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Megatrend CBD

Dr. med. Franjo Grotenhermen im Interview:

Megatrend CBD

CBD-Präparate werden auch bei Sportlern immer beliebter. Dr. Franjo Grotenhermen gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Wissenschaft, räumt mit Vorurteilen auf und verrät, wie man ein qualitativ hochwertiges Präparat findet.

DR. MED. FRANJO GROTENHERMEN

Der Arzt in eigener Praxis mit dem Schwerpunkt Therapie mit Cannabis und Cannabinoiden in Steinheim ist Leiter des Zentrums für Cannabismedizin sowie Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM) und der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoide Medikamente (IACM). www.dr-grotenhermen.de

Woraus bestehen CBD-Produkte genau?

CBD – Cannabidiol – ist ein Bestandteil der Hanfpflanze Cannabis sativa L. Es zählt zu den Cannabinoiden. Die anderen Inhaltsstoffe variieren, beispielsweise Hanfsamenöl, eine Cremegrundlage oder Süßigkeiten.

Welche positiven Wirkungen werden ihnen nachgesagt und inwieweit sind diese wissenschaftlich nachgewiesen?

CBD kann in der Medizin in höheren Dosen zur Behandlung einiger Erkrankungen eingesetzt werden, darunter zur Therapie der Epilepsie, von Angststörungen, Entzündungen, Schlafstörungen und von schizophrenen Psychosen. Viele Anwendungsgebiete sind bisher noch nicht gut erforscht. Am besten ist die Wirksamkeit von CBD bei der Behandlung einiger kindlicher Epilepsien nachgewiesen. Auch die Wirkung bei Ängsten und schizophrenen Psychosen ist heute bereits recht gut erforscht.

In geringen Dosen, wie sie in Nahrungsergänzungsmitteln auf Hanfbasis eingenommen werden, ist die Wirkung bisher nicht erforscht. Nutzer berichten bei der innerlichen Anwendung beispielsweise von Entspannung und verbessertem Schlaf.

Sind auch negative Wirkungen möglich?

Nebenwirkungen spielen in geringen Dosen, wie sie beispielsweise mit Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen werden, keine relevante Rolle. Grundsätzlich wird CBD aber auch in höheren Dosen gut vertragen und verursacht kaum Nebenwirkungen. CBD kann müde oder auch wach machen – verschiedene Menschen machen in dieser Hinsicht unterschiedliche Erfahrungen. In höheren Dosen wurden in klinischen Studien wiederholt folgende Nebenwirkungen beobachtet: Übelkeit, Appetitlosigkeit, Durchfall und eine leichte Senkung des Blutdrucks. Bei Patienten mit Epilepsie wirkt CBD zwar häufig anfallshemmend, in einigen Fällen nahm die Zahl der Anfälle jedoch zu.

Profitieren Sportler besonders von den positiven Wirkungen?

Eine zunehmende Zahl von Sportlern verwendet CBD, um Schmerzen, Entzündungen und die mit Verletzungen verbundenen Schwellungsprozesse zu bewältigen. Zudem können Angst und Schlaf günstig beeinflusst werden. Die Welt-Anti-Doping-Agentur hat CBD 2018 von der Liste der verbotenen Substanzen im oder außerhalb des Wettbewerbs gestrichen.

Am 2. März 2022 wurde die erste wissenschaftliche placebokontrollierte Studie zur Wirkung von CBD mit neun ausdauertrainierten männlichen Sportlern veröffentlicht. Sie war von Wissenschaftlern der Universität Sydney in Australien durchgeführt worden. Die Teilnehmer liefen 60 Minuten bei einer definierten Intensität – Phase 1 – und anschließend mit gesteigerter Intensität bis zur Erschöpfung – Phase 2 – einmal 1,5 Stunden nach der Einnahme eines Placebos und an einem anderen Tag 1,5 Stunden nach der Einnahme von 300 mg CBD. Dabei wurde mehrfach Blut entnommen, um beispielsweise den Sauerstoffgehalt zu messen. CBD erhöhte in beiden Phasen die maximale Sauerstoffkapazität, die angibt, wie viele Milliliter Sauerstoff der Körper im Zustand der Ausbelastung maximal pro Minute verwerten kann, ge-

messen in Milliliter pro Minute. Zudem erhöhte CBD eine Maßzahl für das Vergnügen oder die Freude unter der Belastung. Andere Messgrößen, wie etwa die Herzfrequenz, wurden nicht beeinflusst.

Wie hoch konzentriert sollte ein CBD-Produkt sein?

Auf die Konzentration eines CBD-Produktes kommt es nicht an, sondern auf die Menge des eingenommenen CBD. Bei einem Produkt mit 5 Prozent CBD enthält 1 ml ungefähr 50 mg, bei einem Produkt mit 20 Prozent CBD enthält 1 ml ungefähr 200 mg. Wenn man also beispielsweise 100 mg einnehmen möchte, dann kann man 2 ml eines 5-prozentigen Produktes, 1 ml eines 10-prozentigen Produktes oder 0,5 ml eines 20-prozentigen Produktes einnehmen. Das ist wie bei anderen Substanzen auch – so kann man beispielsweise 100 mg Vitamin C mit verschiedenen Lebensmitteln aufnehmen mit ganz unterschiedlichen Vitamingehalten. Bei Produkten mit geringeren Konzentrationen muss man einfach mehr davon nehmen, um die gleiche Menge aufzunehmen.

Ab welcher täglichen Einnahmemenge bzw. nach welcher Einnahmezeitspanne spürt man eine Wirkung?

Das ist unterschiedlich. Es gibt Personen, die bereits bei wenigen Milligramm CBD eine leichte Wirkung verspüren, während andere 200 oder 300 mg CBD einnehmen, ohne eine Wirkung zu bemerken.

Können die Produkte zu einer Abhängigkeit führen?

Nein. CBD verursacht keine Toleranz und keine Abhängigkeit – ganz im Gegensatz zu dem psychedelisch wirkenden Cannabinoid THC, das für den typischen Cannabisrausch verantwortlich ist. CBD verursacht keine psychedelischen Wirkungen.

Auf dem Markt sind die unterschiedlichsten Produkte – vom Öl bis hin zu Shampoo und Cremes. Sind diese gleichermaßen wirksam?

Das kommt darauf an, welche Dosen eingenommen werden. CBD-Öle und CBDCremes können bei vielen Menschen einige sehr positive Wirkungen verursachen.

Woran kann ich ein qualitativ hochwertiges Produkt erkennen?

Leider gibt es bisher keine sichere Qualitätskontrolle von Produkten, die auf dem freien Markt verfügbar sind. Es gibt aktuelle Initiativen für eine freiwillige Selbstkontrolle. Empfehlenswert ist es, nach Analysenzertifikaten zu fragen, die Auskunft geben über Konzentrationen der Wirkstoffe oder mögliche Verunreinigungen mit Pestiziden.

Wie lautet Ihr Fazit: Für wen und unter welchen Bedingungen kann sich die Einnahme von CBD lohnen?

CBD kann von Sportlern für die oben genannten Wirkungen eingesetzt werden. Viele Menschen profitieren von CBD durch die entspannende und häufig schlaffördernde Wirkung. Im medizinischen Bereich können höhere Dosen bei einer Anzahl von Erkrankungen nützlich sein, darunter Epilepsie, Entzündungen, Angststörungen und schizophrenen Psychosen. W

BUCHTIPP

Dr. med. Franjo Grotenhermen: Die Heilkraft von CBD und Cannabis Rowolth Verlag, 2020. 240 Seiten, 10 Euro

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