Brauerei Forum 4/2014

Page 1

Brauerei Forum Fachzeitschrift für Brauereien, Mälzereien, Getränkeindustrie und deren Partner

Informationsservice der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin

Ausgabe 4 | 17. April 2014 | 29. Jahrgang  |  ISSN 0179-2466

In dieser A usgabe:

ller

 Abwärmenutzung in Brauereien  Bericht 101. Frühjahrstagung in Donaueschingen  Bericht 17. Logistikfachkongress in Hagen  Brau-Börsen-Bilanz

www.brauerei-forum.de

IfGB aktu ell Brennere – Informationen für ien und S pirituose n-Herste


2. VLB-Fachtagung Ladungssicherung Kompakte Fachtagung für die Getränkebranche 20. bis 21. Mai 2014 in Bielefeld ● ● ● ● ● ●

Code-XL-Fahrzeuge – Probleme aus LKW-Kontrollen Online Zertifikatsprüfung mit der FIN-Datenbank Kontrolle der Ladungssicherung aus Sicht des Spediteurs und Verladers Ladungssicherung von Getränken beim Curtainsider und im Verteiler­- verkehr Stabilität von neuen Aufbauten TUL-Belastungen beim Getränketransport

Live-Vorführung verschiedener fahrdynamischer Tests auf dem DEKRA-Testgelände in Bielefeld Gemeinsame Abendveranstaltung für Networking und Erfahrungsaustausch

Online-Anmeldung und weitere Informationen unter:

www.vlb-berlin.org/lasi2014 VLB Berlin, Forschungsinstitut für Management und Getränkelogistik (FIM) – Seestraße 13 – 13353 Berlin Tel. (030) 450 80-239 – Fax (030) 450 80-129 – fim@vlb-berlin.org

VLB-Sommerfest 2014 Freitag, 4. Juli 2014, an der VLB Berlin Am Freitag, dem 4. Juli 2014, laden die Vereinigung ehem. VLBer und die VLB Berlin von 16.00 bis 24.00 Uhr (letzter Einlass 22.00 Uhr) zum beliebten Sommerfest auf dem Hof unseres Instituts an der Seestraße 13 in Berlin mit Bier und zünftigem Büfett ein. Kostenbeitrag 10 €.

Achtung:

Auch in diesem Jahr ist wieder eine Voranmeldung erforderlich. Ohne bestätigte Voranmeldung kein Einlass!

Online-Anmeldung ab Mitte Mai geöffnet!

Fotos: WiK


Inhalt

 Menschen & Unternehmen 4

Forum Bier/Deutscher Brauer-Bund: Eils und Eisemann als Vorsitzende im Amt bestätigt / Deutscher Mälzerbund: Martin Göhler bleibt Präsident / Baden-Württembergischer Brauerbund: Zweite Amtszeit für Matthias Schürer

5

Einbecker Brauhaus: Jahresüberschuss steigt im rückläufigen Biermarkt / KHS: Wettbewerbsvorteil durch hoch qualifizierte Mitarbeiter / VLB aktuell: Grazyna Gutscha 60

9 Abwärme aus dem Produktionsprozess – früher kaum beachtet – bietet heute oft ein großes Potenzial, um als Nutzwärme weiter verwendet zu werden. Hierfür sind allerdings viele Voraussetzungen zu beachten

 Technik & Technologie 6

VLB aktuell: Veranstaltungsjahr 2014 schwungvoll gestartet

8

VLB aktuell: Der TWA der VLB Berlin hat 21 neue Mitglieder

9

Abwärmenutzung: Welche Möglichkeiten bieten Brauereien? – Modellentwicklung zur Analyse und wirtschaftlichen Nutzung

13

Brauer-Schule: Fachfragen und Fachrechnen für Auszubildende – Lebensmitteltechnologie

14

Bericht VLB-Frühjahrstagung: Brauereien optimieren alle Produktionsbereiche

 IfGB aktuell 18 19

Aromen für die Spirituosenbranche – 12. IfGB-Forum tagt auf Einladung von Bell Flavors im Oktober in Leipzig / Künnemann koordiniert IfGB Destillateurmeister 2014: „Unser Kurs bietet Fachwissen und Praktika. Berufspraxis ersetzt er nicht.“

 Betriebswirtschaft 20

Bericht 17. Logistikfachkongress: Die Zukunft der Arbeit – Getränkelogistiker diskutierten Chancen der Automatisierung

24

Brau-Börsen-Bilanz: Weltbiermarkt atmet 2013 durch / Krones-Konzern 2013 mit kräftigem Gewinnplus

26

Brau-Börsen-Bilanz international: ABI auch im Gesamtjahr 2013 mit Mehrabsatz nur aus Asien/Pazifik

 Markt & Marken 28

Fürstlich Fürstenbergische Brauerei: Bilger Stümple: Eine Legende kehrt zurück / Bitburger Braugruppe: Alkoholfreie Erfrischung aus Getreide / Sternquell Brauerei: Mildes Vollbier „Bürgerbräu“ neu aufgelegt

29

Verband der Brauereien Österreichs: Brau-Bilanz 2013: Österreich trotzt Europatrend / Brewers Association: Marktanteil der US-Craft Brewer übersteigt erstmals 7 %

14 Mit einem hochkarätigen Programm hat auch die jüngste 101. Frühjahrstagung in Donaueschingen ihr Publikum gefunden. Zu der Veranstaltung Anfang März in den Donauhallen kamen ca. 320 Teilnehmer aus 33 Ländern

18 Das 12. IfGB-Forum Spirituosen und Brennerei lädt mit Bell Flavors & Fragrances am 7. und 8. Oktober nach Leipzig. Themen sind u.a. Aromen für die Spirituosenbranche, Dosier- und Ausmischtechnik sowie Gin

 Institutionen & Verbände 31

DBMB Berlin-Brandenburg: Mitgliederversammlung im Brauhaus in Spandau / DBMB Berlin-Brandenburg: Ankündigung der Mitgliederversammlung / Berliner Brauer Zunft: Neue Heimat für rustikalen Kneipentresen

 Sonstiges 30

Impressum / DBB: Brauwirtschaft formuliert Erwartungen zur Europawahl / Lösungen Brauer-Schule

32

Veranstaltungskalender

Titelfoto: Sudhaus der MillerCoors Brewery in Golden, Colorado, USA Foto: oh

20 Fahrerlose Transportsysteme, Logistik 4.0 und Leerguthandling standen im Mittelpunkt des 17. VLB-Logistikfachkongresses Mitte März in Hagen. Rund 200 Teilnehmer folgten dem Vortragsprogramm, das von drei Betriebsbesichtigungen flankiert wurde

Brauerei Forum  – April 2014

33


Menschen & Unternehmen  Personalien Deutscher Mälzerbund Forum Bier / Deutscher Brauer-Bund

Eils und Eisemann als Vorsitzende im Amt bestätigt Bei der Mitgliederversammlung des Forum Bier in Berlin wurden im März die beiden Vorsitzenden Dr. HansGeorg Eils (Präsident Deutscher Brau-

er-Bund, Berlin) und Rudolf Eisemann (Hildegard Eisemann Hopfen & Malz, Spechbach) für weitere drei Jahre im Amt bestätigt. (F.) Die Unterstützer des Forum Bier zogen bei der Jahresversammlung eine positive Bilanz der bisherigen Arbeit. Die Initiative will ihre Aktivitäten in den kommenden Jahren weiter verstärken. So wollen die im Forum Bier zusammengeschlossenen Unternehmen und Verbände künftig noch häufiger an der Seite des Deutschen Brauer-Bundes mit Aktionen und Positionen in der Öffentlichkeit auftreten. Ziel ist dabei, die Interessen der deutschen Brauwirtschaft sowie der vor- und nachgelagerten Partnerbranchen deutlich zu machen.

Dr. Hans-Georg Eils (l.) und Rudolf Eisemann freuen sich über ihre Wiederwahl

Politik und Medien Ein Beispiel der gelungenen Kooperation ist der jährliche Messeauftritt auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin mit der Themen- und Informationsinsel ​Deutsches Bier. Im Mai 2014 soll in Berlin erstmals ein neues Dialog-Format für Politik und Medien vorgestellt werden, das ebenfalls vom Forum Bier unterstützt wird.

Baden-Württembergischer Brauerbund

Zweite Amtszeit für Matthias Schürer Matthias Schürer (64) bleibt Präsident der baden-württembergischen Brauer. Die Mitgliederversammlung des Baden-Württembergischen Brauerbundes (BWB), Stuttgart, hat Matthias Schürer Mitte März einstimmig für weitere drei Jahre an ihre Spitze gewählt. (F.) Damit geht der Geschäftsführer der Privatbrauerei Hoepfner, Karlsruhe, in seine zweite Amtszeit. Seit April 2011 ist Schürer BWB-Präsident. Schwerpunkt seiner ersten Amtszeit war sein engagiertes Eintreten für den Erhalt der Biervielfalt in Baden-Würt­ temberg. Mit der Imagekampagne „Einfach besser! Bier aus Baden-Würt­ temberg“ hat er bereits viel für das

4

Brauerei Forum  –  April 2014

Matthias Schürer Bewusstsein für regionales Bier getan und das Thema Bier aus Baden-Würt­ temberg verstärkt in die Öffentlichkeit gerückt. Mit viel Leidenschaft will er

Martin Göhler bleibt Präsident Der Deutsche Mälzerbund, Frankfurt a. M., hat am 2. April 2014 in Kulmbach für weitere drei Jahre sein Präsidium bestätigt. Martin Göhler (Bestmalz, Heidelberg) wurde erneut zum Präsidenten gewählt. (F.) Als Vizepräsidenten wurden Andreas Hiby-Durst (Heinrich Durst Malzfabriken, Bruchsal) und

Martin Göhler Stefan Soiné (Ireks, Kulmbach) bestätigt. Friedrich Wurm (Malz­ fabrik Wurm, Pappenheim) wurde als Schatzmeister wiedergewählt. Als weiterer Vizepräsident wurde Dr. Dietrich Mönch (GlobalMalt, Hamburg) neu in das Präsidium gewählt. Ferner wurde Dr. Mönch zum Vorsitzenden des Technischen Ausschusses des Deutschen Mälzerbundes gewählt. Er übernimmt das Amt von Dr. Klaus Hartmann (Schill Malz, Osthofen), der gemäß der Geschäftsordnung nach zwei Amtszeiten den Vorsitz übergeben hat.

sich weiter für regionales Genussbewusstsein einsetzen. „Mir liegt die Bierkultur hier sehr am Herzen. Schließlich brauen die Baden-Württemberger ein hervorragendes Genussprodukt. Und das in großer Sortenvielfalt mit ausschließlich besten Zutaten“, zeigt sich Schürer voller Tatendrang. Er wolle auch Brauereien, deren Mitgliedschaft im Verband derzeit ruht, zeigen: „Kommt wieder vorbei, wir tun etwas für Bier aus Baden-Würt­ temberg. Wir tun was für Euch.“


Menschen & Unternehmen  Nachrichten Einbecker Brauhaus

Jahresüberschuss steigt im rückläufigen Biermarkt Einbecker trotzt der rückläufigen Entwicklung des Gesamtmarktes und bleibt beim Umsatz stabil, der Jahresüberschuss konnte gegenüber dem Vorjahr sogar deutlich gesteigert werden. Die in den vergangenen Jahren eingeleiteten Maßnahmen zeigen Wirkung und am Standort Einbeck wird kräftig investiert. (F.) Der Inlandsabsatz der Einbecker Brauhaus AG lag 2013 lediglich um 6557 hl (–1,0 %) unter Vorjahr. Die Umsatzerlöse blieben mit 38,9 Mio. € (Vorjahr: 39,0 Mio. €) nahezu konstant. Das Betriebsergebnis nach Biersteuer konnte gegenüber dem Vorjahr um 13 % auf 1,2 Mio. € gesteigert werden. Der Jahresüberschuss 2013 konnte mit 208 000 € gegenüber 91 000 € im Vorjahr mehr als verdoppelt werden. Die

erfolgreiche Entwicklung der Einbecker Marke ist auf hohe Investitionen in den Markt und in die Marke Einbecker in den vergangenen beiden Jahren zurückzuführen. Als besonders erfolgreich stellte sich die Investition in den neuen 30 x 0,33-l-Steiniekasten heraus. Investitionen für die Zukunft Um den technischen und logistischen Anforderungen des Marktes auch in Zukunft gerecht zu werden, wird aktuell in eine Reihe von Modernisierungsund Rationalisierungsmaßnahmen am Standort Einbeck investiert. Ende 2013 wurden Aufträge für eine zweite Flaschenabfüllanlage, die Modernisierung der bestehenden Flaschenabfüllanlage und eine neue Fassabfüllanlage vergeben. Im Logistikbereich wird eine zentrale Sortieranlage für Mehrwegleergut

errichtet. Somit werden alle Abfüll- und Logistikaktivitäten am Standort Einbeck konzentriert. Sowohl bei der BrauManufaktur Härke in Peine als auch bei der Martini Brauerei in Kassel wird weiterhin gebraut.

Stammhaus der Brauerei in Einbeck

KHS

Wettbewerbsvorteil durch hoch qualifizierte Mitarbeiter

(F.) Anke Fischer, KHS-Geschäftsführung Finanzen, Personal und Informationstechnologie: „Um für unsere weltweiten Kunden erste Wahl zu sein, sind hoch qualifizierte Mitarbeiter essenziell. Daher richten wir ein besonderes Augenmerk auch auf die Nachwuchsförderung.“ So wurde erst vor wenigen Jahren die jährliche Zahl an Ausbildungsstellen bei KHS um 25 % erhöht. Derzeit erhalten pro Jahr 50 Schulabgänger einen Ausbildungsplatz zum Mechatroniker, Industriemechaniker, Zerspanungsmechaniker, Industriekaufmann oder zur Fachkraft für Metalltechnik. Aktuell befinden sich 200 Auszubildende an den insgesamt fünf deutschen KHSStandorten. Zur Zeit beschäftigt das Unternehmen allein in Deutschland etwa 70 Studierende, die ein Praktikum absolvieren, ihre Abschlussarbeit schreiben oder als Werkstudent arbeiten.

Dr. Sabine Kiunke, Leiterin Wissensmanagement KHS: „Zudem bietet KHS seit 1995 die Möglichkeit, im Rahmen eines dualen Studiums Ausbildung und Studium miteinander zu kombinieren. Seit dem Jahr 2010 steigt die Zahl der dual Studierenden stark an. Derzeit sind es mehr als 70.“

Aktuell bietet KHS die Möglichkeit eines dualen Studiums sowohl ausbildungs- als auch berufsbegleitend in den Bereichen Maschinenbau, Mechatronik, Elektrotechnik, industrielles Servicemanagement, Wirtschafts­ ingenieurwesen und Betriebswirtschaft.

  VLB aktuell

Grazyna Gutscha 60 Sie ist der gute Geist der Verpa­ ckungsprüfstelle, eine beliebte und geschätzte Kollegin, die seit 31 Jahren in der Seestraße 13 ihrer Arbeit nachgeht. Am 21. März feierte Grazyna Gutscha ihren 60. Geburtstag. VLB-Geschäftsführer Dr. Josef Fontaine überbrachte herzliche Glückwünsche und einen Blumenstrauß im Namen der VLB Berlin. Dr. Josef Fontaine gratuliert Grazyna Gutscha zum Geburtstag

Foto: dp

Als internationaler Hersteller von Abfüll- und Verpackungsanlagen für die Getränke-, Food- und Non-Food-Industrie verfolgt KHS, Dortmund, die Umsetzung der Vision „First Choice in Technology and Service“.

Brauerei Forum  –  April 2014

5


Technik & Technologie   VLB Analytik aktuell

Veranstaltungsjahr 2014 schwungvoll gestartet Mit einem Auftakt nach Maß hat die VLB Berlin ihr Tagungsjahr 2014 begonnen. Auf dem Programm im März standen die 101. Brau- und maschinentechnische Arbeitstagung in Donaueschingen (10. bis 12.) sowie der 17. Logistikfachkongress in Hagen (24. bis 26.). Beide Veranstaltungen boten – so wie in den vergangenen Jahren auch – hochklassige Vorträge, interessante Fachausstellungen sowie ein ansprechendes Rahmenprogramm. Zur Frühjahrstagung kamen knapp 320, zum Logistikfachkongress etwa 200 Teilnehmer.

Abb. 1: Die Donau­hallen in Donau­ eschingen waren der Veranstaltungsort der jüngsten Frühjahrstagung Abb. 2: Spannende Vorträge an zwei Tagen Abb. 3: Betriebsbesichtigung bei der Fürstlich Fürstenbergischen Brauerei Abb. 4: Logistikfachkongress – Rund 200 Getränkelogis­ tiker tagten in Hagen

(dp; WiK) Angesichts des großen Zuspruchs der nationalen und internationalen Brau- und Logistikexperten zeigte sich einmal mehr, wie sehr diese großen Veranstaltungen geschätzt werden. Sei es als Plattform für die Informations- und Wissensvermittlung, als Branchentreff für Kollegen oder für das berufliche Networking. Hinzu kommt die Möglichkeit, einzigartige Betriebs­besichtigungen mitzuerleben. 101. Brau- und maschinen- technische Arbeitstagung Die Frühjahrstagung wartete in diesem Jahr mit 18 Vorträgen auf, die sich auf vier Schwerpunktblöcke an zwei Tagen verteilten. Der Dienstag, 11. März, begann mit der Bierfiltration – Standortbestimmung und Ausblick. Skizziert wurden neueste Erkenntnisse und Lösungsansätze zur Bierfiltration sowie Praxis­erfahrungen mit unterschiedlichen Filtrationssystemen. Deutlich wurde dabei vor allem, dass Experten der Membran­filtration eine glänzende Zukunft voraussagen. Welche Bedeutung dabei allerdings keramische Mem­branen haben werden, ist noch nicht abzusehen. Zweiter Schwerpunkt war die Nachhaltige Produktionsoptimierung in der Brauindustrie. Ein Themenkom-

1

6

Brauerei Forum  –  April 2014

plex, der auf den VLB-Veranstaltungen seit vielen Jahren immer wieder aufgegriffen wird. Hintergrund ist, dass die Brau- und Getränkeindustrie unter ständig steigenden Produktions­ kosten leidet. Wie sie sich verringern lassen, welche Lösungen es gibt, erläuterten vier Referenten. Drei von ihnen berichteten dabei über Modernisierungsmaßnahmen in Brauereien, die so ihre Wettbewerbsfähigkeit eindrucksvoll verbessern konnten. Reichliches Anschauungsmaterial also, welche Strategien Firmen empfehlen können, um sich langfristig am Markt zu behaupten. Der Mittwoch, 12. März, stellte dann zunächst Trends bei der Getränkeverpackung zur Diskussion. Ein Vortrag beschäftigte sich mit den ersten Erfahrungen von thermisch gehärtetem Verpackungsglas. Zwar ist hier die Marktreife noch nicht ganz erreicht. Dennoch war es spannend zu erfahren, dass möglicherweise bald ein Traum wahr werden könnte: die (fast) unzerbrechliche Glasflasche. Als weitere Innovation präsentierte ein Referent eine Art Mess­z ylinder, der in Abfülllinien für Flaschen eingesetzt wird: Ziel ist es, auftretende Kräfte wie Druck, Neigung, Drall und Rotation in Echtzeit zu messen. Die

patentierte Technik soll nach Herstellerangaben nicht nur den Glasabfall um 50 % senken, sondern auch die Flaschenzyklusrate um 100 % verlängern. Erreicht wird dies dadurch, dass sich der Druck auf die Flaschen bei der Abfüllung aufgrund der ermittelten Messdaten optimieren lässt. Als Folge wird die mechanische Belastung auf die Flaschen verringert, die dadurch weniger Abschrammen und weniger Abrieb und Schäden am Etikett aufweisen. Letztes Thema des Verpackungsblocks war schließlich ein Vortrag zum Bedrucken von PET-Flaschen. Das neue Verfahren ist zwar technisch äußerst aufwendig. Dafür bietet es aber ungeahnte Möglichkeiten beim Marketing von PET-Flaschen. Sie können etwa nach Sportveranstaltungen direkt mit den Fotos der Sieger bedruckt werden, ohne dass dafür noch lange Umrüstzeiten – wie bei der Rollfeldetikettierung üblich – notwendig wären. Den Abschluss der Frühjahrstagung bildete der interessante Vortragsblock zur Drinkability. Zur Diskussion gestellt wurden Ansätze zur Verbesserung der Bekömmlichkeit von Bier. Die Referenten präsentierten dabei Ergebnisse von wissenschaftlichen Versuchen, die den Zusammenhang zwischen dem

2


Technik & Technologie Biergenuss und der Sekretion von Magensäure erforscht haben. Hier zeigte sich vor allem, dass bestimmte Säuren als Stoffwechselprodukte der Gärung maßgeblich die Bildung von Magensäure anregen. Dies kann bei Menschen mit empfindlichem Magen als unangenehm empfunden werden. Für diese Zielgruppe könnte daher ein Bier bekömmlicher sein, dem diese speziellen Säuren entzogen wurden. Nach geschmacklicher Optimierung wurde es bei Verkostungen genauso gut bewertet wie traditionelle Produkte. Alle Vorträge der Frühjahrstagung wurden für die 82 ausländischen Teilnehmer aus 33 Ländern und fünf Kontinenten simultan ins Englische übersetzt. 17. VLB-Logistikfachkongress Der Logistikfachkongress in Hagen kam mit fünf Vorträgen von Professoren recht akademisch daher. Da sie alle handfesten Branchenbezug hatten, mangelte es ihnen ebenso wenig an Bodenhaftung wie den Referenten der übrigen 14 Beiträge. Fragen nach der Zukunft der Arbeit standen im Mittelpunkt der Tagung: Wie wird Arbeit in der Logistik im Zeitalter fortschreitender Automatisierung und dem Internet der Dinge aussehen? Wie sieht der rechtliche Rahmen zur Beschäftigung von Arbeitnehmern zur Abfederung von Saison-Spitzen aus? Der Dienstag bot die Themenschwerpunkte Zukunft der Intralogistik und der Status an der Laderampe. Hierzu referierten die Professoren Michael ten Hompel vom Fraunhofer Institut und Paul Wittenbrink von der hwh Gesellschaft für Transport und Unternehmensberatung. Dem Themenkomplex Fahrerlose Transportsysteme und Ladungsträger widmeten sich drei Vorträge. Einer davon präsentierte beispielsweise ein innovatives Doppelkufensystem, das ferngesteuert Aufgaben von Gabelstaplern übernehmen kann.

3

Die wohl niemals endende Geschichte des Leerguthandlings versuchte Prof. Dr. Stefan Huckemann, Deloitte, zu einer sachlichen Mehrweg-/EinwegDiskussion zurückzuführen. Er legte die Daten und Hintergründe einer neuen Studie zur Erhebung von Umlaufzahlen von Glas- und PET-Flaschen vor. Die Fa. recop electronic präsentierte ein innovatives System zur Flaschenerkennung im Kasten. Außerdem wurde die moderne Leergut­sortieranlage mit Robotern gezeigt, die später in der Dortmunder Actien-Brauerei (DAB) in Aktion zu sehen war. Der Vortrag von DAB-LogistikLeiter Michael Keiner leitete direkt in die Betriebsbesichtigung über. Der zweite Tagungstag konzentrierte sich anfangs auf Arbeitsrecht und mobile Warenwirtschaft. Prof. Dr. Peter Schüren rüttelte das Auditorium mit seinen Ausführungen zu Scheinselbstständigkeit und Werkverträgen auf. Er skizzierte Restriktionen nach der Reform 2014 des Leiharbeitsrechts, zeigte aber auch Chancen sauberer Werkverträge und klaren Inhouse-Outsourcings. Weitere Vorträge stellten Warenwirtschafts- und ERP-Systeme vor. Die Dauerbrenner Güterverkehr und Ladungssicherung vertieften fünf Vorträge, die das Thema aus Perspektive der Kontrolleure beleuchteten undkonkrete Anregungen gaben, z.B. wie die Frage der erforderlichen Ladungssicherung mittels der FIN-Datenbank der VLB schnell und verlässlich geklärt wird. Weiterhin wurden neue Forschungen und Tools zur Ladungssicherung vorgestellt. Den Abschluss bildete der Themenblock Logistik 2.0 – Hard-&Software, der Systeme zur Transparenz- und Effizienzsteigerung der Logistik, ob durch Kamera und/oder RFID-Monitoring, vorstellte. Sitzungen der Fachausschüsse Am Vortag der Frühjahrstagung führten die Fachausschüsse des Technisch-Wis-

Foto: WiK

senschaftlichen Ausschusses (TWA) ihre Arbeitssitzungen durch (S. 8). Dem Logistikfachkongress war entsprechend die Sitzung des Fachausschusses Logistik des Betriebswirtschaftlichen Ausschusses (BWA) der VLB vorgeschaltet. TWA und BWA sind exklusive Zirkel für VLB-Mitglieds­unternehmen. Der dort stattfindende Wissens- und Erfahrungsaustausch liefert zudem Input für die großen VLB-Tagungen.

Mit Unterstützung von

Rahmenprogramm Neben den Vorträgen setzte auch das Rahmenprogramm auf beiden Veranstaltungen Akzente. So gab es für die Teilnehmer der Frühjahrstagung drei Brauereibesichtigungen. Zur Auswahl standen die Fürstlich Fürstenbergische Brauerei in Donaueschingen, die Badische Staatsbrauerei Rothaus, Grafenhausen, sowie die Hirsch-Brauerei Honer in Wurmlingen. Überall wurden die Gäste mit offenen Armen empfangen, gab es interessante Einblicke in die Unternehmen. Die Besichtigungen des Logistikfachkongresses waren direkt mit dem Vortragsprogramm abgestimmt und führten in die Dortmunder Actien-Brauerei, der F&T Ladungssicherungs­gesellschaft und ins Fraunhofer Institut. Die Fachausstellung in der Stadthalle Hagen bot ein passgenaues Informationsangebot von Lagerverwaltungssystemen über Auspackroboter bis hin zu Logistikdienstleistungen und -Consulting. Das Vorabendtreffen dort war ein großer Erfolg, der vom Begrüßungsabend im Dortmunder U noch getoppt wurde. Die VLB Berlin dankt ihren Sponsoren: ● Fürstlich Fürstenbergische Brauerei ● Pentair ● Bucher Filtrox ● KHS ● Deutsche Actien-Brauerei der Radeberger Gruppe ● recop electronic

4

Foto: WiK

Brauerei Forum  –  April 2014

Abb. 5: Fahrerlose Transportsysteme bei der Dortmunder Actien-Brauerei der Radeberger Gruppe

5

7


Technik & Technologie

Foto: oh

  VLB aktuell

Der TWA der VLB Berlin hat 21 neue Mitglieder Seit 2013 verzeichnet der Technisch-Wissenschaftliche Ausschuss der VLB Berlin 21 neue Mitglieder. Anfang März tagte der Ausschuss turnusgemäß in Donau­ eschingen anlässlich der 101. Brau- und maschinentechnischen Arbeitstagung der VLB Berlin. (BF) Als Expertenkreis steht der TWA den Mitgliedern der VLB exklusiv zur Verfügung. Er ist gegliedert in 5 Fachausschüsse, die sich 2 Mal jährlich treffen. In Donaueschingen begrüßte der TWA-Vorsitzende Ulrich Rust bei der Abschlussbesprechung (10. März) die seit 2013 erfolgten Neuaufnahmen: FA Abfüllung, Verpackung und Betriebstechnik • Markus Hobi, Ferrum, Schweiz • Tilman Kerstiens, Heuft, Burgbrohl • Thomas Lehmann, BMS, Pfatter • Markus Scharlemann, Flensburger Brauereien, Flensburg • Rainer Rosenberg, Hofbrauhaus Wolters, Braunschweig • Martin Wörner, Südmo, Riesbürg • Dr. Diana Wolf, KHS, Bad Kreuznach FA Produktion/Brautechnik • Michael Nierle, Diageo, Irland • Dr. Urs Wellhoener und Annette Fritsch, Boston Beer Company, USA • Ron Duszanskyj, PureMalt Products, Schottland • Frederik Havel, Molson Coors Canada • Christoph Steffens, Ashland, Köln • Tran Cong Tuoc, Saigon Beer, Vietnam FA Qualitätswesen und Analysentechnik • Nils Rettberg, VLB Berlin • Frank Verkoelen, Haffmans BV, Venlo FA Rohstoffe, Mälzerei und Hopfenveredelung • Dr. Jörg Lehmann, Kulmbacher FA Umwelt-/Ressourcenmanagement • Johanna Fischer, Marienbrunnen, Borgholzhausen • Dr. Stefan Kunerth, Coca Cola, Berlin • Henning Laubrock, Voith, Ravensburg • Martina Birk, Krones, Neutraubling

8

Brauerei Forum  –  April 2014

Inhaltlich beschäftigten sich die fünf Fachausschüsse in Donaueschingen u.a. mit den folgenden Themen:

Brauerei • Überblick Hopfenzüchtung • Workshop zum Thema Gushing

FA Qualitätswesen und Analysentechnik (QA) Vorsitz Frank Homann (Warsteiner Brauerei) • TwA-Ringanalyse Bier 2013 • VLB-FIR-Ringanalyse Malz 2013 • Analytik aromarelevanter Hopfeninhaltsstoffe und ihrer Derivate • Technisches Risikomanagement: Stoffeintrag aus dem Malz? • Nachweis von Mikroorganismen mittels MALDI-TOF • Einführung des PALL GeneDisc PCR-Systems • PCR: Routine- und Sonderanalytik mittels ROCHE LightCycler

FA für Umwelt-/Ressourcenmanagement und Arbeitssicherheit Vorsitz Werner Sauer (Sauer & Hartwig) • Auswirkungen der Biozidverordnung für Brauereien • Das Käsescheibenmodell – Sys­­tem zur Fehlerkettendurchbrechung • Arbeitssicherheit • Energieeinkaufsoptimierung • Statistik über meldepflichtige Unfälle • Kontrolliertes Ausblasen der CO2 im Gär-und Lagerkellerbereich • Bestellung Koordinator gemäß § 6 Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ • Umsetzung der IE-Richtlinie 2010/ 75/EU

FA für Abfüllung, Verpackung und Betriebstechnik Vorsitz Dr. Paul Panglisch (Radeberger) • Wareneingangsprüfung und Waren­eingangssoftware • Konzeption einer Abfüllanlage und Austausch bestehender Anlagen • Neustrukturierung der Flaschenabfüllung • Produktivitätsverbesserung & Supply Chain Management • TCO und LC Costs einer Flaschenwaschmaschine • Anforderungen bei einer Einbindung einer Kraft-Wärme-Kopplung • Etiketteninspektion im 3D-Raum FA für Rohstoffe, Mälzerei und Hopfenveredelungsprodukte Vorsitz Dr. Dietrich Mönch (Tivoli Malz) • Stickstoffdüngung neuerer Brau­- gerstensorten • Berliner Programm 2013/2014 • Rohstoffversorgung der EFES-

FA für Produktion/Brautechnik Vorsitz: Dr. Stefan Kreisz (Carlsberg) • Einsatz von Dekantern im Sudhaus • Alternative Verfahren zur kontinuierlichen Fermentation • Membranfiltration von Bier • Bierstabilisierung • Am Nachmittag wurde die zusätzliche Zeit für eine gemeinsame Arbeitsgruppen-Sitzung mit dem FA Rohstoffe, Mälzerei und Hopfenver­ edelungsprodukte zum Thema Gushing genutzt. Eine Besichtigung der Fürstlich Fürstenbergischen Brauerei und das anschließende Get-together mit den Teilnehmern der Frühjahrs­tagung rundeten den Tag ab. Die nächste Sitzung des TWA findet am Montag, dem 29. September 2014, in Berlin statt.


Technik & Technologie   Energie

Abwärmenutzung: Welche Möglichkeiten bieten Brauereien? – Modellentwicklung zur Analyse und wirtschaftlichen Nutzung Johannes Single, B. Eng., Dr. Rudolf Michel, Director Technology − R&D, GEA Brewery Systems, Dipl.-Ing. (FH) Klaus Bonfig, Head of Utilities, GEA Brewery Systems

Aufgrund der steigenden Energiepreise ist die Brauindustrie zunehmend an der kontinuierlichen Reduzierung von Produktionskosten interessiert. Um sie zu senken, werden Prozesse und Anlagenteile ständig anhand von spezifischen Energiekennzahlen bewertet. Eine Effizienzverbesserung kann durch die Umwandlung von Abwärme in Nutzwärme erreicht werden. Doch welche Parameter und Voraussetzungen müssen hierbei beachtet werden? Schon seit Beginn der industriellen Bierherstellung gib es Bestrebungen, die im Rahmen des energieintensiven Brauprozesses eingesetzte Primär- und Sekundärenergie zu reduzieren. Eine der ersten Möglichkeiten, Abwärme zu nutzen, ist der Würzekühler zum Aufheizen von Brauwasser. Das Verfahren wird seit 1880 bis heute angewendet. Durch die ständige Verbesserung der Energieeffizienz in der Brauerei hat sich dabei der spezifische Energie­ bedarf (thermisch und elektrisch) maßgeblich senken lassen. Welch große Fortschritte erzielt wurden, zeigt ein Vergleich. So wurden um 1900 etwa 80 bis 100 kWh pro hl Verkaufsbier benötigt. Dieser Wert konnte 2011 in einem „Best Practice“-Beispiel einer Bestandsbrauerei auf 39 kWh/hl [1] und unter Anwendung der „Good Engineering Practice“ im Jahre 2013 auf 27 kWh/hl Verkaufsbier gesenkt werden. Durch die Abwärmenutzung ist eine weitere Optimierung von spezifischen Energiekennzahlen möglich. Stand der Technik Heutzutage ist der Brauprozess in der Regel schon in fortgeschrittenem Maße energetisch optimiert. Beispiele hierfür sind der Pfannendunstkondensator zur Speisung eines Energiespeichers, der Würzekühler zum Aufheizen von Brauwasser und der Economiser zur Nutzung der im Rauchgas enthaltenen Wärmeenergie zur Speisewasservorwärmung. Auf Seiten der Versorgungsanlagen sind weitere Möglichkeiten gegeben. Wird eine CO2-Rückgewinnungsanlage verwendet, kann die bei der Verdampfung des CO2 frei werdende latente Wärme dazu

verwendet werden, den Rücklauf eines Glykolkreislaufes abzukühlen. Beim Druckluftsystem wird die Druckluft getrocknet und filtriert. Das zur Trocknung eingesetzte Adsorbens muss nach der Beladung desorbiert werden. Dies kann durch das Umleiten eines Teilstroms des verdichteten Heißgases geschehen. Die benötigte Restwärme wird dann durch eine konventionelle elektrische Heizung nachgeheizt. Prozessanalyse Nur durch ganzheitliche Energiekonzepte steigt das Potenzial zur Effizienzverbesserung von Prozessen. Zur Nutzung von Synergien müssen die Bereiche Sudhaus, Keller und Abfüll­bereich in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Zuerst werden die thermischen Prozesse in potenzielle Abwärmequellen und Wärmesenken eingeteilt (Abb. 1). Diese werden dann anhand von Merkmalen wie Temperaturniveau, Wärmeleistung, zeitliche Verfügbarkeit und Wärmeträger differenziert und klassifiziert. In Abbildung 1 sind die benötigten bzw. verfügbaren Wärmemengen durch unterschiedlich große Kreise anschaulich dargestellt, wobei im Einzelfall Abweichungen möglich sind.

kommen beim Druckluftsystem die Kühlkreisläufe wassergekühlter Druckluftverdichter in Frage. Werden diese luftgekühlt, kann die aufgeheizte Kühlluft zur Unterstützung der Gebäudeheizung im Winterbetrieb verwendet werden. Gleichermaßen ist z.B. beim Einsatz von PET-Streckblasanlagen eine Nutzung der Hochdruckluftverdichter möglich. Auf Seiten der Kälteanlage kann die Abwärme aus Verdichtungs-, Enthitzungs- und Kondensationsprozessen gewonnen werden. Bei der Verwendung von Kolbenverdichtern wird die Abwärme an das Kältemittel übertragen und so unter

Abb. 1: Übersicht möglicher Abwärme­ quellen und Wärmesenken

Brauerei Forum  –  April 2014

9

Abwärmequellen Die Versorgungsaggregate einer Brauerei bieten viele Möglichkeiten, um Abwärme zu nutzen. Als Quelle


Technik & Technologie verwendet werden, die Außenluft vorzuheizen, um damit eine Wärmeversorgung von Sozial- und Personalgebäuden zu gewährleisten. Da ein solches Konzept jedoch stark in die Gebäudetechnik eingreift, ist dies vor allem für Neubauten interessant.

Abb. 2: Verlauf der Kälte-, Verdichter- und Kondensations­ leistung in Abhängigkeit vom Gärverlauf für ein Sudhaus mit 3 Sudtagen und einem Sudrhythmus von 12 Suden pro Tag

Einsatz eines Kältemittelent­hitzers nutzbar gemacht. Beim Einsatz von Schraubenverdichtern kann deren Ölkühlung mittels Naturumlaufverdampfung (Thermosiphon) erfolgen oder durch eine aktive Ölkühlung. Im Falle der aktiven Ölkühlung kann die Abwärme für weitere Prozesse genutzt werden. Die Kondensationsleistung der Kälteanlage lässt sich dazu verwenden, einen Verdampfer einer Hochtemperaturwärmepumpe zu versorgen, um mit deren Kondensationsleistung wiederum weitere Wärmequellen zu versorgen. Eine andere Wärmequelle zur Speisung eines Wärmepumpenverdampfers ist das Abwasser. Hierbei ist jedoch im Einzelfall der Nutzen der Kondensationsleistung ins Verhältnis zu den Mehrkosten an Strom zu setzen. Generell muss beim Wärmepumpeneinsatz ein maximaler COP (Coefficient of Performance: Quotient aus Kondensations- und Verdichterleistung) sowie eine maximale JAZ (Jahresarbeitszahl: Quotient aus der Summe der nutzbaren Wärmeleistung und der Summe der aufgenommenen elektrischen Leistung, bezogen auf ein Jahr) angestrebt werden. Dies kann durch eine Begrenzung des Druckverhältnisses und den Einsatz eines möglichst effizienten Verdichters erfolgen. Eine weitere Möglichkeit bildet die Einbindung einer Kraft-Wärme-Kopplungslösung. Der besondere Charme der Kombination aus Brauerei und Blockheizkraftwerk liegt in einem größeren Wärmebedarf bzw. Wärmeanfall im Vergleich zum Strombedarf und -anfall. Bei der Brauerei liegt das Verhältnis bei ca. 3:1, beim Blockheizkraftwerk bei ca. 2:1. Durch das hohe Temperaturniveau eignet sich ein Abb. 3: Schematischer Kapazitätsverlauf für Europa und Russland

10

Brauerei Forum  –  April 2014

Blockheizkraftwerk für fast alle Wärmesenken in der Brauerei. Wird ein durch Brüdenenergie gespeister Energiespeicher verwendet, kann es in Abhängigkeit von der Verdampfungsrate zu einem Überschuss an Energie kommen; somit wäre das System nicht mehr ausgeglichen. In diesem Fall kann durch den Einsatz eines Ent­hitzers überschüssige Energie entnommen werden, um thermische Prozesse zu unterstützen. Aufgrund des hohen Temperaturniveaus kann die­se unterstützend für alle Prozesse verwendet werden. Ist in heißen Län­ dern die Frischwassertemperatur erhöht, kann es bei der einstufigen Würzekühlung dazu kommen, dass über den Würzekühler ein Heißwasserüberschuss erzeugt wird. Er kann im Heißwassertank zwischengespeichert werden, um damit Prozesse direkt mit Wärmeenergie zu versorgen. Im Laufe des Brauprozesses heizt sich die Luft im Sudhaus kontinuierlich auf. Durch einen Luft-Luft-Wärmeübertrager kann dieses Wärmepotenzial dazu

Wärmesenken Um Kosteneinsparungen zu maximieren und gleichzeitig realistische Amortisationszeiten zu erreichen, sind primär energieintensive Wärmesenken durch Abwärme zu versorgen. Zu den energieintensiven Prozessen, die durch den Wärmeträger Wasser versorgt werden können, zählen etwa das Aufheizen der Gesamtmaische, das Würzeerhitzen, die Pasteurisierung im Tunnelpasteur und die Flaschenreinigung. Weitere brauereispezifische Wärmesenken müssen im Einzelfall individuell analysiert werden. Vermeidung von Abwärme Durch die Analyse von angewandten Prozessen können mit Hilfe moderner Technologien Temperatur­niveaus oder Prozessdrücke angepasst werden, um Abwärme grundsätzlich zu vermeiden. Beispielhaft wird hier das Kondensatrückführungssystem zum Dampfkessel genannt. Werden thermische Prozesse mit dem Energieträger Dampf versorgt, wird das an der Wärmeübertrageroberfläche gebildete Kondensat dem Kondensatsammelbehälter zugeführt. Bei der „offenen“ Kondensatrückführung wird im Kondensatsammelbehälter durch eine druckabhängige Siedepunktänderung auf atmosphärischen Druck entspannt. Dies hat eine Nachverdampfung des Kondensats und damit möglicherweise signifikante Energie- und Wasserverluste zur Folge. Die Wärmeverluste


Technik & Technologie können nach [2] und [3] zwischen 44 und 83 kWh/t betragen. Durch ein druckbeaufschlagtes Kondensatrückführungssystem, ein sogenanntes „geschlossenes“ System, kann eine Nachverdampfung nahezu ausgeschlossen werden. Überdies besteht die Möglichkeit, durch eine gezielte Nachverdampfung eine Vorwärmung des Speisewassers für den Dampf­ erzeuger zu unterstützen. Unterscheidung Abwärmenutzung An erster Stelle muss die Verbesserung in sich geschlossener Prozesse stehen. Kann aus einem Prozess direkt Abwärme auf einen weiteren übertragen werden, stellt dies die einfachste Form der Abwärmenutzung dar. Beispielsweise kann ein Enthitzer in die Kälteanlage implementiert werden. Steht Abwärme zur Verfügung, versorgt diese den Tunnelpasteur partiell, während die Wärmeversorgung ansonsten konventionell erfolgt. Durch die Erweiterung der Anlagen mit einem Energiespeicher können Schwankungen geglättet, aber auch Prozesse vom Sudrhythmus entkoppelt werden. Hierzu kann zum Beispiel ein brüdenenergiegespeis­ ter Energiespeicher dienen, der die Würze­erhitzung übernimmt. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, können Systeme durch Kraft-Wärme-Kopplung, Solarthermie und Sorptionsoder Wärmepumpentechnologie erweitert werden. So kann etwa mit dem Abwasser der Brauerei in Kombination mit einem Abwasserwärmeübertrager die Verdampfung des Kältemittels in einer Hochtemperaturwärmepumpe übernommen werden, welche dann den Abfüllbereich unterstützt. Hierbei sind die Pasteurisierung im Tunnelpas­ teur und die Flaschenreinigung sehr energieintensive Prozesse. Wärmeträger Wird anfallende Abwärme durch den Wärmeträger Wasser abgeführt, muss eine potenzielle Wärmesenke auch durch diesen versorgbar sein. Soll der Wärmeträger Dampf durch Wasser ersetzt werden, resultiert dies zumeist in einer Vergrößerung der Wärmeübertrageroberfläche, da beim Wärmeträger Dampf vor allem die latente Wärme bei der Kondensation am Wärmeübertrager genutzt wird. Durch den fehlenden Phasenwechsel hat der Wärmeträger Wasser eine geringere Energiedichte. Zusätzlich müssen Überlegungen angestellt werden, inwieweit eine autarke Versorgung von Prozessen durch Abwärme erfolgen kann oder ob eine Versorgung zusätzlich zum konventionellen Wärme­ träger erfolgt.

Abwärmeanfall Generell gilt: Der Abwärmeanfall ist nicht konstant. Er ist an die Laufzeit der Anlagen gekoppelt, und diese variiert je nach Sudrhythmus sowie geografischen und saisonalen Gegebenheiten. Durch einen vermehrten Kältebedarf ist der Abwärmeanfall an den Kompressoren und Enthitzern der Kälteanlage üblicherweise im Sommer höher als im Winter. Weiterhin ist der Abwärmeanfall und entsprechend der Wärmebedarf auch an den Gärverlauf gekoppelt. In Abbildung 2 sind die Verdichter- und Kondensationsleistung und deren Schwankungen in Abhängigkeit vom Gärverlauf beispielhaft aufgezeigt. In Abbildung 3 ist der saisonale Kapazitätsverlauf für Europa und Russland schematisch dargestellt. Konzepte, die sich für den Sommerbetrieb als rentabel erweisen, müssen dies nicht zwangsläufig für den Winterbetrieb tun. Kommt es im Sommer zu starken Produktionsspitzen und daher zu vermehrtem Wärmebedarf, ist über eine Deckung des thermischen Energiebedarfes mittels Solarthermie nachzudenken. Pinch-Analyse Die Pinch-Analyse ist eine Methode, um potenzielle Energieeinsparungen in Prozessen oder Systemen aufzuzeigen. Hierbei können Energie- oder Wasserströme direkt miteinander verglichen werden. Im Falle der Betrachtung der thermischen Energieströme werden Temperaturniveau sowie Wärmeleistung aufgetragen, zur direkten Betrachtung muss eine zeitliche Übereinstimmung vorliegen. In Abbildung 4 sind die Verbundkurven zweier Wärmeströme aufgezeigt. Dem Enthitzer (rote Kurve) soll Wärme (205 kW) entzogen und dem Tunnelpasteur für Dosen (blaue Kurve, 175 kW) über­geben werden. Der Pinch-Punkt hierbei be-

schreibt die minimal treibende Temperaturdifferenz (5 K nach einer „Good Engineering Practice“) über den Wärmeübertrager. Bei einem unendlich großen Wärmeübertrager ergäbe sich ein Berührpunkt. Im schraffierten Bereich ist eine direkte Abwärmenutzung mit 145 kW möglich. Somit können ca. 83 % vom Gesamtbedarf von 175 kW aus Abwärme zur Verfügung gestellt werden. Unterhalb des Pinch-Punktes besteht weiterhin eine Abwärmequelle (60 kW), oberhalb des schraffierten Bereiches eine Wärmesenke (30 kW) (Abb. 4). Aus den Verbundkurven kann eine Gesamtverbundkurve gebildet werden, die ihrerseits ermöglicht, auf einen Wärmepumpen- oder Kraft-Wärme-Kopplungseinsatz zu schließen. Weiterhin kann aus den Verbundkurven ein Wärmeübertragernetzwerk abgeleitet werden, um Systemlösungen zu planen.

Abb. 4: Verbundkurven eines Enthitzers der Kälteanlage und eines Tunnelpasteurs für Dosen

Problematik Rücklauftemperatur Die Vorlauftemperatur des Wärmeträgers, der einer Wärmesenke zugeführt wird, wird durch den Prozess der Abwärmequelle definiert. Sie hat einen Einfluss darauf, ob ein Prozess auf Grund des verfügbaren Temperaturniveaus gänzlich versorgbar ist. Weiterhin können je nach benötigter Prozesstemperatur die Vorlauftemperatur und die daran gekoppelte treibende Temperaturdifferenz einen Einfluss auf die Wärmeübertrager­ oberfläche haben. Ist zur Einhaltung des Prozesses eine definierte Rücklauftemperatur des Wärmeträgers erforderlich, so muss eine Regelung der Rücklauftemperatur erfolgen. Kann die Rücklauftemperatur von der Wärmesenke nicht weit genug vermindert werden, muss eine aktive Kühlung des Rücklaufes erfolgen. Dadurch geht ein Teil des Abwärmepotenzials verloren. Dieser Umstand kann auch aus Abbildung 4 abgeleitet werden. Der theoBrauerei Forum  –  April 2014

11


Technik & Technologie

Übersicht zu Konzeptmöglichkeiten In Tabelle 1 sind einige Abwärme­ nutzungskonzepte schematisch dargestellt. So kann etwa in heißen Ländern ein am Würzekühler erzeugter Heißwasserüberschuss aufgrund des Temperaturniveaus dazu verwendet werden, die CIP-Anlage oder die Flaschenreinigungsanlage zu unterstützen. Der Aufwand beschränkt sich Tabelle 1: Übersicht einiger Systemkonzepte zur Abwärme­ nutzung

Fazit Unter Beachtung von Parametern wie saisonalem Ausstoß, Umgebungsbedingungen, Betriebsweise des Sudhauses, Entfernungen zwischen Abwärmequellen und Wärmesenken, Prozesstemperaturen, Wärmeleis­ tungen und zeitlicher Verfügbarkeit kann Abwärme zur direkten Umwandlung in Nutzwärme verwendet werden. Zur Vermeidung von Abwärme sollte die Effizienzverbesserung in sich geschlossener Prozesse an erster Stelle stehen. Die einfachste Form der Abwärmenutzung bildet die direkte Verschiebung von Energieströmen mittels Wärmeübertrager. Zusätzlich können mit einem Energiespeicher Anfall und Bedarf zeitlich entkoppelt werden. Auch lässt sich thermische

Heißwasserüberschuss Würzekühler & Enthitzer am Energiespeiche­rsystem

CIP-Anlage, Flaschen­reinigung

Heißwasserüberschuss – heiße Länder; brüdenenergie­gespeistes Energie­speichersystem – Energieüberschuss durch hohe Gesamt­verdampfung

Enthitzer Kälteanlage

Tunnelpasteur

Budget-Lösung, redundanter Einsatz, wenn Abwärme vorhanden, direkt – kein Speicher

Druckluft- und Kältemittelverdichter

Tunnelpasteur, Flaschenreinigung, Sterilisation – Filtration

Nutzwärme abhängig von Rücklauftemperatur; aufwendige Regelung, zur Glättung Energie­ speicherung notwendig

Abfüllbereich, Aufheizen Maische, Würzeerhitzung

Hochtemperaturwärmepumpen – Δp begrenzen, hohe Abwassertemperaturen vorteilhaft, komplexe Systeme, große Steigerung der Stromkosten – großes Potenzial, aber Einzelfallbetrachtung

Blockheizkraftwerke

Brauerei Forum  –  April 2014

Nutzen

Literatur [1] Heuven, F.; van Beek, T.; Jacson G.; Johnson A.: Benchmarking der Energie- und Wassereffizienz im Brauereisektor 2012. In: Brauwelt, 2013, Nr. 29, S. 851–853 [2] Tuffner, Markus: Ökonomische Konzepte Dampf- und Wärmeerzeugung in Brauereien. In: BrauIndustrie, 2004, Nr. 8, S. 16–18 [3] Viessmann: Planungshandbuch Dampfkessel, März 2011. www. viessmann.de/content/dam/internetglobal/pdf_documents/technical_series/planungshandbuchdampfkessel.pdf (01.09.2013)

Senken

Abfüllbereich, Aufheizen, Maische, Würze­ erhitzung

Aufwand

Energie aus kontinuierlichen Prozessen ansammeln, um damit diskontinuierliche, energieintensive Prozesse zu versorgen. Die Implementierung von BHKWs, Wärmepumpen und Solarthermie stellen die umfassendsten und aufwendigsten Erweiterungen zur Energieversorgung dar. GEA Brewery Systems bietet Audits zu bestehenden Energiekonzepten von Brauereien an. Mit Hilfe von Analyse- und Auslegungsprogrammen zur Abwärmenutzung und zum spezifischen Energieverbrauch lassen sich in Zusammenarbeit mit dem Brauereibetreiber Systemlösungen zur ganzheitlichen Integration von effizienten Energiekonzepten unter der Prämisse eines stabilen Brauprozesses ausarbeiten.

Quellen

Speisung Wärmepumpenverdampfer durch Abwasser oder Kondensations­ leistung

12

hierbei auf einen zusätzlichen Wärmeübertrager und ein Pumpen- und Verrohrungssystem. Der Heißwassertank kann als Pufferspeicher verwendet werden, sodass der Nutzen den Aufwand überwiegt. Sind die Balken in den Spalten „Nutzen“ und „Aufwand“ identisch, muss die wirtschaftliche Machbarkeit der Konzepte im Einzelfall betrachtet werden. Durch die Eigenstromerzeugung von BHKW-Lösungen überwiegt der Nutzen normalerweise den Aufwand. In der Spalte „Anmerkung“ werden einige Hinweise zu den Besonderheiten der spezifischen Lösungen geliefert (Tab. 1).

Anmerkung

durch Eigenstromerzeugung hohe Kosteneinsparungen, nutzbar als Notstromaggregat, komplexes System – Einhaltung der Temperaturspreizung

kein Anspruch auf Vollständigkeit – Details werden bei einem Energieaudit betrachtet

retisch nutzbare Betrag der Abwärme (rote Kurve, 205 kW) ist größer als der tatsächlich nutzbare (schraffierter Bereich, 145 kW). Die nötige Rücklauftemperatur des Wärmeträgers zum Enthitzer von 62 °C kann in diesem Beispiel nicht vom Tunnelpasteur erreicht werden. Inklusive treibender Temperaturdifferenz kann der Wärmeträger auf 66 °C abgekühlt werden, sodass der Betrag der nutzbaren Abwärme sinkt. Eine Möglichkeit zur Vermeidung einer aktiven Kühlung und somit zur energetischen Verbesserung des Systems wäre der Einsatz einer Niedertemperaturwärmesenke. Diese Problematik muss auch bei der Einbindung eines Blockheizkraftwerkes beachtet werden. Die Rücklauftemperatur des Wärmeträgers beim BHKW ist durch eine definierte Temperaturspreizung von Vor- und Rücklauf einzuhalten. Muss die Rücklauftemperatur des Wärmeträgers angepasst werden, geht ein Teil der für den Prozess zur Verfügung stehenden Wärmeenergie verloren.


Technik & Technologie   Brauer-Schule Fachfragen und Fachrechnen für Auszubildende

Lebensmitteltechnologie Die Lebensmitteltechnologie befasst sich u.a. mit der Verlängerung der Haltbarkeit von Lebensmitteln und mit stofflichen Veränderungen. Um Lebensmittel haltbar zu machen, gibt es viele Verfahren, darunter Pökeln, Räuchern bzw. die Lufttrocknung. Der Beginn der modernen Hitzekonservierung liegt um 1700. Allerdings dauerte es bis zur Erfindung

1. Laut Reinheitsgebot ist es verboten, Bier mit speziel­ len Substanzen zu stabilisieren. Was aber versteht man genau unter Stabilisieren? a) Man sorgt dafür, dass sich der Ursprungszustand eines Lebensmittels nicht ändert b) Man macht ein Lebensmittel dauerhaft haltbar, indem man den aW-Wert des Lebensmittels absenkt c) Man tötet die lebensmittelschädigenden Mikro­- organismen ab d) Man verschönert das Aussehen eines Lebens- mittels e) Bei der Stabilisierung erreicht man durch che- mische Reaktionen im Lebensmittel, dass sich dessen Geschmack verbessert 2. Pasteurisation ist eine physikalische Art der Haltbarmachung. Welche Aussage zur Pasteurisation ist falsch? a) Pasteurisation erfolgt thermisch b) Bier wird im abgefüllten Gebinde pasteurisiert c) Beim Pasteurisieren wird ein Lebensmittel keimfrei gemacht d) Die Pasteurisation tötet Hefen und Schimmelpilze ab e) Die Pasteurisation verändert die Farbe und den Geschmack von Lebensmitteln nur geringfügig 3. Eine andere Möglichkeit für die Haltbarmachung von Lebensmitteln ist die Sterilisation. Welche Aussage zur Sterilisation ist richtig? a) Die Sterilisation erfolgt chemisch b) Bier wird im abgefüllten Gebinde sterilisiert c) Beim Sterilisieren wird ein Lebensmittel keimfrei gemacht d) Die Sterilisation tötet nur Hefen und Schimmelpilze ab e) Die Sterilisation verändert die Farbe und den Ge- schmack von Lebensmitteln nur geringfügig 4. Beim Pasteurisieren und beim Sterilisieren werden die Lebensmittel auf unterschiedliche Kerntemperaturen erhitzt. Bei welcher Auswahlantwort sind die Kerntemperaturen korrekt zugeordnet? a) Pasteurisation: 45 °C – Sterilisation: 85 °C b) Pasteurisation: 65 °C – Sterilisation: 85 °C c) Pasteurisation: 85 °C – Sterilisation: 105 °C

Getrocknete Lebensmittel bleiben länger haltbar

d) Pasteurisation: 65 °C – Sterilisation: 125 °C e) Pasteurisation: 45 °C – Sterilisation: 125 °C 5. Dispergieren bedeutet, dass mindestens zwei Stoffe, die sich chemisch nicht miteinander verbinden, ein heterogenes Gemisch ergeben. Welches der genannten Gemische ist nicht dispers? a) Hefeweißbier b) Bierschaum c) Rauch d) Apfelsaft e) Heißtrub

Die Aufgaben stellte Studienrat Robert Pawelczak, Staatliche Berufsschule Main-Spessart/ Karlstadt

6. Was versteht man unter Extrahieren? a) Das feine Verteilen zweier nicht mischbarer Stoffe ineinander b) Das Herausziehen eines Stoffes aus einem Gemisch mit Hilfe eines Lösungsmittels c) Die Bildung eines Aerosols aus Feststoff und Gas d) Das Vermischen unterschiedlicher, nicht mischba­rer, Flüssigkeiten durch einen physikalischen Prozess e) Das Absinken von Feststoffen durch ihre höhere Dichte aus einem Dekantat 7. Zum Teil müssen bei der Lebensmittelproduktion aus Flüssigkeiten Stoffe entfernt werden. Dies kann man erreichen, indem man die Flüssigkeit im Gegenstrom mit einem Gas in Kontakt bringt. Wie wird dieses Verfahren bezeichnet? a) Auslaugen b) Emulgieren c) Digerieren d) Strippen e) Mazerieren 8. Wenn man bei Milch (Fett in Wasser Emulsion) die Fett­tröpfchen physikalisch so stark verkleinert, dass sie nicht mehr aufrahmen können, wird die Lösung… a) ultrahocherhitzt b) emulgiert c) suspendiert d) homogenisiert e) mazeriert 9. Erklären Sie die Extraktion an Hand eines Beispieles aus dem Brauwesen Fachrechnen 1. 350 hl Exportbier sollen in einem Tunnelpasteur mit 20 Pasteurisationseinheiten pasteurisiert werden. Wie lange muss man beim Pasteurisieren eine Kerntemperatur von 65 °C halten? (Volle Minuten und Sekunden) Die Berechnung ist ohne die Beachtung der Aufheizund Abkühlzeit (von 60 °C auf 65 °C auf 60 °C) vorzu(Lösungen Seite 30) nehmen. Brauerei Forum  –  April 2014

Foto: Wikipedia

der Pasteurisierung noch bis 1864, die auf Louis Pasteur zurückgeht.

13


Technik & Technologie   VLB-Frühjahrstagung

Brauereien optimieren alle Produktionsbereiche Zwei Themenblöcke mit neun Vorträgen standen am ersten Tag der 101. Frühjahrstagung in den Donauhallen in Donaueschingen auf der Agenda. Zunächst ging es um die Bierfiltration – Standortbestimmung und Ausblick, danach um die nachhaltige Produktionsoptimierung. Den Vorsitz hatte EBC-Präsident Dr. Stefan Lustig, BHI, München, der mit viel Engagement durch das Programm führte.

Fotos Fotos:(12): dp dp

Stefan Lustig war Vorsitzer am ersten Tag der Frühjahrstagung 2014

Die Membran­und die Kerzenfiltration sind ein Quantensprung in der gesamten Filtrationstechnik: Roland Folz

(dp) Ob Petrus Bier mag, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall aber muss sein Herz für die Brauindustrie schlagen. Der Wächter der Himmelspforte sorgte nämlich während der Frühjahrstagung in Donaueschingen für strahlenden Sonnenschein. Zweifellos erfreulich, doch bei weitem nicht selbstverständlich Anfang März am Rande des Schwarzwaldes. Darauf machte Dr. Stefan Lustig, BHI, München, bei der Eröffnung der Tagung aufmerksam. Gleichzeit erinnerte er daran, dass mit Donaueschingen ein Veranstaltungsort gewählt wurde, der über eine lange Brautradition verfügt. So erhielten 1283 die Grafen (später Fürsten) zu Fürstenberg das Braurecht. Allerdings wurde erst im 18. Jahrhundert am heutigen Standort in Donau­eschingen der Grundstein für eine größere Brauerei gelegt. Nach dem kleinen Ausflug in die Geschichte hatte Dr. Roland Folz das Wort. Bisher VLB Berlin, arbeitet er seit 1. Februar 2014 bei Pentair, Venlo, Niederlande. Der Global Player beschäftigt 30 000 Mitabeiter auf sechs

14

Brauerei Forum  –  April 2014

Kontinenten in mehr als 100 Produktionsstätten. Folz Vortrag skizzierte die Ganzheitliche Forschung und Entwicklung bei einem globalen Unternehmen – die Zukunft der Brau- und Getränke­ industrie gestalten. Das Thema bot interessante Einblicke in das Selbstverständnis eines Konzerns, der aktiv den technischen Fortschritt in der Filtrationstechnologie, der Wasseraufbereitung und anderen Bereichen vorantreibt. Nach Angaben des Referenten ist für Pentair der Mensch an sich mit seinen Bedürfnissen die Richtschnur für die Produktentwicklung. Diese erfolgt in einem Spannungsfeld von Prozess­sicherheit, Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit. Ziel ist es letztlich, Produkte nicht nur so hochwertig wie möglich herzustellen. Vielmehr soll dabei auch weniger Abfall erzeugt und der CO2-Ausstoß bzw. der Energie- und Wasserverbrauch minimiert werden. Um dies zu erreichen, werden jährlich große Summen vom Jahresumsatz in den F&E-Bereich inves­tiert. Aus ihm entstehen dann spezielle Produkte, die sich als praktische Lösung für industrielle Prozesse verstehen. Als Beispiele hierfür nannte Folz etwa Anlagen aus dem Hause Pentair zur ÖkoFiltration, zur Wasseraufbereitung, zur CO2-Rückgewinnung sowie zur BiogasVeredelung. Bei der Öko-Filtration mit sterilen Filtermembranen stellte der Referent den kompakten Aufbau und die leichte Bedienung (plug and play) der Anlage heraus. Da sie modular aufgebaut ist, lassen sich große Kapazitäten verwirklichen. Gleichzeitig wird ein hoher Filtratdurchsatz gewährleistet, um Kontaminationen und Bierverluste zu vermeiden. Weitere Vorteile sah Folz in der längeren Lebensdauer der sterilen Filtermembranen sowie den geringeren Austauschkosten für die Filterelemente. Dr. Ulrich Gans, Bucher Filtrox Systems, St. Gallen/Schweiz, thematisierte Keramische Membranen – eine zuverlässige Lösung für die kieselgurfreie Filtration von Bier. Der Vortrag stellte die

Crossflow-Filtration mit keramischen Membranen zur Diskussion. Diese haben nach Einschätzung des Referenten einen unschlagbaren Vorteil: „PolymerMem­branen halten ein bis zwei, keramische Mem­branen hingegen acht bis zehn Jahre. Sie können aber auch bis zu 15 Jahren funktionieren.“ Diese lange Lebensdauer soll sich dabei aus der speziellen Beschaffenheit des Werkstoffs ergeben. Wie Gans erläuterte, sei Keramik sehr beständig bei einer Vielzahl von Chemikalien wie Laugen, Säuren, Lösungs- und Oxidationsmitteln. Auch bei mechanischen sowie thermischen Einwirkungen sah er Keramik als äußerst belastbar an. Im Gegensatz hierzu bewertete er die Beständigkeit von Polymer-Mem­branen im Hinblick auf die genannten Einflüsse als deutlich schlechter. Bei den Zyklen für die CIP-Reinigung sah der Referent ebenfalls die keramischen Mem­branen im Vorteil, da sie „unbegrenzt“ eingesetzt werden könnten, die PolymerMem­branen nur „500“ Mal. Wie Gans weiter ausführte, beträgt der Innendurchmesser der Kanäle in den keramischen Mem­b ranen 1,35 mm, die Länge der Keramik­elemente selbst 1,2 m. Diese halten in der Anlage bis 10 bar stand, was eine Rückspülung mit hohen Drücken ermöglicht. Bei der Wirtschaftlichkeit räumte der Referent ein, dass die keramische Filtration in


Technik & Technologie „der Vergangenheit viel zu teuer war“. Heute jedoch sei das System mehr oder weniger gleichwertig. Nach seiner Beispielrechnung kann eine 2 Mio.-hlBrauerei innerhalb von 10 Jahren mit keramischen Membranen im Vergleich zu Polymer-Membranen gut 1 Mio. € sparen. Die Gewinnschwelle soll nach fünf Jahren erreicht werden. Die hohe Einsparung ergibt sich vor allem daraus, dass bei den keramischen Membranen nicht nur weniger Wartungskosten anfallen. Vielmehr werden auch weniger Ersatzmodule benötigt. Abschließend präsentierte Gans sensorische Ergebnisse von Bier, das mit keramischen Membranen filtriert worden war. „Zu konventionell filtriertem Bier war kein Unterschied feststellbar“, so der Referent abschließend. Dr. Karl Liebl, Oettinger Brauerei, Mönchengladbach, informierte über die Membranfiltration in der Oet­ tinger Brauerei: Gestern. Heute! Morgen! Der Vortrag war ein einziges Plädoyer für den Einsatz der Membran­ filtration, mit der die Oettinger Brauerei sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Bevor der Referent hierzu ins Detail ging, lenkte er aber zunächst die Aufmerksamkeit auf die jüngste Vergangenheit. Demnach gab es in der Oet­ tinger Brauerei vor wenigen Monaten große Schwierigkeiten bei der Bierfiltration. Der Grund lag darin, dass die Qualitätsparameter des verwendeten Malzes in keinem Zusammenhang zum Filtrationsergebnis gestanden hätten. „Hierzu sollte sich die Branche einmal Gedanken machen“, sagte Liebl. „Wir brauchen aussagekräftige Malzanalysen.“ Nach dieser Anregung skizzierte der Referent das Selbstverständnis der Oettinger Brauerei. Es umfasst vier Bereiche, die mit großem Nachdruck verfolgt werden: • Qualität der Biere

• Sicherheit, Gesundheit & Umwelt • Opex (Betriebskosten bzw. variable Kosten senken) • Kapitalkosten (wettbewerbsfähige Investitionskosten) Die ersten Erfahrungen der Oettinger Brauerei mit der Membranfiltration am dortigen Standort in Bayern reichen bis ins Jahr 2003 zurück. Seither gab es verschiedene Modernisierungen, um die Kapazitäten zu erhöhen bzw. den Filtrationsprozess zu verbessern. Wie der Referent versicherte, sei das membranfiltrierte Bier „deutlich länger haltbar“ als mit Kieselgur filtriertes. Durch die kontinuierlichen Optimierungen konnten zudem die laufenden Kosten stetig gesenkt werden. Dies geschah etwa durch Verminderung der Bierverluste bzw. der Entlastung von Kläranlage und Abwassernetz. Damit liegen die Kosten der Membranfiltration zurzeit „deutlich unter 40 Cent pro Hektoliter“. Angesichts der guten Erfahrungen hat Oettinger auch dem Lizenzpartner (Moscow Brewing Company) mit einem Know-How-Transfer bei der Einführung der Membranfiltration geholfen. Ziel ist es darüber hinaus, alle Braustätten von Oettinger auf die Membranfiltration umzustellen, so Liebl abschließend. Die Zukunft der Bierfiltration aus der Sicht eines internationalen Braukonzerns nannte Frederik Havel, Molson Coors, Montreal, Kanada, seinen Vortrag in Englisch. Dieser gab u.a. Antworten auf die Frage, welchen Filtrationstyp Molson Coors in seinen Brauereien bevorzugt. Ein spannendes Thema, da Unternehmen in der Regel nicht leichtfertig bestimmte Anlagen kaufen. Vielmehr drückt jede Entscheidung auch aus, welches System als zukunftsfähig betrachtet wird. Dies gilt besonders für Großkonzerne, die weder Kosten noch Mühen scheuen, bereits im Vorfeld alle Argumente für bzw. gegen bestimmte

Keramische Membranen haben eine sehr hohe Zuverlässigkeit: Ulrich Gans

Membranfiltriertes Bier ist länger haltbar: Karl Liebl

Die Entscheidung für eine Filtra­ tionstechnologie hängt vom Standort ab: Frederik Havel Filtrationsarten akribisch zu prüfen. Vor diesem Hintergrund erläuterte der Referent ausführlich Selbstverständnis und Handlungsparameter von Molson ­Coors – immerhin die fünftgrößte Brauereigruppe der Welt mit Brau­stätten in Kanada, den USA, Europa und Asien. Wie Havel deutlich machte, prüft Molson Coors letztlich immer ergebnis­ offen für jede Brauerei, welche Filtration am besten ist. Eine Brauerei in Indien mit kleiner Gesamtproduktion und sehr niedrigen Lohnkosten wird dabei anders bewertet als eine Brauerei in Kanada mit hohem Ausstoß und hohen Lohnkosten. Neue Techniken werden grundsätzlich aufmerksam begutachtet. Allerdings müssen sie in der Lage sein, zumindest den Standard der Kieselgurfiltration zu erreichen. Sie unterliegt einer ständigen Neubewertung sowohl im Hinblick auf die Betriebs­ kosten als auch auf die Umweltanforderungen sowie dem gesundheitlichen Risiko. Außer mit Kieselgur filtriert MolSudhaus der Fürstlich Fürsten­ bergischen Brauerei in Donau­ eschingen Brauerei Forum  –  April 2014

15


Technik & Technologie son Coors auch mit der Crossflow-Technik. Sie soll zunehmend eingesetzt werden, vor allem als Ersatzinvestition für veraltete Filteranlagen. Erwartet werden dadurch massive Einsparungen bei den Betriebskosten und dem Personal. Darüber hinaus experimentiert Molson Coors zudem mit neuen Materialien als Ersatz für Kieselgur. Ge­plant ist außerdem, noch in diesem Jahr Versuche mit keramischen Membranen durchzuführen. Insgesamt zeigte der Vortrag sehr anschaulich, dass Molson Coors bei der Bierfiltration mit pragmatischen Lösungen offenbar gute Erfahrungen macht. Nach dem Schwerpunktthema Filtration ging es beim zweiten Vortragsblock um die Nachhaltige Produktions­ optimierung in der Brauindustrie. Erster Referent war hierzu Hannes Havliza, ABInbev/Hasseröder Brauerei, Wernigerode. Er stellte die Umsetzung eines Nachhaltigkeit-Konzeptes in der Hasseröder Brauerei vor. Der Vortrag zeigte exemplarisch, welche Möglichkeiten Brauereien haben, ihre Produk-

Sudhaus mit Ausblick: Die Rothaus Brauerei in Grafenhausen liegt mitten im Schwarzwald in malerischer Lage

Sind alle herkömmlichen Optimierungen ausgereizt, helfen nur noch spezielle Computerprogramme: Hannes Havliza

Akribische Betriebsdatenerfassung und ihre Kontrolle sind die Voraussetzung dafür, Wasserverbräuche zu optimieren: Michael Lembke

Simulationen helfen, Prozesse zu optimieren, ohne in den laufenden Betrieb eingreifen zu müssen: Ralf Tschepetzki

16

Brauerei Forum  –  April 2014

Foto (1): Biering

tion so effizient und umweltbewusst wie möglich zu gestalten. Hasseröder hat dieses Ziel mit zwei Maßnahmen zu erreichen versucht: Zum einen durch eine neue Ausrichtung der gesamten Unternehmenskultur. Zum anderen aber auch durch die Modernisierung des Maschinenparks für Energie und Wasser. Bei der Unternehmenskultur etwa wurden neue Akzente gesetzt, um die betriebliche Kommunikation zu verbessern. Gleichzeitig wurde das Verantwortungsbewusstsein und die Mitarbeitermotivation erhöht. Bei den Maschinenparks für Energie und Wasser gab es umfassende Modernisierungen, um die höchst mögliche Effizienz zu realisieren. Zur Ausstattung im Energiebereich bei Hasseröder gehören jetzt u.a. folgende Anlagen: • BHKW mit Biogas von der Abwasseranlage • Wärmerückgewinnung/Kesselhaus • Brüdenverdichter/Würzekochung • Brüdenkondensat für Maischen • Spitzenlastmanagement zur Beein- flussung der Energieversorgung Nachhaltiges Wassermanagement in der Brauerei: Validierung des Wasser­ einsatzes und softwareunterstützte Simulation zur Effizienzsteigerung. Der Vortrag stellte einen interessanten Ansatz vor, wie sich der Wassereinsatz in Brauereien optimieren lässt. Drehund Angelpunkt ist dabei eine spezielle Software, die Dr. ­Ralf Tschepetzki, ifak system GmbH, Magdeburg, und Michael Lembke, VLB Berlin, zusammen mit anderen entwickelt haben. Computergestützt wird die Wiederverwendung von gebrauchtem Wasser verbessert, das ohne Aufbereitung für sekundäre Zwecke eingesetzt wird. Die Software ermöglicht damit die Simulation von dynamischen Prozessen auf der Grundlage von mathematischen Modellen.

So lassen sich, ohne in den laufenden Betrieb einzugreifen, die Auswirkungen einzelner Einflussgrößen auf das gesamte System untersuchen. Ziel ist dabei, Wasserströme in Brauereien so effizient und damit auch so kostengüns­tig wie möglich einzusetzen. Grundlage hierfür sind zunächst umfangreiche Messungen im gesamten Unternehmen, um den aktuellen Ist-Stand zu ermitteln. Erfasst wird der gesamte Wasserverbrauch für alle Anlagen und die gesamte Produktion. Dazu zählt auch der Wasserbedarf für die Reinigungen, Vor-, Zwischen- und Nachspülungen, Ausschübe und vieles andere mehr. Nach der Auswertung der Daten lassen sich dann verschiedene Szenarien entwerfen, wo z.B. bereits gebrauchtes Wasser für zusätzliche Prozessschritte sinnvoll eingesetzt werden kann. Die gewonnenen Daten lassen sich zudem für die Planung von weiteren Maßnahmen verwenden, z.B. dem Neubau oder der Erweiterung von Tanks, Leitungen und Armaturen. Nachhaltige Prozessoptimierung in der Fürstlich Fürstenbergischen Brauerei war das Thema von Daniel Haag, Donaueschingen, vom selben Unternehmen. Als Technischer Leiter verantwortet er den Bereich der Produktion und Technik, der in den vergangenen drei Jahren umfassend modernisiert worden war. Einer der Meilensteine in einem ganzen Bündel von Maßnahmen war dabei die Erneuerung der Druckluftversorgung 2011. Als Folge konnte die Gesamtluftmenge um 30 % verringert werden. Der Strombedarf des Luftverdichters sank im selben Zeitraum um 35 %. Weitere Investitionen erfolgten in das firmeneigene Blockheizkraftwerk (BHKW). Da es 2012 auf den neuesten Stand gebracht wurde, liegt der Gesamtwirkungsgrad nun bei


Foto (1): Strobl

Technik & Technologie

ca. 90 % (vorher: 88 %). Zudem hat sich der elektrische Wirkungsgrad durch Optimierungen von 36 % auf fast 40 % erhöht bei gleichzeitig verbesserten Abgaswerten. Haag: „Die Erzeugung von Wärme, so effizient sie auch sein mag, bringt aber nicht viel, wenn die Wärme durch den Transport wieder verloren geht.“ Um dies zu verhindern, war die Isolierung von bisher schlecht zugänglichen Bereichen wie Flanschen und Klappen ein weiterer Mosaikstein der gesamten Modernisierung. Dazu wurden Wärmedämmmatten montiert, die flexibel formbar sind. Sie schützen nicht nur maßgeblich vor Wärmeverlusten, sondern auch vor Unfällen mit heißen Rohren. Allein durch die Verringerung der Verluste durch Wärmeabstrahlung konnte der Einsatz von ca. 45 000 m3 Erdgas vermieden werden. Optimiert wurde außerdem der Wasserverbrauch der Brauerei. Er lag 2010 bei 5,14 hl pro 1 hl Verkaufsbier, heute werden etwa 4,3 hl/hl benötigt. Dass manchmal weder teure Investitionen noch aufwendige Messungen notwendig sind, um Ressourcen einzusparen, zeigte Haag am Beispiel des Tunnelpasteurs. Hier konnte Fürstenberg den Frischwasserbedarf um ca. 2500 m3 und den Energiebedarf um ca. 230 000 MJ jeweils pro Jahr reduzieren. Möglich wurde dies allein durch eine günstigere Verteilung der Flaschen auf den beiden Ebenen sowie durch Verbesserungen bei der Temperaturführung. Thorsten Jauch, Hirsch-Brauerei Honer, Wurmlingen, informierte über die Optimierung der Flaschenabfüllung einer mittelständischen Brauerei unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Der Vortrag zeigte einmal mehr, dass Brauereien von technischen Investitionen in der Regel doppelt profitieren. Zum

einen leisten sie so einen Beitrag zum Umweltschutz durch weniger Ressourcenverbrauch. Zum anderen sparen sie aber auch bares Geld. Bei der HirschBrauerei Honer gelang beides durch die unternehmerische Entscheidung, zentrale Bereiche der Brauerei grundlegend zu modernisieren. Wie Jauch erläuterte, wurden in einem ersten Schritt die beiden bisherigen Flaschenwaschmaschinen durch ein Modell von KHS ersetzt. Es ist verbrauchsoptimiert, was zu Einsparungen bei der Heizenergie und dem Wasserbedarf führt und die Laugeverschleppung minimiert. In einem zweiten Schritt wurden der Flascheninspektor, der Füller und Verschließer, der Etikettierer sowie die CIP-Anlage erneuert. Insgesamt haben sich so eine Vielzahl von Einsparungen ergeben, die sich nach Angaben des Referenten jährlich auf über 80 000 € belaufen. Den mit Abstand größten Anteil hat dabei die neue Flaschenwaschmaschine, die zwei frühere Anlagen ersetzt. Allein beim Wasser konnten so jährlich rund 56 000 hl eingespart werden. Den Abschluss des 1. Kongresstages bildete ein Vortrag aus dem Bereich der Grundlagenforschung. Dr. Roland Pahl, VLB Berlin, informierte über Ansätze zur Quantifizierung des Scherkrafteintrags in brauerei­relevante Medien. Diese werden als eine Art „Schreckgespenst“ in Brauereien angesehen. Hintergrund ist, dass Scherkräfte Würze und Bier negativ beeinflussen. Dies gilt als gesicherte Erkenntnis. Doch gibt es bisher kaum verlässliche Daten, die das Gefährdungspotenzial tatsächlich auch quantifizieren könnten. So werden die üblicherweise als Richtwerte anerkannten Grenzwerte für Fließgeschwindigkeiten in vielen Anwendungen weit überschritten, ohne dass nachteilige

Auch die HirschBrauerei Honer in Wurmlingen hieß die Teilnehmer der Frühjahrstagung herzlich willkommen

Wirkungen auf den Prozess erkennbar wären. Vor diesem Hintergrund startete das FIBGP der VLB Berlin aufwendige Untersuchungen im Rahmen eines Forschungs­projektes. Dieses wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert, um die gesamte Problematik zu erhellen. Wie Pahl erläuterte, werden die Versuche an einem standardisierten Aufbau sowohl mit speziellen Scherpumpen als auch mit gängigen Pumpen durchgeführt. Bisherige Messungen der Scherkräfte erfolgten u.a. mit Hilfe von Suspensionen auf der Basis von β-Glukan bzw. Hefe. Die Versuche zeigten bisher sehr ermutigende Ergebnisse für die Quantifizierbarkeit von Scherkrafteintrag bei der Verwendung einer speziellen β-Glukanlösung. Die Verwendung von Hefesuspension hingegen zeigte sich als schwer anwendbar. Die Einflüsse von Scherkrafteintrag auf Zellviabilität und Gesamtzellzahl zeigten wenig exakte Zusammenhänge. Deshalb sind weitere Versuche notwendig, um die bisherigen Erkenntnisse zu präzisieren, so Pahl abschließend. (wird fortgesetzt)

Die beste Druckluft ist die, die man nicht braucht: Daniel Haag

Mit unserer aktuellen Technik sind wir für die Zukunft gut gerüstet: Thorsten Jauch

Das Messen von Scherkräften in flüssigen Medien ist eine technische Herausforderung: Roland Pahl Brauerei Forum  –  April 2014

17


IfGB aktuell Aromen für die Spirituosenbranche – 12. IfGB-Forum tagt auf Einladung von Bell Flavors im Oktober in Leipzig Das IfGB-Forum Spirituosen und Brennerei findet in diesem Jahr am 7. und 8. Oktober in Leipzig statt. Der Aromenhersteller Bell Flavors & Fragrances lädt zur Betriebsbesichtigung am Standort Leipzig-Miltitz ein. Entsprechend gibt es neben dem Themenblock der allgemeinen Rahmenbedingungen auch einen Aromenschwerpunkt. Weitere Schwerpunkte sind Dosierung und Ausmischung sowie Perspektiven zum Ende des Branntweinmonopols. Außerdem ist eine Gin-Session geplant.

Mit Unterstützung von:

Fotos: © Julián Rovagnati & Big City Lights / fotolia.com, Composing: Bell Flavors & Fragrances GmbH

(WiK) „Wir sind sehr stolz darauf, dass ein so renommiertes Unternehmen wie Bell Flavors & Fragrances das IfGBForum einlädt“, sagte Geschäftsführer Dr. Josef Fontaine anlässlich des ersten Planungstreffens. „Seit vielen Jahren arbeiten wir mit Bell Flavors in unterschiedlichsten Sensorik-Projekten zusammen“, ergänzte Dr. Diedrich Harms, Leiter des VLB-Zentral-Laboratoriums. „Eine sehr fruchtbare wissenschaftliche Kooperation.“ Aromen im Spannungsfeld zwischen Kundengeschmack, Verordnungen und Verbraucherschutz wird ein Themenschwerpunkt sein. Der Facettenreichtum des Aromeneinsatzes in der Spirituosenbranche wird dabei ebenso diskutiert wie die Herausforderungen durch Lebensmittelüberwachung und Verbraucherschutzorganisationen. Produktion und Marketing innovativ Das Branntweinmonopol für Kornbrenner ist ausgelaufen, das Monopol für Obstbrenner endet 2017. Kornbrenner, die bisher ausschließlich Rohalkohol an das Monopol geliefert haben, resignieren und lösen ihre Verbände auf. Einige schauen nach neuen Wegen, stellen mit dem eigenen Feinbrandgerät Alkohol her, den sie in unterschiedlicher Form vermarkten. Andere teilen sich ein Feinbrandgerät und betreiben auch die Vermarktung ihrer Spirituosen gemeinsam. Regionalität punktet und Ideenreichtum ist gefragt. Hier setzen auch die jungen Wilden des Craft Distillings an, bei denen anfangs das Marketing z.T. stärker

Foto: Michael Bader: info@ltm-leipzig.de

18

Brauerei Forum  –  April 2014

ist als das Produkt. Auch Online-Marketing ist inzwischen kein Thema nur für die Großen. Vorträge aus unterschiedlichen Szenen weisen in die Zukunft.

  Personalia IfGB

Künnemann koordiniert IfGB Seit 1. Februar 2014 koordiniert Wiebke Künnemann (50) die Aktivitäten der VLB im Spirituosenbereich. Sie ist vor allem für die Organisation von Fortbildungs- und Tagungsveranstaltungen dieses Segments verantwortlich.

Besichtigung Bell Flavors öffnet seine Pforten zur Betriebsbesichtigung. Ein Schwerpunkt dabei wird die 1878 gegründete Schimmel-Bibliothek sein, mit der weltweit größten Sammlung von Büchern und Abhandlungen über Aromen, ätherische Öle, Pflanzen­ extrakte, Parfümöle und einheitliche Riechstoffe. Dort befindet sich auch die Ausstellung zur Firmengeschichte. Bell Flavors Das Vorgänger-Unternehmen Schimmel & Co. wurde 1829 gegründet und entwickelte sich zum weltweit führenden Hersteller von Aromen und Duftstoffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen als VEB Chemisches Werk Miltitz verstaatlicht. 1993 kaufte das familiengeführte US-amerikanische Unternehmen Bell Flavors & Fragrances den Betrieb. Auf einer heutigen Fläche von 200 000 m² wurden sämtliche Anlagen modernisiert und neue Forschungs- und Entwicklungslabore errichtet. „Wir sind noch dabei, das Vortragsprogramm zusammenzustellen, aber bereits jetzt liegen die ersten Anmeldungen vor“, sagt Koordinatorin Wiebke Künnemann.“ Das 11. IfGBForum 2013 zog gut 100 Teilnehmer nach Haselünne.

Foto: A. Scharlach

Wiebke Künnemann, M.A. „Aufgabe dieser Stabsstelle ist es, die Belange der Spirituosenbranche künftig noch stärker in den Fokus zu stellen“, so VLB-Geschäftsführer Dr. Josef Fontaine. „Im engen Dialog mit Brennern und Spirituosenherstellern wollen wir neue Fortbildungs­angebote und Dienstleistungen generieren. Die Erschließung neuer Zielgruppen und Arbeitsfelder sind weitere Ziele.“ Wiebke Künnemann bildet bereits jetzt die Schnittstelle zwischen der VLB und der Spirituosenbranche, den Branchenverbänden und -gremien. Fachlich wird sie stets flankiert durch den Lebensmittelchemiker Dr. Rolf Hardt aus dem Zentral-Laboratorium der VLB. Eine Fortbildung zur PR-Referentin führte Wiebke Künnemann 2001 zur VLB. Dort war sie Mitarbeiterin von Olaf Hendel in der PR- und Verlagsabteilung. Von ihm übernahm sie 2005 die Organisation des IfGB-Forums, das ihr bereits von der Tagungsberichterstattung her vertraut war. Kurze Zeit später kam für die Redakteurin und PR-Frau die Koordination der Destillateurkurse hinzu. „Ich freue mich sehr über die neue Position“, so Wiebke Künnemann. „Ich bin aber auch froh, die Redaktion des Brauerei Forum weiterhin unterstützen zu dürfen.“ Wiebke Künnemann berichtet direkt an Dr. Josef Fontaine.


Nachrichten aus dem Institut für Gärungsgewerbe und Biotechnologie zu Berlin   Fortbildung Destillateurmeister 2014

„Unser Kurs bietet Fachwissen und Praktika. Berufspraxis ersetzt er nicht.“ Dr. Rolf Hardt, Leiter der Destillateurkurse und des Bereichs Spirituosenanalytik am IfGB/VLB, im Gespräch mit IfGB aktuell. Destillateurkurse am Institut für Gärungsgewerbe gibt es seit 1911, der erste Destillateurmeisterkurs folgte 1954. Seit dem Jahr 2004 bietet die VLB Berlin unter dem Label IfGB (Institut für Gärungsgewerbe und Biotechnologie zu Berlin) jährlich einen 14-tägigen Destillateur-Aufbaukurs an und alle drei Jahre einen Kurs zur Vorbereitung auf die Destillateurmeisterprüfung vor der IHK Berlin. Dr. Hardt, sehen Sie sich in der Tradition der Abteilung Trinkbranntwein und Liköre des IfG und der späteren VLSF? Ja, natürlich. Als der Prüfungsausschuss nach Insolvenz der VLSF 2002 mit der Bitte auf uns zukam, die VLB Berlin möge die Vorbereitungskurse für die Destillateurmeisterprüfung am Standort Seestraße weiterführen, haben wir uns gern in die Pflicht nehmen lassen. Bietet unser Institut doch die einzige Möglichkeit, sich auf die Destillateurmeisterprüfung vorzubereiten. Wie steht es mit den Brennerkursen? Momentan fehlen uns dafür leider die Anlagen. Es gibt aber Überlegungen, im neuen VLB-Fortbildungszentrum auch eine Pilot-Brennerei zu installieren. Spiegeln sich Bewegungen des Marktes auch in den Kursen wider? Zum Teil ja. Die globale Finanzkrise 2009 haben wir gespürt und mussten zum ersten Mal einen Kurs absagen. Die seitdem konstant gut gebuchten Fortbildungen zeigen, die Krise ist überwunden. Bei den Aufbaukursen liegen wir zwischen 14 und 24 Teilnehmern, bei den Vorbereitungskursen für

Fotos: WiK

die Meisterprüfung haben wir konstant rund 15 Teilnehmer. Zeigen sich in den Kursen die Veränderungen in der Branche? Auffallend ist, dass im Meisterjahrgang 2004 nur ein Aromenhersteller vertreten war. In den Folgekursen waren es je ein Drittel Spirituosenhersteller, Brenner und Aromenhersteller. Die Meisterkurse werden auch gern von Österreichern besucht, in den Aufbaukursen hatten wir darüber hinaus Teilnehmer aus den Niederlanden, Luxemburg, der Schweiz und Südtirol. Haben sich die Ansprüche der Teilnehmer an den Meisterkurs verändert? Die Ansprüche und Erwartungen der Teilnehmer sind generell sehr unterschiedlich. Dies hängt davon ab, aus was für einem Unternehmen sie kommen und welche Position sie dort innehaben. Alle kommen, nicht nur um später den Meistertitel zu führen, sondern vor allem um Fachwissen zu vertiefen. Unsere Ansprüche als Bildungsträger sind allerdings sehr hoch. Der Unterricht zeichnet sich ja dadurch aus, dass wir alle Facetten des Destillateurmeis­ ters berücksichtigen von den Rohstoffen über alle Schritte der Produktion bis hin zur Abfüllung. Wir lassen nicht zu, dass sich jemand auf seinen aktuellen Tätigkeitsbereich beschränkt. Im Jahr 2009 hat die IHK Berlin die neue Prüfungsordnung verabschiedet. Im Jahr 2011 hat das IfGB den ersten Kurs „Fach- und Handlungsspezifische Qualifikationen für Destillateurmeister“ durchgeführt. Was war dabei die größte Herausforderung?

Die Herausforderung für Teilnehmer, Dozenten und Prüfer bestand darin, dass bezüglich der Prüfung niemand auf Erfahrungswerte zurückgreifen konnte. Die neue Prüfungsordnung prüft ja nicht mehr Einzelwissen ab, sondern fordert zeitgemäß, fach­übergreifende Prüfungsaufgaben. Bei deren Lösung muss der Kandidat nachweisen, dass er in der Lage ist, das im Kurs erworbene Wissen sinnvoll zu verknüpfen, auch mit der eigenen Berufserfahrung. Wie lauten Ihre Empfehlungen? Es ist sehr sinnvoll, dass die Meisteranwärter bereits vor dem Besuch unseres Meisterkurses innerhalb ihres Unternehmens auf unterschiedlichen Positionen gearbeitet haben. In der Produktion, im QS-Labor, in der Abfüllung etc. Verantwortung ist ein wichtiger Aspekt. Ein Geprüfter Destillateurmeister muss in der Lage sein, in allen Bereichen eines Spirituosenunternehmens Verantwortung zu übernehmen. Unser Kurs bietet umfangreiches Fachwissen und vielfältige Praktika. Das Lernen im Betrieb kann er allerdings nicht ersetzen. Was geben Sie den Meisteranwärtern mit auf den Weg? Nutzen Sie die Zeit am IfGB zum Lernen. Arbeiten Sie in der Gruppe zusammen, sehen Sie sich während des Kurses nicht als Konkurrenten, sondern verfolgen Sie das gemeinsame Ziel! Aber der Weg zum Meister ist nicht nur steinig. In den Kursen entstehen zum Teil lebenslange Freundschaften und dauerhafte Geschäftsbeziehungen.

Dr. Rolf Hardt, Leiter der Destillateurkurse und des Bereichs Spirituosenanalytik am IfGB/VLB. Der staatlich geprüfte Lebensmittel­ chemiker ist außerdem DLG-Prüfbevollmächtigter für Spirituosen

(Interview Wiebke Künnemann)

IfGB-Kurs Fachund Handlungs­ spezifische Qualifikationen für Destillateur­ meister: 11. 8. – 17.10.2014. www.ifgb.de

Brauerei Forum  –  April 2014

19


Betriebswirtschaft   VLB-Logistikfachkongress

Die Zukunft der Arbeit – Getränkelogistiker diskutierten Chancen der Automatisierung Der 17. Logistikfachkongress der VLB am 25. und 26 März zog rund 200 Teilnehmer in die Stadthalle Hagen. Der erste Tag beleuchtete die Zukunft der Logistik, von fahrerlosen Transportsystemen und automatisiertem Leerguthandling bis hin zum Internet der Dinge. Aber auch ganz heutige Themen wie die Umlaufzahlen von Mehrwegflaschen, moderne Kunststoffpaletten und die Situation an der Laderampe kamen nicht zu kurz.

Mit Unterstützung von

Fotos: WiK

20

(WiK) Key-Note-Speaker Prof. Dr. Michael ten Hompel, TU Dortmund und Fraunhofer-Institut, gab mit Zukünftige Herausforderungen Internet der Dinge & Industrie 4.0 einen spannenden Ausblick auf die Logistik von morgen. Kostendruck und Fachkräftemangel sind Faktoren, die die Automatisierung vorantreiben. „Die 4. Industrielle Revolution (Cyber Physical Systems und Internet der Dinge: 21. Jh.) hat begonnen“, so der Referent. Vorangegangen waren die 1. Mechanisierung, 2. Elektrifizierung und Arbeitsteilung sowie 3. Automatisierung. Die 4. Revolution umfasse u.a. selbstständig miteinander kommunizierende Systeme mit Schwarmintelligenz. Informationen und Services hierfür sind in der Daten-Cloud ausgelagert. Der Mensch ist über ein „Assistant Device“ permanent mit den „Social Networks“ einer Industrie 4.0 verbunden. Solche Geräte (z.B. Pad oder Coaster) sind die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Der Coaster schafft z.B. den Zugang zu allen benötigten Daten und Programmen. Er besitzt eine Kamera, WLAN und Bluetooth. Außerdem hat er Zugang zum App-Store mit weiteren Funktionen. In der Entwicklung sind

Fotos: WiK

Brauerei Forum  –  April 2014

u.a.: 2-D-Barcode, SAP-Schnittstelle. Prof. ten Hompel wendete sich der Planbarkeit von Logistikprozessen zu. Das Datenwachstum sei dramatisch. Je Dekade würden 1000 Mal mehr logistische Daten erzeugt. Größere Prozesse seien nicht standardisierbar, denn „die Standardisierung von Prozessketten setzt eine vorhersagbare Zukunft voraus.“ Dieses sei aber bei wachsender Datenmenge unmöglich. „Je genauer ein Prozess vorbestimmt wird, umso unwahrscheinlicher wird er in geplanter Form und zu vorbestimmter Zeit eintreffen“, sagte der Referent. „Wir brauchen eine dynamisch steuerbare Logistik“, so ten Hompel, die hochgradig dezentralisiert und flexibel sein müsse. „Die Virtualisierung in der Cloud sorgt für Komplexitätsreduktion.“ Schließlich stellte er weitere Tools des Internets der Dinge vor. Paletten mit RFID-Tag schaffen bereits mehr Transparenz in der Supply Chain. SmartLabel und smart ULD (Container) sorgen z.B. dafür, dass Liefereinheiten mittels GPS weltweit ortbar sind. InBin, der intelligente Behälter, kommuniziert mit Mensch und Cloud und stellt z.B. Daten zur Inventur oder Kommissionierung bereit. Per Kamera kann er seinen ei-

genen Inhalt dokumentieren und auszählen und ggf. einen Bestellbedarf ans Warenwirtschaftssystem senden. Der neue Weg biete Sparpotenziale bis zu 40 %. Der Strukturwandel hat begonnen. Auch kleinere Unternehmen können sich diesem nicht entziehen. „Migrieren Sie schrittweise Ihre Software-Systeme in die Cloud!“, empfahl der Professor. „Nur wer hier mitzieht, ist zukunftsfähig!“ Den aktuellen Herausforderungen im Transportbereich: Schnittstelle Rampe und Carbon Footprint stellte sich Prof. Dr. Paul Wittenbrink, hwh Gesellschaft für Transport- und Unternehmensberatung, Karlsruhe. Er präsentierte eine Studie u.a. zur Vermeidung von Wartezeiten an der Rampe. Zu Wort kamen dabei alle Prozessbeteiligten von Industrie über Handel bis zu Speditionen, aber auch Dienstleistungsanbieter sowie Disponenten und Fahrer. Ursachen für die Probleme und der z.T. mehrstündigen Wartezeiten an der Rampe könnten u.a. sein, dass Kos­ten und Nutzen der Situation sehr ungleich verteilt sind, Fahrer und Händler außerdem keine vertragliche Beziehung haben. Zentraler Punkt seien


Betriebswirtschaft auch Informationsdefizite. „Das größte Thema ist Information. Der Fahrer ist in der Anfahrt, erfährt aber nichts über Rampenprobleme“, erläuterte Prof. Wittenbrink. Im umgekehrten Fall steckt der Lkw-Fahrer im Stau, aber der Rampenbetreiber erfährt dies nicht. Schließlich wurden 13 Lösungsansätze bewertet. „24-h-Öffnung der Rampe wäre für Fahrer und Spediteure ideal.“ Dies Maximum könne man aber nicht fordern. In der Beschaffungslogistik wäre eine stärkere Auftragsbündelung sinnvoll, die zu einer Reduzierung der Rampenkontakte führt. Nutzlast­ optimierte Lkw wären ein weiterer Beitrag. Das einst hoch gepriesene Zeitfenstermanagement bewährte sich, als nur wenige Unternehmen damit arbeiteten. Heute ist es oft ein zu starres Konzept. Als Best-Practice-Beispiel stellte Prof. Wittenbrink das Zeitfenstermanagement der Krombacher Brauerei vor, das nur an Engpasstagen aufgeschaltet wird. Vorteilhafter sei es außerdem, wenn anstelle von Zeitpunkten Zeiträume gebucht würden. „Die Kommunikation zwischen Lkw und Rampe sollte man viel mehr nutzen“, so der Referent. Stand der Mensch noch im Zentrum vorheriger Betrachtungen, rutschte er im Beitrag Fahrerlose Transportsysteme (FTS) im Blocklager mit über 10 000 Paletten von Waldemar Osterhoff, E&K Automation, Rosengarten, in die Peripherie. Der Verzicht auf Regale wahrt im Blocklagern größte Flexibilität. Man kann sehr kompakt stauen und erreicht so ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis. Allerdings darf ab 6,60 m Stauhöhe aus Sicherheitsgründen kein Personal im Lager arbeiten. Der Einsatz fahrerloser Transportsys­ teme im Blocklager ist neu, aber dort gefordert, wo es z.B. vier Paletten hoch hinaufgeht. Der Referent stellte unterschiedliche FTS vor. Heutzutage seien Konturennavigation per Laserscanner

und Magnetnavigation die Wahl. Ein Modell für den Blocklager-Einsatz ist das COPACT GG mit 5 m Hubhöhe, 2-fach Gabel und Hybrid­navigation mit Laser und Magnetpunkt. Es verfügt über eine 3-D-Palettenerkennung und Personenschutz per Laserscanner. Position und Höhe, die das FTS anfahren soll, werden vorher eingegeben. Ein Kamera-System erstellt ein 3-D-Bild der Palette. Dies wird ausgewertet, ehe der Stapler mit den Zinken einfährt. „Zu jedem Punkt liefert die Kamera eine Entfernungs­angabe mit“, so Osterhoff. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt 1,6 m/s. Ziel sind 2 m/s, dort wo keine Menschen arbeiten. Das Energiekonzept ist auf einen 24/7-Betrieb ausgelegt. Die Kommunikation erfolgt über WLAN. Ebenfalls fahrerlos ist das Doppelkufensystem als Innovation im Lagerbereich, das Prof. Dr. Karl-Heinz Wehking, Universität Stuttgart vorstellte.„Zukünftig werden Gabelstapler und Verteilwagen sowie Rollenbahnen etc. durch neuartige Kleinfahrzeuge ersetzt“, so die Überzeugung des Referenten. Gefordert sind kompakte Fahrzeuge mit günstigem Verhältnis von Nutzlast und Eigengewicht. Die vorgestellten Prototypen für Euro-Paletten sehen aus wie zwei unabhängige Gabelstaplerzinken. Sie sind 1,15 m lang und 20 cm breit. Ihre Höhe beträgt 9,3 cm. Das Paar wiegt 80 kg bei einer Nutzlast von 400 kg. Die Antriebskomponenten besitzen einen hohen Wirkungsgrad und sind energieeffizient. Die Geschwindigkeit beträgt 0,3 m/s. „Die Kufen stecken voller Micro-Elektronik: zwei Getriebemotoren pro Zinken“, so Wehking. Die Kufen sind auf drehbaren Achsen gelagert und die Steuerung erfolgt über die Motoren. In die Achse integrierte Hubspindeln (Hubweg: 4 cm) erlauben Höhenanpassungen. Diese autonomen Transporteinheiten haben keine mechanische Verbindung zwischen den

Führte mit Esprit durch den ersten Tag: Thomas Appelbaum

Migrieren Sie schrittweise Ihre Software-Systeme in die Cloud! Michael ten Hompel

Die Kommunikation zwischen Lkw und Rampe sollte man viel mehr nutzen: Paul Wittenbrink

Brauerei Forum  –  April 2014

21


Betriebswirtschaft

Der Einsatz fahrerloser Transportsysteme im Blocklager ist dort gefordert, wo es z.B. vier Paletten hoch hinaufgeht: Waldemar Osterhoff

Zukünftig werden Gabelstapler und Verteilwagen sowie Rollenbahnen etc. durch neuartige Kleinfahrzeuge ersetzt: KarlHeinz Wehking

Kunststoffpaletten sollten als eine Investition in eine sichere, saubere und langfristig kostengünstigere Transportlösung betrachtet werden: Jürgen Hintz

22

Brauerei Forum  –  April 2014

Gabeln und ermöglichen das Durchfahren von Paletten. Die Kufen laufen auf allen gängigen Industrieböden. Den Einsatz stellt sich Prof. Wehking sowohl zur Kommissionierung als auch in Kombination mit Elektrohängebahnen vor. Selbst die Beund Entladung an der Rampe sollen die Kufen künftig leisten können. Die Serienproduktion und Weiterentwicklung erfolgen durch die Fa. Eisenmann. Automatisierung war auch im Vortrag Erfolgreicher Einsatz von Kunststoffpaletten von Jürgen Hintz, CABKA, Weira, ein Aspekt. Die Robustheit der Kunststoffpalette macht sie auch für Regalbediengeräte im Hochlager einsetzbar. Dies war mit ein Aspekt für das Heineken-Projekt, das neue Ladungsträger für Kegs entwickelte. Ziel war es, die Kosten je Umlauf und das Eigengewicht zu verringern sowie die Lebensdauer zu verlängern. Außerdem sollten Prozess- und Arbeits­sicherheit erhöht sowie die Ladungssicherung vereinfacht werden. Die Lösung ist eine Keg-Kunststoffpalette mit einem Gewicht von 26 kg (vorher Holz: 35 kg). Auch die übrigen Spezifikationen wie z.B. Standfläche für je acht 50-l-Kegs wurden erfüllt. Der Ladungsträger hält 1500 kg Traglast im Hochregal und 4500 kg Traglast statisch (Blocklagerung). Auch Anforderungen zur Ladungssicherung und Arbeitssicherheit wurden vollständig erfüllt. Die Kegs werden mit Spezialarretierungen auf der Palette fixiert. Gummiblöcke unter der Palette verhindern das Verrutschen beim Transport und in der Blockstapelung. Heineken hat 85 000 Paletten im Einsatz. Vergleichbare Lösungen gibt es auch für Kästen, 6-Packs und Trays. In Handling und Wartung sei die Kunststoffpalette der hölzernen eindeutig überlegen. Viele Interessenten schrecken aber bisher die höheren An-

schaffungskosten. „Kunststoffpaletten sollten als eine Investition in eine sichere, saubere und langfristig kostengünstigere Transportlösung betrachtet werden“, so das Fazit des Referenten. Den Leergut-Block eröffnete Prof. Dr. Stefan Huckemann, Deloitte Consulting, München, mit Umlaufzahlen und Transportentfernungen in der Getränkeindustrie. Er stellte eine Studie vor, die im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie und des Handelsverbands Deutschland entstand. Auf aktueller (2012 bis 2013) und breiter Datenbasis sollten Umlaufzahlen von GetränkeMW-Gebinden ermittelt werden sowie die Transportentfernungen von MWund EW-Gebinden. Ausgangspunkt waren 64,3 Mio. hl Flaschenbier, davon 91,8 % (59 hl) in Mehrwegflaschen. 1,14 % (0,73 Mio. hl in Glas-Einweg, 4,55 Mio. hl (7,07 %) in PET-Einweg. Bei der Auswertung der Umlaufzeiten von Bierflaschen zeigte sich eine sehr große Spreizung von 31 bis mehr als 70. „Das hängt damit zusammen, dass Unternehmen sehr unterschiedlich mit dem Pool umgehen. Die einen sondern Flaschen bei leichtem Scuffing aus, die anderen befüllen bis sie platzen“, so der Referent. Individualflaschen schafften 20 bis 40 Umläufe. Die Transportentfernungen (nur Hinweg) lagen für Bier-Poolflaschen Glas MW durchschnittlich bei 195 km, für Bier-Individualflaschen bei 247 km. Bei PET-Einweg waren es 425 km. „Die Studie schafft Transparenz“, so Prof. Huckemann. „Wir bieten die Grundlage für eine sachliche Diskussion.“ Die Automatische Leerguterkennung und Leergutsortieranlagen stellte Martin Brückmann, recop electronic, Kassel vor. Der stetig steigende Mischungsgrad von Getränkegebinden ist ein lange bekanntes Problem. Abfül-


Betriebswirtschaft lung kann aber nur effizient betrieben werden, wenn sie sortenrein mit Produktionsflaschen bestückt wird. Die recop-Sortierung kontrolliert das Gebinde per Leerguterkennung im Kas­ ten und trennt dann in Gutkästen, die direkt Richtung Abfüllung geschleust werden. Durchmischte Kästen werden dem Sortierroboter zugeführt. „Die Kontrolle erfolgt mit berührungslosen, optischen Verfahren“, erläuterte der Referent. Das Gebindekontrollsystem RECOGNIZER II erkennt Kastenlogos und überprüft die Kastengeometrie. Es erfolgt eine optische Flaschenhöhenvermessung, -farb- und Flaschenkonturerkennung. Das Gerät unterscheidet Glas und PET, kann Individualflaschen erkennen und Pfandwerte zuordnen. Das alles bei einer Geschwindigkeit von 5000 K/h. Elf Kameras (u.a. 3-D) produzieren bei 5000 Kästen pro Stunde 61 Bilder pro Kasten / 305 000 Bilder pro Stunde. Die ca. 75 MB Bilddaten pro Kasten werden in ca. 500 ms ausgewertet. Der Sortierroboter sortiert die Flaschen direkt im Kasten. Er entnimmt die nicht zum Kasten passenden Flaschen und ergänzt fehlende Flaschen. Die dafür notwendigen Kasten- und Flascheninformationen erhält der Roboter von der vorgelagerten Erkennungseinheit. „Alle zur Sortierung benötigten Aggregate sind untereinander vernetzt, die Informationen laufen im Leitrechner zusammen.“ Die Erkennungsquoten lägen bei 99,5 %.

die Radeberger Gruppe mit nationalen Marken als Handelsware. Dort werden mehr als 85 % des Exports der Radeberger Gruppe abgewickelt. In der Abfüllung laufen für Glasflaschen zwei MW-Linien und eine EW. Eine Dosenlinie (0,33 l bis 1 l) wird flankiert von einer Linie für Großdosen (3,1 l bis 5,0 l). Außerdem gibt es eine Abfülllinie für MW-Kegs. Zu 224 Artikeln in MWFlaschen kommen 72 Artikel in MWKegs. Im Einwegbereich sind es 164 Produkte. 460 Artikel insgesamt. Die hohe Komplexität forderte schließlich eine Komplett-Modernisierung. Das Projekt ist zu 98 % abgeschlossen. Das Leergut wird Just-in-time von den recop-Robotern sortiert. Die Flaschenerkennung überprüft zuvor die Leergutqualität und ermittelt den Pfandwert. Die Einlagerung (vier Paletten hoch) des sortierten Leerguts erfolgt unter Einsatz von Fördertechnik und FTS. „Wir arbeiten mit Portalrobotern und palettieren 4-lagig“, so der Referent. Die MW-Abfüllanlagen werden per FTS mit Leergut versorgt. Die Anlage befüllt 55 000 Fl/h und verarbeitet 8 verschiedene 0,33-l- und 0,50-l-Flaschen. Es folgt der Transfer ins Vollgutlager. Bereitstellung erfolgt nach Bestellung und Termin­anmeldung, bevor der Kunde eintrifft. Der gesamte Prozess wird vom Lagerverwaltungssystem gesteuert und dokumentiert. Bei der Brauereiführung sah man dies alles in Aktion.

Michael Keiner, Radeberger Gruppe, Dortmund, ging bei seiner Vorstellung der Dortmunder Actien-Brauerei auch auf die vorherigen Themen ein. An einem Standort mit 550 Mitarbeitern sind alle Dortmunder Brauereien der Radeberger Gruppe vereint (Hansa, Kronen und Brinkhoff). In Dortmund stößt ein facettenreiches regionales Sortiment auf die Anforderungen eines nationalen Logistikzentrums für

Rahmenprogramm Die Besichtigungen illustrierten vorzüglich bereits gehörte Vorträge bzw. gaben einen Ausblick auf Präsentationen am nächsten Tag. Das Vorabendtreffen in der Stadthalle Hagen war gut besucht. Der Begrüßungsabend im Dortmunder U, dem früheren Gärund Lagerkeller der Dortmunder Union, war ein echtes Highlight. (wird fortgesetzt)

Umlaufzahlen und Transportentfernungen für Getränkeflaschen – Die Studie schafft Transparenz. Wir bieten die Grundlage für eine sachliche Diskussion: Stefan Huckemann

Leergut­ erkennung – Die Kontrolle erfolgt mit berührungslosen, optischen Verfahren: Martin Brückmann

Hohe Artikel­ anzahl fordert ein modernes Abfüllund Logistikzentrum: Michael Keiner Das Thema Ladungssicherung wird auf der gleichnamigen VLB-Fachtagung am 20. und 21. Mai 2014 in Bielefeld vertieft.

Brauerei Forum  –  April 2014

23


Betriebswirtschaft   Brau-Börsen-Bilanz

Weltbiermarkt atmet 2013 durch Die deutschen Aktienmärkte starteten zunächst leichter ins Jahr 2014. Der Dax unserer Top30-Valoren (FAZ-Index unserer Top100) gab per Januar (je) –2,6 % auf 9306,48 (1953,30) Punkte ab. Zum Februarultimo wurde dann mit +4,1 (+4,2) % auf 9692,08 (2034,99) Punkte der Jahresschluss 2013 übertroffen. Bis 21. März näherten sich die Börsenbarometer auch unter dem Druck der Entwicklung in Osteuropa wieder den Januarschlussständen an. Die Radeberger Gruppe als Deutschland-Bierprimus mit konstant 15 % vom Markt hat für 2013 einen bei 13 Mio. hl stabilen Getränkeabsatz gemeldet (nach knapp 13 Mio. hl 2012 und 13,2 Mio. hl 2011). Dabei verglich sich die Oetker-Braugruppe mit den –2 % beim deutschen Gesamtbierabsatz auf ca. 94,6 Mio. hl. Auch ihren HGB-Umsatz meldete Radeberger stabil bei 1,8 (nach deutlich über 1,8 und 1,813) Mrd. € bei rund 90 (nach rund 91 und rund 95) Mio. € Biersteuer. Unter den nationalen Marken, die insgesamt leicht Umsatz zugewonnen hätten, habe Flaggschiff „Radeberger Pilsner“ einstellig mehr erlöst (nach knapper Behauptung und gut +8 %), gleichfalls die Marke „Jever“ (nach +2/+2 %), „Jever Fun“ sogar zweistellig. „Schöffer­ hofer“ sei bis auf Alkoholfrei hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Von den „Clausthalern“ (zuletzt +3 %/ gut +2 %) verlautete insgesamt nichts. Deutlich zugelegt hätten die Umsätze bei den Diageo-Marken „Guinness“ und „Kilkenny“, die

Oetker seit Juli 2013 in Deutschland Von der Bier- zur Getränke-KG in Gastronomie wie Handel exklusiv Bei den Gruppen-AfG habe „Selters führt, und erfreulich die Erlöse vom Original“ mehr umgesetzt (2012 „sehr ABI-„Corona“. Und regipositiv“ nach gut +6 % onal? In Sachsen glänzte 2011) und „Bionade“ „Ur-Krostitzer“ auch sich auch dank „Bio­nade Heute in der 2013 mit zweistelligem Cola“ nun positiv entwiBrau-Börsen-Bilanz Erlösplus (nach „fulmickelt. Dr. Niels Lorenz nantem“ Plus 2012 und als neuer Sprecher der • ABI +9 % 2011), und auch Radeberger-Geschäfts• Bitburger das „Freiberger“ konnführung bewertete das • Heineken te „deutlich“ mehr umangesichts von Wetter • Kulmbacher setzen. Am Hauptstadtund Flut turbulente • Neumarkter markt setzte sich „BerGeschäftsjahr 2013 als Lammsbräu liner Kindl“ „souverän“ ordentlich und sprach • Radeberger vom Markt ab, „Berliner von einem „echten Ach• Warsteiner u.a. Pilsner“ brachte leichtungserfolg“ der stabil ten Mehrumsatz (2012 ca. 5500 Beschäftigten beide zusammen +2 %). „Stuttgar- an konstant 14 Brau- und 2 AfG-Standter Hofbräu“ und Dortmund hätten orten. 2014 schätzte er angesichts von marktkonform geschlossen, die Kölner Markt, Rahmenbedingungen und Kos­ Marken ( „Sion“ und „Gilden“) auf Köl- tendruck als „unbequem“ ein – das ner Marktniveau. Die Gruppenausfuhr Haus Oetker werde „die Ärmel hochhabe mehr erlöst, wobei „Radeberger krempeln müssen“. Ab Anfang 2015 Pilsner“ auch dank der USA zweistellig wird Radeberger Konzessionär für zugelegt habe, „Clausthaler“ (in >50 „Pepsi“ und weitere PepsiCo-Marken Zielländer) erfreulich tendierte und für Gastronomie und (LEH-freien) GAM erneut „DAB“ gelobt wurde. im Gebiet der bisherigen Konzessio-

Krones-Konzern 2013 mit kräftigem Gewinnplus Die Krones AG, Neutraubling, hat für ihren Konzern 2013 vorläufig +5,7 % Nettoumsatzplus auf 2,816 (2,664) Mrd. € gemeldet. Die deutliche Erlösausweitung hätten insgesamt zufriedenstellende Rahmenbedingungen ermöglicht und vor allem die starke KronesPosition in den Schwellenländern. (F.) Der Auftragseingang stieg 2013 im Konzern +3,2 % auf 2,809 Mrd. €, der Auftragsbestand belief sich zum Ultimo 2013 auf 0,9925 (0,999) Mrd. €. Trotz „unverändert wettbewerbsintensivem Preisniveau“ konnte Neutraubling auch dank Kostenoptimierung ihr Ergebnis vor Steuern (EBT) kräftig auf 170 (98)

24

Brauerei Forum  –  April 2014

Mio. € anheben (6,0 % Umsatzmarge auf dieser Ebene), wobei im Vorjahreswert –38 Mio. € Einmalbelastung stecken. Die Prozesstechnik belastete den Vorsteuergewinn mit –2,5 Mio. € und Kosme mit –2,3 Mio. €. Der Jahres­ überschuss sprang 2013 im Konzern nach vorläufigen Zahlen auf 119 (67) Mio. €. Die AG will für 2013 1,00 (0,75) € Dividende/ Aktie ausschütten: Das Haus Krons­ eder wolle künftig 25 bis 30 % vom Konzerngewinn verteilen. Zusätzlich sollen 1,00 €/Aktie als anteiliger Erlös aus dem Verkauf eigener Aktien in 2013 an die Krones-Aktionäre gehen. Für 2014 erwartete Krones aus Sicht Mitte März +4 % Mehrumsatz im Kon-

­ zern und trotz weiter angespannter Marktpreise 6,2 % Umsatzmarge auf der Ebene Vorsteuerergebnis (EBT) – auch dank weiterer Effizienzverbesserungen. Dabei soll die Prozesstechnik vor Steuern positiv schließen. Für Kosme werde ein ausgeglichenes Betriebsergebnis geplant. Die genannten Zahlen sind noch vorläufig: Ihren Geschäftsbericht für 2013 publiziert Krones am 30. April zusammen mit den Zahlen für das erste Quartal 2014. 2012 hatte sich die Krones-Bilanz auf 2,070 Mrd. € summiert bei 0,836 Mrd. € Eigen­kapital und unverändert ohne Bankschulden.


BBetriebswirtschaft etriebswirtschaft närin Vivaris Getränke GmbH & Co. KG, Haselünne, (die ihre Rechte 1 Jahr vorzeitig abgibt) und dem der ehemaligen Union Getränke Moers-Konzession und damit für die nördlichen Bundesländer und große Teile von NRW wie Hessen. In einer langfristig angelegten Kooperation mit PepsiCo Deutschland soll Radeberger sukzessive Deutschland-Exklusivkonzessionär für Herstellung, Distribution und Vertrieb in diesen beiden Kanälen werden. Das Haus Oetker ziele auf konsequente Radeberger-Wandlung von der Brauereigruppe zum Getränkeunternehmen. Kulmbach 2013 BHI-Tochter Kulmbacher Brauerei AG hat 2013 im Konzern –0,9 % auf 3,089 (3,117) Mio. hl Getränke abgesetzt (inkl. Handelsgetränke, exkl. Lohnbrau und -abfüllung). Dabei wurden für die Kulmbacher Eigenmarken +3 % Mehrverkäufe geltend gemacht im Vergleich zu einem –0,5 % rückläufigen nordbayerischen Biermarkt. Gelobt wurde neben Bügelverschluss„Mönchshof“ auch das volumenstarke „Kulmbacher“. „Mönchshof Kellerbier“ sei deutscher Sorten-Primus. Erfolgreich neu gekommen sei „Sternla“ in Würzburg, und die 2012 gestartete „Sternquell Bierbrause“ auch 2013 positiv gelaufen. Gewinnplus an der Plassenburg Der Konzernumsatz von IFRS-Bilanziererin Kulmbach stellte sich netto proportional zum Umsatz –0,8 % auf 208,6 (210,2) Mio. €. Bei den Bügelverschluss-Gebinden von „Mönchshof“, „Kapuziner“ und „Keiler“ erhöhte die Plassenburg Oktober 2013 zur Kos­ tenkompensation die Preise. Gestiegenem Material- und Personalaufwand begegneten die Oberfranken durch weitere Struktur- und Prozessverbesserungen. Der IFRS-Konzerngewinn konnte auf 3,0 (2,5) Mio. € verbessert werden. Ihrer Hauptversammlung am 14. Mai 2014 schlagen Vorstand und Aufsichtsrat der AG vor, von 3,40 Mio. € HGB-Bilanzgewinn in der AG 3,0 Mio. € in die Gewinnrücklagen einzustellen, 0,37 Mio. € als Dividende auszuschütten (0,11 €/dividendenberechtigte Stückaktie) und 0,03 Mio. € auf neue Rechnung vorzutragen. Nach dem 2012 bei Schwester Paulaner gestarteten „Hacker-Pschorr Münch-

ner Alkoholfrei – Naturtrübes Helles“ kommt nun auch aus Kulmbach ein „Mönchshof Naturtrüb’s Alkoholfrei“ (20 x 0,5-l-Kas­ten oder 4er-Pack). Bitburger Braugruppe 2013 knapp behauptet Die Bitburger Braugruppe, die auch König, Lich, Bad Köstritz und Wernesgrün führt, hat für 2013 einen mit 7,47 (7,49) Mio. hl knapp behaupteten Absatz gemeldet. Dabei hätten sich die Marktanteile in LEH und GAM laut Nielsen zwischen Januar und Oktober 2013 leicht positiv entwickelt. Die Dachmarke „Bitburger“ – unverändert deutscher Fass­ bierprimus – erreichte mit ca. 4 Mio. hl ihr Vorjahres­ niveau, wobei „Bitburger 0,0 %“ gelobt wurde. Umgesetzt hat das Haus Simon in der Gruppe daraus brutto ca. 770 (774) Mio. € bei 55,6 Mio. € Biersteuer. Positiv gelaufen sei die Ausfuhr. Bad Köstritz hat für ihr Schwarzbier ein leichtes Absatzplus 2013 gemeldet. Ihr schlankes „Köstritzer Edel Pils“ habe seine Position als stärkstes Thüringer Pils im Kernmarkt bekräftigt. Und die erste Resonanz auf das neue „Kellerbier“, dass nach der Gastronomie nun auch im Handel kommt, sei sehr positiv gewesen. Die Ausfuhr in mittlerweile 55 Länder habe 2013 zweistellig zugelegt. Mit Print und Plakat wollen die Reußenländer, die mehr Kleingebinde planen, heuer national wie regional den Spezialitätencharakter ihrer Biere herausstellen. Schwester Lich habe sich 2013 mit ihrer Dachmarke „Licher“ als hessischer Bierprimus behauptet, trotz Rückgängen bei dem Volumensorten „Premium Pilsner“ und „Export“. Mehrabsatz brachte „Licher Weizen Alkoholfrei“ und Freude machte ein „Licher Isotonisch Grapefruit“. Zum 160. Jubelfest 2014 bringen die Nordhessen ihr bislang auf die Gastronomie beschränktes „Licher Original 1854 Naturtrüb“, seit Januar auch im Handel. Die zu 51 % bei der Bitburger Holding GmbH liegende Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG (weitere 32 % hält die Buse KSW GmbH & Co. Bad Hönningen) hat für ein erfolg-

reiches 2013 +2,3 % Mehrabsatz auf 6,3 Mio. hl gemeldet. Dezember 2013 erreichte Gerolstein lt. Nielsen 18,5 % Marktanteil bei kohlensäurehaltigen Mineralwässern ab 0,40 €/l. Der Waren­ umsatz stieg in der Vulkaneifel netto +5,4 % auf 224,1 Mio. €, wobei „Gerolsteiner Medium“ (+3,4 %) und dito „Naturell“ (+10 %) gelobt wurden und die Gastro-Umsätze +3,0 % fester tendiert hätten. Für die Ausfuhr wurden ohne absolute Zahlen +2,9 % Mehrabsatz und +5 % Mehrumsatz genannt. 2014 will die Vulkaneifel mit „Gerolsteiner Plus Frucht“ als Near-Water-Linie nicht ohne Kohlensäure punkten, hinzu kommt zur Fußball-WM „Gerolsteiner Samba“ (Limette). Nicht verlängern werden die Privatbrauerei Erdinger Weißbräu Werner Brombach GmbH und die Bitburger Braugruppe ihren von 2006 datierenden und am 31. März 2014 auslaufenden exklusiven Kooperationsvertrag im Gastro-Vertrieb, wobei die Zusammenarbeit auch über dieses Datum hinaus fortgesetzt werden soll. Die Eifel erhalte hierdurch die Möglichkeit, „im vielversprechenden Weißbiermarkt neue, eigene Lösungen voranzutreiben“ (Dr. Werner Wolf, Sprecher der BitGeschäftsführung). Vorankommen will das Haus Simon, das Impulse von der Fußball-WM erwartet, heuer mit mehr Alkoholfrei-Angeboten und Spezialitäten. Warsteiner-Gruppenabsatz 2013 stabil Die Warsteiner Gruppe (mit Paderborn, Herforder, Frankenheim, Kaltenberg-Beteiligung und Ausfuhr nach >60 Ländern) hat für 2013 einen mit 4,56 Mio. hl stabilen Getränkeausstoß gemeldet. Ihr „Premium verum“ habe dabei +1,2 (nach +0,5) % freundlich tendiert, wobei Zuwächse aus In- wie Ausland gekommen seien und fürs „Warsteiner Herb“ von einer sehr positiven Resonanz gesprochen wurde. Beziffert haben die Sauerländer ihren „Warsteiner“-Dachmarkenabsatz zuletzt für 2011 mit 2,7 Mio. hl. Ihren konsolidierten Gruppenumsatz gab Warsteiner mit 519 (nach 530 und 522) Mio. € an. Das Haus Cramer bewer tete 2013 als erneut gutes Geschäftsjahr. Vor Februarmitte gab Warstein den Start einer neuen, langBrauerei Forum  –  April 2014

25


Betriebswirtschaft fristigen Kooperation mit Carlsbergs Russland-Marktführer Baltika bei Lizenzproduktion und Distribution von „Warsteiner“ in Russland bekannt. Mit Carlsberg arbeitet das Haus Cramer schon seit 2011 in der Ukraine zusammen. Ihre Vertriebspartnerschaft mit der familiengeführten Brauereigruppe Olvi im finnischen Iisalmi (von 1878), die seit 2012 „Warsteiner“ in Estland, Lettland und Litauen verkauft, werde ab Frühjahr 2014 auf Finnland und Weißrußland erweitert, wobei das „Premium verum“ in Weißrussland in Lizenz eingebraut werden soll. Olvi sah „Warsteiner“ dabei nicht zuletzt als Stärkung für ihr Gastro-Geschäft. Neumarkter Lammsbräu 2013: Absatz und Umsatz sehr fest Die Neumarkter Lammsbräu hat ihren Getränkeausstoß 2013 +10 % auf 160 (145) Thl anheben können. Das Volumenplus kam dabei überwie-

gend von den AfG, die +17 % auf 88 (75) Thl sprangen. Das Haus Ehrnsperger führt in diesem Segment, in dem die „now“-Limos mehr als +20 % sprangen (und vornehmlich „now Birne Hopfen“ gelobt wurde), auch seine alkoholfreien Biere (dort +16 % beim „Lammsbräu alkoholfrei“). Bier tendierte freundlich auf 71 (70) Thl. Für die Brauerei-Mälzerei wurden 1711 to Bio-Malz genannt, die fast komplett selbst verbraut wurden. Ihren Umsatz steigerten die Oberpfälzer bei 107 Mitarbeitern +11 % auf knapp 17 (nach 15) Mio. €. Lammsbräu-Generalbevollmächtigte Susanne Horn sprach von einem „wieder rundherum erfreulichen“ 2013 beim Bio-Spezialisten. Da die Neumarkter im Naturkosthandel mittlerweile flächendeckend präsent seien,

werde das Wachstum 2014 etwas geringer ausfallen, indes die Umsätze aus Bio-Bier und -Erfri auf >17 Mio. € steigen sollen. Karlsberg, Homburg, kommt im Handel und an Tankstellen neu mit „MiXery Beer Cocktails“ zu 5,9 % aus der 0,33-l-Sleek-Dose in den Geschmacksrichtungen Mojito, Caipirinha und Raw Bomb (Kräuter): „More than a beer. Easier than a cocktail.“ Mutter Karlsberg Holding GmbH verkauft das Saftgeschäft der Erwin Dietz GmbH, Osterburken, das 1999 zugekauft wurde, zurück an Familie Dietz. Für Landskron, Görlitz, wurden 160 Thl Absatz und 12 Mio. € Umsatz 2012 genannt, die Maßstab für 2014 seien. Zulegen will die Brau-Manufaktur in Halle/ Leipzig, Dresden und BerlinOst. S.W.

Brau-Börsen-Bilanz International: ABI auch im Gesamtjahr 2013 mit Mehrabsatz nur aus Asien/Pazifik Anheuser-Busch InBev als internationaler Bierprimus hat fürs Gesamtjahr 2013 425,9 Mio. hl Getränkeabsatz gemeldet. Leuven vergleicht sich weniger mit den 402,6 Mio. hl der „alten“ ABI 2012 als vielmehr mit einer Referenzbasis von 430,8 Mio. hl, die sie in 2012 gezeigt hätte, wenn Modelo auch 2012 schon – wie 2013 – mit knapp 7 Monaten in die Gruppe einbezogen gewesen wäre. Auf dieser Basis hätte die Gruppe –2,0 % bzw. –8,65 Mio. hl abgegeben, aus Zukäufen wären 3,8 Mio. hl hinzugekommen. Der Eigenbierabsatz stand dabei für 377,2 Mio. hl gegenüber 352,9 Mio. hl 2012 und 381,1 Mio. hl Referenzbasis 2012: 64 % vom Absatz kommen laut Leuven von jungen Biermärkten. An sonstigen Getränken wurden 46,7 Mio. hl verkauft gegenüber 47,8 Mio. hl 2012 und an Handelsware konstant 2,0 Mio. hl. Im ABI-Markenportfolio stehen nun „Budweiser“, „Corona“ und „Stella Artois“ als globale Marken an der Spitze, indes „Beck’s“ mit „Leffe“ und „Hoegaarden“ nur mehr als internationale Marke rangiert. Auf der Ebene des Gesamtgetränkevolumens gab Nord­ amerika gegenüber der Refe-

26

Brauerei Forum  –  April 2014

renzbasis 2012 –3,0 Mio. hl auf 122,1 Mio. hl ab unter leichten Marktanteilsverlusten. Mexiko tendierte fiktiv –2,9 % schwächer auf 22,4 Mio. hl (ca. 58,4 % Marktanteil). Das nördliche Lateinamerika („Brahmaland“) gab –3,25 Mio. hl ab auf 119,1 Mio. hl bei leichten Marktanteilsverlusten in Brasilien auf ca. 67,9 %. Das südlicheLatein­ amerika („Quinsaland“) verlor –3,1 % auf 36,9 Mio. hl, wobei „Stella Artois“ und „Brahma“ Freude machten (ca. 78,5 % Argentinien-Marktanteil). Westeuropa tendierte –4,2 % auf 28,4 Mio. hl schwächer. In Deutschland zeigte sich Eigenbier mit –7,1 % schwach: Inkl. Schweiz und Österreich wurden 8,097 Mio. hl Getränkeabsatz 2013 genannt bei 8,8 % Marktanteil im Handel Dezember 2013. Mittel- und Osteuropa brach –15,8 % ein auf 19,2 Mio. hl (Bier in Russland –13,6 % und in der Ukraine –18,9 %). Allein Asien/Pazifik brachte +8,1 Mio. hl Mehrabsatz auf 65,8 Mio. hl (bereinigt um Zukäufe +5,2 Mio. hl bzw. +9,0 %). Die weltweite Ausfuhr zeigte sich mit 12,1 Mio. hl konstant. Umsatz und Gewinn Ihren Konzernumsatz konnte IFRSBilanziererin ABI mit 154 587 (117 632) Beschäftigten in 24 Ländern 2013 hingegen anheben auf netto 43,2 Mrd. US-$ gegenüber 39,8 Mrd. US-$ 2012 und auch 42,9 Mrd. US-$ Referenzbasis

2012. (1 US-$ galt 2013 durchschnittlich 0,755 € und zum Ultimo 0,725 €.) Die 0,3 Mrd. US-$ Mehrerlöse 2013 im Vergleich zur Referenzbasis 2012 kamen weitgehend aus Zukäufen, während gut 1,4 Mrd. US-$ Mehrumsatz aus dem laufenden Geschäft (+3,3 %) durch knapp –1,4 Mrd. US-$ Wechselkurseffekt nivelliert wurden. Die globalen Marken zeigten +4,7 % Mehrumsatz („Budweiser“ +6,4 % dank China, Brasilien, Russland und Großbritannien und „Corona“ +3,9 %). Regional lag Nord­amerika mit 16,0 Mrd. US-$ gegenüber der Referenzbasis 2012 stabil. Mexiko zeigte 2,8 Mrd. US-$ Umsatz gegenüber 2,6 Mrd. US-$ fiktiv 2012, wobei der Zuwachs hälftig aus dem Geschäft und aus Wechselkursen gekommen wäre. Brahmaland erlöste 10,9 (11,3) Mrd. US-$, hier überkompensierte das Wechselkurs-Minus die Umsatzzuwächse aus dem Geschäft. Quinsaland stand für 3,3 (3,2) Mrd. US$, hier wurde ein Umsatzsprung nicht komplett durch die Wechselkurse gedrückt. Westeuropa tendierte leichter auf 3,62 (3,65) Mrd. US-$, wobei hier die Wechselkurse halfen. Mittel- und Osteuropa standen für 1,45 (1,7) Mrd. US$. Auch beim Umsatz machte Asien/ Pazifik Freude mit einem Sprung auf 3,35 (2,7) Mrd. US-$ (zu knapp ¾ aus dem laufenden Geschäft). Sonstige Geschäfte erlösten konstant 1,8 Mrd.


Betriebswirtschaft US-$. Der Betriebsgewinn (EBIT) vor Einmaleffekten stieg 2013 auf 14,2 Mrd. US-$ im Vergleich zu 12,8 Mrd. US-$ 2012 und 13,5 Mrd. US-$ Vergleichsbasis 2012. 0,7 Mrd. US-$ Zuwachs 2013 gegenüber der Vergleichsbasis kamen mit +1,3 Mrd. US-$ aus dem laufenden Geschäft und mit +0,1 Mrd. US-$ aus Zukäufen, indes Wechselkurse mit –0,7 Mrd. US-$ die Hälfte des Mehrertrags wieder aufzehrten. Nordamerika zeigte sich bei 5,9 Mrd. US-$ EBIT freundlicher. Mexiko sprang auf 1,05 Mrd. US-$ gegenüber 0,6 Mrd. US-$ als Vergleichsbasis 2012: Leuven bezeichnete die Modelo-Integration als eine der bislang effektivsten und reibungslosen. Brahmaland zeigte sich freundlicher bei 5,1 Mrd. US-$, hier wurden 10,5 % Plus aus dem Geschäft durch die Wechselkurse nivelliert. Quinsaland verbesserte sich auf 1,3 (1,2) Mrd. US-$, hier zehrte die Währungsumrechnung nur 2/3 vom Geschäftsplus auf. Westeuropa tendierte schwächer auf 0,80 (0,83) Mrd. US-$. Mittel- und Osteu­ ropa erwirtschafteten 0,05 (0,06) Mrd. US-$. Etwas steigern konnte ABI ihre Profitabilität in Asien/Pazifik auf 0,13 (0,07) Mrd. US-$ aus dem laufenden Geschäft. Ohne regionale Zuordnung verblieben konstant –0,2 Mrd. US-$ Aufwand. Einmaleffekte beliefen sich auf +6,24 (–0,03) Mrd. US-$ Ertrag (Vorjahr: Aufwand), wobei 2013 geprägt wurde durch die 6,41 Mrd. US-$ Zuschreibung auf den Modelo-Beteiligungswert nach Kontrollübernahme. Das Finanz­ergebnis verbesserte sich auf –2,2 (–2,4) Mrd. US-$ Aufwand, bei höherem Zins­aufwand. Das Beteili-

Heineken-Gruppenbierabsatz 2013 Im Haus Heineken stellte sich der Gruppenbierabsatz 2013 (inkl. zurechenbarer Anteile von Gemeinschaftsunternehmen und Beteiligungen, Handelsware und Lizenzbier) auf 195,2 (196,6) Mio. hl, vergleichbar ging er –2,7 % zurück. Aus Westeuropa flossen 42,2 (44,3) Mio. hl zu, aus Mittel- und Osteuropa 48,0 (51,0) Mio. hl (Russland mit klein 2stelligem Minus), aus beiden Amerika 54,9 (56,9) Mio. hl und aus Afrika/Nahost 27,4 (27,5) Mio. hl. Auch Amsterdam machte Mehrabsatz nur in Asien/Pazifik dank APB auf 22,7 (16,9) Mio. hl. Für Mexiko, Vietnam, Russ­land, Frankreich und die USA wurde dabei von Marktanteilsgewinn gesprochen. Insgesamt sei die Gruppe im 2. Halbjahr 2013 besser gelaufen dank Westeuropa und Afrika/Nahost. Die Marke „Heineken“ tendierte außerhalb der Niederlande –1,8 % leichter auf 28,1 Mio. hl, wobei das Minus aus Westeuropa (–5,1 % auf 7,6 Mio. hl auch wegen Frankreich) und beiden Amerika kam (–2,1 % auf 8,5 Mio. hl vornehmlich der Staaten halber). In China wurden erstmals >1 Mio. hl „Heineken“ abgesetzt. „Strongbow“-Cider tendierte –2 % leichter, indes „Des­perados“ +2 % zulegte auch dank Deutschland. Ihren konsolidierten Bierabsatz (ohne Gemeinschaftsunternehmen und Beteiligungen) konnte Heineken auf 178,3 (171,7) Mio. hl ausweiten. Maßgeblich hierfür war die Region Asien/ Pazifik mit 17,3 (3,7) Mio. hl nach APBÜbernahme: 2012 waren APB/APIPL erst ab Novembermitte voll konsolidiert, 2013 ganzjährig. S.W.

gungsergebnis halbierte sich auf 0,3 (0,6) Mrd. US-$ Ertrag, da Modelo 2013 nur noch bis zur Konsolidierung Beteiligungserträge ablieferte – seitdem steckt sie ab Umsatz in den Konzernzahlen. Vor Steuern erwirtschaftete ABI so 18,5 (11,0) Mrd. US-$, danach waren es 16,5 (9,3) Mrd. US-$, von denen 14,4 (7,2) Mrd. US-$ den LeuvenAktionären zuzurechnen waren, Rest Minderheiten. Auch unter Herausrechnung der Buchzuschreibung stieg der Jahres­überschuss 2013. Für 2013 vorgeschlagen wurden 2,05 € Dividende/ Aktie, davon 0,60 €/Aktie als Abschlag schon November 2013 gezahlt. Direkt im Eigenkapital gebucht wurden –2,6 (–0,5) Mrd. US-$ Minderung, geprägt durch die Bilanzumrechnung von Fremdwährungstöchtern. Die ABI-Konzernbilanz längte sich zum Ultimo 2013 gegenüber Vorjahresultimo weitgehend Modelo-bedingt auf 142 (123) Mrd. US-$. Auf der Vermögensseite standen 70 (52) Mrd. US-$ Goodwill, auf der Finanzierungsseite 55 (45) Mrd. US-$ Eigenkapital. Der Mittelzufluss aus Betriebstätigkeit stieg 2013 im Konzern auf 13,9 (13,3) Mrd. US-$. Im Investitionsbereich flossen –10,3 (–11,3) Mrd. US-$ ab, davon netto –3,6 (–3,1) Mrd. US-$ in Sachanlagen und immaterielle Werte. Im Finanzierungsbereich flossen +0,3 (+0,2) Mrd. US-$ zu. Investieren will ABI heuer netto ca. 4,0 Mrd. US-$. In Deutschland kommt seit März 2014 „Leffe Blonde“ und dto. „Brune“ – auch als Aperitif – in hochwertigen Gastronomieobjekten. Zurückgekauft hat ABI die Oriental Brewery (OB) als Südkorea-Primus mit „Cass“ als Spitzenmarke.

AB InBev im Geschäftsjahr 2013 Getränke­ absatz (Mio. hl)

Umsatz (Mio. US-$)

Normalis. EBIT (Mio. US-$)

US-$/hl Getränke

Betriebsergebnis-Marge vor Einmal­effekten, Finanzergebnis und Ertragsteuern (%, Basis normalis. EBIT)

Nordamerika

122,12

16 023

5932

131,21

37,0

Lateinamerika Nord

119,13

10 877

5118

91,31

47,1

Asien/Pazifik

65,79

3354

127

50,98

3,8

Lateinamerika Süd

36,92

3269

1311

88,55

40,1

Mexiko

22,37

2769

1054

123,80

38,1

Westeuropa

28,39

3620

801

127,74

22,1

Mittel- und Osteuropa

19,19

1445

51

72,92

3,5

2013 (1 US-$ = 0,755 €)

Globaler Export, Holdings Gesamt

12,05

1839

–191

425,94

43 195

14 203

101,41

32,9

Quelle: AB InBev-Pressemitteilung zum 4. Quartal und zum Geschäftsjahr 2013 (Basis: geprüfter Abschluss nach IFRS) Modelo-Anteile ab 4.6.2013 (Mexiko/Brau- und Verpackungsgeschäft, Westeuropa/Spaniengeschäft, Globaler Export, Holdings/Ausfuhr). US-$/hl und EBIT-Rendite: S.W. US-$/ hl für Nordamerika und Mexiko in Summe verzerrt durch Nichtgetränke-Umsätze. EBIT = Gewinn vor Finanzergebnis u. Ertragsteuern; normalisiert = ohne Einmaleffekte (außerordentliche Erträge/Aufwendungen) Brauerei Forum  –  April 2014

27


Markt & Marken   Neuheiten

Bitburger Braugruppe

Alkoholfreie Erfrischung aus Getreide

Fürstlich Fürstenbergische Brauerei

Bilger Stümple: Eine Legende kehrt zurück Seit März können sich die Fans über die Rückkehr einer Bierlegende freuen, denn das Bilger Stümple ist wieder da. Unter dem Originalslogan „Bilger Stümple schmeckt auch ohne Durst“ schreibt damit ein kleines Bier erneut große Geschichte. (F.) Schon 1821 war das Bilger Stümple unter Nepomuk Bilger in Gottmadingen am Bodensee entwickelt worden und bald über die Region hinaus bekannt. Als erste Brauerei im Süden hatten die Bilgers ihr Bier in kleine 0,33-lFlaschen gefüllt, die sich als „Stümple“ bei Jung und Alt großer Beliebtheit erfreuten. Mit einigen, durch die typisch rote Bilger-Farbe sehr auffälligen

Lkws wurde das Bier zu Kunden in ganz Baden-Württemberg gebracht. Beim Bilger Stümple handelt es sich um ein helles Vollbier mit einem Alkoholgehalt von 4,9 %, das mild und süffig im Geschmack ist und in originellen Steinie-Flaschen ausgeschenkt wird. Für den Brauprozess werden ausschließlich heimische Aromahopfen verwendet. Mild-süffige Hellbiere, vor allem authentische Marken aus der Region, liegen voll im Trend und erfreuen sich gerade bei jüngeren Zielgruppen zunehmender Beliebtheit. Geplant ist zunächst, Bilger Stümple in den Universitätsstädten Baden-Würt­ tembergs mit pfiffigen Werbeaktionen einzuführen.

Die Bitburger Braugruppe hat Ende Februar mit Malvit ein innovatives Getränk ohne Alkohol auf den Markt gebracht, das eine neue Produkt­ kategorie innerhalb der Erfrischungsgetränke begründen soll. (F.) Malvit heißt die natürliche Erfrischung mit bioaktiven Vitalstoffen aus Getreide. Sie ist nach Firmenangaben die erste, die – im Gegensatz zu BioLimonaden, Schorlen oder Flavoured Water-Produkten – ohne Zucker und künstliche Zusätze auskommt. Mit weniger als 20 kcal pro 100 ml ist Malvit kalorienarm und gleichzeitig vitaminhaltig, isotonisch sowie zu 100 % natürlich.

Sternquell Brauerei

Mildes Vollbier „Bürgerbräu“ neu aufgelegt Sternquell, Plauen, bereichert mit „Bürgerbräu“ seine Produktpalette. Dabei wird eine ehemals beliebte Biersorte neu aufgelegt. (F.) Schon 1910 brauten die Brauer der damaligen „Sternquell Actien Brauerei“ zum ersten Mal das „Bürgerbräu“. Dessen erste Fässer wurden Mitte März mit dem Pferdefuhrwerk an fünf Gaststätten in der Plauener Altstadt ausgeliefert, also genau wie

vor gut 100 Jahren. „Für mich ist es eine große Freude, dass wir nach dem erfolgreichen Jahr 2013 mit Schwarzbier und Bierbrause mit einer weiteren Neuheit ins Jahr 2014 starten können“, sagt Sternquell-Geschäftsführer Jörg Sachse. Retro-Look „Sternquell Bürgerbräu“ ist ein untergäriges Vollbier, das durch sein abgerundetes Rezept besticht. Ausgewählte Rohstoffe verleihen dem „Sternquell Bürgerbräu“ die malzige Note. Das Bürgerbräu ist deutlich milder und hat eine kräftigere, dunklere Farbe als die sonstigen Pils­biere von Sternquell. Der Alkoholgehalt liegt bei 5,4 Vol.-%. „Das neue Bier ist im konsequenten RetroLook gehalten“, erläutert Produktmanager Thomas Münzer. Ein dunkles Blau prägt die Etiketten, von denen die Grafik eines Brauers in der damaligen Kluft von 1910 den Sternquell-Freunden zuprostet. Foto: Pastierovic

Nicole Dietzsch (l.), Thomas Münzer und Nicole Floß freuen sich vor der ältesten Gastwirtschaft Plauens mit Kutscher Uwe Mothes und dem historischen Brauer Jörg Simmat über die erste Lieferung Sternquell Bürgerbräu

28

Brauerei Forum  –  April 2014

Reduktion auf das Wesentliche „Malvit ist die Reduktion auf das Wesentliche“, so Holger Pfeiffer, Direktor Innovationsmanagement der Bitburger Braugruppe. „Es entspricht dem Verbraucherwunsch nach Natürlichkeit und dem Bedürfnis nach bewusster Ernährung.“ Das Getränk enthält Wasser, Getreide, Zitronensaftkonzentrat sowie Zitronen- und Limettenöl. Es wird in der Licher Privatbrauerei, einem Standort der Bitburger Braugruppe, gebraut. Verfügbar ist Malvit seit Ende Februar 2014 in 0,33-l-Mehrweg-Pfandflaschen als Six-Pack ab Rampe Bitburg und Lich. Es ist sowohl im Handel als auch in der Gastronomie erhältlich. Das Vertriebsgebiet erstreckt sich von Nord­ rhein-Westfalen über den Südwesten Deutschlands bis ins nördliche BadenWürttemberg. Die Markteinführung erfolgt seit April.


Markt & Marken   Nachrichten Verband der Brauereien Österreichs

Brau-Bilanz 2013: Österreich trotzt Europatrend In Europa sinkt der Biergenuss, in ­Ö sterreich bleibt er unverändert. Zudem gibt es im Export eine starke Steigerung.

Jahren ein Ab­wärtstrend. In Österreich hingegen erweist sich der durchschnittliche Bierkonsum mit 106,4 l als stabil.

(F.) Die österreichische Brauwirtschaft legt zu: 2013 stieg der Gesamtausstoß im Vergleich zum Vorjahr um 1,7 % auf rund 9,23 Mio. hl. Dafür ausschlaggebend ist vor allem ein starkes Ergebnis im Export: Österreichs Brauer schafften eine Steigerung von 31,2 % auf rund 684 000 hl. Der Inlandsausstoß blieb mit 8,54 Mio. hl praktisch unverändert stark (–0,1 %). Während die Konsumenten im übrigen Europa seltener zu Bier greifen, gelingt es Österreichs Brauereien, das hohe Niveau zu halten. In Deutschland etwa sank der Bierkonsum in den vergangenen Jahren kontinuierlich und liegt nun (nach dem jüngsten Minus von 1,7 %) bei nur noch 99,1 l jährlich. Auch in den meisten anderen Ländern Westeuropas zeigte sich in den vergangenen

Das Erfolgsrezept Weshalb bleibt aber der Bierkonsum in Österreich hoch, während praktisch überall anders in Europa immer seltener zu Bier gegriffen wird? Sigi Menz, Obmann des Verbandes der Brauereien Österreichs: „Der Erfolg basiert auf drei Säulen: Qualität, Vielfalt und Bierkultur samt dazugehöriger Ausbildung. Tatsächlich belegen wir europaweit bei Biervielfalt und Brauereidichte Spitzenplätze und sind Innovationstreiber bei der Ausbildung.“ • Allein im Vorjahr stieg die Zahl der heimischen Braustätten von 173 auf nunmehr 194 (inklusive Gasthausbrauereien). • In Österreich werden mehr als 1000

verschiedene Biere gebraut. Das bedeutet einen enormen Geschmacksreichtum. • Österreich nimmt bei der Bierkultur und der entsprechenden Ausbildung in Europa eine Pionierrolle ein. Sigi Menz: „Österreich ist Vorreiter bei der Ausbildung zum Biersommelier. So gibt es etwa nur in Österreich eine Biersommelierausbildung auch an Gastronomie- und Tourismusschulen.“

Conrad Seidl, österreichischer Bierjournalist, Jutta KaufmannKerschbaum, Verband der Brauereien Österreichs, und Sigi Menz (v.l.)

Brewers Association

Marktanteil der US-Craft Brewer übersteigt erstmals 7 % Mit einem Anstieg des Bierabsatzes von 18 % auf 18,3 Mio. hl und einem Umsatzwachstum von ca. 20 % setz– ten die Craft Brewer in den USA 2013 ihren Erfolgskurs fort. (oh) Die Zahlen wurden im März von dem US-Dachverband der kleinen und unabhängigen Brauereien, der Brewers Association (BA), bekannt gegeben. Demnach vergrößerten die Craft Brewer in den USA ihren Marktanteil beim Produktionsvolumen auf 7,8 %. Bezogen auf den Umsatz im Handel stieg der Anteil sogar auf 14,3 % (Gesamtumsatz 2013: 100 Mrd. US-$) „Mit diesem herausragenden Ergebnis blicken wir auf ein durchschnittliches Wachstum von 10,9 % innerhalb der vergangenen zehn Jahre zurück“, sagt Bart Watson von der Brewers Association. „Craft-Biere kommen bei den Konsumenten weiterhin hervorragend an. Die neuesten Zahlen bestätigen dies wieder einmal eindrucksvoll.“ Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Gesamtzahl der aktiven Brauereien wi-

der: 2013 waren in den USA 2 822 Braustätten gemeldet, von denen 2 768 dem Segment der Craft Brewer zugeordnet werden. 413 Brauereien nahmen in diesem Zeitraum den Betrieb auf, 44 wurden geschlossen. Zu beachten ist dabei die Definition eines Craft Brewers in den USA. Dieser definiert sich durch die Größe, Unabhängigkeit und traditionelle Brauweise. Das jährliche Ausstoßvolumen ist dabei auf maximal 6 Mio. Barrel (ca. 7 Mio. hl) beschränkt. Der Eigentumsanteil eines anderen Unternehmens, das selbst kein Craft Brewer ist, darf maximal 25 % betragen und es muss in der Hauptsache nach traditionellen Rezepten und mit natürlichen

Rohstoffen gebraut werden. Insgesamt werden in US-amerikanischen Brauereien rund 110 000 Menschen beschäftigt. Große Nachfrage „Der überschaubaren Anzahl an Betriebsschließungen steht eine wesentlich größere Anzahl an Neueröffnungen gegenüber. Dies zeigt, dass die Konsumenten weiter qualitativ hochwertige, geschmacklich spannende Biere mit regionaler Verankerung bevorzugen“, so Watson. Diese Entwicklung ist inzwischen in den gesamten Vereinigten Staaten zu beobachten und nicht mehr nur auf einzelne Bundesstaaten oder Metropolen beschränkt. Brauerei Forum  –  April 2014

29


IMPRESSUM

Deutsche Brauer-Bund

Brauerei Forum

Brauwirtschaft formuliert Erwartungen zur Europawahl

Fachzeitschrift für Brauereien, Mälzereien, Getränkeindustrie und deren Partner Informationsservice der VLB Berlin www.brauerei-forum.de ISSN 0179–2466 Herausgeber Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin (VLB) e.V. Seestraße 13, 13353 Berlin Redaktionsanschrift Brauerei Forum Seestraße 13, D-13353 Berlin Telefon: (030) 4 50 80-245 Telefax: (030) 4 50 80-210 E-Mail: redaktion@brauerei-forum.de Internet: www.brauerei-forum.de Redaktion Olaf Hendel (oh) (verantwortlich) hendel@vlb-berlin.org Juliane Rahl (jr) rahl@vlb-berlin.org Dieter Prokein (dp) prokein@vlb-berlin.org Redaktionsbeirat Dr.-Ing. Josef Fontaine, Wolfgang Kunze (WK), Dr. sc. techn. Hans-J. Manger Autoren in dieser Ausgabe Klaus Bonfig, Wiebke Künnemann, Rudolf Michl, Johnannes Single, Stefan Wirth Anzeigenkontakt VLB PR- und Verlagsabteilung, Tel. (030) 450 80-255 media@brauerei-forum.de Erscheinungsweise Erscheint mit 10 Ausgaben pro Jahr, zwei davon in Englisch, außer im Februar und Juli. Erscheinungsdatum BF 4/14 (= April-Ausgabe): 17.4.2014 Bezugskosten / Abonnement Abonnement Inland 95 € inkl. MwSt. Ausland 95 € (zuzüglich Porto) Kündigung des Abonnements jeweils zum Jahresende Abonnements Westkreuz Verlag, Berlin Tel. (030) 7 45 20 47, Fax (030) 745 30 66 abo@brauerei-forum.de Druck und Vertrieb Westkreuz-Druckerei Ahrens KG Berlin/Bonn, Töpchiner Weg 198/200, D-12309 Berlin Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Ver­ vielfältigung oder Weiterverarbeitung, auch auszugsweise, ist nur mit ausdrückli­ cher Genehmigung der Redaktion und Quellenangabe gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Haftung übernommen.

30 30

Vor der Wahl zum Europaparlament am 25. Mai haben die deutschen Brauer ihre Erwartungen an die künftige Politik der EU formuliert und in einem Positionspapier veröffentlicht. (F.) „Die Brauwirtschaft in der Europäischen Union ist ein bedeutender Arbeitgeber. Bezieht man Branchen wie Landwirtschaft, Logistik und Gastronomie ein, sichert die Brauwirtschaft in der EU rund zwei Millionen Arbeitsplätze“, erklärt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. „Europas Brauereien können aber nur dann erfolgreich wirtschaften, wenn die Politik verlässliche Rahmenbedingungen sichert. Bezahlbare Energie, ein gerechtes Steuer­system, der Schutz unseres Wassers und eine moderne Verbraucherpolitik für mündige Bürger – das erwarten wir uns vom Europaparlament.“ Kernforderungen des Deutschen BrauerBundes im Überblick: • Der DBB fordert eine auf die Belange der mittelständisch geprägten Brauwirtschaft ausgerichtete Steuerpolitik, die von Steuer­ anhebungen insbesondere im Bereich der Biersteuer absieht und die durch einen hohen Mehrwertsteuersatz bestehenden Wettbewerbsnachteile beseitigt • Die künftige europäische Alkoholpolitik sollte

die erfolgreichen und effektiven freiwilligen Selbstverpflichtungen, Präventions- und Aufklärungskampagnen der Braubranche und die Selbstregulierung der kommerziellen Kommunikation der Wirtschaft anerkennen. • In der Energiepolitik fordert der DBB den Verzicht auf sämtliche planwirtschaftliche Regulierungen und eine nachhaltige Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) mit dem Ziel, die Kosten für Wirtschaft und Verbraucher zu begrenzen. • Der gesundheits- und umweltbezogene Schutz von Trinkwasservorkommen muss – auch außerhalb von ausgewiesenen Wasserschutzgebieten – jederzeit gewährleistet sein. Die Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten mittels Fracking ist hoch riskant und deshalb sehr kritisch zu hinterfragen. • Die Europapolitik sollte besonders im Lebensmittelrecht und Verbraucherschutz stets das Ziel der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips vor Augen haben. • Auf die diskutierte Ausweitung der Gebührenpflicht für amtliche Regelkontrollen sollte nach Überzeugung des DBB verzichtet werden, da die amtliche Überwachung nicht vornehmlich durch Gebühren zu Lasten der Betriebe finanziert werden kann und darf, die sich rechtskonform verhalten.

Brauer-Schule: Lösungen von Seite 13 Fachfragen 1. a) Man sorgt dafür, dass sich der Ursprungszustand eines Lebensmittels nicht ändert 2. c) Beim Pasteurisieren wird ein Lebensmittel keimfrei gemacht 3. c) Beim Sterilisieren wird ein Lebensmittel keimfrei gemacht 4. d) Pasteurisation: 65 °C – Sterilisation 125 °C 5. e) Heißtrub 6. b) Das Herausziehen eines Stoffes aus einem Gemisch mit Hilfe eines Lösungsmittels 7. d) Strippen 8. d) Milch wird homogenisert 9.

Extraktion ist das Herauslösen eines Stoffes aus einem Gemisch mit Hilfe eines geeig- neten Lösungsmittels • Herauslösen der wasserlöslichen Bestandteile wie Einfachzucker und Aminosäuren aus dem Malz mit Hilfe von Wasser während des Maischens • Herauslösen der α-Säuren aus dem Rohhopfen mit Hilfe von CO2 bei der Her­stel- lung von CO2-Extrakt

Fachrechnen 1. PE [Pasteurisationseinheiten] = Zeit [Minuten] • 1,393 (Kerntemperatur in °C – 60 °C) 20 PE = x min • 1,393 (65–60) : 1,393 (65–60) 20 PE : 1,393 5 = x min x = 3,8131 min = 3 min und 0,8131 min • 60 sec/min = 3 min 49 sec

Die Kerntemperatur von 65 °C muss 3 min 49 sec lang gehalten werden.

Brauerei Brauerei Forum  Forum  –  April 2014


Institutionen & Verbände   Nachrichten DBMB Landesgruppe Berlin-Brandenburg

Mitgliederversammlung im Brauhaus in Spandau Am 14. März trafen sich im Brauhaus in Spandau 60 Mitglieder, Fördermitglieder und Gäste zum Braumeisterund Malzmeisterabend. Der Landesgruppenvorsitzende, Jens Kemmel, begrüßte alle Anwesenden insbesondere unser Ehrenmitglied, Peter Weichenhain, und richtete an die Geschäftsführung des Brauhauses den Dank für die Ausrichtung der Veranstaltung. Kemmel würdigte nennens-

DBMB Berlin-Brandenburg

Mitgliederversammlung Die Landesgruppe Berlin-Brandenburg trifft sich am Freitag, dem 9. Mai 2014, in der Frankfurter Brauhaus GmbH, Lebuser Chaussee 3, 15234 Frankfurt (Oder), um 17 Uhr zur Mitgliederversammlung. Frau Sylvia Kopp von der Berlin Beer Academy stellt die Academy vor. Jürgen Richter

werte Geburtstage unserer Mitglieder: den 90. beging Herbert Brahmer, den 85. Siegfried Rulc, den 70. Dr. Wolfgang Greffin, den 65. Gabriele Krieger und Jürgen-M. Solkowski, den 60. Jonny Harms sowie den 50. Christoph Uhde. Weiterhin richtete Kemmel den Dank an Jörg Kirchhoff für die langjährige Tätigkeit im Landesgruppenvorstand und berichtete von den Vorbereitungen zum Sommerausflug und zur Fachexkursion im November. Der Fachvortrag wurde vom Landesgruppenmitglied und wissenschaftlichen Mitarbeiter der VLB, Michael Lembke gehalten. In dem Vortrag Validierung des Wassereinsatzes und softwareunterstützte Simulation zur Effizienzsteigerung wurde das Wasser­einsparpotenzial in drei Stufen geteilt: 1. Minimierung des Frischwasserverbrauchs in allen Produktions- und Reinigungsprozessen (Optimierung der Verfahrenstechnik/Prozessführung und der Apparate) 2. Wiederverwendung von gebrauch­ tem Wasser ohne Aufbereitung für sekundäre Zwecke mit geringeren Qualitätsansprüchen

3. Kreislaufführung von Wasser für denselben Verwendungszweck nach einem oder mehreren zwischengeschalteten Aufbereitungsschritten Der Referent richtete seinen Fokus auf die ersten beiden Stufen. Zunächst wurden verschiedene Möglichkeiten für Wassereinsparungen vorgestellt. Leistungsfähige Mess- und Regeltechnik und eine angemessene vollständig kontrollierte Betriebsdatenerfassung sind Voraussetzung, um einzelne Prozesse und Abteilungen zu optimieren. Im zweiten Teil des Vortrages stand die Wiederverwendung von Brauchwasserteilströmen und die Abstimmung der Faktoren des Wiedereinsatzes – Zeit, Ort, Qualität und Quantität – der Wässer von Erzeugern und Verbrauchern mit Hilfe von Software im Mittelpunkt. Zusammenfassend wurde hervorgehoben, dass die Qualität des Produktes höchste Priorität hat und durch Wassereinsparung nicht beeinträchtigt werden darf. Nach einer angeregten Diskussion schloss Kemmel den offiziellen Teil der Mitgliederversammlung. Jürgen Richter

Berliner Brauer Zunft / Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei

Neue Heimat für rustikalen Kneipentresen

(BF) Die massive Konstruktion mit dazugehöriger Schrankwand besticht durch ihre hohe Robustheit und urige Gemütlichkeit. Damit ist die Gefahr jetzt noch größer geworden, nach getaner Arbeit länger als geplant im Zunfthaus zu verweilen. Offiziell eingeweiht wurde die Spende der BerlinerKindl-Schultheiss-Brauerei Anfang April beim Brauerstammtisch. „Ein großes Dankeschön geht an Dr. Mike Eberle“, so Burghard Meyer, 1. Obermeister der Berliner Brauer Zunft. „Er hat uns die Theke vermittelt. Danke auch an alle, die beim Aufbau geholfen haben, vor allem Hans Wägner.“

VLB-Geschäftsführer Dr. Josef Fontaine, Mathew Jessop, Andrew Veen­ hoven, Burghard Meyer und Chad Frost (v.l.) fühlen sich am neuen Tresen im Zunfthaus ausgesprochen wohl

Foto: dp

Mit einem gespendeten Eichenholz­ tresen hat das Zunfthaus der Berliner Brauer Zunft seit Anfang April eine neue Attraktion.

Brauerei Forum  –  April 2014

31


Unsere nächste Ausgabe erscheint am 23. Mai 2014

Veranstaltungen VLB-Termine  25. April 2014 21. Dresdner Brauertag, Dresden  20./21. Mai 2014 Fachtagung Ladungssicherung, Bielefeld  4. Juli 2014 VLB-Sommerfest, Berlin  4. Juli 2014 Mitgliederversammlung Vereinigung ehem. VLBer e.V., Berlin  1. bis 12. September 2014 Craft Brewing in Practice, Praxisseminar für Craft- und Microbrewer, Berlin

 10. November 2014 3. European MicroBrew Symposium, Nürnberg

Weitere Termine  8. bis 15. Mai 2014 interpack 2014, Düsseldorf  26./27. Mai 2014 59. Brauwirtschaftliche Tagung, Freising  25. Juni 2014 Deutscher Brauertag, Berlin  7. bis 9. September 2014 EBC-Symposium, Wien

 17. bis 19. September 2014 5. Iberoamerikanisches Symposium der VLB, Madrid, Spanien

 12. September 2014 Mitgliederversammlung der Gesellschaft für Geschichte der Brauerei (GGB), Mannheim

 29./30. September 2014 101. VLB-Oktobertagung, Berlin

 25. bis 27. September 2014 drink Technology India, Mumbai

 7./8. Oktober 2014 12. IfGB-Forum Spirituosen und Brennerei, Leipzig

 13. bis 16. Oktober 2014 China Brew & Beverage, Peking

 10. bis 12. Oktober 2014 3. International Brewing Conference Beijing, Peking, China

 11. bis 13. November 2014 BrauBeviale, Nürnberg

redaktion@brauerei-forum.de


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.