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Hyperkyphose
Hyperkyphose, dem umgangssprachlichen „Buckel“. Die Krümmung der Wirbelsäule wird erfahrungsgemäß nach der sogenannten Cobb-Formel (nach John Robert Cobb) errechnet, die den seitlichen Krümmungsgrad der seitlichen Wirbelsäulenverkrümmung angibt: Anhand eines Röntgenbildes der Wirbelsäule werden zunächst der obere und untere Neutralwinkel ermittelt. Als Neutralwirbel werden diejenigen bezeichnet, die unmittelbar über und unter der kyphotischen Veränderung liegen, selbst aber noch nicht von dieser betroffen sind. Der Cobb-Winkel ist ein gängiges Verfahren in der Diagnostik und ein Maßstab für den Schweregrad der Wirbelsäulenerkrankung (eine Skoliose wird beispielsweise gleichermaßen diagnostiziert).
Größtenteils werden die beiden Begriffe Kyphose und Hyperkyphose synonym verwendet und meinen in beiden Fällen gleichermaßen die krankhafte Veränderung des oberen Rückens.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen angeborenen oder erworbenen Hyperkyphosen. Bei der angeborenen Hyperkyphose sprechen Mediziner*innen von einer „kongenitalen Kyphose“. Meist aber entsteht eine Hyperkyphose im Laufe des Lebens, denn nicht wenige Betroffene sind 60 Jahre und älter.
Zudem wird zwischen funktionellen und fixierten Hyperkyphosen unterschieden: • Eine funktionelle Hyperkyphose entsteht durch Fehlhaltung. Es mag auch sein, dass der Bereich der
Brustwirbelsäule selbst gar nicht übermäßig verkrümmt oder verdreht ist, sondern andere Bereiche der Wirbelsäule die „Über-Krümmung“ der Brustwirbelsäule verursachen. Häufig ist die funktionelle
Hyperkyphose auch muskulär-faszial begründet, was bedeutet, dass sie durch eine sehr hohe Spannung entsteht. • Eine fixierte Hyperkyphose ist eine feste Verformung der Wirbelsäule. Im Gegensatz zur funktionellen Kyphose liegen hier knöcherne Veränderungen vor. Diese knöchernen Veränderungen sind der Grund dafür, warum eine fixierte Kyphose nicht behoben werden kann – man kann aber etwas gegen begleitende Schmerzen tun.
FUNKTIONALITÄT DES BRUSTKORBS
Der Brustkorb, der sog. Thorax, besteht aus 12 Brustwirbeln, 12 Rippenpaaren und dem Brustbein (Sternum). Er ist ein elastisch-federndes System, das durch die zwischen den Rippen liegenden Muskeln bei der Atmung unterstützt. Eine weitere Funktion des knöchernen Thorax ist der Schutz der Organe, insbesondere des Herzens und der Lungenflügel, der Oberbauchorgane und der großen Gefäße. Außerdem fungiert der Brustkorb als knöchernes Widerlager, d.h. er nimmt u.a. Muskelkräfte als Gegenkraft auf, für das Zwerchfell: Dieses setzt am unteren Rand des Brustkorbs an und schafft damit eine wesentliche Voraussetzung für die Atmung. In Zusammenhang mit der menschlichen Atemtätigkeit spielen zudem die Rippen eine wichtige Rolle, da sie mit ihren Auf- und Abwärtsbewegungen ebenfalls das periodische Ausdehnen und Zusammenziehen der Lunge ermöglichen.
Kurz: Der Thorax schützt die lebensnotwendigen Organe. Er ist eine meisterhafte Kombination aus dem Zusammenspiel von Gelenken, Muskulatur und Knorpeln und hat eine hohe Stabilität.
ZUSAMMENSPIEL DER FASZIEN
Erst das Zusammenspiel aus Kopf-, Hals- und Rumpffaszien ermöglicht dem Brustkorb, all seiner Aufgaben Herr zu werden. Den Faszien, wie z. B. dem Rippenfell (dieses überzieht den innenliegenden Bereich der gesamten Rippen) oder dem Brustfell, kommt eine wesentliche Rolle beim Aufbau des Brustkorbs zu.
DEN BRUSTKORB ÖFFNEN
Atme bei allen Übungsvarianten in der Zielposition achtmal tief ein und aus. Versuche, nach der Einatmung jeweils ca. 10 Sekunden innezuhalten und erst dann langsam auszuatmen.
Ansteuerung des unteren Zwerchfelldrittels
Strecke im Stand die komplette Wirbelsäule und öffne den Brustkorb, indem du beide Arme seitlich bis zu 120 Grad abduzierst und nach außen drehst.
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Ansteuerung von BWS und Zwerchfell
Strecke im Kniestand die Brustwirbelsäule im Bereich zwischen den Schulterblättern so weit wie möglich und führe die oben beschriebene Abduktion der Arme durch.
Ansteuerung des oberen Brustbeins und der Sibson-Faszie
Bewege im Kniestand den kompletten Rumpf nach hinten und biege die Wirbelsäule so weit nach hinten, dass du mit beiden Händen die Fersen berühren kannst.
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Die Pleura (das Brustfell) wird in drei unterschiedliche Bereiche gegliedert: • Pleura visceralis (Lungenfell): Sie ist das innere Blatt der Pleura, das die beiden Lungenflügel umhüllt. • Pleura parietalis (Rippenfell): Sie ist das äußere Blatt der Pleura und kleidet die Brustkorbwand innen aus. • Cavitas pleuralis (Pleuraspalt): Sie liegt zwischen den beiden Pleurablättern. Dieser Spalt wird von der
Pleuraflüssigkeit ausgefüllt.
DIE SIBSON-FASZIE
Die Sibson-Faszie im Bereich des Brustkorbs trägt maßgeblich zur Stabilität des oberen Thorax bei. Sie beginnt in ihrem Verlauf an der sog. Pleurakuppel; diese liegt auf Höhe oberhalb der ersten Rippe und des Schlüsselbeins und verbindet diese miteinander. Von der ersten Rippe erstreckt sie sich hinunter bis zum Übergang zwischen Hals- und oberer Brustwirbelsäule und trägt dazu bei, dass der Herzbeutel eine stabile Aufhängung und Position erhält. Zusammenhängende Bänder, die das Herz mit der Halswirbelsäule, dem vorderen Brustbein und dem darunterliegenden Zwerchfell verbinden, sind elementar wichtig, um die Stabilität zu gewährleisten. In diesem Bereich des Körpers kommt es zu sehr viel Druck und physiologischen Spannungen, die wir für die Funktionalität im Bereich des Übergangs zwischen Hals- und Brustwirbelsäule brauchen.
Dieser Bereich zwischen Hals- und Brustwirbelsäule ist bei vielen Menschen durch starke muskuläre Verspannungen, häufig als „Hexenschüsse“ identifiziert, gekennzeichnet. In diesem Zusammenhang treten vegetative Zeichen wie Schwitzen, Nervosität und ein hoher Muskeltonus auf. Dies steht in Zusammenhang mit dem Sympathikus, auch als „Stressnerv“ bezeichnet, der entlang der Brustwirbelsäule verläuft.
Alltägliche Körperfunktionen, wie die Bewegung des Zwerchfells, haben entscheidenden Einfluss auf die Organbewegung und auf die Atmung, die Ausweitung der Lungen und die impulsiven Kontraktionen des Herzens. All diese Funktionen unterliegen einer harmonisch funktionierenden Gleitfähigkeit der diversen Faszien untereinander.
Die Sibson-Faszie muss den hohen Spannungsverhältnissen trotzen – eine schlechte Haltung durch immer wiederkehrende gleiche Bewegungsmuster, wie z. B. bei der Arbeit am PC, können die Spannungen am Übergang zwischen Hals- und Brustwirbelsäule in ein Ungleichgewicht bringen.
Eine „Überkrümmung“ der Brustwirbelsäule führt dazu, dass sich enorme Spannungen im Verlauf der Sibson-Faszie verankern. Da diese dazu neigt, sich zu verkürzen, sorgen diese inneren Spannungen dafür, dass sich die Muskulatur im Bereich der Brustwirbelsäule kompensatorisch anspannen muss, um einer Verstärkung der Kyphose vorzubeugen: Das „Tauziehen“ im Bereich der Brustwirbelsäulenmuskulatur beginnt und aufgrund der inneren und äußeren Spannungsverhältnisse entsteht zusätzlicher Druck.
Um diese Spannungen zu lösen, können Trainingsroutinen Abhilfe schaffen. Diese sorgen langfristig dafür, die Sibson-Faszie geschmeidig und unverkrampft zu halten und somit beispielsweise auch Hexenschüssen vorzubeugen.
FAZIT
Erfahrungen aus der Physiotherapie und Osteopathie zeigen, dass hyperkyphotische Haltungen durch langes, häufiges Sitzen, Bewegungsmangel und einseitige Bewegungsabläufe begünstigt werden. Diese schlechten Bewegungsmuster sind fatal, denn unsere Faszien brauchen Bewegung!
Die Sibson-Faszie nimmt eine wesentliche Rolle ein bei der Regulation des Spannungsverhältnisses im Übergang zwischen der Hals- und der Brustwirbelsäule (auch CTÜ genannt, kurz für cervikothorakaler Übergang). Die inneren hohen Spannungen, die u. a. von den Organ- und Zwerchfellbewegungen ausgelöst werden, nehmen Einfluss auf den CTÜ und führen zu Verspannungen, die sich in der Folge in Form von Schmerzen äußern können. Ist die Sibson-Faszie überlastet, kann das zu Nacken- bzw. oberen Brustwirbelsäulenschmerzen führen. Eine „geschmeidige“ Sibson-Faszie trägt zu einer verbesserten Beweglichkeit des CTÜ bei und sorgt für ein homogenes Zusammenspiel der inneren Zugkräfte und Druckverhältnisse im oberen Brustkorb und der Brustwirbelsäule. Mobilisierende Übungen im Bereich der Brustwirbelsäule, der Halswirbelsäule und des Brustkorbs sollten daher zusammen mit Atemübungen in die alltägliche Routine übergehen. Die hier aufgeführten Übungen sorgen dafür, dass die Sibson-Faszie geschmeidig bleibt und der innere Druck herausgenommen wird. W