Bündnerwald 2008, Ausgabe 4

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Bündner

Wald

Zertifikate im Wald

Jahrgang 61 | 2008 | 4


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Inhalt

Zertifikate im Wald Editorial ................................................. 4 Zertifizierung im Schweizer Wald ............ 5 Herkunftslabel Graubünden Holz .......... 11 Zertifizierungen in der Wald- und Holzwirtschaft ..................... 13 Warum FSC ? – Die Sicht des WWF ........ 19 Waldzertifizierung in Graubünden und Glarus ................... 24 Naturwaldreservate in Graubünden ...... 27 Biosfera Val Müstair – Parc Naziunal – was bedeutet dieses Label? .................. 32 Holz in der UNESCO-Biosphäre Entlebuch ............... 37 Arbeitssicherheit: Handeln oder wegschauen? ................. 43 Grossraumschutzgebiete – Aufgaben/Chancen für Förster ............. 46

Resgia-Report 04/08 ............................ 48 «Schindel-Kurs» in Untervaz ................ 50 Comic Theo & Heinz ............................. 55 Vereinsmitteilungen .............................. 56 «Vorbildlicher Forstbetrieb 2008» ......... 59 Neuer Geschäftsführer.......................... 61 Waldentwicklung im Schweizerischen Nationalpark ............... 62 Waldföhrensterben um Chur und im Wallis ......................... 70 Baum des Jahres 2008 Der Walnussbaum.................................. 75 Die Geschichte des Inn bei San Batrumieu ................................ 80 Kurse/Tagungen/Veranstaltungen ........ 88 Bücher/Publikationen/Internet ............. 90 Vorschau ............................................. 95

Titelbild: Zertifikate der Natur – ganz nach dem Motto «natürlich kostenlos». Leider scheinen sie für den Menschen aber zu wenig wirkungsvoll. (Bild: Jörg Clavadetscher) Bild Inhaltsverzeichnis: Nachhaltig bewirtschaftete Wälder haben gut lachen. (Bild: Jörg Clavadetscher) Bündner Wald 4/2008 3


Editorial

Zertifikate und Label gibt es viele. Oder sogar zu viele? Was wollen wir eigentlich damit erreichen? Wozu und wem dienen sie? Fragen, die wohl die verschiedensten Antworten offen lassen. Je nach dem, aus welchem Blickwinkel man das Label oder das Zertifikat ansieht, fällt die Antwort auf die gleiche Frage unterschiedlich aus. Als Anbieter möchte ich mir mit einem Zertifikat einen Marktvorteil verschaffen. Damit ich als Konsument das zertifizierte Produkt auch als hochwertiger einschätze als das nicht zertifizierte, welches genau gleich aussieht, muss ich aber auch wissen, was hinter dem Zertifikat steckt. Und dort ist oftmals das Problem. Abseits der Wald- und Holzwirtschaft gibt es viele Label, welche auf den ersten Blick die selben Ziele verfolgen und bestätigen. Erst wenn man die Details vergleicht, werden Unterschiede sichtbar. Mit einigen Wald- und Holzlabel verhält sich das auch so. Und manchmal bezweifle ich, dass die Konsumenten die für sie entscheidenden Details der Label kennen. Stark vereinfacht habe ich die Entwicklung der Zertifikate im Wald etwa so erlebt: Als man bei uns die Zerstörung der fernen Tropenwälder richtig realisierte und bemerkte, dass dieser Entwicklung wohl am ehesten durch die Sensibilisierung der Konsumenten wirksam entgegengetreten werden kann, wurden Wald- und Holzlabel geschaffen. Diese sollen eine ökologisch und sozial vertretbare Bewirtschaftung des Waldes garantieren. Plötzlich war Holz aus fernen Ländern erhältlich, welches dank des Labels auf den ersten Blick sogar besser da stand, als das Holz aus den umliegenden Schutzwäldern. Um dieses Bild wieder zu korrigieren und um uns mit unserem Holz auf dem Weltmarkt behaupten zu können, begannen wir auch hierzulande unsere nachhaltig bewirtschafteten Wälder zu zertifizieren. 4

Ob die Zertifizierung aber überall auch mit Überzeugung vollzogen wurde, ist schwer abzuschätzen. (Ich bin auch heute noch davon überzeugt, dass das nicht zertifizierte Holz aus unseren einheimischen Wäldern sozial und ökologisch mindestens so gut vertretbar ist, wie zertifiziertes Holz aus vielen fernen Ländern.) Die Zertifizierung ist auch immer mit einem gewissen Aufwand verbunden. Wer seinen Wald zertifizieren lässt, nimmt also Kosten in Kauf. Kosten, aus welchen er sich einen Mehrwert beim Verkauf erhofft. Haben wir diesen Mehrwert heute erreicht? Je nach Abnehmer kann die Frage mit ja, oder sie muss mit nein beantwortet werden. Viele müssen sie aber leider mit nein beantworten. Weshalb? Ist der Unterschied zwischen zertifiziertem und nicht zertifiziertem Wald für den Konsumenten hierzulande nicht deutlich genug sichtbar? Dann müsste man versuchen, die Pluspunkte des zertifizierten Holzes besser zu kommunizieren. Möchte der Endverbraucher vielleicht einfach nur die Gewissheit haben, Holz von «hier» zu kaufen? Das wäre dann wieder ein Argument für ein Herkunftslabel. Nach wie vor gibt es viele offene Fragen und jeder von uns muss für sich selbst entscheiden, welches Label für ihn welchen Wert hat. Es dürfte nun auch interessant sein, in diesem Heft verschiedene Sichtweisen zu gleichen Zertifikaten nachlesen zu können.

Jörg Clavadetscher, Redaktor Bündner Wald Forum Cumünal, CH-7537 Müstair forestal-muestair@bluewin.ch


Zertifizierung im Schweizer Wald Die Eigentümer und Bewirtschafter von Schweizer Wald weisen mit der Zertifizierung bereits eine über zehnjährige Erfahrung aus. Der bewirtschaftete Wald ist mittlerweile grösstenteils von einem der beiden angewandten Systeme abgedeckt – nur noch wenige Produkte stammen aus Waldungen, in welchen die Bewirtschaftung nicht zertifiziert ist. Bei den Nachfragern hat sich das Bedürfnis in den letzten Jahren kontinuierlich verstärkt. Für einzelne Sortimente ist das Zertifikat bereits für den Marktzugang entscheidend. In der Schweiz werden zwei Zertifizierungssysteme angeboten. Einerseits die Zeitgemässe Ausrüstung der Waldbewirtschafter mit Schutzausrüstung, Überwachung und Förderung der Arbeitssicherheit durch periodische Inspektionen. Auswertung von Unfallursachen (auch Beinahe-Unfälle) für die kontinuierliche Weiterbildung. (Bild: Frank M. Kessler)

Produktezertifizierung nach den FSC-Standards (Forest Stewardship Council, siehe www.fsc-schweiz.ch), andererseits die kombinierte Produkte- und Systemzertifizierung nach Q/ PEFC (Pan European Forest Certification Councils) Standards (www.wvs.ch und www.pefc.org). Die Zertifizierungsstelle Q-Label Holz ist seit Oktober 2001 berechtigt, das PEFC-Label des Pan European Forest Certification Councils zu verleihen. In der Schweiz ist der Prozess für die Erarbeitung der Nationalen FSC-Standards am Laufen. In einem umfassenden Projekt mit dem Ziel, labelneutrale, für alle verbindliche Zertifizierungsstandards zu erarbeiten, leitet ein breit abgestütztes Projektteam die Arbeiten. Das Projekt wird vom Bundesamt für Umwelt BAFU finanziell unterstützt und von einem Delegierten aktiv mitverfolgt. Das Projektteam trägt die Verantwortung, dass die Erarbeitung der Nationalen Waldstandards in einem partizipativen Prozess unter Mitwirkung aller Interessensvertreter abläuft. Ein 1. Entwurf der (labelneutralen) Nationalen Waldstandards wurde erarbeitet und am 1. April 2007 in die Vernehmlassung an alle interessierten Kreise geschickt. Diese Resultate wurden analysiert und ein zweiter Entwurf wiederum in die Vernehmlassung geschickt. Neu wurde hierbei eine spezielle Kurzfassung für die Praxis erarbeitet, welche dem Waldeigentümer die Anforderungen für eine Waldzertifizierung aufzeigt. Zur Zeit wird die Version 3 in Feldtests auf ihre Einsatztauglichkeit überprüft. Bis Ende Jahr sollte dieser Prozess abgeschlossen werden können. Auf 2008 werden die beiden Systeme Q und PEFC getrennt. Das Q -Label oder ein Nachfolgelabel werden künftig als Herkunftszeichen verwendet. Zurzeit finden Verhandlungen u.a. mit der AMS (Agro-Marketing Suisse) statt, um das Q SWISS QUALITY Bündner Wald 4/2008 5


Vergleich Q / PEFC-Label – PSC-Label Q/PEFC-Label

FSC-Label

Q-Label

Gesunde Wälder sind lebenswichtig,

Beim Q-Label handelt es sich um

doch verschwinden weltweit pro

ein Produktlabel. Es basiert auf den Vor-

Minute etwa 40 Fussballfelder Wald.

schriften der Agro-Marketing Suisse

Nebst dem Verhindern der unwie-

(Eigentümer dieser geschützten Marke)

derbringlichen Zerstörung von Wäldern

und auf den Prinzipien der ISO-Norm

in einigen Weltregionen gilt es aber

14 020 (Umweltzeichen). Das Q-Label

auch andernorts, Wälder vor Übernut-

orientiert sich am Vollzug des eidge-

zung und schlechter Bewirtschaf-

nössischen Waldgesetzes. Zudem wer-

tung zu schützen.

den aus der ISO 14 001 (Umweltma-

Ds FSC (Forest Stewardship Council)

nagementsysteme) zwei wesentliche

ist eine gemeinnützige internationale

Elemente übernommen:

Mitglieder-Organisation, unterstützt

der Einbezug des Waldeigentümers in

von allen grossen Umweltverbänden,

die Verantwortung und die Forde-

von sozial engagierten Organisationen

rung nach dauernder Verbesserung be-

und der Wald- und Holzbranche. Das

züglich der nachhaltigen Waldbewirt-

FSC ist unabhängig und verfolgt keiner-

schaftung.

lei finanzielle Interessen.

Aus diesem Grund sind alle Doku-

Das FSC setzt sich weltweit ein für eine

mente, die zur Zertifizierung führen,

umweltgerechte, sozial verträgliche

durch den Waldeigentümer zu unter-

und wirtschaftlich tragbare Waldwirt-

zeichnen, ist durch den Waldeigen-

schaft.

tümer (mit mehr als 10 ha Waldfläche) im Jahresprogramm (unter anderem)

Hierzu erarbeitet das FSC in einem

zu zeigen, wo Verbesserungen erreicht

partizipativen Prozess unter Berücksich-

werden sollen und im Jahresbericht

tigung aller Interessen und Meinun-

ist (unter anderem) darzustellen, dass

gen globale Standards, nach denen vor

die Verbesserungen auch erreicht

bildliche Waldwirtschaft geprüft und

wurden.

zertifiziert werden kann.

Liegen all diese Belege vor, steht

Die Zertifizierungen werden von unab-

einer Zertifizierung der Produkte des

hängigen, professionellen Unternehmen

betreffenden Betriebes nichts mehr

durchgeführt. Das FSC überwacht die

im Wege. Das Q-Label wird jeweils für

Tätigkeiten der von ihm zugelassenen

fünf Jahre erteilt und ist dann zu er-

Zertifizierungsstellen jährlich.

neuern. Um Zertifizierungswillige nicht

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warten lassen zu müssen, bis der

Das FSC vergibt ein global gültiges

Kanton die Waldfunktionspläne erstellt

Label für Waldprodukte. Produkte mit


Q/PEFC-Label

FSC-Label

hat, kann mit einer Übergangslösung

dem FSC-Label stammen garantiert

gearbeitet werden. Das PEFC-Label wird

nicht aus Raubbau, sondern fördern

gleichzeitig mit dem Q-Label vergeben.

die sozial- und umweltgerechte Wald-

PEFC ist eine Initiative der privaten

wirtschaft. Das FSC-Label gilt welt-

Forst- und Holzwirtschaft, ein freiwil-

weit für alle Waldtypen und Holzarten.

liges Kennzeichnungssystem, gestützt

Es gibt sowohl einheimisches wie exo-

auf den Konsens mit den wesentli-

tisches FSC-Holz.

chen Interessensgruppen, die den Gedanken einer nachhaltigen Wald-

Die Zertifizierung vorbildlicher Wald-

bewirtschaftung auf nationalem und

wirtschaft und verantwortungsbewuss-

regionalem Niveau verfolgen.

ten Handelns in der Verarbeitungsund Handelskette (Chain-of-Custody;

PEFC bietet ein europäisches Rah-

CoC) erfolgt nach einem umfassen-

menwerk für die Schaffung nationaler

den Satz von Normen (Standards).

Zertifizierungssysteme an. Diese

Die Zertifizierung nach den Regeln des

werden einer strengen unabhängigen

FSC erfolgt weltweit identisch und

Prüfung auf Erfüllung vereinbarter

standardisiert nach den vom FSC Inter-

Anforderungen unterzogen, danach er-

national definierten und verabschie-

folgt die gegenseitige Anerkennung

deten Normen.

durch den pan-europäischen Zertifizierungsrat PEFCC.

Die Definition einer vorbildlichen Waldbewirtschaftung, welche die Grundprin-

PEFC verfolgt die Stärkung und Verbes-

zipien der Nachhaltigkeit erfüllen, ist

serung des Image der Forstwirtschaft

in den FSC-Prinzipien und Kriterien um-

und der Holzprodukte – als erneuerba-

schrieben. Die 10 Prinzipien mit den

res Material im Rahmen einer Kreis-

insgesamt 56 Kriterien bilden die Basis

laufwirtschaft.

für jede Waldzertifizierung weltweit. Weil diese Norm «Prinzipien und Krite-

PEFC steht für ökonomisch sinnvolle,

rien für die Waldbewirtschaftung»

umweltfreundliche und sozial verträgli-

aber nicht direkt in einem Forstbetrieb

che Nutzung des Waldes entsprechend

anwendbar ist, muss sie im regiona-

den Helsinki-Kriterien (Resolution Mi-

len oder nationalen Zusammenhang ver-

nisterkonferenz zum Schutz der Wälder

feinert und spezifiziert werden.

in Europa). Prinzipien und Kriterien PEFC gibt den Kunden und der Öffent-

für die Waldbewirtschaftung

lichkeit die Sicherheit, dass das ge-

Dies erfolgt in einem partizipativen Pro-

kennzeichnete Holz aus einer pflegli-

zess unter Beteiligung aller Interes-

chen Waldwirtschaft stammt.

senvertreter. Das Resultat sind Nationa-

Bündner Wald 4/2008 7


Q/PEFC-Label

FSC-Label

le Standards, deren Vollständigkeit und Wesentliches Element einer PEFC-

Kompatibilität vom FSC International

Zertifizierung ist eine unabhängige

überprüft werden.

Drittkontrolle. In der Schweiz wurde diese Aufgabe der Zertifizie-

Das FSC zertifiziert nicht selber Wälder

rungsstelle «Q-Label Holz» übertragen.

und Produkte. Er überlässt dies unabhängigen Unternehmen, welche auf Zertifizierungen spezialisiert sind (z.B. Zertifizierungen nach Managementsystem-Normen der ISO oder Zertifizierungen von biologischen Landwirtschaftsprodukten ). Diesen Prozess nennt man Akkreditierung. Es ist sozusagen die «Zertifizierung» der Zertifizierer.

durch SUISSE GARANTIE (Label, wie es heute für die landwirtschaftlichen Produkte auf dem Markt ist) zu ersetzen. Für die Ende 2007 ausgelaufene Akkreditierung von PEFC Schweiz läuft gegenwärtig das Verfahren für die Wieder-Akkreditierung ab 2008, gültig bis 2012. Das Lenkungsgremium und eine Arbeitsgruppe der Lignum mit Vertretern aller Stakeholder verfolgen das Ziel, die beiden Systeme PEFC und FSC einem gemeinsamen Zertifizierungsstandard zu unterstellen. Damit soll die Zertifizierung mit einem einzigen Audit durch den Zertifizierer erfolgen können. Das System wird dadurch einfacher und günstiger anwendbar. Welches Zertifikat der Betrieb auf dem Markt anwendet ist ihm überlassen. Holz aus zertifizierten Schweizer Wäldern ( PEFC und FSC ) soll damit ohne weitere Auflagen auch das Herkunftszeichen (z.B. «Suisse Garantie») erlangen können. 8

In der Schweiz haben sich die Gruppenzertifizierungen der kantonalen Waldbesitzerorganisationen durchgesetzt. Für den im internationalen Vergleich eher klein strukturierten Waldbesitz in der Schweiz ergeben sich insbesondere in den administrativen Anforderungen erhebliche Vorteile durch eine gemeinsame Dokumentation und Organisation der Systembeschreibung, der Öffentlichkeitsarbeit zum vermehrten Absatz von Holz als Energieträger. (Bild: Frank M. Kessler)


Aufzeichnungen von Produkten, Warenflüssen, Unfallgeschehen, Chemikalieneinsatz und Umsetzung der Waldreservatsplanung. Die Gruppenmanager übernehmen dabei einen wesentlichen Teil zur Erfüllung der Konformität und organisieren die internen Abläufe, Systemüberprüfungen und Dokumentationen. Sie übernehmen für die Waldbesitzer treuhänderisch die Verantwortung, nehmen mit internen Audits Stichprobenkontrollen vor, pflegen den Kontakt mit Interessenorganisationen, Verwaltungen und Privatpersonen und bürgen für eine konforme Anwendung der Produktelabel (registrierte Warenzeichen). Die Gruppen regeln die Kostenbeteiligung der Waldeigentümer meist nach Waldfläche oder der Nutzungsmenge. Seit 2007 können dafür akkreditierte Firmen gleichzeitig Audits für beide Zertifizierungssysteme durchführen, womit die Kosten für die Waldbesitzer erheblich reduziert werden konnten.

Nutzungsverzicht in Gewässerbereichen, kein Einsatz von Chemikalien und Fahrzeugen.

Warum Waldzertifizierung? Der Waldeigentümer, der seinen Wald nachhaltig pflegt und nutzt, kann ein Interesse daran haben seinen Kunden (und der Öffentlichkeit) die Einhaltung der Nachhaltigkeit mitzuteilen. – Kommunikation einer vorbildlichen Waldbewirtschaftung an die Käuferschaft. Es wird eine naturnahe Waldbewirtschaftung mit Naturverjüngung und standortgerechter Bestockung angestrebt. – Längerfristige Sicherung des Holzabsatzes – Wettbewerbsposition verbessern Wie kommt man zu einem Zertifikat Der Waldeigentümer wird auditiert, d. h., seine Bewirtschaftung und sein Wald wird von internen und externen Auditoren überprüft. Für den nicht betriebsplanpflichti-

(Bild: Frank M. Kessler)

gen Privatwaldbesitzer ist es der zuständige Revierförster, der diese Beurteilung im Rahmen seiner Tätigkeit durchführt. Es kann vorkommen, dass ein externer Auditor den Waldeigentümer besuchen will. Welches sind die Anforderungen? Der Waldeigentümer meldet sein Interesse an der Zertifizierung bei der Gruppe an. Im Privatwald erfolgt dies meist anlässlich einer Holzanzeichnung (oder bei einem andern Anlass) beim zuständigen Revierförster. Die Gruppe beurteilt die Bewirtschaftung des Interessenten und nimmt diesen provisorisch auf. Allenfalls muss der Waldbesitzer noch Massnahmen vornehmen (z.B. einen Holzerkurs absolvieren, wenn er die Arbeiten selbst ausführen will) bevor er aufgenomBündner Wald 4/2008 9


men wird. Nach erfolgter Prüfung durch die Gruppe und laufender Überwachung vor Ort (z.B. Holzerei durch den Förster) wird der Waldbesitzer definitiv in die Gruppe aufgenommen. Was muss der Waldbesitzer beachten, bzw. einhalten? Es sind im Wesentlichen folgende Punkte, die der Waldbesitzer einhalten muss. – Der Waldeigentümer hält die nationalen und kantonalen Gesetze und Bestimmungen ein. – Der Eigentümer hält sich an den Waldfunktionenplan/Waldentwicklungsplan und setzt die vorgesehenen ökologischen Massnahmen (Waldnaturschutz, Waldreservate) um. – Keine Pflegemassnahmen während Brutund Setzzeit. – Schlagorganisation nach sicherheitskonformen Anforderungen. – Totholz – Höhlenbäume Erhaltung gemäss Empfehlung.

– Pioniergehölze und Sträucher (Jungwald) gemäss Empfehlung. – Ausbildung Bewirtschafter. – Selbstbewirtschafter mit Grundkurs in Holzerei. – Selbstbewirtschafter mit langjähriger Erfahrung. – Sicherheitsausrüstung SUVA-konform. – Geräte und Maschinen SUVA-konform. – Sonderkraftstoffe, biologische Schmierstoffe werden eingesetzt. – Kontrollierter Einsatz von Chemikalien im Ausnahmefall, wenn keine anderen Massnahmen möglich sind.

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Herkunftslabel Graubünden Holz Wertschöpfung und Holzabsatz steigern Die Einführung eines Labels für Holz aus Graubünden ist eine von mehreren Massnahmen, welche zur Erhöhung der Wertschöpfung und des Holzabsatzes im Kanton Graubünden beitragen sollen. Die Einführung eines Labels setzt ein Zertifizierungssystem voraus, welches sich an bestimmten abgestützten und akzeptierten Kriterien orientieren muss. Das Label soll den Konsumenten in erster Linie die Herkunft des Holzes und damit die emotionalen Werte, die der Begriff Graubünden Holz auslöst, kommunizieren. Im Zertifizierungssystem eingebunden ist die gesamte Holzkette – vom Waldeigentümer, Forstunternehmer bis zum Endproduzenten. Nur ein kleiner Teil des Holzes, das in Graubünden verbaut wird, stammt aus unserem Kanton. Oft werden die Holzprodukte über grosse Transportdistanzen zum Kunden gebracht. Bestehende Labels im Bereich Holz/Holzprodukte Bisherige Erfahrungen bestätigen, dass Labels den Markt auf qualitativ hochwertige, namentlich sozialverträglich und/oder ökologisch produzierte Produkte aufmerksam machen und in einzelnen Bereichen nicht zu unterschätzende Marktanteile gewinnen können. Das Ziel des Labels ist es, sich gegenüber «normalem» Holz zu differenzieren und damit den Absatz zertifizierter Produkte zu steigern. Heute sind diverse Labels in der Wald- und Holzzertifizierung auf dem Markt. Das Forest Stewardchip Council ( FSC ) wurde 1993 von Vertretern der Wald- und Holzwirtschaft, der Umweltverbände und indigener Völker gegründet. Das FSC vergibt nationalen Zertifizierungsstellen das Recht, Holz aus naturnah bewirtschafteten Wäldern im eigenen Land mit dem FSC-Label auszuzeichnen.

Wald- und Holzwirtschaft haben auf der Basis von ISO-Normen und in Ergänzung zur geltenden Waldgesetzgebung ein eigenes Zertifizierungs-System entwickelt; es wird unter dem Namen Q-Label (Swiss Quality/Agro Marketing Suisse) geführt. Das Label macht zusätzlich Aussagen zur Verarbeitung des Holzes und bestätigt die Schweizer Herkunft. Letzten Herbst wurde signalisiert, dass das Q-Label durch ein anderes Label mit weniger strengen Auflagen ersetzt werden soll, so dass auch Schreiner und Zimmerleute vermehrt einsteigen würden. Das alte Q-Label-Reglement wurde überarbeitet und in die Vernehmlassung geschickt. Das neue Ursprungszeugnis entspricht im Idealfall auch den Anforderungen an die Herkunftsdeklaration. Somit würde das überarbeitete Label ganz den Anforderungen des Labels Graubünden Holz entsprechen. Als Reaktion auf das FSC-Label schlossen sich 1999 wald- und holzwirtschaftliche Kreise von insgesamt siebzehn europäischen Ländern zur Paneuropäischen Waldzertifizierung ( PEFC ) zusammen. In Nordamerika sowie verschiedenen tropischen Ländern werden weitere Labels angewendet oder befinden sich in Vorbereitung. Im Sinne einer praktikablen öffentlichen Beschaffung gemäss WTO muss sich eine gegenseitige Anerkennung der verschiedenen Label-Systeme jedoch erst noch durchsetzen. Zweck und Hauptmerkmale unseres Labels Durch ein Produktlabel und dessen Positionierung auf dem Markt soll die Begehrlichkeit nach Bündner Holz und Holzprodukten gesteigert sowie eine höhere Wertschöpfung erzielt werden. Bestehende Imagevorteile für den Kanton Graubünden und dessen ProBündner Wald 4/2008 11


1. Magnetwand aus Bündner Furnierholz, erhältlich bei Graubünden Holz (zertifiziertes Holzprodukt) (Bild: Graubünden Holz)

dukte sollen genutzt werden. Das Produktlabel besteht aus zwei Komponenten: – Herkunftsbezeichnung: Das Produkt kann das Label nur tragen, wenn die Mindestbedingungen bezüglich Anteil Bündner Holz erfüllt sind. – Qualitätskriterien: Die Herkunftsbezeichnung wird durch Qualitätskriterien ergänzt (Ökologie, Verarbeitung, Sortierung). Bei der Umsetzung wird eine Kombination von Betriebs- und Produktezertifizierung durchgeführt. In einem ersten Schritt werden die Betriebe entlang der ganzen Holzkette zertifiziert. Die Holzkette um-

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fasst alle Produktions- und Handelsbetriebe vom Waldeigentümer bis zum Endproduzenten. Schweizerische und internationale Labels wie FSC, Q oder ISO können entsprechend den Bedürfnissen des Betriebs parallel zum Label «Graubünden Holz» erworben und eingesetzt werden, bilden jedoch keine Voraussetzung, das Bündner Label zu führen. Die Waldeigentümer von Graubünden sind heute zum grössten Teil FSC-zertifiziert. Betriebe, die schon zertifiziert sind, haben bei der Graubünden Holz Label-Zertifizierung ein einfacheres Anmelde- und Auditverfahren. Heute sind bereits knapp 40 Betriebe entlang der Bündner Holzkette zertifiziert. Sämtliche Betriebe, die dabei sind, präsentieren sich und ihre Produkte auf www.holzmarktplattform.ch. Diese Marktplattform, die seit Mitte Juni 2008 aufgeschaltet ist, fördert den Austausch von Kauf- und Verkaufsinformationen von Holzprodukten in Graubünden. Mit dieser Website werden der Verarbeiter und auch der Kunde in Form von Bauherrn oder Architekt auf einen Blick sehen, welche Holzprodukte im Kanton Graubünden erhältlich sind. Somit wird die Nachfrage nach Holzprodukten, die aus Graubünden stammen, zunehmen und diese demzufolge bekannter werden.

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Zertifizierungen in der Wald- und Holzwirtschaft Kurzer Abriss über die Zertifizierungsgeschichte von HIS und VSFU Als Ende der 1990er Jahre die Nachhaltigkeits-Waldzertifizierungen je länger, je mehr zum Thema wurden, haben der Verband Schweizerischer Forstunternehmungen VSFU und Holzindustrie Schweiz HIS frühzeitig reagiert und das Thema aktiv aufgegriffen. Eine Lagebeurteilung aus damaliger Sicht ergab Folgendes: In der Schweiz mit intensivem Aussenhandel sahen sich die Holzverarbeiter sowohl FSC- als auch PEFCNachfragern gegenübergestellt. Überdies war das Bedürfnis zu verspüren, neben den 2 internationalen Waldlabeln auch über ein Label zu verfügen, welches die Schweizer Herkunft und Schweizer Qualitätskriterien bei der Verarbeitung auszeichnet, zum Beispiel in den Bereichen Umweltschutz und

Arbeitssicherheit. Zu diesem Zweck konnte das bekannte Q-Suisse-Garantie-Label der Agro Marketing Suisse AMS adaptiert werden. Dieses Q-Label diente in der Chainof-Custody CoC gleichzeitig auch zur Erlangung der PEFC-Berechtigung. Später wurde dann allerdings diese Kopplung seitens PEFC sistiert, und PEFC verlangt seit 2007 ein separates Auditverfahren. Die Zertifizierungen der ersten Forstunternehmer und Säger geschahen in einem Umfeld grosser Hoffnungen auf Marktvorteile und Mehrerlöse – aber auch in einem Umfeld ziemlicher Unsicherheit. Niemand konnte damals voraussagen, ob sich die Einführung dieser Labels aus betrieblicher Sicht lohnt. Die Unsicherheit, plötzlich nicht «parat» zu sein und die Angst, wichtige Kunden in Folge fehlender Zertifizierung zu

Viel Euphorie an einer Zertifizierungsfeier 2004 – Ernüchterung im Jahr 2008? (Bild: Markus Brunner/HIS )

Bündner Wald 4/2008 13


Warenflusstrennung in einem Sägewerk – lohnt sich der zusätzliche Aufwand? (Die Stämme mit dem grünen Kreuz sind zertifizierte Stämme – der Betrieb kauft viel Holz aus dem Emmentaler Privatwald, wo es viele Besitzer mit bzw. ohne Zertifikate hat.) (Bild: Markus Brunner/HIS )

verlieren, bewog manchen Unternehmer, nach dem Vorsorgeprinzip die Labels frühzeitig zu erlangen. HIS und VSFU stellten rasch fest, dass die zweckmässigste und günstigste Lösung für die meist kleineren Verbandsbetriebe ein vereinfachtes Gruppensystem mit Stichprobenkontrollen darstellt. Dabei werden die 3 Label FSC, PEFC und Q parallel und mit Synergieeffekten bei Einführung und Kontrollen angeboten. In zeitraubender Vorbereitung wurde ein Gruppen-Doppelzertifizierungssystem mit allen nötigen Dokumenten und Abläufen konzipiert. Dazu waren auch intensive und mitunter zähe Verhandlungen mit den Labelorganisationen nötig, damit wir das ganze System einigermassen ein14

fach, bezahlbar und praxistauglich gestalten konnten. In zwei Pioniergruppen von VSFU und HIS wurden 2002 / 03 die ersten Betriebe zertifiziert, und mit den gemachten Erfahrungen konnten unsere Systeme angepasst werden. In den Folgejahren unterzogen sich rund 220 Forstunternehmer und Säger erfolgreich dem Auditprozedere, womit in der Schweiz das meiste Rundund Schnittholz CoC-seitig gelabelt angeboten werden könnte. Seitens der Verbandsführungen VSFU und HIS wurde das Anbieten einer Gruppenzertifizierung zwar engagiert, aber relativ emotionslos vorangetrieben. Es ging in erster Linie darum, den Betrieben, die aus irgendeinem Grund Zertifikate benötigten, verbandsseitig mög-


lichst viel Unterstützung und Erleichterung anzubieten – nicht mehr und nicht weniger. Ab dem Jahr 2007 begann bei den ersten 2 Gruppen nach 5 Jahren der Rezertifizierungsprozess mit dem Ziel, den Betrieben eine möglichst nahtlose Verlängerung mit möglichst geringem Extraaufwand anbieten zu können. Die entsprechenden InteressenUmfragen bei den Unternehmungen stellen nun quasi die «Stunde der Wahrheit» dar, nämlich hinsichtlich des Erfolgs oder Nutzens der Labelisierung. Wir können nun feststellen, wieviele Betriebe weitermachen und die entsprechenden Kosten und Aufwände auf sich nehmen wollen – oder müssen. Standortsbestimmung im Rahmen der Rezertifizierung Der nun im 7. Jahr stehende Gruppenbetrieb wurde von verschiedenen Merkmalen geprägt: laufendes kritisches Hinterfragen des Gruppensystems und der Zertifizierung generell, häufiges Feilschen um vernünftige Lösungen für kleine und grosse Probleme, Ringen mit den Zertifizierungsstellen und -organisationen um praxistaugliche Vorgaben und Anforderungen, Systemanpassungen in Folge recht häufiger Änderungen der Zertifizierungsvorgaben, und intensiver Betreuungsaufwand der rund 220 Unternehmungen in unseren Gruppen. Darum nahmen wir den Akt der Zertifikatsverlängerung zum Anlass für eine grundlegende Überprüfung unserer Verbandsdienstleistungen im Bereich Zertifizierung.

– Wir ziehen heute folgende Bilanz : – Die in der Wald- und Holzwirtschaft weit verbreiteten Zertifikate nach FSC, PEFC und Q finden in der weiteren Wert-

schöpfungskette leider keine vergleichbare Verbreitung. Labels werden in sehr wichtigen Teilbranchen kaum bis zum Endkonsumenten getragen. Im Baubereich und im Schreinergewerbe wird zertifiziertes Holz kaum verlangt. Viele Forstunternehmungen und Sägewerke haben in den letzten Jahren grosse betriebliche Anstrengungen im Umweltbereich unternommen und entsprechend investiert. Dies geschah teils im Rahmen der Zertifizierung, teils aber auch ohne. Leider werden diese Verbesserungen, die vielfach weit über die gesetzlichen Minima hinausgehen, von vielen Auftraggebern beim Offertvergleich zu wenig berücksichtigt. Häufig führt ausschliesslich der billigste Kubikmeterpreis zur Vergabe, was uns besonders bei öffentlichen Auftraggebern wie Gemeinden oder Zweckverbänden enttäuscht – wer soll denn nun die Vorbildrolle gegenüber Privaten ausüben, wenn nicht Gemeinden oder der Staat? Die anfänglich von diversen Firmen verspürte Euphorie ist in vielen Fällen der Ernüchterung gewichen. Die Nachfrage nach zertifiziertem Holz ist abgesehen von Spezialmärkten wie dem DoIt-Yourself-Bereich gering bis null. Weil wald- und sägerseitig, verglichen mit der expliziten Nachfrage nach zertifizierten Produkten, in der Regel ein Überangebot besteht, können nur selten höhere Erlöse in Folge Zertifizierung erreicht werden. Demgegenüber fallen in den Betrieben viele Kosten und Arbeitsaufwände an. Wir müssen feststellen, dass die administrativen Aufwände und die verschiedenen Labelgebühren laufend grösser werden, und dass innerhalb der Zertifizierungssysteme immer wieder Vorgaben Bündner Wald 4/2008 15


geändert respektive verschärft werden. Unsere Betriebe sind sonst schon mit immer mehr administrativen Aufwänden belastet, die keine Wertschöpfung ergeben. Da wird es zu Recht nicht verstanden, wenn einem seitens der Zertifizierungsorganisationen immer mehr Steine in den Weg gelegt werden, die nur Mehrkosten ohne Zusatzerlös ergeben. Bereits ein Kleinbetrieb, der Warenflusstrennung macht, muss für sämtliche Gebühren, Administrationsaufwände und logistische Zusatzarbeiten jährlich mit einigen 1000 Franken Kosten rechnen. – Es ist je länger, je weniger transparent, wer innerhalb der Labelsysteme welche Interessanter Trend in Baumärkten: Herkunft Schweiz als Verkaufsargument. Werden die Label von FSC und PEFC durch das Herkunftszeichen Schweizer Holz abgelöst oder ergänzt? (Bild: Markus Brunner/HIS )

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Vorgaben erlässt bzw. verschärft. FSC und PEFC sind mittlerweile zu Gross-Apparaten mit entsprechend komplizierter Administration und viel «Papier» herangewachsen. Die nationalen Zertifizierer haben mitunter auch die Tendenz, Kontrollmechanismen und Administration zu komplizieren und entsprechend Mehrarbeit zu generieren – bezahlen müssen es letztlich die zertifizierten Betriebe. Und es ist nicht immer klar, wer auf welcher Stufe nun was anordnet, und welche Umsetzungsspielräume bezüglich Administration und Kontrollen bestehen. Wenn hier nicht sehr bald eine massive Vereinfachung mit Kosteneinsparung gelingt, ergeht es diesen Gebilden vielleicht wie einem gestrandeten Walfisch, der von seiner eigenen Körpermasse erdrückt wird … – Die derzeit in einem Testlauf befindlichen nationalen Standards für die Waldbewirtschaftung, die einheitlich den Labeln FSC und PEFC dienen sollen, schiessen in einzelnen Punkten weit über die gesetzlichen Minimalanforderungen hinaus. Wir wollen umweltschonende Waldbewirtschaftung, das steht ausser Frage – aber das Mass der Auflagen muss in einem vernünftigen Verhältnis zur nationalen Gesetzgebung stehen, wirtschaftlich erträglich und in der Praxis umsetzbar sein. – Von den Zertifizierungsorganisationen werden immer wieder neue Vorschriften verfügt, ohne die Praxistauglichkeit, Eigenheiten einzelner Länder/Regionen oder Gesamtzusammenhänge überprüft zu haben. Dazu kommt eine nicht immer optimale Kommunikation solcher Massnahmen. Jüngstes Negativbeispiel betreffend Inhalt und Kommunikation ist das Spritzmittelverbot von FSC, wo zu-


dem noch horrende Ausnahmegesuchsgebühren verlangt werden, die als Ablasshandel bezeichnet werden müssen. Derartige «Übungen» leisten der Labelakzeptanz bei den betroffenen Unternehmungen einen denkbar schlechten Dienst. Künftige Entwicklung aus Sicht HIS und VSFU Die im Moment laufenden Umfragen bezüglich Rezertifizierung zeigen, dass bei den Forstunternehmern die Mehrzahl weiterhin zertifiziert bleiben will. Da ist aber anzumerken, dass weniger als die Hälfte der Verbandsmitglieder überhaupt zertifiziert ist: offenbar verlangt der Markt in vielen Fällen keine Labels. Bei den Sägern dürfte die Zahl der Ausstiegskandidaten grösser sein. Etliche Betriebe haben in 5 Jahren keinen einzigen Kubikmeter zertifiziertes Holz verkauft, und konnten für ihre Ware dennoch die marktüblichen Preise erzielen. Die Verbände HIS und VSFU werden ihren Mitgliedern vorläufig weiterhin kostengünstige Gruppenzertifizierungen anbieten, und akzeptable Zertifizierungskonditionen auszuhandeln versuchen. Wir erachten das als wichtige Dienstleistung gegenüber unseren Mitgliedern, damit Betriebe, die Zertifikate haben wollen oder müssen, diese mit möglichst wenig Umtrieben erhalten. Die Begeisterung gegenüber den internationalen Labelsystemen ist jedoch seitens der Verbandsspitzen durchzogen, der Begriff «nüchterne Notwendigkeit» trifft die Stimmungslage einigermassen. Schweizer Herkunftszeichen bald wichtigstes Holzlabel? Seit etwa einem Jahr haben wir zusammen mit der Lignum und Waldwirtschaft

Schweiz intensiv an einem Nachfolgelabel für das Q Suisse Quality gearbeitet. Das Q-Label wird seitens der Inhaberin AMS nicht mehr weiter gepflegt, weshalb wir rasch ein Nachfolgezeichen schaffen wollten. Leider erwies es sich nach relativ langen Verhandlungen als unmöglich, das Suisse-Garantie-Label der AMS zu benutzen. Bei der AMS hatte man Probleme, unser Gruppensystem anzuerkennen, und man wollte keine «Mixed»-Variante à la FSC zulassen, was das Label für wichtige Nutzergruppen (Holzbau, Schreiner, Holzwerkstoffe) unattraktiv macht. Deshalb wurde nach Prüfen anderer Varianten beschlossen, das alte «Ursprungszeugnis Schweizer Holz» aufzufrischen und in angepasster Form zu neuem Leben zu erwecken. Das somit neu geschaffene «Herkunftszeichen Schweizer Holz» weist auf die Herkunft aus dem Schweizer Wald bzw. aus Schweizer Betrieben hin. Auf aufwendige Kontrollen und teure Administration wie beim Q-Label wird verzichtet; die Herkunft Schweiz deutet ja per se genügend an, dass dieses Holz unter Einhaltung aller strengen Schweizer Gesetzesnormen und in einem Land mit bekannt hohem Qualitätsniveau erzeugt wurde. Nach unseren Markteinschätzungen reicht dies vielen Konsumenten völlig aus und birgt genügend Glaubwürdigkeit, und wir haben entsprechend viele interessierte Signale von Holzbauern, Schreinern und Baumärkten erhalten. Die Herkunft Schweiz hat in letzter Zeit eine eigentliche Renaissance erfahren. FSC-Holz aus «irgendeinem Land» scheint immer mehr Konsumenten nicht mehr genügend zu befriedigen. Den Wald im eigenen Land hingegen kann man persönlich aufsuchen und sich von der hochstehenden Schweizer Wald- und Bündner Wald 4/2008 17


Holzwirtschaft 1:1 selber überzeugen. Und man leistet einen Beitrag zur Wertschöpfungssteigerung im eigenen Land. Diesen Trend wollen wir durch ein möglichst einfaches, kostengünstiges Herkunftszeichen aufgreifen. Die Schweizer Wald- und Holzwirtschaft leistet einen grossen Zusatz-Aufwand im Bereich ökologisch und qualitativ hochstehender Produktion, wir gehören hier weltweit zur Champions League. Da ist es nichts

als gerechtfertigt, diese Vorzüge mit einem besonderen Schweizer Label zu kommunizieren.

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Warum FSC ? – Die Sicht des WWF Knapp 60 % der Wälder in der Schweiz sind FSC-zertifiziert. Alle 5 Jahre müssen sich die Waldbesitzer aber von neuem überlegen, ob sie wieder Geld für die Zertifizierung ausgeben und die Einschränkungen durch die Standards in Kauf nehmen wollen. Der WWF Schweiz ist der Meinung, dass sich dieser Mehraufwand lohnt: für den Betrieb, die Natur und die Gesellschaft. Was sind also die Vorteile, wenn ein Betrieb auf FSC setzt? Der Schutz der Artenvielfalt ist in der Schweiz unter Druck. Die Ausdehnung der Siedlungsflächen, die Zerstückelung der Landschaft und die Intensivierung der Landwirtschaft sind wichtige Ursachen für diese Entwicklung. Gerade im Gebirge ist der Wald häufig noch ein grösseres naturnahes

Gebiet, das es zu erhalten gilt. Spezielle Waldformationen und vielfältige Strukturen im Wald sind von grosser Bedeutung für die Artenvielfalt in der Schweiz, da sie für viele spezialisierte Tiere und Pflanzen Lebensraum bieten. Deswegen trägt die Waldwirtschaft auch eine grosse Verantwortung für die Erhaltung der Biodiversität in der Schweiz. Neben der Biodiversitätsfunktion muss der Wald aber noch viel mehr Aufgaben erfüllen. Für die Bevölkerung bedeutet Wald Schutz vor Naturgefahren und Raum für Erholung. Der Waldbesitzer möchte das Holz nutzen und damit Geld verdienen. Neben diesen Aufgaben kommen mit dem Klimawandel, der Umsetzung der internationalen Klimapolitik und der steigenden Nachfrage nach Holz noch zusätzliche Herausforderungen auf den Wald zu. Das FSC-Label

Strukturreiche und lichte Wälder sind wertvolle Lebensräume für die Biodiversität. (Bild: WWF/A. Della Bella)

Bündner Wald 4/2008 19


Viele spezialisierte Pilze und Tiere sind auf genügend Totholz im Wald angewiesen. (Bild: Marcus Bolliger)

kann den Forstbetrieb beim Erfüllen dieser anspruchsvollen Aufträge unterstützen. FSC – Gut für das Image

FSC ist das einzige glaubwürdige globale Nachhaltigkeitslabel im Wald. Die Struktur des FSC garantiert, dass ökonomische, soziale und ökologische Interessen ausgewogen berücksichtigt werden. Vertreter aus der Wirtschaft, von sozialen Organisationen und aus Umweltverbänden diskutieren und entscheiden gemeinsam über die Weiterentwicklung der Kriterien und Standards. Das erfordert eine ständige Auseinandersetzung mit den Partnern und gewährleistet die Ausgewogenheit der jeweiligen Interessen. Diese Struktur bildet die Basis für das grosse Vertrauen der Konsumenten in das FSCLabel. Das FSC-Label konnte in den letzten 20

Jahren dank der Kampagnen der WWF WOOD GROUP den Bekanntheitsgrad in

der Schweiz sukzessive steigern. Die WWF WOOD GROUP ist ein Zusammenschluss von innovativen, verantwortungsvollen Unternehmen, die FSC fördern. Jeder fünfte Schweizer und jede fünfte Schweizerin nennt spontan das FSC-Label bei der Frage nach einem Gütesiegel für nachhaltig produziertes Holz, und mehr als die Hälfte der Bevölkerung erkennt das Label, wenn sie es sieht. Und dies nicht nur in der Schweiz. Auch in den Niederlanden und in Grossbritannien zeigen Untersuchungen einen hohen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung. Das FSCLabel ist also gut für das Image und zeigt der Bevölkerung, dass ein Forstbetrieb nicht nur an der rationellen und wirtschaftlichen


Nutzung des Waldes interessiert ist, sondern auch die Ansprüche der Gesellschaft und der Natur berücksichtigt. In Zukunft wird dies durch die steigenden Holzpreise sicher noch an Bedeutung gewinnen. Viele Menschen haben ein inniges, romantisches Verhältnis zum Wald und reagieren empfindlich auf die verstärkte Holznutzung. Dadurch muss sich ein Forstbetrieb vermehrt rechtfertigen und der Aufwand für die Kommunikation steigt. Das FSCLabel unterstützt diese Kommunikation auf zwei Ebenen. Neben dem oben erwähnten Imagegewinn und dem hohen Bekanntheitsgrad des Labels kann ein FSC-zertifizierter Betrieb einfach nachweisen, was er für die Natur leistet. Viele Informationen, welche für die Zertifizierer zusammengestellt werden müssen, können auch für die Kommunikation mit der Bevölkerung verwendet werden und sind auch noch von unabhängiger Stelle überprüft. Das ist ein grosser Vorteil bei der Aussendarstellung des Forstbetriebs und seiner Leistungen. FSC öffnet neue Märkte Der WWF unterstützt die Verwendung von Holz. Durch den Ersatz von anderen Baustoffen leistet Holz einen massgeblichen Beitrag zum Klimaschutz. Die globale Nachfrage nach Holz und Holzprodukten erhöhte in den letzten Jahren den Holzpreis. Eine weitere Zunahme der Nachfrage und auch ein weiterer Preisanstieg sind absehbar. Das hat die wirtschaftliche Situation vieler Forstbetriebe in der Schweiz verbessert. Die verstärkte Nutzung im Schweizer Wald ist ein deutliches Indiz dafür. Diese Entwicklung ist erfreulich, beinhaltet aber auch Gefahren. Noch viel zu viele Entwicklungen funktionieren wie Pendel. Nachdem der Wald jahrelang unternutzt wurde und die Bewirtschaftung vielerorts de Facto ein-

gestellt wurde, darf der Wald jetzt nicht in wenigen Jahren geplündert werden. Dies bringt die Schweizer Forstwirtschaft einem nachhaltigen Aufbau der Wälder weder näher, noch werden dadurch die berechtigten Ansprüche der Gesellschaft und der Natur berücksichtigt. Die zentrale Frage der Waldwirtschaft in der Schweiz bleibt auch in Zukunft, wie der Wald nachhaltig genutzt werden kann. Dabei geht es weniger darum zu bestimmen, wieviel Holz genutzt werden kann, sondern um das Wie. Dafür braucht es gesetzliche Mindeststandards und freiwillige Verpflichtungen, es besser zu machen. Das FSC mit seinen Standards ist eine solche Verpflichtung und bietet Gewähr, dass der Natur der benötigte Raum auch in Zukunft zugestanden wird. Viele Waldbesitzer erwarteten und erwarten einen Mehrerlös für ihr zertifiziertes Holz und sind enttäuscht, wenn im Markt keine erhöhte Zahlungsbereitschaft dafür existiert. Zwar gibt es einzelne Holzkäufer, die durchaus bereit sind, für zertifizierte Hölzer mehr zu bezahlen, aber bei den meisten Sortimenten und Holzarten sind die Preise für zertifiziertes und nicht-zertifiziertes Holz identisch. Trotzdem erhöht ein FSC-Zertifikat den Ertrag. Die WWF WOOD GROUP setzt sich seit 1998 für die Förderung von FSC ein. Seit ihrer Gründung konnten die Mitglieder den Umsatz von FSC-Holzprodukten kontinuierlich steigern, auf 240 Mio. SFr. im Jahr 2007. Bereits knapp ein Drittel des Gesamtumsatzes mit Holzprodukten dieser Firmen entfällt auf FSC-zertifiziertes Holz. Mehr und mehr Grosseinkäufer von Papier verlangen im Rahmen einer verantwortungsvollen Einkaufpolitik zertifiziertes Papier. Die Holzindustrie reagiert auf diese gesteigerte Nachfrage und verlangt vom Markt Holz mit einem FSC-Zertifikat. Bündner Wald 4/2008 21


langen eine ökologische Bauweise. Je ökologischer gebaut wird, desto höher fällt die staatliche Unterstützung aus. In beiden Beispielen gibt es Punkte für die Verwendung von FSC-Holz. Insbesondere in Amerika reagierten die Holzverarbeiter schnell auf die steigende Nachfrage und liessen ihre Betriebe zertifizieren. Ganz schnell wird nichtzertifiziertes Holz aus diesem Markt ausgeschlossen, und zertifizierten Waldbesitzern stehen neue Konsumenten zur Verfügung. FSC – Gewinn für Gesellschaft und Natur

Der Innenausbau der Mehrzweckhalle im Safiental wurde vollständig mit FSC-Holz realisiert. (Bild: WWF/A. Della Bella)

Obwohl es häufig keinen direkten Mehrertrag für den Waldbesitzer gibt, erschliesst das Zertifikat neue Märkte und verhindert gleichzeitig den Ausschluss von bestehenden Märkten. Eine Trendwende ist nicht abzusehen, im Gegenteil. Ikea beispielsweise hat sich zum Ziel gesetzt, nur noch Produkte aus FSC-Holz anzubieten. Das Angebot an zertifiziertem Holz ist noch zu klein. Ikea fürchtet, 2009 die selbstgesteckte Quote von 30 % nicht zu erreichen. Auch im Wohnungsbau gewinnt der Rohstoff Holz wieder an Bedeutung. Während in der Schweiz noch vorwiegend MinergieHäuser gefördert werden, ist das Ausland teilweise bereits weiter. Sowohl die Wohnbauförderung in Vorarlberg als auch der «green building standard» in den USA ver22

Die Erhaltung der Biodiversität ist ein zentrales Anliegen des WWF. Im Schweizer Wald gibt es wertvolle und wichtige Lebensräume für Pflanzen und Tiere und für die Artenvielfalt in der Schweiz. Neben den offensichtlich naturschützerisch wertvollen Wäldern auf Sonderstandorten sind vor allem vielfältige Strukturen im Wirtschaftswald und ausreichend vorhandenes Tot- und Altholz für die Erhaltung unserer Lebenswelt wichtig. Viele spezialisierte Pilzund Insektenarten sind zwingend auf das Vorhandensein von Bäumen in der Zerfallsphase angewiesen. Mit dem Verschwinden ihrer Lebensräume verschwinden auch sie. Die Erhaltung dieser Arten ist aber nicht Selbstzweck. Die Resultate aus Forschung und Wissenschaft zeigen deutlich, dass eine hohe Artenvielfalt für die Stabilität der Ökosysteme wichtig ist. Viele biotische und abiotische Gefährdungen haben in einem gesunden und vielfältigen Wald weniger negative Auswirkungen als in einem gestörten System. Wir brauchen die ganze Biodiversität, damit der Wald in der Schweiz auch den Klimawandel und andere zukünftige Herausforderungen meistern kann. Darum ist die Erhaltung der Vielfalt der Arten und Lebensräume im Wald nicht nur ein Anliegen


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des WWF, sondern im Interesse der Waldwirtschaft und der Gesellschaft. Natur- und Sonderwaldreservate leisten dabei einen wichtigen Beitrag. Dieser allein reicht aber nicht. Auch ausserhalb der ausgeschiedenen Flächen müssen die Ansprüche der Biodiversität berücksichtigt werden. Dabei entsteht aber häufig ein Interessenkonflikt zwischen den Naturschutzanliegen und einer effizienten Holznutzung. Das Ausscheiden von Altholzinseln und das Liegen- oder Stehenlassen von ausreichend Totholz konkurriert direkt mit der Holznutzung. Kleinflächige Nutzungen zur Förderung des Strukturreichtums können die Holzernte und Pflege verteuern. Eine FSC-Zertifizierung unterstützt den Waldbesitzer und den Forstbetrieb bei der Lösung dieses Konflikts. Die verbindlichen Ziele und Planungsunterlagen der Zertifizierung bilden die Grundlage für eine Bewirtschaftung, welche die ökonomischen und ökologischen Aspekte ausgewogen berücksichtigt. Die unabhängige Überprüfung garantiert die Einhaltung dieser Ziele und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität und damit der Stabilität des Ökosystems. Der WWF ist überzeugt, dass FSC weltweit, auch in der Schweiz, einen Beitrag zur Verbesserung der Waldbewirtschaftung leistet. Es sind nicht nur ökologische Kriterien, die uns dazu bewegen, FSC in der ganzen Welt zu fördern und zu fordern und uns für die Verwendung von zertifiziertem Holz einzusetzen. Es ist auch das Bewusstsein der ökonomischen Zusammenhänge. Ein FSC-Zertifikat unterstützt langfristig die Wirtschaftlichkeit der Forstbetriebe. Wenn sich die Waldwirtschaft

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Waldzertifizierung in Graubünden und Glarus Beginn der Zertifizierung in Graubünden Der Beginn der Waldzertifizierung in Graubünden geht relativ weit zurück. In Pilotprojekten hat die SELVA auf eine Parallelzertifizierung mit den Labels FSC und «Q Swiss Quality» hingearbeitet. Bei der Parallelzertifizierung handelte es sich um ein nationales Projekt, dessen Federführung beim BUWAL (heute BAFU) lag. Die Forstbetriebe der Forstkreise 2 (Fünf Dörfer) und 7 (Safien) haben sich dabei als Testbetriebe zur Verfügung gestellt und durften somit ab Juli 2000 als erste Bündner Betriebe zertifiziertes Holz verkaufen. Mit der Zertifizierungsfirma IMO wurde dazu ein mehrjähriger Vertrag über die Zertifizierung des Bündner Waldes abgeschlossen. Per 1. Juli 2001 kamen drei weitere Waldbesitzer dazu. Drei Jahre später kamen nochmals acht Waldbesitzer hinZertifiziertes Waldstück in Fideris (Bild: SELVA)

zu, so dass die Anzahl zertifizierter Waldbesitzer per Ende 2004 auf 30 stieg. Rezertifizierung Im Jahr 2005 lief der Vertrag mit der Firma IMO aus, und eine Rezertifizierung wurde nötig. Der SELVA-Vorstand hat dann entschieden die FSC-Zertifizierung weiterzuführen, aber das Q-Label aufzugeben. In diesem Zusammenhang ist auch überprüft worden, ob sich ein Wechsel zu einer anderen Zertifizierungsfirma lohnen würde. Schliesslich hat der SELVA-Vorstand entschieden die Zertifizierungsfirma zu wechseln und mit der Firma SGS einen Vertrag für die Jahre 2005 bis 2010 abzuschliessen. In einer umfangreichen Kampagne wurde nun bei den Bündner Waldeigentümern für das FSC-Label geworben. Die Werbung zeigte bald Wirkung und schliesslich waren per 1. Januar 2005 schon 121 Waldbesitzer im Besitze des FSC-Labels. Noch im selben Jahr konnten weitere 79 Waldbesitzer von der Idee des FSC überzeugt werden. Zudem ist die FSC-Gruppe erweitert worden. Alle Reviere des Kantons Glarus wurden ebenfalls in die neue Zertifizierungsgruppe GR/ GL aufgenommen. Aktuell sind nun 240 Waldbesitzer aus Graubünden und Glarus Mitglied der Zertifizierungsgruppe GR/GL. Zertifizierte Waldfläche in Graubünden Im Kanton Glarus sind 100% der eingerichteten Waldfläche nach FSC zertifiziert. Dies entspricht einer Waldfläche von knapp 15 000 Hektaren. In Graubünden sind von den ca. 176 000 ha eingerichteter Waldfläche rund 151 000 ha zertifiziert. Dies entspricht einem Anteil von 86%. Vergleicht man den Hiebsatz der zertifizierten Waldflächen mit der Gesamtwaldfläche, kommt man sogar auf einen Anteil von 92%. Bei der regionalen Verteilung der zertifizierten

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FSC-zertifizierte Waldbesitzer in Graubünden (Grafik: SELVA ) FSC-zertifizierte Waldbesitzer (Stand Juni 08) Nicht zertifizierte Waldbesitzer

Waldflächen fällt auf, dass neben einzelnen kleineren Gemeinden vor allem die südlichen Talschaften nicht zertifiziert sind. Das Puschlav, das Bergell und der grösste Teil des Calancatals sind bis heute noch nicht nach FSC zertifiziert. Audits und Umsetzung aktueller Massnahmen Die Zertifizierung nach FSC setzt voraus, dass innerhalb der Zertifizierungsperiode jeder Forstbetrieb einmal durch die Zertifizierungsfirma kontrolliert wird. Während der Jahre 2005 bis 2007 sind diese externen Audits durch die Firma SGS schon drei Mal durchgeführt worden. Die nächsten Audits sind übrigens erst für das Jahr 2009 geplant, da bereits eine Mehrheit der Betriebe kontrolliert worden ist und nur noch ca. 30 Betriebe ausstehend sind. Nebst diesen externen Kontrollen ist die SELVA verpflichtet auch interne Audits durchzuführen. Etwa

die Hälfte aller Betriebe sind kontrolliert worden. Die restlichen Kontrollen werden laufend bis Mitte 2010 durchgeführt. Aufgrund der externen Audits 2007, welche durch die Zertifizierungsfirma erfolgten, sind für die FSC-Gruppe Graubünden/Glarus zwei Korrekturmassnahmen formuliert worden. Die erste betrifft die natürliche Verjüngung der Weisstanne. Der Wildverbiss erschwert die natürliche Verjüngung der Weisstanne in mehreren Regionen stark. Die FSC-Zertifizierung fordert jedoch eine Verjüngung mit standortgerechten Baumarten sowie eine gute Durchmischung der Baumarten (Verhinderung von Monokulturen). Die FSC-Gruppe GR/GL ist nun gefordert, etwas gegen diese Situation zu unternehmen. Die zweite Korrekturmassnahme betrifft das aktuell gültige Wirkstoffverbot für Pestizide im zertifizierten Wald. Die Forstbetriebe wurden bereits darüber informiert. Alle Bündner Wald 4/2008 25


Zertifizierter Auenwald am Inn zwischen Madulain und Zuoz. (Bild: SELVA)

Produkte mit dem Wirkstoff «Permethrin» sind ab sofort verboten. Für die weiteren Produkte hat die FSC-Gruppe GR/GL am 25. März eine Ausnahmegenehmigung beantragt. Bis auf weiteres dürfen nur diese Produkte verwendet werden. Die Spritzmitteleinsätze sind jedoch unbedingt zu dokumentieren. Zwingend ist auch die Deklaration des Spritzmitteleinsatzes auf den Verkaufsdokumenten. Ein weiterer Punkt, welcher für die Waldzertifizierung beachtet werden muss, ist die Ausscheidung von Waldreservaten. FSC International fordert, dass auf 10% der Waldfläche Waldreservate ausgeschieden sein müssen. Der Kanton Graubünden weist mit dem Schweizerischen Nationalpark seit langer Zeit ein grosses Reservat aus. In den letzten Jahren sind zudem einige Waldreservate entstanden. Die aktuellsten Beispie26

le für geplante neue Reservate sind das 370 Hektaren grosse Naturwaldreservat AclaTobel eingangs des Safientals und das 200 ha grosse Naturwaldreservat im Salginatobel bei Schiers. In diesen Reservaten wird der natürlichen Waldentwicklung freier Lauf gelassen und während einer vertraglich geregelten Zeitdauer auf jegliche Holznutzung verzichtet. Die Waldeigentümer werden dafür durch Bund und Kanton entschädigt.

FSC-Gruppe Graubünden/Glarus c/o SELVA CH-7302 Landquart info@selva-gr.ch


Naturwaldreservate in Graubünden Rund zwei Drittel der Gelder, welche der Graubündner Forstdienst für Projekte zur Förderung der Biodiversität im Wald in der angelaufenen effor2-Periode 2008 – 11 einsetzen will, kommen aktiven Förderungsmassnahmen zugute. Sie umfassen die Pflege und Förderung von Auerhuhnlebensräumen oder von wertvollen Kulturlandschaften wie Lärchenweidewälder, Eichenhainen und Kastanienselven um nur die wichtigsten zu nennen. Auch wenn mit diesen Massnahmen die Artenvielfalt gefördert wird, so handelt es sich dabei doch um Eingriffe, mit welchen die Waldentwicklung in eine vom Menschen vorgegebene Richtung gelenkt wird. Wozu Waldreservate? Die Einrichtung von Naturwaldreservaten ist sozusagen das Kontrastprogramm dazu. Mit dem verbleibenden Drittel an Finanzmitteln für die Biodiversität wird damit die freie Entwicklung des Waldes auf einer begrenzten Fläche zugelassen. Freie Entwicklung heisst: − die Selektion der im Dichtstand aufwachsenden Bäume erfolgt nicht durch den Menschen (Durchforstungen), sondern durch die Natur, − die Bäume bleiben bis zu ihrem natürlichen Tod im Wald, − das im Wald zugewachsene Holz verbleibt im Wald und wird dort auch wieder abgebaut. Der wohl wesentlichste Unterschied zum bewirtschafteten Wald besteht in der Menge von Totholz, die sich in den Naturwaldreservaten bildet. Eine Vielzahl von Organismen schätzt solches Holz aus ähnlichen Gründen wie wir Menschen: aufgrund der darin gespeicherten Energie. Ein abgestorbener Baum wird in der Regel wesentlich rascher abgebaut, als er zum Wachsen ge-

braucht hat. Dies zeigt, wie begehrt die aus der Photosynthese hervorgegangene organische Substanz bei den holzzersetzenden Pilzen, Pflanzen und Tieren ist. Man kann sich leicht vorstellen, dass es für das Ökosystem Wald keinesfalls auf das gleiche hinaus läuft, ob praktisch der ganze Zuwachs im Rahmen der Holznutzung aus dem Wald geführt wird, oder ob er dort als Nahrung für die sogenannten «Xylobionten» (auf Holz angewiesene Organismen) bleibt. Somit ist Totholz ein eigentlicher Motor für einen Teil der im Wald heimischen Arten und der Artenvielfalt insgesamt. Die Zahl der auf Totholz lebenden Pilzarten in der Schweiz wird zum Beispiel auf 2000 geschätzt. Ebenso gross ist die Zahl der auf Totholz angewiesenen Käferarten in Mitteleuropa. Dabei sind Tujetscher Kinder unter kundiger Führung auf dem Erlebnispfad: Eröffnungsfeier im Uaul Prau Nausch. (Bild: Ueli Bühler)

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die Kenntnisse über diese Arten heute oft noch sehr bescheiden. So wurden im Rahmen einer Untersuchung über Totholzinsekten im Sihlwald bei Zürich 1998 20 neue, also bisher noch nie beschriebene Arten entdeckt! Die Ansprüche dieser Organismen gehen in der Regel aber weit über «einfach Totholz» hinaus. Eine Rolle spielen insbesondere Baumart, Grad der Zersetzung und Mikroklima. Einzelne Arten sind auf eine hohe Konstanz von Temperatur und Feuchtigkeit angewiesen und können sich deshalb nur in dicken Baumstämmen entwickeln. Viele der auf Totholz angewiesenen Insekten haben ausgesprochen geringe Aktionsradien. Für eine funktionierende Artengemeinschaft im Wald ist es deshalb wichtig, dass auf relativ kleinem Raum abgestorbene Baumteile in ganz verschiedenen Abbaustadien und Qualitäten (mit/ohne Rinde, dick bis dünn,

trocken bis feucht etc.) vorkommen. Dies wird sich mit der Zeit in den Naturwaldreservaten sukzessive einstellen. Wälder, die sich frei entwickeln, unterscheiden sich von bewirtschafteten Wäldern aber auch in anderen Merkmalen. So führt das Ausbleibenden von Durchforstungen zu einem lang anhaltenden Dichtstand bei aufwachsenden Beständen. Einerseits wachsen dadurch die einzelnen Bäume langsamer und werden älter. Anderseits erreichen die Bestände generell höhere Holzvorräte. So schwanken die Holzvorräte in Urwäldern der Westkarpaten auf Waldstandorten, die mit unseren Wäldern der montanen Stufe vergleichbar sind, zwischen 250 und über 1300 m3 /ha! Im Vergleich dazu liegt der mittlere Holzvorrat Graubündens mit 311 m3 /ha (LFI2, 1993 – 95 ) im Bereich der vorratärmsten Entwicklungsphasen!

Totholz kann auch sehr pittoresk sein: Naturwaldreservat Tamangur/Scuol. (Bild: D. Könz)

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Nebst der Förderung der Artenvielfalt ist das Beobachten der natürlichen Waldentwicklung zur Erweiterung unseres waldbaulichen Verständnisses deshalb ein weiteres Ziel der Naturwaldreservate. Kantonale Zielsetzungen Mit dem Rahmenkonzept «Naturschutz im Wald» des Amts für Wald Graubünden wurde die Bildung von Naturwaldreservaten als eine von vier Strategien für die Förderung der Biodiversität im Wald festgelegt (Regierungsbeschluss 1581 vom 2. Oktober 2000 ). Die nationalen Standards für die Waldzertifizierung in der Schweiz (Stand 1999 ) verlangen einen Anteil von mind. 5 % Naturwaldreservaten an der Gesamtwaldfläche. Für Graubünden entspricht dies ca. 9000 ha, die mittelfristig als Naturwaldreservate eingerichtet werden sollen. Diese Zielgrösse wurde übernommen, um die Bündner Forstbetriebe darin zu unterstützen, das entsprechende Kriterium für die FSC-Zertifizierung zu erfüllen. Zentral für die Umsetzung dieses Konzepts ist natürlich der Wille der Waldeigentümer, in diesem Sinne mitzuwirken. Im Rahmen der Waldentwicklungspläne wurden und werden geeignete Flächen als «potentielle Naturwaldreservate» ausgeschieden. Dieser Planungsschritt bietet Gelegenheit, sich mit Sinn und Zweck von Naturwaldreservaten auseinanderzusetzen und nach möglichen Flächen zu suchen. Als Naturwaldreservate kommen nur Flächen ausserhalb der «besonderen Schutzfunktion» in Frage, denn dort muss ja die Möglichkeit offengehalten werden, jederzeit waldbauliche Interventionen zur Sicherung der Schutzfunktion zu ergreifen. Als mögliche Naturwaldreservate sind auch kaum je Wälder bezeichnet worden, welche sich ausgesprochen gut für die Holzproduk-

Ansprechende Tafeln informieren über die Naturwaldreservate: Persax/Fläsch. (Bild: Sandro Krättli)

tion eignen. Solche Gebiete sind in unserem Kanton dann doch zu rar! Im «Konzept Naturwaldreservate für häufige Waldgesellschaften» (Regierungsbeschluss 865 vom 5. Juli 2005 ) unterzog des Amt für Wald Graubünden die vorliegenden Reservatsvorschläge einer näheren Prüfung, welche zu einer Priorisierung der Flächenvorschläge führte. Damit soll sichergestellt werden, dass die häufigen Waldstandorte einigermassen repräsentativ im geplanten Netz von Naturwaldreservaten vertreten sind. Besonders wurde darauf geachtet, dass die für Graubünden typischen Waldstandorte gut vertreten sind. Dazu gehören insbesondere die subalpinen Fichten-, die obersubalpinen Lärchen-Arven-Wälder sowie die Waldföhren- und die Bergföhrenwälder. Aber auch in der Laubwaldstufe (z. B. Traubeneichen- und Lindenwälder) und im montanen Bereich mit Nadelbaumanteilen (hochmontane Fichtenwälder, Tannen-FichtenWälder auf Blockschutt, Tannen-FichtenWälder auf basenreichem Untergrund etc.) sind für unseren Gebirgskanton typische Waldgesellschaften vorhanden. Vom Konzept zum Naturwaldreservat Mit der Bezeichnung einer Waldfläche als mögliches Naturwaldreservat ist das Kind Bündner Wald 4/2008 29


aber noch nicht geboren! Die Waldeigentümerin muss sich mit der Frage auseinander setzen, ob sie wirklich bereit ist, zum angebotenen Beitrag des Kantons auf einen Vertrag über 50 Jahre einzugehen. Das Angebot des Kantons liegt bei CHF 20.–/ ha und Vertragsjahr. Dieses Angebot ist unabhängig von der Standortgüte, denn es ist weniger als Entschädigung für entgangene Nutzungserträge zu verstehen, sondern vielmehr als Beitrag an die Naturschutzleistung, welche durch die Einrichtung des Naturwaldreservates erzielt wird. Deuten die Zeichen darauf hin, dass diese Einigung erzielt werden kann, so wird in Rücksprache mit der Waldeigentümerin eine Vorstudie ausgearbeitet, welche folgende Teile enthält: − Beschreibung des Objektes (Waldstandorte, Nutzungsgeschichte) − Übereinstimmung mit dem Kantonalen Konzept − Vereinbarkeit mit anderen Waldfunktionen − Ziele und Massnahmen − Besonderheiten (Quellfassungen, Wanderwege, Stollenfenster etc.) − Kosten Die Vorstudie wird nach einer positiv verlaufenen Ämtervernehmlassung zu einem Vorprojekt umgearbeitet. Rechtskräftig wird die Errichtung des Naturwaldreservats durch die Unterzeichnung eines Dienstbarkeitsvertrages, welcher auf das Vorprojekt Bezug nimmt. Unterzeichnet wird dieser durch die Waldeigentümerin und den Kanton (Vorsteher des BVFD ). Mit dem Vertrag verzichtet die Waldeigentümerin auf jegliche Holznutzung bis zum Vertragsende. Untersagt ist ebenfalls die Waldweide. Andere Tätigkeiten, wie das freie Begehen, Beerensammeln im orstüblichen Umfang, die Jagd etc. sind im Rahmen der allgemein 30

geltenden Rechte weiterhin gestattet. Bei Waldbrand soll selbstverständlich interveniert werden. Sollten vom Reservat Insektenkalamitäten ausgehen, welche die umliegenden Bestände stark bedrohen, so sind phytosanitarische Massnahmen möglich. Bisher Erreichtes Nach ungefähr diesem Muster sind bis Mitte 2008 14 Naturwaldreservate mit einer Gesamtfläche von gut 1800 ha eingerichtet worden. Über einige weitere Waldflächen bestehen Schutz-Verträge, welche einen Naturwaldreservat ähnlichen Status bewirken. Das kleinste Objekt misst 1,2 ha (Fürstenau/Au), das grösste 1200 ha (Val Cama-Val Leggia). Letzteres ist nebst dem Schweizerischen Nationalpark gegenwärtig auch gleichzeitig das grösste Naturwaldreservat der Schweiz. In den letzten Jahren wurde dazu übergegangen, mit ansprechenden Informationstafeln auf die Naturwaldreservate hinzuweisen. Sie beinhalten eine kurze Erklärung der Ziele des Reservates sowie die geltenden Regeln. Ausserdem wird auf einige für das Gebiet charakteristische Arten hingewiesen. Oft wurden kleine Eröffnungsfeiern veranstaltet, welche meist sehr gut besucht waren. Über die offizielle Unterzeichnung des Reservatsvertrages Val Cama wurde praktisch in allen bedeutenden Schweizer Zeitungen berichtet. Die Einbindung von Naturwaldreservaten in das touristische Angebot ist in bestimmten Fällen ein vielversprechender Ansatz. So wurde etwa auf Wunsch der Gemeinde im Naturwaldreservat Uaul Prau Nausch bei Sedrun ein gleichermassen unterhaltsamer, interessanter, wie wild-romatischer Erlebnispfad mit Rastplatz eingerichtet, der sich auch für Familien mit Kindern bestens eignet. Das Gelände wird dafür sorgen, dass sich der Besucherstrom nicht allzu flächig in


das Reservat ergiesst . . . Und die Natur? Seit langem beobachtet die ETH die Waldentwicklung unter anderem im Reservat Scatlè bei Breil/Brigels. Diese Forschung wird in einem schlanken, aber langfristig angelegten Projekt mit der WSL weitergeführt und auf weitere, neuere Naturwaldreservate, darunter auch solche im Kanton Graubünden, ausgedehnt. Untersuchungen der Entwicklung von Flora und Fauna sind dagegen so aufwendig, dass sie nicht in dieses nationale Monitoring-Programm aufgenommen werden konnten. Zweifellos werden aber auch dazu Untersuchungen anlaufen, wenn auch

mit etwas anderen Forschungsansätzen und nicht straff organisiert. Bereits fanden in 6 Naturwaldreservaten Bestandesaufnahmen der Brutvögel durch ehrenamtlich arbeitende Mitglieder der Ornithlogischen Arbeitsgruppe Graubünden statt.

Dr. Ueli Bühler, dipl. Forsting. ETH Amt für Wald Graubünden Loëstrasse 14, CH-7000 Chur ueli.buehler@afw.gr.ch

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Biosfera Val Müstair – Parc Naziunal – was bedeutet dieses Label? Gemeinsam zum UNESCO-Label Gemäss statistischen Auswertungen wird das Val Müstair ( VM ) als potentialarmer Raum im Kanton Graubünden bezeichnet. Potentialarme Räume zeichnen sich dadurch aus, dass in ihnen eine rückläufige Beschäftigungs- und Wertschöpfungsentwicklung festgestellt wird, dass sich Altersstruktur beziehungsweise Abwanderung ungünstig entwickeln, dass die Grundversorgungsleistungen abgebaut werden und dass sich die Finanzkennzahlen der Gemeinden ungünstig entwickeln. In potentialarmen Räumen sind aber durchaus auch Potentiale vorhanden. Dies gilt im VM mit seinen Kulturlandschafts- und Naturraumpotentialen oder seinen Kulturgütern in besonderem Masse. Diese Chancen

wollen wir nützen und unsere Möglichkeiten in marktgängige Produkte und Dienstleistungen bzw. in Wertschöpfung und Beschäftigung umsetzen. Der Schweizer Nationalpark ( PN ), ältester Nationalpark Mitteleuropas und der Alpen, gehört zur Gruppe der strengen Naturreservate (Kat.1). Im PN werden keine Tiere gejagt, keine Wiesen gemäht und keine Bäume geschlagen, die Natur ist sich selbst überlassen. Der PN ist ein UNESCO-Biospährenreservat der ersten Stunde. Angemeldet 1979 genügt es den neueren Bestimmungen der sogenannten Sevilla–Strategie, die u.a. eine Zonierung des Gebietes vorschreibt, nicht mehr. Sowohl das Val Müstair als auch der Schweizer Nationalpark sind an

Im Val Müstair sind 26 % der Gesamtfläche bewaldet, total 5098 ha. Die Waldfläche pro Kopf beträgt 2,8 ha, was vergleichbar ist mit den waldreichsten Gebieten Europas. Val Müstair mit Piz Daint und Piz Dora. (Bild: Hansjörg Weber)

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Auf 33 % der Waldfläche stocken Wälder mit besonderer Schutzfunktion. Sie schützen direkt oder in Kombination mit technischen Massnahmen Siedlungsgebiete und Verkehrswege vor Naturgefahren. Die Pflege und Nutzung dieser Wälder sind unabdingbare Voraussetzungen für das Leben im Val Müstair. Murganggebiet Val Schais, Gemeinde Sta. Maria und Umbrail-Passstrasse. (Bild: Hansjörg Weber)

der gemeinsamen Biosfera VM – PN nach den neuen UNESCO-Kriterien interessiert. In Kombination mit dem Parklabel Regionaler Naturpark Voraussetzung für den Zusammenschluss des VM mit dem PN zu einer UNESCO-Biosfera ist die Anerkennung des VM als regionalen Naturpark gemäss Verordnung über die Pärke von nationaler Bedeutung (Pärkeverordnung, PäV) vom 30. Januar 2007. Unser Projektdossier zusammen mit der Charta – Vertrag zwischen den Gemeinden und der Parkträgerschaft über den Betrieb und die Qualitätssicherung des BiosferaProjektes – wurde am 14. November 2007 mit 79% Ja-Stimmen von allen Gemeinden

des Tales genehmigt. Die Bündner Regierung unterstützt unser Vorhaben und beantragte am 24. Januar 2008 dem Bundesamt für Umwelt, dem regionalen Naturpark Biosfera VM das Parklabel zu verleihen. Sofern unser Projektdossier von Bund und UNESCO als genügend beurteilt wird, dürften die in Aussicht gestellten Labels im Herbst 2008 resp. 2009 verliehen werden. Wir könnten damit ohne Umweg direkt Biosfera VM – PN, das weltweit einzige Biosphärenreservat im romanischen Sprachgebiet werden. Zusammen mit dem bereits bestehenden UNESCO-Weltkulturerbe Kloster St. Johann in Müstair besteht die einmalige Chance, Synergien zwischen Natur und Kultur zu nutzen. Bündner Wald 4/2008 33


Biosfera-Label als Chance Wir sehen das zukünftige UNESCO–Weltnaturerbe Biosfera VM – PN in Kombination mit dem UNESCO-Weltkulturerbe Kloster St. Johann als Chance für den Wirtschaftsaufschwung im Val Müstair. Das BiosferaLabel bringt unserer Region eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und hilft mit, die von unseren Vorfahren geprägte Kultur zu erhalten und unsere Natur- und Kulturlandschaft aufzuwerten. Alle Massnahmen und Regelungen für die Biosfera erfolgen partnerschaftlich unter Abwägung aller Interessen. Mit den Park- und Produktelabels möchten wir den sanften Tourismus und die Vermarktung von Regionalprodukten fördern, damit Arbeits- und Ausbildungsplätze erhalten bleiben und nach Möglichkeit neue geschaffen werden sowie die Zusammenarbeit zwischen Tourismus, Land- und Forstwirtschaft wie auch Gewerbe unterstützen. Wald und Holz im regionalen Naturpark Im Projektdossier wird die Pflege und Nutzung der Wälder als unabdingbare Voraussetzung für das Leben im Val Müstair festgehalten. Die Vorgaben des Waldentwicklungsplanes Val Müstair (WEP 1995 ) sind ins Dossier integriert. Die Pfle-

gezone ist mit den ausgewiesenen Schutzzonen im kantonalen und regionalen Richtplan identisch und bringt keine neuen Auflagen für die Forstwirtschaft mit sich. Potentiale, aber auch Grenzen der Holzenergie werden für die Region aufgezeigt. Die Bedeutung der Forstwirtschaft für die lokale Wirtschaft ist anerkannt; Wirtschaftsund Naturschutzaspekte können in Einklang gebracht werden. Sämtliche Aktivitäten der Biosfera werden heute schon über Teilprojekte realisiert. Für die Forstwirtschaft von Bedeutung ist das Teilprojekt 4.2 «Waldpflege» mit folgenden Zielen: – Stabilitätspflege der Schutzwälder – Förderung von buchtigen Waldrändern – Pflege von Lärchen-Weide-Wäldern – Aufwertung von Lebensräumen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten – Aufwertung von Sonderstandorten im Wald Dies sind Ziele, die auch das (Amt für Wald) verfolgt und unterstützt. Das Teilprojekt «Waldpflege» wird vom AfW geleitet. Damit ist die Koordination mit den forstlichen Projekten «Schutzwald», «Biodiversität» und «Jungwaldpflege» gewährleistet. Die Stärken der Forstwirtschaft liegen in der naturnahen Nutzung und Produktion nach FSC-Richtlinien. Der Markt ist jedoch für

Logos der Biosfera und des Klosters Müstair. Eine Anpassung des Biosfera-Logos erfolgt nach der Anerkennung als reg. Naturpark/ UNESCO-Welterbe (Quelle: Biosfera VM-PN /Ivo Andri)

Biosfera Val Müstair Parc Naziunal

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die im Tal produzierten Güter stark eingeschränkt. Hiezu trägt auch die Preisdifferenz zum benachbarten Südtirol bei. Schwankungen und Unsicherheiten der Preise für Holz und Holzprodukte hindern die Innovationsfreudigkeit der betroffenen Betriebe. Mangelnde Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten sowie eingeschränkte Berufsperspektiven führen zu einer Abwanderung der jungen Bevölkerung. Biosfera-Produktelabel für Holz und Holzprodukte Das Biosfera-Management, bestehend aus der Geschäftsstelle mit Sekretariat, der Produktelabel-Kommission sowie den Perits, ist für den operativen Aufbau des Betriebes und die Weiterentwicklung der Biosfera zuständig. Die Produktelabel-Kommission verwaltet die von der nationalen Kommission geprüften lokalen Anforderungskriterien. Wenn diese Kriterien eingehalten sind, vergibt sie eine Lizenz für Produkte, Dienstleistungen oder Betriebe. Sie organisiert auch die Zertifizierung sowie die Kontrollen zur Einhaltung der Kriterien. Die Qualitätslabel für den Park und für die im Parkgebiet produzierten Güter und Dienstleistungen bilden ein zentrales Instrument zum Nutzen der lokalen Wirtschaft und tragen zur Erhöhung der Wertschöpfung bei. Wertschöpfungsketten zwischen Landwirtschaft und Tourismus oder Forstwirtschaft und Gewerbe mit qualifizierten Produkten und Dienstleistungen werden gefördert. Als Beispiel sei die neu entstandene «Surpraisa jaura» – «surpraisa» ist das romanische Wort für Überraschung – erwähnt: – lokale Forstbetriebe nutzen einheimisches, FSC-zertifiziertes Arvenholz – lokale Unternehmungen transportieren das Holz zur Sägerei und später zur Schreinerei

«Surpraisa jaura», eine exklusive Geschenkidee und ein Muss für alle, die nicht mit leeren Händen aus dem Val Müstair heimkehren wollen. (Bild: Ivo Andri)

– der Partnerbetrieb erstellt mit den Arvenbrettern verschieden grosse «Verpackungskistchen» – Partnerbetriebe liefern Biosfera-Produkte (Kräutermutschli, Heusalsiz, Tamburins, Bienenhonig, Handwebprodukte . . .) und organisieren den Verkauf Die Nachfrage für einheimisch produzierte und qualitativ hochstehende Label-Produkte nimmt in der Schweiz jährlich zu. Die positive Verkaufsentwicklung der «Surpraisa jaura» bestätigt diesen Trend. Partnerbetriebe, welche die ProduktelabelKriterien einhalten, werden u.a. von internationalen Organisationen wie Slow Food, aber auch von Promontogna, d. h. von Grossverteilern angespornt, neue Produkte Bündner Wald 4/2008 35


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aus der Biosferaregion auf den Markt zu bringen. Dies ist die richtige Entwicklung; im Bereich der Holzwirtschaft werden neue Absatzkanäle dringend benötigt. Das Biosfera-Label hat längerfristig für die Erhaltung der Betriebe einen hohen Stellenwert. Allgemein ist ein einheitliches und koordiniertes Auftreten aller an der Wertschöpfungskette beteiligten Betriebe unter einer starken Vermarktungsorganisationen nur vorteilhaft. Label-Kriterien zur Stärkung einer nachhaltig betriebenen Waldund Holzwirtschaft Unter dem Produktelabel verstehen wir ein Label, das für Produkte und Dienstleistungen von Pärken von nationaler Bedeutung 36

vergeben wird. Das Produktelabel ist eine Garantiemarke und ist Eigentum des Bundes. Für die Biosfera-Region bedeutet dies, dass z. B. das Holz gemäss FSC zertifiziert ist und es natürlich zu 100% aus der Region stammt. Diese Wertschöpfungskette mit einer hochstehenden Qualität verbunden spornt wiederum das Gewerbe an, einheimisches Holz wieder in den Vordergrund zu stellen. Die Kriterien betreffen den Abbau, aber auch die interne sowie externe Organisation des Forstbetriebes. Der Kunde kann den Ablauf der Produktionskette bis zum fertigen Produkt mitverfolgen, was dem heutigen Konsumverhalten entspricht. Fazit: Die Biosfera VM-PN wirkt sich im Bereich Wald und Holz positiv aus – auf die Arbeitsplatzsituation – auf die Sicherheit der Wohngebiete und der Verkehrsträger – auf die Landschaft und die Biodiversität www.biosfera.ch

Hansjörg Weber Bereichsleiter Ökologie 7535 Valchava hansjoerg.weber@afw.gr.ch

Gabriella Binkert Bereichsleiterin Ökonomie 7535 Sta. Maria i. VM g.binkert@bluewin.ch


Holz in der UNESCO-Biosphäre Entlebuch Der Naturraum der UNESCO-Biosphäre Entlebuch Das Gebiet der UNESCO-Biosphäre Entlebuch erstreckt sich über einen markanten Abschnitt des nördlichen Alpenvorlandes, der Voralpen und der ersten beiden Kalkalpenketten. Das Klima wird einerseits geprägt durch den Steigungsregen im Stau der Nordalpen und die damit verbundenen hohen Jahresniederschläge ( 1600 – 2200 mm). Andererseits sorgen die nicht seltenen Föhnlagen und der nahe Vierwaldstädter See für eine vergleichsweise hohe durchschnittliche Jahresmitteltemperatur zwischen 8 und 10° C, so dass die generellen Klimabedingungen als feucht und sub-ozeanisch charakterisiert werden können. Mit dem grosszügig geschnittenen Tal der Kleinen Emme (Talboden bei etwa 750 m ü. M.), dem Napfgebiet als bis auf gut

1400 m gehobenen Molassekörper und den ersten Voralpen- bzw. Alpenketten aus gefalteter Molasse, Flysch und Kalk prägen drei sehr unterschiedliche Landschaftstypen das Gebiet der Biosphäre. Allen gemeinsam ist die hohe Bedeutung des Waldes in der Landnutzungsgeschichte. Unter den heutigen Klimabedingungen wären von Natur aus Rotbuchenwälder in den unteren Lagen vorherrschend. Steile Talflanken im Napfgebiet bilden Sonderstandorte für ahornreiche Schluchtwälder. Der subalpine Fichtenwald wird ab etwa 1600 m zur bestimmenden Waldgesellschaft, hier ergänzt um die besonderen Ausbildungen auf Karststandorten. Moorkiefernwälder markieren die entsprechenden Sonderstandorte auf Flysch. Im Verlauf der Waldnutzungsgeschichte wurde die Fichte als Brotbaum der bäuerlichen Waldwirtschaft

Karst-Fichtenwälder an der Schrattenfluh (Gemeinde Flühli) (Bild: T. Coch)

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Typisches Einzelgehöft im oberen Entlebuch. (Bild: T. Coch)

verstärkt in den Buchenwaldgürtel der unteren Lagen eingebracht. Geschichtliches und Gesellschaftliches zur Holznutzung im Entlebuch Infolge der recht späten, dafür aber sehr planmässig angelegten Besiedlung ab dem 12. Jahrhundert wurde den unterschiedlichen Waldfunktionen bereits früh Rechnung getragen. Die erste Besiedlungswelle führte zu einem typischen Streusiedlungsbild mit geschlossenen Hofgütern, die neben dem vorherrschenden Viehbetrieb auf der Südseite des Haupttales auch Ackerbau betrieben und auf den Kuppen mehrere Hektaren Waldfläche zum Eigenbedarf bewirtschafteten. Schon damals war man sich der Schutzfunktion des Waldes sehr bewusst, in dem man die erosionsgefährdeten Kuppen und Oberhänge bestockt liess. 38

Auch in den hochmontanen Waldungen des Waldemmentals trat der Wald als Holzlieferant in der Vergangenheit vielfach zurück gegenüber seiner Funktion als Energiequelle. Besonders augenfällig wurde dies in seiner gezielten Nutzung als Energieträger für die Glaserei in der frühen Neuzeit. Die ausgedehnten hochmontanen und subalpinen Fichtenwälder der Region waren damals ein entscheidender Standortvorteil für die sich aus dem deutschen Schwarzwald ansiedelnden Glaser. Was im Engadin rund um den Ofenpass infolge des Salinenbetriebs flussabwärts entstand – gewaltige Schlagflächen und sich anschliessender gleichförmiger Waldaufbau – besorgten im 18. Jahrhundert rund um Flühli im Waldemmental die Glaser. Da das Entlebuch aber nun keineswegs als inneralpines Trockental angesprochen werden kann, stellten sich


die unmittelbaren landschaftsökologischen Folgen des Raubbaus am Wald rasch ein. Bis in die Gegenwart ist das Entlebuch als hochwassergefährdet bekannt geworden. Die Schutzwaldfunktion erstreckt sich daher sowohl auf den Lawinenschutzwald (Nassschnee!), auf den Erosionsschutzwald (Flysch!) wie auch auf die Interzeption der typischen Starkniederschläge, um in den oftmals ausgedehnten und steil reliefierten Einzugsgebieten Hochwasserspitzen zeitlich zu entzerren. Für die frühere Landnutzung mutmasslich von geringer Bedeutung, dafür aber mit ausschlaggebend für die Entstehung des Biosphärenreservates, ist der hohe Naturschutzwert der gebietstypischen Moor- und Moorrandwälder. Etwa 8 % der Gesamtfläche des Entlebuchs sind von Mooren bedeckt. Neben vereinzelten fast baumlosen Hochmooren ist der Typus des BergkiefernMoores besonders gut ausgeprägt. Früher wie heute zur Streugewinnung dienen die ausgedehnten Flachmoore und Feuchtwiesen. Die Wald- und Holznutzung als Beispiel des Nachhaltigkeitsverständnisses in der UBE Für den modernen Waldbau – zumal in Gebirgsregionen – ist Nachhaltigkeit im Umgang mit der Ressource Holz inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden. Dabei bezieht sich der aktuelle forstliche Nachhaltigkeitsbegriff bekanntlich nicht nur auf das Prinzip der kontinuierlich zur Verfügung gestellten Nutzmenge (in ausgeglichener Relation zum Natural-Zuwachs), sondern auch auf die ökologische Nachhaltigkeit im weiteren Sinn, welche Aspekte der Bodenpfleglichkeit, des Artenschutzes und etwaiger Folgewirkungen (z. B. Erosion, mikroklimatische Veränderungen) der Bewirtschaftung

einbezieht. Ausdruck dieser Bemühungen um einen verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Holz und ihrer Bedeutung im Ökosystem ist heute vielfach ein Zertifizierungssystem, mit dessen Hilfe verantwortungsvoller Umgang auch marktwirtschaftlich positioniert werden kann. In der 2001 vom Internationalen Koordinationsrat (ICC) des UNESCO Man and Biosphere-Programms anerkannten UNESCO-Biosphäre Entlebuch bestimmt eine zusätzliche inhaltliche Erweiterung das Verständnis von Nachhaltigkeit: Gemäss der 1995 als Richtschnur für die Biosphärenreservate erarbeiteten Sevilla-Kriterien (benannt nach dem 2. Weltkongress der Biosphärenreservate in Sevilla) sollen Biosphärenreservate auch lernende Region in Sachen sozialer Nachhaltigkeit sein. Mit Hilfe einer umfassenden Mitwirkung der Bevölkerung (Partizipation) soll der Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten dazu führen, dass Landflucht und Pendlerdasein vermieden und wirtschaftliche Prosperität auch ausserhalb der Agglomerationsräume vermehrt werden können. Im Entlebuch setzt man dabei vor allem auf Partizipation und Kooperation zwischen den regionalen und lokalen Akteuren mit Hilfe sogenannter Foren. Diese stellen Aktionskreise dar, in denen interessierte Bürgerinnen und Bürger, involvierte Betriebe, Organisationen und Vereine zusammentreten, um in einem bestimmten Fachbereich strategisch und operational die Zukunft der Region zu gestalten. Nach dem Entlebucher Partizipationsmodell agieren diese Foren unabhängig vom Biosphärenmanagement. Über einen Koordinationsrat zwischen den einzelnen Foren nimmt das Management lediglich an der strategischen Entwicklung teil, fördert diese und betätigt sich bei Konflikten als Moderator. Bündner Wald 4/2008 39


Traditionelle und moderne Bauweise mit Entlebucher Holz (siehe auch Bild Seite 41 unten). (Bild: T. Coch)

Im Fachbereich Wald und Holz besteht seit Januar 2000 – also bereits vor der Anerkennung der UBE – das Entlebucher Holzforum als eigenständiger Verein mit derzeit etwa 90 Mitgliedern (davon sind rund die Hälfte Firmen aus dem forst- und holzwirtschaftlichen Sektor). Das Entlebucher Holzforum besetzt im Wesentlichen folgende Aktivitätsfelder: – Bauen mit Holz: Entwicklung regionstypischer Bauweisen, die modernen Ansprüchen an den Energieverbrauch genügen, Trends in der Gestaltung setzen und die Vorteile der räumlichen Nähe zwischen Forstbetrieb und Holzverarbeitung nutzen. – Heizen mit Holz: Förderung moderner Konfektionierungen (z. B. Pellets), aber auch Förderung der Vernetzung zwischen Waldbauern, die noch Brennholz 40

aufarbeiten und Verbrauchern, die konventionelles Brennholz suchen. – Zertifizierung von Holzprodukten: Im Auftrag des Biosphärenmanagements übernimmt das Entlebucher Holzforum die Produktzertifizierung und erteilt das geschützte Logo «Echt Entlebuch» für Holzprodukte, deren Holz aus dem Entlebuch stammt und die hier weiterverarbeitet wurden. – Zertifizierung von Wäldern: Im Auftrag der kantonalen Forstverwaltung ist das Entlebucher Holzforum direkter Ansprechpartner für alle Waldbesitzer, die ihren Wald zertifizieren lassen wollen. Zur Verwendung kommt das FSC (Forest Steward Councilship)-Zertifikat in Verbindung mit dem Q-Swiss-QualityLogo. Entsprechenden Anforderungen genügende Wälder verhelfen ihrem Ei-


gentümer gleichzeitig zur Berechtigung für das Führen des «Echt Entlebuch»Logos in seinem Betrieb. Daneben übernimmt das Holzforum auch Repräsentations- und Netzwerkaufgaben. Wie aus der Auflistung ersichtlich, spielt die Zertifizierung eine ausschlaggebende Rolle in der Strategie, mittels verbesserter Wertschöpfung bei gleichzeitiger Wahrung von verbindlichen Umweltstandards eine umfassende Nachhaltigkeit zu erreichen. Wenn man bedenkt, dass sich der Entlebucher Wald zu 80% im Privateigentum befindet und sich auf einer Waldfläche von rund 15 000 Hektaren rund 2200 Waldeigentümer einfinden, was einer durchschnittlichen Betriebsgrösse von 5,5 ha gleichkommt, wird rasch klar, wo die zentralen Probleme der Wertschöpfung in der Holzproduktion liegen. Daher initiiert das Entlebucher Holzforum gemeinsam mit dem kantonalen Forstdienst die Bildung von Räumlichen Organisationen (RO) zwischen den Waldeigentümern. Wenn eine Geländekammer künftig gemeinschaftlich bewirtschaftet werden kann, treten sowohl im Waldbau wie auch in der Holzernte und -vermarktung wertvolle Synergien ein, welche die Kostenbelastung pro geschlagenen Festmeter deutlich reduzieren helfen. Mittlerweile (Stand Mai 2008 ) ist gut ein Drittel der gesamten Waldfläche – also 5000 ha – nach FSC (Q-Swiss und Echt Entlebuch) zertifiziert. Die zertifizierten Bestände stellen nach vorläufigen Schätzungen etwa 40 – 45% des Gesamteinschlags im Entlebucher Wald. Dieser hat sich nach den markanten Zwangsnutzungen im Gefolge von Lothar bei etwa 80- bis 90 000 Festmetern bei einem möglichen Nutzungspotential von 120 000 Festmetern (Vorratsabbau nicht eingerechnet) eingependelt. Weiterverarbeitet, also durch

heimische Sägereien eingeschnitten, werden jährlich rund 50 000 Festmeter. Davon stammt etwa 1⁄3 des Rundholzes von ausserhalb der UBE und folglich 2⁄3 aus der UBE. Zieht man in Betracht, dass über 30 heimische Betriebe aus dem Halbprodukt Schnittholz der Sägereien weitere Veredlungsschritte vornehmen – die Spannbreite Modernes Firmengebäude mit Entlebucher Holz, Escholzmatt. (Bild: T. Coch)

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reicht hier vom Zusammenschluss der Entlebucher Küchenhersteller bis zum Gartenund Landschaftsbau-Unternehmen – wird die Dimension der entstandenen regionalen Wertschöpfungskette mit dem Rohstoff Holz abschätzbar. Natürlich wären solche Entwicklungen auch ohne den Status eines UNESCO-Biosphärenreservates grundsätzlich vorstellbar. Angesichts der mittlerweile über 200 mit der Marke «Echt Entlebuch» zertifizierten Produkte wird jedoch deutlich, welche Dynamik ein in der Bevölkerung

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verankertes Biosphärenreservat zu entwickeln vermag.

Dr. Thomas Coch, Wissenschaftskoordinator UNESCO Biosphäre Entlebuch

Chlosterbüel 28, 6170 Schüpfheim T.Coch@biosphaere.ch Weitere Autoren: Roland Stalder und Urs Felder


Arbeitssicherheit: Handeln oder wegschauen? In der Forstbranche ist die Unfallrate nach wie vor sehr hoch. Von 100 Mitarbeitenden erleiden jedes Jahr 30 einen Unfall. Seit 2004 sind bei den Unfallzahlen leider keine Fortschritte mehr zu erkennen. Ausgerechnet unter den jungen Leuten, die sich zum Forstwart ausbilden lassen, und in den Ausbildungsbetrieben ist die Unfallhäufigkeit besonders hoch. Was ist zu tun? Von 1990 bis 2003 hat sich das Berufsunfallgeschehen in den Forstbetrieben positiv entwickelt, Die Unfallhäufigkeit nahm stetig ab (siehe Abbildung). 2004 erfolgte jedoch eine Trendwende. Seither verharrt die Unfallhäufigkeit auf einem Niveau von rund 300 Berufsunfällen pro 1000 Vollbeschäftigte. Diese hohe Unfallrate ist unakzeptabel. Im Zeitraum von 2003 bis 2006 ist gemäss

Forststatistik die Holzproduktion um 7,6 Prozent gestiegen, während die Anzahl der Vollbeschäftigten gleichzeitig um 19,3 Prozent abgenommen hat. Die Abnahme war im Jahr 2004 mit minus 17,1 Prozent besonders dramatisch. Es ist davon auszugehen, dass diese Produktivitätssteigerung und die unerfreulichen Unfallzahlen in einem engen Zusammenhang stehen. Berufsunfälle aus dem Jahr 2003 analysiert Eine Analyse der Unfälle des Jahres 2003 hat gezeigt, dass 45 Prozent der ForstwartLernenden in diesem Jahr einen Berufsunfall erlitten. Eine weiterführende Untersuchung ergab Überraschendes: In den letzten 20 Jahren bewegte sich die Unfallhäufigkeit immer zwischen 400 und 490 Berufsunfällen pro 1000 Lehrverhältnisse. Das heisst,

Entwicklung der Berufsunfälle in der Klasse 42B (Forstbetriebe), 1975 – 2007. (Quelle: SuvaPro)

Suva-Kampagne «Wald-Sicherheit ist machbar!» 450

Berufsunfälle pro 1000 Vollbeschäftigte

400 350 300 250 200 150 100 50 0 1975

1980

1985

1990

1995

2000

2005

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jeder Lernende verursacht in seiner dreijährigen Grundausbildung rund zwei Berufsunfälle. Erstaunlich ist auch, dass sich das Unfallgeschehen der Lernenden nicht von demjenigen der anderen Mitarbeitenden in den Forstbetrieben unterscheidet. Eine Auswertung der Angaben der Forstbetriebe über die Ursachen ergab Folgendes: – Jeder fünfte Unfall ist darauf zurückzuführen, dass Sicherheitsregeln oder Arbeitsanweisungen fehlten, ungenügend waren oder missachtet wurden. 17 Prozent der Unfälle sind auf Gefähr– dungen zurückzuführen, die vor dem Ereignis unbekannt waren, 12 Prozent auf Gefährdungen, auf die von den Mitarbeitenden schon vor dem Unfall hingewiesen wurde. Unklar ist allerdings, wer wen auf die Gefährdung hingewiesen hat. – 14 Prozent der Unfälle ereigneten sich, obwohl schon früher Massnahmen angeordnet worden waren, um solche Ereignisse zu vermeiden. Diese Fakten weisen auf den dringenden Handlungsbedarf in den Forstbetrieben und in der forstlichen Grundausbildung hin. Sie zeigen aber auch, wo der Hebel anzusetzen ist. «Vorbildliche Forstbetriebe» zeigen Optimierungsmöglichkeiten Seit 1997 zeichnet die Suva vorbildliche Forstbetriebe aus. Ein Vergleich des Berufsunfallgeschehens der «vorbildlichen Forstbetriebe» der Jahre 1997 bis 2006 mit der Branche zeigt: – Die Unfallhäufigkeit in den ausgezeichneten Forstbetrieben ist rund 25 Prozent tiefer als im Durchschnitt der Branche – der Risikosatz bezüglich Heilkosten und Taggelder ist rund 33 Prozent tiefer und – der Nettoprämiensatz rund 24 Prozent. 44

Betriebe mit einem bedeutenden Anteil an Kommunalarbeiten wurden bei diesem Vergleich nicht berücksichtigt. Aufgrund dieser Daten kann für die «vorbildlichen Forstbetriebe» von einem rund 25 Prozent tieferen Unfallkostenrisiko ausgegangen werden. Dies zeigt: In den Forstbetrieben ist noch ein massives Optimierungspotenzial bezüglich Sicherheit und Gesundheitsschutz vorhanden. Gefordert sind alle Alle im Forstbetrieb müssen zur Vermeidung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten beitragen, sowohl Arbeitgeber und Vorgesetzte als auch Mitarbeitende und Lernende. Hier einige Grundregeln, die für die Sicherheit besonders wichtig sind: – Aktualisieren Sie umgehend das betriebliche Sicherheitskonzept. Passen Sie es den heutigen Gegebenheiten an. Mangelnde Zeit nach einer Reorganisation im Betrieb ist kein akzeptabler Hinderungsgrund, sondern vielmehr ein Alarmzeichen für akuten Handlungsbedarf. – Ermitteln und beurteilen Sie systematisch die Gefährdungen, die bei den betrieblichen Tätigkeiten auftreten. Sie können dazu Hilfsmittel der Suva verwenden. Unter www.suva.ch/forst > Gefährdungen bei forstlichen Tätigkeiten – Beurteilung und Dokumentation finden Sie sowohl praktische Checklisten zu einzelnen Themen als auch Beschreibungen von ganzen Arbeitsverfahren mit den dazugehörenden Gefährdungen und Massnahmen. – Bestehen Sie als Vorgesetzter, als Betriebsleiter, Vorarbeiter, Gruppenchef, Berufsbildner oder auch als Maschinist auf dem Einhalten der Sicherheitsregeln. Seien Sie selbst ein Vorbild und dulden Sie kein sicherheitswidriges Verhalten. Nicht wegschauen, sondern handeln!


– Sagen Sie STOP, wenn Ihnen eine sicherheitsrelevante Information fehlt oder Sie eine Arbeit nicht sicher ausführen können, wenn Sie etwas nicht verstanden haben oder Sie sicherheitswidrige Zustände erkennen! Von den Aufsichtsbehörden über die forstliche Grundausbildung erwartet die Suva, dass künftig nur noch Betriebe oder Lehrbetriebsverbünde eine Ausbildungsbewilligung erhalten, die das Prädikat «Ausbildungsbetrieb» auch verdienen. Demnächst steht den zuständigen Instanzen dazu ein neues Hilfsmittel zur Verfügung, ein Auditprotokoll als Ergänzung zur Qualicard. Auch das Forstteam der Suva wird seine Aktivitäten entsprechend fokussieren. Es wird

künftig vermehrt Berufsunfälle vor Ort abklären – insbesondere schwere Unfälle und Unfälle von Lernenden. Ziel der Abklärungen ist, Wiederholungen ähnlicher Ereignisse zu vermeiden. Weitere Informationen: www.suva.ch/forst > Förderung der Arbeitssicherheit in forstlichen Ausbildungsbetrieben

Othmar Wettmann, Suva Bereich Holz und Dienstleistungen Rösslimattstrasse 39, CH-6002 Luzern

othmar.wettmann@suva.ch

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Grossraumschutzgebiete – Aufgaben/Chancen für Förster Gesetze und Verordnungen regeln die Zuständigkeiten, beinhalten aber auch einen Gestaltungsspielraum resp. bieten je nach Schutzstatus mehr oder weniger Möglichkeiten zur Mitwirkung durch den Forstdienst. Ein Park gemäss PäV verlangt eine Öffnung gegenüber Andersdenkenden und vermehrte Öffentlichkeitsarbeit (Erklärungsbedarf). Dadurch wird die eigene Arbeit des Forstdienstes aufgewertet. Ein Park mit institutionalisierter Organisation bringt aber zusätzlichen Koordinationsbedarf und verlangt nach gegenseitiger Abstimmung der Operateure und Interessenten. Nationalpark Der Schweizerische Nationalpark entzieht sich vollständig der Einflussnahme des Forstdienstes. Er untersteht nicht der Waldgesetzgebung, sondern dem NHG. Da hier der Wald keine Sonderrechte (z.B. Waldflächenerhaltung) gegenüber der übrigen Natur hat, entfallen forstrechtliche Hoheitsaufgaben. Die Zuständigkeit liegt bei der Parkverwaltung und der übergeordneten Nationalparkkommission. Der Forstdienst kann allenfalls auf die Parkverwaltung Einfluss nehmen, wenn es um Natur und Landschaft lassen sich dem Besucher eines Parks in ihrer ganzen Schönheit und Faszination anbieten, wenn sie richtig «verpackt» sind. (Bild: Ruedi Zuber)

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die Vermeidung von Wildschäden in angrenzenden Gebieten oder um Käferbefall im angrenzenden Schutzwald resp. Schäden durch Naturereignisse geht, welche ihren Ursprung im Nationalpark haben. Im übrigen kann der Forstdienst in seinem Arbeitsumfeld positiv über den Nationalpark Bericht erstatten oder im Rahmen von Führungen und Exkursionen in seinem Hoheitsgebiet erzieherische Aufgaben übernehmen. Aus dieser Sicht dürfte die Parkverwaltung an einem guten gegenseitigen Einvernehmen sehr interessiert sein. Biosphäre Mit der Anerkennung der Biosfera Val Müstair – Parc Naziunal durch die UNESCO wird der SNP als bisherige ausschliessliche Kernzone mit vollständigem Nutzungsverzicht, Wegegebot etc. in ein System eingebunden, das weitere Zuständigkeitsebenen beinhaltet. In der Umgebungs- und in der Entwicklungszone gelten weniger strenge Vorschriften, und auch der Forstdienst behält dort seine hoheitlichen Funktionen. Einerseits bedingt dies eine noch engere Zusammenarbeit mit der Parkverwaltung. Andererseits übernimmt der Forstdienst sowohl Pflichten als auch Verantwortung ausserhalb der Kernzone. Das UNESCOLabel könnte auch einer Biosphäre jederzeit entzogen werden. Gemäss bisherigen Verlautbarungen in den Medien steht die Bevölkerung des Val Müstair grossmehrheitlich hinter der Biosfera und betrachtet das Vorhaben als Chance für die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Tales, namentlich in den Bereichen Sommertourismus, Kultur und Kleingewerbe. Trotz Verzicht auf den Ausbau der Kraftwerke, Unterlassung von Spekulationsbauten und Begrenzung des mechanisierten Skibetriebes ist man überzeugt, für


die Zukunft das Richtige zu tun. Zu dieser positiven Grundhaltung hat der örtliche Forstdienst durch Öffentlichkeitsarbeit, schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen und aktive Beteiligung am Projekt wesentlich beigetragen. Den Auflagen für die Umgebungs- und Entwicklungszone kann aus Weitsicht in der Regel mühelos entsprochen werden. Regionaler Naturpark Der regionale Naturpark entspricht sozusagen einer Umgebungszone einer Biosphäre, mit den entsprechenden Auflagen betreffend Natur- und Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Selbstverständlich sind NHGInventarobjekte (Flachmoore, Hoch- und Übergangsmoore, Moorlandschaften, Auen, Trockenwiesen und -weiden, Geotope etc.) tabu, jedoch ohne Unterschied zu Gebieten ausserhalb eines Naturparks. Ein gewisser Spielraum bleibt, ähnlich wie in einer Entwicklungszone, erhalten. Innerhalb des Perimeters nicht toleriert werden grössere neue Skigebietserschliessungen, mit der Landschaft nicht verträgliche Grossbauten, grosse Ferienresorts in bisher wenig erschlossenen Geländekammern usw. Der Wald untersteht vollumfänglich der Waldgesetzgebung und der Hoheit des Forstdienstes. Die allgemein gehaltenen Auflagen in der Pärkeverordnung kommen den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und des naturnahen Waldbaus auf standortskundlicher Grundlage entgegen. Zu Diskussionen veranlassen allenfalls grossflächige Räumungsschläge oder gewisse neue Walderschliessungen. Doch dies ist letztlich nicht nur eine Frage des Umweltschutzes, sondern vielmehr auch eine Frage der Wirt-

schaftlichkeit, wenn man pflegeintensive Folgebestände oder den späteren Unterhalt von Waldwegen mitberücksichtigt. Der Forstdienst hat sich daran gewöhnt, mit Umweltvorschriften und gesetzlichen Auflagen zu leben. Ein regionaler Naturpark bringt keine zusätzlichen Einschränkungen. Hingegen bietet die vermehrte öffentliche Aufmerksamkeit eine einmalige Gelegenheit zu zeigen, wie «vorbildlich» der Wald genutzt und gepflegt wird. Daneben eröffnen sich aber auch Möglichkeiten, neue Ideen zu entwickeln und zu propagieren, welche als aktiver Naturschutz verstanden werden. So stossen beispielsweise Naturwaldreservate oder speziell gepflegte Kulturlandschaften (Sonderwaldreservate, Hecken, Waldränder, Feuchtbiotope etc.) in der Regel auf viel Goodwill und fördern das Image des Forstdienstes. Andererseits setzt ein regionaler Naturpark etwas mehr Verständnis und Toleranz gegenüber Andersdenkenden voraus, da durch Angebote automatisch mehr Besucher auf den Wald aufmerksam werden. Eine gute Zusammenarbeit mit der Parkleitung ist dabei unverzichtbar. Erwünscht ist, dass auch die Parkleitung sich der Chance bewusst wird und den Wald mit seiner Faszination noch vermehrt ins Angebot aufnimmt.

Ruedi Zuber dipl. Forsting. ETH Teuchelweg 2, CH-7000 Chur ruedi.zuber@spin.ch

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Resgia – Report 04/08

Wissen wir wirklich nicht mehr, was Qualität ist, ohne ein Zeichen auf dem Produkt? Können wir als Marktteilnehmer nicht mehr selbst entscheiden, was unseren Anforderungen entspricht? Offenbar haben wir das mit der Globalisierung verlernt . . . Zertifikate im Wald Man hat mit einem Sägewerk heutzutage keine Chance mehr ohne Zertifizierung. Auch wir werden vom Abnehmermarkt auf bestimmte Zertifikate fixiert, daher ist es für uns wichtig, sowohl FSC- als auch PEFCzertifiziertes Holz einkaufen zu können. Auf dem Schnittholzmarkt wird einem diese Entscheidung oft nicht freigestellt, es gilt einfach in manchen Ländern als VerkaufsVoraussetzung. Manchmal hat es den Anschein, neue «Zertifizierungen» wachsen wie Pilze aus dem Boden. Kann man sich als Konsument in diesem Wald aus Siegeln, Zeichen und Labels überhaupt noch zurechtfinden? Wissen wir auch, was genau dahintersteckt oder werden wir nur markenblind? Jedes Land, jeder Kanton, jede Region macht Marketing und wirbt für natürliche, biologische, lokale Produkte. Auch Holz gehört zu diesen Produkten. Die Vermarktung eines Labels kostet Geld, aber bildet

SGS Q-Label ISO FSC PEFC

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Meinung. Ob weltweit wie zum Beispiel bei FSC oder regional wie bei GraubündenHolz. Auch ausgewiesene Reservate sind Flächen mit «Zertifizierungen». Der Zwiespalt entsteht, wenn man einerseits die Interessen der Bevölkerung auf Naturgenuss, artenreiche Flora und Fauna erfüllen möchte und andererseits aber Bewirtschaftungsflächen zum Lebenserhalt braucht. Branchenlösungen wie «Chain of custody» sollen durchgängig vom Waldboden bis zum Endverbraucher die Vorgaben des Zertifikats nachweisen. Wie praktikabel dies im Alltag ist, sehen wir jeden Tag. Silke Schweizer, Rundholzeinkauf

Zertifizierungen bei Stallinger Stallinger Swiss Timber AG (folgend SST genannt) kauft sowohl FSC- und PEFC- als auch nicht zertifiziertes Holz ein. SST besitzt für beide Labels eine Chain-of-custdodyZertifizierung. Die Chain-of-Custody ist der ununterbrochene Fluss, den Holzprodukte über die gesamte Verarbeitungskette vom Wald bis zum Konsumenten durchlaufen. Dies beinhaltet sämtliche Schritte der Verarbeitung, Veredelung und des Vertriebs. Betriebe, welche eine Chain-of-custody-Zertifizierung besitzen, verpflichten sich zum ausschliesslichen Einkauf von zertifizierten und kontrollierten Produkten aus vorbildlich bewirtschafteten Wäldern. SST arbeitet mit dem Kreditsystem, mit sogenannten Kreditkonten. Dazu müssen für jede Produktegruppe Rohmaterialeingänge zugebucht und Materialabgänge (Verkäufe) abgebucht werden. Es darf jene Menge von Produkten als zertifiziert verkauft werden, wie auch zertifiziertes Rohmaterial eingekauft wurde.


Der grösste Teil der zertifizierten Produkte geht an Weiterverarbeitungsbetriebe wie Leimbinderwerke oder Spanplattenhersteller, welche oft ausschliesslich zertifiziertes Material einkaufen. SST ist ausserdem im Besitz der Zulassung für das Inverkehrbringen von Holzverpackungen nach dem Standard ISPM 15. Der ISPM-15-Standard definiert Anforderungen welche zu erfüllen sind, um eine Einfuhr von Holzschädlingen in andere Länder zu verhindern.

Die Einfuhr von Waren in diese Länder muss mit Holzverpackungen erfolgen, die zuvor einer genau vorgeschriebenen Behandlung (Hitzebehandlung) unterzogen wurden. Die Einhaltung des Standards ISPM 15 sowie der FSC- und PEFC-Richtlinien wird mittels jährlicher Audits, welche von externen Zertifizierungsstellen durchgeführt werden, überprüft. Christian Felix, Prozess- und Qualitätsmanagement

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«Schindel-Kurs» in Untervaz Gegebenheiten Am 23. und 24. März 2005 konnten die Lehrlinge der Forstreviere Sta. Maria /Valchava und Müstair beim Schindelmacher Patrik Stäger in Untervaz an einem Schindel-Kurs teilnehmen. Ziel dieses Kurses war, die Herstellung der verschiedenen Schindelarten, ihre Verwendungsbereiche, sowie die wichtigsten Punkte, die bei der Holzauswahl zu beachten sind, kennen zu lernen. Ort: Patrick Stäger, Schindelmacher, Consenzstr. 1, 7204 Untervaz Personal: – Schindelmacher, Patrick Stäger – Schindelmacherin, Heidi Stäger – Lehrling, Carlo Bott – Lehrling, Sandro Rietmann Werkzeuge: – Beizblock, 1 Stk. – Schindelmesser, 1 Stk. – Plütscher, 1 Stk. Maschinen: – Motorsäge Stihl 066, komplett, 1 Stk. – Grosse Holz-Spaltmaschine, 1 Stk. – Kleine Holz-Spaltmaschine, 1 Stk. Materialliste: 50 m3 Lärchenholz: 35 – 70 cm Zopf, 3 – 6 m Länge

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Einleitung zur Arbeitsbeschreibung: Drei Grundsätze stehen am Anfang jeder Schindelmacherei: – das richtige Holz – vom richtigen Ort – zur richtigen Zeit Das richtige Holz In unserer Gegend wachsen zwei Holzarten, die sich für Schindeln eignen: Lärche und Fichte. Nur ausgesuchte Stämme können dazu verwendet werden. Eine massgebende Rolle spielen Feinjährigkeit, Gradgehigkeit, Spältigkeit und wenige Äste. Vom richtigen Ort Da der Wald und damit auch jeder Baum sich dem Klima anpasst, gilt beim Holz genau die gleiche Regel wie beim Wein. Nämlich, dass es sich dort, wo es gewachsen ist, am besten verhält. Deshalb versucht man als Schindelmacher immer Holz von dem Ort zu kaufen, wo die Schindeln später montiert werden. Zur richtigen Zeit Im Winter ist das Wachstum der Bäume und auch der Saftfluss stillgelegt. Das heisst, Holz das im Sommer gefällt wird, verfault schneller! Deshalb wird zur Schindelherstel-

Schöne feinjährige Lärche, mit sehr guter Grad-

Lärche mit schlechtem Jahrringverlauf

gehigkeit und Spältigkeit. (Alle Bilder: Carlo Bott)

und dürren Ästen.


Das Schwardach. (Zeichnung: Carlo Bott)

lung nur Holz gekauft, welches im Winter gefällt wurde. Wenn nach den eben beschriebenen Prinzipien vorgegangen wird, kann im Engadin nichts anderes als einheimisches Lärchenholz verwendet werden. Dagegen wird im Safiental bestes Fichtenholz verarbeitet. Alte Hütten und Ställe in den Walsergegenden werden noch mit einem Schwardach versehen. Exponierte Objekte, wie Schloss Tarasp, Kirche auf Hohen Rätien, Eggatobelbrücke werden mit einem Fugendach eingedeckt. Kirchen, Kapellen, Türme sowie auch profane Bauten erhalten ein Federdach. Das Schwardach Das Schwardach als ältestes Prinzip, besteht aus 70 – 80 cm langen Schindeln, die ca. 30 – 50 mm dick geschlagen wurden. Heute macht man sie kaum dicker als 20 mm, dank der Erkenntnis, dass dünne Schindeln rascher austrocknen, und somit eine längere Lebensdauer haben. Anstatt angenagelt, werden diese langen Schindeln mit Latten und Steinen beschwert. Daher der Name Schwardach.

Das Fugendach Die von Hand gespaltenen Schindeln sind 40 – 60 cm lang, 8 – 11 mm dick und breit so wie es das Holz erlaubt, ca. 8 – 15 cm. Beim Aufnageln mit ganz gewöhnlichen Nägeln werden sie in der Reihe aneinander gestossen. Die nächste Reihe muss die entstehenden Fugen decken. Man nennt eine solche Reihenfolge auch einen gestossenen Schirm. Das Federdach Federdächer ergeben sich, wenn mit den 3 – 6 mm dünnen Schindeln eingedeckt wird. Da diese 42 – 45 cm langen Schindeln auch seitwärts ca. 20 mm überzogen werden, ergibt das einen geschlauften Schirm. Wenn all diese Vorteile, die das Holz und das Klima anbieten, eingehalten und ausgenützt werden, kann bei einem Schindeldach aus Fichtenholz mit einer Lebensdauer von 60 – 90 Jahren und bei einem solchen aus Lärchenholz bis zu 120 Jahren gerechnet werden. Bündner Wald 4/2008 51


Arbeitsbeschreibung (Fugendach): Diese Lärchen wurden im Val Müstair gefällt und werden für ein Fugendach für das Kloster Son Jon Batista in Müstair verarbeitet. Zuerst müssen die Lärchen zugeschnitten werden. Da die Fugendächer normalerweise eine Schindellänge von 40 – 60 cm aufweisen, wurden diese Lärchen mit der Motorsäge, auf eine Länge von 42 cm zugeschnitten.

Danach werden die zugeschnittenen Rugel mit einer Viertelsteile gespaltet. Da dies eine unheimliche Kraft braucht, erledigt es eine grosse Holzspaltmaschine.

Jetzt werden die Viertelteile nochmals in ca. 10 x 10 cm gespaltet. Jedoch verläuft auch dies mit Hilfe einer kleineren Holzspaltmaschine. Bei dieser Arbeit wird das Nutzholz vom Brennholz getrennt. (ca. 2⁄3 von jedem Viertelsteil ist Brennholz!) Fertig gespaltenes Nutzholz mit einer Grösse von ungefähr 10 x 10 cm und einer Länge von 42 cm.

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Am Beitzblock werden die Holzstücke eingeklemmt um die Schindeln mit dem Schindelmesser und dem Plütscher herzustellen. Zuerst wird das Schindelmesser mit dem Plütscher 2 – 3 cm eingeschlagen, um die Schindeln zu markieren. Wichtig ist dabei, dass alle Schindeln eine Dicke zwischen 8 und 11 mm haben.

Danach werden mit dem Schindelmesser, alleine durch Dehnkräfte, immer zwei Schindeln zusammen, vom Holzstück weggespaltet. Jetzt können diese doppelten Schindeln halbiert werden. Bei solchen Arbeiten ist vor allem darauf zu achten, dass man nicht zuviel mit dem Schindelmesser dehnt, sonst besteht die Gefahr, dass die Schindeln brechen!

Zuletzt müssen die Schindeln nochmals mit einem zweiten Messer nachgeputzt werden, damit alle ungefähr die gleiche Dimension haben.

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Verschiedene Schindeldächer des Klosters Son Jon in Müstair.

Ausführungsbericht/Lernziel: Als erstes Lernziel sind sicherlich die fachlichen Erkenntnisse bei der Herstellung der Schindeln. Weitere Ziele sind auch das sichere Arbeiten mit der Holzspaltmaschine und anderen Werkzeugen. Spätere Beobachtungen: Bei einer späteren Beobachtung auf dem Dach des Klosters in Müstair, konnte ich feststellen, dass die Schindeln einer sehr hohen Qualität entsprechen. Arbeitssicherheit und besondere Gefahren: – Bei Arbeiten mit der Motorsäge sind alle Sicherheitsausrüstungen zu tragen! Schnittschutzhosen, Handschuhe, Helm mit Gesichts- und Gehörschutz – Bei Arbeiten mit der Motorsäge: Immer Sicherheitsabstand von 2 Meter einhalten! – Bei Arbeiten mit der Holzspaltmaschine ist folgendes zu beachten: Nur zugelassene Maschinen mit entsprechender Schutzvorrichtung verwenden.

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Carlo Bott Administraziun forestala Sta. Maria Bauorcha, 7535 Valchava carlobott@gmx.ch


Comic Theo & Heinz

B端ndner Wald 4/2008 55


Vereinsmitteilungen Bünder Holzhauereimeisterschaft Die Bündner Holzhauereimeisterschaft gehört der Vergangenheit an Unter dem Patronat von Graubünden Wald durften wir, die Forstbetriebe der Gemeinden Davos/Wiesen und Klosters, am 20./21 Juni die 11. Bündner Holzhauereimeisterschaft organisieren. Ein erster Rückblick und die vielen positiven Reaktionen von Wettkämpfern und Besuchern lassen uns ein erstes positives Fazit ziehen. 110 Wettkämpfer ( 77 Aktive, 26 Lehrlinge, 7 Gäste) absolvierten die 5 Disziplinen und konnten rangiert werden. 14 Skulpturenkünstler, wobei besonders erwähnenswert unsere Gäste aus der Schwesterstadt Ueda Japan sind, zeigten ihr Können und sorgten für Lärm und Sägemehl. Das herrliche Wetter hat den ganzen An-

lass überstrahlt und massgeblich zum guten Gelingen beigetragen. Manch ein Besucher staunte, mit welcher Präzision und Geschwindigkeit die Wettkämpfer am Werke waren und in welch kurzer Zeit wunderschöne und originelle Skulpturen aus einem Holzklotz gefertigt wurden. 27 Forstwartlehrlinge durften am FreitagAbend ihren Fähigkeitsausweis in Empfang nehmen. Diese Feier hat dem ganzen Anlass einen festlichen Rahmen gegeben und sollte aus unserer Sicht auch bei der Durchführung der nächsten Holzhauereimeisterschaft nicht fehlen. Natürlich gibt es bei der Durchführung eines solchen Anlasses auch unzufriedene Gesichter und negative Punkte. So hätte der eine oder andere Wettkämpfer

Unter den Augen von Jakob Mani fällt der Baum von Martin Eggenberger. (Alle Bilder: Sandro Krättli)

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Ralf Prinoth schlägt den späteren Meister

Sieger Aktive.

Arno Illien beim asten.

Künstler mit Motorsäge – Mizuno aus Ueda/Japan.

Sieger Gäste.

Programm für jung und alt.

Sieger Lehrlinge. Bündner Wald 4/2008 57


Auszug aus der Rangliste Aktive 1. Arno Illien, Cazis, 1187 Pt. 2. Ralf Prinoth, Summaprada, 1155 Pt. 3. Marcel Lerch, Domat/Ems, 1149 Pt.

Lehrlinge 1. Mirco Lötscher, Rodels, 951 Pt. 2. Luca Cavigelli, Domat/Ems, 763 Pt.

Ralf Prinoth aus Summaprada vollendet den

3. Claudio Gredig, Splügen, 721 Pt.

Kombi-Schnitt. (Bild: Sandro Krättli)

Gäste

bestimmt ein besseres Resultat erwartet. Der Publikumsaufmarsch hat unseren Erwartungen entsprochen aber diese leider auch nicht übertroffen. Es hat sich gezeigt, dass es auch in Davos schwierig ist, trotz grosser Werbeanstrengungen, die breite Bevölkerung zu mobilisieren. Trotzdem glauben wir durch die kantonale und regionale Presse gute Öffentlichkeitsarbeit für den Anlass, aber auch für unseren Berufsstand geleistet zu haben. Ich möchte es nicht unterlassen allen Teilnehmern, Schiedsrichtern, Helfern, Sponsoren, Gönnern, Inserenten, den Gemeinden Landschaft Davos, Klosters und Wiesen und allen, die uns in irgendeiner Art und Weise unterstützt haben, zu danken. Ohne deren Unterstützung wäre die Durchführung eines solchen Anlasses nicht möglich.

1. Armin Tanner, Mauren, 1183 Pt. 2. Martin Eggenberger, Grabs, 1125 Pt. 3. Patrick Walser, Densbüren, 1111 Pt.

Gruppen 1. Unterheinzenberg 1, 3445 Pt. 2. Unterheinzenberg 2, 2883 Pt. 3. Domat/Ems 3, 2868 Pt.

Gestaltungswettkampf 1. Sepp Heinisch,

Adler (mit offenen Flügeln) 2. Andreas Kessler, Eulenpaar 3. Arthur Gredig, Bär

Die Ranglisten (ausser Gestaltungswettkampf) können unter www.graubuendenwald.ch heruntergeladen werden.

OK 11. Bündner Holzhauereimeisterschaft 2008, Davos / Klosters Markus Hubert

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«Vorbildlicher Forstbetrieb 2008»

Mitarbeiter des Forst- und Tiefbauamtes Domat/Ems. (Bild: SELVA)

Am Freitag, 13. Juni wurde zum zwölften und letzten Mal die Auszeichnung «Vorbildlicher Forstbetrieb» der SUVA vergeben. Von 1995 bis 2007 wurden insgesamt 79 Forstbetriebe ausgezeichnet. Dieses Jahr kamen noch einmal zehn Forstbetriebe dazu. Die Preisverleihung fand vor über 100 Personen im Alten Zeughaus in Oberuzwil statt. Bei einer kleinen Feier sind die vorbildlichen Forstbetriebe 2008 ausgezeichnet worden. Von den zehn ausgezeichneten Betrieben stammen nicht weniger als vier aus dem Kanton Graubünden. Die drei Hauptpreise gingen an den Staatsbetrieb des Kantons St. Gallen, das Forst- und Tiefbauamt Domat/Ems sowie an den Forstbetrieb Sonnenberge-Dala (VS). Für die vorbildliche Haltung zur Förderung von Sicherheit und Gesundheitsschutz sind weitere sieben Betriebe ausgezeichnet wor-

den. Aus Graubünden konnten der Forstbetrieb Ausser-Schanfigg, das Revierforstamt Ferrera/Avers und das Forstrevier Unterheinzenberg ein Diplom entgegennehmen. Herzliche Gratulation! Die Bündner Forstbetriebe sind schon mehrfach mit dem SUVA-Preis ausgezeichnet worden. Die letzten Bündner Forstbetriebe mit Auszeichnungen waren: 2006, Forstbetrieb Pontresina/Samedan 2005, Revierforstamt St. Moritz 2004, Azienda Forestale Poschiavo 2002, Uffizi Forestal Müstair und Azienda Forestale Brusio 2001, Revier Forestal St. Maria-Valchava 2000, Revierforstämter Segl e Silvaplauna und La Punt-Chamues-ch/Madulain Nebst der Verleihung der Auszeichnungen wurde auch auf die Unfallentwicklung im Bündner Wald 4/2008 59


Forst hingewiesen. Die Berufsunfälle im Forstbereich erreichten 1990 mit über 400 Unfällen pro 1000 Vollbeschäftigte ihren Höhepunkt. Danach konnten die Unfallzahlen dank der Suva-Kampagne «Wald – Sicherheit ist machbar!» bis auf 300 Unfälle pro Jahr reduziert werden. Im vergangenen Jahr ereigneten sich im Forst 295 Unfälle pro 1000 Vollbeschäftigte. Trotz der gesunkenen Unfallzahlen zählt die Forstwirtschaft immer noch zu den unfallträchtigsten Branchen in der Schweiz. Die Bemühungen in der Arbeitssicherheit und im Gesundheits-

schutz müssen demnach im gleichen Rahmen weitergeführt werden. Nur so können die schweren und oft auch tödlichen Unfälle vermieden werden.

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Neuer Geschäftsführer

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Graubünden Holz ist der Zusammenschluss aller am Bündner Holz interessierten Verbände, Unternehmungen, Institutionen und Persönlichkeiten. Gemeinsames Ziel ist die Erhöhung der Wertschöpfung in der Holzkette unter gleichzeitiger Mehrnutzung von Bündner Holz. Graubünden Holz ist die kompetente Anlaufstelle für Holzfragen im Kanton. Nach erfolgreichem Aufbau der Geschäftsstelle wechselt James Cristallo in die Privatwirtschaft. Für ihn konnte ein Nachfolger bestimmt werden. Michael Gabathuler übernimmt am 1. September 2008 die Ge-

schäftsführung von Graubünden Holz. Er löst damit James Cristallo ab, der vier Jahre für den Dachverband der Bündner Waldund Holzwirtschaft die Geschäftsstelle leitete. Der 27-jährige Michael Gabathuler ist in Igis aufgewachsen und wohnt heute in Zizers. Er ist diplomierter Forstingenieur FH und absolvierte vor der Weiterbildung die Ausbildung zum Forstarbeiter. Bis zu seinem Wechsel zu Graubünden Holz ist er als Rundholzeinkäufer und Verantwortlicher des Rundholzplatzes eines grösseren Sägewerks im Kanton tätig.

Bündner Wald 4/2008 61


Waldentwicklung im Schweizerischen Nationalpark Einführung Mit der Gründung des Schweizerischen Nationalparks wurde 1914 die Funktion der Landschaft, und damit auch diejenige des Waldes, vollständig geändert. Wo vorher die Wirtschaftlichkeit im Sinne eines direkten Nutzens bei Forst- und Landwirtschaft im Vordergrund stand, wurde diese Nutzung aufgegeben und der Schutz der Prozesse und der Zuwachs an Wissen um eine ungestörte Landschaft in den Vordergrund gerückt. Die Beobachtung der Landschaft änderte sich aber nur sehr langsam. Obwohl bei der Gründung des Schweizerischen Nationalparks von Prof. C. Schröter und anderen namhaften Wissenschaftern postuliert wurde, dass alle 10 Jahre der Bestand Das Untersuchungsgebiet des Projektes HABITALP im und um den Schweizerischen Nationalpark. (Quelle: Sweizerischer Nationalpark)

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des Waldes in seinen Haupttypen, der Legföhren usw., genau zu revidieren sei, fanden bis heute nur wenige Erhebungen statt, deren Fokus auf den Wald, dessen Zustand und Veränderung gerichtet war. Der «Beitrag zur Kenntnis der Waldverhältnisse im Schweizerischen Nationalpark» der damaligen Eidgenössischen Anstalt für das forstliche Versuchswesen und heutigen WSL im Jahre 1960 orientierte sich an den Waldinventuren in Nutzwäldern und beschrieb die Bestände primär nach ihrem wirtschaftlichen Nutzwert (Holzvorrat, Zuwachs, Holzqualität, Verbiss). Ein zentrales Element der Kartierung war die Erstunterscheidung von Wald und Nichtwald. Letzterer wurde in die Betrachtungen gar nicht miteinbezogen. Auch spätere Vegetationsaufnahmen machten diese Erstunterscheidung. Sie kamen aber einer ganzheitlichen Betrachtung der Landschaft ein Stück näher, indem auch Flächen ausserhalb des Waldes pflanzensoziologisch aufgenommen wurden. Allerdings machen sie mit Ausnahme von Angaben zu den Pflanzengesellschaften kaum Angaben zur Waldstruktur. Beispiele für flächenhafte Kartierungen sind die Vegetationskarte des Schweizerischen Nationalparks mit einer Beschreibung der Pflanzengesellschaften von 1968 sowie die Vegetationskartierung des Schweizerischen Nationalparks und seiner Umgebung, herausgegeben von der wissenschaftlichen Nationalparkkommission 1992. Die Tatsache, dass alle drei flächendeckenden Kartierungen sehr unterschiedlichen Fragestellungen nachgegangen sind, verhindert bis heute den Aufbau einer methodisch vertretbaren Zeitreihe zu diesem Thema. Die Problemstellung, Veränderungen der Landschaft flächendeckend in einem Schutzgebiet zu dokumentieren ist nicht lokal


Totholz ist im Wald des Schweizerischen Nationalparks allgegenwärtig. Stufig aufgebaute Bestockung mit Bergföhre und Waldföhre bei Charbunera. (Bild: Pius Hauenstein)

auf den SNP begrenzt. Die Natura-2000 FFH-Richtlinie der EU (Richtlinie 92/43 EWG des Rates, Habitatdirektive) fordert, besonders schutzwürdige Lebensräume und die darin lebenden Artengemeinschaften zu erhalten. Um diesen Erhalt zu gewährleisten, ist eine Langzeitbeobachtung notwendig. Die Geschichte zeigt aber, dass ein langfristiges Monitoring nicht dem Zufall überlassen werden darf, sondern in ein strategisches langfristiges Programm eingebunden werden muss. Nur so wird es möglich sein vergleichbare Daten zu gewinnen und langfristig die Wald- und Landschaftsentwicklung zu verfolgen.

Ein neuer Weg in der Landschaftskartierung Im Rahmen eines alpenweiten Interreg-IIIBProjektes wurden mit Hilfe von CIR (ColorInfrared) Luftbildern die Lebensräume in 10 Schutzgebieten aus dem gesamten Alpenraum erfasst. Ziel des Projektes HABITALP war, einheitliche Grundlagen zu schaffen, damit zu späteren Zeitpunkten mittels weiterer Befliegungen die Interpretation der Luftbilder nach einheitlichen Richtlinien vergleichbare Zeitreihen der landschaftlichen Entwicklung für diese Flächen möglich wird. Die Kartierung basierte auf Luftbildinterpretationen unter Hinzunahme weiterer verfügbarer Informationen. Geländebegehungen (Verifikationen) dienten hauptsächlich der stichprobeweisen Überprüfung und der lokalen Adaptation des Interpretationsschlüssels. Der Interpretationsschlüssel basiert auf einem Schlüssel des deutschen Bundesamtes für Natur (BfN), ergänzt für die alpine Stufe im Nationalpark Berchtesgaden. Er wurde im Rahmen dieses Projektes erweitert, weiter systematisiert auf die biogeographischen Regionen der Alpen ausgedehnt. Ein besonderes Augenmerk wurde auf einen umfassenden und doch erweiterbaren Interpretationsschlüssel gelegt, bei dem der Wald aufgrund seiner ökologischen Bedeutung, der räumlichen Ausdehnung in den beteiligten Schutzgebieten und den Möglichkeiten in der Luftbildinterpretation einen besonderen Stellenwert bekam. Nach der Abgrenzung homogener Flächen erfolgt die Interpretation in vier Stufen. Die erste Stufe folgte einem hierarchischen Ansatz. Die Zuweisung einer Fläche zu einem Habitattyp erfolgte nach Massgabe der vorherrschenden Bedeckung (Dominanzprinzip). Wald und Feldgehölze wurden in zwei separate Hauptklassen unterschieden. Bündner Wald 4/2008 63


Hier übernahm der Schlüssel den traditionellen Ansatz der scharfen Trennung Wald und Nichtwald. Auf der zweiten Stufe werden Deckungsgrade verschiedener Strata und deren dominante Arten erfasst. Auf der dritten Stufe werden zusätzliche Charakteristika und die Baumartenanteile im Wald erhoben. Auf der vierten Stufe konnten bei Bedarf weitere Eigenschaften wie die horizontale Anordnung der Elemente in einer Fläche (Textur) erfasst werden. Diese Systematik ermöglichte unabhängig des Habitattyps (z. B. alpiner Rasen, Moor, Geröllhalde) Bäume und Totholz zu erfassen. Die Landschaft auf den 170,3 km2 des SNP und 201,8 km2 des angrenzenden Umlandes wurde im Rahmen von HABITALP mittels digitaler Photogrammetrie und Luftbildinterpretation lückenlos inventarisiert. Die Landschaft wurde in 8 Hauptklassen mit 140 – von total 176 möglichen – Landschaftselementtypen unterteilt und mit zahlreichen zusätzlichen Angaben ergänzt. Damit ver-

fügt der SNP heute über eine aktuelle und sehr detaillierte Übersicht über die Landschaftselemente weit über die Parkgrenze hinaus. Übersicht über die Hauptklassen Die Tabelle 1 gibt Auskunft über die vorkommenden Hauptklassen im SNP und den Anteil dieser Klassen in Prozent der Gesamtfläche. 51% des SNP liegen in der Klasse «Rohböden und Extremstandorte». 31% wurden als Wald klassiert und 17% als Rasen und Staudenfluren. Lediglich 0,1% der Fläche des SNP sind durch rezente Elemente von Siedlungs-, Verkehr-, Ver- und Entsorgungseinrichtung geprägt. Allerdings ist bei den Gewässern zu beachten, dass von den 98,6 ha 18% auf den Speichersee bei Ova Spin und weitere wasserbauliche Objekte fallen. Ausserhalb des SNP fallen 43% in diese Kategorie. 11 ha der Gewässer liegen auf der im Jahr 2000 in den SNP integrierten Seenplatte Macun.

Tabelle 1: Flächenanteile der Hauptklassen der Landschaftselemente Hauptklasse

Ausserhalb des SNP

Innerhalb des SNP

Total

Gewässer

294.6

1%

98.6

1%

393.1

1%

Moore

45.2

0%

2.0

0%

47.2

0%

6041.4

30 %

2911.8

17 %

27.2

24 %

Extremstandorte

5971.1

30 %

8654.5

51 %

14625.7

39 %

Feldgehölze

21.0

0%

0%

21.0

0%

Wald

7524.0

37 %

5349.0

31 %

12873.0

35 %

Ver- und Entsorgung

21.4

0%

1.1

0%

22.5

0%

Siedlung und Verkehr

263.0

1%

14.0

0%

277.0

1%

Total

20 181.6

Rasen, Wiesen, Staudenfluren Rohböden und

64

17 031.1

37 212.6


Die Anteile der aufrechten Bergfähre und der Legföhre bei Stabelchod. (Quelle: Sweizerischer Nationalpark)

45.0% 40.0%

HABITALP – ausserhalb SNP Schweizerischer Nationalpark

35.0% 30.0% 25.0% 20.0% 15.0% 10.0% 5.0% 0.0% Fi

Ar

LFö

BFö

üNdh

100.00% Habitalp -ausserhalb SNP Schweizerischer Nationalpark

10.00%

1.00%

0.10% kein Totholz

einzelne (1–5%)

einige (5–10%)

wenige (10–40%)

mittel (40–60%)

sehr viel (60–90%)

alles tot (90–100%)

Diagramm oben: Baumartenanteile innerhalb des SNP und ausserhalb des SNP im Perimeter des Untersuchungsgebietes. Unten: Häufigkeit verschiedener Totholzanteile innerhalb des SNP und ausserhalb des SNP im Perimeter des Untersuchungsgebietes (logarithmische Skala!) (Quelle: Sweizerischer Nationalpark) Bündner Wald 4/2008 65


Fichte

Bergföhre

0–20% 20–40% 40–60% 60–80% 80–100% übriger Wald

0–20% 20–40% 40–60% 60–80% 80–100% übriger Wald

0

2.5

5

10 km

N

Lärche

0

2.5

5

10 km

0

2.5

5

10 km

N

Legföhre 0–20% 20–40% 40–60% 60–80% 80–100% übriger Wald

0–20% 20–40% 40–60% 60–80% 80–100% übriger Wald

0

2.5

5

10 km

N

Arve

N

Waldföhre

0–20% 20–40% 40–60% 60–80% 80–100% übriger Wald

0–20% 20–40% 40–60% 60–80% 80–100% übriger Wald

0

2.5

5

10 km

N

0

2.5

5

10 km

N

Abbilbung 3: Die Verteilung der häufigsten Baumarten im Untersuchungsgebiet. (Quelle: Sweizerischer Nationalpark)

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Während sich im Sommer die Wälder im Nationalpark aus Distanz in beinahe einheitlichem Dunkelgrün präsentieren, wird die eigentliche Vielfalt erst im Herbst, wenn sich die Lärche verfärbt, sichtbar. Blick vom God Vdagnöla über das Spöltal nach Süden. (Bild: Pius Hauenstein.)

Die Waldbestände im Gebiet des Nationalparks Ab dem Gründungsdatum wurde die forstwirtschaftliche Nutzung der Wälder mit Ausnahme einiger sehr beschränkter Selbstversorgungsrechte im SNP verboten. Heute finden nur noch Eingriffe statt, welche für die Sicherheit der Verkehrs-, Wanderwege und Infrastrukturen erforderlich sind. 31% des SNP ist bewaldet (Deckungsgrad > 30% ). Auf weiteren 6% sind ebenfalls noch Bäume vorhanden, welche aber eine zu geringe Dichte aufweisen um als Wald zu gelten. Sie bilden grösstenteils die Übergangszone zwischen Wald- und Baumgrenze. Die obere Waldgrenze liegt im Parkgebiet bei etwa 2300 m ü. M. 99,4 % des Waldareals sind mit reinem Nadelholz bestockt.

Mit einem Baumartenanteil von 73% dominiert die Berg- resp. Legföhre (Pinus mugo). Sie kommt auf 91% der Waldfläche vor. 44% der Waldfläche werden durch reine Bergföhrenbestockungen gebildet. Diese Bestockungen prägen v. a. das Gebiet des Ofenpasses. Auf 32% dominiert die Bergföhre und auf 15% ist sie beigemischt. Die aufrechte Bergföhre ist mit einem Anteil von 42% etwas häufiger als die Legföhre (30%). Die Legföhre dominiert v. a. die linke Seite des Spöl, das Val Cluozza, das Val Mingèr, das Val S-charl sowie im Bereich der Waldgrenze und in Lawinenzügen. Die zweithäufigste Baumart im Nationalpark ist die Lärche (mit einem Anteil von 16%. Von ihr dominierte Bestände weisen einen Flächenanteil von 15% auf. Die Bündner Wald 4/2008 67


Baumartenanteile der Arve Pinus cembra ( 5% ), der Fichte (3%) und der Waldföhre (2%) sind sehr gering, es sind auch kaum von ihnen dominierte Flächen zu finden. Ein Vergleich mit den Waldbeständen ausserhalb des SNP Der Nationalpark hat eine mittlere Meershöhe von 2322 m. Die untersuchte Umgebung Weiterführende Literatur Brändli, U.-B. ( 1996 ): Die häufigsten Waldbäume der Schweiz. Ber. Eidg. Forsch. anst. Wald Schnee Landsch. 342 Kurth A., Weidmann A.; Thommen F. ( 1960): Beitrag zur Kenntnis der Waldverhältnisse im Schweizerischen Nationalpark. Mitt. Eidgenöss. Forsch. anst. Wald Schnee Landsch. 36. 4: 219 – 378. Lotz, A. (Hrsg) ( 2006 ): Alpine Habitat Diversity – HABITALP – Project Report 2002 – 2006. EU Community Initiative INTERREG III B

Alpine Space Programme. Berchtesgaden. Parolini, J.-D. ( 1995): Zu den früheren Waldnutzungen für den Bergbau im Gebiet des Schweizerischen Nationalparks. In: MINARA HELVETICA 15b/1995. Zeitschrift der Schweizerischen

Gesellschaft für Historische Bergbauforschung. Risch, A. ( 2004): Above- and belowground patterns and processes following land use change in subalpine conifer forests of the Central European Alps. Diss. ETH Nr. 15368. Zürich. Stähli, M., Finsinger, W., Tinner, W., Allgöwer, B., ( 2006 ): Wildfire history and fire ecology of the Swiss National Park (Central Alps): new evidence from charcoal, pollen and plant macrofossils. The Holocene 16 (6): 805 – 817. Zoller, H. ( 1992): Vegetationskarte des Schweizerischen Nationalparks und seiner Umgebung. Wissenschaftliche Nationalparkkommission der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften. Liestal.

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liegt im Mittel 200 m tiefer. Allein dieser Unterschied der beiden Gebiete lässt einiges an Unterschieden in der Bodenbedeckung, insbesondere der Vegetation, erwarten. Der mit 37% höhere Waldanteil ist auch bedingt durch die Wahl des Perimeters, welcher v. a. auf der linken Innseite die obersten Bereiche der Talflanken nicht umfasst. Bemerkenswert ist jedoch, dass der Anteil mit Bäumen bestockten Nichtwaldflächen im Verhältnis zur gesamten mit Bäumen bestockten Fläche signifikant grösser ist. Die Baumartenanteile innerhalb und ausserhalb des SNP unterscheiden sich sehr deutlich. Während innerhalb des SNP und namentlich im Gebiet Il Fuorn die Bergföhre dominiert, sind es ausserhalb die Fichte Picea abies und Lärche Larix decidua. Die Fichte dominiert auf 28% der Waldfläche, die Lärche auf 32%. In der Umgebung des SNP ist auch ein Anteil von 4% Laubhölzern (meist Erlen) festzustellen, welche auf 8% der Waldfläche vorkommen. Eine Übersicht über die räumliche Verteilung der Baumarten im Untersuchungsgebiet bietet Abbildung 3. Inwieweit diese unterschiedliche Baumartenzusammensetzung auf unterschiedliche Standortsbedingungen oder die Nutzungsgeschichte zurückzuführen ist, ist Gegenstand von verschiedenen Untersuchungen. Bereits seit dem frühen Mittelalter wurde das Gebiet entlang des Ofenpasses vom Menschen intensiv genutzt und bewirtschaftet. Vor allem im 19. Jahrhundert fanden grossflächige Kahlschläge statt. Die Bergföhren bilden hier die erste Phase einer sekundären Sukzession. Sofern keine grossflächigen Störungen stattfinden, geht man gemäss gängiger Lehrmeinung davon aus, dass sich daraus nach mehreren Jahrhunderten Arvenmischwälder entwickeln. Die in den letzten Jahren getätigten Vegetations- und Feuergeschichteuntersuchungen


zeigen allerdings eine andere Tendenz auf. Die untersuchten Perioden erfassen das Holozän, die rezenten Feuer der letzten Jahrhunderte bis zur heutigen Feuersituation. Danach zeigen die Pollen- und Kohlenanalysen, dass im Gebiet des Ofenpasses im Holozän ein natürliches – vom Menschen nahezu unbeeinflusstes – Waldbrandregime geherrscht haben muss. Etwa alle 250 – 300 Jahre entstand bei Il Fuorn ein Feuer und gemäss den Pollenfunden bildete die Bergföhre schon damals die Hauptbaumart, interessanterweise leicht alternierend mit der Fichte. Ab dem frühen Mittelalter verringert sich die Feuerhäufigkeit. Eine mögliche Erklärung dafür ist die intensive Holznutzung die dann einsetzte. Im Gegensatz dazu weisen die Charakteristik und die Verteilung der Brandspuren, welche den letzten Jahrhunderten zugeordnet werden können, darauf hin, dass sie durch den Menschen bei der Waldnutzung entstanden sind. Totholz Das Vorkommen von Totholz ist ein besonderes Merkmal des SNP. Im Rahmen dieses Projektes wurde deshalb die Totholzmenge auf jeder Fläche beurteilt. Während im SNP auf lediglich 39% der Waldfläche kein Totholz festgestellt werden konnte, sind es ausserhalb des SNP 54%. Erstaunlicherweise ist der Flächenanteil, auf dem nur vereinzelte liegende oder stehende tote Bäume zu beobachten sind, innerhalb und ausserhalb mit 37% resp. 38% nahezu gleich hoch. Der Flächenanteil mit gehäuftem Vorkommen von Totholz liegt mit 24% im SNP deutlich höher als in der Umgebung mit 8%. Auch ausserhalb des Waldes wurde mit dieser Inventur Totholz gefunden. Der Flä-

chenanteil von Nichtwaldflächen mit Totholz ist im Nationalpark mit 3,0% (339 ha) auf den ersten Blick etwa gleich hoch wie in der Umgebung mit 2,7% (322 ha). Ausblick 90 Jahre im Auge des menschlichen Betrach-

ters mögen lang erscheinen, doch sind sie nur eine Episode im Lebenszyklus eines Nadelbaums. Nachdem die menschliche Nutzung im Nationalparkgebiet gestoppt wurde, wächst erst die 1. und 2. Waldgeneration nach. Obwohl eine Entwicklung bis zum «Naturwald» über 800 Jahre dauern kann, lassen sich bereits erste Unterschiede in der Entwicklung im Gegensatz von Nutzwald erkennen. Im Unterholz der Bergföhrenwälder des Nationalparks keimen junge Arven und entwickeln sich langsam – oft viele Jahrzehnte – bis die Bergföhren absterben und ihnen Platz und Licht machen. Es bleibt abzuwarten, ob und wann sie ihren Konkurrenzvorteil nutzen und die nächste Generation der Waldentwicklung einläuten. Dies müssen die nächsten Generationen von Veränderungsinventuren im Nationalpark und den angrenzenden Gebieten zeigen, die auf der Basis dieser flächendeckenden Erstinventur möglich sind. Zudem bietet der Datensatz ein weiteres grosses Potential für Analysen in anderen Teilgebieten.

Ruedi Haller Schweizerischer Nationalpark CH-7530 Zernez rhaller@nationalpark.ch Weitere Autoren: Birgit Schwabe, Britta Allgöwer und Pius Hauenstein

Bündner Wald 4/2008 69


Waldföhrensterben um Chur und im Wallis Einleitung Nach dem Hitzesommer 2003 ging ein Raunen durch manch ein Forstamt der inneralpinen Trockentäler. Ein sich schon länger abzeichnendes Waldföhrensterben nahm nun eine neue Dimension an. Im Wallis gehen die Forscher der WSL dem Waldföhrensterben schon seit längerer Zeit auf den Grund. Auch in der Region Chur wurden in den letzten Jahren vermehrt tote Föhren beobachtet. Das Amt für Wald Graubünden gab den Anstoss, dieses Phänomen genauer zu prüfen. Im Rahmen einer Semesterarbeit des Instituts für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften wurde die Situation im Churer Rheintal untersucht. Sie wird in diesem Artikel beschrieben und mit dem

Zustand der Föhrenwälder im Wallis verglichen. Den Abschluss bildet eine Prognose über die Entwicklung des Waldföhrensterbens in den beiden Regionen. Der Untersuchungsperimeter umfasst die Waldflächen links und rechts des Rheintals östlich von Tamins bis südlich von Untervaz. Da die Aufnahmen spät im Jahr 2007 erfolgten und in den höheren Lagen schon reichlich Schnee lag, wurde die Obergrenze des Perimeters auf 1200 m ü.M. festgelegt. Um den Zustand der Waldföhren in diesem Untersuchungsperimeter zu bewerten, konnte auf Daten der Bündner Regionalinventur von 2003 zurückgegriffen werden. Diese systematische Erhebung mit einem Stichprobennetz von 500 m x 500 m und Einzelbaumaufnahmen auf Probeflächen von

Die Verteilung der 25 Probeflächen im Untersuchungsperimeter mit dem Anteil toter Waldföhren. Untersucht wurden insgesamt 819 Bäume im erweiterten Bereich der Probeflächen. (Karte: Schweizer Landestopographie 1:200 000). Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo. (BA081490)

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Zustand Waldföhren

[%]

70 60 50 40

Föhrenmortalität 2003 – 2007

30

Anteil toter Föhren

20

Anteil Föhren mit hoher Kronenverlichtung

10

Anteil Föhren mit Misteln

0 Tieflage, Südhang

Tieflage, Nordhang

Mittlere Lage, Südhang

Mittlere Lage, Nordhang

Verschiedene Parameter der Waldföhre. Die Probeflächen wurden ausgehend von ihrer Höhe und Exposition und unter Berücksichtigung etwa gleicher Datenmengen in Gruppen zusammengefasst. Die Probeflächen der Tieflagen reichen dabei bis 715 m Höhe über Meer, die der mittleren Lagen bis 1200 m. Probeflächen der Hochlagen oberhalb 1200 m konnten im Churer Rheintal in Folge schlechter Witterung nicht erhoben werden. (Grafik: Stefan Schilli)

5 a ist besonders wertvoll, da sie den Zustand der Föhren noch vor dem Hitzejahr 2003 beschreibt. Alle im Perimeter liegenden Probeflächen mit drei oder mehr Waldföhren wurden im Rahmen der Semesterarbeit erneut aufgenommen und die abgegangenen Bäume festgestellt. Weiter wurde die Kronenverlichtung, das ist die prozentuale Abweichung der Benadelung von einem optimal benadelten Baum, mit Hilfe der Methode von Sanasilva beurteilt und der Mistelbefall nach Vorgabe des 3. Landesforstinventars (LFI III) vermerkt. Die gewählte Methodik lehnt sich dabei an die Untersuchungen der WSL im Wallis an. Aus den Daten dieser 25 Probeflächen mit 184 Waldföhren lässt sich die Föhrenmortalität für die Periode 2003 – 07 feststellen. Um ein noch breiter abgestütztes Bild der Situation zu erhalten, wurde bei jeder Probefläche ein erweiterter Bereich von 20 a untersucht und so nochmals 635 Waldföhren zusätzlich angesprochen. Mangels

Referenzdaten einer früheren Aufnahme liess sich mit diesen Daten keine Mortalität berechnen. Es konnte jedoch der Anteil von toten Föhren festgestellt werden und anhand der Kronenverlichtung eine Aussage über die Vitalität der lebenden Föhren gemacht werden. Situation im Churer Rheintal Von den insgesamt 819 angesprochenen Waldföhren im Perimeter waren nur noch gerade 85% lebend. Der Anteil toter Föhren nimmt mit zunehmender Höhe ab. 36% der toten Föhren sind bereits umgestürzt, 44% sind noch stehende Dürrständer und 20% der toten Waldföhren sind stehend und tragen noch braune Nadeln. Bei den letzteren kann davon ausgegangen werden, dass sie erst vor ein bis zwei Jahren abgestorben sind. Daraus ergibt sich eine Mortalität von 2,2 % für die Periode 2006 – 07. Die Föhrenmortalität der Periode von 2003 – 07 im gesamten Perimeter beträgt Bündner Wald 4/2008 71


6,3%. In den Tieflagen bis 715 m Höhe über Meer, beträgt die Mortalität der Waldföhre 9%, in den mittleren Lagen bis 1200 m nur noch 3%. Werden nur die Südhänge der Tieflagen betrachtet – hier beträgt der Föhrenanteil immerhin 75% – erreicht die Föhrenmortalität gar 16%. Das ist vier Mal so hoch wie in den anderen Lagen im Perimeter und ca. sieben Mal so hoch wie die Baummortalität der Schweiz zwischen 2003 – 2007 ( 2,3%, Daten der Sanasilva-Inventur). Der tief an einem Südhang gelegene Föhrenreinbestand von Satz bei Untervaz zeigt gar eine Mortalität von 71%. Interessant ist auch, dass die anderen Baumarten der tief gelegenen Südhänge überhaupt keine Mortalität zeigen. Von den 699 lebenden Föhren im Perimeter zeigen 23% eine hohe Kronenverlichtung von mindestens 50%. In Tieflagen weisen 32% der Waldföhren eine hohe Kronenverlichtung auf, bei den mittleren Lagen hingegen nur 14%. Werden nur die Südhänge der Tieflagen betrachtet, haben gar 42% der Föhren eine hohe Kronenverlichtung. Die Kronenverlichtung kann als Mass für die Vitalität der Föhren betrachtet werden. In Folge von Trockenheitsstress wirft die Föhre einen Teil ihrer Nadelmasse ab und ist dadurch anfälliger gegen andere Stressfaktoren wie Schadorganismen und Misteln. (1) Im Untersuchungsgebiet sind 43% der lebenden Waldföhren mit Misteln befallen. Bei den Probeflächen der Tieflagen sind es 49%, bei den mittleren Lagen immerhin noch 36%. Die Südhänge der Tieflagen weisen gar einen Anteil von 72% auf. Es konnte festgestellt werden, dass der Anteil mistelbefallener Föhren mit zunehmender Höhe deutlich abnimmt. Diese Tendenz ist an sonnigen Expositionen stärker ausgeprägt als an schattigen. Der Anteil mistelbefallener Föhren auf den Probeflächen zeigt 72

Die Situation im Waldföhrenbestand von Satz bei Untervaz im Herbst 2007. Hier konnte für die Periode von 2003 – 07 eine Föhrenmortalität von 71% festgestellt werden. (Bild: Alexander Angst, WSL )

einen starken Zusammenhang mit dem Föhrenanteil im Bestand. Stockt die Föhre als Hauptbaumart, ist der Anteil mistelbefallener Föhren hoch. Ist die Föhre hingegen nur beigemischt, so ist auch der Mistelbefall geringer. Vergleich mit der Situation im Wallis In den letzten Jahren wurden im Wallis intensive Untersuchungen zum Föhrensterben durchgeführt, sowohl auf den Probekreisen des LFIs als auch auf langfristigen Forschungsflächen und speziell für die Untersuchung eingerichteten Beobachtungsflächen. Die Mortalität lag auf den verschiedenen Untersuchungsflächen im Wallis zwischen 2003 und 2007 bei 42% in Visp


(670 m ü. M., Nordhang), 19% in Salgesch (900 m, Südhang), 9% in Stalden (900 m, Westhang), 6,4% im Pfynwald ( 620 m, Talboden) und 2,1% in Lens ( 1050 m, Südhang). Bäume mit Misteln hatten eine 2 – 3 mal höhere Sterberate als solche ohne Misteln. (2) Auf den LFI-Flächen ( 1 x 1 km Stichprobennetz) wurden in den Jahren 2002/2003 gut 1000 Föhren auf Kronenzustand und Mistelbefall untersucht. In den Tieflagen hatten 13,6 % der Föhren eine Kronenverlichtung Referenzen (1) Dobbertin, M., Mayer P., Wohlgemuth T., Feldmeyer-Christe, E., Graf, U., Zimmermann, N.E. Rigling, A. (2005): The decline of Pinus sylvestris L. forests in the Swiss Rhone Valley – a result of drought stress? Phyton, 45, S 153 – 156

(2) Rigling A., Dobbertin M., Bürgi M., Gimmi U., Graf, U., Zimmermann, N. E., Rigling D., Weber P., Wermelinger B., Wohlgemuth T. (2003): Verdrängen Flaumeichen die Walliser Föhren? WLS

von mind. 50%, in den mittleren Lagen 10,1% und oberhalb von 1200 m nur 8,1%. Die relativen Werte der Kronenverlichtung im Churer Rheintal sind also durchaus mit dem Wallis vergleichbar. Die bestehenden Unterschiede zwischen den beiden Standorten lassen sich einerseits dadurch erklären, dass die Kronenansprachen von anderen Beobachtern als jene im Rheintal vorgenommen wurden und andererseits die Ansprache vor dem Trockenjahr 2003 erfolgte. Das könnte den geringeren Anteil stark verlichteter Föhren im Wallis erklären. Unterhalb 1200 m Höhe über Meer wiesen 47% aller Föhren einen Mistelbefall auf, oberhalb 1200 m waren es nur 35%. In den Tieflagen bis 715 m waren es 52% und darüber bis 1200 m 44%. Es zeigt sich damit, dass die Werte für Mistelbefall und Mortalität im Wallis und in den Tieflagen des Churer Rheintals in den letzten Jahren vergleichbar sind. Die Mortalität der Föhren seit 2003 lag an beiden Standorten deutlich über dem Durchschnitt der Schweiz. Der Mistelbefall nimmt jeweils mit der Höhe ab und mit dem Anteil Föhren zu und dürfte zum erhöhten Absterben in den Tieflagen beitragen.

Merkblatt für die Praxis, 41, 16 S. (3) Frei, C. (2005) : Die Klimazukunft der Schweiz – Eine probabilistische Pojektion. In: OcCC/ProClim (Hrsg.) Klimaänderung und die Schweiz 2050, OcCC/ProClim, Bern. (4) MeteoSchweiz (2004): Trend der Temperatur in der Schweiz. http://www.meteoschweiz.admin.ch/ web/de/klima/klimaaenderung/ temperaturtrend_schweiz.html (19. 01. 2007)

Diskussion Im Rhein- und Rhonetal fielen in den Jahren 2003 – 06 nur zwischen 80 – 85 % der jährlichen Niederschläge, während die Sommerniederschläge gar nicht oder nur unwesentlich geringer waren. Gleichzeitig waren die Jahrestemperaturen um 1,3° C und die Sommertemperaturen gar um 2,3° C höher als der Durchschnitt der Jahre 1961 – 90. Im letzten Jahrhundert hat die Jahresmitteltemperatur in der Schweiz um 1,4°C zugenommen, mit zunehmendem Trend in den letzten 20 Jahren (4). Christoph Frei vom Institut für Atmosphäre und Klima der Bündner Wald 4/2008 73


ETHZ versuchte eine Aussage über die Klimazukunft der Schweiz zu machen (3). Sein Klimamodell für die Schweiz im Jahr 2050 lässt erwarten, dass es im Sommer heisser und trockener und im Winter milder und feuchter wird. Bis zum Jahr 2050 könnte die Erwärmung im Sommer in der Schweiz bis zu 4,7° C betragen. Im Wallis wurde ein Temperaturgradient in Abhängigkeit von der Meereshöhe von 0,55° C/ 100 m berechnet. Das bedeutet in grober Annäherung, dass in 50 Jahren Crans (1400 m ü. M.) den heutigen Temperaturbedingungen von Sion ( 500 m ü. M.) oder die Lenzerheide (1470 m ü.M.) denjenigen von Chur (595 m ü. M.) ausgesetzt sein könnte. Trockenere Sommer werden sich im Wallis besonders gravierend auswirken, da hier der Sommer ohnehin schon die trockenste Jahreszeit ist. Zudem konnte nachgewiesen werden, dass die Föhrenmortalität jeweils nach trockenen und heissen Sommern zunimmt (2). Im Unterschied zum Wallis ist der Sommer in Chur aber die regenreichste

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Jahreszeit und somit dürften die Sommer in der Region Chur auch in einem zukünftigen wärmeren Klima weniger trocken sein als jene im Wallis. Trotzdem dürften die für die Zukunft prognostizierten wärmeren Temperaturen die durch Mistelbefall geschwächten Waldföhren für den Befall durch Pathogene und Insekten anfälliger machen. Hinzu kommen die extremen Fönwetterlagen, die einen zusätzlichen, nicht zu unterschätzenden Stressfaktor darstellen und die Vitalität der Waldföhren weiter reduzieren dürften.

Stefan Schilli ZHAW Wädenswil

Burgweg 3, CH-2544 Bettlach stsc002@students.zhaw.ch Weitere Autoren: Matthias Dobbertin, Andreas Rigling und Hansueli Bucher


Baum des Jahres 2008 Der Walnussbaum Nussbäume besitzen nicht nur wohlschmeckende Früchte und wertvolles Holz, sie haben auch eine interessante Herkunftsgeschichte. Seit einigen Jahrzehnten geht der Walnussbaumbestand im deutschsprachigen Raum zurück. Um diese Baumart in Erinnerung zu rufen, wurde die Walnuss zum Baum des Jahres 2008 gewählt. Seit 20 Jahren bestimmt das Kuratorium Baum des Jahres (KBJ) einen Jahresbaum. 2008 ist es die Walnuss (Juglans regia), ein guter alter Freund des Menschen. Weltweit ist die Walnuss mit etwa 20 Arten vertreten. Noch bis vor kurzer Zeit zählte man die Walnuss zu den Steinfrüchten. Neuste Untersuchungen beweisen nun, dass die fleischige Schale nicht zur Frucht gehört, sondern aus andern Organen (Blättern) entstanden ist. Demzufolge werden neuerdings die Walnüsse genauso den Nüssen zugeordnet wie die ebenfalls von einer grünen Fruchthülle umgebenen Bucheckern (Buchennüssli) und Kastanien. Vielfältiger, wertvoller Baum Walnussbäume entwickeln eine weit ausladende, kugelförmige Krone und können je nach Standort eine Höhe von 20 – 30 m erreichen. Die Dank einer Pfahlwurzel tief im Boden verankerten Bäume werden rund 150 Jahre alt (Ausnahmen bis 400 Jahre). In geschlossenen Beständen entwickelt Juglans regia im unteren Bereich oft astfreie Stämme, die eine silbrige, fast weisslichgraue Rinde aufweisen und mit zunehmendem Alter dunkler und schuppiger werden. Die 20 – 50 cm langen Blätter sind unpaarig gefiedert. Ihre länglich-eiförmigen Fiederblätter werden 6 – 15 cm lang. Beim Austreiben sind sie rötlichbraun gefärbt und wechseln mit zunehmendem Wachstum ins Olivgrüne. Sie duften beim Zerreiben stark aromatisch. So spät wie Nussbäume austrei-

ben (April/Mai), so früh verlieren sie auch ihre Blätter: bereits nach etwa fünf Monaten werfen die Bäume ihr Laub ab. Die wohlschmeckenden und beliebten Fruchtkerne sind durch eine braune, rissige und harte Schale geschützt. Diese ist bis kurz vor der Reife im September von einer dickfleischigen, grünen Schale umgeben und gibt dann den Kern frei, welcher die rundliche 2,5 – 5 cm breite und 3 – 8 cm lange Nuss enthält. Ein stattlicher Nussbaum kann einen Ertrag von 100 – 150 kg Nüssen abwerfen. Das Holz weist eine graubraune, oft wolkenartige Struktur auf und ist seit Jahrhunderten sehr begehrt. Es ist das Holz der Künstler und wird nach wie vor für Furniere, Möbel und Innenausstattungen, aber auch für Drechslerwaren, Musikinstrumente, Schachfiguren und Gewehrschäfte verwendet. Spannende Geschichte und ein Baum mit vielen Namen Die ursprüngliche Heimat des Walnussbaumes liegt in Mittelasien. Bedingt durch den langen Weg nach Europa und Amerika lässt Monaco: Der Walnussbaum während den vier Jahreszeiten.

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So sieht eine Walnuss am Baum aus, kurz bevor sie auf den Boden fällt. (Alle Bilder und Abbildungen sind von Koni Häne)

sich eine interessante Namensentwicklung nachverfolgen. Funde in Vorderasien aus der Jungsteinzeit (etwa 6000 v. Chr.) belegen eine frühe Ansiedlung der Baumnuss. Es wird angenommen, dass unsere Vorfahren für ihre Ernährung die hochwertige Frucht mit nach Westen brachten. So lernten die Griechen und auch die Römer den bereits kultivierten Baum kennen. Letztere weihten die wertvollen Nüsse den Göttern und nannten sie «Eicheln des Jupiter», in ihrer Sprache «Jovis glans». Daraus leitet sich die lateinische Bezeichnung des Walnussbaumes «Juglans regia» ab. Der Zuname «regia» bedeutet königlich. Die Römer brachten die Walnuss über die Alpen. Weil von Süden, von der «Fremde» kommend, bekam sie im deutschsprachigen Raum den Na76

men «Welschnuss». Etwa 800 Jahre n. Chr. wurde die Baumnuss auf Empfehlung Karl des Grossen vermehrt in Mitteleuropa angepflanzt. In Farsi, einer Sprache, die in Afghanistan gesprochen wird, heisst die Walnuss «Tschor mos», übersetzt «vier Hirne», ein Hinweis auf die wie menschliche Hirne aussehenden Früchte. Wie bei andern Baumarten erinnern auch Ortsund Regionalnamen an dessen Vorkommen: Nussbaum, Nussbaumen, Nussberg, Nussloch, Nusshof, Noyer oder Walnut Grove. Nüsse für die Gesundheit Deutlich sagt der Lateiner «Omnia in nuce» (alles steckt in der Nuss) – und recht hat er! Baumnüsse enthalten eine wahrhaft kon-


Links: Bulgarien; weitausladende Krone des Walnussbaums. Rechts: Albanien; die reife Nuss wird von der dickfleischigen, grünen Schale freigegeben.

Werbestempel von Nussbaumen. Ortsnamen erinnern an das frühere Vorkommen von Nussbäumen. Unten: Amerikanischer Stempel wirbt für den Nussbaum.

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zentrierte Ansammlung lebenswichtiger Bestandteile verschiedener Vitamine, chemischer Bestandteile (wie z. B. Aminosäuren), Kohlenhydrate, Mineralstoffe und reichlich Fett (50 – 70%). Die Nuss war darum nicht nur als Nahrungsmittel begehrt, sondern hat auch seit der Jungsteinzeit eine vielseitige medizinische Verwendung. Aus kulinarischer Sicht betrachtet haben die Walnüsse viel zu bieten. Wir schätzen nicht nur die beliebte «Bündner-Nusstorte» oder mit Nüssen garnierte Müsli, Saucen und Salate, sondern auch das wegen den ungesättigten Fettsäuren äusserst begehrte Speiseöl (welches allerdings nicht erhitzt werden darf). Aus 50 kg Walnüssen lassen sich etwa 9 – 10 l wertvolles Öl gewinnen. Dies lässt sich übrigens auch als Massageöl sowie bei der Ölmalerei verwenden. Auch die Nussblätter bewirken Linderung und Heilung von verschiedenen Beschwerden, sei es in der Frauenheilkunde, bei Herz- und Kreislauferkrankungen, hohem Cholesterinspiegel, Hautkrankheiten und zur Blutreinigung. Waldbauliche Bedeutung Bisher spielte der Nussbaum, der spätfrost- gefährdet ist, aus waldbaulicher Sicht eine eher untergeordnete Rolle. Grosse Bestände wie beispielsweise in Kirgisien, wo weltweit die grössten Nussbaumbestände stehen, gibt es bei uns nicht. Nebst einigen zu Versuchszwecken angelegten Flächen (Obfelden, Mellingen, Otelfingen) dürften die vor rund 60 Jahren gepflanzten Walnussbaumbestände von Selzach ( SO ) mit 2,2 ha die grössten in der Schweiz sein. Wegen des wertvollen Holzes werden die in unseren Wäldern einzelnen und truppweise aufwachsenden, lichtbedürftigen Bäume von den Förstern speziell gefördert. In Zukunft wird der Wal78

nussbaum bedingt durch den Klimawandel wohl als Mischbaumart zur Bereicherung in Laubwäldern an Bedeutung gewinnen. Der Wärme liebende Baum dürfte mit der vorausgesagten Klimaerwärmung keine Schwierigkeiten haben. Für und gegen Allerlei Allgemein gelten Nüsse als Symbol der Fruchtbarkeit. In verschiedenen Hochzeitsbräuchen spielen sie eine Rolle, beispielsweise beim «Polterabend»: Alterskameraden der Braut liessen jeweils am Vorabend der Heirat einen Korb mit Nüssen in deren Schlafgemach «poltern». Vielerorts wird eine gute Nussernte im Herbst als Zeichen dafür gewertet, dass im folgenden Jahr viele Knaben geboren werden. In ländlichen Gegenden stehen nicht nur bei Bauernhäusern Nussbäume. Wegen des bitteren Geschmacks von Holz und Blättern, sagt man, dass lästige Insekten wie Fliegen und Mücken von Haus und Hof ferngehalten werden. Speziell den grünen Walnussblättern werden verschiedene Wirkungen zugeschrieben. Sie sollen Ungeziefer aus Kleiderschränken und Betten fernhalten. Imker verwenden Nussbaumblätter als Wachsmottenschutz. In Militärkreisen, zu Zeiten als noch die raustoffigen «Exho-

Zitat «Wer am richtigen Ort einen Nussbaum pflanzt und pflegt, legt seinen Grosskindern ein kleines Kapital an Zins, das sich unabhängig von allen Valutafragen reichlich verzinzen wird.» H.Burger, Direktor EAFV 1944, (heute WSL)


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senÂť getragen werden mussten, empfahl es sich, vor langen Märschen mit frischen Nussbaumblättern in der Hosentasche dem ÂŤWolfÂť (eine EntzĂźndung an den Oberschenkeln) vorzubeugen! Eigenschaften der Nuss widerspiegeln sich auch in verschiedenen Redewendungen: – Er hat eine harte Nuss zu knacken. – Wer hohle Zähne hat, muss keine Nuss knacken. – Die schĂśnste Nuss hat oft einen faulen Kern. – Faule NĂźsse werden auch verkauft. – Er bekam eine Kopfnuss. – Gott gibt NĂźsse, aber er knackt sie nicht. Eigene NĂźsse essen! In den letzten 50 Jahren ist in der Schweiz der Nussbaumbestand um 75% zurĂźckgegangen. Dem Schwinden nur Beachtung schenken, nĂźtzt wenig. Wie wäre es, wenn Sie beim nächsten Nussknacken 2 – 3 NĂźsse auf die Seite legen und bei Gelegenheit in die Erde eines Blumentopfes stecken und mit einer durchtränkten Moosschicht zudecken. Stellen Sie den Topf an einen kĂźhlen, vor Frost und Mäusen geschĂźtzten Ort. Den nach einem Jahr spriessenden Sämling kĂśnnen Sie dann bei Gelegenheit in den Garten setzen. Wie schmecken wohl die NĂźsse vom selbst gezogenen Baum? In 10 – 12 Jahren wissen Sie es!

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Quellen: – Kuratorium Baum des Jahres – Godet GehÜlzfßhrer

Eidg. Forschungsanstalt WLS CH-8903 Birmensdorf

BĂźndner Wald 4/2008 79


Die Geschichte des Inn bei San Batrumieu

San Batrumieu Richtung Unterengadin im Juni 2006 (Bild: Reto Gritti)

Ein flussgeschichtlicher Rückblick Seit Jahrhunderten schlängelte sich der Inn durch den breiten Oberengadiner Talboden und konnte seine Kraft voll entfalten. Von beiden Talflanken und durch zahlreiche Seitentäler gesellten sich Bergbäche zum Inn und lagerten nach Belieben ihr Geschiebe ab. Es bildeten sich ausgedehnte Flussauen mit ihren typischen inneralpinen Auenvegetationen, welche periodisch überschwemmt wurden. Bereits im 19. Jahrhundert wurden entlang des Inn Dämme erstellt, um beidseits des Flusses neues Kulturland zu gewinnen. Diese Dämme hielten aber dem Hochwasser von 1888 nicht stand und es kam zu grossen Überschwemmungen. In den Jahren 1900 bis 1904 erfolgte zwischen Madulain und Zuoz die erste eigentliche Innkorrektur mit Be80

gradigung und Erstellung eines Kanals mit Trockenpflästerung. Der alte Flusslauf wurde abgeschnitten und der Auenwald von San Batrumieu von jeglicher Flussdynamik getrennt. Auf der linken Seite entstanden vier kleinere Feuchtgebiete, die von den Seitenbächen Ova da Vallatscha und Ova da Quatter Lains gespiesen wurden. In den Jahren 1920, 1927, 1951, 1954, 1956 und 1987 kam es zu weiteren Überschwemmungen. Am 21./22. August 1954 ereignete sich ein schadenreiches Hochwasser im Oberengadin. Durch Erosion hatte sich der Auslauf des Roseggletschersees vertieft und verbreitert, worauf über 100 000 m3 Seewasser ausströmten und das Val Roseg sowie die ganze Talebene von Celerina bis S-chanf überschwemmten. In den Jahren 1956 bis 1966 wurden Flaz und Inn ab Punt Muragl bis La Punt verbaut und in einen Kanal gezwängt. Zwischen Madulain und Zuoz kam es wegen zu starker Einengung des En zu erheblicher Tiefenerosion, welche die Dammstabilität gefährdete. Zur Unterbindung der Tiefenerosion wurden im begradigten Flussabschnitt drei Sohlschwellen eingebaut und die Trockenpflästerung mit einem vorgelagerten Blockwurf ergänzt. Dies war zur damaligen Zeit die anerkannte und empfohlene Methode, um die Dörfer, Infrastrukturen und vor allem die Landwirtschaftsflächen vor Überschwemmungsschäden zu schützen. Das Hochwasser vom 18./19. Juli 1987 verursachte grosse Schäden an den Dämmen links- und rechtsseitig des Inn im Bereich von San Batrumieu, welche in den Folgejahren provisorisch behoben werden mussten. Die Kosten einer fachgerechten Instandstellung der Schäden wurden auf über 500 000 Franken veranschlagt, welche ohne Subventionen von


Übersicht San Batrumieu mit Erläuterungen zu den erstellten Massnahmen im September 2007. (Grafik: Hü7 design ag; Bild: Pio Pitsch)

den Gemeinden hätten getragen werden müssen. Auch deshalb waren Alternativen gefragt … Bauprojekt Nachdem das Gebiet San Batrumieu als Objekt Nr. 188 in das Bundesinventar der Auengebiete von nationaler Bedeutung aufgenommen worden war, konnten grosszügige Revitalisierungsmassnahmen untersucht werden. Dabei wurden verschiedene wasserbauliche Studien erarbeitet. Die Projektleitung lag beim Tiefbauamt Graubünden, Abt. Wasserbau, und wurde durch eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Gemeinden, lokaler natur-, forst- und fischereilicher Interessenz sowie von kantonalen Ämtern (Amt für Natur und Landschaft, Amt für Jagd und Fischerei, Amt für Wald) be-

gleitet. Das Renaturierungsprojekt hat zum Ziel die vom Fluss abgeschnittene Aue wieder mit dem En zu vernetzen und mittelfristig ihrer ursprünglichen Dynamik zurückzuführen. Dieses Projektziel soll durch möglichst naturnah ausgeführte bauliche Eingriffe erreicht werden. Dabei ist ein gegenüber heute gleichwertiger Hochwasserschutz, unter Berücksichtigung von differenzierten Schutzzielen gemäss Empfehlungen des Bundes, zu gewährleisten. Aus wasserbaulicher Sicht beinhaltete das Projekt Massnahmen an der linken und rechten Uferseite sowie eine Sicherung der Flusssohle: linke Uferseite Auf ca. 1 km Länge wurde der linksufrige Hochwasserschutzdamm samt Uferschutz abgetragen und eine Gerinneaufweitung injiziert. Die endgültige Gestaltung Bündner Wald 4/2008 81


und Verbreiterung des Flusslaufes soll der Dynamik des En überlassen und entsprechend der Ereignisintensität- und häufigkeit durch Erosion erfolgen. Es wird mit einer max. Breite von 40 m (geschätzte Regimebreite) gerechnet. Zur Beschleunigung des angestrebten linksufrigen Seitenerosionsprozesses wurden die beiden bestehenden Blockschwellen nur teilweise zurückgebaut. Die Ufersicherungselemente auf der linken Uferseite wurden entsprechend dem möglichen Endzustand entlang der Auenbegrenzung angeordnet. Solange der Inn diesen Raum nicht beansprucht, bleiben diese als Baumbuhnen und Blockwuhre ausgeführten Ufersicherungselemente unsichtbar. Zur Gewährleistung eines adäquaten Hochwasserschutzes wurde an der Ova da Quatter Lains Linker Damm wird abgebaut und das anfallende Material teilweise zur Strukturierung des rechten Ufers verwendet (Bild: Pio Pitsch)

linksufrig ein Rüfenleitdamm und im unteren Bereich der Aue linksufrig ein Hochwasserschutzdamm erstellt. rechte Uferseite Aufgrund der linksufrig sehr unregelmässig injizierten Gerinneverbreiterung sind hohe Querströmungsbelastungen auf das rechte Ufer zu erwarten. Zum Schutze der parallel dazu verlaufenden Kantonsstrasse wurde die rechte Uferverbauung im Bereich des Rückführungsbauwerkes neu erstellt und oberstromseitig davon mittels Blockvorlage verstärkt. Durch eine variable Vor- und Überschüttung des rechten Ufers wird der gestreckte Flusslauf zu mehr Eigendynamik angeregt. Sicherung der Flusssohle Unterhalb des Rückführungsbauwerkes musste die beschädigte und stark unterkolkte Blockrampe verstärkt und mittels einer ca. 100 m langen unterstromseitigen Sohlenanreicherung durch grosse Einzelblöcke stabilisiert werden. Projektleitung Die stark unterschiedlichen und interdisziplinären Ansprüche an ein Revitalisierungsvorhaben erfordern eine gut strukturierte und kooperative Projekterarbeitung. Ein Projektbegleitungsteam, bestehend aus Vertretern der Gemeinden Zuoz und Madulain, den kantonalen Ämtern Natur und Umwelt, Jagd und Fischerei und Wald sowie weiteren Fachspezialisten der Disziplinen Biologie und Wasserbau, entwickelten in periodischen Workshops die letztendlich genehmigte Projektlösung. In Würdigung relevanter gesetzlicher Auflagen sowie ökologischer und technischer Aspekte galt es dabei vor allem eine tragfähige und finanzierbare Lösung mit der Landwirtschaft zu finden. Obwohl der Inn vor dessen Kanalisierung im Jahre 1904 wesentlich mehr

82


Raum beanspruchte und weniger Hochwassersicherheit als die vorgesehene Projektlösung bot, stellte der Landbedarf sowie die Forderung nach einem möglichst maximalen Hochwasserschutz für das Landwirtschaftsland die zeitaufwendigste Herausforderung während der Planungs- und Projektierungsphase dar. Die bauliche Umsetzungsphase wurde in periodischen Bausitzungen mit dem Projektbegleitungsteam direkt vor Ort gesteuert und begleitet. Die Projektkonzepte konnten damit sehr einfach und schnell an vorliegende Begebenheiten angepasst und optimiert werden. Hilfreich war in dieser Phase immer wieder ein klarer Fokus auf die Projektziele. Die äusserst interessante und motivierende Möglichkeit, den kanalisierter, Inn auf einer Länge von fast einem Kilometer befreien zu können, nährt die Gestaltungseuphorie oft besonders intensiv. Doch das Revitalisierungsprojekt soll lediglich Voraussetzungen schaffen, dass sich der Inn innerhalb des Auenperimeters zukünftig selbst frei entwickeln darf. Ein ausgewogener Umgang mit dieser symbiotischen Beziehung zwischen selbst zu gestalten und lediglich eine freie Gestaltung vorzubereiten ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für gute Renaturierungs- und Revitalisierungsvorhaben und wohl manchmal auch eine harte Geduldsprobe für die Bauherren und involvierte Fachleute.

der Baustelle in Zusammenarbeit mit der Bauleitung und dem Unternehmer umgesetzt werden. Massgebend waren dabei die strukturrelevanten Massnahmen. Die Lenkungssporne am rechten Innufer, welche den Materialabtrag in der gegenüberliegenden Aue auslösen sollen, mussten am richtigen Ort und in einer wirksamen Grösse angelegt werden. Damit diese beim nächsten Hochwasser nicht weggetragen werden, wurden die der Strömung ausgesetzten Prallufer mit Steinen gesichert und mit Flussmaterial überdeckt. In der Absicht die Materialabbauprozesse in der Aue linksufrig zu beschleunigen wurden dort zusätzliche Gräben angelegt, welche nur bei Hochwasser anspringen und wirksam werden. Rücklaufbauwerk um den En ausgangs der revitalisierten Strecke wieder in den Kanal zu leiten (Bild: Pio Pitsch)

Ökologische Baubegleitung Das Projektziel für die Revitalisierung der Aue San Batrumieu war vorgegeben. Ihr sollte die ursprüngliche Gestaltungskraft des Inns zurückgegeben werden, damit der Fluss wieder seine ökologischen Funktionen erfüllen kann. Der ökologische Baubegleiter war dafür verantwortlich, dass die von der interdisziplinär zusammengesetzten Begleitgruppe festgelegten Massnahmen auf Bündner Wald 4/2008 83


ablage besonders gern aufgesucht werden. Der Erfolg dieser Massnahme konnte bereits im ersten Frühling festgestellt werden. Kaum waren die Baumaschinen abgezogen waren schon die Frösche und bald darauf auch die Bergmolche da.

Typische Auenpflanzen wie die Deutsche Tamariske wurden in San Batrumieu immer seltener. (Bild: Pio Pitsch)

Die im Flussraum geschütteten Kiesbänke wurden bewusst im Zustand des Rohbodens belassen, damit sich mit der Zeit eine standortgerechte Vegetationsdecke natürlich einstellen kann. Aus Rücksicht auf vorhandene Habitate für Reptilien im alten Steinwuhr des rechten Innufers, verzichtete man an diesen Stellen auf eine Überschüttung mit Erdmaterial. Ausserhalb des Innbetts galt die Aufmerksamkeit den Amphibien. Für sie wurden an Stelle des mit Folien ausgestatteten «Schulbiotops» vier neue Weiher angelegt. Dabei wurde insbesondere darauf geachtet, dass die Weiher auch bei tief liegendem Grundwasserspiegel nicht austrocknen. Die besonnten Ufer der Weiher wurden als Flachwasserzone ausgebildet, welche von den Grassfröschen für die Ei84

Vogel-Monitoring in San Batrumieu als Schlüssel zur Wahrnehmung von Habitatveränderungen Viele Vogelarten stellen spezifische Ansprüche an ihren Lebensraum. Ihr Vorkommen lässt damit Rückschlüsse auf die Lebensraumqualität insgesamt und auf Veränderungen von Habitaten zu. Daher überwacht die Schweizerische Vogelwarte Sempach die Brutvögel in San Batrumieu seit 2005. Im Rahmen eines Langfristmonitorings werden jährlich alle brütenden Vogelarten innerhalb eines Perimeters von 55 ha zwischen dem Gehöft Casty und der Innkrümmung an der Gemeindegrenze Zuoz/Madulain kartiert. Durch die Revitalisierung kam es in San Batrumieu zu teilweise erheblichen Veränderungen bezüglich Vegetation, Gewässerfläche und Auendynamik. Deshalb sind auch Veränderungen in der Avifauna zu erwarten. Die jährlichen Zählungen der brütenden Vogelarten und deren Häufigkeit, sogenannte Revierkartierungen, werden langfristig Aufschluss über den Effekt der Revitalisierung geben. Daraus können später Rückschlüsse auf die Qualität der Eingriffe gezogen werden und allenfalls Massnahmen zur Verbesserung der Lebensräume vorgeschlagen werden. Vor dem Eingriff war die Restaue San Batrumieu geprägt durch typische Auenvegetation (Weiden, Erlen), aber auch durch auenfremde Baumarten wie Arven und Lärchen. Der seitliche Zufluss der Ova da Quatter Lains wurde durch den Inndamm gestaut und versorgte und überflutete prak-


Artenliste der Brutvögel in San Batrumieu (Grafik: David Jenny)

Revierzahl Vogelart

Jahr 2005

Jahr 2006

Jahr 2007

Amsel

4

5

4

Bachstelze

4

3

4

Baumpieper

2

2

1

Bergstelze

1

0

1

Birkenzeisig

2

0

0

Braunkehlchen

7

6

6

Buchfink

5

7

6

Distelfink

2

1

2

Feldlerche

3

3

3

Flussuferläufer

0

1

0

Gartengrasmücke

5

5

6

Girlitz

1

0

1

Goldammer

2

2

2

Grünfink

3

1

1

Haubenmeise

0

0

1

Hausrotschwanz

1

2

1

10*

10*

10*

Klappergrasmücke

0

1

1

Kohlmeise

4

2

4

Misteldrossel

1

0

0

Mönchsgrasmücke

3

1

3

Mönchsmeise

1

2

1

Neuntöter

2

2

2

Rabenkrähe

0

2

1

Reiherente

1

1

0

Star

1

0

0

Tannenmeise

0

2

3

Wacholderdrossel

0

1

1

Wasseramsel

0

1

1

Wendehals

0

1

0

Zaunkönig

1

0

0

Zilpzalp

1

1

0

24

25

24

Haussperling

Artenzahl

*Schätzung; Brutkolonie beim Gehöft Casty

Bündner Wald 4/2008 85


tisch die ganze Fläche mit reichlich Wasser. Kleine Seen im Zentrum und auch am Nordrand dienten verschiedenen Wasservogelarten als Rast- und Nahrungsstandort, ab und zu auch als Brutgewässer (Stockenten und Reiherenten). Durch die 2007 abgeschlossenen Eingriffe verschwanden die Stillgewässer innerhalb der Aue weitgehend, dafür entstanden durch den Bau kleiner Kanäle eine ganze Reihe neuer Fliessgewässer, welche von Berg stelzen und Wasseramseln besiedelt werden. Am Innufer bieten heute durch die Dammaufweitung entstandene Kies- und Schotterbänke neuen Lebensraum für den Flussuferläufer, eine anspruchsvolle Watvogelart, welche im Engadin nur sporadisch brütet. Vogelarten der Hecken und Sträucher, die im nahen Umfeld auf reiche In-

sektennahrung angewiesen sind, finden in der dichten Weiden- und Erlenvegetation nach wie vor eine sichere Lebensgrundlage. Die Gartengrasmücke gehört mit 5 – 6 Revieren zu den häufigsten Brutvogelarten in San Batrumieu. Zu den Besonderheiten gehört das Vorkommen der Goldammer, welche hier seit 2005 erstmals im Oberengadin erfolgreich und regelmässig brütet. Auch der wenig häufige Neuntöter brütet alljährlich mit 1 – 2 Paaren am Rande der Aue. Das umliegende, wenig intensiv genutzte Kulturland weist für Wiesenbrüter wie Braunkehlchen, Feldlerche und Baumpieper offenbar gute Bedingungen auf. Das durch Intensivierung vielerorts gefährdete Braunkehlchen kommt mit 2,5 Paaren/10 ha hier noch relativ häufig vor.

Die baugrüne Weide (salix caesia) trifft man in der Schweiz nur im Engadin, im Val Müstair und im Val Poschiavo an. (Bild: Pio Pitsch)

86


Winteraufnahme vom Perimeter im Bereich der Auen, welcher als Grundlage für die Revierkartierungen dient. (55 ha; 28. 01. 2007) (Grafik: hü7 design ag; Bild: Pio Pitsch)

Mit dem Verschwinden der Stillgewässer sind auch die brütenden Entenarten verschwunden. Sonst lassen sich mit der erfolgten Revitalisierung noch keine Trends bei der Vogelwelt erkennen. Nach wie vor brüten zwischen 24 und 25 Vogelarten innerhalb des Perimeters. Die Baumassnahmen im Jahr 2006, die auch während der Brutperiode erfolgten, scheinen kaum Auswirkungen auf die Brutaktivität gehabt zu haben. Auch Durchzügler wie Waldwasserläufer oder Schwarzkehlchen liessen sich nicht abhalten und nutzten die Gewässer in San Batrumieu vorübergehend als Rastplatz. Erfreulich ist, dass trotz erheblicher Eingriffe und teilweise noch wenig wiederbewachsener Gräben und Kanäle keine Einbusse in der Zahl der Brutvogelarten und deren Häufigkeit festzustellen ist. Allerdings wird erst die langfristige Erhebung der Vogelreviere zeigen, ob die Revitalisierungsmassnahmen in San Batrumieu für die Vögel eine Aufwertung bedeuten. Für seltene Arten wie den Flussuferläufer oder gar den Flussregenpfeifer werden in San Batrumieu seit 2007 bessere

Lebensgrundlagen angeboten. Hoffen wir, dass die beiden Kiesuferbewohner die neuen Lebensräume auch entdecken und besiedeln und uns mit ihrer Präsenz erfreuen. Die Lebensräume des wertvollen Auengebiets konnten dank der Mithilfe von vielen Beteiligten erheblich aufgewertet werden. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie sich die Tier- und Pflanzenarten aufgrund dieser Veränderungen entwickeln können und in welchem Ausmass der Inn auf der linken Uferseite weitere Gebiete beanspruchen wird. Die Revitalisierung der Aue San Batrumieu brachte auch eine beachtliche Verbesserung des Landschaftsbildes zwischen Madulain und Zuoz. Für Einheimische und Gäste konnte ein attraktives Naherholungsgebiet geschaffen werden. Die baulichen Massnahmen des Revitalisierungsprojekts San Bartumieu sind abgeschlossen. Geplant ist nun noch die Erstellung eines Themen- und Infopfades. Eine Dokumentation über das Revitalisierungsprojekt San Batrumieu kann bei der Gemeinde Zuoz bezogen werden. Quelle: Broschüre für die Einweihungsfeier des Revitalisierungsprojekts San Batrumieu in Zuoz/Madulain vom 3. November 2007.

Giachem Bott, Regionalforstingenieur Amt für Wald CH-7524 Zuoz giachem.bott@afw.gr.ch Weitere Autoren: Andri Bischoff, Rolf Eichenberger, Pio Pitsch, Dr. David Jenny

Bündner Wald 4/2008 87


Kurse/Tagungen/Veranstaltungen Spezialitätenfest Alte Pflanzensorten sorgen für Abwechslung auf dem Speiseplan. Zudem erhalten sie die genetische Vielfalt in der Landwirtschaft. Die Möglichkeit, eine grosse Auswahl an speziellen Obst-, Gemüse-, Getreide- und Weinsorten zu erleben und zu geniessen, bietet das Spezialitätenfest am Samstag, 13. September 2008 an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Wädenswil. Rund 20 Organisationen laden ein zu Degustationen, Führungen und Vorträgen über die Sortenvielfalt und die Erhaltung genetischer Ressourcen in der Schweiz. Das Angebot reicht von Gemüseraritäten über Pflanzenheilkunde bis zu Slow Food. Altes Erbgut für neue Sorten Die Spezialitäten aus Garten, Acker und Rebberg stammen aus Projekten, welche Teil des «Nationalen Aktionsplans (NAP) » zur Erhaltung genetischer Ressourcen des Bundesamtes für Landwirtschaft sind. Die genetische Vielfalt von Kulturpflanzen nahm in den letzten Jahrzehnten stark ab. Viele Arten verschwanden und mit ihnen auch wertvolle Eigenschaften. Umso wichtiger ist die Sicherung der Gene, denn diese enthalten wichtige Eigenschaften für die Züchtung neuer Sorten. Wie Erbeigenschaften alter Sorten für neue Apfelsorten eingesetzt werden, erläutern Fachleute

der Forschungsanstalt Agroscope ChanginsWädenswil ACW. Über neue Sorten aus der Genbank Nyon, wie Getreide und spezielle Bohnensorten, informiert die Schweizerische Kommission für die Erhaltung von Kulturpflanzen (SKEK). Projekte zur Erhaltung alter Sorten laufen an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in den Bereichen Gemüse, Obst und Reben. Diese werden vorgestellt und anhand von alten Gemüsesorten wird der Lebenskreislauf der Pflanzen gezeigt, vom Samen bis zur blühenden Pflanze. Alte Sorten für neue Aromen Ausgefallene Formen, Farben und ungewohnte Aromen alter und fast vergessener Kulturpflanzen heben sich wohltuend von den alltäglichen Nahrungsmitteln ab. Solche neuen kulinarischen Spezialitäten entstehen durch die Verbindung von Innovationsgeist und traditionellem Wissen. ProSpecieRara (Schweizerische Stiftung für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren) und Fructus (Vereinigung zur Förderung alter Obstsorten) zeigen ihren Beitrag zur Sicherung der genetischen und kulinarischen Vielfalt. Fructus sammelte über 2000 Obstsorten und sicherte somit die Sortenvielfalt in der Schweiz. Die Fachleute des Instituts für Pflanzenwissenschaften der

NAP-Projekte Mit einem National Aktionsplan (NAP) wird dem Verlust der genetischen Ressourcen entgegen gewirkt. Das Bundesamt für Landwirtschaft unterstützt Pojekte und Organisationen, die sich für den Erhalt der Pflanzen-Biodiversität einsetzen. An der internationalen Konferenz in Rio de Janeiro wurde 1992 von den Vereinten Nationen beschlossen, die weltweite Biodiversität zu schützen und zu erhalten. In der Schweiz werden diese Arbeiten durch die Schweizerische Kommission zur Erhaltung der Kulturpflanzen ( SKEK ) koordiniert. Mehr Informationen: www.cpc.skek.ch

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ETH Zürich präsentieren alte Maislandsorten und beweisen, dass aus Mais mehr als Popcorn werden kann. Die Esskultur sollte zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und zum Schutz der regionalen Spezialitäten beitragen. Dafür engagiert sich die Vereinigung Slow Food in der Schweiz, nebst dem Recht auf Genuss, Musse und Geselligkeit bei Tisch.

Weitere Informationen: www.spezialitaeten-fest.ch Diesen Veranstaltungshinweis und Bilder zur freien Verwendung finden Sie unter: www.zhaw.ch/medien

Kontakt ZHAW Life Sciences und Facility Management, Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen, Julia Angstl, julia.angstl @ zhaw.ch, Tel. 058 934 57 93, www.iunr.zhaw.ch Medienstelle ZHAW Corporate Communications, Neva Waldvogel, neva.waldvogel @zhaw.ch, Tel. 058 934 75 61

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Bücher/Publikationen/Internet Zecken Blutsauger mit faszinierender Biologie Zuerst reckt sie das eine, dann das andere Vorderbein hoch und peilt damit in alle Richtungen, denn die Zecke hat Hunger. Vor allem im Sommer sind die kleinen Vampire wieder unterwegs, immer auf der Suche nach einer Blutmahlzeit. Geduldig verharren sie auf Grashalmen oder unter Blättern, um mit ihren abgespreizten Vorderextremitäten ein potentielles Opfer zu «riechen». Im richtigen Moment lassen sie sich blitzschnell fallen oder vom unfreiwilligen Blutspender einfach abstreifen. Und stechen dann gierig zu. Nicht immer ist das Anzapfen aber harmlos, denn beim Zeckenstich können neben Körperflüssigkei-

ten auch krankmachende Mikroorganismen den Besitzer wechseln. Um sich als Mensch vor Zeckenstichen effektiv zu schützen, ist es deshalb unerlässlich, auch ihre Lebensweise zu kennen. Und die ist trotz allem faszinierend. Der WILDBIOLOGIE-Artikel 13/7 «Zecken» befasst sich ausführlich mit der Biologie des Gemeinen Holzbocks (Ixodes ricinus) und den beiden von dieser Zeckenart häufig übertragenen Erkrankungen: der durch Bakterien ausgelösten Borreliose und der von Viren verursachten Frühsommer-Meningoenzephalitis. Ergänzend werden Möglichkeiten vorgestellt, wie man Zecken fernhalten und Infektionen wirksam vorbeugen kann.

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Gleichzeitig erschienen ist auch ein Artikel zum Thema Umsiedlung von Tieren, einem wichtigen, oft aber auch risikoreichen Instrument im Artenschutz. Obwohl keine Art ewig lebt, sterben aktuell mehr Arten durch menschliche Aktivitäten aus als durch natürliche Prozesse. Die Umsiedlung von Tieren gilt oft als eine der letzten Möglichkeiten, um eine Art in Freiheit zu erhalten. Der Artikel stellt die Methode der Umsiedlung detailliert vor, geht auf Grundlagen

der Naturschutzbiologie ein und beschreibt anhand vieler konkreter und eindrücklicher Beispiele, welche Chancen bestehen und welche Gefahren lauern. Beide Artikel sind erhältlich zu je CHF 7.– bei WILDTIER SCHWEIZ (Strickhofstr. 39, 8057 Zürich, Tel. 044 635 61 31 ). Ein Abonnement WILDBIOLOGIE mit viermal 2 – 3 Artikeln pro Jahr kostet CHF 58.– (Ausland: Euro 45.–).

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Bündner Wald 4/2008 91


Bücher/Publikationen/Internet Reportage: Hängebrücke Chleibach Über den sogenannten Chleibach, das ist das Grenztobel zwischen den Gemeinden Schiers und St. Antönien, wurden immer wieder Holzbrücken erstellt. Nach dem Unwetter im Jahre 2005 war es dann endgültig vorbei. Der Übergang wurde dermassen in Mitleidenschaft gezogen, dass eine Überquerung nur noch für geübte Wanderer möglich war. Die nochmalige Erstellung ei-

ner Holzbrücke schien uns aussichtslos, da sie beim nächsten grösseren Gewitter oder bei der Schneeschmelze wahrscheinlich wieder zerstört würde. Es blieben zwei Varianten. Entweder man schliesst den Wanderweg, oder man baut eine Brücke in einer Höhe, wo ihr das Wasser nichts mehr anhaben kann. Da es sich um einen sehr schönen und auch für Familien gut geeigneten

Das erste Stück der Hängebrücke steht bereits.(Bild: Marcus Flütsch )

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Auch bei Hochwasser kann der Chleibach nun sicher überquert werden. (Bild: Marcus Flütsch )

Wanderweg handelt, wollten wir ihn wenn irgend möglich nicht schliessen. Ich dachte an eine Hängebrücke, wagte aber den Gedanken fast nicht auszusprechen in der Annahme, das sei sowieso nicht finanzierbar. Und siehe da, kurze Zeit später überreichte mir unser Gemeindepräsident den Bündner Wald Nr. 4, vom Juli 2006. Ich war total begeistert und nahm sofort mit einer Baufirma Kontakt auf, welche sich für solche Arbeiten empfiehlt. Noch im Herbst kam es zu einem gemeinsamen Augenschein vor Ort, worauf wir eine Richtofferte erhielten. Die Brücke würde auf ca. CHF 80 000.– zu stehen kommen. Involviert sind die Gemeinden Schiers und St. Antönien, sowie die beiden Tourismusvereine. Alle Parteien waren der Ansicht, dass das Projekt weiterverfolgt werden sollte. Es wurde eine Kommission Hängebrücke Chleibach gebildet.

Die Gemeinden und die Tourismusvereine leisteten Kostengutsprache in der Höhe von CHF 40 000.–. Für den Rest mussten wir Sponsoren suchen. Wir beschlossen, symbolisch «Tritte» im Wert von CHF 200.– zu verkaufen. Das Echo war überaus erfreulich. Dank grösseren Zuwendungen von Stiftungen, Privaten und diesem Trittsponsoring wagten wir, im Januar das Baugesuch einzureichen. Obwohl noch nicht genügend Geld beisammen war, erfolgte im Februar die Auftragsvergabe. Schiers-Tourismus hat sich bereit erklärt den Fehlbetrag zu bevorschussen. Wir wollten alles daran setzen, diesen Weg auf die Wandersaison 2008 wieder in Betrieb zu nehmen. Dies ist uns, bis auf die Einweihung, die wir jetzt zum dritten Mal verschieben mussten, auch gelungen. Wir haben grosse Freude an dieser Brücke und ich möchte es nicht unterlassen, Bündner Wald 4/2008 93


an dieser Stelle allen Instanzen f端r die speditive Abwicklung des Baugesuches recht herzlich zu danken. Grossen Dank auch den Verantwortlichen der Baufirma f端r deren kompetente Beratung und nicht zuletzt an die Arbeiter, die teilweise unter widerlichen Bedingungen arbeiten mussten.

Hans-Peter Tscharner Kommission H辰ngebr端cke Chleibach

Pusserein 328, CH-7228 Pusserein h.p.tscharner@bluewin.ch

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Vorschau Impressum «Graubünden geht’s ans grüne Fell» Die Auswirkungen und Konsequenzen der intensivierten Holznutzung ergeben nicht nur Gesprächsstoff für die breite Öffentlichkeit, sondern auch für die Forstleute selbst. Die vielfach gepriesene Mutifunktionalität unserer Wälder wird zunehmend in Frage gestellt. Mit dem individuellen «Försterblick» wird der Wald oft durch verschiedene Brillen betrachtet. Ob die grüne, trendige, schützende, sportliche, billige oder wissenschaftliche Brille aufgesetzt wird, ist entscheidend für die Interpretation und Umsetzung von waldbaulichen Massnahmen – ja für das gesamte forstliche Tun. Die nächste Bündner-WaldN ummer wird sich als eine Art Brillenladen präsentieren, mit möglichst verschiedenen Modellen im Angebot. Jedoch nicht mit dem Ziel jedem und jeder die passende zu verkaufen, sondern allen das gesamte Sortiment zu «Waldbau und Waldnutzung» zur Anprobe bereitzustellen – um Dinge zu sehen, über welche man sonst vielleicht hinweg sah. Redaktion: Sandro Krättli

Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald Graubünden und der SELVA Verleger: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, CH-7007 Chur Sekretariat: Christophe Trüb, SELVA, Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon 0041 (0)81 250 19 40, Fax 0041 (0)81 250 19 41 Redaktoren: Jörg Clavadetscher, Forum Cumünal, CH-7537 Müstair, Telefon 0041 (0)81 851 62 08, forestal-muestair@bluewin.ch. Sandro Krättli, AfW GR, Sagastägstrasse 96, CH-7220 Schiers, Telefon 0041 (0)81 300 24 11, sandro.kraettli@afw.gr.ch Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern Druckvorstufe (Satz, Lithos, Belichtung): Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, Fabienne Galehr, Simon Scherrer Druck: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, Postfach 85, Kasernenstrasse 1, CH-7007 Chur, Telefon 0041 (0)81 255 51 11, Fax 0041 (0)81 255 52 89 Erscheint sechsmal jährlich. Auflage 1500 Exemplare Abonnementspreise: CHF 60.– (für Mitglieder Verein Graubünden Wald) Adressänderungen/Abonnementeverwaltung: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Presse, Postfach 85, Administration Kasernenstrasse 1, CH-7007 Chur,

Vorschau auf die nächsten Nummern: 6/08 Forstliche Fachtagung 2008 in Ilanz Redaktion: Jörg Clavadetscher

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Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktoren übereinstimmen. Autoren, die zu nebenstehenden Themen publizieren möchten, sind herzlich eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion

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