechsel der Location vom Fitnessstudio in den Park, Garten oder Wald ist nur ein Aspekt, der das Outdoor-Training auszeichnen sollte. Erlebnisorientierte Outdoor-Programme zielen unter anderem auch auf die Förderung folgender Kompetenzen ab: • Selbstvertrauen, • Selbstverantwortung, • Urteilsvermögen, • Problemlöse- und Entscheidungsverhalten, • Risikobereitschaft, • Führungskompetenz und • Teamkompetenz.
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WELCHE KOMPONENTEN DIFFERENZIEREN?
Betrachtet man diese Kompetenzen, kann man dies durchaus auch in das aus fitness- und gesundheitswissenschaftlicher Perspektive betrachtete Outdoor-Training übertragen. Besonders spannend sind außerdem die Prinzipien, auf denen Outdoor-Training beruht: • Natur: Man verlässt die gewohnte Umgebung und führt das Training in der Natur unter freiem
Himmel aus, den jeweiligen Witterungsbedingungen ausgesetzt. • Gruppendynamik: Die Trainierenden werden anfangs zur Übungsausführung angeleitet. Im
Training entsteht oftmals eine Gruppendynamik, in der es zur Selbststeuerung der Gruppe kommt. Der Trainer sollte dann nur noch fokussiert und individuell auf die Trainierenden eingehen. • Komplexität: Die Trainingsinhalte sollten für die Trainierenden herausfordernd sein und trainingswissenschaftlich sinnvoll aufeinander aufbauen. Aufbauend auf der vorab geplanten
Struktur, muss dann vor Ort situativ reagiert werden. • Individualisierung: Das Training sollte so gestaltet werden, dass der Grad der Herausforderung selbst gewählt und somit individuell zielgerichtet durchgeführt werden kann. Idealerweise führt dies zum Verlassen der Komfortzone und damit zu einer Erweiterung des
Erfahrungshorizonts. • Intensität: Die Intensität wird sowohl durch intrinsische als auch extrinsische Motivation gesteigert. Dabei sollte das Training so gestaltet werden, dass Fehler erlaubt und sogar nicht unerwünscht sind. Nur so kann ein nachhaltiger
Lern- und Trainingseffekt erzielt werden.
WIE VIEL KOMPETENZ WIRD BENÖTIGT?
Outdoor-Training steht und fällt – abgesehen von den Prinzipien – vorwiegend mit der Kompetenz des Trainers. Neben persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen spielen hier auch organisatorische und konzeptionelle Fähigkeiten eine entscheidende Rolle; nur dann kann ein Training methodisch und didaktisch gut umgesetzt werden. Das Zusammenspiel aus dem Beurteilungsvermögen über die Gruppe und die anzuwendenden Methoden, das Selbstvertrauen gegenüber der Gruppe eloquent und einfühlsam zu moderieren und die Inno-
LUISE WALTHER Die Berliner Personal Trainerin arbeitet an der Schnittstelle Medizin-Fitness. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Individualisierung und Professionalisierung von Reha- und Trainingsprozessen mit Fokus auf Schmerzreduzierung und Bewegungsoptimierung ihrer Kunden. www.neurozentriertestraining.de
vationsfähigkeit des Outdoor-Settings in einen Alltagstransfer zu überführen, entscheidet damit über den Sinn und Nutzen von Outdoor-Training.
WELCHE AUSPRÄGUNGEN GIBT ES IM OUTDOOR-TRAINING?
Die wohl bekannteste und verbreitetste Form des Outdoor-Trainings ist das Laufen. Ob allein joggend oder organisiert in Laufgruppen, ist es eine der beliebtesten Sportarten. Das liegt unter anderem daran, dass man es orts- und zeitunabhängig ohne viel aufwendiges Equipment ausführen kann. Ein weiterer Aspekt, der viele zum Outdoor-Training führt: Es gibt eine Vielzahl an kostenlosen Sportangeboten.
Hinzu kommen organisierte Gruppen, die zum Teil sogar über die Krankenkassen abgerechnet werden können. Nicht zuletzt auch beschleunigt und verstärkt durch die Coronapandemie, verlagern sich sportliche Aktivitäten aktuell immer stärker in die Natur bzw. generell nach draußen.
Längst hat sich auch eine ganze Industrie rund um das Outdoor-Training gebildet und bietet neben Schönwettervarianten eine Vielzahl an Equipment – angefangen bei Outdoor-Kleidung für jedwede Wetterlage bis hin zu Kleingeräten für Sportarten jeglicher Couleur.
Großer Beliebtheit erfreuen sich auch Outdoor-Fitnessgeräte. Oftmals eingebunden in Grünanlagen und städtische Erholungsflächen, sollen sie die körperliche Aktivität steigern. Diverse Studien haben sich bereits damit auseinandergesetzt und es konnten positive Einflüsse auf die kardiorespiratorische Ausdauer gemessen werden.
Zunehmend wird Outdoor-Training auch im Zusammenhang mit Führungskräfte-, Teamwork- und Management-Workshops eingesetzt. Von Programmen in der Wildnis bis hin zu geplanten Outdoor-Aktivitäten wie Hochseilgärten und Segeltouren gibt es vielfältige Angebote. Hier sollen Fähigkeiten wie Teamarbeit und Problemlösung im Team trainiert werden. Vom erlebnisorientierten Lernen über berufliche Bildung und methodische Anlagen wird hier ein breites Feld an Themenkomplexen angesprochen. Über die Wirkung des Outdoor-Trainings in Zusammenhang mit berufsbezogenen persönlichen Veränderungen und der Umsetzung des Gelernten im beruflichen Alltag darf man kritisch diskutieren, wie es die Wissenschaft aktuell tut.
Ein weiteres Feld sind Spezialanbieter für Outdoor-Training für ganz diverse Zielgruppen, wie zum Beispiel Bildungsträger, Organisationen oder Vereine, aber auch Sport- oder Reiseveranstalter. WELCHE AUFGABEN SOLLTEN EINGEBUNDEN WERDEN?
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Wie in jeder Trainingssituation steht die Zielsetzung im Mittelpunkt. Es ist notwendig, klar zu definieren, was das Ziel eines Outdoor-Trainings sein soll. Die Ziele können je nach Zielgruppe unterschiedlich sein: • sportartspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln (Lauftraining, Krafttraining etc.), • Bewegungsimpulse setzen, • bewusstes Auspowern, • Gruppendynamik entwickeln, • Well-Being oder Entspannung ermöglichen.
Damit Outdoor-Training effektiv und alltagsspezifisch umgesetzt werden kann, müssen die Programme auf soliden Lerntheorien aufbauen. Hierfür ist es notwendig, dass das Training die folgenden Aspekte berücksichtigt: Alltagstransfer der Übungen, Protokollieren und Erfassen der Trainingserfolge sowie Reflexion und Wahrnehmung der körperlichen Effekte.
WELCHES POTENZIAL HAT DIE SPEZIALISIERUNG?
Wie in vielen Bereichen, so bietet auch das Outdoor-Training ein großes Potenzial für Spezialisierungen. Spezialisten können hier gezielt für ihre Zielgruppe bessere Ergebnisse erzielen als diversifizierte Anbieter. Sich auf einen gezielten Kundennutzen zu fokussieren, scheint vielversprechend zu sein. Ein Beispiel könnte die gezielte Ansprache von Kunden mit Blutdruckproblemen sein. Eine aktuelle Studie der National Library of Medicine belegt den positiven Effekt von Freilufttraining auf eine Hypertonie. Angebote, die diesen Effekt also in den Mittelpunkt stellen, können einen höheren Kundennutzen erzeugen.
FAZIT
Beim Outdoor-Training ist es wie bei allem: Am Ende wird sich Qualität durchsetzen. Mit zunehmenden wissenschaftlichen Erkenntnissen werden auch die Effekte von Outdoor-Training noch besser erforscht und damit in der Umsetzung fokussierter angewandt. Outdoor-Training, umgesetzt von qualifizierten und empathischen Experten, die kundenorientiert arbeiten, kann einen großen Mehrwert schaffen. Der Markt bietet hier noch viel Potenzial für Nischenangebote und Spezialisierungen. Während die meisten Angebote im Moment noch recht generalistisch sind, können Experten hier ihre jeweilige Nische besetzen und gezielt situativ auf die entsprechende Kundengruppe eingehen.
Literatur auf Anfrage bei der Autorin erhältlich. W