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Geriegelter Bergahorn – ein besonders wertvolles Holz

Riegelholz ist durch seinen wellenförmigen Verlauf der Holzfasern sehr dekorativ und gilt als besonders wertvoll, da es in der Natur nur sehr selten vorkommt. In einem Forschungsprojekt rund um den Riegelahorn wurden ausgewählte Klone über Gewebekultur vermehrt und Versuchsflächen angelegt, die später eine Zulassung für den Vertrieb als geprüftes Vermehrungsgut erlauben sollen.

Dr. Cornelia Bäucker, Dr. Heike Liesebach

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Was ist Riegelholz?

Eine Riegelung im Holz entsteht durch wellenförmigen Verlauf der Holzfasern. Im angeschnittenen Holz wird dadurch ein besonderer optischer Effekt erzeugt, der den Eindruck von hellen und dunklen Streifen erweckt (Abb. 1). Derartiges Holz ist äusserst dekorativ und da es sehr selten vorkommt, gilt es als besonders wertvoll. Die geriegelte Holzstruktur ist in den meisten Fällen erst nach dem Holzeinschlag zu erkennen, wobei sie nicht immer über den gesamten Stamm verläuft. Deutlich zu unterscheiden ist sie vom sog. Wimmerwuchs, bei dem die Schwingungsebene der Holzfasern so verläuft, dass von aussen am Baum eine waschbrettartige Struktur gut sichtbar ist. Das Phänomen der Riegelung kommt bei verschiedenen Laubholzarten vor wie z. B. Nussbaum oder Esche, ist aber bei Bergahorn (Acer pseudoplatanus L.) wahrscheinlich am bekanntesten. Verwendung findet der Riegelahorn traditionell im Musikinstrumentenbau, wo das helle, gestreifte Holz für die Fertigung von Böden und Zargen vieler Streichinstrumente, aber auch zum Bau von Saiteninstrumenten genutzt wird. Daher stammt auch der im Englischen verbreitete Name «fiddleback maple». Heutzutage konkurriert die Musikinstrumentenbranche mit der Furnierindustrie um geriegelte Exemplare des Bergahorns, da eine grosse Nachfrage nach Riegelahornfurnier besteht. Daneben ist der exklusive Möbelbau ebenfalls an Riegelahornholz interessiert, da hochpreisige Liebhaberstücke aus Riegelahorn kontinuierlich Absatz finden. Die Ursache für den wellenförmigen Holzfaserverlauf, der zur Riegelung führt, ist immer noch unbekannt. Verschiedene Hypothesen wurden in der Literatur diskutiert, wobei ein genetischer Zusammenhang zu vermuten steht. Der Anteil geriegelter Exemplare in natürlichen Bergahornpopulationen ist unterschiedlich und liegt zwischen 1 bis 5 Prozent. Aufgrund der Seltenheit gibt es in der Forstwirtschaft und in der forstlichen Forschung schon länger Bestrebungen, Riegelahorn vermehrt zu ge

Abb. 1: Teil eines längs aufgeschnittenen (Tangentialschnitt) und geschliffenen Riegelahornstamms. (Bild: G. Naujoks)

Abb. 2: Riegelahorn-Klonvermehrung unter In-vitro-Bedingungen.

(Bilder: C. Bäucker)

winnen. Grundsätzlich bestehen dazu zwei Möglichkeiten: 1. die Vermehrung über Saatgut, wobei dieser Weg nur Erfolgschancen hat, wenn das Merkmal eine genetische Basis hat und vererbt wird; 2. die vegetative Vermehrung über Veredelungen bzw. wurzelecht über Gewebekultur oder Stecklinge.

Forschung im Projektverbund

Einige Vorarbeiten, wie z. B. etablierte Gewebekulturen von einzelnen Klonen, waren an verschiedenen Forschungs- und Versuchseinrichtungen bereits vorhanden, als ein gemeinsames Vorhaben geplant wurde. Es war das Ziel, die Möglichkeiten biotechnologischer Methoden für die Vermehrung von wertvollem Riegelahornmaterial sowie die kommerzielle Produktion geriegelten Bergahornklonen zu erproben wie auch erste Schritte zur Erforschung der Entstehung der Riegelung zu unternehmen. Da die Baumart Bergahorn dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) unterliegt, ist eine kommerzielle Vermehrung von Riegelahornklonen für den Anbau in der Praxis erst nach ihrer Prüfung auf Versuchsflächen und einer Zulassung als geprüftes Vermehrungsgut möglich. Ein Verbundprojekt mit insgesamt fünf Partnern aus Deutschland wurde dann von der Landwirtschaftlichen Rentenbank im Rahmen der Forschung für Innovationen in der Agrarwirtschaft von 2016 bis 2019 gefördert. Neben dem Thünen-Institut für Forstgenetik (Heike Liesebach, Cornelia Bäucker) und dem Thünen-Institut für Holzforschung (Volker Haag) waren das Forschungsinstitut RLP AgroScience GmbH als Koordinator (Michael Wallbraun, Annette Fuchs), die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt NW-FVA (Andreas Meier-Dinkel, Mona Quambusch) sowie als Praxispartner das Institut für Pflanzenkultur e. K. (Imke Hutter, Philipp Rödel) und die Reinhold Hummel GmbH + Co. KG (Sonja Merkle) beteiligt. Für die Suche nach wertvollem Riegelahornmaterial wurden Losverzeichnisse von Holzsubmissionen recherchiert und bei Ausrichtern von Submissionen direkt nach Riegelahorn gefragt. Falls geriegelter Bergahorn zur Versteigerung im Angebot war, wurde versucht, seinen ursprünglichen Standort im Wald zu ermitteln. Gelang dies, wurde überprüft, ob die verbliebene Krone eindeutig zuzuordnen ist. Konnten Stubben und Kronenrest zweifelsfrei ermittelt werden, wurden Kronenreiser geschnitten und per Post zugeschickt. Wenn möglich erfolgte

Abb. 3: Riegelahorn-Klonprüfung als Erstaufforstungsfläche mit vorhergehender Grünlandnutzung. (Bild: C. Bäucker)

auch ein Einzäunen der Riegelahornstubben, damit Stockausschläge vor Wildverbiss geschützt sind. Stockausschläge sind physiologisch teilweise verjüngt, sodass deren Knospen als Startmaterial für die Gewebekultivierung besser geeignet sind als Knospen aus der Baumkrone. Die Nährmedienzusammensetzungen und Kulturbedingungen in der Gewebekultur (Abb. 2) wurden im Projektverlauf gemeinsam mit den Partnern optimiert und umfangreiches Klonmaterial wurde zwischen den Partnern ausgetauscht. Nach der Vermehrung und Bewurzelung in der Gewebekultur wurden die Pflänzchen pikiert und unter Sprühnebel im Gewächshaus weiterkultiviert. Nach der Akklimatisierung in der Baumschule des Instituts konnten sie im Frühjahr 2018 und 2019 auf Versuchsflächen (Abb. 3) gepflanzt werden. Insgesamt vier Versuchsflächen zur Klonprüfung wurden nach einem einheitlichen Design vom ThünenInstitut und der NWFVA angelegt, um später geeignete Klone als geprüftes Vermehrungsgut nach dem Forstvermehrungsgutgesetz

Abb. 4: Ausschnitt eines genetischen Fingerprints für das Marker-Set 2. Die Tetraploidie von Bergahorn zeigt sich deutlich durch das Auftreten von bis zu vier eigenständigen Peaks pro Locus.

(FoVG in Deutschland) zum Vertrieb zulassen zu können. Alle Flächen besitzen ein randomisiertes Blockdesign mit 6 Wiederholungen (Blöcken), wobei jede Parzelle 4 Pflanzen (2 x 2) im Pflanzverband 2 x 2,5 Meter enthält. Zur sicheren Identifizierung aller Klone wurde für die Baumart Bergahorn eine Methode zum genetischen Fingerprint etabliert. Besonders geeignet für diesen Zweck sind sog. Mikrosatellitenmarker, die auch schon für zahlreiche andere Baumarten verwendet werden. Es wurden aus der Literatur bekannte Mikrosatellitenmarker verwendet, die zum Teil speziell für den tetraploiden Bergahorn, aber auch für andere diploide Ahornarten entwickelt wurden. Zur Genotypisierung wurden insgesamt 12 Mikrosatellitenmarker eingesetzt, die kombiniert eine sehr zuverlässige Methode zur Klonidentifizierung ergeben (Abb. 4). Das Verfahren ist vergleichbar mit den in Vaterschaftsgutachten oder in der Gerichtsmedizin verwendeten Methoden.

Ausblick

Bereits während der Projektlaufzeit erhielten die am Projekt beteiligten Institute Anfragen zum Kauf von Riegelahorn von interessierten Waldbesitzern. Da es derzeit aber noch keinen Verkauf gibt, konnten nur einige Riegelahorn-Jungpflanzen, die für die Versuchsflächenanlagen nicht benötigt wurden, zum Testanbau übergeben werden. Im Rahmen des Riegelahorn-Verbundprojekts wurden jedoch alle Voraussetzungen für eine Prüfung und zukünftige Zulassung von Riegelahornklonen nach FoVG sowie den anschliessenden kommerziellen Vertrieb geschaffen. Da erste, sichere Anzeichen einer Riegelstruktur bei Bergahorn frühestens ab einem Baumalter von 12 Jahren auftreten, ist mit einem Zeithorizont von mindestens 15 Jahren zu rechnen, bis Riegelahornklone eine Zulassung nach FoVG als geprüftes Vermehrungsgut erhalten können. Erst danach könnten Pflanzen von Riegelahornklonen kommerziell produziert werden. Hierbei ist eine sichere Identifizierbarkeit der Klone mit einem genetischen Fingerprint gewährleistet. In einem Nachfolgeprojekt sollen weitere Schritte bei der Überführung des Materials in die Praxis geklärt werden. Zudem ist eine Fortsetzung der Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Entstehung und Vererbung der Riegelung geplant.

Unser Dank geht an die Landwirtschaftliche Rentenbank Deutschland für die Projektförderung, an alle Kooperationspartner, an unsere Kollegen und Kolleginnen im Labor und Gewächshaus sowie an zahlreiche Verantwortliche in Baumschulen, im Forstbereich und an beteiligte Waldbesitzer.

Dr. Cornelia Bäucker ist Wissenschaftliche Angestellte im Thünen Institut für Forstgenetik, Waldsieversdorf (Deutschland).

Dr. Heike Liesebach ist Projektleiterin im Thünen Institut für Forstgenetik, Waldsieversdorf (Deutschland)

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch

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