Brauerei Forum - 10/2014

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Brauerei Forum Fachzeitschrift für Brauereien, Mälzereien, Getränkeindustrie und deren Partner

Informationsservice der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin

Ausgabe 10 | 22. Oktober 2014 | 29. Jahrgang  |  ISSN 0179-2466

In dieser A usgabe:

 Dr. Mike Eberle ist neuer Präsident der VLB Berlin  Bericht 101. VLB-Oktobertagung  Brau-Börsen-Bilanz  Echtes Craft-Brew-Erlebnis in Vielau

ller

www.brauerei-forum.de

IfGB aktu ell Brennere – Informationen für ien und S pirituose n-Herste


Seminar „Update Brauwissen“ – Technik, Technologie, Qualität 2-wöchiges Fortbildungs-Seminar für technische Führungskräfte aus Brauereien 17. bis 28. November 2014, Berlin Themen: Neue Hopfen- und Braugerstensorten • Sudhaus: Vor- und Nachteile verschiedener Maischverfahren, Maischefilter und Kochsysteme • Gärung: Hefemanagement, Gärungsverfahren, HighGravity-Verfahren, Hefevitalität • Stabilisierungsverfahren im Vergleich, kieselgurfreie Filtration • Abfüllung: Leer- und Vollflascheninspektion, Biofilme • Nachhaltigkeit/Optimierung: Wassereinsparungen, Energiemanagement, Füllanlagenoptimierung, Schwandreduzierung, Abwassermanagement • Qualität: Betriebskontrolle, neue chemisch-technische Analysenmethoden, neue mikrobiologische Methoden, Spezialanalytik, Verpackungsprüfung, Inline-Messtechnik • Drinkability, Geschmacksstabilität, Biertrübungen Zielgruppe: Braumeister, Produktionsleiter, Abteilungsleiter und andere technische Führungskräfte aus Produktion, Abfüllung und Qualitätssicherung von Brauereien

Online-Anmeldung und weitere Informationen unter:

www.vlb-berlin.org/update-brauwissen VLB Berlin – Seestraße 13 – 13353 Berlin Tel. (030) 450 80-215 – Fax (030) 450 80-210 – brewmaster@vlb-berlin.org

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Inhalt

 Menschen & Unternehmen 4

Bestmalz/Palatia Malz: Wechsel in der Unternehmensführung / Rügener Inselbrauerei: Geplante Inselbrauerei setzt auf naturbelassene Biere

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VLB aktuell: Dr. Mike Eberle ist neuer Präsident der VLB Berlin Seit 29. September 2014 ist er der neue Präsident der VLB Berlin: Dr. Mike Eberle (M.). Der 46-Jährige, Geschäftsführer Technik und Logistik der Radeberger Gruppe, ist der Nachfolger von Dr. Axel Th. Simon (r.)

 Technik & Technologie 6

VLB-Oktobertagung zieht Brauwirtschaft nach Berlin – auch im September

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Bericht VLB-Oktobertagung: Nanomaterialien in Lebensmitteln? Kontroverse Diskussion um Kennzeichnungspflicht

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3rd International Brewing Conference China: Biermarkt in China zeigt leichte Anzeichen von Konsolidierung

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VLB aktuell: Frischer Hopfen veredelt Craft Bier Green Melon

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VLB international: VLB-Brauer-Gipfel in Madrid

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Brauer-Schule: Fachfragen für Auszubildende – Spezialmalze

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Bier und Brot als Zeichen der Versöhnung

8 450 internationale Teilnehmer, 31 Vorträge, dazu zwei Abendveranstaltungen und eine Fachausstellung – die Bilanz der jüngsten VLB-Oktobertagung kann sich sehen lassen

 IfGB aktuell 18

Distilled Spirits Conference – Wissenschaft nicht nur für das Commonwealth

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Aromen, Gin und Craft Distilling – IfGB-Forum mit Teilnehmerrekord

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 Betriebswirtschaft 20

Bericht 17. VLB-Forum: Herausforderungen des Marktes mit Alternativen und Innovationen begegnen

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Brau-Börsen-Bilanz international: Fußball-WM beschert Heineken Absatzplus

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Brau-Börsen-Bilanz national: Veltins besser als der Markttrend – auch Karlsberg legt zu

 Markt & Marken 28

19 120 Teilnehmer kamen am 7. und 8. Oktober nach Leipzig zum 12. IfGB-Forum. Die Veranstaltung bestach erneut durch spannende Vorträge sowie ein ansprechendes Rahmenprogramm mit zwei Betriebsbesichtigungen

Echtes Craft-Brew-Erlebnis in Vielau

 Sonstiges 30

Impressum / Lösungen Brauer-Schule / Fachliteratur: Birkner´s Beverage 2014/15 erschienen

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GGB traf sich in Mannheim

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Veranstaltungskalender

Titelbild: Tankfarm der Braustätte in Alovera von Mahou-San Miguel in der Nähe von Madrid Foto: oh

28 Brauen als Abenteuer verspricht ein neuer, einmal jährlich angebotener VLB-Kurs. Er findet im Erzgebirge in einer kleinen Brauerei statt. Zwar sieht sie aus wie ein Technikmuseum, dennoch ist sie voll funktionsfähig

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Menschen & Unternehmen  Personalien Bestmalz / Palatia Malz

Wechsel in der Unternehmensführung Dr. Axel Goehler-Broistedt, Familiengesellschafter der Palatia Malz GmbH, übernimmt die Führungsverantwortung für die Mälzereigruppe Bestmalz AG. Das Unternehmen vertreibt weltweit Basis- und Spezialmalze der Palatia Malz und der Malzfabrik Hoepfner. Palatia Malz wird in dritter Generation als Familienunternehmen geführt. Goehler-Broistedt folgt seinem Bruder Martin Göhler nach. Dr. Axel Goehler-Broistedt

(F.) Am 1. Oktober 2014 übernahm Dr. Axel Goehler-Broistedt die Führung der Heidelberger Mälzereigruppe Bestmalz AG, die aus den Mälzereien Palatia Malz GmbH und Malzfabrik Hoepfner GmbH & Co. KG besteht. Beide Mälzereien arbeiten im Rahmen einer Vertriebskooperation national und international zusammen. Dr. Goehler-Broistedt ist selbst am Unternehmen beteiligt und war im Beirat der Palatia Malz GmbH tätig. Er tritt die Nachfolge seines älteren Bruders Martin Göhler an, der in der Führung des Familienunternehmens mehr als zwei Jahrzehnte tätig war.

Unternehmensgeschichte Bestmalz entstand im Jahr WIR BRAUEN FÜR DIE 2001 durch das strategische BIERE DER WELT Zusammengehen von Palatia Malz, der Wallertheimer Mälzerei und der Malzfabrik Röstmalzbier Hoepfner. Palatia Malz wurde Malzextrakte 1936 vom UnternehmensgrünK u l ö r/ C a r a m e l der Max Göhler übernommen. B r a u s i r u p Sein Sohn Eberhard Göhler Flüssigzucker trat 1958 ins Unternehmen ein und entwickelte es über Mischsirupe vier Jahrzehnte zu einer modernen Mälzerei. Seit dem ZuASPERA BRAUEREI RIESE GMBH kauf der Mälzerei Wallertheim 45478 Mülheim-Ruhr, Tel. (02 08) 58 89 80 Mitte der 1980er-Jahre verfügt www.aspera.de die Gesellschaft über die für das In- und Auslandsgeschäft wichtige günstige Verkehrsanbindung. Im Rahmen der Bestmalz-Kooperation gelang im Schul- movierte an der Hochschule St. Gallen terschluss mit der Karlsruher Mälzerei mit einer Forschungsarbeit über den Hoepfner der Einstieg in die Herstellung „Erfolg deutscher Familienbrauereien“. von Malzspezialitäten. Nach längerer Beratungstätigkeit bei BoDr. Goehler-Broistedt hat nach seiner ston Consulting Group (BCG) gründete er Lehrzeit bei der Deutschen Bank be- seine eigene Strategieberatung in Hamtriebswirtschaftliche Abschlüsse in den burg, welche er zusammen mit Partnern USA und der Schweiz gemacht. Er pro- seit 15 Jahren erfolgreich führt.

 Nachrichten Rügener Inselbrauerei

Geplante Inselbrauerei setzt auf naturbelassene Biere An der Hauptroute zu den Nationalparks im Örtchen Rambin hat Landrat Ralf Drescher das „Grundfass“ für die Rügener Inselbrauerei gelegt. (F.) Hier, bei der „Expedition ins Bierreich”, steht das Aufspüren und Brauen von „Seltenen Bierarten” im Mittelpunkt. Eine eigens entwickelte Brauanlage berücksichtigt die bes­ ten Braumeister-Erfahrungen der vergangenen Jahrhunderte. Eine Naturhopfengabe gehört dazu, genauso wie die Bottiche für eine offene Gärung und eine Abfüllanlage. In einer speziellen Reifekammer entstehen nach der traditionellen Methode der Flaschenreifung ausschließlich naturbelassene Bierarten ganz ohne Filter für den charaktervollen Biergenuss.

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Mitten in der Brauerei können Gäste und Besucher die „Seltenen Bierarten” verkosten und Einblick in deren Entstehung nehmen. Neben dem Direk t verkauf im Brauereilager und über den Onlineshop vertreibt die Inselbrauerei national und inter-

Frans de Groen, Markus Berberich, Landrat Ralf Drescher und Andries de Groen bei der „Grundfasslegung“ (v.l.)

national an Spezialbier-Händler. Die Brauerei eröffnet zur Saison 2015, der Brauerei­ -Newsletter kann unter www. insel-brauerei.de abonniert werden.


Menschen & Unternehmen  VLB aktuell

Dr. Mike Eberle ist neuer Präsident der VLB Berlin Der Verwaltungsrat der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin (VLB) e.V. hat Ende September Dr. Mike Eberle, Geschäftsführer Technik und Logistik der Radeberger Gruppe, zu seinem neuen Vorsitzenden gewählt. Eberle tritt die Nachfolge von Dr. Axel Th. Simon an, der dieses Ehrenamt nach 25 Jahren zur Verfügung gestellt hatte. (oh) Auf seiner konstituierenden Sitzung im Anschluss an die VLB-Mitgliederversammlung hat der Verwaltungsrat der VLB Berlin am 29. September 2014 Dr. Mike Eberle an die Spitze des obersten Organs der VLB Berlin gewählt. Die Amtsperiode des Präsidenten beträgt vier Jahre. Eberle löst damit den bisherigen VLB-Präsidenten Dr. Axel Th. Simon ab, der dieses Amt von 1989 bis 2014 innehatte. Eberles Weg in die Brau- und Getränkeindustrie Mike Eberle (46) studierte Chemie an der Technischen Universität Darmstadt. 1996 wurde er dort mit einer Arbeit über Mo­dell­­sys­teme zur Photosynthese zum Dr.-Ing. promoviert. Im selben Jahr wechselte er in die Industrie zu Unilever, wo er zunächst im Bereich der Lebensmittelentwicklung einstieg. In weiteren Etappen seiner beruflichen Entwicklung war er bei Unilever unter anderem verantwortlich für Copacking-Entwicklung, die technische Seite des Groß­verbrauchergeschäftes (Einkauf, Produktion, Qualitätssicherung, Entwicklung und Logistik) und ab 2005 Leiter eines Produktionsstandortes für Saucen und Feinkost in den Niederlanden. 2008 ging er zu Müller Milch, wo er die Geschäftsleitung Technik bei der Molkerei Sachsenmilch in Leppersdorf bei Dresden übernahm. Schließlich führte ihn sein beruflicher Weg 2009 in die Brau- und Getränkeindustrie zur Radeberger Gruppe nach Frankfurt am Main, wo er seitdem als Geschäftsführer für die Ressorts Technik und Logis­ tik verantwortlich zeichnet. Eberle ist gebürtiger Hesse, verheiratet und hat zwei Töchter. „Ich bin sehr stolz, in dieser wunderbaren Branche arbeiten zu dürfen. Die neue Aufgabe als oberster Diener der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin ist für mich daher auch eine Gelegenheit, etwas zurückgeben zu können“, so Eberle in seiner ersten

Rede als VLB-Präsident am Abend nach der Mitgliederversammlung. Der Verwaltungsrat Der neu gewählte Verwaltungsrat der VLB Berlin e.V. setzt sich damit wie folgt zusammen: • Dr. Mike Eberle, Radeberger Gruppe KG, Frankfurt am Main (Vorsitzender) • Gerhard Theis, Karlsberg Holding GmbH, Homburg (stellvertretender Vorsitzender, Schatzmeister) • Ulrich Rust, Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG, Gerolstein (stellvertretender Vorsitzender) • Peter Himmelsbach, Haus Cramer Management GmbH, Warstein • Dr. Stefan Lustig, Brau Holding International GmbH & Co. KGaA, München • Horst Müller, EFES Beverage Group, Istanbul/Türkei

Nicht mehr für den Verwaltungsrat kandidiert hatten Susanne Veltins (Meschede Grevenstein), Dr. Axel Th. Simon (Bitburg), Martin Göhler (Heidelberg) und Hans-Georg Weber (Berlin). Der Verwaltungsrat ist neben der Mitgliederversammlung und der Geschäftsführung das dritte offizielle Organ der VLB Berlin. Er wird alle vier Jahre von der Mitgliederversammlung neu gewählt und umfasst maximal sieben Sitze. Der Verwaltungsrat nimmt in erster Linie Kontroll- und Lenkungsfunktionen wahr und beschließt über die grundsätzlichen Angelegenheiten der VLB, wie z.B. die jährliche Haushaltsplanung, die Bestellung der Geschäftsführer, Erwerb/Verkauf von Grundstücken oder Beteiligungen. Als erste Amtshandlung ernannte Dr. Mike Eberle seinen Vorgänger Dr. Axel Th. Simon zum Ehrenpräsidenten der VLB Berlin.

VLB-Geschäftsführer Dr. Josef Fontaine im Kreise des neugewählten Verwaltungsrates: Horst Müller, Ulrich Rust, Dr. Mike Eberle, Gerhard Theis und Dr. Stefan Lustig (v.l., nicht abgebildet: Peter Himmelsbach)

Foto: oh

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Technik & Technologie   VLB-Oktobertagung

VLB-Oktobertagung zieht Brauwirtschaft nach Berlin – auch im September In ihrer 101. Auflage fand die Oktobertagung der VLB Berlin in diesem Jahr erstmals im September statt. Vorbild war aber nicht das Münchner Oktoberfest, das seit 1872 im September beginnt. Vielmehr waren es schnöde organisatorische Gründe, die diese (einmalige) Ausnahme erforderlich machten. (BF) Rund 450 Brau- und Logistikexperten aus 17 Ländern ließen sich jedoch nicht verwirren und reisten pünktlich zur Veranstaltung nach Berlin. Viele Teilnehmer, ein kompaktes und breit aufgestelltes Programm und angenehmes Spätsommerwetter – so lässt sich daher die Tagung knapp umreißen. Wer wollte, konnte sogar am Sonntag vor der Veranstaltung noch den Berlin-Marathon miterleben – sei es als Teilnehmer oder auch nur als Zuschauer.

Abb. 1-4: Spannende Vorträge und lebendige Diskussionen erlebten die Teilnehmer auch der jüngsten VLBOktobertagung im September im Hotel Berlin

Technische Veranstaltung Der Montag der Oktobertagung begann dann mit den turnus­mäßigen Sitzungen des Technisch-Wissenschaftlichen Ausschusses. Am Nachmittag folgte die Technische Veranstaltung in zwei Vortrags­b löcken. Zunächst ging es um Nano- und Mikropartikel in komplexen Flüssigkeiten, danach um Korrosion und Edelstahl. Der erste Themenblock umfasste drei Vorträge, von denen einer die aktuelle Diskussion zum Komplex Nanotechnologie und Lebensmittelsicherheit aufgriff. Hier wurde vor allem deutlich, dass im Spannungsfeld zwischen Industrie­ interessen und Verbraucherschutz

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noch viele Fragen ungeklärt sind. So hat etwa eine EU-Verordnung festgelegt, dass ab Dezember 2014 die Zutatenliste von Lebensmitteln auch Nanomaterialien aufführen muss. Allerdings fehlt bisher noch eine entsprechende Analytik für Lebensmittel. Bei den Vorträgen rund um Korrosion und Edelstahl gab es viele praktische Beispiele, wie Anlagen möglichst rostfrei gehalten werden können. Dabei zeigte sich einmal mehr, dass eine erhöhte Aufmerksamkeit diesem Problem gegenüber oft der beste Schutz vor Korrosion ist. Der Dienstag wartete mit zwei Schwerpunktthemen auf. Am Vormittag beleuchteten drei Vorträge die Brau­ technologie: Hefen und Gradienten. Breiten Raum nahmen hier die Optimierung von Brauereihefestämmen ein sowie die Identifizierung von Hefen mit Hilfe der Massenspektroskopie. Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen der Sustainability – auf Kurs in die nachhaltige Produktion. Vier Vorträge erläuterten hier interessante Ansätze, wie sich in der Brauerei Energie und Ressourcen einsparen lassen, um so letztlich die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Dabei ließen sich so-

wohl eine mittlere als auch eine große Brauerei sowie ein Global Player in die Karten schauen. Schon seit vielen Jahren diskutiert, hat diese Thematik des nachhaltigen Wirtschaftens aber nichts an Aktualität verloren. Angesichts der vielen internationalen Teilnehmer wurden die Vorträge der Technischen Veranstaltung sowie des Braugersten-Seminars simultan in Englisch bzw. in Deutsch übersetzt. Mitgliederversammlung Auf der ordentlichen Mitgliederversammlung der VLB Berlin stand am Montagabend unter anderem die Neuwahl des Verwaltungsrates auf dem Programm. Nach 25 Jahren stellte Dr. Axel Th. Simon sein Amt als VLBPräsident zur Verfügung. Als Nachfolger wurde Dr. Mike Eberle von der Radeberger Gruppe gewählt (S. 5). Ein besonderes Highlight der diesjährigen Oktobertagung war daher die feierliche Verabschiedung von Dr. Simon, die als Auftakt des Begrüßungsabends vor rund 250 Gästen im Lichthof der VLB stattfand. Als erste Amtshandlung ernannte der frisch gewählte Vorsitzende des neuen Verwaltungsrates, Dr. Mike Eberle, seinen Vorgänger Dr. Axel

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Technik & Technologie Th. Simon dort zum Ehrenpräsidenten der VLB Berlin. 43. Braugersten-Seminar Über Braugerste und verwandte Sachgebiete informierte das 43. Internationale Braugersten-Seminar. Der erste der fünf Vorträge skizzierte wie gewohnt die weltweiten Ernteprognosen. Nach ihnen dürfte sich der globale Markt für Braugerste 2014/15 entspannen, scheinen die jüngsten Ernten doch den weltweiten Bedarf an Braugerste decken zu können. Ein weiteres Thema des Braugersten-Seminars betraf die Grundlagenforschung bei der Pflanzengenetik. Ein Referent erläuterte hierzu, wie die Forschung beim Gerstengenom abläuft. Breiten Raum nahm außerdem die Gushingproblematik ein. Zwei Vorträge näherten sich diesem Phänomen, einmal über die Inhaltsstoffe von Hopfen, zum anderen aber auch ganz speziell über die Hopfenlipide. Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein Vortrag zu den mehrzeiligen Wintergersten und Hybridgersten. 17. VLB-Forum Getränkeindustrie & Getränkehandel In der Management-Session des VLBForums stieß insbesondere die Präsentation des kalifonischen Craft-BeerGurus Greg Koch auf großes Interesse. Der Gründer und Inhaber der Stone Brewing Company hatte kürzlich Pläne angekündigt, in Berlin für rund 25 Mio. US-$ eine komplett neue Brauerei zu bauen. Weitere Themen am Montag beschäftigten sich mit den Herausforderungen des deutschen Biermarktes. Diese wurden von unterschiedlichen Standpunkten aus beschrieben. Einmal äußerte sich der Deutsche Brauer-Bund, dann wieder eine Unternehmensberatung und schließlich der Eigentümer einer Brauerei. Alle Referenten warteten mit unterschied-

lichen Ideen und Konzepten auf, die allesamt interessante Ansätze für Lösungen boten. Am Dienstagvormittag stand dann das Schwerpunktthema Neue Märkte, neue Strategien – Automation und IT auf dem Programm. Dabei zeigte ein Vortrag exemplarisch, welch große Vorteile mit der Einführung eines automatischen Lagerverwaltungssystems verbunden sind. Ein anderer thematisierte die wirtschaftlichen Aspekte von fahrerlosen Transportsystemen. Berücksichtigt wurden besonders die Bereiche Flottengröße, Kosten-Nutzen-Verhältnis sowie die Amortisation. Der Dienstagnachmittag informierte schließlich mit vier Vorträgen über Juristische Aspekte an der Verladerampe sowie Tranportlogistik. Ein Referent erläuterte die Rechtskonformität des Verladens. Zwei Referenten der VLB stellten neueste Ergebnisse von Untersuchungen vor. Insgesamt bestach auch das 17. VLB-Forum durch erstklassige Vorträge und eine Vielzahl von Erkenntnissen und Anregungen aus Wissenschaft und Praxis. Fachausstellung Bereichert wurde die Oktobertagung durch ein attraktives Rahmenprogramm. So präsentierten sich im Hotel Berlin etwa 30 Zulieferfirmen der Brau- und Getränkeindustrie bzw. ihre Dienstleister in einer Fachausstellung. Zwei Abendveranstaltungen eröffneten zudem viele Möglichkeiten, die Brau-, Getränke- und Logistikexperten aus dem In- und Ausland näher kennenzulernen. Für die gute Versorgung mit Bier auf der Oktobertagung sowie dem Begrüßungsabend an der VLB war wieder die Berliner-Kindl-SchultheissBrauerei der Radeberger Gruppe verantwortlich. Die 102. Oktobertagung 2015 findet am 5./6. Oktober 2015 in Berlin statt.

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Abb. 5: Dr. Axel Th. Simon bedankt sich für die Ernennung zum neuen Ehren­ präsidenten der VLB Berlin Abb. 6: In den Pausen zwischen den Vorträgen trafen sich die Teilnehmer der Oktobertagung zu Gesprächen und zum Kaffee­trinken in der Hotellobby

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Technik & Technologie   VLB-Oktobertagung

Nanomaterialien in Lebensmittel­n? Kontroverse Diskussion um Kennzeichnungspflicht Am Montagnachmittag (29. September) begann im Hotel Berlin das Vortragsprogramm der 101. VLB-Oktobertagung. Zur Diskussion gestellt wurden die Schwerpunktthemen Nano- und Mikropartikel in komplexen Flüssigkeiten sowie Korrosion und Edelstahl. Den Vorsitz hatte Dr. Mike Eberle, Radeberger Gruppe, Frankfurt am Main, der mit viel Esprit mehr als 200 internationale Teilnehmer durch das Programm führte. (dp) Erster Referent war Prof. Dr. Ralf Greiner vom Bundesforschungsins­ titut für Ernährung und Lebensmittel Max-Rubner-Institut, Karlsruhe. Sein Vortrag Nanotechnologie und Lebensmittelsicherheit – Ist einzig die Größe entscheidend?, sensibilisierte für eine spezielle Problematik. Diese sorgt im Spannungsfeld zwischen Industrie­interessen und Verbraucherschutz schon seit langer Zeit für reichlich Kontroversen. Hintergrund ist die

Mike Eberle führte am Montag durch das Programm der VLB-Oktober­ tagung

Noch fehlt eine Analytik für den Nachweis von Nanopartikeln in Lebensmitteln: Ralf Greiner

Nanotechnologie lässt sich gut bei der Aufbereitung von Wasser einsetzen: Maria Antonietta

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EU-Verordnung 1169/2011 zur Deklarationspflicht von Lebensmitteln. Sie legt fest, dass das Zutatenverzeichnis von Lebensmitteln auch Materialien in Nanogröße aufweisen muss. Für kosmetische Produkte ist diese Kennzeichnungspflicht bereits gültig, bei Lebensmitteln soll sie am 14. Dezember 2014 in Kraft treten. So eindeutig dies offenbar geregelt zu sein scheint, so wenig wurde aber bisher bei Lebensmitteln eine belastbare Analytik für dieses Ziel entwickelt. Greiner: „Bisher gibt es keine einzige validierte Methode, um im Lebensmittelbereich Nanopartikel zu finden.“ Damit besteht die groteske Situation, dass von der EU rechtlich verbindliche Vorgaben erlassen worden sind, die analytisch aber nicht umgesetzt werden können. Diese nicht zu lösende Problematik zwischen Anspruch und Wirklichkeit bildete den Rahmen für Greiners Vortrag, der sich alle Mühe gab, diese sehr komplexe Materie näher zu beleuchten. Daher stellte er auch zunächst grundlegende Sachverhalte dar. So wird nach der Empfehlung der EU-Kommission vom Oktober 2010 Material als Nanomaterial bezeichnet, dessen Partikel u.a. Außenmaße im Bereich von 1 nm bis 100 nm haben. Wie Greiner deutlich machte, müsste nach dieser Definition auch Milch mit seinen Bestandteilen als natürliches Nanomaterial betrachtet werden. Seine Molkenproteine liegen bei ~ 3 nm, die Caseinmicellen bei ~ 100 nm. Hinzu kommen konventionell hergestellte Lebensmittel wie Mayonnaise oder Sauce Beárnaise. Deren Fetttröpfchen sind so klein, dass sie in dem von der EU-Kommission definierten Bereich liegen. Weitere Nanomaterialien befinden sich in den Kontaktmaterialien für Lebensmittel. Befürworter von Nanomaterialien im Lebensmittelsektor sehen in ihnen mehrere Vorteile. So sollen sie zu einer längeren Haltbarkeit der Lebensmittel beitragen sowie de-

ren hygienische Qualität verbessern. Kritiker verweisen auf die Gefahr von gesundheitlichen Folgen wie Nerven- oder Zellschäden. Die­se könnten dadurch entstehen, dass die Nanomaterialien leichter natürliche Barrieren im Körper überwinden bzw. eine erhöhte Reaktivität wegen der großen spezifischen Oberfläche aufweisen. Vor diesem Hintergrund soll die Deklarationspflicht von Nanomaterialien letztlich dem Verbraucherschutz dienen. Allerdings fehlen bisher Untersuchungen, die die Gefährlichkeit von Nanomaterialien mit ihrer Größe in Zusammenhang bringen, so Greiner: „Wir brauchen mehr Analyseverfahren, um allgemeingültige Aussagen zu treffen über die Wechselwirkungen von Nanomaterialien im menschlichen Stoffwechsel.“ Angesichts dieser Situation wies Greiner darauf hin, dass Nanomaterialien nicht per se allein aufgrund ihrer geringen Größe als gefährlich einzustufen seien. Benötigt werden vielmehr neue Methoden für die Risikobewertung. Ebenfalls zur Nanotechnologie referierte Maria Antonietta Buccheri, PhD, Universitá di Catania, Italien. Dabei berichtete sie zunächst über ein ambitioniertes Forschungsvorhaben auf EUEbene. An ihm sind europaweit mehr als sechs Projektpartner beteil­i gt, darunter die Universitäten von Oslo, Sheffield und Catania sowie weitere Forschungseinrichtungen wie etwa die VLB Berlin (FIWAT). Ziel ist es, Erfahrungen zu sammeln im Hinblick auf die Anwendungen der Nanotechnologie auf die Wasserbehandlung: Das europäische Water Projekt. Hintergrund ist die dramatische Verknappung von sauberem Trinkwasser. Unter dem weltweiten Phänomen leiden schon heute mehr als 1,6 Mrd. Menschen in Ländern mit absoluter Wasserknappheit. Bis 2030 sollen davon sogar 47 % der Weltbevölkerung betroffen sein.


Technik & Technologie Da nur 1 % des Wassers auf der Erde als Trinkwasser zur Verfügung steht, haben Filtrationssysteme zur Aufbereitung von Süßwasser entscheidende Bedeutung für die Lebensqualität von Millionen von Menschen. Neben der Trinkwasseraufbereitung steht dabei auch die Optimierung der Abwasserbehandlung im Fokus, um die küstennahen Gewässer in Sizilien rein zu halten. Hier setzt das europäische Wasserprojekt an, um mit preiswerter Nanotechnologie eine neue Dimension im Bereich der Filtration zu erreichen. Diese wird auch dringend gebraucht. So arbeiten konventionelle Filtrationssysteme mit hohen Drücken, verbrauchen viel Energie und sind nicht zuletzt sehr teuer. Klar im Vorteil sind hier die Nanomaterialien, die als winzige Moleküle in Mem­branen, Filtern, Folien, Drähten und anderen Produkten eingesetzt werden können. Auch Titandioxid-Nanoröhren lassen sich in Filtern zur Entfernung von Verunreinigungen, Bakterien und Viren nutzen. Unklar ist allerdings noch, welche Veränderungen an Tieren entstehen, die Nanomoleküle über die Nahrungskette aufnehmen. Dazu laufen aktuell Untersuchungen mit Fischen an der biologischen Abteilung der Universität von Catania, so Buccheri in ihrem Vortrag in Englisch. Dr. Roland Pahl, VLB Berlin, referierte zum Thema Identifizierung von Mikropartikeln in komplexen Flüssig-

keiten. Der Vortrag bot einen interessanten Einblick in die analytische Praxis des Forschungsinstitutes für Bier- und Getränkeproduktion (FIBGP). Zentraler Bestandteil der Ausführungen war die Beschreibung, mit welchen Methoden sich Mikropartikel in Flüssigkeiten nachweisen lassen. Wie Pahl erläuterte, werden die am FIBGB eingereichten Proben zunächst mikroskopiert. Zum Einsatz kommen hier verschiedene Mikroskope. Solche, die mit Hell- oder Dunkelfeld arbeiten bzw. polarisiertes Licht verwenden oder aber den physikalischen Effekt der Fluoreszenz nutzen. Vor allem bei Glassplittern liefere die Dunkelfeld­ mikroskopie gute Ergebnisse. Kristalline Partikel hingegen ließen sich mit polarisiertem Licht gut wahrnehmen. Lackpartikel, Öl und Plastik könnten mit Hilfe der Fluoreszenz nachgewiesen werden. Weitere Möglichkeiten zur Analyse bieten außerdem ein Rasterelektronenmikroskop sowie Untersuchungen mit der energiedispersiven Röntgenspektroskopie (EDX). Bei letzterem Verfahren werden bei einer Probe die Elektronen in ihrer atomaren Struktur durch Röntgenstrahlen angeregt. Die­se Bewegungen werden dann durch bildgebende Verfahren ausgewertet und als Peaks dargestellt. Da jedes Element eine andere atomare Struktur besitzt, können so elementare Zusammensetzungen bestimmt werden. Nach der Vorstellung der Analysenmethoden berichtete Pahl

Für die Analyse von Getränken steht eine große Bandbreite an Methoden zur Verfügung: Roland Pahl

Die DIN ISO 8044 informiert über die verschiedenen Arten von Korrosion: Wilhelm Erning von realen Untersuchungen von Bierproben. Dabei konnten Mikropartikel unterschiedlicher Herkunft gefunden werden. Das Thema erfordert daher weitere Aufmerksamkeit. Den zweiten Themenblock am Montagnachmittag eröffnete Dr. Wilhelm Erning, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin. Er referierte zur Korrosion von nichtrostendem Stahl: Korrosionsarten, Mechanismen, Schadensbilder. Der Vortrag beleuchtete die verschiedenen Bedingungen für das Entstehen von Korrosion an Metallen. Dabei wurde zunächst deutlich, dass Korrosion und Korrosionsschäden strikt zu trennen sind. Ersteres wird verstanden als Reaktion eines Werkstoffes mit seiner Umgebung. Als Folge verändern sich dessen Eigenschaften. Im Freiland verwitterte Skulpturen etwa sind oft mit einer Patina überzogen. Sie entsteht durch chemische bzw. korrosive Reaktionen, die aber meist gewünscht sind. Korrosionsschäden hingegen beeinträchtigen den Werkstoff in seiner Qualität mit Folgen für die Umgebung. Hierzu gehören etwa der Verlust von Tragfähigkeit, Festigkeit und Zähigkeit, aber auch Schäden durch Korrosionsprodukte im Medium, etwa rostiges Wasser. Erning stellte am Modell das Prinzip der Sauerstoff- und Säurekorrosion vor. Bei Ersterer reagiert der Sauerstoff als Oxidationsmittel. Es kommt zur Aufnahme von Elektronen. Bei der Säurekorrosion entziehen die Protonen der Säure dem Metall Elektronen. In beiden Fällen kommt es zur Veränderung an der Oberfläche des Werkstoffes. Nach der DIN EN ISO 8044 Brauerei Forum  –  Oktober 2014

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Technik & Technologie

Das Ausmaß des Korrosionspotenzials wird maßgeblich von der Chloridkonzentration beeinflusst: Stefan Reimann

Der Vorteil von nichtrostendem Stahl geht verloren, wenn er falsch geschweißt wird: Hubertus Schlerkmann werden die folgenden Korrosionsarten unterschieden: • Gleichmäßige Flächenkorrosion • örtliche Lochkorrosion • Spaltkorrosion • Bimetallkorrosion • selektive Korrosion • Entzinkung • Interkristalline Korrosion • Korrosion unter mechanischen Belastungen • Spannungsrisskorrosion • Schwingungsrisskorrosion Wie Erning erläuterte, bietet die DIN ISO 8044 eine Vielzahl von Erkenntnissen für jede Korrosionsart. Neben ihrer jeweiligen Definition gehören dazu auch die Gründe für ihre Entstehung sowie spezielle Hinweise, um die Korrosionen künftig zu vermeiden. Stefan Reimann, VLB Berlin, referierte zum Thema Korrosivität vor Ort erzeugter, oxidierender Desinfektionsmedien gegenüber CrNi(Mo)-Stählen im Anwendungsfeld automatisierter CIP-Prozesse in der Getränkeindus­ trie. Der Vortrag stellte ein durch das BMWi gefördertes Forschungsvorhaben der VLB Berlin vor, das in Kooperation mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in der Zeit von 2013 bis 2015 umgesetzt wird. Im Fokus der Untersuchungen stehen dabei Chlordioxid und die mittels elektrochemischer Aktivierung aus einer Natriumchlorid-Sole erzeugten, sogenannten ECA-Anolyte, die den Themenschwerpunkt des Vortrags widerspiegelten. In den einleitenden Ausführungen berichtete der Refe-

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rent zunächst über den Stand des Wissens in diesem Forschungsfeld. Nach Reimann lag der Schwerpunkt bei der Untersuchung von Chlordioxid und ECA-Anolyt in den vergangenen Jahren auf der Bewertung der antimikrobiologischen Wirksamkeit, der Bildung von Desinfektionsnebenprodukten und den Auswirkungen von Restgehalten in Getränken auf deren sensorische Qualität. Die Bewertung der Korrosivität dieser Medien gegenüber Edelstählen spielte in der die Getränkeindus­trie begleitenden Fachliteratur nur eine untergeordnete Rolle. Angesichts dieser Wissenslücke hat die VLB Berlin einen Forschungsbedarf gesehen und das aktuelle Forschungsvorhaben am Forschungsinstitut für Wasser- und Abwassertechnologie (FIWAT) angesiedelt. Auf der Grundlage klassischer und moderner Analyseverfahren (Auslagerungsversuche, Stromdichte-Potenzial-Messungen, REM) soll die Korrosivität (Lochfraß und Spaltkorrosion) von Chlordioxid und ECA-Anolyten im Anwendungsfeld automatisierter CIP-Prozesse in Abhängigkeit der Einflussfaktoren pH-Wert, Anwendungstemperatur, Anwendungsdauer, Wiederholungshäufigkeit, Verhältnis freies Chlor (Chlordioxid) zu Chlorid und Oberflächengüte der Werkstoffe detailliert untersucht werden. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen abschließend in einer Darstellung der kritischen Faktorenstufen der zuvor genannten Einflussfaktoren zusammengefasst und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Erste Ergebnisse verdeutlichen, dass sich die sogenannten ECAAnolyte im Hinblick auf ein korrosives Verhalten gegen­über dem Werkstoff 1.4301 z.T. deutlich unterscheiden. Dieser Umstand ist im Wesentlichen auf die variierende chemische Zusammensetzung der elektrochemisch generierten Anolyt-Konzentrate und in diesem Zusammenhang auf die verschiedenen Chloridkonzentrationen, die die Lage des kritischen Lochfraßpotenzials maßgeblich bestimmen, zurückzuführen. Dr. Hubertus Schlerkmann, Salzgitter Mannesmann Forschung, Duisburg, informierte über Korrosion und nichtrostende Stähle: Einfluss von Werkstoffwahl, Verarbeitung, Oberflächengüte und Umgebungsbedingungen. Ähnlich wie sein Vorredner Wilhlem Erning informierte Schlerkmann sehr anschaulich über den Gesamtkomplex Korrosion. Dabei aber weniger theoretisch, sondern vielmehr mit zahlreichen Fotos aus der gutachterlichen Praxis. So zeigte er dem Ple-

num viele „Beispiele für schiefgelaufene Sachen, obwohl man geglaubt hat, alles richtig zu machen.“ Zu sehen gab es etwa eine verrostete Tür aus dem Werkstoff 1.4401, die im Feuchtraum eines Schwimmbades eingebaut worden war. Eigentlich der richtige Stahl für diesen Einsatzzweck, doch wurde die Tür mit dem falschen Schleifmittel behandelt. Anstatt die Oberfläche zu mattieren, zerstörte es die Passivschicht des Stahls, der genau an den Kratzstellen korrodierte. Als weitere Schwachstelle für das Entstehen von Rost nannte Schlerkmann den Bereich Schweißen. Hier lauern Gefahren durch verzunderte Schweißnähte sowie Anlauffarben. Bei der Verzunderung entsteht durch die direkte Reaktion mit dem Sauerstoff eine Korrosion am Metall. Diese wird jedoch häufig gar nicht erkannt, da die Schweißnähte, von außen betrachtet, in einem sehr guten Zustand sein können. „Das Medium ist aber immer innen“, sagte Schlerkmann. Daher empfahl er, Schweißnähte auch innerhalb der Bauteile nachzubearbeiten. Bei den Anlauffarben unterstrich er, dass sie einen massiven Einfluss auf das Korrosionsverhalten haben. Da sie die Oberfläche der metallischen Werkstoffe verändern, beeinträchtigen sie die schützende Passivschicht aus rostfreiem Edelstahl. Zusätzliche Beispiele für das Entstehen von Korrosion betrafen undichte Rohre sowie die Umgebungsbedingungen bei der Abfüllung. In einem Fall war über lange Zeit Wasser auf einen Rohrbogen getropft. Zwar war es verdunstet, doch hinterließ es eine erhöhte Konzentration von Chlor­ionen. Sie führten schließlich zur Bildung von Korrosion. Diese wurde auch im Deckenbereich einer Abfüllanlage festgestellt. Dort hatten sich Reste von Reinigungsmitteln niedergeschlagen, die dann nicht ausreichend abgewaschen worden waren. Insgesamt bot der Vortrag reichliches Anschauungsmaterial dafür, dass eigentlich nichtrostender Stahl anfällig werden kann für Korrosion. Trotzdem ist er nach Einschätzung von Schlerkmann in vielen Einsatzfällen die optimale Lösung. Allerdings muss für jeden Einsatzzweck der geeignete Werkstoff ausgewählt werden. Fertigung und Verarbeitung müssen dabei immer werkstoffgerecht erfolgen. Selbst geringfügige Änderungen an den Werkstoffen oder den Umgebungsbedingungen können zu einer deutlich erhöhten Korrosionswahrscheinlichkeit führen, so der Referent abschließend. (wird fortgesetzt)


Technik & Technologie   VLB international

Biermarkt in China zeigt leichte Anzeichen von Konsolidierung Vom 9. bis 12. Oktober luden die VLB Berlin und das China National Research Institute of Food and Fermentation Industries (CNRIFFI) zum dritten Mal nach 2010 und 2012 zur gemeinschaftlich organisierten China International Brewing Conference nach Peking ein. Mit dabei waren Redner verschiedener internationaler brauwissenschaftlicher Organisationen (u.a. ASBC), Experten aus der Zulieferindustrie und Referenten aus der technischen Führungsebene der großen Brauereigruppen Chinas. (oh) Rund 250 Teilnehmer, die meisten darunter aus China, besuchten die dreitägige Konferenz im idyllischen Beijing Conference Center, um neueste Trends und Lösungsansätze rund um die Themen Brauereirohstoffe, Prozess- und Anlagenoptimierung, Abfüllung, Qualitätssicherung und Produktentwicklung zu diskutieren. In der Eröffnungs-Session gab He Yong, Generalsekretär der Brauerei-Sparte der China Alcoholic Drinks Industry Association (CADIA), einen aktuellen Überblick über den Biermarkt Chinas. Die offizielle Statistik weist für 2013 eine Bierproduktion von 506 Mio. hl aus (+ 5 %). Zu berücksichtigen ist aber, dass die CADIA als Branchenverband den Ausstoß mit „lediglich“ 465 Mio. hl angibt. Grund dafür seien unterschiedliche Erfassungsmethoden. Während die Regierung die Produktionszahlen nach Verwaltungsbezirken erhebt, bekommt die CADIA die Daten direkt von den Brauereien bzw. Brauereigruppen und vermeidet so mutmaßliche doppelte Erfassungen. Die Angaben des Industrieverbandes seien daher näher an der Realität, heißt es. Dennoch

bleibt China mit deutlichem Abstand das Land mit der weltweit größten Bierproduktion. Bei einem Pro-KopfVerbrauch von etwa 34 l scheinen die Grenzen des Wachstums auch noch längst nicht erreicht. Allerdings mehren sich erste Hinweise, dass sich die chinesischen Brauer künftig auf geringeres Wachstum einstellen müssen: • Die fünf großen Gruppen teilen sich bereits 75 % des gesamten Marktes. Ein Anstieg auf 80 % wird innerhalb der kommenden Jahre erwartet. • 2014 gab es erstmalig in China einen Monat mit einem Rückgang im Bierabsatz (August -6,5 %). Als Grund dafür wurden nicht abverkaufte Lagerbestände nach der FußballWeltmeisterschaft und schlechtes Sommer-Wetter genannt (derartige Argumente kennt man auch aus anderen gesättigten Märkten). • Der gesamte Jahresumsatz in 2013 wuchs um rund 9 % auf 140 Mrd. RMB (ca. 18 Mrd. €). Beklagt wird allerdings eine geringe Profitabilität. • Geringerer Ausbau der Brauereikapazitäten: Wurden 2012 Brauanlagen für rund 44,3 Mio. hl neu instal-

liert, waren es i2013 nur noch 23 Mio. hl. • Die Marktforscher mahnen, dass das Gros der chinesischen Konsumenten die großen Biermarken für austauschbar halten. Entsprechend groß sind aktuell die Bestrebungen nach Produktdifferenzierung. Dies spiegelte sich auch bei einigen Vorträgen der Chinesischen Brauer wider, die sich intensiv mit Markt- und VerbraucherForschung beschäftigen. Übrigens: Dass die Craft-Bier-Bewegung inzwischen auch in China angekommen ist, zeigte sich eindrucksvoll auf dem Autum Craft Beer Festival Beijing, das parallel zur Brewing Conference stattfand und bei den Tagungsteilnehmern auf großes Interesse stieß. • Auch den Image-Vorteil, den Importbiere bei chinesischen Konsumenten offenbar genießt, ist dem Verband ein Dorn im Auge. Im unmittelbaren Anschluss an die Tagung startete dann in Peking mit der China Brew & China Beverage die mit Abstand größte Messe für die Brauund Getränkeindustrie in Asien.

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Technik & Technologie   VLB aktuell

Frischer Hopfen veredelt Craft Bier Green Melon Weder Kosten noch Mühen hat die VLB Berlin Mitte September gescheut, um ein spezielles Craft Bier zu entwickeln. „Green Melon“ (grüne Melone) nennt sich die Bierkreation, deren Aroma maßgeblich von pflückfrischem Hopfen aus der Hallertau bestimmt wird. An dem Projekt war neben dem VLB-Institut FIBGP auch die IGN Hopfenvermarktungs- und Vertriebs-GmbH, Wolnzach, beteiligt.

Abb. 1–3: Burghard Meyer (mit Melone) und Marko Scholz bei der Hopfenübergabe Abb. 4–5: Burghard Meyer und Kurt Marshall schaufeln den grünen Hopfen in den Läuterbottich

(dp) „Ziel war es, ein Bier zu brauen, das intensiv nach frisch geerntetem Hopfen schmeckt“, erläutert Dipl.Ing. Burghard Meyer, Mitarbeiter des VLB-Instituts FIBGP. Handelsüblicher Hopfen wird zur Haltbarmachung unmittelbar nach der Ernte getrocknet und gepresst. Dabei gehen bereits einige Inhaltsstoffe verloren, inbesondere ein Teil der leicht flüchtigen und sehr aromaintensiven Hopfenöle. Daher biete ein ungetrockneter, erntefrischer Hopfen ein erweitertes Aromenspektrum im Bier. Da frischer Hopfen allerdings bereits in kürzester Zeit zu altern beginnt, muss er möglichst schnell verarbeitet werden. Deshalb fuhr IGN-Geschäftsführer Mario Scholz am 15. September im Transporter extra von Wolnzach nach Berlin. Zuvor war der Hopfen am frühen Morgen gegen 6.30 Uhr in der Hallertau geerntet worden. Scholz: „An dem Tag musste ich jedoch geschäftlich zuerst dringend nach Frankfurt (Oder).“ Um keine Zeit zu verlieren, wartete Burghard Meyer deshalb bereits gegen Mittag südlich von Berlin in Ludwigsfelde auf Mario Scholz. Dieser wäre ansonsten erst am

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frühen Abend auf dem Rückweg von Frankfurt in Berlin angekommen. Viel zu spät, um das volle Aroma der Hopfendolden für den Brauprozess nutzen zu können. Während Burghard Meyer also in Ludwigsfelde auf einem Parkplatz die Stellung hielt, lief in der Versuchsbrauerei der VLB alles auf Hochtouren. Alles sollte vorbereitet sein, um den Hopfen sofort nach der Ankunft von Burghard Meyer in Berlin verarbeiten zu können. Mit etwas Verspätung, aber dennoch rechtzeitig, erreichte der Transporter den Treffpunkt, im Kofferraum eine große Kühlbox mit fünf Kilogramm erntefrischem Hopfen, der mit Eisbeuteln gekühlt wurde. Nach der Prüfung der Ware ging alles ganz schnell, wechselten die Kühlbox und der schwarze Koffer die Besitzer. Rückkehr an die VLB Berlin Anschließend fuhr Burghard Meyer zurück zur VLB in die Seestraße 13 direkt vor das Gebäude mit der Studienbrauerei. Dort wurde der Hopfen schon sehnsuchtsvoll erwartet und umgehend in den Läuterbottich gegeben, der hier als Hopfenseier

diente. Für den eigentlichen Brauvorgang war dann Dipl.-Braumeister Kurt Marshall, Braumeister der VLBStudienbrauerei, verantwortlich: „Die Würze mit etwas erhöhter Stammwürze kochte wie immer in die Pfanne, wurde aber zum Teil zurück über den Maischebottich ‚ausgeschlagen‘. Dieser diente dabei als Puffergefäß, die restliche Würze hingegen kam zurück in den Läuterbottich auf den grünen Hopfen.“ Weitere Verfahrensschritte schlossen sich an, wie das Pumpen der Würze im Kreislauf sowie ein zweites „Abläutern“ über die Dolden, bevor die Würze wieder zurück in die Pfanne lief. In Intervallen wurde auch die restliche Würze vom Maischebottich über die frischen Dolden geführt. Nach mehreren Kreisläufen mit entsprechendem „Abläutern“ wurde schließlich Heißwasser nachgedrückt, um die Restwürze von den Dolden abzuspülen und gleichzeitig die endgültige Stammwürze festzulegen. Marshall: „Letztlich hängt die konkrete Ausgestaltung des Brauprozesses immer davon ab, was man brauen möchte. Ein traditionelles Bier nach bewährtem Schema oder etwa wie

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Technik & Technologie

3rd European MicroBrew Symposium – Markets, Trends and Technology Symposium for craft and micro brewers from European countries – 10 November 2014, Nürnberg, Germany Topics: The evolution of small brewers in Europe and upcoming challenges / From recipe to rollout – Critical points of a successful product development / Weyermann® Malt Aroma Wheel® – A perfect tool to select your malt composition / German and Anglo-American brewhouse configurations: Two concepts of wort production / Modern brewhouse equipment for craft breweries / The Craft Beer movement in Italy and the story of Birrificio del Ducato / Special flavours by hop application and hop varieties / Formation of aroma compounds during fermentation: Effects, control, range / Beer fermentation and maturation in wooden barrels – Theory and practice / Quality control and microbiological plant review – Experiences and recommendations / Establishing a reliable quality control in a craft brewery / Dispensing equipment: Principles and aspects of operation and hygiene Language: English

www.vlb-berlin.org/en/microbrew

Versuchs- und Lehranstalt fuer Brauerei in Berlin (VLB)    Seestrasse 13, 13353 Berlin, Germany    Phone: +49.30.45080.213 Fax: +49.30.45080.210

bei Green Melon ein ganz spezielles Craft Bier mit einer eigenen Note. Für solche Biere gibt es am Anfang noch keine Erfahrungswerte. Daher ist es immer wieder spannend, hinterher festzustellen, ob wir alles richtig gemacht haben. Allerdings kann man auch aus Fehlern lernen, sofern man sie nicht zweimal macht.“

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In cooperation with

Verkostung auf der BrauBeviale „Wir sind sehr neugierig“, ergänzte Meyer, „welche Aromen wir dem ‚grünen Gold‘ abringen konnten. Genaueres werden wir aber erst in ein paar Wochen wissen, wenn wir das Bier sensorisch geprüft haben. Sollte es die Prüfung bestehen, wovon wir überzeugt sind, kann das Bier auf der

brewmaster@vlb-berlin.org

BrauBeviale im November verkostet und diskutiert werden. Und zwar am Stand der IGN in Halle 1.“ Kontakt VLB-Institut FIGBP Burghard Meyer meyer@vlb-berlin.org Kurt Marshall marshall@vlb-berlin.org

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Technik & Technologie   VLB international

VLB-Brauer-Gipfel in Madrid Das 5. Iberoamerikanische Brauerei-Symposium der VLB Berlin zog vom 17. bis 19. September rund 250 Brauereiexperten aus 16 Nationen in die spanische Hauptstadt Madrid. Kooperationspartner in diesem Jahr war die Asociación Española de Técnicos de Cerveza y Malta (AETCM), die unmittelbar im Anschluss ihre Mitgliederversammlung abhielt.

(oh) Zum 5. Mal seit 2008 lud die VLB Berlin zu ihrem Iberoamerikanischen Symposium „Brewing and Filling Technology“ ein. Nachdem die Veranstaltung in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich in Süd- und Zentralamerika stattgefunden hatte, war dieses Jahr Spanien zum 2. Mal nach 2008 das Gastgeberland. Während des zweitägigen Vortragsprogramms wurde über Themen wie Brauereirohstoffe, Bierfiltration, Fermentationstechnologie, Logistik, Qualität und Sustainability diskutiert. Dem mehrsprachigen Konzept der Veranstaltung folgend, wurden alle Vorträge simultan in Englisch und Spanisch übersetzt. Neben Experten der VLB Berlin und aus der Zulieferindustrie stellten auch Gastredner aus der Brauindustrie aktuelle Projekte vor. So berichteten Referenten von Mahou San Miguel über ihre Erfahrungen mit der BierMembran­filtration und über Optimierungen in ihrer Logistik. Kollegen von Hijos de Rivera stellten ihre Überlegungen bei der Produktentwicklung und das neue vollautomatische Waren-

Fotos: oh

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lager in A Coruña vor. Und in der Session Sustainability präsentierte Tiago Brandao von Unicer den Masterplan zur Energieoptimierung bei der größten portugiesischen Brauereigruppe. Als weiterer Kooperationspartner hielt Chris Powell als Vertreter der American Society of Brewing Chemists (ASBC) einen Vortrag über die Qualität von Bierhefe. Neben der Theorie kam auch die Praxis nicht zu kurz: So standen Betriebs­ besichtigungen von Heineken, Mahou San Miguel sowie der Gasthausbrauerei Sagra auf dem Programm. Heineken fiel insbesondere durch den hohen Sicherheitsstandard auf, der auch während der Besichtigung konsequent eingehalten wurde. Die Brauerei von Mahou-San Miguel in Alovera beeindruckte durch ihre für europäische Verhältnisse schiere Größe von 7 Mio. hl. Als Kontrast präsentierte die Cervezeria Sagra einen Einblick in die auch in Spanien stark wachsende Craft-Brewing-Szene. Eine „Tour de Tapas“ durch die Altstadt von Madrid schloss die VLB-Tagung am Freitag stilvoll ab und bildete die

Schnittstelle zum zweiten Veranstaltungsteil. Dort traf sich am Samstag die spanische Braumeister-Vereinigung Asociación Española de Técnicos de Cerveza y Malta (AETCM) im gleichen Hotel zur jährlichen Mitgliederversammlung. Die insgesamt stimmige Mischung aus Fachinformation und -diskussion und Networking sorgte unter dem Strich für viel positive Resonanz seitens der Teilnehmer. Das 5. Iberoamerikanische Symposium der VLB ist für September 2015 in Brasilien geplant. Fotos: Die Referenten der Session zur Bierfiltration unter Vorsitz von Jose Luis Rodriguez Pérez, Mahou-San Miguel (oben) Rund 250 Teilnehmer fanden den Weg nach Madrid zum Iberoamerikanischen VLB-Symposium (unten links) Gute Stimmung auf dem Get-together: Benet Fité, Mahou-San Miguel, Jose Luis Olmedo, Hijos De Rivera, Jacobo Olalla, Cerveceros de España, und Thomas Tyrell, VLB Berlin (v.l.)


Technik & Technologie

Die Karlsberg Brauerei ist eine der führenden Brauereien im Südwesten Deutschlands. Tradition und Innovation prägen von Beginn an die Entwicklungsgeschichte der im Jahr 1878 gegründeten Brauerei. Mit einem sicheren Gespür für Trends hat Karlsberg sich in den vergangenen Jahren zu einem innovativen Markensortimenter entwickelt.

Wir suchen im Rahmen einer altersbedingten Nachbesetzung zum 1. April 2015 den

LEITER HERSTELLUNG (m/w) Die Stelleninhaberin/der Stelleninhaber berichtet direkt an den Geschäftsführer Technik. Aufgabengebiet: • Verantwortung für die Abläufe in der Herstellung von der Würzebereitung bis zur Filtration sowie für die Entwicklung und Umsetzung neuer Produkte und Technologien • Sicherstellung der geforderten Produktqualität bei kostenoptimalem Betrieb der Anlagen • ständige Verbesserung des Qualitäts-, Kosten- und Produktivitätsniveaus • Budgetplanung und -verantwortung • Analyse von Kennzahlen • klare und zielorientierte Personalführung • selbstständige Bearbeitung und Umsetzung von Projekten • konstruktive Zusammenarbeit mit anderen Bereichen innerhalb und außerhalb des Unternehmens Voraussetzungen: • Abschluss eines Hochschulstudiums des Brauwesens oder einer vergleichbaren Fachausbildung • hohe fachliche und emotionale Kompetenz • sehr gute EDV- und betriebswirtschaftliche Kenntnisse • Überzeugungskraft und Durchsetzungsvermögen • mehrjährige Berufserfahrung in einem Getränkeunternehmen • englische und französische Sprachkenntnisse Wir bieten Ihnen eine interessante Tätigkeit in einem erfolgreichen, international agierenden Familienunternehmen mit Innovationskraft und Serviceorientierung. Karlsberg hat eine mittelständisch geprägte Unternehmenskultur mit flachen Hierarchien und einer offenen Kommunikation. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung. Bitte senden Sie Ihre vollständigen Unterlagen per Post an: Personalabteilung der Karlsberg Brauerei GmbH z.Hd. Frau Nicole Ochotzki, Postfach 1351 66404 Homburg (Saarpfalz) • www.karlsberg.de

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Technik & Technologie   Brauer-Schule

Fachfragen und Fachrechnen für Auszubildende

Spezialmalze Unterschiede beim Bier im Hinblick auf den Geschmack, die Farbe und das Aroma sowie andere Eigenschaften entstehen maßgeblich durch das verwendete Malz. Dessen Merkmale wiederum werden vor allem durch den Herstellungsprozess bestimmt (Weichgrad, die Dauer der Keimung und Höhe der Abdarrtemperatur). Zu unterscheiden sind Basismalze und Spezialmalze. Letztere dienen dazu, Bieren einen besonderen Charakter zu verleihen. Die Aufgaben stellte Studienrat Robert Pawelczak, Staatliche Berufsschule Main-Spessart/ Karlstadt

1. Bei Malzen unterscheidet man Standard-, Spezialund Sondermalze. Welches der genannten Malze zählt eindeutig zu den Sondermalzen? a) Pilsener Malz b) Helles Weizenmalz c) Caramelmalz d) Sauermalz e) Spitzmalz 2. Sauermalz wird in der Brauerei verwendet, um den pH-Wert der Maische zu optimieren. Wie „entsteht“ dieses Malz in der Mälzerei? a) Man lässt das feuchte Grünmalz vor dem Abdarren 7 Tage auf der Darre liegen b) Das Weichgut wird in einem Gemisch aus Essig­- säure und Frischwasser eingeweicht c) Das Grünmalz wird mit Milchsäure besprüht d) Das fertige Malz durchläuft eine Konditionierungs- schnecke, wo es mit Phosphorsäure besprüht wird e) Das Grünmalz durchläuft auf dem Weg zur Darre eine Konditionierungsschnecke, wo es mit Phos- phor­säure besprüht wird 3. Spitzmalz erfährt ebenso wie das Sauermalz in der Mälzerei eine besondere Behandlung. Welche Aussage über Herstellung und Einsatz ist richtig? a) Spitzmalz ist besonders hoch gelöst b) Spitzmalz enthält deutlich mehr Melanoidine als helles Malz c) Beim Einsatz von Spitzmalz sollte der Brauer eine Einmaischtemperatur von 62 °C wählen d) Spitzmalz kann die Schaumbildung und -haltbar- keit des fertigen Bieres positiv beeinflussen e) Für die Herstellung von Spitzmalz wird aus­- schließlich Ausstichgerste verwendet, die eine Keimfähigkeit von mindestens 98 % aufweist

Foto: DBB

4. Spezialmalze werden eingesetzt, um bestimmte Charaktereigenschaften eines Bieres, wie Farbe, Geschmack und Schaumhaltbarkeit, stärker zu betonen. Welches der genannten Spezial- oder Sondermalze würde bei einem 100%igen Einsatz zu den massivsten Problemen bei der Bierherstellung in einem klassischen 2-Geräte-Sudhaus führen? a) Spitzmalz b) Diastasemalz c) Rauchmalz d) Sauermalz e) Caramelmalz

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5. Melanoidine sind Farb- und Aromastoffe, die im fertigen Malz für dessen charakteristische Eigenschaften sorgen. Bei welchem Verfahrensschritt werden die Melanoidine vornehmlich gebildet? Brauerei Forum  –  Oktober 2014

a) Beim Weichen b) Beim Keimen c) Beim Schwelken d) Beim Abdarren e) Bei der Lagerung des fertigen Malzes 6. Mit Spezialmalzen kann man auch die Farbe eines Bieres beeinflussen. In welcher Antwort sind die Malze nach aufsteigenden EBC-Einheiten geordnet? a) Diastasemalz – Münchener Malz – Melanoidinmalz – Röstmalz b) Münchener Malz – Diastasemalz – Melanoidinmalz – Röstmalz c) Münchener Malz – Melanoidinmalz – Diastasemalz – Röstmalz d) Diastasemalz – Melanoidinmalz – Münchener Malz – Röstmalz e) Diastasemalz – Münchener Malz – Röstmalz - Melanoidinmalz 7. Die Melanoidine werden aus Stoffen gebildet, die während des Mälzungsprozesses entstanden sind. Diese Stoffe sind: a) Vicinale Diole und Fettsäuren b) Einfachzucker und Fettsäuren c) Einfachzucker und Aminosäuren d) Aldehyde und Aminosäuren e) Aldehyde und Polysaccharide 8. Beim Vergleich von Standard- und Spezialmalzen kann man bei Malzanalysen sehr unterschiedliche Ergebnisse ermitteln. So gibt es z. B. beim Eiweißlösungsgrad (Kolbachzahl) große Unterschiede. Bei welchem der genannten Malze ist der Eiweiß­ lösungsgrad in der Regel am höchsten? a) Helles Weizenmalz b) Weizenröstmalz c) Pilsener Malz d) Wiener Malz e) Münchener Malz Fachrechnen 1. Für eine neue Biersorte bestellt eine Brauerei eine Malzmischung mit einer Farbe von 4,2 EBC. Für die Mischung sollen 1000 t Pilsener Malz (Farbe 4,0 EBC) mit 5 % Sauermalz (Farbe 7,0 EBC) verschnitten wer­ den. Um die Farbe herzustellen, soll helles Caramel­ malz (Farbe 5,0 EBC) zugemischt werden. Wie groß ist die gesamte Lieferung? (0,1 dt) (Lösungen S. 30)


Technik & Technologie   Nachrichten

Bier und Brot als Zeichen der Versöhnung Mit Bier aus Roggenmalz hat der Deutsche Brauer-Bund eine internationale Feier am 1. Oktober zum Mauerfall vor 25 Jahren unterstützt. Gebraut wurde das sogenannte Friedensbier vom Berliner Braumeister Thorsten Schoppe. Das Malz entstand in einer Kleinmälzung am Forschungsinstitut für Rohstoffe (FIR) der VLB Berlin. Eiserne Vorhang gefallen: Ein neues Kapitel in der Geschichte Europas begann. Bier und Brot Höhepunkt der Feier an der Ber­nauer Straße war die Verkostung des europäischen Friedensbrotes. Dessen Saatgut aus dem Roggenfeld von Berlin-Mitte war in elf ehem. Ostblock-Staaten an his­torisch bedeutsamen Orten der Wendezeit ausgesät worden. Nach der dortigen Ernte kam der Roggen dann im September zurück nach Berlin. Hier wurde er ver­mischt, gemahlen und ver­backen. Weitere Akzente auf der Veranstaltung setzten ein ökumenischer Gottesdienst sowie das „Friedensbier“. Letzteres war erstmalig auf Anregung des Deutschen BrauerBundes gebraut worden. Als zentraler Bestandteil diente hier der Roggen vom Berliner Mauerstreifen. Daher heißt das Roggenbier auch Friedensbier, versteht es sich doch als Symbol

3 Abb. 3: Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, Schirmherr des Projekts „Friedensbrot“ (l.), und Pfarrer Thomas Jeutner bei der Gedenkveranstaltung für die Überwindung von Grenzen. „Das Projekt hat uns sofort überzeugt“, sagt Holger Eichele, DBB-Hauptgeschäftsführer. „Es zeigt doch vor allem, dass die Saat des Friedens überall auf der Welt aufgehen kann, selbst in einem ehemaligen Todesstreifen. Deshalb haben wir die Veranstaltung mit Bier und Gläsern unterstützt.“ Roggen Roll Ale Für das Bier verantwortlich war Braumeister Thorsten Schoppe von der Kreuzberger Brauerei Schoppe Bräu. Er braute 10 hl eines vollmundigen Ales auf der Basis des an der VLB vermälzten Friedensroggens. Es besticht mit seinen feinen Röstmalzaromen und 50 Bittereinheiten. Der Alkoholgehalt beträgt 7 Vol.-%.

Abb. 1: Prof. Dr. Frank Rath mit dem frisch gedarrten Roggenmalz Abb. 2: Friedensbier Abb. 4: Holger Eichele (1.v.l.) im Gespräch mit Prof. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstitutes für Risikoforschung (BfR). Rechts Thorsten Schoppe

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Fotos (3): dp

Foto: oh

(dp) Ein Roggenfeld mitten auf dem ehem. Todesstreifen an der Ber­ nauer Straße? Was auf dem Gebiet der früheren DDR nicht zu verwirklichen gewesen wäre, ist heute im Bezirk Mitte eine Attraktion. Seit 2005 wächst dort, wo sich früher Ost und West feindlich gegenüberstanden, der sogenannte Friedensroggen. Jährlich werden nur ein paar Quadratmeter neben der „Kapelle der Versöhnung“ bepflanzt. Trotzdem symbolisiert das Getreide bestens, dass irgendwann Frieden, Hoffnung und Leben entstehen können, selbst wenn aktuelle Bedingungen dagegensprechen. Um diese Botschaft weithin zu verbreiten, fand am 1. Oktober eine Gedenkfeier mit rund 300 internationalen Teilnehmern statt. Die Veranstaltung wurde vom Projekt „Friedensbrot“ durchgeführt, einer 2012 gegründeten Initiative. Ziel war es, an die historischen Ereignisse vor 25 Jahren zu erinnern. Damals war nicht nur die Berliner Mauer, sondern auch der

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IfGB aktuell   International

Distilled Spirits Conference – Wissenschaft nicht nur für das Commonwealth Rund 350 Wissenschaftler, Spirituosenproduzenten und Vertreter der Zulieferindustrie aller Kontinente diskutierten vom 8. bis zum 11. September in Glasgow künftige Herausforderungen und Lösungen der Branche. Dem Institute for Brewing and Distilling ist erneut ein sehr spannender Kongress für die Global Player der Spirituosenbranche gelungen.

Johannes Fuchs, VLB Berlin: Thermodesorption – eine ebenso schonende wie schnelle Methode zur Analyse von Spirituosen- und ihrer Rohstoffqualitäten

Fotos: WiK

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(WiK) Die WDSC 2014 fand im direkten Vorfeld der Volksabstimmung zur schottischen Unabhängigkeit statt. Hiervon waren auch Pausengespräche und Abendkonversationen geprägt. Whisky stand schon im Zentrum der Tagung, aber auch Gin und asiatische Spezialitäten kamen zu ihrem Recht. Die Rohstoff-Session konzentrierte sich entsprechend auf Getreide im Kontext des Klimawandels, stellte aber auch einen Versuch zur Alkoholgewinnung aus Ackerbohnen vor. Weiterhin gab es Vorträge zu allen Bereichen der Ethanolgewinnung. Bei der Reifung lag der Schwerpunkt auf dem Fassmanagement. Außerdem wurde der Einsatz von Nanotechnologie nicht nur im Destillationsprozess kontrovers diskutiert. Umfangreiche Sensorik-Sessions und Workshops sowie Vorträge zur Kundenerwartung ergänzten das Programm. Das IfGB/die VLB Berlin war mit Wiebke Künnemann, Dr. Diedrich Harms und Johannes Fuchs vertreten. Letzterer präsentierte ein Poster zur Thermodesorption (TD) in Kombination mit Gaschromatographie und Massenspektrometer. Außerdem bereicherte Fuchs die Break-out Session Spezialanalytik mit einem Vortrag mit Anwen-

dungsbeispielen zu dieser Methode. TD wird u.a. angewandt zur Qualitätsbeurteilung von Spirituosen und deren Rohstoffen. Die WDSC war erneut durch einen internationalen und interdisziplinären Austausch geprägt. Mehr technischtechnologische Präsentationen wären eine Bereicherung. Die Craft-Distilling-Bewegung bringt neuen Schwung auch in die Welt der Großen. Kleine und mittelständische waren allerdings nur vereinzelt vertreten. So war es auch in diesem Jahr eine Leistungsschau internationaler Universitäten und Forschungsinstitute und eine Veranstaltung für die Großen wie Diageo, Pernod Ricard, Beam-Suntory und Bacardi. Zwei spannende Exkursionen sowie drei beeindruckende Abendevents rundeten die Konferenz ab. „Wir haben mit internationalen Experten anregend diskutiert“, zeigten sich Harms und Fuchs begeistert: „Außerdem konnten wir Vorgespräche zu Kooperationen im Bereich Spezialanalytik führen.“ „Obendrein ergaben sich Gespräche über Schulungsmöglichkeiten und wir haben Teilnehmer fürs 12. IfGB-Forum gewinnen können“, ergänzt Wiebke Künnemann.


Nachrichten aus dem Institut für Gärungsgewerbe und Biotechnologie zu Berlin   IfGB-Forum

Aromen, Gin und Craft Distilling – IfGB-Forum mit Teilnehmerrekord Gastgeber des 12. IfGB-Forums am 7. und 8. Oktober in Leipzig war die Bell Flavors & Fragrances GmbH. Entsprechend widmete sich ein Themenblock den Aromen. Weitere Schwerpunkte waren Gin und Craft Distilling, Nachhaltigkeit und Marketing. Mit mehr als 120 Teilnehmern von Spirituosenherstellern, Brennern, der Zulieferbranche sowie Branchenverbänden und Ministerien und einer ausgebuchten Fachausstellung überflügelte die diesjährige Veranstaltung bisherige Höchstmarken. (WiK) Am Beginn der PlaMit Unterstützung Spirituosenbranche von nung des diesjährigen Angelika Wiesgen-Pick, von: IfGB-Forums stand die BSI, und Werner Albrecht, facettenreiche KooperaBMEL, durften auch in tion zwischen Volker Lux, diesem Jahr nicht fehlen. Key Account Manager BeBegeistert waren die verage bei Bell Flavors, Teilnehmer auch von der und Dr. Diedrich Harms, Betriebsbesichtigung bei Leiter des Zentral-Laboratoriums der Bell und dem vom Aromenhersteller VLB Berlin. Beide ausgezeichnet in der im Weinhaus Max Enk ausgerichteten Branche vernetzt, öffneten mit ihren Begrüßungsabend. Experten die Türen zu spannenden Am zweiten Tag schlug das Herz der Themen und Referenten rund um Zuhörer besonders für die Gin-Session, Aromen und Grundstoffe. Die Vorträ- wobei der mitreißende Vortrag von ge aus dem Hause Bell betrachteten Christoph Keller, Stählemühle, über die vielfältigen Verwendungen von Monkey 47 besonders gut ankam. Aromen in der Spirituosenbranche, Auch die Beiträge zu Optimierungen gerade auch um Innovationen zu in der Brennerei sowie der Logistik kreieren. RA Sven Ballschmiede, Ge- fanden ihre Zuhörer. schäftsführer des Deutschen Verbands „Wir freuen uns über die hervorrader Aromenindustrie, ging darauf ein, gende Resonanz auf unser 12. IfGBwie in der Öffentlichkeit über Aromen Forum“, sagte VLB-Geschäftsführer Dr. gesprochen wird und wie der Verband Josef Fontaine. „Referenten, Moderareagiert. toren und Teilnehmer glänzten mit Die Übersichtsvorträge zu aktuellen hochkarätigen Diskussionsbeiträgen.“ (wird fortgesetzt) Themen und Herausforderungen der

Hatten nach Leipzig geladen: Raymond (l.) und Michael Heinz, die Geschäftsführer von Bell Flavors & Fragrances

Foto: Bell

Nach Produktion und Laboratorien galt das Interesse der SchimmelBiblio­thek, eine der größten Sammlungen von Büchern über Aromen, ätherische Öle, Pflanzenextrakte, und einheitliche Riechstoffe weltweit

Vorschau: 13. IfGB-Forum am 8. und 9. September 2015

Fotos (2): WiK

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Betriebswirtschaft   VLB-Forum

Herausforderungen des Marktes mit Alternativen und Innovationen begegnen Der erste Tag des 17. VLB-Forums hatte vielseitige und hochspannende Vorträge zu bieten. Deren Schwerpunkte lagen auf den aktuellen und künftigen Herausforderungen am deutschen Biermarkt sowie auf Möglichkeiten für die Getränkehersteller, damit umzugehen. Rund 100 Teilnehmer erhielten Einblicke in die teils innovativen und alternativen Unternehmenspraxen der Referrenten.

Fotos: WiK

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Konzentriert und aufmerksam folgten die zahlreichen Teilnehmer den Referenten des 17. VLB-Forums

Holger Eichele, DBB, Berlin: „Craftbier hat es in Deutschland schon gegeben, als es in den USA noch ein Fremdwort war.“

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(jr) Den Auftakt des 17. VLB-Forums machte Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Berlin, um die Herausforderungen im deutschen Biermarkt darzustellen. Unter dem Motto „Alles neu“ beleuchtete Eichele zunächst die veränderten politischen Rahmenbedingungen für die Brauwirtschaft in Deutschland. Da ging es z.B. um das neue Europaparlament, die neue EU-Kommission mit ihrer neuen Agenda sowie um die neue Bundesregierung. Dass das neue VerbraucherLeitbild aus dem Koalitionsvertrag und die daraus entstandene neue Macht der Verbraucherzentralen ebenso von Bedeutung sind für die Brauwirtschaft wie die neuen Regierungsverhältnisse in den Bundesländern und die neue Gewalt der Medien, verdeutlichte Eichele ebenfalls. Inwiefern es trotz all dieser Neuerungen nicht nur Risiken, sondern auch Chancen für die deutsche Brauwirtschaft gibt, zeigte er im weiteren Verlauf seines Vortrags auf. Beispielsweise erfolgt im Bierhandel eine höhere Wertschöpfung durch gröBrauerei Forum  –  Oktober 2014

ßere Vielfalt. Brauereien erschließen durch die Erweiterung ihrer Sortimente um alkoholfreie Biere, alkoholfreie Radler, sonstige Biermischgetränke und Fassbrausen neue Haushalte und Käuferkreise. Ebenso haben die Akteure der Brauwirtschaft im Rahmen solcher Kampagnen wie der Jugendschutzkampagne „Bier? Sorry. Erst ab 16“ oder der Fahrsicherheitskampagne „Don‘t Drink and Drive“ Gelegenheiten, gesellschaftliche Verantwortung zu zeigen. Auch die jeweilige Region eines Bieres bietet Chancen, denn Regionalität ist bei den Verbrauchern wichtiger denn je. Die Craftbier-Welle, die angeblich gerade als neuer und für manche Brauereien als bedrohlich wirkender Trend über den Atlantik zu uns kommt, lässt Eichele unbeeindruckt. „Craftbier hat es in Deutschland schon gegeben, als es in den USA noch ein Fremdwort war“, so der DBB-Hauptgeschäftsführer. Die wiederentdeckte Liebe zum handwerklich produzierten Bier geht einher mit einer Renaissance des häuslichen Bier-

brauens. Die Verbraucher sind vermehrt an der Braukunst sowie den Rohstoffen interessiert. Dies zeigt sich u.a. darin, dass es Bierbrausets in jeder Preisklasse für zu Hause und etliche Braukurse für interessierte Privatleute gibt. Dass das fast 500 Jahre bestehende deutsche Reinheitsgebot ein noch lebendiger Teil unseres kulturellen Erbes ist, zeigte eine Umfrage des DBB. 85 % der befragten Konsumenten befürworten demnach den Erhalt des Reinheitsgebotes. Dem Brauprozess und seinem Produkt wird also trotz aller politischer Änderungen reges Interesse von Seiten der Verbraucher entgegengebracht. So haben Brauereien allerhand Chancen, sowohl Verantwortung als auch Gesicht zu zeigen, in dem sie die Brauer und den Brauprozess für die Endverbraucher sichtbar werden lassen. Jürgen-M. Gottinger, Dr. Wieselhuber & Partner Unternehmensberatung, München, setzte das Programm fort mit seinem Vortrag über Bier im neuen Gewand – Gegen Überproduktion und


Betriebswirtschaft Preisverfall. Er stellte in einem ersten Schritt eine weitere Herausforderung für die Brauwirtschaft heraus: die vergreisende Bevölkerung. Laut einer Bevölkerungsprognose im Prognos Welt Report 2013 werden im Jahr 2035 40 % der Männer älter als 55 Jahre sein. Das sind 10 % mehr als heute. Allerdings geht im Gegensatz zum Weinkonsum der Bierkonsum mit zunehmendem Alter zurück. So wird auch der Pro-KopfVerbrauch von Bier in Deutschland bis 2025 nach Schätzung von Dr. Wieselhuber & Partner auf ca. 75 l zurückgehen. Durch diese Entwicklung kommt es zu einer Überkapazität, die heute schon bei ca. 30 % liegt. Damit einher geht ein Kapazitätsdruck, der sich im Preiskampf äußert. Hierbei spielen niedrige Aktionspreise eine immer größere Rolle. Durch den steigenden Aktionsanteil wurden bereits millionenfach Gewinne vernichtet. Im nächsten Schritt veranschaulichte Gottinger verschiedene Strategien, die Bierhersteller vor diesem Hintergrund fahren können (Abb. 1). Dabei beleuchtete er sowohl die Chancen als auch die Risiken der unterschiedlichen Herangehensweisen. Bei der auf Kooperation und Wachstum ausgerichteten „Buy and Build“-Strategie werden z.B. konkurrierende Marken und/ oder Spezialmarken übernommen. Im Vergleich dazu wird bei der „Wertschöpfungsverbund“-Strategie zwar auch eine Kooperation angestrebt, aber kein Wachstum, stattdessen eine Stabilisierung. Bei dieser Strategie finden keine Übernahmen statt, sondern lediglich kostensenkende Kooperationen in einzelnen Bereichen wie Einkauf, Logistik oder Leistungen. Eine stille Kooperation wird zudem gewollt nicht publikumswirksam durchgeführt. Außerden erläuterte Gottinger

Große und kleine Unternehmen können voneinander profitieren. Dr. Sven Bischoff, Geschäftsführer der Privatbrauerei Bischoff, Winnweiler, beleuchtete in seinem Vortrag Synergien zwischen Groß und Klein – Ein neues Modell im herausfordernden Biermarkt. Dabei sprach er aus eigenen Erfahrungen. Denn die pfälzische Privatbrauerei Bischoff arbeitet seit Anfang 2014 eng mit der Großbrauerei Karlsberg aus dem Saarland zusammen. Die Ziele der Kooperation liegen für Bischoff in der Sicherung der Marke Bischoff und der Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit der Brauerei. Außerdem sollen die Kosten in der Produktion, Logistik und Verwaltung reduziert sowie die Produktion besser ausgelastet werden. Karlsberg wiederum möchte durch die Zusammenarbeit Möglichkeiten schaffen, bei Bischoff Spezialitäten und Randprodukte entwickeln zu lassen, und Bischoffs Produktionsanlagen für eigene Marken (z.B. 5-l-Dose) nutzen. Darüberhinaus möchte sich die saarländische Brauerei Synergien am Markt (z.B. ein Außendienstmitarbeiter für zwei Marken) und die Marke Bischoff selbst zunutze machen – zum einen als regionales Produkt in Rheinland-Pfalz zum anderen als Exportmarke. Zunächst wurden Grundprämissen

Abb. 1: Strukturelle Kostensenkung-Ertragsstabilisierung/ Wachstum

© Dr. Wieselhuber & Partner GmbH

Jürgen-M. Gottinger: Man muss Veränderungen mit offenen Armen entgegengehen

weitere Strategien, die sich aus anderen Kombinationsmöglichkeiten aus dem Diagramm (Abb. 1) ergeben, wie z. B. die Kostenführerschaft, die sich vor dem Hintergrund fehlender Nachfrage als äußerst schwierig darstellt. Gottinger endete damit, dass es nicht sinnvoll sei, sich vor Veränderungen zu verschließen und dagegen anrennen zu wollen. Man müsse ihnen mit offenen Armen entgegengehen. Foto: jr

Dr. Sven Bischoff: In dieser Kooperation wird großes beiderseitiges Verständnis und Vertrauen gefordert und auch gelebt

Foto: jr

aufgestellt, unter denen die Zusammenarbeit der beiden Brauereien erfolgen soll. Entsprechend diesen Prämissen konzentriert Bischoff sich fortan als Biermanufaktur auf die Produktion und Abfüllung. Dafür übernimmt die Karlsberg-Gruppe u.a. die Marktbearbeitung, Belieferung der Kunden und Dienstleistungen für Bischoff. Ferner wird die Marke Bischoff nun von Karlsberg weitergeführt und sowohl im Handel als auch in der Gastronomie gefördert. Allerdings bleibt Bischoff dabei zu 100 % im Besitz der Familien Bischoff. Damit die Prämissen rechtlich geregelt umgesetzt werden können, wird die Kooperation der beiden Brauereien durch Verträge wie den Kooperationsvertrag, Markennutzungs- und Lizenzvertrag, Dienstleistungsvertrag und dem Lohnbrau- und Abfüllvertrag ausgestaltet. Natürlich birgt solch eine enge Zusammenarbeit auch Risiken besonders für die wesentlich kleinere Brauerei Bischoff. So könnten eine Aushöhlung der Marke Bischoff und die Substitution durch KarlsbergProdukte drohen. Jedoch wartete Dr. Sven Bischoff in seinem Vortrag mit konkreten und überzeugenden Lösungen auf. Das Wichtigste allerdings sei: „Großes beiderseitiges Verständnis und Vertrauen ist gefordert und wird in dieser Kooperation auch gelebt!“ In seinem Vortrag Der GFGH als Leergutmanager berichtete Uwe Heinrich von den Erfahrungen der Trinks GmbH, Brauerei Forum  –  Oktober 2014

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Betriebswirtschaft

Abb. 2: Regelkreis 1

Abb. 3: Regelkreis 2

Goslar, mit der Flaschenfeinsortierung. Der Geschäftsführer der Trinks-Gruppe stellte zunächst sein Unternehmen vor, das über 19 Standorte in ganz Deutschland verfügt. Die Mengenentwicklung der Flaschenfeinsortierung vollzog sich in beachtlichen Schritten. Während im Jahr 2010 in der Testphase 7 Mio. Bierflaschen durch die Flaschenfeinsortierung gingen, waren es 2012 schon 18 Mio. Flaschen. Für 2014 prognostiziert trinks eine Feinsortierung von rund 38 Mio. Flaschen. Trinks ist ein Unternehmen, das sich als Bindeglied zwischen dem Hersteller und seinem Kunden versteht. Durch die Entwicklung zweier Regelkreise soll ein optimales Leerguthandling gelingen. Regelkreis 1 (Abb. 2) bezieht sich auf Trinks und den Kunden. Trinks bietet dem Kunden eine fachgerechte und zeitnahe Leergutentsorgung von Kästen und Flaschen an den einzelnen Verkaufstellen. Als einen wichtigen Aspekt des erfolgreichen Leergutmanagements betonte Heinrich die Etablierung einer einheitlichen Systemlösung für Mehrwegflaschen. Zu dieser gehöre die Entwicklung neutraler Ladungsträgersysteme wie Mehrweg-Trays und -Kästen, die für alle Marktteilnehmer verfügbar sind. Außerdem würde der Regelkreis 1 die Entsorgung von Flaschen des Lebensmitteleinzelhandels über Behälter wie Gemüsekisten, Gitterboxen oder Rollcontainer ausschließen. Als weitere Schritte innerhalb dieses Regelkreises sieht Trinks die Entwicklung weiterer Lösungskonzepte vor, um z.B. auch Bügelflaschen, die bei der

jetzigen Flaschenfeinsortierung noch nicht berücksichtigt werden können, und Flaschen alkoholfreier Getränke in neutralen Ladungsträgern zu entsorgen. Der Regelkreis 2 (Abb. 3) betrifft Trinks und die Hersteller. Trinks versteht sich hier als Logistik-Dienstleister für Hersteller. Das Unternehmen hat das Ziel einer 100 %igen Flaschenfeinsortierung aller Mehrwegbierkästen und der dazugehörigen Flaschen sowie einer 100  %igen Flaschenrückführung an die Hersteller. Die Rückführung der Flaschen findet im Mehrwegmarkenkasten bzw. im Klotzpack statt. Darüberhinaus sind weitere Dienstleistungen wie die Flaschenfeinsortierung externer Mengen möglich. Warum Trinks sich als wichtiges Bindeglied zwischen Hersteller und Kunde versteht, erklärt Heinrich mit den unterschiedlichen Rahmenbedingungen für Hersteller und Kunden. So bietet der Regelkreis 1 Lösungen für das veränderte Verbraucherverhalten (z.B. werden Flaschen nicht mehr unbedingt dort abgegeben, wo sie gekauft wurden, was zu Verschiebungen der Leergutströme führt), den Anstieg der Durchmischungsgrade in den Kästen sowie die in den Verkaufstellen verkleinerten Handlingsflächen für Mehrwegladungsträger. Im Regelkreis 2 kann Trinks darauf eingehen, dass die Individualisierung von Flaschentypen und die Vermarktung von Einzelflaschen in Multipacks zunehmen. Außerdem kann Trinks der Belastung der Hersteller durch die ansteigenden Durchmischungsgrade im Leergut entgegenwirken. Um das Leergutmanagement im Allgemeinen und die Flaschenfeinsortierung im Besonderen erfolgreich umsetzen zu können, hat Trinks folgende Maßnahmen ergriffen: Zum einen wurden passende Rahmenbedingungen

in den Niederlassungen hinsichtlich der Verwaltung, des Personals, der Flächen und der Technik geschaffen. So kann die Dienstleistung flächendeckend an allen 19 Standorten der Trinks Gruppe durchgeführt werden. „Es wird kein Leerguttourismus mehr von A nach B gemacht“, so Heinrich. Das heißt, dass jeder Standort qualitativ gleich hochwertig sortiert und der Transport von Leergut zu anderen Standorten vermieden werden kann. Zum anderen werden die Sortierkonzepte in modularer und somit Flexibilität bringender Bauweise in den einzelnen Niederlassungen ständig weiterentwickelt. Nicht zuletzt gelingt die Flaschenfeinsortierung auch durch die Realisierung unterschiedlicher Methoden (manuell, mechanisch, teilautomatisch bis vollautomatisch). Um als Dienstleister sowohl für die Hersteller als auch für die Kunden attraktiv zu bleiben, müssen die Preise niedrig gehalten werden, denn „wir schürfen kein Gold, sondern wir sortieren Leergut“, so der Trinks-Geschäftsführer. Dass ein Unternehmen trotz aller Normenbrüche im betriebswirtschaftlichen Bereich erfolgreich sein kann, weiß Uwe Lübbermann guten Gewissens zu berichten. Der Gründer von Premium-Cola stellte auf unkonventionelle Weise sein Vorhaben vor, das inzwischen das Projekt eines ganzen Kollektivs geworden ist. In seinem Vortrag Premium-Cola – ein Unternehmensmodell der Zukunft? verriet Lübbermann, wie sich der Getränkehersteller mit Grundsätzen wie „Kein Gewinn“, „Anti-Mengenrabatt“ und „Werbeverzicht“ etablieren konnte. Ein wesentlicher Aspekt in diesem System ist die Kommunikation im Kollektiv, das gemeinsam den Erfolg des Unternehmens trägt. Wer bildet nun dieses Kollektiv? Im „Premium-Modell“ gehören

Gute Stimmung auf dem Podium beim 17. VLB-Forum in Berlin

Foto: jr

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Brauerei Forum  –  Oktober 2014


Betriebswirtschaft alle, die am Produkt beteiligt sind, zum Kollektiv. Dazu zählen z. B. die Hersteller, Gastronomen, Groß- und Einzelhändler, Spediteure sowie die Kunden. Das Kollektiv hat die Möglichkeit und wird auch dazu aufgefordert, mitzureden. Die Ziele des Unternehmens werden gemeinsam festgelegt, indem die Themen eingegeben und diskutiert werden. Dann wird ein Beschluss vorgeschlagen, über den schließlich gleichberechtigt abgestimmt wird mit Hilfe einer fünfgradigen Skala, die von 1. „voll einverstanden“ bis 5. „Veto“ reicht. Wird ein Beschluss nicht angenommen, beginnt der Prozess von vorn mit neuen Diskussionen. Entsprechend der basisdemokratischen Entscheidungsfindung beansprucht die Zentrale mit Uwe Lübbermann in der Mitte keine Führungsrolle. Gleichwertigkeit steht bei Premium-Cola mit an oberster Stelle. Natürlich gehören Meinungsverschiedenheiten und Missverständnisse zur Praxis. Um Eskalationen oder notwendige Entscheidungen über die Köpfe anderer Kollektivisten hinweg zu vermeiden und die gelebte Konsens­ demokratie aufrechtzuerhalten, wenden Lübbermann und sein Team spezielle selbstentwickelte Moderationstechniken an, die für ein gutes Klima im Premium-Kollektiv sorgen und für eine hohe Konfliktkompetenz stehen. Dass diese praktizierte Konsensdemokratie mit ihren Moderationstechniken auch für andere Unternehmen interessant ist, zeigen zahlreiche Workshops und Vorträge, in denen Uwe Lübbermann sein Wissen und seine Erfahrungen vermittelt. Er hat bereits anderen alternativen Getränkeherstellern bei der Gründung geholfen. Wo andere Konkurrenten sehen, sieht Lübbermann Partner, sofern diese nach den gleichen Grundsätzen handeln wie Premium, denn „miteinander kommt man weiter als gegeneinander“, so der Premium-Gründer. Dass diese Einstellung nicht so falsch sein kann, beweist der Erfolg von Premium. Nach 11 470 verkauften Kästen im Jahr 2008, folgten 2009 16 167 verkaufte Kästen. Im letzten Jahr lag die Zahl inzwischen bei 25 787 Kästen. Trotz enormer Nachfrage bleibt Premium seinen Prinzipien treu. So werden z.B. keine Getränke weiter als 600 km geliefert, weil Premium dann nicht mehr den CO2-Fußabdruck vertreten könnte. Es bekommen nicht etwa die Großhändler Rabatt, die größere Mengen bei Premium bestellen, sondern kleine und neu einsteigende Händler. Mit dem Anti-Mengenrabatt will der Hersteller zum einen kleine Händler unterstützen und zum anderen der sich immer weiterentwickelnden Anbieterkonzentration am Markt ent-

gegenwirken. So gibt es viele weitere (noch) sehr untypische, aber im Grunde erstrebenswert klingende Grundsätze, nach denen Premium geführt wird. Und anstatt Kapital aus dem Unternehmen schlagen zu wollen, setzen sich die Leute von Premium Ziele wie „davon leben können“, „viele Freiheiten haben“, „Erfüllung finden“, „Ideen verbreiten“. Lübbermanns lebendiger Vortrag und die großen Ideen, mit denen Premium geführt und weiterentwickelt wird, stießen beim Publikum auf große Begeisterung. Sehr großes Interesse galt auch dem amerikanischen Craftbrauer Greg Koch, zu dessen englischen Vortrag An American Craft Brewer in Germany sogar Teilnehmer der parallel laufenden Technischen Veranstaltung stießen. Der Mitgründer und CEO der Stone Brewing Company aus Escondido, Kalifornien, USA, sagte gleich zu Beginn, dass er, anstatt eines Vortrages zu halten, lieber ein Gespräch mit den anwesenden Experten führen wolle. So ergab sich eine lebendige Konversation zwischen dem Publikum und Koch, der in der Bierbranche als vielversprechender Shootingstar gehandelt wird. Zusammen mit Steve Wagner gründete er 1996 die Stone Brewing Company, die sich seit 2013 mit einem Jahresausstoß von ca. 250 000 hl zu den Top 10 der Craftbrauereien Amerikas zählen darf. Und nun will Stone als erste amerikanische Brauerei den großen Schritt von San Diego nach Europa wagen. Im Sommer dieses Jahres gingen die Unternehmensgründer mit ihren Plänen einer Stone Brauerei in Berlin-Marienfelde, eine Investition von rund 25 Mio. US-$, an die Öffentlichkeit (BF 8/14). So durfte Koch beim VLB-Forum auch gleich erklären, warum er sich gerade Berlin als neue europäische Produktions- und Distributionsstätte ausgesucht hat. Stone Brewing, erklärte Koch, brauchte einen Ort, der groß genug ist. Schließlich solle an dem neuen Standort nicht nur gebraut und abgefüllt werden. Stone plane neben der Brauerei auch ein Restaurant mit Biergarten und ein Ladengeschäft zu betreiben – wie es bereits in Escondido erfolgreich geschieht. Das Areal in Marienfelde verfügt über eine knapp 4000 m² große Haupthalle, ein zweites fast 2000 m² großes Gebäude und ein weiteres Haus von 120 m² Fläche. Damit biete der Komplex genügend Platz für alle Vorhaben. Ein weiteres Kriterium für Koch und Wagner war, dass der neue Standort auf einem historischen Grundstück entstehen solle. Auch dies ist in Berlin gegeben, denn das um 1900 in imposanter Backsteinarchitektur bebaute Gelände beheimatete ein Werk

Foto: jr

des Berliner Gasversorgers GASAG. Auch ein altes Gasometer ist auf dem Grundstück zu finden. Greg Koch erzählte, dass sie sich auch andere Plätze in Europa angeschaut hätten, doch das Gelände und die Bauwerke in Berlin-Marienfelde schienen perfekt. Außerdem mag Koch Berlin. Die Idee, sich von San Diego nach Berlin zu erweitern, gefiel ihm. Eine Frage, die sich der amerikanische Brauer sicher oft anhören darf, galt natürlich dem deutschen Reinheitsgebot. Kochs Einstellung hierzu ist eindeutig. Viel zu streng sei dieses Gebot und überhaupt werde es völlig falsch verstanden. Ursprünglich sei es 1516 lediglich aus steuerrechtlichen Gründen eingeführt worden und es habe eigentlich gar nichts mit Reinheit zu tun, so seine Interpretation. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts werde es lediglich als eine Art Marketingbegriff verwendet. Stone Brewing stelle übrigens den Großteil ihrer Biere auch nach dem Reinheitsgebot her, jedoch verwende sie viel mehr Hopfen und Malz. Dadurch entstünden die kräftigen Aromen. Es falle vielen deutschen Brauern jedoch schwer, das zu glauben, so Koch. (wird fortgesetzt)

Greg Koch: You wil never ever ever ever ever see a beer mix from Stone

Juli 2014: Präsentation der neuen Stone-Pläne in Berlin-Marienfelde

Foto: Stone Brewing

Brauerei Forum  –  Oktober 2014

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Betriebswirtschaft   Brau-Börsen-Bilanz international

Fußball-WM beschert Heineken Absatzplus Die Gruppe um die Heineken NV Amsterdam hat ihren Gesamtabsatz im 1. Halbjahr 2014 auf 113,1 (111,1) Mio. hl ausweiten können. Dabei entfielen 96,6 (94,2) Mio. hl auf Bier (vergleichbar +3,1 %), 11,9 (12,0) Mio. hl auf sonstige Getränke und Lizenzen und 4,6 (4,9) Mio. hl auf Handelswaren. 11,8 (11,4) Mio. hl vom Gruppen-Gesamtabsatz flossen entsprechend den Amsterdam-Beteiligungsquoten aus Beteiligungen und Gemeinschafts­ unternehmen zu. Freude machten Wetter wie Fußball-WM. Beim Gesamtabsatz legte Amerika zu auf 30,1 (28,7) Mio. hl bei höheren Marktanteilen in WM-Land Brasilien (wo Amsterdam klein zweistellig zugewann) wie in den Staaten (Sales-to-wholesalers dort +2 %), indes Mexiko marktkonform klein einstellig stieg. Afrika/Nahost kam voran auf 18,3 (17,1) Mio. hl unter Marktanteilsgewinn in Nigeria. 11,5 (11,2) Mio. hl brachten Asien/Pazifik (Marktanteilsgewinn in Vietnam mit „Tiger“). Auch Westeu­ropa lag im Plus auf 28,7 (28,5) Mio. hl: Amsterdam gewann Markt­ anteile in Frankreich, am Heimatmarkt und in Spanien. Groß­britannien legte mit mittel einstelligem Plus zu auch dank Handel und Fußball-WM. Allein Mittel- und Ost­e uropa gab ab, –4,2 % auf 24,4 (25,4) Mio. hl: Russland brach klein zweistellig ein unter Marktanteilsverlust bei allerdings verbessertem Sortimentsmix, so kommt dort neu das einst von Binding vorangebrachte „Krušovice“. Schwach auch Rumänien und leichter Griechenland, indes Österreich im Mittel einstelligen Bereich zugewann dank solidem Plus bei „Gösser“ und „Zipfer“. International legte die Marke „Heineken“ im Premium­ segment (außerhalb der Niederlande) +6,6 (–2,7) % zu auf 14,2 Mio. hl. „Desperados“, „Affligem“ und „Sol“ hätten zweistellig zugelegt, die Cider insgesamt im mittleren einstelligen Bereich. Amsterdam führt aktuell ihre Weltmarken „Desperados“ und „Affligem“ als

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Brauerei Forum  –  Oktober 2014

Super-Premium, „Heineken“, „Sol“ und „Strongbow“-Cider als Premium und sortiert ihre weiteren Marken darunter nach „erschwinglichem Premium“ und Konsumbier. Der konsolidierte Amsterdam-Absatz, der zum Konzernumsatz passt, verbesserte sich auf 101,3 (99,7) Mio. hl, davon 88,1 (85,9) Mio. hl Bier (–0,5 Mio. hl aus Verkäufen, +2,7 Mio. hl vergleichbar).

beide Amerika kräftig zulegten auf 0,34 (0,28) Mrd. €, wofür Mexiko und Brasilien herausgestellt wurden. Asien/ Pazifik standen für 0,16 (0,17) Mrd. €. Mittel- und Osteu­ropa erwirtschaftete nur mehr 0,10 (0,19) Mrd. €. Inkl. 0,06 (0,07) Mrd. € Beteiligungserträgen zeigte Heineken 1,29 (1,295) Mrd. € EBIT. Es enthielt –0,22 (–0,11) Mrd. € Einmalaufwand (2014 vornehmlich durch Abschreibung immaterieller Behaupteter Halbjahresgewinn Werte aus Firmenkäufen und RestrukDer Konzernumsatz von IFRS-Bilanzie- turierungen in Westeuropa und Nigererin Heineken tendierte im 1. Halb- ria). Das Zins­ergebnis verbesserte sich jahr 2014 netto –0,9 % leichter auf dank rückläufiger Sollzinsen auf –0,25 9,27 (9,35) Mrd. €. Auf (–0,29) Mrd. € Aufwand. vergleichbarer Basis Vor Ertragsteuern verstieg er solide +4,8 % diente Amsterdam Heute in der (+3,0 Punkte Absatz 1,05 (1,01) Mrd. € und Brau-Börsen-Bilanz und +1,8 Punkte hlschloss mit 0,721 (0,734) Umsatz), die WährungsMrd. € Halbjahres­ • ABI umrechnung kompenüberschuss, von denen • Boston Beer sierte weitgehend mit 0,631 (0,639) Mrd. € auf • Carlsberg –4,0 %punkten (vordie NV-Aktionäre ent• Diageo nehmlich Russland, fielen. Im Halbjahres• Karlsberg Nigeria, Brasilien und gewinn 2014 wurden • Veltins u.a. Mexiko) und Verändewie gesehen deutlich rungen im Konsolidiehöhere Einmal­effekte rungskreis standen für verarbeitet als 2013. –1,6 %punkte (Hartwall in Finnland). Amsterdam freute sich denn auch Aus Innovationen wurden 0,68 Mrd. € über ein sehr gutes 1. Halbjahr 2014. erlöst: Innovationen sind dabei neue Als Zwischen­dividende flossen 0,36 €/ Getränkekategorien eingeführt in den Aktie (nominal à 1,60 €) gleich 40 % der vergangenen zehn Jahren, neue Mar- Gesamtdividende für 2013. Direkt im ken in den vergangenen fünf Jahren Eigenkapital gebucht wurden +0,08 und andere Novitäten (ohne Verpa- (–0,11) Mrd. € Mehrung (Vorhalbjahr: ckungen) in den vergangenen drei Jah- Minderung): 2014 wurden Mehrungen ren. Westeuropa legte beim Umsatz zu aus der Bilanzumrechnung von Fremdauf 3,65 (3,60) Mrd. €. Auch Afrika/Nah- währungstöchtern geschmälert durch ost kamen voran auf 1,29 (1,28) Mrd. aktuarische Verluste im Pensionsbe€. Beide Amerika zeigten sich stabil reich, im Vorjahr Minderungen aus den bei 2,21 Mrd. €: In Brasilien legte der Wechselkursen teilkompensiert durch hl-Umsatz zweistellig zu. Rückläu- aktuarische Gewinne. fig tendierten Asien/Pazifik auf 0,93 (0,98) Mrd. €. Mittel- und Osteu­ropa lag Sachinvest 2014 etwas über Vorjahr schwach bei 1,43 (1,53) Mrd. €. Ohne erwartet regionale Zuordnung verblieben –0,24 Die Heineken-Konzernbilanz zeigte (–0,23) Mrd. €. Der Materialaufwand sich zum Juniultimo 2014 ggü. Jahsank –2,7 % auf 5,79 (5,96) Mrd. €, auch resende 2013 etwas länger auf 33,9 der Personalaufwand ging etwas zu- (33,3) Mrd. €. Auf der Aktivseite stieg rück. Das Betriebsergebnis verbesserte vornehmlich das Umlaufvermögen sich auf 1,24 (1,22) Mrd. €. Westeuro- leicht, auf der Passivseite erhöhten pa tendierte hier rückläufig auf 0,31 sich die Lieferantenverbindlichkeiten (0,33) Mrd. €, während Afrika/Nahost bei 12,6 (12,4) Mrd. € Eigenkapital (EKauf 0,31 (0,30) Mrd. € vorankam und Quote konstant 37,1 %). Der Mittelzu-


Betriebswirtschaft Konzernabschlüsse Ab InBev, Heineken und Carlsberg im Überblick (umgerechnet in €) 1. Halbjahr 2014 (30.06)

AB InBev

Heineken

Carlsberg

Konzernabschluss nach

IFRS

IFRS

IFRS

Abschlusswährung

US-$

DKK

Halbjahresdurchschnitt Abschlusswährung / €

1,37

7,46

Mio. €

Mio. €

Mio. €

Mio. €

Umsatz netto

16 603

9274

4298

Betriebsergebnis vor Einmaleffekten

5228

1454

544

Betriebsergebnis-Marge vor Einmaleffekten (%)

31,5

15,7

12,6

Einmaleffekte

–77

–217

Finanzergebnis

–735

–246

–96

8

55

(im Betriebsergebnis)

Ertragsteuern

–776

–325

–108

Konzernhalbjahresüberschuss

3647

721

323

22

7,8

7,5

Beteiligungsergebnis

Umsatzrendite (%) inkl. Einmaleffekte

–17

Sonstige erfolgsneutrale Eigenkapitalveränderung

633

78

–285

Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit

3437

1123

385

Cashflow aus Investitionstätigkeit

–5436

–553

–299

davon Betriebsinvest netto

–1150

–552

–295

Cashflow aus Finanzierungstätigkeit

882

–1062

–76

Halbjahresultimo Abschlusswährung / €

1,37

7,46

Mio. € Bilanzsumme

109 753

33 866

20 559

Immaterielle Vermögenswerte in den Aktiva

77 498

16 022

12 104

6220

825

457

41 918

12 572

9389

38,2

37,1

45,7

ca. 155 000

über 81 000

über 45 000

Konsolidierter Getränkeabsatz

225,0

101,3

Konsolidierter Bierabsatz

200,8

88,1

Liquidität in den Aktiva Eigenkapital in den Passiva Eigenkapitalquote (%) Mitarbeiter Allgemeine Angabe Mio. hl

Getränkeabsatz pro rata (Beteiligungen nach Quote)

72,4

Bierabsatz pro rata (Beteiligungen nach Quote)

62,0

Gruppenbierabsatz (unkonsolidiert) fluss aus betrieblicher Tätigkeit stieg im 1. Halbjahr 2014 auf 1,12 (0,72) Mrd. €, wobei der Anstieg vornehmlich mit der Ausweitung der Lieferantenschulden korrespondierte. Im Investitionsbereich flossen –0,55 (–0,35) Mrd. € ab, wobei im 1. Halbjahr 2013 +0,24 Mrd. € aus Beteiligungsverkäufen zuflossen. In Sachen und immaterielle Werte gingen konstant –0,57 Mrd. € betrieblicher Bruttoinvest. Im Finan­ z­ierungsbereich flossen –1,06 (–0,78) Mrd. € ab in Gewinnausschüttung, Aufstockung von Beteiligungsquoten und 2014 substantiell in Schuldentilgung. Angesichts gemischter Aussichten

96,6 ging Heineken aus Sicht August 2014 von gedämpfterem Umsatz- wie Gewinnwachstum im 2. Halbjahr aus, das gleichwohl „gesund“ ausfallen werde dank Markenportfolio, regionaler Aufstellung und Kostenkontrolle. Mehrabsatz soll vornehmlich aus Afrika/Nahost, Asien/Pazifik und Amerika kommen. Auch im Gesamtjahr werde der Umsatz dabei durch die Wechselkurse gedrückt. Und in Sachanlagen will Amsterdam heuer ca. 1,5 (1,4) Mrd. € investieren. Verkauft hat Heineken das Mexiko-Verpackungsgeschäft Empaque der Femsa (495 Mio. € Umsatz 2013 mit Getränke­dosen,

67,7

Kronenkorken, Aluverschlüssen und Flaschen, weitgehend konzernintern) an die Crown Holdings Inc für eine Gesamtbewertung inkl. Schulden von 1,225 Mrd. US-$. Empaque werde über langfristige Lieferverträge dem Amsterdam-Mexikogeschäft als strategischer Schlüsselzulieferer verbunden bleiben. Carlsberg überkompensiert im 1. Halbjahr 2014 Osteuropa-Minus In der Gruppe um die Carlsberg A/S, Kopenhagen, stellte sich der Bierabsatz im 1. Halbjahr 2014 auf 67,7 (69,8) Mio. hl, an sonstigen Getränken wurden Brauerei Forum  –  Oktober 2014

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Betriebswirtschaft 11,2 (10,6) Mio. hl verkauft. Eingeschränkt auf die Beteiligungsquoten an ihren Gruppengesellschaften verkaufte Kopenhagen 62,0 (60,1) Mio. hl Bier und 10,4 (9,7) Mio. hl sonstige Getränke. Die 3 % Bierplus kamen dabei mit 6 %punkten aus Zukäufen und dort vornehmlich von Chongqing aus China, indes der konsolidierte Absatz auf vergleichbarer Basis –3 % nachgab, wofür hauptsächlich Osteuropa namhaft gemacht wurde. Regional sprang Asien durch Zukäufe, vornehmlich Chongqing, +21 % auf 17,8 (14,7) Mio. hl, ging indes auf vergleichbarer Basis –2 %punkte zurück. Westeuropa legte zu auf 24,7 (23,5) Mio. hl bei insgesamt konstantem Marktanteil: Hier freute sich das Elefantentor über Bierplus in Frankreich (+25 % auch wegen des nach Biersteuererhöhung schwachen Vergleichszeitraums), Großbritannien, Polen und Deutschland und über die Fußball-WM. Zur heurigen 350. Jubelfeier der Marke „Kronenbourg“ wurden für die Brasseries Kronenbourg 30 % Marktanteil im Hexagon bei 7 Mio. hl Bierausstoß („Kronenbourg 1664“, „Grimbergen“, „Carlsberg“ oder „Skøll Tuborg“) und 932 Mio. € Umsatz 2013 genannt. Osteuropa brach –11 % ein auf 19,5 (21,9) Mio. hl: Während der russische Gesamtmarkt ca. –6 bis –7 % enger geworden sei, ging der Kopenhagen-Absatz (shipments) um –11 % zurück und der Marktanteil mengenmäßig auf 37,4 (38,6) %, allerdings vornehmlich bei Konsumbier, weshalb das Quotenminus wertmäßig deutlich niedriger ausgefallen sei. Die Marke „Carlsberg“ tendierte in ihren Premiummärkten +3 % fester und „Tuborg“ sprang im 2. Quartal +26 %, jeweils dank Indien und China. Der durstige Mann ist in Indien die aktuell größte internationale Premium­ marke. Für „Somersby“-Cider wurden +48 % und für „Grimbergen“ +39 % genannt. Umsatzplus und Gewinn Der Konzern um IFRS-Bilanziererin Carlsberg hat im 1. Halbjahr 2014 mit über 45 000 Beschäftigten netto 32,1 (31,8) Mrd. DKK umgesetzt. (1 € galt zum Juniultimo 7,46 Dänenkronen.) Hinter 1 % Erlösplus standen je 4 %punkte Mehrumsatz aus Zukäufen und auf vergleichbarer Basis (dort +5 %punkte Preis/Sortimentsmix), die durch –7 %punkte aus der Währungsumrechnung fast wieder nivelliert wurden. Asien war für einen Umsatzsprung auf

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5,9 (4,7) Mrd. DKK gut (+27 %, davon +26 %punkte Zukäufe, +9 %punkte vergleichbar und –8 %punkte Wechselkurse). Westeuropa erlöste 18,6 (17,9) Mrd. DKK. Osteuropa brach ein auf 7,5 (9,1) Mrd. DKK (–2 %punkte vergleichbar dank +8 %punkten Preis/ Sortimentsmix, aber –16 %punkte aus der Währungsumrechnung vornehmlich von Hrywna und Rubel). Während die Umsatzkosten leicht zurückgingen auf 16,2 (16,3) Mrd. DKK, stiegen Vertriebs- und Marketingaufwand auf 9,5 (9,3) Mrd. DKK und Verwaltungsaufwand auf 2,6 (2,3) Mrd. DKK. Der Betriebsgewinn vor Einmal­effekten belief sich auf 4,05 (4,03) Mrd. DKK. Aus Getränken kamen 4,12 (4,11) Mrd. DKK gleich kons­ tant 12,9 % Umsatzmarge auf dieser Ebene. West­europa erwirtschaftete davon 2,31 (2,12) Mrd. DKK (12,4 nach 11,9 %), Asien 1,04 (0,96) Mrd. DKK (17,5 nach 20,5 % infolge Markt- und Markeninvest) und Osteuropa 1,51 (1,69) Mrd. DKK, wo indes eine kräftige Margenausweitung auf 20,2 nach 18,5 % zu sehen war. Ohne regionale Zuordnung verblieben gut (knapp) –0,7 Mrd. DKK zentraler Aufwand. Einmaleffekte saldierten sich zu –0,12 (–0,13) Mrd. DKK Aufwand vornehmlich aus der Geschäftsstandardisierung in Westeuropa (konstant –0,06 Mrd. DKK) und Umstrukturierungen bei der norwegischen Ringnes (–0,03 nach –0,05 Mrd. DKK) sowie Kronenbourg und Baltika. Das Finanzergebnis verbesserte sich auf –0,71 (–0,76) Mrd. DKK Aufwand. Vor Ertragsteuern verdiente Kopenhagen 3,22 (3,14) Mrd. DKK, danach waren es 2,41 (2,38) Mrd. DKK Halbjahresgewinn, von dem gut (knapp) 2,14 Mrd. DKK den A/S-Aktionären zuzurechnen waren. Direkt im Eigenkapital gebucht wurden –2,13 (–3,34) Mrd. DKK Minderung, weitgehend aus der Bilanzumrechnung von Fremdwährungstöchtern. Gedämpfte Erwartungen Die Carlsberg-Bilanzsumme längte sich zum 30. Juni 2014 ggü. Vorjahresultimo auf 153 (150) Mrd. DKK. Auch hier war auf der Aktivseite mehr Umlaufvermögen zu sehen. Passivisch stiegen die Kreditverbindlichkeiten auf 41,1 (39,7) Mrd. DKK, wobei kurzfristige (1,9 nach 9,4 Mrd. DKK) auf langfristige umgeschichtet wurden. Auch der Lieferantenkredit erhöhte sich bei 70,0 (71,5) Mrd. DKK Eigenkapital (45,7 nach 47,7 % EK-Quote auch durch Dividendenausschüttung). Der Mittelzufluss aus betrieblicher Tätigkeit zeigte sich im 1. Halbjahr 2014 mit knapp (gut) 2,9 Mrd. DKK wenig verändert. Im Investitionsbereich flossen –2,2 (–2,9) Mrd.

DKK ab. In betriebliche Sachen und Rechte investierte Kopenhagen netto konstant –2,3 Mrd. DKK. Und im Finanzierungsbereich flossen –0,6 (–3,1) Mrd. DKK ab unter +1,2 (–1,5) Mrd. DKK Kreditaufnahme (Vorjahreszeitraum: Tilgung). Angesichts der jüngsten internationalen Entwicklungen und der Aussichten für einige osteuropäische Volkswirtschaften hat Kopenhagen ihre Erwartungen ans Gesamtjahr 2014 gesenkt: Der vergleichbare Betriebsgewinn soll nur mehr mit klein bis mittel einstelligem Prozentsatz steigen (zuvor wurde von hoch einstelligen Zuwächsen ausgegangen) und der angepasste berichtete Jahresüberschuss im mittel bis hoch einstelligen Bereich sinken (nach zuvor noch klein einstellig prognostiziertem Plus auch auf dieser Ebene). Diageo atmet 2013/14 durch Bei der Diageo plc als Spezialistin für Premium-Spirituosen und Stout stellte sich der Gesamtabsatz im Geschäftsjahr 2013/14 (30.6.) –4,9 % auf 156,1 (164,2) Mio. Vergleichseinheiten. 1 Vergleichseinheit steht bei Diageo für 9 l Spirituosen = 45 l Wein= 90 l Bier. Das Biervolumen tendierte 2013/14 auf vergleichbarer Basis –11 % sehr schwach und drückte so den London-Gesamtabsatz, wobei auch „Guinness“ –5 % schwächer tendierte. Regional zeigte sich Bier in Nordamerika –7 % schwach („Guinness“ –6 % vornehmlich beim „Black Lager“), dort belasteten Gastronomie und Wettbewerbsdruck vom Craft Beer. Westeu­ropa lag –5 % schwächer („Guinness“ –4 %). Afrika/ Osteuropa/Türkei brachen –16 % ein („Guinness“ –7 %), wobei das NigeriaGeschäft als „herausfordernd“ bezeichnet wurde – dort litt „Harp Lager“. Asien/Pazifik zeigten sich –1 % leichter und allein Lateinamerika/Karibik +5 % fest. Der Konzernumsatz von IFRS-Bilanziererin Diageo stellte sich 2013/14 –9,2 % auf 10,3 (11,3) Mrd. GBP, nach Abzug von 3,7 (4,0) Mrd. GBP Verbrauchsteuern (!). (Jahresdurchschnittlich galt 1 britisches Pfund 1,20 €.) Aus Veränderungen im Konsolidierungskreis kamen –0,3 Mrd. GBP, aus den Mengen –0,2 Mrd. GBP und aus Preis/Sortimentsmix +0,3 Mrd. GBP. London belasteten 2013/14 vornehmlich die Wechselkurse mit –0,8 Mrd. GBP. Bier stellte sich dabei –7 % auf netto 2,58 (2,78) Mrd. GBP Umsatzanteil (dabei „Guinness“ –5 %). Vergleichbar, also auch wechselkursbereinigt, waren es –3 % (und –1 % bei „Guinness“, dort inkl. +4 %punkten Preis/Sortimentsmix). Regional tendierten Nordamerika –9 % (vergleichbar –5 %), Westeuropa


Betriebswirtschaft –3 %, Afrika/Osteuropa/Türkei –11 % (vergleichbar –5 %), Asien/Pazifik –9 % (vergleichbar +2 %) und auch Latein­ amerika/Karibik –3 % (vergleichbar indes +10 %). Nach Steuern verdiente der Konzern 2013/14 2,18 (2,55) Mrd. GBP. Direkt im Eigenkapital wurden –1,25 (+0,1) Mrd. GBP Minderung (Vorjahr: Mehrung) gebucht, vornehmlich aus der Bilanzumrechnung von Fremdwährungstöchtern. Die London-Bilanzsumme kürzte sich zum 30. Juni 2014 auf 23,0 (25,0) Mrd. GBP bei 7,6 (8,1) Mrd. GBP Eigenkapital. Investiert hat Diageo 2013/14 netto cash 0,56 (0,60) Mrd. GBP in Sachanlagen und Software und 0,53 (0,63) Mrd. GBP in Geschäftsbeteiligungen. Sam hält Expansionstempo hoch Die Boston Beer Co. schließlich hat in den ersten 26 Wochen 2014 mit ihren Marken „Sam Adams“, „Angry Orchard“-Cider und „Twisted Tea“ einen Sprung beim Absatz (depletions) um +28 % auf 2,219 (1,734) Mio. hl hingelegt (bei 1,173 hl = 1 US Barrel Beer). Gleichwohl konnte Boston bei einigen Sorten nicht die Nachfrage decken. Zwar fiel die Zuwachsrate im 2. Quartal 2014 mit +25,2 % auf 1,236 (0,988) Mio. hl niedriger aus als im 1. Quartal (+31,8 %), allerdings lag sie über dem Vorjahresdurchschnitt (+24,4 %) und wurde auf höherer Basis realisiert. Die Nettoumsätze von US GAAP-Bilanziererin Boston stiegen in den ersten 26 Wochen 2014 mit +30,9 % überproportional auf 415 (317) Mio. US-$. Dabei war das 2. Quartal 2014 für +27,7 % auf 232 (181) Mio. US-$ gut, womit es

leicht über dem Durchschnitt 2014 lag (27,4 %), und sich mit +35,2 % im 1. Quartal 2014 verglich. Überproportionale +35,8 % stiegen die Marketingund Vertriebskosten auf 127 (94) Mio. US-$: Neben Mehraufwand für Medienwerbung und Verkaufsförderung schlugen hier höhere Transportkosten zu Buche. Gleichwohl zeigte selbst der 26-Wochen-Überschuss 2014 mit 33,7 (26,6) Mio. US-$ ein Plus von 26,7 %. Damit erwirtschaftete Sam mitten in der Expansion 8,1 (8,4) % Nettoumsatzrendite. Halbjahresbilanz mit Goldrand Die Bilanz längte sich zum 28. Juni 2014 (28. Dezember 2013) unterproportional +20,2 % auf 534 (444) Mio. US-$. Boston schaffte es somit im 1. Halbjahr 2014, sein Vermögen zu 78 (71) % umzuschlagen. Auf der Vermögensseite sprangen vornehmlich die Sachanlagen auf 348 (267) Mio. US-$ bei nur leicht erhöhtem Umlaufvermögen (dort anteilig Tausch von Kasse gegen Forderungen). Auf der Passivseite stieg vornehmlich das Eigenkapital auf 372 (302) Mio. US-$, womit Boston ungeachtet der kräftigen Bilanzverlängerung ihre Eigen­kapitalquote noch auf 69,6 (68,0) % verbessern konnte. Neben einbehaltenen Gewinnen kam der Zuwachs aus einem Anstieg beim zusätzlich eingezahlten Kapital auf 209 (173) Mio. US-$. Beim Fremdkapital erhöhten sich die kurz-

fristigen Lieferantenverbindlichkeiten und Kostenabgrenzungen. Der Anteil der konstant 0,6 Mio. US-$ Bankschulden an der Bilanzsumme lag bei konstant 0,1 % (!). Ihren Mittelzufluss aus Geschäftstätigkeit konnte Boston in den ersten 26 Wochen 2014 auf 38 (18) Mio. US-$ reichlich verdoppeln, wobei 13 Mio. US-$ vom Plus aus dem Zahlungsmittelgegenwert der in diesem Umfang höheren Kostenabgrenzungen kamen. Im Investitionsbereich verdoppelte Boston ihren Nettoinvest knapp auf 88 (45,5) Mio. US-$. Herausgestellt wurde dabei die Umsetzung wesentlicher Investprojekte in der 2. Hälfte des 2. Quartals 2014 und damit zur Spitzenzeit der Biersaison. Im Finanzierungsbereich flossen 32 (–22) Mio. US-$ zu (26 Wochen 2013: ab). War der Vorjahreszeitraum geprägt durch den Rückkauf von Stammaktien Klasse A (–30 Mio. US-$), flossen 2014 +23 (+2) Mio. US-$ aus der Ausübung von Aktienoptionen zu, womit sich ein Teil des EK-Anstiegs erklärt. Boston Beer-Chairman und Gründer Jim Koch unterstrich angesichts dieser Dynamik das Beharren seiner Mitarbeiter auf Brauqualität und Innovation. Ihre Absatzerwartung an 2014 hat Boston aus Sicht Ende Juli 2014 angehoben auf 20 bis 24 % Zuwachs gegenüber 2013 (zuvor 16 bis 20 %) bei landesweit ca. 2 % Preiserhöhungen 2014. 2013 hatte Boston 4,01 Mio. hl abgesetzt. S.W.

Veltins besser als der Markttrend – auch Karlsberg legt zu Die Brauerei C. & A. Veltins meldet fürs 1. Halbjahr 2014 +6,8 % Mehrausstoß. Dabei habe der Juni 2014 auch dank Fußball-WM einen historischen Spitzenausstoß gebracht. Weitere Impulse kamen vom guten Frühjahr und einer anhaltend freundlichen Konsumlaune bei den Verbrauchern. Freude machten das „Veltins Pils“, das im MW-FlaschenSegment +8,5 % zulegte (0,5 l +6 %, 0,33 l +13 %), und das zu Jahresbeginn gestartete „Grevensteiner Original“ als Landbier im Fass und 0,5-lSteinie mit Retro-Etikett (24 Thl): Generalbevollmächtigter Michael Huber stellte die Verbindung von Tradition und Innovation als Erfolgs-

rezept zur sicheren Marktverankerung heraus. Fassbier legte +1,9 % zu auf 228 Thl an über 15 Tsd. Gastropartner sowie Veranstaltungen. Die Biermixes tendierten insgesamt +1,3 % freundlicher („V+“ –1,8 % auf 235 Thl, Radler und dito Alkoholfrei +33 %). „Veltins Fassbrause“ gab –6,3 % ab auf 41 Thl, Meschede will die Bearbeitung des AfG-Segments weiter forcieren. Im 2. Halbjahr entsteht am Grevenstein eine zusätzliche Lager­halle für verzögerungsfreie 24 h Verladung, investiert wird auch in die Abfüllung. Karlsberg Brauerei mit Umsatzsprung im 1. Halbjahr 2014 HGB-Bilanziererin Karlsberg-Brauerei GmbH Homburg, Saarpfalz, zeigt für das 1. Halbjahr 2014 nach vorläu-

figen Zahlen einen Sprung beim Nettoumsatz um ca. +23,5 % auf 86,4 Mio. € (nach 70,1 Mio. € 2013 und 80,0 Mio. € 2012). Die 3 Kernmarken „Karlsberg“, „MiXery“ und „Gründel’s“ seien stark gewachsen und das Auslandsgeschäft (2013 belastet durch die massive Biersteuererhöhung in Frankreich) habe deutlich mehr Umsatz erzielt. Das Halbjahresergebnis 2014 sei trotz hohem Invest ins Markengeschäft, vornehmlich in Produkteinführungen, auf 1,86 (nach 1,75 und 0,08) Mio. € gestiegen. Karlsberg zeigte sich aus Sicht Julimitte zuversichtlich, ihre Prognosen für das Gesamtjahr 2014 zu erreichen, die von 3,0 bis 3,3 Mio. € Jahresüberschuss ausgingen. S.W.

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Markt & Marken   VLB aktuell

Echtes Craft-Brew-Erlebnis in Vielau Brauen wie anno dazumal verspricht der zweitägige VLB-Workshop „Real Craft Brewing – Brewing like 1900“. Er wird künftig jährlich in Vielau angeboten, einem Ortsteil von Reinsdorf im westlichen Erzgebirge bei Zwickau. Die dortige Brauerei Vielau sieht zwar aus wie ein Technikmuseum, ist jedoch nach aufwändigen Renovierungen voll funktionsfähig. Wer also Brauen als Handwerk versteht und körperliche Anstrengungen nicht scheut, kann dort authentische Brau­erfahrungen machen.

Abb. 1: Mit der Lizenz zum Brauen: Reiner Gelfort, Jan Biering, Andreas Busse, Petra Lorenz mit ihren Kindern, Karl-Ludwig Rieck, Burghard Meyer und Hans Salisbury (v.l.) Abb. 2: Hauptantriebsmotor mit Transmission Abb. 3: Ein Nudelholz machte den Transmissionsriemen wieder funktionsfähig

„Mit Gunst und Erlaubnis: Ein Gruß vom letzten Meister und Gesellen, drei fremde Bierbrauer und Braumeis­ ter sprechen um Arbeit zu!” Ganz dem Brauchtum verpflichtet, startete der 1. Testlauf des VLB-Workshops in der Brauerei Vielau traditionell. Den Anfang der 2-tägigen Veranstaltung Ende August bildete die überlieferte Begrüßung der fahrenden Braugesellen. Die kleine Erinnerung an die Kulturgeschichte des Handwerks war die perfekte Einstimmung für die kommenden zwei Tage. Standen sie doch stark im Zeichen der Vergangenheit. Diese wurde dann allerdings wieder sehr lebendig angesichts der altertümlichen Brau­technik der Brauerei Vielau… Zum Team der VLB Berlin gehörten Jan Biering und Burghard Meyer. Sie wurden begleitet von Roger Hans Salisbury, University KwaZulu Natal, Pietermarizburg, einem Kursteilnehmer aus Südafrika. Mit von der Partie war auch Karl-Ludwig Rieck, der das von Weyermann gespendete Malz gleich mitgebracht hatte. Hinzu kam Andreas Busse, Einsiedler Brauhaus, als weitere Verstärkung. Er hatte die Brauerei Vielau bereits früher schon ehrenamtlich als Braumeister unterstützt.

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Transmissionsantrieb Am ersten Tag des Workshops standen zwei Hauptaufgaben auf dem Programm: Reinigen und Inspizieren der Anlage sowie das Aufheizen des Einmaischwassers. Hier gab es schon eine erste Herausforderung zu bewältigen. So werden in der Brauerei Vielau sämtliche Pumpen und Anlagen mit Transmissionsriemenantrieb betrieben. Da die Technik weitgehend in Vergessenheit geraten ist, mussten die Teilnehmer zunächst eigene Erfahrungen sammeln. Der Hauptantriebsmotor (Baujahr ca. 1900) muss vor dem Betrieb unter Last zunächst aufgeheizt werden. Nur so kann er stabil laufen. Auch der Betrieb der Pumpen musste teilweise mit recht unkonventionellen Hilfsmitteln „modifiziert“ werden, um die Transmissionsriemen anzupassen. Dabei konnte man feststellen, wofür ein Nudelholz (!) alles gut sein kann. Das Einmaischwasser für den nächsten Morgen wurde ebenfalls schon in der Maischbottichpfanne vorgelegt. Sie wird mit Brennholz und Kohlen direkt befeuert. Hier erwies sich die Erfahrung im Umgang mit Ofenheizung, Lagerfeuer, Feldschmiede und Kamin als güns­tig. So konnten auch am folgenden Tag beizeiten die gewünschten

Temperaturen beim Maischen und der Kochung genau einstellt werden. Zudem musste noch ein Teil des Malzes geschrotet werden. Im Rahmen des Kurses wollten wir es uns nicht nehmen lassen, auch die alte, riemengetriebene Zweiwalzenmühle mit Steinwalzen in Betrieb zu nehmen. Glücklicherweise hatte Karl-Ludwig Rieck das Weyermann-Malz schon vorgeschrotet angeliefert. Daher brauchten nur noch 50 kg geschrotet zu werden. Die Optimierung der Mühle steht auf dem Programm bei unserem nächsten Kurs in Vielau. Nach getaner Arbeit besprachen wir bei Bier und leckerem Essen im Schalander der Brauerei das „Braumanöver“ für den nächsten Tag, bevor der Abend gemütlich ausklang. Erfolg durch Improvisation Am nächsten Morgen begann der Brautag um 5 Uhr mit dem Aufheizen des Brauwassers auf Einmaischtemperatur. Aufgrund der nicht mehr vergleichbaren Malzqualitäten um 1900 mit heutigen Malzen wurde bei 62 °C und einem Hoch-Kurz-Maischverfahren gemaischt. Die Schüttung bestand aus 50 % Pilsener Malz sowie 50 % Münchener Malz Typ 2, um unser „Vielauer Bernstein-Lager“ zu brauen.

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Markt & Marken

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Fotos: Fotos:jb dp

Die nächste Herausforderung bestand im Läutern mit offenem Läuterbottich (handbetriebenes Hackwerk) über einen Läutergrand mit fünf Läuterhähnen. Die Abstimmung der Pumpenleistung zum Zurückpumpen in die Braupfanne erfolgte über Nudelholzjustierung (siehe Abb. 3). Die Nachgüsse erfolgten über Aufspritzen von vorbereitetem Heißwasser aus einem Puffertank. Mit „Pfannevoll“ wurde wieder kräftig Holz nachgelegt, um die Kochtemperatur zu erreichen. Die Hopfendosage wurde auf 30 Bittereinheiten berechnet bei einer abgeschätzten Ausbeute von ca. 20 %. Da für das Ausschlagen auf dem Kühlschiff die Läutergrandpumpe benötigt wurde, diente der Läuterbottich kurzzeitig als Whirlpool. Auf dem Kühlschiff erfolgte noch eine Aromahopfengabe. Bevor es zur Kühlung auf den Berieselungskühler ging, kühlte die Würze im Kühlschiff innerhalb einer Stunde von 80 °C auf ca. 45 °C ab. Anschlie-

ßend war wieder Improvisationstalent gefragt, sollte doch die Würze möglichst ohne Umwege in den Gärtank gepumpt werden, ohne nochmals den Läuterbottich als Puffer- und Anstellgefäß zu nutzen. Dies gelang letztlich mit einer pragmatischen Lösung, bei der diverse Schläuche mit einer Pumpe kombiniert wurden. Dank Jan Biering konnte so vom Berieselungskühler direkt in den Gärbottich zum Anstellen gefahren werden. Wegen der grandiosen Teamarbeit war mit dem Anstellen auch die Hauptarbeit des Brautages getan, da die nicht mehr benötigten Gefäße immer direkt gereinigt wurden. Damit war auch mit dem Anstellen das gesamte Sudzeug fertig. Am Ende des Brautages konnte dann ein jeder erschöpft, aber glücklich den Tag beschließen. Dies geschah mit Vielauer Bier, guten Gesprächen und Erinnerungen an einen erlebnisreichen Brautag. Danke an die Brauereibesitzerin

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Petra Lorenz für ihre große Gastfreundlichkeit und die einmalige familiäre Atmosphäre! Wir freuen uns auf das nächste Brauen in Vielau! Mit Gunst und Erlaubnis, dem Herren Meister sage ich meinen besten Dank und wünsche Glück und Segen in seine Werkstatt! Burghard Meyer Abb.4: Direktbefeuerung der Maischbottichpfanne mit Holz Abb 5: Abmaischen in den Läuterbottich Abb. 6: Detailansicht Läuterbottich mit handbetriebenem Hackwerk Abb. 7: Kühlschiff Abb. 8: Berieselungskühler

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Fotos: Jan Biering

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IMPRESSUM

  Fachliteratur

Brauerei Forum Fachzeitschrift für Brauereien, Mälzereien, Getränkeindustrie und deren Partner Informationsservice der VLB Berlin

Birkner´s Beverage World 2014/15 erschienen Mit der 19. Ausgabe von Birkner´s Beverage World bietet der Verlag wieder einen einzigartigen Zugang zu den Märkten der internationalen Getränkeindustrie.

www.brauerei-forum.de ISSN 0179–2466 Herausgeber Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin (VLB) e.V. Seestraße 13, 13353 Berlin

(F.) Die neue Ausgabe enthält über 21 000 Firmenprofile aus 197 Ländern. Darunter befinden sich Informationen zu mehr als 5400 Brauereien, 5500 Abfüllern von Mineralwässern und Herstellern von Saft und Erfrischungs­getränken. Hinzu kommen 2400 Spirituosenfabriken, 1300 Hopfen- und Rohstofflieferanten, 6200 Zulieferbetriebe und 470 Verbände und Institutionen. Außerdem bietet die 19. Ausgabe zahlreiche Angaben zum Management, zu Dienstleistungen, zu Erzeugnissen und Marken, Maschinen und Kapazitäten sowie Kapital und Umsatz.

Redaktionsanschrift Brauerei Forum Seestrasse 13, D-13353 Berlin Telefon: (030) 4 50 80-245 Telefax: (030) 4 50 80-210 E-Mail: redaktion@brauerei-forum.de Internet: www.brauerei-forum.de Redaktion Olaf Hendel (oh) (verantwortlich) hendel@vlb-berlin.org Juliane Rahl (jr) rahl@vlb-berlin.org Dieter Prokein (dp) prokein@vlb-berlin.org Redaktionsbeirat Dr.-Ing. Josef Fontaine, Wolfgang Kunze (WK), Dr. sc. techn. Hans-J. Manger Autoren in dieser Ausgabe Wiebke Künnemann, Burghard Meyer, Robert Pawelczak, Stefan Wirth Anzeigenkontakt VLB PR- und Verlagsabteilung, Tel. (030) 450 80-255 media@brauerei-forum.de Erscheinungsweise Erscheint mit 10 Ausgaben pro Jahr, zwei davon in Englisch. Erscheinungsdatum BF 10/14 (= Oktober-Ausgabe): 22.10.2014 Bezugskosten / Abonnement Abonnement Inland 95 € inkl. MwSt. Ausland 95 € (zuzüglich Porto) Kündigung des Abonnements jeweils zum Jahresende Abonnements Westkreuz Verlag, Berlin Tel. (030) 7 45 20 47, Fax (030) 745 30 66 abo@brauerei-forum.de Druck und Vertrieb Westkreuz-Druckerei Ahrens KG Berlin/Bonn, Töpchiner Weg 198/200, D-12309 Berlin Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Ver­ vielfältigung oder Weiterverarbeitung, auch auszugsweise, ist nur mit ausdrückli­ cher Genehmigung der Redaktion und Quellenangabe gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Haftung übernommen.

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Das Buch kostet 267 €, zuzüglich MwSt.

Brauer-Schule: Lösungen von Seite 16 Fachfragen 1. b) Helles Weizenmalz 2. c) Das Grünmalz wird mit Milchsäure besprüht 3. d) Spitzmalz kann die Schaumbildung und –haltbarkeit des fertigen Bieres positiv beeinflussen. 4. e) Caramelmalz 5. d) Sie werden beim Abdarren gebildet 6. a) Diastasemalz – Münchener Malz – Melanoidinmalz – Röstmalz 7. c) Einfachzucker und Aminosäuren 8. e) Münchener Malz Fachrechnen 1. Benötigte Sauermalzmenge: 5 % von 1000 t sind 50 t

Mischungsformel für die Malzfarbe:

4,2 EBC =

1000 t • 4,0 EBC + 50 t • 7,0 EBC + x t • 5,0 EBC 1000 t + 50 t + x t

Auflösen der Formel nach x: 4000 t EBC + 350 t EBC + x t • 5,0 EBC 1050 t + x t

| • (1050 t + xt )

4,2 EBC • (1050 t + x t) = 4350 t EBC + x t 4410 t EBC + x t • 4,2 EBC = 4350 t EBC + x t • 5,0 EBC 4410 t EBC – 4350 t EBC + x t • 4,2 EBC = x t • 5,0 EBC 60 t EBC + xt • 4,2 EBC = x t • 5,0 EBC 60 t EBC = x t • 0,8 EBC

| • 5,0 EBC | – 4350 t EBC

4,2 EBC =

60 t EBC 0,8 t EBC

= x t = 75 t

Die gesamte Lieferung Caramelmalz umfasst 75 t.

Brauerei Forum  Forum  –  Oktober 2014 Brauerei

| – x t • 4,2 EBC | : 0,8 EBC


Institutionen & Verbände   GGB

GGB traf sich in Mannheim Am 12. September 2014 fand die 77. Jahresmitgliederversammlung der Gesellschaft für Geschichte des Brauwesens e.V. in der Privatbrauerei Eichbaum statt. Rund 100 Teilnehmer folgten der Einladung nach Mannheim, wo sie neben einer perfekt organisierten Veranstaltung auch ein ansprechendes Rahmenprogramm erlebten. Die herzliche Begrüßung der Teilnehmer übernahm der Geschäftsführende Gesellschafter Jochen Keilbach im ebenso stilvollen wie gemütlichen Bräukeller der Privatbrauerei. Zuvor hatten die aus ganz Deutschland, Dänemark, der Schweiz und Belgien angereisten Mitglieder die Gelegenheit genutzt, die Brauerei zu besichtigen. Sie erkundeten in drei Gruppen unter fachkundiger Führung von Adolf Drüppel, Carsten Lange und Nikolaus Satter die Brauerei, die seit 2010 durch ein erfolgreiches „Management -BuyOut“ (MBO) wieder Privatbrauerei ist. Beim Gang durch die Produktionsbereiche erhielten die Gäste Einblick in die Arbeitsweisen und technischen Anlagen. Dabei war unübersehbar, dass die Brauerei seit der Übernahme durch den jetzigen Eigentümer durch zukunftsweisende Investitionen und eine engagierte Mannschaft wieder sehr erfolgreich am Markt positioniert ist. Die brauhistorisch interessierten Gäste waren beeindruckt von der außergewöhnlich guten Verknüpfung von Geschichte und Zukunftsvision in der Firmenphilosophie der Brauerei. So dient das sogenannte Refugium, in dem Dokumente und Gegenstän-

de aus der Geschichte der Brauerei und des Brauwesens ausgestellt sind, gleichzeitig als Rückzugsort der Geschäftsleitung. In dem alten Sudhaus, mit historischer Technik ansprechend bestückt, werden neue Bierkreationen aus der eigenen Versuchsbrauerei auserlesen angeboten. Mitgliederversammlung Im Anschluss an den Rundgang eröffnete Dr. Wilfried Rinke, 1. Vorsitzender der GGB, die Mitgliederversammlung. In seiner einleitenden Ansprache dankte er der Privatbrauerei Eichbaum für die Einladung und erteilte GGB-Geschäftsführer Klaus Beyer das Wort. Dieser begann seinen Bericht mit persönlichen Erinnerungen aus seiner eigenen beruflichen 33-jährigen Tätigkeit im südwestdeutschen Raum, in der er die Eichbaum-Brauerei als befreundete Brauerei der Region kennengelernt hatte. Besonders hob er darin die immer vorhandene Bereitschaft zum offenen Dialog hervor. Ein spezieller Dank ging dabei an sein Konsemes­ter Adolf Drüppel, den langjährigen ehem. Vorstandsvorsitzenden der EichbaumBrauerei. Im anschließenden Bericht über das Geschäftsjahr 2013 der GGB

ging Kaus Beyer auf die Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft ein sowie die einzelnen Tätigkeitsbereiche, die Schultze-Berndt-Bibliothek, den Mitgliederstand der Gesellschaft und die Veröffentlichung des Jahrbuchs 2014. Sein besonderer Dank ging dabei an die Autoren und die Inserenten des Jahrbuchs, die durch ihr Engagement einen entscheidenden Beitrag zum Erscheinen des Jahrbuchs leisten. Das ausführliche Protokoll der Mitgliederversammlung wird wie üblich im Jahrbuch des folgenden Jahres veröffentlicht. Nach seinem Bericht übergab Klaus Beyer das Wort an Adolf Drüppel, der den Mitgliedern in einem interessanten Vortrag die geschichtliche Entwicklung des Mannheimer Brauwesens und der Eichbaum-Brauerei vom Jahr 1679 bis heute vorstellte. Für den Samstag sah das Rahmenprogramm eine Stadtrundfahrt durch die alte Residenzstadt Mannheim vor. Anlaufpunkte der Fahrt waren hier der Fernsehturm, das Barockschloss, die Asamkirche St. Ignatius und das Technoseum Mannheim. Michaela Knör

Brauerei Forum  –  Oktober 2014

Gär- und Lagertanks auf dem Brauereigelände

Foto links: Altes Sudhaus mit Versuchsbrauerei im Hintergrund Foto unten: Sudhaus

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Unsere nächste Ausgabe erscheint zur BrauBeviale am 11. November 2014

Veranstaltungen VLB-Termine

 5./6. Oktober 2015 102. VLB-Oktobertagung, Berlin

 10. November 2014 3. European MicroBrew Symposium, Nürnberg

Weitere Termine

 17. bis 28. November 2014 Seminar „Update Brauwissen“, Berlin  25. bis 27. November 2014 10. VLB-Seminar für die Brau- und Getränke industrie in Russland / 5. VLB-Seminar für Gast- hausbrauereien in Russland  21./22. Januar 2015 Intensivkurs „Brauen für Nichtbrauer“, Berlin  16. bis 18. März 2015 102. Brau- und maschinentechnische Arbeitstagung, Dresden  22./23. April 2015 VLB-Fachtagung „Track & Trace“, Bamberg  15./16. Juni 2015 International Brewing Conference Bangkok, Thailand  3. Juli 2015 VLB-Sommerfest, Berlin  September 2015 6. Iberoamerikanisches Symposium der VLB, Brasilien

 28. bis 30. Oktober 2014 4th International Young Scientists Symposium on Malting, Brewing and Distilling 2014, Ghent, Belgien  11. bis 13. November 2014 BrauBeviale, Nürnberg  2./3. Dezember 2014 21. Flaschenkellerseminar, Freising-Weihenstephan  9. Februar 2015 12. Rohstoffseminar, Freising-Weihenstephan  10.-12. und 23.-25. Februar 2015 48. Technologisches Seminar, Freising-Weihenstephan  14. bis 17. April 2015 Craft Brewers Conference & BrewExpo America, Portland, Oregon, USA  24. bis 28. Mai 2015 35th EBC Congress, Porto, Portugal

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