Sehen und gesehen werden
Lieber Leserin, lieber Leser, unsere Augen sind Wunderwerke der Natur: Das Sehen liefert einen Großteil der Informationen, die das Gehirn aufnimmt und mit bereits gespeicherten Eindrücken und Erfahrungen, mit Gefühlserinnerungen und Wissen abgleicht. Für die Sichtweisen der Kunst und darüber hinaus sind zweifellos auch Vorstellungskraft, Empathie und Fantasie unabdingbar: „Fantasie ist die Gabe, auch Unsichtbares zu sehen“, sagte der Schriftsteller Jonathan Swift – denn sie ist es, die künstlerischen Ideen Flügel verleiht.
Aufmerksames, ausdauerndes Hinsehen spiegelt sich in den Werken von Carlos Granger: Seine Skulpturen, ob gewichtig aus Stahl und Beton oder handflächenklein aus Karton und Pappe, entstehen in einem allmählichen, immer neu betrachtenden Schaffensprozess und sind erst im Umrunden und der Veränderung des eigenen Standpunkts zu erfahren. In diesen Wochen feiert der britische Bildhauer seinen 90. Geburtstag und blickt hoch über den Dächern von Amsterdam auf eine lange Karriere zurück. Thomas Hirsch hat ihn für sein Porträt besucht.
Sehr genau hingeschaut haben dürften auch die Künstler, die im 15. Jahrhundert als „beste Maler Italiens“ nach Rom berufen wurden, um die Wandfelder der Sixtinischen Kapelle auszustatten. Ihre Namen lesen sich wie ein Who‘s who der frühen Renaissancemalerei: Botticelli, Ghirlandaio, Perugino und Rosselli arbeiteten zur Fertigstellung ihrer Fresken Seite an Seite. In Sichtweite konkurrierten sie miteinander, aber verewigten einander auch in ihren Werken. Solche und ähnliche Geschichten von Wettstreit und Rivalität weiß Susanna Partsch zu berichten: „Konkurrenz belebt das Geschäft“ ist in dieser Ausgabe ihr Thema.
Da aus der Anschauung viel Inspiration erwächst, empfehlen wir Ihnen einen Blick auf die Seiten 36 bis 43 und 53 bis 59: Großformatige Industriezeichnungen präsentieren sich auf Leinwand, vollkommen ohne Schmuck und Schnörkel. Selbst gefärbte Papiere erfreuen nicht nur Hand und Augen des Zeichners, sondern sind für vielerlei Zwecke einsetzbar. Und natürlich gibt es mit Blick auf neue Bücher und interessante Ausstellungen dieses Sommers wieder viele spannende Empfehlungen.
Sommerliches Seh- und Lesevergnügen wünscht
Dr. Sabine Burbaum-MachertPorträt
6–19 Spiel der Formen
Der britische, in Amsterdam lebende Bildhauer Carlos Granger
Thema
20–33 Konkurrenz belebt das Geschäft oder: Der Wettstreit in der Kunst
Inspiration
36–43 Ohne Schmuck und Schnörkel
Persönlich
44–45 Konzentration auf den Prozess Chunqing Huang malt mit Öl auf Leinwand
Hintergrund
46–49 Wenn das Material zur Kunst wird Die Farbtube als Kunstgegenstand
Technik
50–53 Voller Spannung
54–59 Buntes Treiben
Labor
60–61 Strich für Strich verschieden
Bücher
62–63 Die Lust am Schauen
64–67 „Ein kämpferischer Geist im Herzen einer Frau“ Susanna Partschs Biografie von Artemisia Gentileschi
68–70 Kreative Berufe
71–73 Buchtipps
91 Kunst+Material auch im Abonnement!
Ausstellungen
74–77 Ruhe und innere Balance Barbara Hepworth im Lehmbruck Museum
78–83 Zwischen Fläche und Raum Die Kunst des Reliefs im Städel Museum
84–85 Spiel mit Widersprüchen
Sarah Morris in den Deichtorhallen Hamburg
86–90 Termine
92–93 Kurz notiert
94–95 Im Gespräch
96 Vorschau, Impressum
Spiel der Formen
Der britische, in Amsterdam lebende Bildhauer Carlos Granger
Wie Stege folgen die Straßen und die Grachten an der Brouwersgracht im Herzen Amsterdams aufeinander. Nur wenige Schritte weiter und kaum eine Viertelstunde von der Central Station entfernt, beginnt die Langestraat. Etwas zurückgesetzt und fast zu eng für den Autoverkehr, ist sie seit dem 17. Jahrhundert eine ruhige, unspektakuläre Wohnstraße, Pflanzen sprießen neben den Eingängen, eine Welt für sich. Die Häuser aus Backstein, weiße Schmuckleisten, die Giebel mit vorstehenden Balken. Keine Geschäfte, aber große Fenster im Erdgeschoss der Gebäude, manchmal ebenerdig, manchmal über hohe Stufen zu betreten; an einer kreuzenden Straße befindet sich ein Café. Steht man auf der Straße, denkt man an das alte Holland, wie es die Malerei mit ihren Genreszenen überliefert, mit den schmalen, aber tiefen Häusern, die so hoch gebaut sind. Drinnen schlängeln sich steile, enge Holztreppen durch die Stockwerke.
Der Bildhauer Carlos Granger lebt seit mehr als drei Jahrzehnten in einem diesem Häuser, im obersten Stockwerk, direkt unterm Dach. Waren die vielen Stufen eigentlich gut, um sich fit zu halten, so sind sie nun, kurz vor Vollendung des 90. Lebensjahres im Juli, ein Handicap. Er hält sich in Bewegung und ins Atelier im Hafen muss er demnächst auch, ein paar Skulpturen müssen für eine anstehende Monografie fotografiert werden. Bis vor ein paar Jahren pendelte er auf dem Fahrrad zwischen dem Pitturesken der Grachten – seine Ehefrau betrieb lange in der Prinsengracht eine Galerie – und der pragmatischen Weite der Loods auf der Surinamkade, zu der man auf halber Strecke durch einen riesigen Speicher fährt, an dessen Fassade in Lettern „Africa“ steht. Dahinter tauchen mehrere markante Hochhausbauten auf, die
in der Zeit um 2000 entstanden sind, als Granger in einem ehemaligen Lagergebäude eines der weiten, lichten Ateliers mit Blick aufs Wasser bezogen hat.
Ob diese bauliche Umgebung die Produktion seiner damaligen Skulpturen aus Beton und Stahl – die vielleicht bekannteste Werkgruppe, die von Beginn der 1990er- bis Ende der 2000erJahre entstanden ist – beeinflusst hat? Granger schüttelt nachdenklich den Kopf. Zunächst einmal seien seine Skulpturen nichts außer sich, umgesetzt in aufwendigen Verfahren. Verdeutlichungen und Erkundungen skulpturaler Fragestellungen mit pragmatischen Materialien unserer Zeit: Darum wäre es ihm gegangen. Und dann, nach kurzem Schweigen: Natürlich habe er
den Bau und das Wachsen der Hochhäuser mit ihren Auskragungen über die Jahre beobachtet, und ja, warum nicht, einen Bezug zu Architektur könne man ja schon bei seinen Materialien erkennen ...
Die – sämtlich ungegenständlichen – Skulpturen von Carlos Granger sind Zeichen unserer urbanen Zivilisation. Sie transzendieren und differenzieren deren Forminventar, ausgeführt mit ihren Werkstoffen und konzipiert nach den Gesetzen und elementaren Phänomenen von Schwerkraft, horizontaler Weite und vertikaler Aufrichtung. Konstruktion, Komposition und damit Proportion sind im stillgelegen Blick zu erfahren, aber erst in der Bewegung zu begreifen: in der Veränderung des Standpunktes, und das ist auch als Aufforderung an die geistige Aktivität zu verstehen. Granger arbeitet mit Dichte, Masse, plastischer Präsenz, Labilität und Stabilität und mit der Taktilität der Oberfläche,
ausgehend von den Tönen und Strukturen des Materials. Die essenziellen Aspekte in der Geschichte der Bildhauerei treten bei ihm dezent, aber auch humorvoll auf. Er arbeitet gleichzeitig an mehreren Werken, die sich in unterschiedlichen Zuständen befinden. Bei den früheren Skulpturen musste ein inneres, später unsichtbares Stahl-„Skelett“ gebaut werden, ehe der Beton gegossen werden konnte. Einzelne dieser Skulpturen blieben im Atelier als Fragment oder im fortgeschrittenen Zustand über Jahre unvollendet und gingen Granger doch nicht aus dem Sinn. Griffbereit lagen Einzelteile oder Cluster daneben, die er von Mal zu Mal provisorisch montiert und dann im Gesamten überprüft hat, also – Skulpturen sind dreidimensional – von verschiedenen Seiten auf unterschiedlichen Höhen und unter wechselnden Lichtverhältnissen wieder und wieder beobachtet hat. Ausdauerndes, aufmerksames Hinschauen erweist sich als Teil der Arbeit: Vielleicht hat diese Langsamkeit im Atelier, das Granger als
Workshop bezeichnet, neben der hohen formalen und theoretischen Komplexität und dem Spröden der Materialien mit ihrem schweren Gewicht – noch dazu als Bodenplastiken – dazu beigetragen, dass er bis heute der Geheimtipp ist, der er eigentlich schon immer war, selbst wenn so etwas wie anhaltender Erfolg –die Anerkennung von Kollegen, Galeristen und Kuratoren – aufflackerte. Zwischen den einzelnen Soloausstellungen sind oft mehrere Jahre vergangen, bis Granger mit seinen neuesten Werken einverstanden war. Sein eigenes Interesse ist mehr auf das „Machen“, Entwickeln von Korrespondenzen und formalen Lösungen innerhalb der Skulpturen und weniger auf das Ausstellen
gerichtet. Wichtig aber ist das Gespräch über die unfertigen und abgeschlossenen Werke, neugierig ist er auf den Kommentar des Gastes: Sein neugieriges, ermunterndes „Tell me“ ist geradezu ein Ritual bei den Atelierbesuchen, bis heute.
Im London der 1960er-Jahre
Selbst seine aktuellen Kleinskulpturen aus Kartonagen lassen sich bis auf die Anfänge in London zurückführen, als er, mitten im Epizentrum der damaligen Kultur, zur Skulptur der „New Ge-
neration“ beitrug, welche überwiegend aus den Absolvent*innen der Royal Academy und der St. Martin's School of Art hervorging und einige Jahre international für Furore sorgte. Zwar hat Granger nicht wie viele seine Kolleg*innen mit Kunststoffen und deren Transparenz gearbeitet und auch nicht stereometrische Volumina geschaffen, zwar wachsen erst um 1970 die Dimensionen seiner Plastiken – ausgeführt in Metall oder Sperrholz – derart an, dass sie vom Ausstellungsraum Besitz nehmen. Aber er entwickelt ebenfalls ab Mitte der 1960er-Jahre geometrische, ein- oder zweifarbige Formkonstellationen, deren Elemente seriell angelegt sind oder ineinander verschachtelt aufeinander folgen.
Blättert man im druckfrischen Buch seines Freundes und Kollegen Tim Scott, den er seit dem Studium bei Anthony Caro an der St. Martin's School 1954 kennt, so wird erst recht deutlich, wie diese Künstler, zu denen auch David Annesley, Phillip King oder William Tucker gehören, das Beschwingte und die Farben und opulenten Formen dieser Zeit aufgreifen und wie sehr Rhythmus, Variation und Pause eine Rolle spielen und jedes formale Motiv wie ein Signal Bedeutung trägt. Weitere Aspekte, denen sich Granger bereits in diesen frühen Jahren zuwendet, sind der Wechsel der Perspektive mit jedem Schritt und die Interaktion des Betrachters mit der Skulptur, zumal zu seinen Füßen, direkt auf dem Boden anstatt auf einem Sockel. Wie er berichtet, hat ihn sein Militärdienst bei der Royal Airforce in Ägypten für diese Sicht sensibilisiert. Er erlebte die Welt von oben, im Besonderen die Pyramiden mit ihrer Symmetrie inmitten der funkelnden Wüste. Das besondere Licht, das er auf der Sinai-Halbinsel und über dem Mittelmeer empfunden hat, beeinflusst sein Wahrnehmen der Oberflächen weiter, unterstützt durch die Beschäftigung mit Fotografie. Das führt dazu, dass Granger nicht nur mit seinem Werk zur Skulptur der Avantgarde der 1960er-Jahre beiträgt, sondern darüber hinaus zum Augenzeugen wird: Er fotografiert im Auf-
trag von Galerien und Museen etliche der Werke seiner Kollegen dokumentarisch. Daneben fotografiert er in den 1970er- und 1980er-Jahren – überwiegend in Schwarz-Weiß – frei, mit künstlerischem Impetus urbane Szenerien, Fassaden, auch Stillleben und Landschaften, die er in engen Ausschnitten im Spiel von Licht und Schatten fokussiert.
Konstruktionen aus Holz und Stahl
Erst Mitte der 1980er-Jahre entstehen wieder Skulpturen, nun aber aus Holz, welches gut verfügbar und leicht zu bearbeiten ist. Die Vierkanthölzer sind als Schrägen und Vertikalen ineinander verschränkt, auf eine farbliche Behandlung verzichtet Granger, dafür trägt die Textur des Holzes mit den Maserungen zur Skulptur bei. Neu und für das künftige Werk charakteristisch sind das Rohe der Oberfläche, das Sich-Halten unterschiedlicher,
klar definierter Teile, die Offenheit der Konstruktion und das moderate Maß – all das findet sich bei den Stahlskulpturen wieder, die nach seinem Umzug 1989 nach Amsterdam das Hauptwerk einleiten und mit denen er beim Bildhauer-Symposion „Stahl '92“ in Berlin internationale Aufmerksamkeit erhält. Unter den eingeladenen Bildhauern und Bildhauerinnen gehört er zu denjenigen, die nur das Nötigste schweißen und schmieden, aber jede Verformung mit eigener Bedeutung aufladen. Seine dort entstandenen Skulpturen basieren auf einem präfabrizierten hohen Stahlring, in dem sich – wie in einem Korb – einzelne amorphe Elemente finden, die auf der breiten Kante aufliegen, ineinander verkeilt sind und teils nach oben drücken, teils nach innen zu rutschen scheinen. Sie zitieren die Tradition des Stilllebens –mit Früchten und Obst, ohne dass es das wäre – und vermitteln trotz ihres dunklen Tons eine impressionistische Leichtigkeit im Cézanne'schen Sinne, die auf der schieren Zartheit der Oberflächen und dem ungezwungenen Verhältnis der Teile zueinander
beruht. Andererseits sind diese Skulpturen wirklich schwer. Der Ring wird zu einer Art Bühne, auf der alle Formen monumental auftreten und sich wie Schollen im Eismeer aufrichten, bevor sie unter Getöse zusammenbrechen.
Mitte der 1990er-Jahre werden die Skulpturen aus Stahl kompakter, blockhaft, dazu sind sie partiell oder gänzlich mit Farbe überzogen, Scoff (1995) etwa oder Staunch (1995), das er 2012 geringfügig verändert hat. Aber ist das matte, pulvrige Rot überhaupt Farbe im Verständnis von Farbigkeit oder nicht doch eher homogener Verschluss, Verdichtung mitsamt der Erzeugung von sachlicher Distanz? Zugleich wirken die Rundformen – einmal offen, einmal geschlossen – als Gegensetzungen zu den anderen Teilen, noch im Sinne austarierter Korrespondenzen, also in Scoff bei den Röhren, die weiterhin an verschiedenen Stellen ineinandergreifen, und in Staunch im Verhältnis des dominanten Kreises zu den mehr versteckten quadratischen Öffnungen. Das hori-
zontale kantige Raster trennt zwischen dem einladenden Kreis und der geschlossenen, abweisenden unteren Fläche. In der elementaren Verknappung der Formen aber reflektiert Granger für sich sozusagen abschließend Stereotypen von Pop Art und Minimal Art, die für die Kunst der 1960er- und 1970er-Jahre so wesentlich waren.
Schon diese beiden roten Skulpturen enthalten Partien aus Beton. Sind sie hier noch halb verborgen, so bleiben sie bei Skulpturen wie Safe (1995) und Guise (1996) frei und werden von Stahlbändern und -flächen umfasst, die Bezüge, Repetitionen auf der Basis von Horizontalen und Vertikalen enthalten. Die Skulpturen sind einheitlich gestrichen, bei Safe mit roter und bei Guise (1996) mit grauer Farbe, wobei der Eindruck der Materialität gemildert wird. Bereits in den Jahren davor, aber erst recht danach arbeitet Granger intensiv mit Beton, anfänglich vereinzelt unter Hinzufügung von Holzblöcken, zunehmend dann mit Stahl, der häufig etwas „Grobes“ für unsere Augen besitzt. So ragen Stäbe aus Armiereisen aus dem Beton und erinnern vielleicht an Schrauben, wirken aber vor allem als kompositorisch interagierende Elemente. Oder der Stahl ummantelt den Beton an einzelnen Seiten oder ist seinerseits, z.B. als zu beiden Seiten offene Röhre, in ihn eingepasst. Partien mit Kieselsteinen bilden eine roh-sinnliche Textur, die aus einzelnen Oberflächen hervorbricht und den Eindruck des Vorgefundenen, aber auch pulsierend Vitalen erzeugt. Für einen kurzen Augenblick stellt sich ein „erzählerischer“ Ton ein. Granger baut diese Beton-StahlSkulpturen Schicht für Schicht, und auch wenn es vorbereitende Skizzen gibt und einzelne Arbeitsschritte einer genauen Planung bedürfen, so reagiert er doch direkt auf die jeweiligen Zustände: auf das, was er vor sich sieht und vor Händen hat. Und indem er Formen und Binnenstrukturen unbeeindruckt von äußeren Einflüssen klärt und in Beziehung zueinander setzt, erfindet er Skulpturen, die ebenso grundsätzlich wie im Hier und Jetzt angesiedelt sind.
Stufen und Schrägen
Einzelne der Skulpturen verlaufen in ihrer Anlage und auf der oberen Fläche schräg, Tilt (2005) etwa, ein kantiger kompakter Block. Tilt widmet sich primär dem Verhältnis einzelner, eigentlich aus der Horizontalen gekippter Schichten. Zwischen Gleiten und Halten beschreibt die Skulptur eine Balance. Die Schichtungen kommunizieren, indem sie gegenläufig ausgerichtet scheinen. Vielleicht denkt man an Stapelungen gebündelter Massen oder an Sedimente und Strukturen im Erdreich. Entsprechend sind die Oberflächen verschieden behandelt. Die Außenform ist
streng angelegt und plötzlich erkennt man, wie akkurat der Beton zuunterst in die Dreiecksform aus Stahl eingefügt ist. Und dann sieht man auch, dass seitlich darüber ein weiterer, längerer Streifen parallel den Korpus beschließt und ganz oben eine feine Fläche stufig angefügt ist – und wie sich plötzlich ein Netz an Variationen und Beziehungen entfaltet.
Attention (2004-05) wiederum besteht aus einem relativ schmalen, aufragenden Block, der mit Stahlflächen abgeschlossen ist, welche, leicht erhaben, als Rechteck angeordnet sind. Die Skulptur ist mit weißer Farbe überzogen, die einerseits die Oberfläche
verschließt. Andererseits scheint das Weiß als porös massige Schicht von unten her aufzusteigen. Der weiche, unregelmäßige Farbauftrag steht in Kontrast zur Strenge der Doppel-T-Träger. Bei Attention ist beides möglich, die Präsentation auf dem Boden ebenso wie auf einem Sockel. Wichtig bleibt, dass man von allen Seiten und von oben beobachten kann, inwieweit die Versprechen der Binnenstrukturen der einen Seite auf den folgenden eingelöst sind und wie sich die Konzepte an anderer Stelle fortsetzen.
Einfache Materialien
Carlos Granger selbst vermeidet den Begriff „abstrakt“. Dieser setze, etymologisch verstanden, eine Figur oder einen assoziierbaren Gegenstand voraus, von dem sich die Skulptur mittels künstlerischer Verfahren entfernt habe. Dem widerspricht schon seine Arbeitsmethode. Die Skulpturen entstehen additiv, nicht durch Wegnahme, sondern durch Aufbau. Sie betonen die einzelnen Teile, erst recht in ihrem Zueinander. Der Prozess der Entstehung bleibt spürbar, mit zunehmender Betrachtung stellt man fest, dass jedes Detail durchdacht ist und alles Sinn macht, ohne didaktisch oder illustrativ zu wirken. Ja, eine lakonische Lässigkeit kennzeichnet viele der Skulpturen.
Mit dem Alter und der zunehmenden körperlichen Bewältigung wendet sich Granger in den 2000er-Jahren vom Beton ab und arbeitet nun bevorzugt mit Materialien, die leichter und einfacher zu handhaben sind und ebenfalls in unserer Zivilisation alltäglich sind. So ist 2007–08 eine wunderbare Gruppe mit drei mittelgroßen Werken aus MDF und Sperrholz entstanden, die heute auf zwei Sammlungen im Rheinland aufgeteilt ist. Die Skulpturen bestehen aus flachen Platten, die überwiegend schräg zugeschnitten sind und mit geringem Abstand und versetzt aufeinander liegen oder winklig abknicken. Daraus resultiert eine kantige, in der Tiefe flächige
Öffnung. Die Ausrichtungen und Verschiebungen der Platten differieren und wirken dynamisch, sozusagen „wie im Fluss“. – Nur, wie kann man mit diesem stilistischen Repertoire weiterhin Skulpturen anfertigen, wenn sich die Arbeit in den Wohnbereich verlegt? Im Anschluss an diese Holzskulpturen folgen Jahre, in denen Granger vor allem mit schwarzer Feder und Deckweißhöhungen geometrische Formkonstellationen zeichnet, die einzelne Strukturen seiner Skulpturen isolieren und mit denen er umfangreiche Zeichenbücher füllt. Um 2020 findet er mit Karton und Wellpappe dann den geeigneten Werkstoff. Waren vor allem die Beton-Stahl-Skulpturen schwer, rau und relativ groß, dazu teils noch als Bodenplastiken konzipiert, so sind die neuen Skulpturen
leicht, hell, winzig, filigran und für die Platzierung auf Sockeln oder Konsolen gedacht. Anschließend an Anthony Caro, spricht Granger von „Table Pieces“. So wie man bei Stahlskulpturen bisweilen das Gewicht als Information angibt, so spielt es nun auf andere Weise eine Rolle. Die (vermeintlich) zerbrechliche Leichtigkeit scheint, erst recht beim Tragen im Handteller, die Erdanziehung zu ignorieren. Dabei sind die Kleinskulpturen ausgesprochen stabil und robust. Granger schichtet Flächen unterschiedlicher Kartonagen, steifer Kartons und von Wellpappen, vereinzelt auch aus Holz, so dass sie versetzt aufeinander Stapel bilden, abwinkeln oder aufragen. Einzelne großflächige Schrägen sind durch längs aufgerichtete Kartonagen punktuell fixiert.
Mehr als zuvor bestehen die Skulpturen nun aus einer hohen Anzahl separater Elemente. Granger entwickelt schon innerhalb einer Skulptur ein reiches Spektrum an Komprimierung und Ausdehnung, Ordnung und schier chaotischem Auffächern, dem Überspannen von Raum mittels schräg verlaufender Achsen und der planen ganzflächigen Auflage, unterstrichen noch vom expressiv gestischen, auch flockigen Auftrag der weißen Farbe. Dazu verfügt jede Skulptur über eine Vielzahl an Tönen und Oberflächenstrukturen (auch zufälligen, aber zugelassenen Versehrungen), weil sie aus ganz unterschiedlichen Pappen und Kartonagen zusammengesetzt sind. Kurzum, sogar diese winzigen Skulpturen verfügen über eine Menge separater plastischer Ereignisse und
reizvoller Details. Folglich stellen sich immer wieder neue Beziehungen ein; plötzlich tritt eine Form in den Vordergrund, die man zuvor gar nicht wahrgenommen hatte, weil sie rein funktional, tragend schien und tatsächlich durch andere Formen verdeckt wurde. Natürlich sind diese Cardboard Pieces auf das Potenzial der Kleinheit hin konzipiert. Und doch ertappt man sich bei dem Gedanken, wie sie in monumentaler Vergrößerung wirken würden, etwa als Skulptur im Außenraum (mit allen Änderungen, die dadurch erforderlich wären). Bei einzelnen würde sich der Bezug zu Architektur verstärken, andere wären regelrechte AntiArchitekturen oder rigoros ausschließliche Bestimmungen von Orten, Feld-artige Vereinnahmungen des urbanen Raumes.
Mit jeder neuen Skulptur erweitert sich der Radius der Erfahrungen und Möglichkeiten, das Vortasten auf neues Terrain. Nach wie vor arbeitet Carlos Granger täglich an seinen Skulpturen, abwechselnd mit den Zeichnungen, mittlerweile ganz in der Wohnung in der Langestraat. Auf dem großen Tisch und auf dem Dielenboden sind die fertigen Skulpturen erst mal zur Seite geschoben, daneben liegen ein paar Cluster und Module, die die erste Idee fixieren. Ansonsten: Bücher, vor allem Literatur und Kunst; die über ein halbes Jahrhundert zusammengetragene Sammlung afrikanischer Skulpturen und Masken sowie auf der Fensterbank Kakteen. In dieser Atmosphäre wird deutlich, wie sehr seine Skulpturen vom Leben in seiner Komplexität handeln in einer
stillen unspektakulären Anwesenheit, die man nicht missen möchte. Als Skulpturen sind sie Chiffren, ohne sich aufzudrängen, aber immer wieder neu zu entdecken, wie sie mit jedem Wechsel des Lichts anders aussehen und wirken. Schwer im Gedächtnis zu behalten, sind sie unvergesslich. Und dann gibt Carlos Granger höflich zu verstehen, dass er etwas müde sei und sich ausruhen wolle – aber nachher, nachher könnten wir gerne über die Skulpturen, gerade auch die ganz neuen, weitersprechen. – Happy Birthday, Mr. Granger!#
Carlos Granger
1933 geboren in Wisbech, Cambridgeshire, England
1951–1954 Militärdienst in der Royal Airforce in England und Ägypten
1954–1959 Studium der Skulptur und Zeichnung, Hammersmith College of Art and Building und St. Martin's School of Art, London, bei Anthony Caro, Elisabeth Frink, Peter King
1960–1963 Artist-in-Residence, Tone Vale Psychiatric Hospital, Taunton
1963–1967 Dozent für Skulptur, Berkshire College of Art
1965–1966 Lehre am Tottenham Technical College, London
1981–1988 Dozent für Skulptur, und Zeichnung, Southwark College, London
1987–1988 Dozent für Fotografie und Skulptur, Canterbury College of Art
1989 Übersiedlung nach Amsterdam
Einzelausstellungen
1970 Serpentine Gallery, London
1972 St. Martin's School of Art: Sculpture Forum, London
1995 Galerie Josine Bokhoven, Amsterdam
1996 Galerie Winkelmann, Düsseldorf
2002 Galerie Josine Bokhoven, Amsterdam
2003 Artweb24>Kunstraum, Düsseldorf
2003 Villa Genienau, Bonn-Mehlem
2008 Galerie Josine Bokhoven, Amsterdam
2012 Herbert-Weisenburger-Stiftung, Städtische Galerie Rastatt
2013 Galerie Josine Bokhoven, Amsterdam
Ausstellungsbeteiligungen
1966 The 118 Show, Kasmin Ltd., London
1970 Groupshow, Chippenham House, London
1988 John Oxtoby Designers and Makers, London
1988 Sculpture at Canterbury, Canterbury College of Fine Art, Canterbury
1988 Engelse kunst rondom Anthony Caro, Bokhoven/Wennekes Kunstadviseurs, Doorn/NL
1989 Sculpture at Canterbury, Canterbury College of Fine Art, Canterbury
1989 Caro, Edwards, Granger, Rome – Sculpture, Bokhoven/Wennekes Kunstadviseurs, Amsterdam
1992–1994 Abstrakte Stahlskulptur, Akademie der Künste, Berlin; Museum Bad Hersfeld; Gasteig München; Forum Alte Werft, Papenburg; Museum Bochum; Kunsthalle Mannheim; Sächsischer Landtag, Dresden
1996 KunstRai, Amsterdam
(Galerie Josine Bokhoven, mit Dick Casée)
1996 Art Cologne, Köln (Galerie Winkelmann)
2002 Free Choice, Galerie Josine Bokhoven, Amsterdam
2006 sculptuur/schilderkunst, Galerie Josine Bokhoven, Amsterdam
2012 KunstRai, Amsterdam
(Galerie Josine Bokhoven, mit Marie-José Robben)
2018 Jaarlijkse tentoonstelling, De Onafhankelijken, Amsterdam
2023 Group Show, Umbria Art Gallery, Amsterdam
Alle Angaben sind eine Auswahl.
Publikationen
Der Katalog zur Ausstellung in der Städtischen Galerie Rastatt 2012 ist im Verlag Kettler erschienen, ISBN 9783862061877
Das Werkverzeichnis der Skulpturen mit Beton „Carlos Granger – Concrete“ ist 2015 im Verlag HP Nacke erschienen, ISBN 9783942043571
Konkurrenz belebt das Geschäft
oder: Der Wettstreit in der Kunst
Für neu gebaute ö entliche Gebäude gibt es Kunst-am-Bau-Wettbewerbe, ebenso werden jedes Jahr zahlreiche Preise ausgeschrieben, auf die sich Künstlerinnen und Künstler bewerben können. In jeder ihrer Biogra en nden sich auch mehrere Preise und Auszeichnungen, die darauf verweisen, dass das Werk wertgeschätzt wird. Aber seit wann gibt es solche Wettbewerbe?
Kannte man sie auch schon früher?
Zumindest Schönheitswettbewerbe kennen wir aus der Antike. Dort sollte Paris darüber befinden, wer die schönste Göttin sei: Aphrodite, Athene oder Hera. Doch warum wollten die Göttinnen das überhaupt wissen? Eine ihrer Kolleginnen, Eris, hatte bei der Hochzeit von Peleus und Thetis, zu der sie nicht geladen war, den sprichwörtlichen Zankapfel zwischen die Göttinnen geworfen und so letztendlich den Troianischen Krieg angezettelt. Diese Eris, auch als Schwester des Kriegsgottes Ares bezeichnet, war aber nicht nur die Göttin der Zwietracht, sondern auch des Wettstreits. Das kommt nicht von ungefähr, denn Wettstreit und Zwietracht liegen häufig nah beieinander.
Den Schönheitswettbewerb gewann damals Aphrodite, die Göttin der Liebe. Doch Eris war offensichtlich auch den bildenden Künsten zugetan, denn auch wenn sich aus der Antike keine Werke erhalten haben, die auf einen Wettstreit zurückzuführen sind, so kennen wir doch Legenden wie diejenige von Zeuxis und Parrhasios, die Plinius der Ältere (23/24–79) in seiner Naturalis historia wiedergegeben hat. Der griechische Maler Zeuxis, der aus Herakleia stammte und zwischen 430 und 390 v.u.Z. tätig war, forderte den etwas älteren Malerkollegen Parrhasios zum Wettstreit heraus, worauf jener sich einließ. Zeuxis malte daraufhin ein Bild mit Trauben so realistisch, dass die Vögel zum Bild flogen,
um an den Trauben zu picken. Parrhasios hingegen malte einen Vorhang so täuschend echt, dass Zeuxis verlangte, er solle zurückgezogen werden, damit er sehen könne, was sich dahinter verberge. Als er die Täuschung erkannte, räumte er seine Niederlage ein und pries Parrhasios als den besseren Maler, da er, Zeuxis, nur die Vögel getäuscht habe, Parrhasios aber einen Künstler.
Diese Geschichte ist in vielen Variationen überliefert und gilt tatsächlich als der älteste bekannte Wettstreit zwischen Künstlern. Vielfach wurde diese Geschichte dann auch später aufgegriffen, sei es als Stillleben mit an Trauben pickenden Vögeln [1], sei es in dem berühmten Gemälde von Pablo Picasso der Demoiselles d'Avi gnon, bei dem Trauben auf einem Teller und ein Vorhang auf diese Künstlerlegende verweisen, oder als Illustration des Erzählten, wie es bei Matthäus Merian d. Ä (1593–1650) zu finden ist.
In der Antike gab es neben dieser Legende auch andere Künstlerwettbewerbe wie denjenigen von Plinius überlieferten, der um 440/30 v.u.Z. stattgefunden haben muss: Damals sollten fünf Bildhauer eine verwundete Amazone schaffen, die Jury bestand aus den teilnehmenden Künstlern. Die originalen Bronzestatuen sind verloren, römische Kopien in Marmor geben uns heute noch eine Vorstellung von den damals modellierten Kämpferinnen. Drei der ausführenden Bildhauer, Polyklet, Phidias und Kresilas, die alle damals gelebt haben, ohne dass ihr genauen Lebensdaten bekannt sind, wurden in dieser Reihenfolge als die besten ausgezeichnet, die Zuordnung der Kopien ist jedoch strittig.
Der erste bekannte Künstlerwettbewerb in nachantiker Zeit, bei dem es nicht um architektonische Detailfragen ging, sondern um ein noch auszuführendes Kunstwerk, fand 1401 in Florenz statt und betraf die zweite der Türen des Baptisteriums [3]. Dieser zwischen 1059 und 1150 errichtete Bau galt bereits im 14. Jahrhundert als ältester Dom der Stadt und darüber hinaus als antikes Gebäude, das früher als Marstempel fungiert hatte. Jetzt war es Sitz des Stadtpatrons, Johannes des Täufers. 1329 wurde
beschlossen, die drei Holztüren durch reliefverzierte und vergoldete Bronzetüren zu ersetzen. Ausführender Künstler der ersten Tür war der Pisaner Goldschmied und Bildhauer Andrea Pisano (um 1270/90–um oder nach 1348), der von 1330 bis 1336 mit venezianischen Glockengießern die beiden Türflügel mit 28 Bildfeldern versah, in denen das Leben des Täufers sowie acht Tugenden in Vierpassfeldern ihren Platz fanden [4]. Durch Hungersnöte, Inflationen, die Pest und den auch daraus resultierenden wirtschaftlichen Krisen wurde die nächste Tür erst über sechzig Jahre später in Angriff genommen, und zwar in
Form eines Wettbewerbs. Geplant waren Szenen aus dem Alten Testament. Sieben namentlich bekannte Künstler wurden aufgefordert, die Szene des Isaak-Opfers in einem Vierpass darzustellen, die heute bekannten unter ihnen waren Filippo Brunelleschi (1377–1446), Lorenzo Ghiberti (1378/81–1455) und der Sienese Jacopo della Quercia (um 1371–1438). Die Darstellung war offensichtlich an bestimmte Vorgaben geknüpft: Neben Abraham und Isaak sollten ein Esel und zwei Knechte, ein Widder sowie ein Engel die Szene bevölkern, außerdem ein Altar, ein Busch und Felsen. Das ist zwar nicht schriftlich überliefert, aber durch die beiden erhaltenen Reliefs ersichtlich.
Diese Reliefs stammen von Brunelleschi [5] und Ghiberti [6]. Warum sich nur diese beiden erhalten haben, ob bereits nach der Modellierung in Wachs eine Vorauswahl getroffen wurde oder ob die anderen Reliefs wieder eingeschmolzen wurden, ist nicht überliefert. Ebenso ist nicht ganz klar, wer eigentlich den Wettbewerb gewonnen hat, denn darüber berichten nur Ghiberti selbst und der Biograf von Brunelleschi, Antonio Manetti (1423–1497). Und sie erzählen zwei Geschichten: Ghiberti nimmt für sich in Anspruch, der Sieger zu sein, Manetti hingegen erklärt, beide hätten den Wettbewerb gewonnen, Brunelleschi habe aber darauf verzichtet, die Tür gemeinsam mit Ghiberti auszuführen. Allerdings hatte Ghiberti sieben Kilogramm weniger Bronze verbraucht als Brunelleschi, was allein aus Kostengründen für ihn sprach, denn Bronze war teuer.
Auf beiden Reliefs ist die biblische Geschichte der Opferung Isaaks dargestellt, die erzählt, wie der gottesfürchtige Abraham seinen einzigen legitimen Sohn opfern soll und sich mit dem jungen Isaak, zwei Knechten und einem mit Holz beladenen Esel aufmacht zu einem Berg, an dessen Fuß er Knechte und Esel zurücklässt. Oben angekommen, baut er einen Altar, schichtet das Holz auf, bindet seinen Sohn und legt ihn obendrauf. Doch als er das Messer gegen das Kind richtet, befiehlt ihm der „Engel des Herrn“ nicht den Sohn, sondern einen Widder zu opfern, dessen Hörner sich in einer Hecke verfangen hatten.
Ghibertis Relief ist vertikal geteilt. Links ist ein Felsen zu erkennen, an dessen Fuß die Knechte mit dem Esel warten. Darüber befindet sich der Widder. Abraham steht als größte Figur im Zentrum und wendet sich seinem Sohn im linken Bildfeld zu, der auf dem Altar kniet. Über ihm schwebt der Engel und gebietet mit seiner ausgestreckten Hand Einhalt.
Bei Brunelleschi befinden sich Knechte und Esel im unteren Bildfeld, darüber steht im Zentrum der Altar mit dem darauf knienden Isaak. Rechts steht Abraham, hält den Kopf des Knaben in einer Hand und will gerade mit dem Messer zustechen, was durch das Eingreifen des Engels links oben verhindert wird. Der Widder befindet sich ebenfalls in der Mitte, direkt neben dem Altar.
Von 1403 bis 1424 führte Ghiberti die Tür aus, allerdings nicht mit Szenen aus dem Alten Testament, sondern mit denen aus
dem Leben Jesu. Die letzte Tür, die sogenannte Porta del Paradiso, beendete er 1452. Hier löste er sich von den Vierpässen, in die die einzelnen Szenen eingebunden sind, zugunsten von zehn großflächigen viereckigen Reliefplatten, auf denen jeweils mehrere Szenen einer Geschichte Platz finden. Damit fand er auch für das Isaakopfer eine neue Lösung.
Parallel zu den Arbeiten an der zweiten Baptisteriumstüre wurde ein Wettbewerb für die Kuppel des Florentiner Doms ausgeschrieben. Wieder bewarben sich die beiden Künstler, diesmal als Architekten. Und wieder gewannen sie beide. Ghiberti fungierte zwar noch über etliche Jahre auch als Dombaumeister, die Leitung hatte aber schon bald Brunelleschi inne und er gilt auch heute als der Schöpfer dieser bis heute zu bewundernden, genialen Konstruktion.
Eine andere Form der Konkurrenz fand in der Sixtinischen Kapelle statt, die unter Papst Sixtus IV. (1414–1484) im Vatikan erbaut wurde. Nach der Fertigstellung wurden durch einen der Architekten die angeblich besten Maler Italiens nach Rom berufen, um die Kapelle mit Fresken auszustatten, die das Leben Moses und Christus darstellen sollten und damit die Begründer des Alten und des Neuen Bundes. Von den ehemals jeweils acht Szenen, die sich umlaufend an den Wänden befanden, haben sich diejenigen an den Längswänden erhalten. Diejenigen an der Altarwand wurden später durch Michelangelos Jüngstes Gericht ersetzt, die Eingangswand stürzte später ein, wodurch auch diese
Fresken zerstört wurden. Zwischen 1481 und 1482 wurden die Fresken von Sandro Botticelli (1444/45–1510), Domenico Ghirlandaio (1449–1494), Pietro Perugino (um 1445–1523) und Cosimo Rosselli (1439–1507) und deren Werkstätten ausgeführt. Nachdem sie erst einmal jeder ein Fresko gemalt hatten, das für gut befunden wurde, waren sie gemeinsam für die Fertigstellung in kürzester Zeit verantwortlich. Im direkten Vergleich konkurrierten die vier aus Florenz und Umbrien stammenden Maler miteinander, andererseits malten sie sich auch immer wieder gegenseitig als Begleitfiguren. Dieser Freskenzyklus ist durch die Decke und die Altarwand mit den Bildern Michelangelos zu Unrecht ein wenig
aus dem Blickfeld geraten, gerade weil er den direkten Vergleich von Werken einiger damals wie heute prominenten Künstlern mit ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten zeigt. Sie sind hier exemplarisch an den Beispielen der Schlüsselübergabe an Petrus [7] von Perugino und Moses Prüfungen [8] von Botticelli nachzuvollziehen.
Nur wenig später, 1503, erhielten Leonardo da Vinci (1452–1519) und Michelangelo (1475–1564) den Auftrag, für den großen Saal im Florentiner Stadtpalast (Palazzo Vecchio) zwei Schlachtenbilder zu entwerfen, die sie dann auf die Wände übertragen sollten.
Für die maßstabsgleichen und damit riesigen Entwürfe wurden ihnen zwei große Räume zur Verfügung gestellt, die Fresken kamen aber nie oder nur zu Teilen zur Ausführung. Über ihr Aussehen sind wir nur durch Vorzeichnungen von Details und spätere Kopien der zentralen Teile unterrichtet, wie sich diese Konkurrenz dargestellt hätte, wissen wir nicht.
In einem anderen Fall kamen zwar alle Werke zur Ausführung, die Beteiligten konnten sich allerdings nicht mehr zu dem Resultat äußern, weil sie gestorben, krank oder geflohen waren. Es handelt sich um den Wettstreit in der Cerasi-Kapelle der römischen
Kirche Santa Maria del Popolo. Der römische Jurist und Schatzmeister Tiberio Cerasi (1544–1601) hatte im Sommer 1600 zugesagt bekommen, die links vom Chor der Kirche gelegene Kapelle als Grabkapelle nutzen zu können. Sein Berater, der Kunstsammler Vincenzo Giustiniani (1564–1634), hatte die Idee, den beiden damals von ihrem Stil her unterschiedlichsten Künstlern, die in Rom lebten, den Auftrag zur Ausstattung der Kapelle zu geben. Der aus Bologna stammende Annibale Carracci (um 1560–1609) sollte die Altartafel mit der Himmelfahrt Mariens [10] und die Deckenfresken übernehmen, der sich nach seinem Geburtsort nennende Caravaggio (1571–1610) die seitlichen Gemälde mit der Bekehrung des heiligen Paulus [11] und der Kreuzigung des heiligen Petrus [9]
Cerasi starb bereits 1601, die Bilder konnten aber erst im Mai 1605 montiert werden und die Einweihung der Kapelle zog sich bis November 1606 hin. Carracci jedoch hatte sich krankheitsbedingt 1604 aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und Caravaggio musste nach einem Streit mit tödlichem Ausgang für die Gegenseite am 28. Mai 1606 fluchtartig Rom verlassen. So blieb es den damaligen Besucher*innen der Kirche vorbehalten, die Werke zu betrachten und zu begutachten. Das ist auch heute noch möglich.
Auf der über zwei Meter hohen Altartafel von Carracci ist Maria in rotem Gewand und blauem Mantel wiedergegeben, die Arme gen Himmel gestreckt. Engel begleiten sie auf ihrem Weg direkt aus dem steinernen Grab in himmlische Sphären. Erstaunt blicken die Jünger Jesu ihr nach, exponiert im Vordergrund Petrus und Paulus. Ebenso wie die Himmelskönigin sind sie in Gewänder in leuchtenden und klaren Farben gehüllt, Petrus in Blau und Gelb, Paulus in Grün und einem ins Violette tendierenden Rot. Ihre Positionen wiederholen sich in der Montierung der seitlichen Altartafeln, also Petrus rechts von Maria, Paulus zu ihrer Linken. Das waren sicher Vorgaben. Doch kommt hinzu, dass Caravaggio die Farben der Kleidung der beiden Apostel übernommen hat, allerdings leuchten sie nicht gleichermaßen wie bei Carracci. Das liegt nicht nur daran, dass Caravaggio mit Helldunkel-Effekten arbeitete, sondern auch
[9]
daran, dass er die Bilder nicht, wie gefordert, auf Zedernholz malte, sondern auf Leinwand.
Petrus wurde der Legende nach auf seinen Wunsch hin kopfüber ans Kreuz genagelt, um nicht genauso zu sterben wie Christus. Auf dem Bild sind die Schergen gerade dabei, das Kreuz aufzurichten, doch ihre Gesichter sind nicht zu erkennen, nur die Anspannung ihrer Muskeln, ihre Kraft, die sie benötigen, um das Werk zu vollbringen, sind in Licht getaucht, ebenso wie die Figur des Petrus, der den Kopf etwas anhebt, um auf den Nagel zu starren, der seine Hand durchbohrt hat.
Die Lichtquelle lässt sich gut lokalisieren. Sie scheint von der Mitteltafel, also von der Himmelskönigin zu stammen, ebenso wie bei dem zweiten Bild. In ihm ist der Moment wiedergegeben, als Saulus, einem Verfolger der Christen, Jesus in einer Vision erschien und er geblendet vom Pferd stürzte. Erst nach drei Tagen erlangte er seine Sehfähigkeit wieder, wurde gläubig, nannte sich Paulus und wurde zum ersten Missionar der Christenheit. Gezeigt wird der unter seinem Pferd am Boden liegende Saulus/Paulus, der seine Arme gen Himmel streckt und damit die Armhaltung Mariens wiederholt. Mit diesem Gestus findet der Gestürzte Aufnahme in die Kirche. [10]
Wie in diesem direkten Vergleich ersichtlich ist, verwendeten die beiden Maler vollkommen unterschiedliche Stilmittel, wodurch es schwierig ist, ein wertendes Urteil abzugeben: Denn so wie Carraccis Werke durch die hellen und kräftigen Farben bestechen, seine Figuren ins Licht getaucht sind und die Bilder eine tief empfundene Frömmigkeit transportieren, so faszinierend ist die Helldunkelmalerei Caravaggios, der die Aktionen seines Personals durch die Lichtführung deutlich macht und sie damit gleichsam auf eine Bühne stellt. Die beiden Maler, die in der Cerasi-Kapelle angetreten waren, waren vor allem durch den Auftraggeber und dessen Berater Giustiniani zu Konkurrenten
gemacht worden. Sie selbst schätzten sich gegenseitig, wie Caravaggio ausdrücklich versicherte, als er 1603 bei einer Vernehmung zu Protokoll gab, dass er Carracci für einen Meister ersten Ranges hielte. Dieses Urteil wurde nicht jedem zeitgenössischen Künstler zuteil.
Positiv über ihre Konkurrentin äußerte sich auch im späten 16. Jahrhundert die renommierte Künstlerin Lavinia Fontana (1552–1614), die es aber durchaus als Herausforderung ansah, in ihrem Selbstbildnis ihre künstlerischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Sie war von dem in Rom lebenden spanischen Theologen,
Altertumsforscher und Sammler Alfonso Chacón (1530–1599) gebeten worden, für seine Galerie berühmter Persönlichkeiten ein Porträt von sich beizusteuern [12], das neben demjenigen von Sofonisba Anguissola (um 1535–1625) präsentiert werden sollte [13]. Unter den über 200 Männern und 36 Frauen befanden sich diese beiden Künstlerinnen und zwei Künstler (Michelangelo und Tizian). Das Porträt von Fontana ist bekannt und befindet sich heute in den Uffizien. Es zeigt die Malerin in ihrem Arbeitsumfeld, umgeben von kleinen Figuren, Kopien von antiken Werken, die sie zu Studienzwecken benötigte. Sie selbst sitzt elegant gekleidet an einem Tisch, die Zeichenfeder in der Hand, mit der
Die Selbstbildnisse von Sofonisba Anguissola und Lavinia Fontana wurden nebeneinander in der Galerie berühmter Persönlichkeiten des Sammlers Alfonso Chacôn präsentiert. Unter den über 200 Männern und 36 Frauen befanden sich lediglich zwei weitere Künster, Michelangelo und Tizian.
sie gleich etwas auf das vor ihr liegende Blatt Papier entwerfen wird. Sie stellt sich also nicht malend, sondern zeichnend dar und verweist damit auf die in damaliger Zeit wichtigste aller Künste, die Zeichenkunst (disegno). In dem beigefügten Brief begrüßt sie die Entscheidung, ihr Bild neben das von Anguissola zu hängen, da „deren Kunstfertigkeit und Können“ damit „umso mehr ihren Glanz entfalten könne.“1 Fontana stellt in dem Bild ihre Fähigkeit als Künstlerin unter Beweis, die Wertschätzung der älteren Kollegin bleibt auf die verbale Aussage beschränkt, denn diese hatte sich nicht als Künstlerin in Szene gesetzt.
Zwei Künstler, die nach einer Zeit der konstruktiven Zusammenarbeit zu erbitterten Konkurrenten wurden, waren die Römer Gianlorenzo Bernini (1598–1680) und Francesco Borromini (1599–1667). Gemeinsam arbeiteten sie unter anderem von 1625 bis 1633 am Hochaltarziborium von Sankt Peter in Rom, wo sich die Arbeitsteilung in architektonische und bildhauerische Kompetenz als fruchtbar erwies. Jedoch erhielt Bernini mehr Zuspruch für die gemeinsam gelösten Probleme. Borromini strebte nicht nur nach Unabhängigkeit, sondern wurde zum Rivalen, der dann später dem ehemaligen Freund nachweisen konnte, dass seine Inkompetenz zu Bauschäden am südlichen Glockenturm von Sankt Peter geführt hätten. Der Glockenturm wurde 1648 abgebrochen, Berninis Position derart geschwächt, dass er vorerst keine päpstlichen Aufträge mehr erhielt. Doch schon bald wendete
sich das Blatt erneut. Borromini war vom Papst 1647 mit dem Bau des Vierströmebrunnens [14] auf der Piazza Navona betraut worden und hatte schon die technischen Voraussetzungen mit der Konstruktion der Wasserleitungen geliefert. Von den Brunnenentwürfen des Rivalen ausgehend entwickelte Bernini ein künstlerisch überzeugenderes Konzept, das er dem Papst 1648 vorlegte, worauf Borromini der Auftrag entzogen wurde.
Der 1651 vollendete, berühmte Brunnen steht vor der Kirche Sant'Agnese in Agone, deren Fassade von Borromini stammt. Und obwohl diese errichtet wurde, nachdem der Brunnen vollendet war und es Borromini gelang, die Fassade so zu gestalten, dass sie Raum für den Brunnen ließ, erzählt die Legende, dass die Abwehrhaltung der Figur, die den Rio della Plata am Brunnen symbolisiert, auf deren Angst zurückzuführen ist, dass die Fassade zusammenstürzen könne. Aus demselben Grund habe die Personifikation des Nil ihr Haupt verhüllt [s. auch S.5]. Die heilige Agnese an der Fassade jedoch versichere mit ihrem Gestus der Hand auf der Brust, dass dies nicht passieren könne, solange sie hier stehe. In einer anderen Geschichte lachte ganz Rom über die Figuren, die sich von der Fassade abwandten, bis Borromini der Kragen platzte und er Freunden erzählte, dass der Brunnen kein Wasser haben werde, weil Bernini falsche Berechnungen angestellt habe. Das wurde Bernini hintertragen, der nun seinerseits einen Spion darauf ansetzte, die richtigen Berechnungen zu erhalten.
Diese Geschichten entbehren schon deshalb jeder Grundlage, weil der Brunnen fertig war, bevor Borromini mit der Kirchenfassade beauftragt wurde. Sie sind jedoch auf die wahre Rivalität der beiden Künstler zurückzuführen, die anhand zahlreicher Beispiele greifbar ist. Und sie untermauern die Unterschiedlichkeit in Rivalität, Konkurrenz und Wettstreit.
Susanna PartschNoch heute zeugen der Vierströmebrunnen und die Fassade der Kirche Sant'Agnese in Agone in Rom von der Konkurrenz zwischen Bernini und Borromini.
1 Zit. nach dem Ausstellungskatalog Idole und Rivalen, Wien 2022, S. 146 (s. Infokasten).
Zum Weiterlesen
Zu einer Ausstellung, die 2022 in Wien gezeigt wurde, erschien begleitend und mit identischem Titel der Katalog „Idole und Rivalen. Künstlerischer Wettstreit in Antike und Früher Neuzeit“. Der Katalog behandelt nicht alle der hier angeführten Beispiele, weist jedoch neben Wettstreit und Rivalität auch auf andere Konkurrenzen hin und kann daher als eine Art Handbuch angesehen werden. Dieses weitere Spektrum wird sowohl anhand der Essays als auch anhand der einzelnen Beispiele deutlich.
Idole und Rivalen.
Künstlerischer Wettstreit in Antike und Früher Neuzeit Gudrun Swoboda (Hrsg.), Text(e) von Marco Campigli, Wencke Deiters, Jana Graul, Hana Gründler, Henrieke Haug, Fabian Jonietz, Karin Leonhard, Wolf-Dietrich Löhr, Anna Lörnitzo, Thomas Macho, Gernot Mayer, Guido Messling, Georg Plattner, Gestaltung von Michaela Noll 296 S., 244 Abb., Hardcover, 24 x 28 cm, Hatje Cantz Verlag 2022, ISBN 9783775753982
Ohne Schmuck und Schnörkel
Industriearchitekturen prägen in besonderer Weise das Gesicht von Stadt und Landschaft: Fabrikhallen und Werkstätten für Fertigungsprozesse unterschiedlichster Art, Hüttenwerke und Fördertürme zählen zu diesen Stätten der industriellen Produktion. Infrastrukturbauten wie Heizwerke und Wassertürme sind durch ihre teils markanten Baustile weithin sichtbare Landmarken.
Seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert errichtet, zählen viele dieser so genannten „Kathedralen der Arbeit“ zu den Meilensteinen der modernen Architekturgeschichte und sind mit großen Namen verbunden: Etwa die AEG-Turbinenfabrik in Berlin-Moabit von Peter Behrens, die Fagus-Werke von Walter Gropius, das HEGebäude der Verseidag in Krefeld von Ludwig Mies van der Rohe oder die Fabrikanlage der Deutschen Werkstätten für Handwerkskunst in Hellerau bei Dresden von Richard Riemerschmid. Auch das Ruhrgebiet hat in diesem Bereich einiges zu bieten: Zu den bekanntesten Industriebauten der Region zählen etwa die Jahrhunderthalle in Bochum, der Sudturm der ehemaligen UnionBrauerei in Dortmund oder die Zeche Zollern II/IV als stillgelegtes Steinkohlebergwerk im Nordwesten Dortmunds, um nur wenige Beispiele zu nennen.
Schlicht und funktional:
Industriearchitektur ist ein Sujet mit vielen Herausforderungen, bei denen Licht und Schatten eine wichtige Rolle spielen.
Schlichtheit und Funktionalität stehen bei Industriearchitekturen im Vordergrund. Die Schmuck- und Schnörkellosigkeit von nackten Wänden, unverkleideten Trägern, fensterlosen Flächen und Stahl- oder Eisenkonstruktionen haben in ihrem Purismus eine besondere Faszination. Teils monumental, heute mitunter als Bestandteile einer verschwindenden Welt auch schmutzig und heruntergekommen, greifen die Gebäude regionale Baustile auf und passen sich doch der Umgebung an. Die sichtbaren Konstruktionen und die Vielflächigkeit der Architektur machen diese Zweckbauten in ihren markanten Formen zu einem besonderen Motiv.
Industriegebäude an der Ruhr standen Pate für diese zeichnerischen Umsetzungen, die sich in Kohle, Pastell und Kreiden auf Struktur und Tonigkeit konzentrieren. Licht und Schatten spielen selbstverständlich dabei eine besondere Rolle, da sie die Monumentalität des Motivs betonen und herausarbeiten. Damit korrespondiert die Schlichtheit des Untergrunds: Die teils großformatigen Zeichnungen entstanden auf geleimtem Baumwollgewebe, das an manchen Stellen bewusst genutzt wird und papierfarben durchscheint, oder weiß bzw. hell grundierter Leinwand. Die Wahl der zeichnerischen Mittel ist dabei mitentscheidend für die Wirkung: Der Förderturm links wurde mit der Bruchkante von portugiesischer Art-Graf-Kreide in nass gearbeitet, während zahllose feine Kohleschraffuren die Flächigkeit der Schlote rechts erzielen.
Bei solchen Zeichnungen empfiehlt es sich, im Vorfeld Probeblätter anzulegen und mit den verschiedenen Qualitäten des Zeichenmaterials zu experimentieren: Wie schwarz ist der Strich, und welche Variationen sind möglich? Wie sind die Unterschiede zwischen Kohle, Pastell und Kreide, und welcher ist der persönlich bevorzugte Strich, der am besten zur Umsetzung des Themas geeignet ist? Auf Probezeichnungen kann auch der Einsatz von Lavierungen geplant werden: Beim Verwischen des
Strichs wird Kohle leicht bräunlich, während Pastellstifte ihr tiefes Schwarz durch reines Pigment behalten. Art-Graf-Kreiden verbinden bemerkenswert das Malerische mit dem Zeichnerischen, und die scharfen Bruchkanten erlauben dank hoher Pigmentierung auch großzügige Aufrisse und Schraffuren in sattem Strich. Die Lavierung erzeugt einen milden Farbschleier. Zusätzlich eröffnet gepresstes Grafitpulver zahlreiche Ausdrucksmöglichkeiten.
Bei den großformatigen Zeichnungen links betonen rahmende Gouache-Flächen in Himmel und Erde die farblich zurückhaltende Qualität der mit feinem Stift ausgeführten Kohlezeichnung. Die großformatige Leinwand ist mit einer Leimung vorbereitet, die mittig in zurückhaltendem Ton sichtbar ist.
Leinwandgewebe mit einer dünnen, hellen Gouache-Grundierung trägt hingegen den Förderturm rechts und sorgt für die technisch anmutende Wirkung der reinen Kohlezeichnung. Dank der unterschiedlichen Stärken der Kohlestäbchen lassen sich feine Schraffuren ebenso erzeugen wie flächige Effekte.#
Malerei, Realisation und Fotogra e: Ina Riepe
Text: Sabine Burbaum-Machert
XL Graphite Stick
Für großformatige Zeichnungen und Skizzen ab EUR 24,40 (D/A), CHF 30,50 (CH)
Grafitkreide
Wasserlösliche, hochpigmentierte Grafitkreide, extrem weich, erhältlich in 13 Farbtönen ab Euro 6,90 (D/A), CHF 8,60 (CH)
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17 Farbtöne in 500 ml, Deckweiß und Schwarz in 1000 ml ab EUR 6,65 (D/A), CHF 8,70 (CH)
Natürliche Zeichenkohle verschiedene Duchmesser, hergestellt in England aus sorgfältig ausgesuchtem Weidenholz ab Euro 7,60 (D/A), CHF 9,50 (CH)
Willow Charcoal Naturkohle verschiedene Durchmesser, feinste, weiche englische Naturkohle ab EUR 3,40 (D/A), CHF 5,10 (CH)
Konzentration auf den Prozess
Chunqing Huang malt mit Öl auf Leinwand
Als interdisziplinäre Künstlerin interessiert mich grundsätzlich ein breites Spektrum an Materialien. Durch meinen Fokus auf Malerei und Fotokunst arbeite ich natürlicherweise am liebsten mit klassischen Ölfarben und Leinwänden.
Während meiner Studienzeit, zunächst an der Zentralen Akademie der Bildenden Künste (CAFA) in Peking und dann an der Hochschule für Bildende Künste – Städelschule in Frankfurt, und auch am Anfang meiner Künstlerprofession habe ich meine Keilrahmen aus Leisten selbst zusammengebaut und mit Leinengewebe bespannt. In einem weiteren Arbeitsschritt war dann noch die Grundierung der Leinwand erforderlich.
Im Laufe der Zeit bin ich dann dazu übergegangen, hochqualitative, gebrauchsfertig produzierte Leinwände zu verwenden, um mich voll auf den kreativen Prozess der Malerei zu fokussieren. Aus der breiten Palette an Ausführungen bevorzuge ich insbesondere bei den kleineren Formaten die „di lino“-Leinwände, sowohl in der „puro“-Variante in der Naturfarbe des Maltuchs, als auch in der „classico“-Variante mit weißem Malgrund. Das Gewebe besitzt eine feine und gleichmäßige Struktur und eignet sich für eine große Bandbreite an Maltechniken.
Bei den Farben verwende ich sehr gerne die reinen Ölfarben von LUKAS STUDIO, die sich aufgrund ihrer Konsistenzeigenschaften prima handhaben lassen und deren tolle Brillanz ich sehr mag.#
Paul Gauguin, 2016, aus der Werkserie Painter’s Portrait, Öl auf Leinwand, 40 x 30 cm, © Chunqing Huang, Foto: Tom Wolf.
Chunqing Huang, geboren 1974 in Heze, China, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main, mit ihrem Werk Max Beckmann, 2020, aus der Werkserie Painter’s Portrait, Foto: Sebastian Knust.
Wenn das Material zur Kunst wird
Die Farbtube als Kunstgegenstand
Die Farbtube ist aus keinem Atelier mehr wegzudenken, jedenfalls dann, wenn es sich um das Atelier einer Malerin oder eines Malers handelt. Das war zwar nicht immer so, aber immerhin seit bald 200 Jahren, denn 1841 erhielt der US-amerikanische Maler John Goffe Rand (1801–1873) auf seine bahnbrechende Erfindung der Farbtube ein erstes Patent in den USA, dem wenig später weitere folgten – beispielsweise in England. Die Erfindung war revolutionär, ohne sie hätte es den Impressionismus vielleicht nie gegeben. Dieser Ansicht war jedenfalls der Maler PierreAuguste Renoir (1841–1919), wie er dem Pariser Kunsthändler Paul Durand-Ruel (1831–1922) in einem Brief versicherte: „Es waren die leicht zu transportierenden Tubenfarben, die es uns ermöglicht haben, vollständig nach der Natur zu malen. Ohne Tubenfarben hätte es keinen Cézanne, keinen Monet, Sisley oder Pissarro und auch nicht das, was die Zeitungsschreiber den Impressionismus nennen, gegeben.“
Doch ist die Farbtube nicht nur Mittel zum Zweck. Sie hat nicht nur die dienende Funktion, Behältnis für Farben zu sein, sie kann auch selbst zur Kunst werden. Dazu benötigt man nur genügend Fantasie. Dieser Ansicht ist zumindest der 1932 geborene Schweizer Künstler Jürgen Brodwolf, der seit 1955 in Süddeutschland lebt und arbeitet. 1959 warf er einen Blick auf seinen Maltisch, auf dem unter anderem eine ausgedrückte Farbtube lag. Brodwolf erkannte in dieser Tube einen menschlichen Körper, wenn auch stark abstrahiert. Der anonymen Figur war der Kopf (der fehlende Schraubdeckel) abhandengekommen, das Gewinde stellte den Hals dar, der Tubenkörper den Leib – es handelte sich also um eine Figur ohne Gliedmaßen, einen Torso. Der Publizist Heinz Neidel (1935–2020) folgerte: „Von der geschundenen Kreatur bis zur Erlösung, von der leeren Hülle bis zur neuen Form, die es zu füllen gilt, könnte alles inklusive sein“i und verwies auf Brodwolfs eigene Schilderung seiner einsamen Kindheit, in der er
die fehlenden Spielkameraden durch Figürchen ersetzte, die er aus Stanniolpapier geformt hatte. Diese „Kindheitsfiguren“ wie Brodwolf sie nennt, blieben in seinem Unterbewusstsein gespeichert, bis er sie 20 Jahre später in der Tubenfigur wiederentdeckte.
„Für mich bedeutete die folgenschwere Entdeckung dieser Tubenfigur gleichzeitig Wiederfindung, Anknüpfung an meine Kindheit, Zurückerinnerung an Spiele und Rituale mit den frühen primitiven Figuren. In dieser Tubenfigur erkannte ich die starke Verwandtschaft zu den Figurenrelikten meiner Kindheit, und somit die Wiederfindung meiner wahren Identität und eigener Sprache. Wer diese Kunstfigur nur als künstlerisches Markenzeichen deklariert übersieht das archetypische, idolhafte dieser Kunstfigur und das Phänomen ihrer ständigen Wandlungsfähigkeit, die seit 52 Jahren immer neue Figurentypen und Figurenevolutionen erbracht hat.“ So formulierte der Künstler selbst das Verhältnis zu dieser Figur immer wieder, in diesem Wortlaut ist es auf seiner Website zu finden.ii
Die Tubenfigur war Ausgangspunkt für die Entwicklung einer ganzen Figuren-Familie. Aus leeren Tuben formte Brodwolf verschiedene Figuren und entwickelte daraus dann andere Wesen, auch größere, bei denen der Archetyp der Tubenfigur zwar in den Hintergrund tritt, jedoch als Referenz der Metamorphosen Gültigkeit behält. Das zeigt sich auch daran, dass in jeder Biografie die „Entdeckung der Tubenfigur“ im Jahr 1959 Erwähnung findet. Außerdem wird die Tubenfigur ins Medium der Zeichnung überführt, zumal Brodwolf der Fotografie als scheinbar objektivem Medium misstraut und aus diesem Grund zum Beispiel die Werke in der Ausstellung im Hans-Thoma-Museum in Bernau 1981 im Katalog als Zeichnungen reproduziert sind. Und so ist auch die 50 x 65 cm messende Figurine Der Mensch im rechten Maß dort als Zeichnung wiedergegeben, als eine Umsetzung nach Vitruv.
Doch nicht nur für Brodwolf war die Tube ein wichtiges Mittel der Kunstäußerung. Als dieser 1959 die Tubenfigur entdeckte, entwickelte der französisch-US-amerikanische Künstler Arman (1928–2005; eigentlich Armand Pierre Fernandez) die Akkumulationen, die aus den Poubelles (Mülleimern) hervorgegangen waren. Nach den Objekten, die aus (vorsortiertem) Müll bestanden, folgten solche, bei denen er mehrere Beispiele eines Gegenstands in einer Box aus Acrylglas präsentierte, wobei es sich ebenso um Milchkannen, Plaketten, Zahnräder oder andere Dinge des täglichen Lebens als auch um sehr viel wertvollere Gegenstände wie beispielsweise Geigen handeln konnte. Ab 1965 goss er dann
auch Farbtuben mit ausgedrücktem Inhalt in Polyester und gab ihnen verschiedene Titel wie Stèle des Tubes (Tubenstele) oder Everyone has something to say (Jede hat etwas zu sagen), die 1965 und 1966 und damit in zwei aufeinander folgenden Jahren entstanden und sich wesentlich voneinander unterscheiden. Bei der Tubensteleiii befinden sich alle Tuben am oberen Rand des Objekts, allerdings übereinander gestaffelt in mehreren unpräzisen Reihen angeordnet, sodass sich die einen etwas weiter oben, die anderen weiter unten befinden. Auch die Farbstränge sind nicht gleich lang, einige vermischen sich, die sich zu eng nebeneinander befinden, andere scheinen zu schwingen, sodass sich ein Farbrhythmus bildet.
In dem rechteckigen Objekt von 1966 befinden sich unendlich viel mehr Farbtuben in sieben Reihen übereinanderiv. Die ausgequetschte Farbe formt sich mal zu Schnüren, mal zu Spiralen, dann aber auch zu größeren Farbflächen, die wie Kleckse wirken. Gemeinsam bilden sie eine Abfolge aus verschiedenen Farben und Formen und geraten damit wieder in die Nähe abstrakter Malerei. „Die Wahl der Tuben, ihre sorgfältige Zusammenstellung nach Tonlagen bezeugen einen schöpferischen Auswahlprozess.“v Denn nicht nur die farblichen Zusammenstellungen, auch die Stärke des Drucks auf die Tuben spielt eine Rolle dabei, ob die Farbe als dünnes Band, als Spirale oder als Farbklecks erscheint. Wie Arman dabei vorgegangen ist, zeigt eine Fotografie, die ihn vor einer Wand mit vielen ausgedrückten Farbtuben zeigt, vor sich mehrere Bildträger, auf denen sich ausgedrückte Farbtuben befinden, zu denen er gerade noch eine hinzufügt [1].
Der ehemalige Maler Arman sah die Tube zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als praktischen Behälter für Farben an, sondern als Objekt, das allerdings zum Ausgangspunkt für einen flächenrhythmischen, farbigen Reiz wird und damit wieder in die Nähe der abstrakten Malerei gerät. Insofern unterscheidet sich die Farbtube als Objekt von den anderen von Arman benutzten Gegenständen, da sie, sobald sie geöffnet wird, Malerei produzieren kann. Insofern stellen die Tubenbilder auch eine „Selbstreflektion des Künstlers über sein eigenes Künstlertum“vi dar.
Die Farbtube, die sich in anderen Kunstwerken wie beispielsweise bei Daniel Spoerris (*1930) Fallenbildern als ein Accessoire unter vielen findet, wird bei Brodwolf und Arman wichtiger Bestandteil der Kunstwerke und als solcher der dienenden Rolle enthoben, die sie als Aufbewahrung für Farben besitzt.
Susanna Partschi Heinz Neidel, Plätze elementarer Energien, in: ders./Lisa Puyplat, Jürgen Brodwolf, Thema Figur (Ausstellungskatalog Städtische Galerie Erlangen u.a.), Erlangen u.a. 1984, ohne Paginierung.
ii http://www.juergenbrodwolf.com/gallery.php.
iii https://www.armanstudio.com/RawFiles/152237.html.
iv https://www.armanstudio.com/RawFiles/005099.html.
v Paul Vogt 1981, zitiert nach: Bernhard Holeczek, Arman, Parade der Objekte (Ausstellungskatalog Kunstmuseum Hannover mit Sammlung Sprengel u.a.), Hannover 1982, S. 85.
vi Bernhard Holeczek, Ansprache zur Eröffnung der Ausstellung „Arman, Parade der Objekte“ in Hannover 1982 (beigefügt im Katalog von 1982), s. Anm. 5.
Die Farbtube bekommt in den Kunstwerken von Jürgen Brodwolf und Arman eine tragende Rolle und wird wichtiger Bestandteil des Werks.
Für Leuchtkraft gescha en
Nach wie vor bevorzugen viele Künstler Leinengewebe als Malgrund, da Haltbarkeit, Dauer und Leuchtkraft der Farben auch von der Qualität des verwendeten Bildträgers abhängig sind. Mit unserem Di Lino-Keilrahmen ist es gelungen, einen altbewährten Malgrund zu einem sehr attraktiven Preis anzubieten.
Voller Spannung
Beim Aufspannen von Leinen- oder Baumwollgeweben auf Keilrahmen
ist Fingerspitzengefühl gefragt, wenn das Gewebe durch eine Leimung
vorbereitet werden soll: Es kommt auf die Spannung an!
Bei der Vorbereitung von Malgründen spielen tierische Leime eine wichtige Rolle: Richtig zubereitet und aufgetragen, straffen Leimlösungen aufgespanntes Gewebe, bereiten es für den besseren Halt einer Grundierung vor, dienen als Isolierung und Schutz vor der Oxidation durch aufgetragene Farben. Allerdings ist Leim wasserlöslich – die Gewebe sollten daher bei möglichst konstanter Luftfeuchtigkeit trocknen.
Für eine Leimung benötigt man Leinwand- oder Baumwollgewebe in ausreichender Größe, einen Keilrahmen – bei großen For-
maten mit einem Doppelkreuz gefertigt –, einen Tacker samt Klammern, eine bereits am Vortag angesetzte und zur Verarbeitung erwärmte Hasenleimlösung und einen breiten Pinsel.
Der Keilrahmen wird möglichst fadengerade auf das Gewebe aufgelegt, bevor es – je nach Stärke der Keilrahmenschenkel – mit einer Zugabe von mindestens 8 Zentimetern zurechtgeschnitten wird. Im Anschluss wird es locker und mit Spielraum positioniert, an den Kanten und Ecken umgeschlagen und auf der Rückseite festgetackert.
Classic 45 Keilrahmen
129 Abmessungen, 4,5 cm breit, höchstmögliche Verzugsfreiheit durch Mehrfachverleimung des Holzes aus nachhaltiger Forstwirtschaft ab lfdm EUR 2,20 (D/A), CHF 4,60 (CH)
Provence Baumwollgewebe
280 g/m² Ballen, 2 Breiten, 1,64 m x 10 m und 2,15 x 10 m, Gewebe sehr dicht und gleichmäßig ab EUR 89,95 (D/A), CHF 121,40 (CH)
Für die Leimung finden vielfach Hasenhautleime Verwendung, die sich in Form von Perlen oder Spänen im Fachhandel erwerben lassen. Der Leim muss am Vortag in kaltem Wasser angesetzt werden und vorquellen, bevor er langsam und vorsichtig im Wasserbad oder einem speziellen Leimkocher erhitzt und auf Temperatur gehalten wird (er sollte auf keinen Fall kochen oder zu heiß werden).
Mithilfe eines Flach- oder Paddle-Pinsels wird die Leimlösung gleichmäßig und vollflächig auf die Leinwand aufgetragen. Wenn der Trocknungsprozess dem Leim allmählich das Wasser entzieht, schrumpft die Leimschicht: Das Gewebe strafft sich und besitzt in trockenem Zustand eine deutliche Transparenz im Gegenlicht
Idee, Realisation und Fotogra e: Ina Riepe
Text: Sabine Burbaum-Machert
Serie 102 Schleifmodler
Universalpinsel in 8 Größen, mit kurzen gebleichten Borsten und kurzem Segmentbogenstiel ab EUR 4,95 (D/A), CHF 6,70 (CH)
R23 Handtacker
Robuster Ganzstahl-Profi-Tacker ab EUR 38,85 (D/A), CHF 48,60 (CH)
Technische Gelatine Nr. 309 (Typ Hasenleim) granuliert, 100 und 750 g, außerordentlich elastischer Hautleim mit hoher Klebekraft ab EUR 6,70 (D/A), CHF 9,70 (CH)
Buntes Treiben
Farbiges Papier eignet sich perfekt als Zeichen- oder Malgrund. Selbst hergestellt ist es ganz individuell in der Tönung – und die Grundierung ist direkt inbegriffen.
Farbiges Papier wird seit Jahrhunderten als Zeichengrund genutzt. Blautöne waren schon bei Albrecht Dürer in Gebrauch, und mit Kobalt oder Indigo gefärbte Papiere („carta turchina“ bzw. „carta azzurra“) waren vor allem in Venedig beliebt. Insbesondere die Pastellmalerei bevorzugte farbige Papiere: Rosalba Carriera (1675–1757) steuerte mit getönten Papieren die Wirkung ihrer gefeierten Porträts, und die vielschichtigen Pastelle von Edgar Degas (1834–1917) wurden zum Vorbild für nachfolgende Künstlergenerationen.
Selbst gefärbte Papiere können vielen Zwecken dienen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Insbesondere sind sie jedoch ausgezeichnete Zeichenpapiere: Durch die Kreidegrundierung sind die Bögen leicht rau mit fast kristalliner Oberfläche, auf der Bleistift, Kohle und Pastell mit viel Struktur stehen. Umweltfreundlich werden zum Färben nur natürliche Bestandteile benutzt, die sich rückstandslos wieder auflösen. So werden liegengebliebene, leicht vergilbte ältere oder preiswerte neuere Papiere zu etwas ganz Besonderem.
Basis ist eine selbst gemischte Leimfarbe. Dazu können Leim und Kreide bereits am Vortag angesetzt werden: Das Leimgranulat muss in kaltem Wasser vorquellen, bevor es im Wasserbad oder im elektrischen Leimkocher erwärmt und flüssig wird. Champagnekreide wird in einem größeren Behälter mit Wasser eingesumpft – dafür sollte die Kreide gerade mit Wasser bedeckt sein. Ein Teil der Kreide wird in das Gefäß gegeben, das der Farbzubereitung dient, und schrittweise mit der Leimlösung verrührt, z.B. mit einem Schneebesen.
In der Weiterverarbeitung heißt es, ein wenig mit Probeaufstrichen zu experimentieren: Die richtige, etwa buttermilchartige Konsistenz der Leimfarbe ist erreicht, wenn sie sich mit einem breiten Pinsel leicht auf dem Papier verstreichen lässt. Achtung: Wölben sich im Trocknungsprozess die Ecken des Papiers, muss der Masse etwas Wasser hinzugefügt werden. Trocknet das Blatt jedoch plan auf, ist die richtige Mischung erreicht. Natürlich kann als Basis auch eine fertige Gesso-Zubereitung verwendet werden.
Sanfte Töne in Abstufungen oder viele verschiedene, leuchtende Farben: Experimente mit selbstgefärbten Papieren erö nen eine Vielzahl von Möglichkeiten und machen Lust auf mehr!
Der Kreidebasis werden die Pigmente zugesetzt – beginnend mit einer kleinen Menge, um den Farbton besser lenken zu können. Ist der geplante Ton erreicht, kann die Farbe nach dem Einfärben der ersten Papiere schrittweise durch Zusatz von mehr Pigment abgedunkelt werden.
Für dezente, harmonische Abstufungen bietet es sich ebenfalls an, für eine schöne Palette eine Range aus einer Farbe herauszumischen. Beispielsweise von Gelb zu Grün oder von Zartblau zu Violett. Ob einzelne Bögen gefärbt werden, ein ganzer Block oder aber die Seiten eines besonderen Zeichenbuchs – wer einmal anfängt, entdeckt zahllose Möglichkeiten!#
Idee, Realisation und Fotogra e: Ina Riepe
Text: Sabine Burbaum-Machert
Feinste Künstler-Pigmente
72 Farbtöne, 125 g bis 250 g Dosen ab EUR 6,50 (D/A), CHF 7,20 (CH)
Zeichenpapier 170
170 g/m², naturweiß, voluminiert, Paket mit 100 Bogen in 2 Größen ab EUR 42,75 (D/A), CHF 57,70 (CH)
Zeichenkarton 200
200 g/m², weiß, matt, Paket mit 100 Bogen in 2 Größen ab EUR 20,95 (D/A), CHF 21,60 (CH)
Gesso
Acrylgrund in Weiß, Schwarz oder Transparent, 1 l und 5 l ab EUR 17,30 (D/A), CHF 21,60 (CH)
Künstlerpigmente
89 Farbtöne, 90 g bis 180 g Dosen ab EUR 9,70 (D/A), CHF auf Anfrage
Champagnerkreide
Füllstoff, weiß, Pulver in 1 kg und 5 kg Eimer ab EUR 6,20 (D/A), CHF 8,60 (CH)
Strich für Strich verschieden
Beim Stichwort „Zeichnen“ kommt als erstes der Bleistift in den Sinn – holzgefasst und gut gespitzt dient er zum Schreiben, Zeichnen und Skizzieren. Doch Zeichenmaterial kann weitaus mehr: Kenner unterscheiden den Zeichenstift an seinem Strich. Zeichenkohle – strenggenommen Stäbchen aus verkohltem Holz – gehört zu den ältesten Zeichenmaterialien der Geschichte. Ihr Strich ist breiter und tiefschwarz, in der Lavierung aber leicht bräunlich. Tiefstes, weiches Schwarz ist mit hoch pigmentiertem Pastell auf rauem Papier zu erreichen, während der Strich von Kreide etwas schwächer ist. Beim Weiß ist es wiederum ganz anders – ob Pastell oder Kreide macht keinen Unterschied, ob allein auf dunklem Grund oder zur Höhung auf schwarzer Zeichnung
Spiral-Skizzenblock
weiß, 100 g/m2, 100 Blatt, Bock in 3 Größen 1,4-faches Papiervolumen, mittelraues, griffiges Skizzenpapier ab EUR 11,75 (D/A), CHF 14,20 (CH)
Carb’On Schwarzes Zeichenpapier
Block mit 20 Blatt, 4 Größen, 120 g/m² , tiefschwarzes, in der Masse durchgefärbtes Papier ab EUR 3,55 (D/A), CHF 4,80 (CH)
Pitt Monochrome Reißkohle
4 Härtegrade, feinste Qualität, reich pigmentiert und hoch lichtbeständig ab EUR 2,25 (D/A), CHF 2,30 (CH)
Esquisse Carrés Zeichenkreide
11 Farbtöne, Pastell-Kreiden, Querschnitt 6 x 6 mm, Länge 6,5 cm ab EUR 1,40 (D/A), CHF 1,80 (CH)
Ecu Künstler-Softpastell
525 Farbtöne, extraweiche Pastellkreiden, außergewöhnlich hoch pigmentiert und lichtecht ab EUR 3,35 (D/A), CHF 4,30 (CH)
Papierwischer (Estompen)
4 Größen, für alle verwischbaren Zeichenmaterialien ( z.B. Soft-Pastell, Kreide, Kohle usw.). ab EUR 0,57 (D/A), CHF 0,80 (CH)
Die Lust am Schauen
Wie David Hockney zu aufregenden Entdeckungen über die verlorenen Techniken der Alten Meister gelangte
Geheimes Wissen
Verlorene Techniken der Alten Meister wiederentdeckt
David Hockney, 328 S. m. 400 farb. Abb. und 8-seit. Ausklapptafel, 23,7 x 30 cm, geb., wbg Theiss 2023, ISBN 9783806245622, EUR 58,00 (D), EUR 59,70 (A)
Immer wieder hat David Hockney seine Kunst mit akademischwissenschaftlicher Forschung verbunden und ist so zu eindrucksvollen Erklärungen und Bilderfindungen gelangt. Als ihm auffiel, dass Gemälde in einer relativ überschaubaren Zeitspanne am Anfang des 15. Jahrhunderts plötzlich eine erstaunliche Präzision und Lebendigkeit bekommen, begann er, die großen Meisterwerke der Kunstgeschichte unter die Lupe zu nehmen.
Er überprüfte seine Wahrnehmung, indem er Hunderte Werke aus unterschiedlichen Epochen systematisch untersuchte. Seine Vermutung: Die Künstler hatten sich beim Malen nicht allein auf ihr Auge verlassen, sondern optische Hilfsmittel eingesetzt –Spiegel, Prismen und Linsen, die ihnen neue Möglichkeiten boten, Wirklichkeit darzustellen.
Die von ihm daraus entwickelte, weitreichendere These, dass die europäische Malerei seit dem frühen 15. Jahrhundert folglich ohne die Kenntnis der von den Künstlern verwendeten optischen Techniken nicht zu verstehen ist, diskutierte David Hockney in einem ausgedehnten Briefwechsel nicht nur mit dem renommierten Kunsthistoriker Martin Kemp, sondern auch mit anderen internationalen Fachleuten aus Kunst und Naturwissenschaft. Der international bekannte Pop-Art-Künstler geht sogar noch weiter. „Realistisches Malen hat sich nicht langsam entwickelt, sondern war plötzlich da – ein Qualitätssprung,“ behauptet er. Der Austausch mit den konsultierten Wissenschaftlern wird im dritten Großkapitel des klug aufgebauten Buches auf über knapp 60 Seiten offengelegt.
Seiten aus dem Innenteil, © wbg 2023
Zuvor nimmt Hockney seine Leserschaft in zwei Kapiteln mit auf dem Weg durch seine Gedankenwelt. Den Anfang macht eine „Argumentation in Bildern“, wie Hockney es nennt. In Kapitel eins will er auf mehr als 200 Seiten „... versuchen, eine Antwort auf die Frage ‚Was sehen Sie denn‘ zu geben. Mein Mittel ist der Vergleich ...“ Mit dem Blick des Künstlers, der sein Handwerkszeug kennt, macht Hockney in einem umfangreichen Bildteil anhand großformatiger Reproduktionen mit seiner These vertraut und belegt sie durch aussagekräftiges Bildmaterial.
In dem mit knapp 30 Seiten relativ kurzen zweiten Kapitel macht David Hockney anhand von Zitaten und Abbildungen mit den Büchern und Manuskripten vertraut, die ihm halfen, seine These zu entwickeln und zu formulieren. Es handelt sich um schriftliche Belege für die frühe Verwendung der Laterna Magica oder ähnlicher Apparaturen.
„Geheimes Wissen“ schildert, wie Hockney zu seiner spannenden Entdeckung gelangte. Dabei erweist er sich als unprätentiöser, lebendiger Erzähler, dessen Geisterblitze sich aus seiner Neugier, vor allem jedoch aus seinem offenen Geist im Umgang mit der Malerei speisen. In der aktualisierten Ausgabe seines Buches „... beschreibe ich meine jüngsten Experimente, und gehe der Bedeutung dessen nach, was ich herausfand. Wie auch der ältere Teil des Buches möchte der neue Ihnen helfen zu sehen, was ich sehe.“ Das Buch gibt Leserinnen und Lesern einmalige Einblicke in die Arbeits- und Denkweise der Künstlerpersönlichkeit David Hockney. Ein Lesevergnügen und ein opulenter Bildband!#
Mit seinem Buch
„Geheimes Wissen“, das 2001 erstmals erschien, sorgte David Hockney für eine Sensation. Der opulente Bildband stellte die Kunstwelt auf den Kopf! Heute sind seine nach wie vor erstaunlichen Beobachtungen ein Klassiker und ein Bestseller obendrein. Die kürzlich bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft verö entlichte Neuauflage macht das Buch jetzt wieder zugänglich.
„Ein kämpferischer Geist im Herzen einer Frau“
Susanna Partschs Biogra e von Artemisia Gentileschi
Artemisia Gentileschi, Susanna und die beiden Alten, Öl auf Leinwand, 170 x 119 cm, Schönbornsche Kunstsammlung, Schloss Weißenstein, Pommersfelden.
Sie führte ein unabhängiges Leben und leitete Werkstätten in Florenz und Neapel, arbeitete für die Könige von Spanien und England und pflegte Kontakte zu Gelehrten ihrer Zeit: Artemisia Gentileschi (1593–um 1654) gilt heute als die wohl berühmteste und bedeutendste Malerin des Barock. Ihr Leben und ihr Werk wurden erst spät wiederentdeckt und gaben vor allem der feministischen Kunstgeschichtsschreibung Anlass zu zahlreichen Interpretationen. In ihrem neuen Buch „Artemisia Gentileschi“ beschreibt Susanna Partsch kenntnisreich das spannende und ausgefüllte Leben einer Kämpferin und Geschäftsfrau, die sich in der männlich dominierten Kunstwelt behauptete, studiert die Dokumente und unterzieht manche Deutungsansätze einer grundlegenden Neubewertung. Für Kunst+Material hat Sabine Burbaum-Machert mit Susanna Partsch gesprochen.
Sabine Burbaum-Machert (SB): Liebe Susanna Partsch, zu Beginn des 17. Jahrhunderts gab es nur wenige Künstlerinnen, die zudem von einer „offiziellen“ Ausbildung mehr oder weniger ausgeschlossen waren. Wie und wo hat Artemisia Gentileschi ihre Kunst erlernt, und welches waren die Ausgangsbedingungen für ihre Karriere?
Susanna Partsch (SP): Artemisia Gentileschi war die Tochter eines bekannten römisches Malers, Orazio Gentileschi, der auch mit Caravaggio bekannt war und dessen Helldunkel-Malerei übernahm. Orazio erkannte offensichtlich früh die Begabung seiner ältesten Tochter und ließ sie in seiner Werkstatt lernen, ebenso wie die jüngeren Brüder, die allerdings kein großes Talent zeigten und später eher als Kunsthändler für den Vater tätig waren. Es war in der damaligen Zeit nicht unüblich, dass die ganze Familie in einer Künstlerwerkstatt tätig war, und viele der uns heute bekannten Malerinnen – von denen es übrigens mehr gab, als wir heute allgemein wissen – waren Töchter von Malern.
Nachdem Artemisia 1610 ihr ersten Bild signiert hatte – eine Susanna mit den beiden Alten – hat sie wohl in der Werkstatt des Vaters eigenständig arbeiten können. In Florenz, wohin sie 1613 mit ihrem Mann, dem Apotheker Pierantonio Stiattesi übersiedelte, lebte und arbeitete sie zu Beginn im Haus des Schwiegervaters, einem angesehenen Schneider. Später führte sie eine eigene Werkstatt, wobei ihre Geldgeschäfte vor allem von ihrem Mann erledigt wurden, der sie zu der damaligen Zeit offensichtlich auch beim Verkauf ihrer Bilder unterstützte, also eine Art Manager oder Agent war. In Florenz lernte sie schnell bedeutende Maler wie Cristofano Allori und Humanisten wie Michelangelo Buonarroti den Jüngeren, einen Großneffen des berühmten Künstlers, kennen und erfreute sich schon bald erster Aufträge von den Medici, also dem Florentiner Hof.
SB: Der Vergewaltigungsprozess, den ihr Vater Orazio Gentileschi gegen Agostino Tassi anstrengte, steht oftmals im Mittelpunkt der biografischen Deutungen der Malerei Artemisia Gentileschis. Was berichten die Prozessakten darüber? Wie bewerten Sie diesen Sachverhalt und seine Auswirkungen, auch auf die Sicht auf ihr Werk?
SP: Der Prozess und alles, was damit verbunden ist, ist ein sehr komplexes und schwieriges Thema. In der damaligen Zeit war der stupro, also die gewalt-
same Entjungferung, die einzige Form der Vergewaltigung, derer ein Mann angeklagt werden konnte. Kläger waren immer die Väter, nie die Opfer. Allerdings gab es unzählige solcher Prozesse, da viele junge Mädchen mit Männern bereits dann intim waren, wenn diese ihnen die Heirat versprochen hatten. Wurde das Heiratsversprechen nicht eingehalten, klagten die Väter und die jungen Frauen wurden von Rechtsbeiständen beraten, was sie zu sagen hätten. Denn sie mussten glaubhaft erklären, dass sie sich zur Wehr gesetzt hätten. Das weiß man, weil sich viele solcher Prozessakten erhalten haben. Und so ist es auch schwierig zu beurteilen, ob der Malerkollege von Orazio, Agostino Tassi – die beiden statteten gemeinsam mehrere römische Paläste mit Fresken aus – Artemisia wirklich vergewaltigt hatte oder ob es sogar eine Verabredung zwischen den beiden Malern gab. Tassi konnte Artemisia jedoch gar nicht heiraten, weil er zuvor bereits in Livorno geheiratet hatte, seine Frau ihn dann allerdings verlassen hatte. Das wusste in Rom allerdings niemand. Als er dann sein Heiratsversprechen zurückzog, kam es wohl zur Anklage. Denn zwischen dem vermeintlichen stupro und der Anklage lagen zehn Monate.
Artemisia war eine der wenigen in diesem Prozess, der von März bis November 1612 dauerte, die bei den einmal getätigten Äußerungen blieb, sich also nicht widersprach, und dabei selbstbewusst auftrat. Von ihren Äußerungen her scheint sie nicht traumatisiert gewesen zu sein, wie vielfach behauptet. Und auch unter der Folter, bei der Schnüre um ihre Finger gelegt und dann zugezogen wurden – eine damals übliche Prozedur, um die Wahrheit herauszufinden –blieb sie standhaft und schleuderte Tassi entgegen: „Das ist also der Ring, den du mir reichst und diese sind deine Versprechungen.“
Man muss auch bedenken, dass diese Prozesse damals nicht öffentlich waren, Artemisia also nicht vor aller Welt vorgeführt wurde. Die immer wieder geäußerte Behauptung, sie habe unter posttraumatischen Bedingungen ihre Bilder gemalt, degradiert sie als innovative Künstlerin, die sie war. Der Prozess hatte meiner Meinung nach keine Auswirkungen auf ihr großartiges Werk, wohl aber die Sicht der Frau, die eine andere war als die der Kollegen. Das sieht man auch ganz besonders an ihrem berühmtesten Bild, Judith enthauptet Holofernes, das in zweifacher Ausführung existiert und bei dem sie die Magd eine aktive Rolle spielen lässt. Diese ist nicht alt und hält nur den Sack auf, wohinein der abgeschlagene Kopf
Artemisia Gentileschi war die Tochter eines bekannten römisches Malers, Orazio Gentileschi, der auch mit Caravaggio bekannt war und dessen Helldunkel-Malerei übernahm.
Orazio erkannte o ensichtlich früh die Begabung seiner ältesten Tochter und ließ sie in seiner Werkstatt lernen.
Artemisia war gut vernetzt. In Rom war sie schnell in Künstlerkreisen bekannt, die sie in Venedig wiedertraf und durch die sie dort auch in literarische Zirkel kam. In Neapel war sie gleich am Hof bekannt und dadurch auch in anderen Kreisen.
des Feldherrn kommt, sondern eine junge Frau, die sich auf den starken Mann kniet und ihn festhält, während Judith ihre grausige Tat begeht.
SB: Im Sommer 1616 wurde Artemisia Gentileschi in die Florentiner Accademia delle Arti del Disegno aufgenommen. Was bedeutete dies für sie, für Ihren Ruf und für ihre Arbeit?
SP: Die Aufnahme in die Florentiner Akademie bedeutete für Artemisia, dass sie als Künstlerin anerkannt war, eine eigene Werkstatt führen konnte und der Gerichtsbarkeit der Akademie unterstand. Das ging auch damit einher, dass sie viel leichter auf Pump kaufen konnte und das Geld nicht so schnell zurückzahlen musste. In Geldgeschäften waren sie und ihr Mann sehr geschickt und nutzten jede Gelegenheit, Schulden zu machen. Damit waren sie in Künstlerkreisen nicht allein.
SB: Die Publikation von Artemisia Gentileschis Briefen an ihren Liebhaber Francesco Maria Maringhi galt 2011 als Sensation. Wie darf man sich diese Konstellation und ein Liebesverhältnis vorstellen, das trotz Artemisias Ehe mit Pierantonio Stiattesi und über trennende Entfernungen bestand?
SP: Wie genau dieses Liebesverhältnis ausgesehen hat, weiß man natürlich nicht. Es war aber damals durchaus üblich, dass Frauen ein Liebesverhältnis mit höher gestellten Männern hatten, die dann Geld zahlten oder andere Vergünstigungen gewährten. Den Ehemännern war das durchaus recht. Und auch wenn Pierantonio in einem seiner Briefe davon spricht,
dass er der gehörnte Ehemann sei, so schrieb er doch vor allem aus Rom viele Briefe an Francesco Maria Maringhi, in denen er um Geld oder anderes bat und Artemisia entschuldigte, dass sie selbst nicht zum Schreiben komme, weil sie so viel zu tun habe. Der Briefwechsel zwischen Maringhi in Florenz und Artemisia beziehungsweise ihrem Mann dauerte lediglich einige Monate, als das Ehepaar bereits wie der in Rom war. Warum der Briefwechsel abbricht, ob Briefe verloren sind oder Artemisia nicht mehr schrieb, wissen wir nicht. Artemisia und Maringhi hatten jedoch weiterhin Kontakt, wie vielen anderen Indizien zu entnehmen ist, und vielleicht ging er später auch nach Neapel, um mit ihr zusammen sein zu können. Aber das sind Spekulationen.
SB: Wer waren Artemisia Gentileschis Auftraggeber, und wie gelang es ihr, trotz zahlreicher Umzüge ihre Geschäfte und ihre Werkstatt zu führen?
SP: Artemisia war gut vernetzt. Wie bereits erwähnt, hatte sie in Florenz hervorragende Kontakte und hat sich dort entweder selbst gut vermarktet oder mit Hilfe ihres Mannes. Dabei war sie in den Florentiner Jahren auch noch fünfmal schwanger, allerdings überlebte nur eine Tochter das Kindesalter und ein Sohn zog noch mit nach Rom. Die anderen starben wenige Tage nach der Geburt. Möglicherweise hatte sie bereits in Florenz Cassiano Dal Pozzo kennengelernt, der ihr dann in Rom wichtige Aufträge verschaffte: Er stellte den Kontakt zu dem damaligen spanischen Botschafter in Rom her, der bereits in Rom Bilder von ihr kaufte und sie dann später nach Neapel einlud, wo er als Vizekönig der spanischen Krone regierte. In Rom war Artemisia auch schnell in Künstlerkreisen bekannt, die sie in Venedig wiedertraf und durch die sie dort auch in literarische Zirkel kam. In Neapel war sie durch die Einladung des Spa niers gleich am Hof bekannt und dadurch auch in anderen Kreisen. Ihr Vater dürfte eine Rolle bei der Einladung nach London gespielt haben, die sie aber erst Jahre später annahm und dies vielleicht auch auf Drängen von Cassiano Dal Pozzo, da der Papst der dortigen katholischen Königin den Rücken stärken wollte.
SB: Heute sind Artemisas Werke in Museen der ganzen Welt zu bewundern. Sehr häufig malte sie Frauen – warum sind diese Frauen so besonders?
SP: Artemisias Werke fristeten in vielen Museen lange Zeit ein ziemlich kümmerliches Dasein. Denn die Ma-
Susanna Partsch, Foto: privat.lerin galt eher als „frivole Schönheit“ denn als beachtenswerte Künstlerin. Diese Sicht der männlich dominierten Kunstgeschichte änderte sich erst, als Kunsthistorikerinnen in den 1970er-Jahren des 20. Jahrhunderts begannen, nach Künstlerinnen zu suchen. Anschließend fanden die ersten Ausstellungen statt und die Malerin erhielt den Platz zurück, den sie bereits zu Lebzeiten und auch noch danach eingenommen hatte als hervorragende Vertreterin ihres Faches.
Frauenfiguren waren in der damaligen Zeit sehr beliebt. In einer Arbeit über Judith und HolofernesDarstellungen im italienischen Barock werden allein 130 Beispiele aufgeführt. Ebenso verhielt es sich mit den anderen Sujets wie dem der Susanna oder der Bathseba, der Kleopatra oder der Danaë. Andererseits war es zum Beispiel in Rom verboten, mit Aktmodellen zu arbeiten. Doch wer konnte Artemisia verbieten, ihren eigenen Körper zu malen? Und das hat sie immer wieder getan. Außerdem stellte sie zum Beispiel die Susanna aus der Perspektive einer Frau dar. Sie zeigte die Bedrängnis der jungen Frau, aber nicht eine mögliche Lust, die sonst häufig mitschwang. Besonders ist also die Art und Weise der Darstellung, nicht die Themen an sich, die auch von vielen Malerkollegen immer wieder verwendet wurden.
SB: Herzlichen Dank für dieses Interview!
Die Autorin
Susanna Partsch ist promovierte Kunsthistorikerin und erfolgreiche Autorin von Sachbüchern für Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Zu ihren Publikationen zählen z.B. „Wer hat Angst vor Rot, Blau, Gelb“ von 2012, „Tatort Kunst“, erschienen 2010 oder „Wer klaute die Mona Lisa“ von 2021. Für ihr Buch „Haus der Kunst. Ein Gang durch die Kunstgeschichte von der Höhlenmalerei bis zum Graffiti“ wurde sie 1998 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet; drei weitere Nominierungen folgten, u.a. 2019 für „Schau mir in die Augen, Dürer“. Die aufregende und bis heute relevante Geschichte von Artemisia Gentileschi beschäftigt sie seit vielen Jahren. Susanna Partsch lebt seit 1985 als freie Autorin in München und hat auch für Kunst+Material schon zahlreiche spannende Beiträge geschrieben.#
Kämpferische Barockmalerin Kompromisslose Geschäftsfrau
Künstlerin zwischen Rom und Florenz
Susanna Partsch, 256 S., 15,5 x 22,5 cm, geb., Molden Verlag, ISBN 9783222150807, EUR 30,00 (D), EUR 30,00 (A), CHF 44,90 (CH)
Ein Vortrag von Susanna Partsch im Wallraf-Richartz-Museum über Artemisia Gentileschi ist bei YouTube zu verfolgen:
Kreative Berufe
Neue Bücher mit Tipps für das Studium und den professionellen Alltag
Die eigene Kreativität auszuleben, ihre Möglichkeiten auszuloten, das Material kennenzulernen und unterschiedliche Techniken auszuprobieren – diese Aspekte prägen den Wunsch nach einem Leben als Künstler*in oder Kreativscha ende*r.
Wenn die Kunst nicht brotlos sein soll, fordern diese Berufe eine hohe Risikobereitschaft und die Fähigkeit, sich selbst zu vermarkten.
Die gute Mappe
Dein Weg zu einem überzeugenden Portfolio und kreativer Selbstbestimmung
Franziska Walther, 240 S., durchg. farb. illustr., 19,1 x 25,3 cm, brosch., dt., dpunkt 2021, ISBN 9783864907937, EUR 34,90 (D), EUR 35,90 (A)
Alles für die Kunst
Wie werde ich ein erfolgreicher Künstler – Maskuline Sprachfassung
Tizian Baldinger, Timon Böse, 176 S., 12,5 x 19 cm, kart. dt., Timon Böse 2021, ISBN 9783949037009, EUR 15,00 (D), EUR 15,50 (A)
Alles für die Kunst
Wie werde ich eine erfolgreiche Künstlerin – Feminine Sprachfassung
Tizian Baldinger, Timon Böse, 176 S., 12,5 x 19 cm, kart. dt., Timon Böse 2021, ISBN 9783949037016, EUR 15,00 (D), EUR 15,50 (A)
Schon die Aufnahme an einer künstlerischen Hochschule ist eine Herausforderung. Hier gilt: Wer an einer Akademie oder an einer Designhochschule studieren will, muss eine besondere Eignung nachweisen. Das Buch „Die gute Mappe“ richtet sich an Designer*innen und Illustrator*innen und hat sowohl für etablierte Kreative als auch für solche, die gerade ihre Karriere starten, wertvolle Tipps und Tricks in petto. Timon Böse hat mit dem Titel „Alles für die Kunst“ angehende bildende Künstlerinnen und Künstler im Blick. Er deckt die Karriere vom Studium bis zum Künstlertod ab, so der formulierte Anspruch. Klar strukturiert und einfach verständlich erreicht er vor allem junge Menschen und vermittelt auf einen Blick alles Wissenswerte für eine erfolgreiche Karriere als Künstler*in. Eine Besonderheit bei diesem Buch ist die Idee, den identischen Inhalt in femininer Sprachfassung in der roten Coverausgabe und in maskuliner Sprachfassung in der blauen Coverausgabe anzubieten.
Der Schritt in die Selbstständigkeit beginnt für freie Kunstschaffende, Designer*innen und kreativ Tätige in der Regel mit einem Atelier. Um Kunstwerke, Dienstleistungen und Produkte an die Kundschaft zu bringen, ist darüber hinaus aber auch unternehmerische Kompetenz gefragt. In ihrem Buch „Wie überlebe ich als Künstler*in?“ gelingt es Ina Roß aus dieser „Angstdisziplin“ ein spannendes, kreatives Projekt zu machen. Die aktualisierte und stark erweiterte Neuausgabe ihres Buches bietet konkrete Hilfe bei den vielgestaltigen Herausforderungen von Marketing, Finanzierung und Selbstorganisation von Künstler*innen. Der Band geht nun vermehrt auf Förderungsmöglichkeiten, digitale Finanzierungen und auf das Thema Frauen im Kunstbetrieb ein. Für Gründer*innen in der Kreativbranche hält „Mein Kreativ-Business“ Anregungen aus der Praxis bereit und beantwortet die Frage: Wie kann vor und nach der Gründung das eigene Label über Social Media, Workshops oder Markenbildung sichtbar gemacht werden, ohne aggressive Verkaufstechniken anwenden zu müssen?
Zum Berufsbild kreativ Tätiger gehört es auch, aktuell verbindliche Rechtsgrundlagen zu kennen. Schließlich sind Vertragsabschlüsse Teil des Alltags. Hier ist das Buch „Kunst, Markt und Recht“ ein Leitfaden für den rechtssicheren Umgang mit Kunstwerken, während „Recht für Designer“ als verlässlicher Wegweiser einen Überblick über alle juristischen Fragen vermittelt, die für Designer*innen relevant sind.
Wie überlebe ich als Künstler*in?
Eine Werkzeugkiste für alle, die sich selbst vermarkten wollen
Ina Roß, 240 S., 90 s/w-Abb., 14,8 x 22,5 cm, kart., dt., transcript Verlag 2022, ISBN 9783837659931, EUR 24,00 (D), EUR 24,00 (A), CHF 32,90 (CH)
Mein Kreativ-Business
Unternehmensgründung im Kreativbereich – Infos, Tipps und Checklisten
Dunja Supp, 160 S., durchg. farb. illustr. u. fotograf., 17 x 24 cm, geb., dt., Haupt Verlag 2022, ISBN 9783258602431, EUR 28,00 (D), EUR 28,80 (A), CHF 32,00 (CH)
Kunst, Markt und Recht
Einführung in das Recht des Kunstschaffens und der Nutzung von Kunstwerken
Gerhard Pfennig, 260 S., 12 x 19 cm, kart., MUR-Verlag 2019, ISBN 9783945939178, EUR 28,00 (D), EUR 28,80 (A)
Recht für Designer
David Herzog, 384 S., 14 x 21 cm, brosch., dt., av edition 2020, 2. Auflage, ISBN 9783899863567, EUR 36,00 (D), EUR 37,10 (A)
Als Künstler erfolgreich sein
Was Sie als Künstler über Sozialkompetenz, Selbstmanagement und Selbstmarketing wissen müssen
Lioba Werth, 328 S. m. zahlr. farb. Abb., 13,5 x 21,5 cm, kart., dt., BOD 2019, ISBN 9783749496136, EUR 19,99 (D), EUR 20,60 (A)
click, like & follow
Online-Marketing für Kunstschaffende und Kreative
Roberto De Simone, 168 S., zahlr. Abb., 12,5 x 19 cm, Softcover, dt., bramann 2022, ISBN 9783959030182, EUR 18,00 (D), EUR 18,50 (A)
Kunstschaffende, freiberufliche Designer*innen und Kreative müssen als selbstständig Arbeitende ihre Werke, Dienstleistungen und Produkte in unterschiedlicher Weise präsentieren. Das Schlagwort lautet hier: Eigenvermarktung. Lioba Werth gibt mit ihrem Buch „Als Künstler erfolgreich sein“ einen Methodenkoffer voll klarer Beispiele, Regeln und No-Gos in Sachen Selbstmarketing an die Hand. Der Titel „Click, like and follow“ thematisiert die grundlegende Frage nach dem „Make or Buy“ im digitalen Self-Marketing erfolgreicher Künstlerexistenzen. Welche Maßnahmen führt man selbst durch und ab wann und für welche Problemstellungen ist professioneller Support von außen die bessere Lösung? Autor Roberto de Simone organisiert seit mehr als 20 Jahren Social-Media-Aktivitäten und vermittelt Grundwissen, das die eigene Kompetenz stärkt und damit die Unabhängigkeit von Meinungen und Entscheidungen Anderer fördert.
Vom Wert der Kunst
Vom Gemälde bis zum NFT
Michael Findlay, 280 S., farb. Illustr.,17 x 24 cm, Hardcover, dt, Prestel Vlg. 2022, ISBN 9783791389080, EUR 26,00 (D), EUR 26,80 (A), CHF 35,50 (CH)
The Artist
Anna Haifisch, 200 S., durchg. farb. illustr., 16,5 x 22 cm, geb., dt., Reprodukt 2022, ISBN 9783956403095, EUR 29,00 (D), EUR 29,90 (A)
Wer den Kunstmarkt erobern oder sich zumindest seiner Mechanismen bedienen möchte, sollte wissen, wie es dort zugeht. Auktionshäuser, Galerien, Kritiker*innen, Kunstsammelnde und -schaffende ... – Es gibt eine ganze Reihe von Agierenden, die den Kunstmarkt bestimmen, sowie zahlreiche Faktoren und Regeln, die man kennen sollte. Sich hier zu orientieren, ist gar nicht so einfach ... Michael Findlay erzählt in seiner Publikation „Vom Wert der Kunst“, was Menschen dazu bewegt, scheinbar irrational hohe Summen für Kunstwerke zu bezahlen, nach welchen Kriterien sie sich für bestimmte Kunstschaffende entscheiden und welche Rolle die erworbenen Werke im Leben der Sammelnden spielen. Anna Haifisch hingegen verfolgt in ihrem Comic „The Artist“ einen ganz anderen Ansatz. Ihr gezeichnetes Porträt des Kunstbetriebs ist satirisch pointiert und zugleich schonungslos menschlich. Liebevoll nimmt sie sich der Zumutungen, Peinlichkeiten und Ängste der Künstlerexistenz an.#
Lieblingsfarbe? Bunt!
Mit „Alle unsere Farben“ legt Michel Pastoureau ein ebenso persönliches wie allgemeingültiges Panoptikum über die Bedeutung der Farben in Alltag, Kunst und Geschichte vor. Ein vielfarbiges, freihändig erzähltes Sachbuch.
Dass ein bestimmter Geschmack oder ein spezieller Geruch eine ganze Dominokette an Erinnerungen auslösen kann, dass das Gedächtnis eine sinnliche Erfahrung speichert und mit bestimmten Gefühlen verknüpft, ist in der Literatur oft beschrieben worden. Dass die verlorene Zeit jedoch ebenso spontan und scheinbar unwillkürlich mittels Farben und Formen wiedergefunden werden kann, zeigt Pastoureau in diesem schillernd bunten, anekdotischen Essay.
Er erzählt von blauen Hosen und von Rotkäppchens Haube, von Trikots und Farbfilmen, von schwarzen Katzen und monochromen Menüs, von Mondrian und Vermeer, von Vierfarbkugelschreibern und Rotgrünblindheit. Wie beiläufig verbindet er in seinem kurzweiligen Parcours private Erinnerungen mit soziologischen, historischen und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Nach der Lektüre wird man die bunte Welt mit anderen Augen sehen!
„Blau, Schwarz, Rot, Grün und Gelb: Der Historiker Michel Pastoureau hat eine Kulturgeschichte der Farben geschrieben, die viel über die Menschen erzählt und so wunderbar zu lesen ist, dass man sie mit Kritzeleien des Entzückens versehen wird.“
Peter Richter, Süddeutsche Zeitung
Der Autor
Alle unsere Farben
Eine schillernde Kulturgeschichte
Michel Pastoureau, 272 S., Klappenbroschur, dt., Wagenbach Verlag 2023, ISBN 9783803137258, EUR 24,00 (D), EUR 24,70 (A)
Michel Pastoureau, geboren 1947 in Paris, ist Historiker und emeritierter Professor der École Pratique des Hautes Études Paris, wo er 35 Jahre lang den Lehrstuhl für abendländische Symbolik innehatte. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zur Kulturgeschichte von Farben, Tieren und Symbolen, die in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurden.#
Collage Meets Design
Cut and Paste in Graphic Design and Art
Jorge Chamorro, 224 S., durchg. farb. illustr., 19,6 x 25,6 cm, geb., engl., Hoaki Books 2023, ISBN 9788417656898, EUR 39,95 (D), EUR 39,95 (A)
Dieses Buch stellt eine Auswahl zeitgenössischer Grafikdesign Ateliers, Collagekünstler und Künstler anderer Disziplinen vor, in deren Arbeiten sich Design und Collage auf unterschiedlichste und in oft witziger Weise überschneiden
Schnipsel und Pixel
Michaele Müller, 176 S., durchg. farb. ill. und fotogr., 17 x 24 cm, geb., dt., Haupt Verlag 2023, ISBN 9783258602530, EUR 29,90 (D), EUR 30,80 (A) , CHF 32,00 (CH)
Die Autorin stellt in ihrem Buch Projekte und Techniken im Wechselspiel zwischen digital und analog vor. Sie zeigt, wie man digitale Werkzeuge ideal mit Handarbeit kombinieren kann, sodass aus Schnipseln Pixel entstehen. Dabei stellt sie eine ganze Palette digitaler Tools vor, kurze Videos vertiefen die Anwendungsvorschläge.
Porträtzeichnen
ganz einfach
Antje Linker-Wenzel, 144 S., zahlr. farb. Abb., 19 x 25 cm, kart., dt., Stiebner Verlag 2021, ISBN 9783830714552, EUR 18,00 (D), EUR 18,50 (A) , CHF 24,90 (CH)
Bei der Porträtzeichnung geht es darum, die Persönlichkeit einzufangen. Mit viel Spaß und Lust am Experimentieren stürzt sich die Autorin gemeinsam mit ihren Leser*innen in dieses Abenteuer. Sie gibt wertvolle Tipps, zeigt Inspirationsvorlagen und stellt verschiedene Techniken vor.
Die Kunst des Zeichnens
Masterclass Skizzieren
Alex Hillkurtz, 144 S., zahl. farb. Abb., 22 x 28,5 cm, geb., dt., frechverlag 2023, ISBN 9783735880635, EUR 25,00 (D), EUR 25,70 (A) , C HF 34,50 (CH)
Ob Landschaft, Stadtansicht, Architektur, Figur, Gesicht oder Stillleben, ob mit Bleistift, Fineliner, Füller oder Feder – mit einfachen innovativen Methoden führt dieser moderne Leitfaden an das spontane dynamische Skizzieren und Aquarellieren heran.
Stadtbilder zeichnen
Gebäude – Strukturen – Details
Richard Taylor, 120 S., zahlr. farb. Abb., 21,6 x 28,0 cm, brosch., dt., Stiebner 2023, ISBN 9783830714606, EUR 20,00 (D), EUR 20,70 (A) , CHF 27,90 (CH)
Das Buch ist das richtige für alle, die Gebäude und Skylines detailgerecht darstellen möchten. Mit den Tipps des Autors gelingt es rasch, Architektur und Atmosphäre von bebauten Umgebungen auf Papier zu bannen. Je nach Kenntnisstand kann das Buch entweder von vorne bis hinten durchgearbeitet oder spezifische Techniken direkt nachgeschlagen werden.
Aquarellmalerei Landschaften
Terry Harrison, 144 Seiten, ca. 200 Abb., 21,6 x 28,0 cm, brosch., dt., Christophorus Verlag 2023, ISBN 9783862304547, EUR 25,99 (D), EUR 26,80 (A) , CHF 35,50 (CH)
In diesem Buch werden 16 zauberhafte Motive gezeigt. Sie sind mithilfe heraustrennbarer Vorlagen und sehr detaillierter Arbeitsschritte leicht nachvollziehbar. Anfänger*innen gelingt so ein leichter Einstieg in die Aquarellmalerei und Fortgeschrittene profitieren vom Terry Harrisons reichem Erfahrungsschatz.
Acryl-Effekte
Anita Hörskens, 160 S., zahlr. farb. Abb., 20 x 23,5 cm, geb., dt., Edition Michael Fischer 2023, ISBN 9783745915426, EUR 27,00 (D), EUR 27,80 (A) , CHF 36,90 (CH)
Innovative Ideen rund um das beliebte Malmedium Acryl bieten Inspiration für AcrylBegeisterte, die es abstrakt mögen – Struktur und Effekt stehen hier im Vordergrund. Verschiedene Techniken werden anhand anschaulicher Praxisanleitungen Schritt für Schritt erklärt. Mit ausführlichem Grundlagenteil zu Farbenlehre, Mal-, Struktur- und Mischtechniken.
Textured Art
Nicole Menz, 96 S., ca. 100 Abb., 20 x 23,5 cm, Klappenbr., dt., Christophorus Verlag 2023, ISBN 9783862304608, EUR 17,99 (D), EUR 18,50 (A) , CHF 24,90 (CH)
Sie lieben es clean, modern und haben ein Faible für Kunst? Dann liegen Sie mit dem Trend Textured Art genau richtig. Die Reliefbilder entstehen mithilfe von Strukturpasten, Gips und Acrylfarben. Diese werden mit einem Malmesser oder dickem Pinsel aufgetragen. Wie es geht, erklärt Nicole Menz Schritt für Schritt, sodass auch Anfänger direkt beginnen können.
Jan, der kleine Maler
Jean-Luc Englebert, 40 S., durchg. farb., 20,5 x 26,5 cm, geb., dt., Picus Verlag 2023, ISBN 9783711740328, EUR 18,00 (D), EUR 18,00 (A)
Jan ist Lehrjunge in der Werkstatt eines großen Meisters. Er möchte später ein berühmter Maler werden. Zunächst muss er noch niedere Dienste verrichten, doch als eines Tages blaue Pigmente gesucht werden, wächst er über sich hinaus. Ein hinreißendes Bilderbuch, das in eine Breughel’sche Welt entführt und dabei auch von den Grundlagen der Malerei erzählt.
Die großartigste Idee der Welt
Ashley Spires, 40 S., durchg. farbig, 25,5 x 25,5 cm, geb., Jacoby & Stuart 2023, ISBN 9783964281708, EUR 15,00 (D), EUR 15,50 (A)
Dies ist die Geschichte eines Mädchens, das am liebsten Ideen umsetzt. Ihr Gehirn ist nämlich eine „Ideenmaschine“, immer so voll davon, dass sie kaum hinterherkommt! Aber dann fällt ihr eines Tages, wie aus heiterem Himmel, nichts mehr ein. Sie versucht alles, um neue Ideen aus sich herauszuschutteln. Aber nichts geschieht. Was, wenn sie nie wieder eine Idee hat?
Die große Frage Schmuckausgabe
Wolf Erlbruch, 52 S., durchg. farb., 21 x 36 cm, Halbleinen, dt., Peter Hammer Verlag 2023, ISBN 9783779507086, EUR 25,00 (D), EUR 25,70 (A)
Warum bin ich auf der Welt? Wolf Erlbruch findet viele, die eine Antwort wissen. Limitierte Schmuckausgabe zum 75. Geburtstag von Wolf Erlbruch in bibliophiler Ausstattung.
Bildspringer. Der erste Fall der Van-Gogh-Agency
Christina Wolff, 192 S., s/w-Illus., 15 x 20 cm, dt., geb., WooW Books 2023, ISBN 9783961771219, EUR 16,00 (D), EUR 16,50 (A)
Vincent hat ein einzigartiges
Talent: Er kann in Gemälde eintauchen und sich darin bewegen! Als das Gemälde „Das Gewitter“ eines niederländischen Malers gestohlen wird, beschließt Vincent, das Bild aufzuspüren. Gleichzeitig fühlt sich die van Gogh’sche „Sternennacht“ plötzlich wie eine Fälschung an, wenn er hineinspringt ...
Schmales Land
Christine Dwyer Hickey, 416 S., geb. m. Leseb., 13,2 x 21 cm, dt., Unionsverlag 2023, ISBN 9783293005945, EUR 26,00 (D), EUR 26,80 (A)
1950 verbringt der 10-jährige Kriegswaise Michael einen Sommer in Cape Cod und erlebt durch die eigenwillige Künstlerin Mrs Aitch eine neue Welt. Ein leuchtendes, mit kraftvollem Pinselstrich gemaltes Porträt einer Ehe und einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen einem Waisenjungen und dem Künstlerpaar Josephine und Edward Hopper.
Spitzweg
Erhart Nickel, 256 Seiten, 13,6 cm x 21,6 cm, geb., dt., Piper, 2022, ISBN 9783492 071437, EUR 22,00 (D), EUR 22,70 (A)
„Ich habe mir nie viel aus Kunst gemacht“, offenbart der Erzähler und berichtet von Carl, dem bewunderten Freund, der ihn mit seiner bis zum Verbrechen reichenden Spitzweg-Begeisterung ansteckt. Eine raffinierte Kritik an der Bildvergötterung der sozial verwahrlosten Digitalgesellschaft, erzählt als Geschichte einer Obsession, in der die Kunst zur zweiten Natur des Menschen wird.
Die Erfindung der Wirklichkeit
Baret Magarian, 480 S., 14 x 21,5 cm, geb., dt., Folio Verlag 2022, ISBN 9783852 568614, EUR 28,00 (D), EUR 28,00 (A)
Die Geschichte um den Schriftsteller Daniel Bloch beginnt mit einer Schaffenskrise und mündet in einem entfesselten Medienhype, der immer bedrohlichere Ausmaße annimmt … Baret Magarian entführt uns in eine fantastische Welt, in der Kunst und Künstlichkeit, Liebe und Wahnsinn, das Reale und das Erfundene einen rauschhaften Sog entfalten – eine Welt, die längst unsere eigene ist.
Louise Bourgeois
Louise Bourgeois, Christiane Meyer-Thoss, 288 S., m. zahlr. Abb., 18 × 22 cm, geb. m. SU, dt./engl., ink press 2016, ISBN 9783906811017, EUR 39,80 (D), EUR 41,00 (A)
Das vorliegende Buch ist ein Reprint des Kultbuchs zur Künstlerin. Es umfasst eine Einführung ins Werk, Auszüge aus den Gesprächen mit der Künstlerin und zahlreiche Zitate. „Ohne meine Kunst wäre ich mit dem Leben nicht fertiggeworden.“ Das Geheimnis der Bildhauerin Louise Bourgeois manifestiert sich am deutlichsten in ihren eigenen Worten.
Ruhe und innere Balance
Barbara Hepworth (1903–1975) gilt als Schlüsselfigur der europäischen Avantgarde und Meisterin der Abstraktion. Ihr Werk steht beispielhaft für die Befreiung der Form: Hepworths Skulpturen setzen mit Ruhe und innerer Balance ein Zeichen für die befriedende Kraft der Kunst. Als Vorkämpferin der modernen Bildhauerei revolutionierte Hepworth die Kunst mit ihrer Methode des „Piercings“, also Durchstechens der Form. Mit ihrer Kombination aus reduzierten Formen, zeitlosen Materialien und einer naturverbundenen Haltung wurde sie zu einer der führenden britischen Künstlerinnen ihrer Zeit, die internationale Anerkennung fand. Fast ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod bietet die Ausstellung „Die Befreiung der Form – Barbara Hepworth. Meisterin der Abstraktion im Spiegel der Moderne“ im Lehmbruck Museum in Duisburg (bis zum 20. August 2023) neue Perspektiven auf Ihr Schaffen.
Barbara Hepworth wurde 1903 in Wakefield, Yorkshire, als Tochter eines Bauingenieurs geboren. Sie erhielt Stipendien für die Leeds School of Arts (1919–21) und das Royal College of Art (1921–24). Zwischen ihr und ihrem Kommilitonen Henry Moore entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft. Im Jahr 1924 erhielt sie ein Reisestipendium und verbrachte die Jahre 1924 bis 1925 in Italien, wo sie 1925 den Bildhauer John Skeaping heiratete. Sohn Paul wurde 1929 geboren. Obwohl Hepworths frühe Skulpturen noch figurativ waren, begann sie damit, Formen zu vereinfachen, indem sie Details reduzierte oder eliminierte. Ab Mitte der 1930erJahre arbeitete sie vollständig abstrakt. 1931 lernte Hepworth Ben Nicholson kennen. Gemeinsam schlossen sie sich 1933 der Gruppe Abstraction-Création und im selben Jahr Unit 1 an. Ein Jahr später wurden ihre Drillinge geboren. In den 1930er-Jahren arbeiteten Hepworth, Nicholson und Moore eng zusammen und bildeten den Kern der abstrakten Bewegung in Großbritannien.
1939, kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, zog Hepworth mit Nicholson nach St Ives in Cornwall, wo sie den Rest ihres Lebens verbrachte. In den 1950er-Jahren genoss Hepworth
großes Ansehen und nahm an zahlreichen internationalen Ausstellungen teil, darunter die Biennale von Venedig (1950) und die documenta in Kassel (1955/1959). Im Laufe ihrer Karriere erhielt sie viele prestigeträchtige öffentliche Aufträge und Auszeichnungen, unter anderem 1959 den Hauptpreis der Biennale von São Paulo. Darüber hinaus wandte sich Hepworth auch anderen Bereichen der Kunst zu: Sie entwarf Bühnenbilder und Kostüme für Sophokles’ „Elektra“ (1951) und Michael Tippetts Oper „The Midsummer Marriage“ (1955) und gründete das St Ives Festival of Music and the Arts (1953).
1975 kam Hepworth bei einem Brand in ihrem Atelier ums Leben. In ihrem Nachruf im Guardian wurde sie als „wahrscheinlich die bedeutendste Künstlerin in der Geschichte der Kunst bis heute“ bezeichnet.
Barbara Hepworth wurde 1951 in das Komitee des zweiten LCC Open Air Exhibition of Sculpture im Battersea Park gewählt. 1973 wurde sie zum Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Letters ernannt. 1960 erhielt sie die Ehrendoktorwürde der
University of Birmingham und 1961 der University of Leeds. 1964 wurde sie Mitglied des Kuratoriums der Tate Gallery. 1965 folgte die Ehrung mit dem Orden Dame Commander of the British Empire und 1968 eine Retrospektive in der Tate Gallery, London. Im selben Jahr erhielt sie die Ehrendoktorwurde der University of Oxford.
Hepworth war Teil eines großen Netzwerks fortschrittlich denkender Künstlerinnen und Künstler, die der modernen Kunst wichtige Impulse gegeben haben. Zu ihnen gehörten Hans Arp, Constantin Brâncuși, Naum Gabo, Alberto Giacometti, Henry Moore und Antoine Pevsner, deren Skulpturen in der Duisburger
Zusammenschau mit den Werken Hepworths zu sehen sind. Die Ausstellung gibt so Einblicke in einen der entscheidenden Momente in der Entwicklung der modernen Bildhauerei. Hepworths Kunst steht für die Aufbruchstimmung nach dem Zweiten Weltkrieg und für die Zuversicht, dass die Abstraktion die Kraft hat, auch an der Befreiung der Gesellschaft mitzuwirken.
Fast ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod eröffnet die Ausstellung neue Perspektiven auf das Schaffen Barbara Hepworths und zeichnet die Verbindungen zu ihren Zeitgenoss*innen und ihren Einfluss bis in die Gegenwart hinein nach. Sie umfasst rund 50
Die Ausstellung erö net ein halbes Jahrhundert nach dem Tod der Künstlerin neue Perspektiven auf das Scha en Barbara Hepworths und zeichnet ihren Ein uss bis in die Gegenwart nach.
Exponate, darunter mehr als 20 Skulpturen von Barbara Hepworth, und zeitgenössische Positionen der Künstler*innen Nevin Aladağ, Julian Charrière, Claudia Comte, Tacita Dean, Nezaket Ekici und Laurenz Theinert, deren Werke Hepworths Ideen aktualisieren und ihre formalen und ästhetischen Qualitäten neu interpretieren.
Die Ausstellung entstand in enger Kooperation mit The Hepworth Wakefield, das 2011 auf der Basis einer Schenkung der Familie Hepworth an die englische Stadt Wakefield eröffnet wurde. Dort sind 44 Exponate aus Gips und Aluminium zusammen mit der Werkbank und den Werkzeugen der Künstlerin in zwei Galerien ausgestellt, die Barbara Hepworths Arbeitsweise erforschen. Ergänzt wird die Duisburger Schau durch Leihgaben aus der Royal Collection, London, dem Kröller-Müller Museum in Otterlo, dem Sprengel Museum, Hannover, dem Pier Arts Centre, Stromness, dem Kunstmuseum Den Haag, und dem Museum Morsbroich, Leverkusen.
„Die Skulpturen Hepworths wirken in ihrer Zeit stilbildend“, so Dr. Söke Dinkla, Direktorin des Lehmbruck Museums. „Formvollendung, Präzision und eine neue Schönheit sind die Kennzeichen ihrer Skulpturen, die uns zum freien Denken inspirieren. Sie streben danach, die Beschränkungen von Zeit und Raum zu überwinden und lassen neue Dimensionen des ästhetischen Erlebens entstehen.“#
Ausstellung
Bis 20. August 2023
Die Befreiung der Form Barbara Hepworth. Meisterin der Abstraktion im Spiegel der Moderne
Katalog
Barbara Hepworth. Die Befreiung der Form
Söke Dinkla (Hrsg.), Beiträge von C. Clayton, S. Dinkla, E. Enderby, D. Hannah, J. Keilholz-Busch, dt., geb., 176 S. m. 100 Abb. in Farbe, 24 x 28 cm, Hirmer, ISBN 9783777441436
Kontakt
Lehmbruck Museum
Düsseldorfer Straße 51, 47051 Duisburg
Tel. +49-(0)203-2833294
www.lehmbruckmuseum.de
Zwischen Fläche und Raum
Ist es Malerei oder Skulptur, Fläche oder Raum? Kein anderes künstlerisches Medium fordert das Sehen so heraus wie das Relief, und das macht es für die berühmtesten Künstler*innen seit jeher so reizvoll: Rodin, Matisse, Gauguin, Picasso, Hans Arp oder Yves Klein – sie alle schufen in diesem Sinne herausragende Kunst. Das Städel Museum präsentiert in diesem Sommer eine große Ausstellung über das Relief von 1800 bis in die 1960er-Jahre: „Herausragend! Das Relief von Rodin bis Picasso“ ist bis zum 17. September in Frankfurt zu sehen.
Aus der Antike ist das Relief vor allem als Schmuck von Architekturen bekannt. In der Renaissance spielte es eine wichtige Rolle im Wettstreit der Maler und Bildhauer, die um die Nachahmung der Wirklichkeit konkurrierten. Als das Relief um 1800 vermehrt Eingang in kunsttheoretische Debatten fand, wurde es als Zwischengattung unter den Künsten bezeichnet. In der Zone zwischen der zweiten und der
dritten Dimension blieb es aber eine überwiegend bildhauerische Aufgabe.
Mit der Zeit wuchs das künstlerische Interesse, die traditionellen Gattungsgrenzen zu überwinden. Maler schufen Skulpturen, Bildhauer näherten sich der Malerei an. Das Relief wurde dabei zu einem Spielfeld für Experimente mit neuen Formen, Materialien und Techniken. Reliefs wurden jetzt nicht mehr vorrangig aus den klassischen Werkstoffen Stein, Ton, Gips oder Bronze hergestellt. Die Künstlerinnen und Künstler griffen zu Alltagsgegenständen und Fundstücken, um die plastischen Gebilde aus der Fläche hervortreten zu lassen. Ob geklebt oder genagelt, unter Verwendung von Naturschwamm oder einer Schöpfkelle gefertigt – das Relief zeigte völlig neue Erscheinungsformen. Im Zuge der umwälzenden Veränderungen des frühen 20. Jahrhunderts erweiterte sich auch seine gesellschaftliche Bedeutung: Das Relief wurde zum Ort für Utopien und zum Spiegel des Aufbruchs in eine neue Welt. Die Ausstellung, die in Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle entstand, präsentiert die enorme Bandbreite des Reliefs von 1800 bis in die 1960er-Jahre. 13 Kapitel widmen sich epochenübergreifend den besonderen Möglichkeiten und den Grenzen der Reliefkunst jenseits entwicklungsgeschichtlicher Linien oder Stile.
Reliefs finden sich in sehr unterschiedlichen räumlichen und thematischen Zusammenhängen: etwa an und in öffentlichen Gebäuden, an Denkmälern oder Grabanlagen. Sie schildern dort oft historische Ereignisse oder fungieren als allgemeine Sinnbilder. Dabei können sie als Einzelwerk genauso wie als Abfolge mehrerer Segmente in Erscheinung treten, in denen sich die Bilderzählung entfaltet.
Die Ausstellung beginnt mit eindrücklichen Gegenüberstellungen wie dem flach gestalteten Marmor-Epitaph für Johann-Philipp BethmannHollweg von Bertel Thorvaldsen (1830, Liebieghaus Skulpturensammlung) und dem im Hochrelief gearbeiteten Entwurf für das Denkmal des Rennfahrers Émile Levassor von Jules Dalou (1898–1902, Petit Palais, Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris). Herausragende Werke stehen beispielhaft für eine in der französischen Re-
liefkunst des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts lebhafte Diskussion: Wie lassen sich Mittel der Malerei auf die Skulptur übertragen – und umgekehrt? Die Werke bilden einen Gegenpol zur klassizistischen Reliefvorstellung, nach der Figur und Grund klar voneinander zu trennen sind. Stattdessen orientieren sich die besagten Künstler vielfach an der lockeren Pinselführung der impressionistischen Malerei und entwickelten auf diese Weise eine moderne Interpretation des Reliefs.
Eines der Hauptwerke der Ausstellung ist das Relief von Paul Gauguin Seid geheimnisvoll (1890, Musée d’Orsay, Paris) [3], das in das Thema Farbigkeit im Relief einführt. Von der klassischen Bemalung über die Verwendung verschiedenfarbiger Materialien bis hin zum gezielten Einfärben der Werkstoffe hatten Künstler mehrere Möglichkeiten, Reliefs farbig zu gestalten. In der Ausstellung zu sehen sind u a. stark kolorierte Arbeiten von Malern wie Arnold Böcklin, Maurice Denis und Ernst Ludwig Kirchner, aber auch von Bildhauern wie Adolf von Hildebrand, Artur Volkmann oder Albert Marque, die sich im Gegensatz dazu eines reduzierten Farbspektrums oder der natürlichen Farbigkeit des gewählten Materials bedienten.
Die bedeutenden Reliefs des Parthenontempels der Athener Akropolis (5. Jh. vor Chr.) dienten zahlreichen Künstler des 19. Jahrhunderts formal als Vorbild für die Gestaltung eigener Arbeiten. Die Ausstellung präsentiert Werke, in denen sich diese Faszination und die Auseinandersetzung mit der historischen Vorlage bis ins 20. Jahrhundert hinein eindrücklich widerspiegelt. Dabei unterscheidet sich die Art und Weise der Aneignung immens –die Spanne reicht vom getreuen Kopieren über das leicht variierende Anverwandeln bis hin zum freien Zitieren.
Mit seinen Erhebungen und Vertiefungen erinnert das Relief an die Erdoberfläche und die Höhen und Tiefen ihrer Landschaften. Künstler wie Yves Klein mit seinem Relief éponge bleu (Kleine Nachtmusik, 1960, Städel Museum), Max Ernst, Paul Klee oder William Turnbull näherten sich in ihren Arbeiten durch intensive Strukturierung der Oberflächen, den Einsatz von Naturmaterialien wie Sand und Schwämmen oder das Einbeziehen ungewöhnlicher Perspektiven dem Thema der Landschaft. Das Relief wird dabei zu einem Medium für die künstlerische Neuschöpfung von Naturräumen, die zum Eintauchen in verschiedenste Welten – vom Wald bis zum Meeresgrund – einladen.
Mit seinen Erhebungen und Vertiefungen erinnert das Relief an die Erdober äche und die Höhen und Tiefen ihrer Landschaften.
Am Übergang von der zweiten zur dritten Dimension können Relief-Darstellungen mitunter die Wahrnehmung auf die Probe stellen. Bereits in der Frühen Neuzeit konkurrierten Maler und Bildhauer im Wettstreit der Künste, dem sogenannten Paragone, um die gelungenere Naturnachahmung und Wiedergabe von Körperlichkeit. Philipp Otto Runges Gemälde Triumph des Amor (1802, Hamburger Kunsthalle) erzeugt mit den Mitteln der Malerei ein scheinbar haptisches Relief. Ebenso eignen sich täuschend echt gestaltete Stillleben für künstlerische Illusionen verschiedenster Materialien. Zugespitzt spiegelt sich die Auseinandersetzung mit diesen Traditionen in Restaurant Spoerri von Daniel Spoerri (1968, Kunsthalle Mannheim) oder Gerhard Richters Großer Vorhang (1967, Städel Museum) – als Bildmotiv war der Vorhang schon in der Antike der Inbegriff fur vollkommene Täuschung.
Der Porträtkunst im Relief widmet sich ein weiterer Teil der Ausstellung. Von der Medaille bis zum Materialbild bietet das Relief vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, um Gesichter in ihrer Einzigartigkeit festzuhalten. Seit der Antike hat sich fur Porträts im Relief vor allem die Profilansicht etabliert. Davon losgelöst nutzten Künstlerinnen und Künstler wie Käthe Kollwitz oder Pablo
Picasso die frontal zu betrachtende Hohlform der Maske, um die Wiedergabe von Emotionen zu erproben. Alberto Giacometti und Constantin Brâncuși skizzierten die Gesichter ihrer Skulpturen mittels Ritzungen und Schraffuren, während etwa Eugène Leroy sein Selbstbildnis auf der Fläche der Leinwand aus dicker Farbpaste formte.
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts bezogen die Künstlerinnen und Künstler verstärkt auch den Raum in die Gestaltung ihrer Arbeiten mit ein. Das Relief dehnt sich über die Trägerfläche in alle Richtungen aus: So geben Schnitte und Leerstellen den Blick auf das Dahinter frei und erweitern damit das plane Werk um eine zusätzliche, rückwärtige Ebene. Oder die Konstruktionen ragen so sehr aus der Fläche hervor, dass sie den Raum vor sich umgreifen und in sich einschließen – wie etwa Antoine Pevsners Dynamische Konstruktion (1947, Centre Pompidou, Paris) oder die Werke von Lee Bontecou zeigen.
Regelmäßig strukturierte Oberflächen, seriell angeordnete Alltagsobjekte und eine überwiegend reduzierte Farbigkeit bis hin zur Monochromie kennzeichnen zahlreiche Werke von Piero Manzoni und Adolf Luther über Peter Roehr bis hin zu Jan
Schoonhoven. Die Strukturen ließen sich nahtlos über den Rand der Darstellung hinaus weiterführen und verbinden die Reliefs so mit der Wand. Häufig ist erst auf den zweiten Blick das feine Zusammenspiel von nuancierter räumlicher Beschaffenheit und subtilem Lichtspiel zu entdecken. Gerade in den 1950er- und 1960er-Jahren wurden die Auswirkungen von reduziertem Farb- und Materialeinsatz – oftmals in Gestalt sich wiederholender Muster und Formen – auf die Wahrnehmung des Betrachters ausgelotet.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zielten Künstlerinnen und Künstler in ganz Europa darauf, mit ihren Werken an der Gestaltung einer neuen Gesellschaft mitzuwirken oder diese kritisch zu hinterfragen. Länderübergreifend lässt sich dabei eine Hinwendung zum Relief beobachten, das sowohl in den Werken der russischen Konstruktivisten Wladimir Tatlin und Iwan Puni als auch der
Dada-Bewegung um Hans Arp, Christian Schad und Kurt Schwitters einen wichtigen Stellenwert innehatte. Es überwiegt eine geometrische Formensprache, vielfach wurde auch mit vorgefundenen Materialien gearbeitet, die zu Objektassemblagen kombiniert wurden. Reliefkunst und Malerei standen dabei in einem fruchtbaren Wechselspiel.
In der Nachkriegsmoderne erlebte das Relief als Bauaufgabe einen wesentlichen Aufschwung. Die Ausstellung zeigt u. a. Entwürfe monumentaler Wandreliefs von Barbara Hepworth, Henry Moore und Ben Nicholson, die durch ihre Teilnahme an den ersten documenta-Ausstellungen die Kunstszene der BRD prägten. Die Ausstellung verdeutlicht, dass der Rahmen als wesentlicher Bestandteil des Reliefs eine wichtige Rolle spielen kann: Der Rahmen als gestalterische Einfassung und Schutz eines Kunstwerks betont seine Autonomie, da er das Bildfeld nach innen um-
Archipenko, Badende (Baigneuse), 1915, Draht, Papiermaché und Gips 47,5 x 23 x 18,5 cm, Städel Museum, Frankfurt am Main, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V., Foto: U. Edelmann, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023 / Alexander Archipenko.
[7]
Violine (Violon), 1915, Metallblech, bemalt, und Eisendraht 100 x 63,7 x 18 cm, Musée national Picasso, Paris, © Paris, Musée national Picasso – Paris, bpk | RMN – Grand Palais | Béatrice Hatala.
schließt und nach außen abgrenzt. Indem Künstlerinnen und Künstler das Motivfeld und die Umfassung ihrer Reliefs aus dem gleichen Material fertigen, wird der von Anfang an mitkonzipierte und mitgearbeitete Rahmen dabei ebenso zum essenziellen Teil des Werkes.
Den Schlusspunkt des Rundgangs setzt die Mehransichtigkeit von Reliefs mit vollplastischen Arbeiten, die sich in ihrer Gestaltung dem Relief annähern. Im frühen 20. Jahrhundert entstanden freistehend konzipierte Werke, die Merkmale von Rundplastiken mit einer eigentlich dem Relief vorbehaltenen, flächenbetonten Sicht verknüpfen, wie die Badende von Alexander Archipenko (1915, Städel Museum) [6] zeigt. Der wichtigste Auslöser fur diese Entwicklung war der Kubismus – eindrücklich erfahrbar durch herausragende Werke von Pablo Picasso, etwa die Violine (1915, Musée national Picasso –Paris) [7]. Der Kubismus brach den Bildraum und die Formen auf und zeigte Gegenstände oder Personen gleichzeitig aus verschiedenen Perspektiven: Die Betrachtenden sind aufgefordert, ihren Blickwinkel immer wieder zu ändern und die vielfältigen Sinneswahrnehmungen zu einem Gesamteindruck zu vereinen.
„Das Relief ist eines der ältesten Bildmedien der Menschheit. Als Hybrid steht es nicht nur zwischen den künstlerischen Gattungen Malerei und Skulptur, sondern in der Wahrnehmung auch im Spannungsfeld zwischen Sehen und Berühren“, erläutern die Kuratoren der Ausstellung, Alexander Eiling und Eva Mongi-Vollmer. „Unsere Ausstellung widmet sich den besonderen Möglichkeiten und Chancen des Reliefs in der Kunst vom Klassizismus bis in die 1960erJahre. Mit der Rückbindung an die klassische Antike beginnt um 1800 eine deutliche Zäsur für die Bedeutung und die Ästhetik des Reliefs und in den 1960er-Jahren markieren der ‚Ausstieg aus dem Bild‘ und der damit verbundene Transfer bildhauerischer Konzepte in Raumkonzepte einen abermaligen Dreh- und Angelpunkt. Die Ausstellung liefert keine umfassende Geschichte des Reliefs, sie wirft vielmehr einzigartige Schlaglichter auf den heute wenig bekannten Diskurs rund um die Kunst des Reliefs.“#
Ausstellung
Bis 17. September 2023
Herausragend!
Das Relief von Rodin bis Picasso
Kontakt
Herausragend!
Das Relief von Rodin bis Picasso Alexander Eiling, Eva Mongi-Vollmer, Karin Schick (Hrsg.), Hardcover, 264 S. m. 280 Farbabb., Prestel Verlag, ISBN 9783791379852
Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie
Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt am Main Tel. +49-80)69-605098-200
www.staedelmuseum.de
Im Anschluss
13. Oktober 2023 bis 25. Februar 2024
Herausragend!
Das Relief von Rodin bis Taeuber-Arp
Hamburger Kunsthalle
Glockengießerwall 5, 20095 Hamburg
Tel. +49-(0)40-428131-200
www.hamburger-kunsthalle.de
Spiel mit Widersprüchen
Sarah Morris in den Deichtorhallen Hamburg
Seit den 1990er-Jahren hat Sarah Morris (* 1967) ein umfangreiches Werk geschaffen, das ihr Interesse an Netzwerken, Typologien, Globalisierung, Architektur und Metropolen widerspiegelt. Sie nutzt sowohl die Realität als auch bildhafte Abstraktionen, um eine neue Sprache fur Orte und deren Politik zu entwickeln. Morris betrachtet ihre Bilder als sich selbst erzeugend, offen fur Interpretationen, Bewegung und Veränderung, die den Betrachtenden das intensive Gefuhl vermitteln, Teil eines größeren Systems zu [1]
sein. Durch das Erschaffen einer virtuellen Architektur und Formensprache greifen ihre Arbeiten eine breite Palette von Themen auf wie multinationale Unternehmen, Architektur, generische Stammzellentechnologie, Academy Awards, die Olympischen Spiele, Verkehrsnetze, Landkarten, Mondzyklen, Museen, Druckpressen, Fabriken, Mode und Postsysteme, um nur einige zu nennen. Politik, Macht und Wirtschaft, aber auch Werbung und Unterhaltung sind in der Ästhetik ihrer Bilder verschlusselt.
Die Deichtorhallen Hamburg zeigen mit „All Systems Fail“ bis zum 20. August 2023 die bis dato umfassendste Ausstellung der Künstlerin. Die Retrospektive mit insgesamt über 180 Werken –von den Gemälden über ihr gesamtes filmisches Werk bis hin zu Zeichnungen, Filmplakaten und Skulpturen – gibt einen Überblick über dreißig Jahres ihres Schaffens.
In ihren Filmen, die parallel zu den Gemälden entstehen, erforscht Morris die Psychogeografie und den dynamischen Charakter von Städten im Wandel, indem sie ihre vielschichtigen und fragmentierten Erzählungen einfängt. Die Positionen und Situationen, in die die Kunstlerin sich selbst und die Betrachtenden versetzt, spiegeln die Hierarchien wider, in denen wir leben. Morris spielt in einzigartiger Weise mit dem Widerspruch einer Kompliz*innenschaft mit den gesellschaftlichen Strukturen auf der Makround Mikroebene und gilt daher als eine der faszinierendsten Kunstlerinnen ihrer Generation.
„Fur mich geht es darum, eine bestimmte Situation zu schaffen, die mir einen Adrenalinkick verschafft, die mich auflädt. Wenn man jemals in einem Taxi auf der Sixth Avenue gefahren ist, hat man gleichzeitig ein Gefuhl der Abscheu und ein Gefuhl der Ermächtigung. Ich habe versucht, diese Lautstärke oder das Adrenalin einzufangen“, so Sarah Morris. „Die Gemälde sind wie Nachbilder auf der Netzhaut. Es handelt sich nicht um eine direkte fotografische Wiedergabe. Das greift vielmehr zuruck auf die Idee der Synästhesie: so etwas wie ein Farbabdruck nach einer Emotion, der mit einem ganz bestimmten Ort oder einer Erfahrung von etwas Stromlinienförmigem verbunden ist. Ich versuche in den Filmen verschiedene Szenarien zu schaffen, die ich bereits erlebt habe oder die ich ersehne und die irgendwie diesen Kontext fur mich auslösen.“
Die Ausstellung wird von den Deichtorhallen Hamburg in Zusammenarbeit mit den Kunstmuseen Krefeld, dem Zentrum Paul Klee, Bern und dem Kunstmuseum Stuttgart organisiert.#
Ausstellung
Bis 20. August 2023
Sarah Morris. All Systems Fail.
Katalog
Sarah Morris
All Systems Fail
Dirk Luckow (Hrsg.), Texte von Christopher Bollen, Christopher Funcke, Asad Raza, dt./engl., Hardcover, 320 S. m. 508 Abb., 29 x 24 cm, Hatje Cantz, ISBN 9783775754729
Kontakt
Deichtorhallen Hamburg
Deichtorstraße 1–2, 20095 Hamburg
Tel. +49-(0)40-321030
www.deichtorhallen.de
Peggy
Deutschland
Baden-Baden
Museum Frieder Burda
Lichtentaler Allee 8b, 76530 Baden-Baden
Tel. +49-(0)7221-398980
www.museum-frieder-burda.de
Bis 8. Oktober 2023: Der König ist tot, lang lebe die Königin.
Berlin
Alte Nationalgalerie
Potsdamer Straße 50, 10785 Berlin
Tel. +49-(0)30-266424242
www.smb.museum
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Museumsmeile Bonn
Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn
Tel. +49-(0)228-9171-0
www.bundeskunsthalle.de
Bis 30. Juli 2023: 1920er! Im Kaleidoskop der Moderne. Bis 24. September 2023: Josephine Baker. Freiheit – Gleichheit – Menschlichkeit. Bis 8. Oktober 2023: Wer wir sind. Fragen an ein Einwanderungsland. Bis 15. Oktober 2023: Interactions.
Bremen
Kunsthalle Bremen
Am Wall 207, 28195 Bremen
Tel. +49-421-32908-0
Bis 8. Oktober 2023
Der König ist tot, lang lebe die Königin.
Museum Frieder Burda www.museum-frieder-burda.de
Bis 4. August 2023: Caspar David Friedrich. Die Wiederentdeckung. Bis 22. Oktober 2023: Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann.
Hamburger Bahnhof –Nationalgalerie der Gegenwart
Invalidenstraße 50–51, 10557 Berlin
Tel. +49-(0)30-266424242
www.smb.museum
Bis 30. Juli 2023: Zineb Sedira. Dreams Have No Titles. Bis 17. September 2023: Christina Quarles. Collapsed Time. Bis 17. September 2023: Fred Sandback. Simple Facts. Bis 15. Oktober 2023: Liam Gillick. Filtered Time. 6. Juli 2023 bis 7. Januar 2024: Eva Fàbregas. Devouring Lovers.
Neue Nationalgalerie
Potsdamer Straße 50, 10785 Berlin Tel. +49-(0)30-266424242
www.smb.museum
Bis 24. September 2023: Tehching Hsieh. Bis 8. Oktober 2023: Judit Reigl. Kraftfelder.
13. Juli bis 27. November 2023: Isa Genzken. 75/75. Bis 2026: Gerhard Richter. 100 Werke für Berlin.
Juan Muñoz, Miroir et cuillière, 1997, Leihgabe Sû Collection
Bis 13. August 2023
So wie wir sind 4.0.
Neues Museum
Weserburg Bremen
www.weserburg.de
Bonn
Kunstmuseum Bonn
Friedrich-Ebert-Allee 2, 53113 Bonn Tel. +49-(0)228-776260
www.kunstmuseum-bonn.de
Bis 17. September 2023: Wiebke Siem. Das maximale Minimum.
www.kunsthalle-bremen.de
Bis 20. August 2023: Kunst vereint! Die frühen Jahre der Sammlung. Bis 20. August 2023: Vega. Verein für erzählerische Geschichtsau ereitung. Bis 10. September 2023: Generation*. Jugend trotz(t) Krise. 15. Juli bis 15. Oktober 2023: Resonanz. Interventionen in die Sammlung.
Neues Museum Weserburg Bremen
Teerhof 20, 28199 Bremen
Tel. +49-421-598390
www.weserburg.de
Bis 13. August 2023: So wie wir sind 4.0. Bis 13. August 2023: Fokus: Norbert Schwontkowski. Bis 10. September 2023: Von De Stijl bis Boekie Woekie. Künstlerpublikationen aus den Niederlanden. Bis 8. Oktober 2023: Hannah Villiger. Ich bin die Skulptur.
Düsseldorf
Kunstsammlung
Nordrhein-Westfalen K 20
Grabbeplatz 5, 40213 Düsseldorf
Tel. +49-(0)211-8381130
www.kunstsammlung.de
Bis 16. Juli 2023: Etel Adnan. Poesie der Farben. 2. September 2023 bis 14. Januar 2024: Chaïm Soutine. Gegen den Strom.
Kunstsammlung
Nordrhein-Westfalen K 21 Ständehausstraße 1, 40217 Düsseldorf www.kunstsammlung.de Tel. +49-(0)211-8381204
Bis 6. August 2023: Jenny Holzer. Bis Sommer 2023: „Lines and Lines“. Sol LeWitt und Konrad Fischer, Spuren einer engen Kooperation. 23. September 2023 bis 14. Januar 2024: Isaac Julien. What Freedrom Is To Me.
Kunstpalast
Ehrenhof 4–5, 40479 Düsseldorf
Tel. +49-(0)211-8996260
www.kunstpalast.de
Bis 9. Juli 2023: Die Grosse Kunstausstellung
NRW 2023. 31. August 2023 bis 7. Januar 2024: Cornelius Völker. 14. September 2023 bis 21. Januar 2024: Tod und Teufel. Faszination des Horrors.
Duisburg
Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum
Friedrich-Wilhelm-Straße 40
47049 Duisburg, Tel. +49-(0)203-2832630
www.lehmbruckmuseum.de
Bis 20. August 2023: Die Befreiung der Form. Barbara Hepworth. Bis 20. August 2023: Sculpture 21st: Mona Hatoum. Bis 1. Oktober 2023: Ein Blick zurück. 100 Jahre Duisburger Künstlerbund. 23. September 2023 bis 25. Februar 2024: Alicja Kwade.
Frankfurt
MMK Museum für Moderne Kunst
Domstraße 10, 60311 Frankfurt am Main Tel. +49-(0)69-21230447
www.mmk.art
Bis 30. Juli 2023: Rosemarie Trockel. Bis
15. Oktober 2023: Cameron Rowland. Amt 45i (Tower MMK).
Schirn Kunsthalle Frankfurt
Römerberg, 60311 Frankfurt
Tel. +49-(0)69-299882-0
www.schirn.de
Bis 1. Oktober 2023: Plastic World. Bis 24. September 2023: Martha Rosler. 21. September 2023 bis 14. Januar 2024: Maruša Sagadin.
Städel Museum
Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt Tel. +49-(0)69-6050980
www.staedelmuseum.de
Bis 3. September 2023: Italien vor Augen. Frühe Fotogra en ewiger Sehnsuchtsorte. Bis 17. September 2023: Herausragend! Das Relief von Rodin bis Picasso. Bis 8. Oktober 2023: Philipp Fürhofer. Phantominseln. Bis 5. November 2023: Ugo Rondinone. Sunrise. East.
Hamburg
Bucerius Kunstforum
Alter Wall 12, 20457 Hamburg
Tel. +49-(0)403609960
www.buceriuskunstforum.de
Bis 24. September 2023: Lee Miller. Fotogra n zwischen Krieg und Glamour.
Deichtorhallen Hamburg
Deichtorstraße 1–2, 20095 Hamburg Tel. +49-(0)40-32103-0
www.deichtorhallen.de
Bis 20. August 2023: Ralph Gibson. Secret of Light. Bis 20. August 2023: Sarah Morris. All Systems fail. Bis 27. August 2023: Ernsthaft?! Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst (Sammlung Falckenberg). 27. Juli bis 20. August 2023: Jacolby Satterwhite. 30. September 2023 bis 25. Februar 2024: Dix and the Present.
Hamburger Kunsthalle
Glockengießerwall, 20095 Hamburg Tel. +49-(0)40-428131-200
www.hamburger-kunsthalle.de
Bis 31. Juli 2023: Von Mischwesen. Skulptur in der Moderne. Bis 27. August 2023: Vija Celmins | Gerhard Richter. Double Vision. Bis 24. September 2023: 1923: Gesichter einer Zeit. Bis 24. September 2023: Periskopisch! Werner Nöfers Graphik zwischen Pop und Agitation. Bis 22. Oktober 2023: Keine Illusionen. Malerei im Raum. 10. August bis 12. November 2023: Walid Raad. Cotton Under My Feet: The Hamburg Chapter.
Bis 20. August 2023
Sculpture
Stiftung Wilhelm
Lehmbruck Museum
www.lehmbruckmuseum.de
Ralph
Bis 20. August 2023
Ralph
www.deichtorhallen.de
Hamid Zénati, All-Over, Installationsansicht
Haus der Kunst, 2023
Foto: Judith Buss
Bis 23. Juli 2023
Hamid Zénati. All-Over.
Haus der Kunst
www.hausderkunst.de
Köln
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz, 50667 Köln
Tel. +49-(0)221-22126165, www.museenkoeln.de
Bis 23. Juli 2023: Ursula – Das bin ich. Na und? Bis 27. August 2023: Bild/ Gegenbild. Valie Export, Sanja Iveković, Tarrah Krajnak, Ana Mendieta, Carrie Mae Weems. Bis 24. September 2023: Ukrainische Moderne & Daria Koltsova. 3. August 2023 bis 31. August 2025: Über den Wert der Zeit.
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
Obenmarspforten (am Kölner Rathaus)
50667 Köln, Tel. +49-(0)221-221-21119 www.wallraf.museum
Bis 1. Oktober 2023: Spot on: Gustave Caillebotte. Bis 15. Oktober 2023: Susanna & Du. Bis 21. April 2024: Sammlerträume. Sternstunden niederländischer Barockkunst.
München
Haus der Kunst
Prinzregentenstraße 1, 80538 München
Tel. +49-(0)89-21127113, www.hausderkunst.de
Bis 9. Juli 2023: Holy. Energy. ars viva 2023.
Bis 23. Juli 2023: Hamid Zénati. All-Over. Bis 23. Juli 2023: Trace – Formations of Likeness.
Fotogra e und Video aus The Walther Collection. Bis 30. Juli 2023: Karrabing Film Collective. Wonderland. Bis 10. September 2023: Katalin Ladik. Ooooooooo-pus.
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München
Luisenstraße 33, 80333 München
Tel. +49-(0)89-23396933, www.lenbachhaus.de
Bis 9. Juli 2023: Alison Knowles. Sound and Space. Bis 10. September 2023: Cindy Sherman. Anti-Fashion. 23. Juli bis 10. September 2023: Cycling Circles.
Weil am Rhein
Vitra Design Museum
Charles-Eames-Str. 1, 79576 Weil am Rhein Tel. +49-(0)7621-7023200
www.design-museum.de
Bis 1. Oktober 2023: Garden Futures. Designing with Nature. Bis 5. November 2023: Hot Cities. Lessons from Arab Architecture.
Frankreich Paris
Centre Pompidou, Le Centre National D’Art et de Culture, Georges Pompidou, Musée National d’Art Moderne
Rue Saint-Martin, Place Georges Pompidou F-75004 Paris, Tel. +33-(0)1-44781233
www.centrepompidou.fr
Bis 7. August 2023: Norman Foster. Bis 28. August 2023: Moï Ver. Bis 28. August 2023: Lynne Cohen / Marina Gadonneix „Laboratoires / observatoires”. Bis 3. September 2023: Serge Gainsbourg. Le mot exact. Bis 13. November 2023: Over the Rainbow. 6. September 2023 bis 25. März 2024: Corps à corps. Histoire(s) de la photographie.
Musée du Louvre
Rue de Rivoli, 75001 Paris
Tel. +33-(0)1-40205050, www.louvre.fr
Bis 8. Januar 2024: Naples in Paris. The Louvre Hosts the Museo di Capodimonte.
Heinrich Friedrich Füger, Jupiter, Neptun und Pluto, 1789-1790, Rötel, Pinsel in Braun, weiße Deckfarbe, Albertina, Wien
Bis 27. August 2023
Götter, Helden und Verräter. Das Historienbild um 1800.
Albertina
www.albertina.at
Bis 10. September 2023: Charlotte Salomon. Leben? Oder Theater? Bis 8. Oktober 2023: Natascha Sadr Haghighian. Bis auf Weiteres: Fragment of an In nite Discourse.
Stuttgart
Staatsgalerie Stuttgart
Konrad-Adenauer-Straße 30–32
70173 Stuttgart, Tel. +49-(0)711-47040-0
www.staatsgalerie.de
Italien Rom Galleria Nazionale d’Arte Moderna
Viale delle Belle Arti, 131, 00197 Roma
Tel. +39-06-322981
www.lagallerianazionale.com
Bis 15. Oktober 2023: 100 Years of Modern Art. Bis 5. November 2023: Picasso metamor co.
Palazzo delle Esposizioni
Via Nazionale, 194, 00184 Roma
Tel +39-06-39967500
www.palazzoesposizioni.it
Bis 30. Juli 2023: Dieter Kopp. Tradizione e libertà. Bis 30. Juli 2023: Rome, a portrait. Festival of foreign culture academies and institutes. Bis 30. Juli 2023: Julie Polidoro. Social Distance. Bis 27. August 2023: Vita dulcis. Fear and desire in the Roman Empire.
Österreich Wien
Albertina
Albertinaplatz 1, A–1010 Wien
Tel. +43-(0)1-534830, www.albertina.at
Bis 27. August 2023: Götter, Helden und Verräter. Das Historienbild um 1800. Bis 17. September 2023: Georg Baselitz. 100 Zeichnungen. Bis 19. September 2023: Ofer Lellouche. Bis 1. Oktober 2023: Valie Export.14. September 2023 bis 7. Januar 2024: Michelangelo und die Folgen.
Albertina Modern
Karlsplatz 5, 1010 Wien
Tel. +43-(0)1-534830, www.albertina.at
Bis 23. Juli 2023: Andy Warhol bis Damian Hirst. The Revolution in Printmaking. Bis 1. November 2023: Yoshimoto Nara. All my little words.
MUMOK – Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
MuseumsQuartier, Museumsplatz 1
A-1070 Wien, Tel. +43-(0)1-525 00 www.mumok.at
Bis 3. September 2023: Elisabeth Wild. Fantasiefabrik. Bis 8. Oktober 2023: Agnes Fuchs. Her Eyes Were Green. Bis 31. Dezember 2023: Friedrich Kiesler. Endless House. Bis 7. Januar 2024: Adam Pendleton. Blackness, White, and Light. Bis 7. Januar 2024: On Stage. Kunst als Bühne.
Ketuta Alexi-Meskhishvili, Verkleidung, Kunsthalle Basel
Rückwand, 2022, Installationsansicht: Dog Smile, 2020, Foto: Philipp Hänger / Kunsthalle Basel
Bis 6. August 2023
Ketuta Alexi-Meskhishvili. Verkleidung. Rückwand-Projekt. Kunsthalle Basel www.kunsthallebasel.ch
Schweiz Basel
Kunsthalle Basel
Steinenberg 7, 4051 Basel Tel +41-(0)61-2069900
www.kunsthallebasel.ch
Bis 6. August 2023: Ketuta Alexi-Meskhishvili. Verkleidung. Rückwand-Projekt. Bis 13. August 2023: Tiona Nekkia McClodden. The Poetics of Beauty will inevitably resort to the most base pleadings and other wiles in order to secure its release. Bis 10. September 2023: P. Sta . In Ekstase. 25. August bis 12. November 2023: Phung-Tien Phan. Karto el.
Kunstmuseum Basel
St. Alban-Graben 16, 4010 Basel
Tel. +41-(0)61-2066262
www.kunstmuseumbasel.ch
Bis 30. Juli 2023: Shirley Ja e. Form als Experiment. Bis 13. August 2023: Charmion von Wiegand. Bis 3. September 2023: Bernard Buffet. Existenzialist und Populärkünstler. Bis 1. Oktober 2023: Andrea Büttner. Der Kern der Verhältnisse. 2. September 2023 bis 21. Januar 2024: Matisse, Derain und ihre Freunde. Die Pariser Avantgarde.
Basel/Riehen
Fondation Beyeler
Baselstrasse 101, 4125 Riehen/Basel
Tel. +41-(0)61-6459700
www.fondationbeyeler.ch
Bis 27. August 2023: The Mind’s Eye. Naturbilder von Monet bis Nkanga. Bis 27. August 2023: Basquiat. The Modena Paintings. Bis 17. September 2023: Doris Salcedo: „Palimpsest“.
ventionen von Mona Hatoum. 22. September 2023 bis 14. Januar 2024: Zeit. Von Dürer bis Bonvicini.
Museum für Gestaltung Zürich
Ausstellungsstrasse 60, 8005 Zürich Tel. +41-43-4466767
www.museum-gestaltung.ch
Bis 23. Juli 2023: Game Design Today. Bis 24. September 2023: Akris. Mode. Selbstverständlich. Bis 15. Oktober 2023: Repair Revolution! (Toni Areal). Bis 26. November 2023: Der Modulor – Mass und Proportion.
Spanien Madrid
Museo Nacional del Prado
Calle Ruiz de Alarcón, 23, 28014 Madrid Tel. +34-(0)91-3302800, www.museodelprado.es
Bis 30. Juli 2023: Herrera el Mozo and the total Baroque. Bis 30. Juli 2023: Emilio Sanchez Perrier (1855–1907). Drawings. Bis 7. September 2023: Guido Reni. Bis 10. September 2023: Calderón and painting. Bis 17. September 2023: Picasso, El Greco and Analytical Cubism.
Museo Nacional Centro de Arte Reina So a
Calle Santa Isabel, 52, 28012 Madrid Tel. +34-(0)91-7741000
www.museoreinaso a.es
Bis 28. August 2023: Machinations. Bis 18. September 2023: Angela Melitopoulos. Cine(so)matrix. Bis 2. Oktober 2023: An Act of Seeing that unfolds.
Museo Thyssen-Bornemisza
Claude Monet, Nymphéas, 1916–1919, Öl auf Leinwand, 200 x 180 cm, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, Sammlung Beyeler
Foto: Robert Bayer
Bis 27. August 2023
The Mind’s Eye. Naturbilder von Monet bis Nkanga.
Fondation Beyeler www.fondationbeyeler.ch
Zürich
Kunsthaus Zürich
Heimplatz 1, 8001 Zürich
Tel. +41-(0)44-2538484
www.kunsthaus.ch
Bis 16. Juli 2023: Re-Orientations. Europa und die islamischen Künste, 1851 bis heute. Bis 1. Oktober 2023: Marcel Broodthaers. Museum. 18. August 2023 bis 12. November 2023: Stellung beziehen – Käthe Kollwitz. Mit Inter-
Palacio de Villahermosa, Paseo del Prado 8 28014 Madrid, Tel. +34-(0)91-690151
www.museothyssen.org
Bis 10. September 2023: André Butzer. Bis 24. September 2023: The Occult in the ThyssenBornemisza Collections. Bis 8. Oktober 2023: Encounters: works from the TBA21 Collection.
Die Angaben beruhen auf den Informationen der Aussteller. Änderungen nach Redaktionsschluss vorbehalten.
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Kunst+Material erscheint zweimonatlich in einer Auflage von 30.000 Exemplaren und bietet Einblicke in Ateliers und Arbeitsweisen von porträtierten Künstler:innen, stellt interessante Inhalte im Sonderthema vor, präsentiert aktuelle Ausstellungen und gibt neben News aus der Kunstwelt viele spannende Buchempfehlungen an die Hand. Neu und exklusiv gibt es inspirierende Bildstrecken zu Materialien und künstlerischen Techniken. Hintergrundstories aus der Feder von Expert*innen informieren über die unterschiedlichsten Materialien und ihre Geschichte, und auch Künstlerinnen und Künstler selbst kommen zu Wort und stellen ihr Lieblingsmaterial vor.#
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Ohne Reflexionen
Monochrome Zeichnungen in Bleistift leben von den Kontrasten in Grau- und Schwarztönen. Aus dem traditionsreichen Hause Faber-Castell stammt eine besondere Bleistift-Innovation, die auch sehr zeitgenössischen Anforderungen Rechnung trägt: Der Pitt Graphite Matt Bleistift bietet keinen Raum für Reflexion, denn er erzeugt einen matten Abstrich, der Lichtreflexion extrem reduziert und somit nicht nur ein tiefes Schwarz von hoher Tonwertdichte, sondern in der Summe seiner Eigenschaften auch optimale Reproduktionsmöglichkeiten per Fotografie und Scan bietet. Der Bleistift wird in acht Härtegraden in einer differenzierten Palette von Mittelgrau bis Tiefschwarz in der bekannten Klassifizierung von HB bis 14B angeboten – je größer die Ziffer vor dem B, desto weicher und schwärzer ist die jeweilige Mine. Im Zusammenspiel der matten Optik mit dem tiefschwarzen Strich eröffnet Pitt Graphite Matt neue Dimensionen in der monochromen Zeichnung.
Beim Zeichnen geht es – wie bei einem Spaziergang – nicht darum, geradlinig ein Ziel anzustreben. Der eigentliche Reiz liegt darin, die Dinge anders zu sehen und dabei Neues zu entdecken. Das boesner Zeichenbuch für Tusche, Tinte und Marker ist der perfekte Begleiter auf großen oder kleinen Entdeckungsreisen: Eindrücke lassen sich unterwegs spontan mit schnellen Strichen festhalten. Das Bristolpapier mit angenehm glatter Haptik ist eine ideale Grundlage für Tuschezeichnungen, Skizzen mit Tinte und Feder oder Arbeiten mit dem Marker. Außerdem eignet sich das feste Papier aus Zellstoff auch hervorragend für die Kalligrafie. Fadengebunden, mit hoher Planlage und einem festen Einband, bietet das Zeichenbuch im künstlerischen Alltag einen sicheren Ort für Ideen und gehört zu den Dingen, die man immer dabeihaben sollte.
„Zeichnen ist die Kunst, Striche spazieren zu führen.“
Paul Klee
In eigener Sache
Diese Ausgabe muss aus technischen Gründen leider auf die privaten und gewerblichen Kleinanzeigen in der Rubrik „Farbkasten“ verzichten. Doch ab der nächsten Ausgabe sind wir wie gewohnt wieder für Sie da: Bitte senden Sie uns ihren Anzeigentext per E-Mail an anzeigen@kunst-und-material.de oder per Post an die boesner GmbH holding + innovations, Kunst+Material „Farbkasten“, Gewerkenstraße 2, 58456 Witten.
Der kurze Weg zur Kunst
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Farben verbinden
Lascaux ist eine führende Herstellerin von Künstler-Acrylfarben und Produkten zur Restaurierung und Erhaltung von Kulturgütern. Die Marke Lascaux ist seit 1963 der Inbegriff für Pionierleistungen bei der Entwicklung von innovativen und hochwertigen Materialien für Kunstmalerei, Gestaltung, Architektur und Bildung. Vor allem bekannt sind die Künstlerfarben Artist, Studio Original, Resonance, Gouache und Sirius. Für Lascaux ist es Ansporn, mit Farben eine einmalige Art des malerischen Ausdrucks zu ermöglichen und dafür Produkte von kontinuierlicher, höchster Qualität zu schaffen: Künstlerfarben von intensiver Farbkraft, Reinheit und Vielseitigkeit, hergestellt in der Schweiz.
Anlässlich des 60-jährigen Jubiläums von Lascaux organisiert das Unternehmen Anlässe und Veranstaltungen für Klein und Groß, deren Besucher ein besonderes Malerlebnis ertwartet. Besonders am Herzen liegt Lascaux „Little Suns“: In mehreren Workshops malen Kinder ihre ganz eigenen Sonnen-Inspirationen. Ihre Werke vereinigen sich am Ende zu einem großen Bild.#
Jubiläums-Veranstaltungen unter:
Marcel fragt Carlos
Streng genommen fragt hier gar nicht Marcel Proust selbst – vielmehr hat der berühmte Schriftsteller, dessen Werk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ als einer der größten Romane der Weltliteratur gilt, dem berühmt gewordenen Fragebogen seinen Namen gegeben. Proust hat einen solchen Fragebogen wohl mindestens zweimal selbst beantwortet – um die Wende zum 20. Jahrhundert galt das Ausfüllen als beliebtes Gesellschaftsspiel in gehobenen Kreisen. Der erste Bogen, ausgefüllt vom heranwachsenden Proust während eines Festes, wurde posthum 1924 veröffentlicht. Den zweiten Fragebogen betitelte Proust mit „Marcel Proust par lui-même“ („Marcel Proust über sich selbst“). Die ursprünglich 33 Fragen wurden für Kunst+Material auf 29 reduziert – und bieten spannende und nachdenkliche Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt unserer Befragten.
Wo möchten Sie leben? France, Spain, South. Was ist für sie das vollkommene irdische Glück? Return of Josine B. / Happiness is doubtful. Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten? Cooking. Was ist für Sie das größte Unglück? Killing animals, and war, atom bombs. Ihre liebsten Romanhelden? K.A. Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte? Trotzki. Ihr Lieblingsmaler? Painters: Vermeer, Cézanne, Hans Hofmann, Sean Scully. Sculptors: Arp, Brancusi, Picasso (early pieces), Caro, Tim Scott. Ihr Lieblingsautor?
Heinrich Böll, Norman Lewis. Ihr Lieblingskomponist? K. A. Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Menschen am meisten? Empathy. Ihre Lieblingstugend? Drawing. Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Working. Wer oder was hätten Sie gern sein mögen?
Good sculptor. Ihr Hauptcharakterzug? Working. Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten?
Empathy. Ihr größter Fehler? Don’t know. Ihr Traum vom Glück? Live in the south, sunlight. Ihre Lieblingsfarbe? Yellow / red. Ihre Lieblingsblume? No flower, favourite plants: cacti. Ihr Lieblingsvogel?
Parrot. Ihre Helden der Wirklichkeit? Painters, writers. Ihre Lieblingsnamen? Josine. Was verabscheuen Sie am meisten? Killing of animals (I eat fish!). Welche geschichtlichen Gestalten verabscheuen Sie am meisten? Churchill. Welche Reform bewundern Sie am meisten? Trotzki. Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Being a worker. Wie möchten Sie gern sterben? Working. Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? K. A. Ihr Motto? Work.
Agathon von Athen (um 448–um 400 v. Chr.), griechischer Tragödiendichter
„Stets liebte Kunst das Glück, das Glück die Kunst.“Valentin Louis Georges Eugène Marcel Proust, (1871–1922), französischer Schriftsteller, Kritiker und Intellektueller Carlos Granger (*1933), Künstler aus Amsterdam
© Freimut Woessner
1. Preis boesner-Einkaufsgutschein im Wert von 250 Euro
2. Preis boesner-Einkaufsgutschein im Wert von 50 Euro
3. Preis Ein Exemplar „Alle unsere Farben“, siehe S. 71
1 5 6 7 8 9 3 2 4
Mitarbeiter von boesner sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Bei mehreren richtigen Einsendungen entscheidet das Los, der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Keine Barauszahlung möglich. Die Lösung finden Sie in der übernächsten Ausgabe.
VARIATION
Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.
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Redaktion
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zweimonatlich
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Seite 6: Foto: Thomas Hirsch. Seiten 8, 10–13: Fotos: Carlos Granger. Seiten 14–15: Fotos: Archiv Carlos Granger. Seiten 9, 16–18: Foto: Norbert Faehling, Düsseldorf. Seiten 24, 26–29: Fotos: Wikimedia Commons. Seite 94: Thomas Hirsch. Verlag und Redaktion danken den Rechteinhabern für die Reproduktionsgenehmigungen. Nicht nachgewiesene Abbildungen entstammen dem Archiv des Verlags. Konnten trotz sorgfältigster Recherche Inhaber von Rechten nicht ermittelt werden, wird freundlich um Meldung gebeten.
ISSN 1868-7946
Die nächste Kunst+Material erscheint im September 2023
Porträt
Eberhard Ross
Egal, ob die Komposition in Rot, Blau oder Gelb erstrahlt: Von den Bildern des Malers Eberhard Ross geht ein großes Leuchten aus, sodass in der Rezeption gern nach einer versteckten, künstlichen Lichtquelle gesucht wird. Doch es ist allein die pulsierende Kraft freigesetzter Farben, die zu dieser Wirkung führt. Der in Mülheim an der Ruhr und Frankfurt lebende Künstler fördert mit feinen linearen Einritzungen in die oberste Ölschicht Darunterliegendes zutage und erzeugt damit eindrucksvolle, visuelle Klangräume. Über seine Affinität zur Natur und zur Musik, über wichtige Impulsgeber aus Kunstgeschichte und privatem Umfeld sowie über eine ganz neue Entwicklung hat sich der 1959 in Krefeld geborene Maler in seinem Mülheimer Atelier mit unserer Autorin Julia Behrens unterhalten.
Foto: privat
Thema Rom an der Isar
Die bayerische Hauptstadt München ist, wie nur wenige Großstädte in Deutschland, bis heute in ihrem Stadtbild durch eine einzige historische Herrscherpersönlichkeit geprägt: Ludwig I. (1786–1868) war als junger Prinz leidenschaftlich kunstaffin. Von seinem Regierungsantritt 1825 an verpflanzte er mit einer Vielzahl von Projekten das geliebte Italien an die Isar, ein Impuls, der noch nach seiner Abdankung 1848 weitertrug. Autor Dieter Begemann geht in seinem Sonderthema den verschiedenen Verflechtungen von Kunst und Macht nach.