B端ndner
Wald
Jahrgang 62 | Oktober 2009
Waldmanagement
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Titel Editorial ................................................. 4 Tourismus – Waldbewirtschaftung Spannungsfeld ....................................... 5 Mein Wald, dein Wald, unser Wald?..... 10 Zweckverband Falknis – der «doppelte» Dienstleistungsbetrieb.. 13 Zweckverband Falknis – der Dienstleistungsbetrieb .................... 18 Steigende Holznutzung und Holzpreise in Forst BAR-Betrieben .......................... 22 Forst BAR – die Grundlage für wirtschaftliche Erfassungen................... 25 Planen und Steuern im Forstbetrieb – ein Praxisbericht................................... 28 Entscheidungen gut vorbereitet ............ 37 Interview: Gilbert Berchier, Leiter Forstbetrieb Poschiavo ................ 43 Vernissage der Aktion Zündholz............ 46
Resgia – Report 05/ 09 ......................... 48 Die Neugründung der ÖBf – ein gelungenes Experiment................... 50 Lenna renda – erfolgreich abgeschlossen ..................... 59 Verleihung des Binding Waldpreises 2009 69 Reziaholz – Gemeinsames (Teil-) Waldmanagement...................... 72 Kommen wieder harte Zeiten für alt- und totholzabhängige Arten?......... 75 …und Graubünden kümmert sich doch um den Wald-Naturschutz ........... 82 Baum des Jahres 2009 – Der Bergahorn 85 Comic Theo & Heinz ............................. 88 Protokoll der SELVA -Generalversammlung................. 89 Delegiertenversammlung Verband Schweizer Forstpersonal VSF ................. 93 Vorschau Dezember 2009 ..................... 95
Titelbild: Teppichetage im Wald? (Bild: Jörg Clavadetscher) Der Herbst verleiht auch unseren Wäldern einen Hauch von «Indian summer»: (Bild: Lucian Ruinatscha) Bündner Wald 5/2009 3
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Editorial
Mitunter dank einem hohen Mechanisierungsgrad, einer generell grösseren Mobilität, elektronischer Datenverarbeitung und -übermittlung, aber auch als Folge des steigenden Kostendrucks auf die Waldbesitzer werden vielerorts grössere Betriebseinheiten gebildet und bewirtschaftet. Dies scheint oft der Schlüssel zum Erfolg zu sein. Doch macht es wirklich nur die Betriebsgrösse aus? Es gibt gute Beispiele dafür, dass mit der Vergrösserung der Bewirtschaftungseinheit positive Impulse gesetzt werden konnten. Der Erfolg basiert aber in aller Regel nicht einzig auf dieser Massnahme. Meist war sie vielmehr ausschlaggebend für umfassende Veränderungen. Die eine oder andere Revierzusammenlegung kann gewissermassen sogar als Rundumschlag betrachtet werden. Neue Arbeitsbereiche wurden in Forstbetriebe integriert, Führungskräfte ausgewechselt, zusammengeführt, in ihren Kompetenzen gestärkt, und die Waldbesitzer begannen die Notwendigkeit und das Ausmass ihrer Mitsprache im operativen Bereich stark bis radikal zu überdenken. Wo vor Jahren noch alleine der Waldfachverantwortliche einer Gemeinde oder Korporation das Nutzholz verkaufte, wird das heute vom Förster gemacht. Es wurde allgemein erkannt, dass ein erfolgreicher Holzverkauf nur mit der nötigen Fachkompetenz, gezielten Informationen und Verbindungen möglich ist. Der Holzmarkt ist ein Beispiel, an welchem sich die zahlreichen Veränderungen aufzeigen lassen. Es ist aber auch so, dass unser Wald viele Leistungen erbringt, welche der Mensch als selbstverständlich ansieht. Die Schutzfunktion, die der Wald nachhaltig erbringt, rückt heute vor allem bei den Bewohnern der Alpentäler immer mehr ins Bewusstsein. Wie sieht’s aber mit der Erholungsfunktion aus? Wer von uns braucht den Wald nicht 4
auch in der Freizeit? Viele und wohl immer mehr Sportveranstaltungen finden teilweise oder vollumfänglich im Waldgebiet statt; oft auch auf forstlichen Erschliessungen. Einfach so. Vielerorts gratis. Und das Fussballstadion oder die Eishalle? Können diese Sportstätten auch gratis benutzt werden? Wohl an den wenigsten Orten. Und dort, wo man das kann, werden die Kosten oft ohne grosse Fragen in die Gemeinderechnung integriert. Eine gewisse sportliche Infrastruktur muss eine Gemeinde heute doch bieten… Da bin ich einverstanden. Und wie steht’s mit den sportlich genutzten Wäldern und forstlichen Erschliessungen? Bestimmt sollten wir es nicht so weit bringen, dass am Waldrand 30 Franken Eintritt zu bezahlen sind (wie in anderen Bereichen auf höchster politischer Ebene gefordert…). Dennoch erlaube ich mir hier eine Frage: Sollten oder könnten wir uns in diesem Bereich mancherorts nicht noch etwas besser verkaufen? Neue Märkte und Einnahmequellen werden dauernd gesucht. So wird zum Beispiel über den «Verkauf» der CO 2 -Senkeleistung des Waldes diskutiert. (Ob dieser Markt als das «Ei des Columbus» bezeichnet werden kann oder ob wir uns im Endeffekt nur selbst belügen, dürfte Ansichtssache sein…) Die Rahmenbedingungen, in welchen wir uns bewegen, lassen es oft nur bedingt zu, verschiedene Betriebe miteinander zu vergleichen. Gute Beispiele anderer können aber manchmal auch zu neuen Ideen im eigenen Betrieb animieren.
Jörg Clavadetscher, Redaktor Bündner Wald Ruinas, CH-7535 Valchava forestal-muestair@bluewin.ch
Tourismus – Waldbewirtschaftung Spannungsfeld 1. Einleitung Der Tourismus ist in Davos der bedeutendste volkswirtschaftliche Faktor. Das nördliche Landwassertal von Frauenkrich bis Wolfgang verfügt über den am intensivst genutzten Raum im ganzen Alpengebiet. Eine schöne Landschaft, und damit auch gepflegte Wälder, sind die Lebensgrundlage für eine erfolgreiche Tourismusregion. Touristiker und Waldbewirtschafter haben aus dieser Sicht die gleichen Ziele, beide wollen eine intakte Landschaft. In der Landschaft Davos haben wir in den letzten 25 Jahren versucht, die Anliegen des Tourismus und der Waldbewirtschaftung soweit wie möglich miteinander zu verknüpfen. In der Landschaft Davos ist es gar nicht möglich, mit öffentlichen Mitteln Projekte zu realiAuf allen Strassen und Wegen sind immer häufiger Biker anzutreffen (Bild: Davos Klosters Bergbahnen AG)
sieren, die von der Tourismusbranche nicht akzeptiert und unterstützt werden. Ein erstes Projekt, Waldstrasse und Langlaufloipe auf der gleichen Trasse, scheiterte Anfang der achtziger Jahre noch am Widerstand der Waldbesitzer. 2. Konflikte mit der täglichen Waldarbeit In Davos ist aus klimatischen Gründen eine rationelle Waldbewirtschaftung nur in der schneefreien Zeit sinnvoll. Forstarbeiten verursachen Lärm durch Helikopter, Lastwagen und Motorsägen. Wanderwege müssen wegen Holzerei- und Bauarbeiten gesperrt oder umgeleitet werden. Entlang von Wanderwegen und auf den Waldstrassen wird erwartet, dass aufgeräumt wird, obwohl nicht alle das gleiche unter einem aufgeräumten Wald verstehen. Für den Gast, der für seine Ferien sehr viel Geld ausgibt, sind das lästige Behinderungen. Die Touristiker geben ebenfalls sehr viel Geld für Werbung aus und erwarten, dass sich der Gast Spannungsfeld Feriengäste suchen in unserer Landschaft Ruhe, Erholung oder treiben Sport. Die Waldbewirtschaftung, besonders Holzereiarbeiten und Bauarbeiten für Walderschliessungen und Schutzbauten, finden auf einer grossen Fläche statt, verursachen Verkehr, Lärm und Beschränkungen auf Wanderwegen. Dazu haben Holzerntearbeiten bei vielen Menschen einen negativen Anstrich. Aus diesem Spannungsfeld entstehen Konflikte. Gleichzeitig kommt die Frage auf, ob die Waldbesitzer für die Einschränkungen und Mehraufwendungen entschädigt werden sollen.
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im Landwassertal wohl fühlen kann. Die Sommersaison ist nur sehr kurz, den Höhepunkt erreicht sie in der Zeit von Anfang Juli bis Ende August. Mit einer sorgfältigen Planung müssen heikle Arbeiten ausserhalb dieser Periode geplant und ausgeführt werden. Mit lärmintensiven Arbeiten darf erst nach 8.00 Uhr angefangen werden, die Mittagsruhe von 12.00 bis 13.30 Uhr muss eingehalten werden, am Abend sollten solche Arbeiten um 19.00 Uhr abgeschlossen sein. Helikoptereinsätze sind besonders gut zu planen. Einsätze bis zu zwei Stunden am gleichen Arbeitsplatz werden aus Erfahrung toleriert. Längere Einsätze müssen auf mehrere Tage oder sogar auf mehrere Wochen verteilt werden. Sperrungen und Umleitungen von Wanderwegen sind gut zu kommunizieren. Wird eine sinnvolle Umleitung angeboten, wird diese in der Regel auch benützt. Die Erfahrung zeigt, dass sich Wanderer eher an Sperrungen und Umleitungen halten als Biker und Jogger. Die Wege dürfen nur solange gesperrt werden, wie auch gearbeitet wird. Nach Abschluss der Arbeiten sind die Signalisationen sofort wieder zu verräumen, sonst wird man unglaubwürdig. Alle diese zusätzlichen Arbeiten geben dem Forstbetrieb Mehrarbeit, eine zusätzliche Entschädigung gibt es aber dafür nicht. Dies ist in der Landschaft Davos besonders heikel, da 70 % des Waldes in privatem Eigentum ist. 3. Bewirtschaftung des Privatwaldes Die Bewirtschaftung von kleinparzelliertem Privatwald unter komplizierten Rahmenbedingungen ist eine besondere Herausforderung. Ein Privatwaldbesitzer kann aus seinem Wald keine grossen Erträge erwirtschaften. Dadurch ist er auch nicht an einer intensiven Bewirtschaftung und Investition auf eigene Rechnung interessiert. Andererseits 6
Langlauf-Weltcuprennen auf der Flüalaloipe (Bild: Davos Nordic)
hat die Gemeinde einen grossen Nutzen an den Schutz- und Wohlfahrtsfunktionen des Waldes. Bis heute wird mit Waldbauprojekten die Schutzleistung im Wald abgegolten. Waldleistungen für den Erholungswald sind schwierig zu definieren und umzusetzen. Zudem erfüllt der bewirtschaftete Wald in der Regel die Anforderungen an die Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtsfunktion. Die Behörden haben 1984 in einem Landschaftsgesetz eine Regelung getroffen, die die Privatwaldbewirtschaftung sicherstellt. Einerseits müssen sich die privaten Waldbesitzer nicht an den Beförsterungskosten beteiligen, andererseits werden die Leistungen des Forstbetriebes (Forstpersonal, Maschinen und Geräte) nur zu Selbstkostenpreisen verrechnet. Damit kann die Gemeinde die Waldbewirtschaftung fördern und hat gleichzeitig noch einen Einfluss auf die Qualität der Arbeit. 4. Walderschliessungen und Waldbauprojekte Der Bau von Waldwegen ist ein besonders heikles Thema im ganzen Bereich «Wald und Tourismus». Der Bau der ersten, drei Meter breiten Waldwege entfachte Anfang der achtziger Jahre sehr grosse Diskussionen. Eine skeptische Bevölkerung, kritische
Gäste und die vielen Privatwaldbesitzer waren fast unüberwindbare Hindernisse. Eine Mehrfachnutzung im grösseren Stil konnte man sich eigentlich nicht vorstellen und eine sinnvolle Finanzierung war in weiter Ferne. Eine weitsichtige Behörde regelte 1985 die Finanzierung. Waldwege wurden, wie Hoferschliessungen, Lawinenund Wildbachverbauungen, als öffentliche Werke definiert. Für die öffentlichen Werke wurden die Perimeterbeiträge abgeschafft. Die Gemeinde Davos übernahm, anstelle von privaten Korporationen oder Weggenossenschaften, die Bauherrschaft für die Bauwerke. Die Restkosten werden aus dem Fonds für öffentliche und private Werke finanziert. Dieser Fonds wird aus dem Ertrag der Handänderungssteuer geäufnet. Der Waldbesitzer muss sich nicht an den BauWaldweg Bolgenwald und Talabfahrt vom Jakobshorn (Bild: Davos Klosters Bergbahnen AG)
und Unterhaltskosten der Erschliessung beteiligen. Das Wald- und Verbauungswegnetz der Gemeinde Davos ist heute mehr als 50 km lang und steht auch einer vielfältigen touristischen Nutzung zur Verfügung. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde auch die Finanzierung der Waldbauprojekte über den gleichen Fonds geregelt. 5. Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen Die Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen wurde in unzähligen Berichten und Projekten untersucht und teilweise auch umgesetzt. Die Beschreibung und die Berechnung des Marktwertes einer einzelnen Leistung ist sehr schwierig. Mit der Finanzierung der Privatwaldbewirtschaftung hat die Gemeinde Davos heute ein System, das Leistungen für die Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtsfunktionen entschädigt. Eine Differenzierung nach Funktionen ist nicht nötig. Von einer guten Walderschliessung und gepflegten Wäldern profitieren Gäste, Einwohner und Waldeigentümer gleichermassen. 6. Mehrfachnutzung von Waldstrassen Grundsätzlich finden auf allen Waldwegen Mehrfachnutzungen statt. Alle Waldwege stehen der Landwirtschaft, dem Bau und Unterhalt von öffentlichen Werken, Einsätzen der öffentlichen Sicherheit sowie der touristischen Nutzung zur Verfügung. Die Mehrfachnutzung bekommt beim Waldwegbau dann eine andere Bedeutung, wenn diese als Sportanlage und Waldweg projektiert und gebaut werden. Unter diesem Titel der Mehrfachnutzung müssen in der Landschaft Davos zwei Projekte besonders erwähnt werden. Im Flüelatal wurden in einem umfangreichen Projekt Waldwege gebaut und parallel dazu das bestehende Bündner Wald 5/2009 7
Langlaufloipennetz ausgebaut und erweitert. Auf diesen Loipen finden jedes Jahr die Langlauf-Weltcuprennen statt. Die hohen Anforderungen der Rennloipen bezüglich Längenprofil, Loipenbreite, Unterteilung in verschiedene Streckenabschnitte, künstliche Beschneiung und maschinelle Präparierung waren sehr umfangreich und änderten mehrmals während der Projektierungs- und Bauarbeiten. Zudem mussten die privaten Waldbesitzer überzeugt und die forstlichen Projektvorschriften erfüllt werden. All diese Ansprüche mussten auch die gesetzlichen Vorgaben der Raumplanung und Walderhaltung erfüllen. Im Bolgenwald wurde eine Waldstrasse und eine Talabfahrt aus dem Skigebiet Jakobshorn auf eine gemeinsame Trasse verlegt. Waldwweg im Furrenwald, geeignet für Forstwirtschaft und Tourismus (Bild: Forstbetrieb Davos)
In einer mehrjährigen Projektierungsphase wurde mit mehreren Varianten eine Lösung gefunden, die die Bedürfnisse der Waldbewirtschaftung (Waldweg als Basiserschliessung mit Seilkran) sowie die Anforderungen an eine Talabfahrt aus einem grossen Skigebiet erfüllt. Knackpunkt dieses Projekts war die Kronenbreite des Waldweges. Waldwege wurden in dieser Zeit mit einer Kronenbreite von 3,50 m ( 3,0 m Fahrbahn, 0,5 m Bankette) gebaut. Die Skiabfahrt musste aber, damit sie mit grossen Pistenmaschinen bearbeitet werden kann, 4,20 m breit sein. Auf diese Breite mussten auch vier Brücken ausgebaut werden. Nachdem die technischen Vorgaben erfüllt waren, alle privaten Waldeigentümer zugestimmt hatten und die Finanzierung sichergestellt war, musste noch eine raumplanerische Lösung gesucht werden. Die Differenz zwischen der Waldstrasse, die weithin als Waldfläche gilt, und der Skipiste, ergab entlang der ganzen Strasse eine 0,70 m breite Rodungsfläche! Aber das interessiert die 4000 Schneesportler, die die Talabfahrt an Spitzentagen benützen, wohl kaum. 7. Zusammenfassung und Ausblick Das Alpengebiet wird für Sommer- und Wintersportarten zu einer grossen Sportarena. In den grössten Teilen der Alpen findet aber nur eine sehr extensive Nutzung statt. Nur in sehr kleinen Gebieten rund um die Tourismuszentren wird eine intensive Nutzung der Landschaft stattfinden. Zurzeit boomen vor allem Outdoor-Sportarten, neue Disziplinen werden dazukommen. Auf der einen Seite entwickeln sich Sportarten mit viel Raumbedarf und grossen baulichen Eingriffen in das Gelände wie Schneesport, Golf und Langlauf. Aber auch die «ruhigen» Sportarten wie Wandern, Joggen, Biken, Schneeschuhlaufen und Skialpinismus neh-
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men zu. Diese Sportler wollen das Gelände in ihrer ursprünglichen Form benutzen. Alle Nutzer, seien es Wanderer, Jogger, Skifahrer oder Langläufer, brauchen viel Raum und möchten sich in einer intakten Natur aufhalten. Die Belastung von Fauna und Flora ist genau zu beobachten und mit geeigneten Massnahmen zu schützen. Es werden weiterhin Konflikte entstehen, die aber durch weitsichtige und innovative Politiker, Touristiker und Waldbewirtschafter gelöst werden können. Die Raumplanung muss von der Bewilligung von einzelnen Massnahmen zu einer Definition von Nutzungszielen in einen bestimmten Raum übergehen. Für die Waldeigentümer und für den Forstbetrieb überwiegen die positiven Punkte aus dem Spannungsfeld Tourismus – Waldbewirtschaftung. Die Mittel, mit denen forstliche Projekte finanziert werden, werden im touristischen Umfeld erwirtschaftet. Forstliche Projekte, die auch für den Touris-
mus Mehrwert ergeben, können im politischen Genehmigungsverfahren besser begründet werden. Der Forstbetrieb profitiert vom Tourismus mit vielen Arbeitsaufträgen. Das Fachwissen und die Vielseitigkeit des Forstarbeiters werden von den Auftraggebern sehr geschätzt. Die Tourismusbranche muss sich aus Konkurrenzgründen ständig neu ausrichten und neue Projekte rasch umsetzen. Der Forstwirtschaft bieten sich immer Möglichkeiten, zusammen mit dem Tourismus Projekte zu entwickeln. Ob die Möglichkeiten genutzt werden, liegt an den Entscheidungsträgern in der Forst- und Waldwirtschaft.
Hanspeter Hefti Forstbetrieb Davos Berglistutz 1, CH-7270 Davos Platz hanspeter.hefti@davos.gr.ch
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Mein Wald, dein Wald, unser Wald? Domat/Ems ist mit der Fläche von ca. 25 km2 eine der grösseren Gemeinden des Kantons Graubünden. Rund die Hälfte des Gemeindebetriebes ist mit Wald bedeckt. Der steile Nadelwald, ein Richtung Norden ausgerichteter Hang, am Fusse des Dreibündensteins bis in die Talsohle reichend, ist ein klassischer Schutzwald im Bündnerschiefergebiet. Die Aufgabe unserer Politik besteht darin, den Wald in seinen Funktionen nachhaltig zu bewirtschaften. Nicht immer ein einfaches Unterfangen. An den Wald werden verschiedene Bedürfnisse gestellt. Einerseits ist unser Wald zu einem grossen Teil ein Schutzwald, der auch Lebensraum für viele Lebewesen ist, und andererseits ein Naherholungsgebiet für unsere Bevölkerung. Aber nicht nur für jenen Teil der Bevölkerung, der im Wald spaziert, sondern auch für den anderen Teil, der den Wald aus Distanz betrachtet. Der Wald ist eine Kulisse unseres Dorfes. Veränderungen werden wahrgenommen. Wer heute unseren Wald aus der Ferne beobachtet oder durch Teile unserer Wälder wandert, merkt, dass er sich schnell und wahrnehmbar verändert. Grosse Teile weisen Pflegerückstände auf oder sind überaltert, was die Gefahr erhöht, dass
sie Wind und Schnee, wie kürzlich wieder geschehen, nicht mehr standhalten und zusammenbrechen. Andere hingegen wurden aufgelichtet, und die Vegetation beginnt von Neuem. Unser Waldbild hat häufig etwas Statisches, denn die natürlichen Prozesse in unseren Wäldern laufen so langsam ab, dass sich die daraus ergebende Veränderung oft unserer Wahrnehmung entzieht. Dies war bei uns bis vor einigen Jahren auch so. Durch die gezielte und mit den Jahren auch nötig gewordene Waldnutzung verändert sich das Bild unserer Nordkulisse jährlich. In enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Wald sorgt unser lokaler Forstdienst dafür, dass der Wald so genutzt wird, dass möglichst viele Ansprüche, die an den Wald gestellt werden, erfüllt werden können. Der mit den kantonalen Behörden ausgearbeitete Betriebsplan, der unter anderem die forstliche Nutzung regelt, gibt uns die Richtlinien bekannt. Unsere detaillierte Jahresplanung stützt sich darauf ab, berücksichtigt aber auch die aktuelle Situation auf dem Holzmarkt. Der kantonale Forstdienst kontrolliert uns als Waldeigentümer, und so wird gewährleistet, dass die Waldfunktionen eingehalten
Blick auf einen Teil des Emser Waldes. Die grosse Öffnung (Bildmitte links) hat der Borkenkäfer verursacht. Die übrigen aufgelichteten Partien stammen von kürzlich durchgeführten Verjüngungsschlägen. (Bild: M. Rageth)
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werden. Im Schutzwald wird nach Kriterien vorgegangen, dass Lücken, aus welchen neue Naturgefahren entstehen können, nicht zugelassen werden. Der kommunale Forstdienst ist gemäss kantonalem Waldgesetz zu Nachhaltigkeit verpflichtet. Das heisst, es darf nicht mehr Holz genutzt werden, als nachwächst, die Waldfunktionen dürfen durch die Waldnutzungen auch langfristig nicht gefährdet werden, die Waldpflege oder Waldbewirtschaftung hat naturnah zu erfolgen und die Waldverjüngung soll eingeleitet werden. Vielerorts füllen sich die durch Holzschläge entstandenen Lücken von selbst. Bei uns ist das leider nicht der Fall. Es sind aufwendige Aufforstungen zur Unterstützung der Verjüngung notwendig. In unserer Gemeinde wurde in den letzten fünf Jahren wieder mehr Holz, als der Hiebsatz es festlegt, genutzt. Damit ist die Nachhaltigkeit der Wald- resp. Schutzfunktion im Emser Wald nicht gefährdet, denn infolge der Unternutzung früherer Jahre sind die Holzvorräte weiterhin sehr hoch. Der Entwurf des neuen Betriebsplanes sieht eine Erhöhung des Hiebsatzes vor. Um Holz zu nutzen, muss man in den Wald eingreifen. Es gibt Argumente für grössere Eingriffe, als auch Argumente für kleinere Eingriffe. Die örtlichen Gegebenheiten spielen dabei eine wesentliche Rolle. Wie und mit welchen Mitteln ein Schutzwald gepflegt wird, hängt stark von seiner Erschliessung ab. Wenn, wie bei uns, das Gelände steil und die Erschliessung im oberen Schutzwaldbereich sehr schlecht ist, kann die Waldnutzung nicht gewinnbringend sein. Um auch den ökonomischen Gesichtspunkten gerecht zu werden, sind wir vermehrt auf den Einsatz teurer Maschinen, welche fast ausschliesslich durch Forstunternehmungen gestellt werden können, ange-
wiesen. Dennoch ist die aktive Waldpflege ein wichtiges Instrument zum langfristigen Schutz vor Naturereignissen. Manchmal ist man jedoch auch gezwungen im Wald einzugreifen, wenn man es nicht unbedingt will. Seit Jahren breitet sich zum Beispiel die Mistel in unserem Wald aus und befällt unsere Föhren und Weisstannen. Auch der Borkenkäfer ist ein unwillkommener, aber ständiger Gast bei uns und macht da und dort einen Eingriff nötig. Doch nicht nur das, auch hatte unser Wald in den letzten Jahren vermehrt Schneedruck-, Rutsch- oder Sturmschäden zu verkraften. Nicht zuletzt dank der finanziellen und fachlichen Unterstützung durch den Kanton Graubünden konnten diese Schäden bis anhin zu unserer Zufriedenheit behoben werden. Vom Borkenkäfer befallener Emser Wald (Bild: M. Lerch)
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Einige Jahre nach der Auflichtung ist neues Leben auf den Waldboden zurückgekehrt. (Bild: J. Hassler)
Aktive Waldpflege bedeutet auch Öffentlichkeitsarbeit. Grössere Eingriffe in unserer Kulisse stossen oft, infolge Unwissen, auf harsche Kritik der Bevölkerung. Wir versuchen, unseren Einwohnern mit Waldtagen, die alle paar Jahre stattfinden zu informieren, was an unserem Nordhang geschieht. So zum Beispiel werden geplante und sich in Ausführung befindliche Holzschläge besichtigt, arbeitenden Forstunternehmungen wird über die Schultern geschaut und aufgelichtete Wälder werden begangen, um zu zeigen, was alles nachwächst, wenn Licht auf den Waldboden gelangt. Auch wenn die Eingriffe teils erschreckend wirken, können wir unserer Bevölkerung zeigen, wie schnell sich der Wald wieder erholt eine Generation von jungen Bäumen heranwächst. Auch unsere Jägersektion mit ihren vielen Sympathisanten arbeitet tatkräftig bei der
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Waldpflege mit. Der immer gut besuchte Hegetag bietet Jung und Alt die Gelegenheit, sich aktiv an der Waldpflege zu beteiligen. Zudem übt die Jägersektion noch ein Patronat beim Weisstannenprojekt aus, denn die Verjüngung der Weisstannen ist in unserem Waldgebiet sehr schwierig. Der Jungwuchs hat unter dem Verbiss durch Schalenwild immer wieder stark gelitten. Mein Wald, dein Wald, unser Wald. Als Departementsvorsteher Umwelt und Tiefbau, dem die Waldbewirtschaftung unterliegt, muss ich den Wert und die Bedeutung der Wälder kennen. Eine intensive Zusammenarbeit mit dem Revierförster und dem Amt für Wald ist unumgänglich. Dennoch liegt die Eigenverantwortung beim Waldeigentümer. Im Gespräch mit unserem Revierförster sprechen wir immer über unseren Wald, auch wenn gewisse Teile in Privatbesitz sind, denn egal, wem der Wald gehört, unsere Aufgabe und Ziel ist und bleibt es, den Wald wirtschaftlich und ökologisch so zu nutzen, dass die nächste Generation eines Tages sagen kann, der Emser Wald wurde nachhaltig bewirtschaftet und gepflegt.
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Zweckverband Falknis – der «doppelte» Dienstleistungsbetrieb Der Zweckverband Falknis ( ZVF ) ist seit 2004 der gemeinsame Forst- und Werkbetrieb der Gemeinden Fläsch und Maienfeld. Ein «doppelter» Dienstleistungsbetrieb also im «doppelten» Sinne: Zwei Bereiche für zwei Gemeinden. Nach fünf Jahren operativer Tätigkeit darf erfreut festgehalten werden, dass sich die Zusammenarbeit bestens eingespielt und bewährt hat. Eine Erfolgsgeschichte? Ja. Ein Patentrezept auch für andere Gemeinden? Nicht zwingend. Die Zusammenarbeit von einer oder mehreren Gemeinden in gewissen Bereichen ist schon lange nichts Aussergewöhnliches mehr und wird die Öffentlichkeit unter dem verstärkten Kostendruck auch je länger je mehr beschäftigen. Aus den verschiedenen Möglichkeiten von Kooperationsformen können ganz unterschiedliche Ansätze für die einzelnen Gemeinden zum Erfolg führen. Dies unter Berücksichtigung von betrieblichen, wirtschaftlichen, personellen, geografischen, aber auch politischen Gesichtspunkten und Rahmenbedingungen. Fläsch und Maienfeld haben die Zeichen der Zeit erkannt und mit der Organisationsform eines Zweckverbandes eine sehr partnerschaftliche und moderne Art der Zusammenarbeit im Bereich Forst und Werk gewählt. Wie ist es dazu gekommen und welches sind aus unserer Sicht die entscheidenden Erfolgsfaktoren? Ausgangslage und politische Vorgaben für die Zusammenarbeit Um den immer komplexer werdenden Aufgaben einer Gemeinde bei gleichzeitig steigenden Kosten gerecht werden zu können, sind neue Lösungen zu suchen. Aufgrund
dieser Entwicklung haben die Stadt Maienfeld und die Gemeinde Fläsch im 2002 eine Arbeitsgruppe gebildet, um eine mögliche Kooperation in den Bereichen Forst- und Werkamt zu prüfen. Für eine vertiefte Zusammenarbeit wurden folgende Vorgaben definiert: – Beide Gemeinden sollen von einer Kooperation angemessen profitieren – Jede Gemeinde trägt die eigenen Kosten selber – Jede Gemeinde verrechnet die ihr zustehenden Einnahmen selber und direkt (Verkäufe/Subventionen) – Die anzustrebende Kooperationsform muss einfach und die Kompetenzbereiche müssen klar sein Aus diesen Grundsätzen ist bereits ersichtlich, dass die Gemeinden weiterhin Waldbesitzer bleiben sollen, jedoch die entsprechenden Aufgaben an einen Dritten (Zweckverband) delegiert werden können. Aus Sicht der Mehrwertsteuer ist diese Festlegung entscheidend und es bedurfte detaillierter Abklärungen in Bezug auf die Verrechnung der verschiedenen Dienstleistungen. Mit der Zusammenarbeit wurden folgende Ziele angestrebt: – Getätigte und geplante Investitionen sind besser auszulasten, was mittelfristig eine tiefere Belastung für beide Gemeinden bringen soll – Durch die grössere Gruppe soll der Personaleinsatz effizienter organisiert werden können, was sich mittelfristig positiv auf die Kosten auswirkt – Den Personalbestand in einer ersten Phase erhalten, mittelfristig allenfalls sogar leicht reduzieren Bündner Wald 5/2009 13
Neben der Kooperationsform eines Zweckverbandes kommunaler Betriebe sind durch die Arbeitsgruppe noch zwei weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit geprüft worden. Namentlich die überbetriebliche Zusammenarbeit sowie die Bildung eines Kopfbetriebes bei der Stadt Maienfeld. Ein Zusammenschluss im Sinne einer Gemeindefusion stand für beide Parteien nicht zur Diskussion. Für den neuen Zweckverband sind u.a. folgende Grundsätze festgelegt worden: – Die Stadt Maienfeld und die Gemeinde Fläsch bilden einen Zweckverband mit eigenen Statuten und eigener Buchhaltung – also eine eigene juristische Person – Der Verband übernimmt Personal und Mobilien der Kommunalbetriebe Maienfeld und Fläsch – Der Verband führt im Auftrag beider Gemeindewesen deren Aufgaben aus – Die Aufwendungen für die Arbeiten werden beiden Parteien zu Vollkosten verrechnet – Investitionen in die Gemeindeinfrastruktur werden von jeder Gemeinde weiterhin unabhängig getätigt – Investitionen in Maschinen usw. werden gemeinsam nach einem Verteilschlüssel getragen – Investitionen in Immobilien (Werkhof) trägt die Standortgemeinde. Sie stellt diese dem Zweckverband mietweise zur Verfügung – In den leitenden Gremien sind die Gemeinden gleich stark vertreten Speziell zu erwähnen ist der letzte Punkt der gemeinsamen Führung des Verbandes – ein ganz zentraler Unterschied z.B. gegenüber einem Kopfbetrieb. 14
Viele der in diesem Kapitel erwähnten Vorgaben und Grundsätze sind wichtig für die politische Akzeptanz einer solchen Zusammenarbeit. Die Auslagerung von einzelnen Gemeindebereichen in einen Zweckverband löst aber trotzdem auch Unsicherheiten in Bezug auf die zukünftige Einflussmöglichkeit durch Gemeindeversammlungen und Behörden hervor. Diesem Umstand wurde bei der Bildung der Organisationsstrukturen und der strategischen Ausrichtung des ZVF ein besonderes Augenmerk gewidmet. Organisation, Aufgaben und strategische Ausrichtung Der Zweckverband Falknis ist ein Dienstleistungsbetrieb der Gemeinden Maienfeld und Fläsch. Ziel des Verbandes ist die gemeinsame Aufgabenerfüllung in den Bereichen Forstwirtschaft und Werkdienst. Der ZVF strebt eine kontinuierliche Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen an. Zur Grundstrategie gehört, dass keine direkte Konkurrenzierung des Gewerbes durch den Verband stattfindet und die Dienstleistungen grundsätzlich auf den Territorien der Gemeinden Maienfeld und Fläsch erbracht werden. Im Einzelfall entscheidet der Vorstand des Verbandes über allfällige Ausnahmen. Sekundär können auch Dienstleistungen für Dritte erbracht werden. Dienstleistungen für Dritte sind gewinnbringend auszuführen. Die Erfüllung der gemeindespezifischen Dienstleistungen hat jedoch Vorrang. Die einzelnen Organe und ihre Aufgaben und Kompetenzen sind in den Statuten geregelt. Die Details zum Leistungsauftrag wie auch verschiedene Grundsätze wurden in einer Leistungsvereinbarung zwischen den beiden Gemeinden und dem ZVF definiert
und im 2006 aufgrund der Erfahrungen der ersten zwei Betriebsjahre weiter konkretisiert und ergänzt. Die Organe des Verbandes sind: Gemeindeversammlungen Die Gemeindeversammlungen der beiden Gemeinden Fläsch und Maienfeld bilden zusammen das oberste Organ des gemeinsamen Betriebes. Delegiertenversammlung Die gemeinsame Sitzung der Gemeindevorstände (Exekutiven) von Fläsch und Maienfeld bildet die Delegiertenversammlung. Vorstand Der Vorstand besteht aus vier Mitgliedern.
Jede Gemeinde delegiert den Wald- und Baufachchef in den Vorstand. Geschäftsprüfungskommission Je ein Mitglied der Geschäftsprüfungskommissionen beider Gemeinden prüfen einmal jährlich die Rechnung, die Betriebsführung sowie die Tätigkeit des Vorstandes. Betriebsleitung Operative Leitung des Forst- und Werkbetriebes. Die Aufgaben des Zweckverbandes sind sehr anspruchsvoll und vielfältig. Entsprechend herausfordernd sind die Betriebsleitung und die Abstimmung mit verschiedenen Ansprechpartnern, Kunden und
Aufgabenbereiche Zweckverband Falknis Aufgabenbereiche Zweckverband Falknis (Grafik: ZVF)
Waldbewirtschaftung
| Unterhaltsarbeiten | Dienstleistungen Energie- und Brennholz Erholungseinrichtungen
Holzernte
Waldstrassen
Waldpflege
Abwasserbeseitigung
Rüfen und Bäche
Kehrichtbeseitigung
Wasserversorgung
Strassenunterhalt
Friedhof Winterdienst
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politischen Vertretern. Speziell auch in der Phase der Arbeitsplanung und Budgetierung braucht es viel Erfahrung und eingespielte Prozesse. Der Zweckverband wird nach modernen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt. Unsere Mitarbeiter sind vielseitig begabt und dennoch spezialisiert in ihren Bereichen.
angestellte) führen kann, als dies vor der Zusammenarbeit der Fall war. Abschliessende Bemerkungen Der Zweckverband ist ein Gemeindebetrieb. Er gehört der Öffentlichkeit und steht im Dienste der Bevölkerung. Die Information nach aussen und der gegenseitige Gedankenaustausch sind darum besonders wichtig. Im Rahmen des 5-jährigen Jubiläums werden in diesem Jahr verschiedene Veranstaltungen durchgeführt, um der Öffentlichkeit Einblicke in die vielfältigen Tätigkeitsbereiche des Forst- und Werkbetriebes geben zu können. Die Gründung des Zweckverbandes hat allgemein ein gewisses Umdenken erfordert, und vielleicht sind einzelne Aspekte anfänglich auch unterschätzt worden. Verschiedene Abläufe (betriebliche und politische) sowie auch Schnittstellen mussten neu definiert oder angepasst werden. Rückblickend ist jedoch feststellbar, dass gerade die Form als eigenständiger Zweckverband die Verant-
Entwicklung und Zielerreichung Die Frage der Zielerreichung kann man stets unterschiedlich messen und beantworten. Die Auslastung und die gemeinsame Nutzung der Immobilien (Werkhof) und der Fahrzeuge über beide Gemeinden sind selbstverständlich effizienter und darum auch kostengünstiger. Eine andere wichtige Messgrösse für die Zweckverband Falknis Zielerreichung ist die Personalentwicklung (Anzahl der Stellen). Hier darf festgestellt werden, dass trotz laufend zunehmender Aufgaben der Zweckverband den Betrieb mit bisher konstant weniger Personal (Fest-
Personalentwicklung ZVF
Personalentwicklung in Anzahl Stellen (Grafik: L. Tanner) Aushilfen
Festangestellte
Lehrlinge
Stichtag jeweils 1. Januar
18 16 14
4
4
12 10
3
3
1
0,25
10,55
11,20
2005
2006
4
4
11,70
11,70
11,70
2007
2008
2009
3
8 6
12,85
12,35
4 2 0
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ohne ZVF
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wortlichen immer wieder gezwungen hat, ihr Handeln zu hinterfragen, um noch transparenter und kundenorientierter zu werden. Wir sind stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben. Speziell auch auf unsere Mitarbeitenden, auf die Lehrlingsausbildung sowie die Einsatzfähigkeit und die hohe Effizienz des Betriebes. Unsere Erfahrungen aus dieser Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden und Verantwortlichen zu teilen, sind wir gerne bereit.
Lorenz Tanner, Stadtrat Zweckverband Falknis Werkhof, CH-7304 Maienfeld l.tanner@bluewin.ch
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Zweckverband Falknis – der Dienstleistungsbetrieb Zweckverband Falknis – ein markt- und betriebswirtschaftlich geführter Dienstleistungsbetrieb – ist das möglich? Es gibt verschiedene Unterhaltungsspiele. Den einen wird mit Karten, den anderen mit Würfeln nachgeeifert. Das Ziel ist immer das Gleiche, gewinnen! Doch wie ist es, wenn Gemeindebetriebe und deren Kulturen zusammengewürfelt werden? Das Ziel ist das Gleiche wie beim Spiel, gewinnen. Doch nicht nur einer soll Sieger sein, alle Beteiligten sollen gewinnen! Die Startphase Mit dem politischen Entscheid, die Forstund Werkbetriebe der Gemeinden Fläsch und Maienfeld zusammenzuführen, stellten sich entscheidende Weichen. Die von der Arbeitsgruppe «Insieme» aufgezeigten strukturellen und betrieblichen Abläufe galt es nun «scharf» umzusetzen. Gestartet wurde mit zwei Bereichen: Wald und Werk. Die Bereiche wurden von je einem Bereichsleiter geführt. Infowlge Pensionierung des Bereichsleiter Werk überprüfte und hinterfragte man die gemachten Erfahrungen im Zweckverband Falknis ( ZVF ). Die Analyse hat gezeigt, dass in den zwei Bereichen Unsere neue Kehrmaschine MFH 2500, welche auch in anderen Gemeinden zum Einsatz kommt. (Bild: G. Willi)
Teamwork, Forstwart Andreas Niederer und Forstunternehmer Christian Volk mit dem Eco Log beim Fällen einer Lärche an der Kantonsstrasse (Bild: G. Willi)
unterschiedliche Kulturen bestanden, was gegen innen und nach aussen manchmal zu Konflikten führte. Die betriebliche Auslegeordnung hat gezeigt, dass eine Verschmelzung der beiden Bereiche eine betriebliche Optimierung mit sich bringen würde. Die Aufbauphase Die Delegiertenversammlung des ZVF folgte im Jahr 2005 dem Vorschlag des Vorstandes ZVF, die Bereiche Wald und Werk zusammenzuführen. Der ZVF wurde ab dem 1. Januar 2006 als Einheit von einem Betriebsleiter geführt. Die während zwei Jahren gemachten Erfahrungen des ZVF wurden genutzt, um Stär-
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Organigramm Zweckverband Falknis Vorstand Zweckverband Falknis
Bauverwaltungen Verbandsgemeinden
Betriebsleiter ZVF Sekretärin Teilzeit (20%)
Gruppenleiter Wald I.
Gruppenleiter Wald II.
Personal- und Maschinenpool
Gruppenleiter Werk I.
Personal- und Maschinenpool
Fachliche Unterstellung Anlagen der Wasserversorgung Abwasserentsorgung
(Brunnenmeister) Verantwortungbereiche Stv. BL Wald Einmessung/Sortierung Stundenkontrolle AVOR Praktische Umsetzung der Aufträge Lehrlingsausbildung
AVOR Praktische Umsetzung der Aufträge Lehrlingsausbildung
Stv. BL Werk Unterhaltsarbeiten Werk Rüfen & Bäche AVOR Praktische Umsetzung der Aufträge
Genehmigt an der Delegiertenversammlung am 21. November 2005
Organigramm Zweckverband Falknis (Bild: Zweckverband Falknis)
ken und Schwächen unserer Organisation klar aufzuzeigen. Das Ergebnis war nicht nur zur Freude aller Beteiligten, denn eingespielte Arbeitsabläufe, die nach Gewohnheiten genutzten Ressourcen wurden auseinandergenommen und neu strukturiert. Das Organigramm zeigt die Führungsstruktur ab dem Jahr 2006, Stand 31. August 2009.
Als grosse Herausforderung stellte sich das Corporate Identity (Unternehmungsidentität) dar, welches nicht nur mit gleichfarbigem Outfit gelebt werden durfte. Die Bildung des Zusammengehörigkeitsgefühls musste bei jedem Mitarbeiter stattfinden und war teilweise ein schwieriger Prozess.
Erst als diese Hürde überstanden war, konnte von ganzheitlichem Teamgeist gesprochen werden und die neu gebildete Unternehmung wurde getragen. Grosse Betriebseinheit gleich weniger Probleme? Die Aufgaben in einem kleineren Betrieb sind die gleichen wie die in einem grösseren Betrieb. Einzig in der Menge der Aufgaben liegt der Unterschied. Aufgabenfelder werden mehr, sind vielfältiger und es ist nicht ganz einfach, allen Anforderungen sofort und wie gewohnt, gerecht zu werden. Es braucht ein Umdenken und Verständnis, ein ganzheitliches Denken ist vom Leistungsbesteller wie vom Leistungserbringer nötig. Heute bewirtschaftet der ZVF knapp Bündner Wald 5/2009 19
ge führen wir keine durch, denn wir sehen in der Direktvermarktung des Rundholzes Chancen und wollen diese nutzen.
Unsere Sägen, sagenhaft! (Bild: G. Willi)
2000 ha Wald mit einem Hiebsatz von rund 7000 m3; 100 km Feld- und Waldstrassen
sind zu unterhalten. Rüfen und Bäche dürfen bewirtschaftet werden, ein Energieholzzentrum mit integrierter Fernwärmeversorgung wird betrieben. Im Kommunalbereich werden Gemeinde- und Kantonsstrassen unterhalten, die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung wird nach QS geführt, öffentliche Einrichtungen und Anlagen werden gepflegt, der Unterhalt an Alpgebäuden und Weiden wird vollzogen. Der Winterdienst sowie die Beratung im Arbeitssicherheitswesen anderer Gemeindezweige sind ein Teil der in Leistungsvereinbarungen geregelten Aufgaben. Kleine Betriebseinheiten verleiten zu intensiver Pflege, bei grösseren Betriebseinheiten ist das gar nicht mehr möglich. Das Wesentliche muss herausgeschält werden und in die Jahresplanung einfliessen. Im Forst wird das jährliche Waldbauprogramm in den Räten visuell vorgestellt und erläutert. Entwicklungen im Rundholzmarkt werden aufgezeigt, welche in den Budgets zum Tragen kommen. Die Zusammenarbeit mit Forstunternehmungen ist uns wichtig. Wir streben eine Win-Win-Situation an und integrieren unsere Mitarbeiter gerne in die Arbeitsprozesse mit den Forstunternehmungen. Stockschlä20
Die Auslastung der Betriebseinrichtungen Fahrzeuge und Maschinen sind Teil des Investitionsvolumens des ZVF. Die von der Gemeinde Fläsch und der Stadt Maienfeld eingebrachten Fahrzeuge und Maschinen wurden in ein Investitionskonzept aufgenommen, in welchem der Gebrauch und der allfällige Ersatz aufgezeigt werden. Dieser Überblick ist eine optimale Grundlage für weitere Investitionen. Deutlich zeigt sich eine gute bis sehr gute Auslastung der Spezialmaschinen. Zum Beispiel leistet unser Zangenschlepper pro Jahr über 1 000 produktive Maschinenstunden in der Holzernte und mit Mulcharbeiten an Waldstrassen. Unsere Personentransportfahrzeuge sind optimal auf die Gruppen ausgerichtet. Jede Gruppe hat die Möglichkeit, je nach Auftrag das passende Fahrzeug am Morgen auszuwählen, damit die Arbeit effizient und sicher erledigt werden kann. Der Werkhof der Stadt Maienfeld wird vom ZVF gemietet. Er bietet Infrastruktur und Raum, um personalgerecht zu arbeiten.
Wer Verantwortung trägt, muss Kompetenzen haben Seit dem Start des ZVF sind die Verantwortungsbereiche und die Kompetenzen klar geregelt. Wir unterscheiden zwischen: – strategischer Ebene (politische Ebene) – betrieblicher Ebene (Betriebsführung) Die Aufgaben und Verantwortungen sind funktionsgerecht in den Stellenbeschreibungen und Pflichtenhefter formuliert. Die Leitung des ZVF obliegt dem Betriebs-
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leiter, welcher den Betrieb in drei Gruppen führt. Unsere 16 Mitarbeiter arbeiten in zwei Waldgruppen und in einer Werkgruppe. Die Gruppengrösse und die Zusammensetzung ändern jeweils nach den Aufgaben und den Gegebenheiten. Es sind keine «starren» Gruppen, welche nur in ihrem Fachbereich arbeiten. Einander aushelfen und füreinander da zu sein, wird bei uns grossgeschrieben. Der Betriebsleiter erarbeitet mit den Fachspezialisten und den Behördevertretern die Gemeindebudgets in den Aufgabenbereichen aus, welche als Grundlage für das Budget ZVF dient. Die jährlich laufende Rechnung des ZVF schliesst mit ca. 3,5 Mio. Franken, die Investitionsrechnung beläuft sich auf ca. 120 000 Franken. Die finanziellen Verantwortungsbereiche in den Forstund Werkbetrieben der Verbandsgemeinden runden das Portfolio ab. Wenn die Budgets in den Gemeinden genehmigt werden und die Delegierten des ZVF das Budget inkl. Investitionsrechnung gutgeheissen haben, ist es die Aufgabe des Betriebsleiters, die gesteckten Ziele zu erreichen und einzuhalten. Dieser Handlungsspielraum lässt eine marktund betriebswirtschaftliche Führung auch in einem Dienstleistungsbetrieb zu und ist aus meiner Sicht in der heutigen Zeit unabdingbar. Die Startphase, die Aufbauphase, was noch? Heute sind Betriebsabläufe eingespielt und die Strukturen greifen. Es wäre falsch, wenn man jetzt auf dem Erreichten ausruhen würde und nicht versuchte, sich stetig zu verbessern. Die nächsten zwei Jahre sollen als Optimierungsphase genutzt werden. Es ist nicht unser Ziel, grösser und grösser zu werden, viel mehr streben wir eine faire und effiziente Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden und Unternehmungen an.
und
Das Miteinader und die gegenseitige Unterstützung auf einer marktgerechten Basis ist der Schlüssel zum Erfolg. Es liegt an uns, Hürden und Vorurteile abzubauen und gemeinsam den Weg in die Zukunft zu gehen. Weitere Informationen unter: www.zweckverbandfalknis.ch
Gion Willi, Betriebsleiter Zweckverband Falknis Werkhof, CH-7304 Maienfeld gion.willi@zweckverbandfalknis.ch
Bündner Wald 5/2009 21
Steigende Holznutzung und Holzpreise in ForstBAR-Betrieben Entwicklung Gesamtrechung Kosten
Erfolg
Gesamterfolg ForstBAR
Erlös
Fr. / ha
1600 1400
Der Gesamterfolg in den Bündner
1200
Betrieben mit der forstlichen Be-
1000
triebsabrechnung (ForstBAR) hat sich gegenüber dem Vorjahr 2007 zwar um
800
Fr. 10.–/ha verschlechtert. Holznutzung
600
und Holzerlöse sind aber entgegen dem
400
Trend in der Schweiz in den letzten
200
Jahren gestiegen. Über alle Sortimen-
0
te ohne Stockverkäufe sind 2008 die
-200 19
89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 20 04 20 05 20 06 20 07 20 08
Holzerlöse mit Fr. 90.–/m3 und die Jahr
Holzerntekosten (2. PS) Fr. 94.–/m3 auf dem Niveau des Vorjahres geblieben.
Grafik 1 ( ARGE ForstBAR GR )
Trotz drastisch weniger Beiträge an die Laufende Rechnung im Vergleich mit
Die Ergebnisse stammen von 57 Bündner Revieren. Alle verdichteten Reviere wurden durch die ARGE ForstBAR (bap Ingenieurbüro, Abbaco, WVS ) betreut. Insgesamt haben die Reviere eine produktive Fläche von 81 301 ha und eine Nutzung von 210 289 m3. Sie widerspiegeln 59 % wder produktiven Fläche und Nutzung der öffentlichen Eigentümer in Graubünden. Grafik 2 ( ARGE ForstBAR GR )
Entwicklung Nutzung/Hiebsatz 3.00
Hiebsatz
Nutzung
Über- und Unternutzung
2.50
1.50
3
m /ha
2.00
1.00 0.50 0.00
Jahr
22
20 08
20 07
20 06
20 05
20 04
-0.50
den Alpenbetrieben ist der Erfolg in der Waldbewirtschaftung der Bündner Betriebe besser.
Entwicklung Gesamtrechnung Das Gesamtergebnis (Grafik 1 ) ohne Investitionen hat sich gegenüber dem Vorjahr um Fr. 10.–/ha auf Fr. 20.–/ha verschlechtert. Der Erfolg bei der Sachgüterproduktion (Fr. 6.–/ha) und den Dienstleistungen (Fr. 5.–/ha) ist auf den Werten des Vorjahres geblieben. Einzig in der Waldbewirtschaftung ist der Verlust auf Fr. 9.–/ha angestiegen. Dennoch ist es das viertbeste Resultat seit 20 Jahren. Waldbewirtschaftung In der zweiten Jahreshälfte 2008 kam der weltweite Wirtschaftsabschwung zum Tragen. Infolge dieser Entwicklung fielen die Holzpreise, und die Nutzungsmengen wurden im europäischen Raum und in der Schweiz gedrosselt. In Graubünden sind weder die Nutzungsmenge noch der Nettoholzerlös über alle Sortimente in den ver-
Deckungsbeitrag Holzernte 120.–
Holzerlös netto
Holzerntekosten
Deckung
100.– 80.–
3
60.– Fr./m
dichteten Revieren gesunken. Der Anstieg des Verlustes in der Waldbewirtschaftung ist auf die sinkenden Beiträge an die Laufende Rechnung gegenüber dem Vorjahr zurückzuführen. Der Jahreshiebsatz (Grafik 2) ist um 0,24 m3/ha oder ca. 10 % übernutzt worden.
40.– 20.– 0.–
-20.–
Jahr
Grafik 3 ( ARGE ForstBAR GR )
renz zwischen dem Verkaufspreis netto und dem Einstandspreis eines Gutes und wird als Handelsspanne bezeichnet. Betrachtet werden nur die Holzschlagarbeiten (Holzernte, Holzschutz, Transport und Aufsicht) ohne Beiträge von Bund und Kanton. In den Kosten und Erlösen sind Normal- sowie Zwangsnutzungen enthalten. Nicht nur in den letzten fünf Jahren, son-
Grafik 4 ( ARGE ForstBAR GR )
180.–
Kosten 2. Produktionsstufe indexiert
160.– 140.–
Fr./m
3
120.– 100.– 80.– 60.– 40.– 20.– 0.–
84 85 86 87
88 89 90 91 92
93 94 95 96 97 98 99 00
01 02
03 04 05 06 07 08
Jahr
Bündner Wald 5/2009 23
20 08
20 07
20 05
20 06
-40.– 20 04
Der Nettoholzerlös über alle Sortimente von Fr. 87.–/m3 hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht verändert. Weil die Erntekosten in den letzten Jahren immer mehr reduziert werden konnten und der Holzerlös gleichzeitig gestiegen ist, ergibt sich nur noch ein kleines Minus beim Deckungsbeitrag (Grafik 3 ). Der Deckungsbeitrag errechnet sich, indem vom Nettoerlös die entsprechenden Herstellungskosten (Produktionskosten) abgezogen werden. Der Deckungsbeitrag zeigt an, was der einzelne Artikel, das Produkt etc., zur Deckung der Strukturkosten eines Betriebes sowie zur Erzielung des Gewinns beiträgt. Er ist die massgebliche Grösse für die Produktbeurteilung. Im Handel entspricht der Deckungsbeitrag der Diffe-
5.– 0.–
Fr./m
3
-5.–
Erfolg Waldbewirtschaftung 2008
Bereitschaft, neue Holzernteverfahren einzusetzen, tragen zu dieser Entwicklung bei.
1.0 -8.8
-8.8
-11.5
-19.9
-9.0
Alpen
Alle Bündner ForstBARBetriebe
-10.– -15.–
-20.–
Schweiz
Jura
Mittelland Voralpen
Grafik 5 ( ARGE ForstBAR GR )
88.–
Holzerlös netto 2008
86.–
Fr./m
3
84.– 82.– 80.– 78.– 76.– 74.–
83
79
Schweiz
Jura
86
84
Mittelland Voralpen
Grafik 6 ( ARGE ForstBAR GR )
83
87
Alpen
Alle Bündner ForstBARBetriebe
dern auch in den letzten 25 Jahren wurde in der Holzernte immer kostengünstiger produziert (Grafik 4 ). Für längerfristige Vergleiche müssen die Frankenbeträge entsprechend der Teuerung bereinigt werden. Indexiert dargestellt, ist die Senkung der Produktionskosten noch besser ersichtlich. Das kostenbewusste Denken der Betriebsleiter mit BAR, die Mechanisierung und die
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Vergleich ausgewählter Betriebe im Testbetriebsnetz Das Testbetriebsnetz ( TBN ) ist eine für die Schweiz repräsentative, geschichtete Stichprobe von 200 Forstrevieren der Schweiz. Diese Reviere werden nach Regionen verdichtet. Alle Reviere im TBN aus Graubünden sind in der Region Alpen verdichtet. Der Erfolg in der Waldbewirtschaftung pro m3 Liegendverkauf ist in Graubünden auf dem Niveau aller TBN-Betriebe in der Schweiz. Jedoch viel besser als bei den Alpenbetrieben (Grafik 5 ). Im Vergleich der Nettoholzerlöse (Grafik 6 ) über alle Sortimente der Reviere im Testbetriebsnetz ( TBN ) des Bundesamtes für Statistik, erzielen die Bündner Reviere mit BAR die besten Erlöse im Vergleich mit allen Regionen (Alpen, Voralpen, Mittelland und Jura). Dies ist nur ein kleiner Auszug aus den Verdichtungen 2008. Für weitere interessante Aussagen sind die Daten vorhanden, sie müssten nur entsprechend ausgewertet und kommentiert werden.
ARGE ForstBAR GR c/o bap – Ingenieurbüro Heinzenberg 90 CH-7421 Summaprada
ForstBAR – die Grundlage für wirtschaftliche Erfassungen Weshalb Betriebsabrechnung? Die Betriebsabrechnung soll die Transparenz im Forstbetrieb erhöhen. Sie steht in enger Verbindung mit der Finanzbuchhaltung. Die Betriebsabrechnung stellt die Wirtschaftlichkeit differenziert dar. So zeigt sie unter anderem auf, welche Kosten anfallen, beziehungsweise welcher Leistungsaufwand für die Erstellung eines Erzeugnisses (Produkt oder Dienstleistung) erforderlich ist. Diese zusätzlichen Informationen kann der Betriebsleiter nutzen, um entsprechende Massnahmen einzuleiten, wenn das Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht. Die ForstBAR eignet sich für verschiedene Auswertungen, die betriebsspezifisch ausgewählt werden können (Abbildung 1 ).
Damit Fragen korrekt beantwortet werden können, muss die Kostenrechnung entsprechend aufgebaut und gegliedert sein. Nebenbei kann mit der Betriebsabrechnung die interne Verrechnung für andere Waldeigentümer oder Dienststellen (Arbeit für Werkamt), Sägerei usw. ohne zusätzlichen Erhebungsaufwand erstellt werden. Immer mehr Gemeinden erweitern den HRM- Kontenplan im Bereich Forstwirtschaft, welcher gemäss dem Muster vom Amt für Gemeinden in enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Wald und einer Arbeitsgruppe erstellt wurde. Dieser sieht vor, dass die Kosten vom technischen Betrieb (Revier, Kopfbetrieb) auf die einzelnen Waldfunktionen aufgeteilt werden. Auch für diese Vorgabe
Abbildung 1 ( ARGE ForstBAR GR )
Vertiefte Auswertungen
Grundauswertung
Kostenstruktur
Nachkalkulationen
Ertragsstruktur
Budgetkontrolle
Gewinn/ Verlust
Vergleich mit anderen Betrieben
ForstBAR
MWST
HRM
Kostensätze
Kostendeckung
Revierkostenverteilung
Erweiterte Auswertungen Bündner Wald 5/2009 25
erweist sich die forstliche Betriebsabrech nung geradezu als ideal. Unterschied Betriebsabrechnung und Finanzbuchhaltung? Die Betriebsabrechnung als Vollkostenrech nung ist eine wichtige, interne Informa tionsquelle, welche sich auf die Erfassung aller innerbetrieblichen Aktivitäten fokus siert. Mit der Betriebsabrechnung können Aussagen über die Wirtschaftlichkeit des Betriebes gemacht werden. Damit können interne Kosten und Leistungen ermittelt und den verursachenden Unternehmensteilen oder Dienstleistungen, respektive Erzeug nisse zugewiesen werden. Der wesentliche Unterschied zur Finanzbuchhaltung entsteht mit der Verbuchung von kalkulatorischen Abschreibungen und kalkulatorischen Zin sen. In der Finanzbuchhaltung wird oft die indirekte Abschreibung angewendet. Weil die Wertverminderung nicht direkt auf dem Aktivkonto Maschinen ausgebucht, sondern indirekt auf dem Konto Wertberichtigung Maschinen (MinusAktivKonto) berück sichtigt wird, entstehen hier die grössten Differenzen zwischen Betriebsabrechnung und Finanzbuchhaltung. Ebenfalls können Abgrenzungen am Jahresende (Rundholz Betriebsabrechung Die Betriebsabrechnung ist ein wich tiges Instrument zur Betriebsführung. Mit dieser Vollkostenrechnung ist der Betriebsleiter in der Lage, seine erbrach ten Produkte und Dienstleistungen auf ihren Erfolg hin zu beurteilen. Dies gibt dem Betriebsleiter zusätzliche Informa tionen, um entsprechende Massnahmen einzuleiten, wenn das Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht.
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lager, Kreditoren, Debitoren) zu Unter schieden beitragen. Abschliessend bleibt festzuhalten, dass die Betriebsabrechnung im Gegensatz zur Finanzbuchhaltung nicht an inhaltliche oder formale Vorschriften gebunden ist. Die Ausgestaltung liegt aus schliesslich im Ermessen des Unternehmens. Die Finanzbuchhaltung ist ein Teilbereich des betrieblichen Rechnungswesens. Ziel der Finanzbuchhaltung ist es, das Gesamt ergebnis des Unternehmens zu ermitteln. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle Aufwendungen und Erträge erfasst werden. Aufbau der forstlichen Betriebsabrechnung Um Kostensätze zu ermitteln, müssen die se entsprechend gegliedert werden. Diese Funktion übernehmen die Kostenstellen ( A ). Je nach Detaillierungsgrad müssen die se mehr oder weniger differenziert erfasst werden. Dabei wird unterschieden in: – Vorkostenstellen (Gebäude, allgemeine Personalkosten usw.) – Kostenstellen (Förster, Forstwart, Traktor, Verwaltung usw.) Die Kosten ( B ) und Erlöse ( C ) werden auf die verschiedenen Vor, Hauptkostenstellen und Kostenträger ( D ) umgeschlagen (Abbil dung 2 ). Als Kostenträger ( D ) werden Produkte und Dienstleistungen bezeichnet, welche die bei der Erstellung erzeugten Kosten tragen müs sen. Die Kostenträgerrechnung gibt Aus kunft, wofür die Kosten angefallen sind. Die Kostenträger in der forstlichen Betriebsbuch haltung werden in die Bereiche Waldbewirt schaftung, Sachgüter, Dienstleistungen und Investitionen aufgeteilt. Innerhalb dieser Bereiche können die Kostenträger beliebig detailliert werden. Die Kostenträger wer den nochmals in sogenannte Tätigkeiten ( E )
Vorkostenstelle (A)
Waldbewirtschaftung
Sachgüter
Dienstleistung
Investitionen
– Wirtschaftswald – Schutzwald – Erholungswald – Naturwald
– Holzschopf – Schnitzelbetrieb – Pflanzgarten – usw.
– Forstdienst – Dienstleistungen Dritter – Dienstleistungen für das eigene Gemeinwesen – usw.
– Betriebspläne – Erschliessungsanlagen – Schutzbauten – usw.
Kostenstelle (A)
Erlösarten (C)
Kostenarten (B)
Kostenträger (D)
Tätigkeiten (E)
Erlösgruppierungen (F)
Abbildung 2 ( ARGE ForstBAR GR )
(Jungwaldpflege, Holzerei, Aufsicht usw.) unterteilt. Auch die erzielten Erlöse werden innerhalb dieser Bereiche nach Erlösgruppierungen ( F ) unterteilt. Die Kostenträgerrechnung beantwortet die Frage, wofür die Kosten angefallen sind. Im Weiteren liefert sie uns Entscheidungsgrundlagen und Informationen für den Erfolg pro Einheit. Um eine Betriebsabrechnung erstellen zu können, müssen die produktiven Stunden für das Personal und die Maschinen nach Kostenstellen, Kostenträgern und Tätigkeiten rapportiert werden. Für Verwaltung, Werkhof, Motorsägen usw. kann oder wird in der Regel kein Rapport geführt. Diese Kostenstellen werden im Verhältnis der produktiven Stunden des Personals am Ende des Buchungsjahres verteilt.
Je nach Revier und Bedürfnis des Betriebsleiters kann die forstliche Betriebsabrechnung sich als sehr komplex erweisen. Erfahrungsgemäss empfehlen wir einen einfachen Aufbau, der sich über die Jahre mit der Erfahrung und den Ansprüchen erweitern lässt. Die Einführung der Betriebsabrechnung ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Betrieb und zeigt auf, wo die betrieblichen Stärken und Schwächen sind.
ARGE ForstBAR GR c/o bap – Ingenieurbüro Heinzenberg 90 CH-7421 Summaprada
Bündner Wald 5/2009 27
Planen und Steuern im Forstbetrieb – ein Praxisbericht Staatsforstbetrieb des Kantons Bern Der Staatsforstbetrieb des Kantons Bern
Kanton Bern ( SFB ) hat als Instrument nicht den «klassischen» Betriebsplan mit entsprechender Jahresplanung gewählt, sondern neue Wege beschritten.
(SFB) hat nach einer Umstrukturierung 2005 seine Betriebsplanung aktualisiert. Auf eine waldbauliche Planung über zehn oder mehr Jahre wurde verzichtet. Stattdessen wurde in die betrieblichen Abläufe und die Qualifikation des forst-
Eigentümerwille und Strategie Die operative Führung des Betriebes findet in jenem Rahmen statt, welchen das normative und das strategische Management vorgeben.
lichen Fachpersonals investiert. Der Betrieb hat eine Produktionsplanung und -steuerung (PPS) eingeführt, welche die waldbauliche Planung, die Vermarktung des Holzes und die technische Realisierung der Massnahmen in einem integrierten Prozess verbindet. Die Umsetzung erforderte eine funktionale Spezialisierung der Förster. Der SFB ist daher heute intern in die Funktionsbereiche Biologische Produktion («Revierförster»), Technische Produktion («Forstunternehmer») und Holzverkauf/Logistik («Holzver-
Das normative Management definiert den Eigentümerwillen und legt das Unternehmen betreffend Rechtsform, generellen Zielen und wichtigen Normen fest. Der heutige SFB wurde bei der «Strategischen Aufgabenüberprüfung des Regierungsrates» ( SAR ) 2003 gebildet. Die betriebliche Verantwortung für die Staatswälder wurde aus den regionalen Forstämtern ( 8 Waldabteilungen mit ca. 60 Einheitsrevieren) herausgelöst und einem unternehmerisch ausgerichteten Betrieb übertragen. Auf die rechtliche und wirtschaftliche Verselbständigung wurde verzichtet.
marktungsorganisation») aufgeteilt.
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Planung ist nicht Selbstzweck. Sie soll dem Forstbetrieb helfen, im Rahmen seiner operativen Aktivitäten, folgende Kernfragen zu beantworten: – Welche Arbeiten müssen im Wald gemacht werden, bzw. welche Holzsortimente sind verfügbar? – Was ist am Markt nachgefragt bzw. absetzbar? – Wie können die betrieblichen Ressourcen optimal eingesetzt und ausgelastet werden?
Der Betrieb wird innerhalb der Verwaltung als Einheit mit Leistungsauftrag und Globalbudget geführt, welche jährlich von Regierung und Grossem Rat genehmigt werden. Vorgabe ist die Eigenwirtschaftlichkeit im kommerziellen Bereich (Holz, Arbeiten für Dritte, Pflanzgarten). Die Schutz- und Wohlfahrtsleistungen sollen effizient zu Konkurrenzpreisen erbracht werden. Der Kanton trägt deren nicht gedeckten Restkosten im Rahmen des Globalbudgets. Massstab für die wirtschaftlichen Ziele ist die Kosten-, Leistungs- und Erlösrechnung ( KLER ), welche die Produkte vollständig abbildet.
Es soll die Nachhaltigkeit der Waldpflege und der Finanzierung des Betriebes sichergestellt werden. Der Staatsforstbetrieb
Auf die strategischen Ziele des SFB soll hier nicht näher eingegangen werden. Jeder Betrieb sucht seine längerfristige Überlebens-
Kennzahlen und Fakten Der SFB kurz erklärt (www.be.ch/sfb) – 12 000 ha Staatswald – jährliche Holznutzung ca. 80 000 Fm – Jahresumsatz
Jura bernois
ca. 12 Mio. Fr., nach Produkten: 40 % Holz (Nutzwald), 20 % Schutzleistungen, 20 % Arbeiten für Dritte,
Mittelland Voralpen
10 % Pflanzgarten, 10 % Übrige – Stellen (inkl. Pflanzgasten, Zentrale):
Alpen
52 Forstwarte/Waldarbeiter 11 Förster 1 Sekretär (Rechnungswesen, 80 %) 1 Forstingenieur – Lernende: 20 Forstwarte/Vorstudienpraktikanten
fähigkeit in jenen Geschäftsfeldern oder Nischen, die der Eigentümer und das Umfeld vorgeben oder zulassen, und die der Betriebsleitung am aussichtsreichsten erscheinen. Der SFB positioniert sich als eigenwirtschaftlicher Forstbetrieb, der seine Wälder nachhaltig pflegt. Zentrale Geschäftsfelder bleiben die Holzproduktion (Nutzwald) und die Schutzwaldpflege. Betriebsplan und Jahresplanung Bei der Neuorganisation 2005 wurde auf die Zusammenfassung der vorhandenen Betriebspläne verzichtet. Was sind die Alternativen? Der «klassische» forstliche Betriebsplan kostete bereits «um 1995 etwa 150 Franken pro Hektare» (Bachmann 2005 ). Sein Nutzen ist in der Praxis umstritten und bescheiden. Ein modernes, voll integriertes System, das «auf Knopfdruck» alles kann (wie z. B. Bestandessimulationen für die
nächsten 80 Jahre) erfordert zu viel Entwicklungsarbeit und entspricht nicht den praktischen Bedürfnissen des im Wald tätigen Försters. Die Führung des dezentralen Forstbetriebes erfordert motivierte, gut qualifizierte Förster. Ihr Mitdenken kann nicht durch Planungswerke oder geografische Informationssysteme ersetzt werden. Vielmehr müssen sich die betrieblichen Prozesse und Systeme an den Aufgaben der Förster orientieren und sie bei der täglichen Arbeit wirkungsvoll unterstützen. Angesichts der Betriebsgrösse und der Fülle der anstehenden Aufgaben hat der SFB für die neue Betriebsplanung ein pragmatisches Vorgehen gewählt. Die Probleme werden nach Wichtigkeit und Dringlichkeit bearbeitet, die fachliche Qualifikation der Förster Bündner Wald 5/2009 29
wird genutzt und gezielt weiter gefördert. Bestehende Grundlagen und Instrumente werden integriert und neue Lösungen möglichst rasch umgesetzt. Dabei stehen innovative Konzepte im Vordergrund, sofern sie in der Praxis bereits erfolgreich eingesetzt werden. Im Ergebnis führte dieser Ansatz zum nachfolgend beschriebenen betrieblichen Planungssystem, wobei die Fristigkeiten betriebswirtschaftlich definiert sind.
– Alle Waldflächen sind nach der betrieblich massgebenden Waldfunktion kartiert (Holzproduktion, Schutz vor Naturgefahren, Naturschutz). Dies soll die Zielkonformität und die Kontinuität der Waldbewirtschaftung sicherstellen. – Weiter befindet sich die standardisierte Beschreibung der Waldeinheiten im Aufbau, mit welcher der regional zuständige Förster pro Waldeinheit die Ausgangslage beschreibt und die langfristigen Ziele und Massnahmen definiert. – Ein betriebliches Waldbaukonzept mit generellen Vorgaben ergänzt das System. Es umfasst unter anderem die Richthiebsätze, welche pro Waldeinheit gestützt auf frühere Inventuren und eine gutachtliche Überprüfung festgelegt wurden. – Auf eine konventionelle Waldinventur und die 10-jährigen Teilpläne (Mass-
Langfristige Planung – Die grundlegenden Beschlüsse von Parlament, Regierung und Direktion bilden das normative Gerüst. – Die strategischen Ziele wurden in der Strategieentwicklung 2004 festgelegt (Pauli 2005 ). Sie werden jährlich bei der Festlegung der Betriebsziele überprüft. Darstellung des Prozesses Holzernte (Bild: SFB) RWP
Markt
Planungsbegang WB Konzept
Holzschlag erfassung mit Volumen/ Sortimenten
«unfertig»
Ver fahren
Holzanzeichnung
Planungspool
Schlagpool
Ver fahren
Gespräch
Sorti mente
Ver fahren
Markt
Betrieb Budget
Lieferverhandlungen Kaufvertrag (Vorverkaufsvertrag) inkl. Lieferprofil
Produktionsrapport (mtl.)
Disposition und Ausführung
aktueller Bedarf
«disponierbar»
Prio ritäten
Planung und Arbeitsvorbereitung
Markt/Kunden zukünftiger Bedarf
Wald bau
Betrieb
Volumen und Sortimente (Stichproben verifiziert)
Disponierung der Hiebe Unternehmer
Regiebetrieb
Werkvertrag
Arbeitsauftrag
Witter ung
Holzverkauf
Ausführung des Holzschlags Abnahme
Erfassung/Abfuhr Nachkalkulation
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Lieferschein/Rechnung
nahmenplan sowie Arbeits- und Finanzplan) wird verzichtet. Mittel- und kurzfristige Planung – Die Aufgaben- und Finanzplanung plant über vier Jahre laufend jährlich die Leistungen, Kosten und Erlöse sowie die Investitionen. Der Voranschlag wird jeweils für das Folgejahr verbindlich festgelegt. Die Zielerreichung wird nach Abschluss des Rechnungsjahrs in gleicher Gliederung im Geschäftsbericht dargestellt. – Kernstück der mittelfristigen Planung und der operativen Führung im SFB ist die Produktionsplanung und -steuerung PPS, welche Mitte 2008 eingeführt wurde. PPS im Forst Das Konzept der Produktionsplanung und -steuerung und der Einsatz von PPS-Systemen stammen aus der Industrie. Es geht um die zeitliche, mengenmässige und räum-
liche Planung und Steuerung der Vorgänge, welche zur Güterproduktion erforderlich sind. Der Ablauf wird durch geeignete Informationstechnologien unterstützt (vgl. Wikipedia). Die forstliche Produktion umfasst verschiedene Produktionsstufen und -bereiche, die zu koordinieren sind. Die Holzproduktion muss aus heterogenen, unterschiedlich pflegebedürftigen Wäldern effizient und zeitgerecht standardisierte Kundenbedürfnisse befriedigen. Gleichzeitig soll sie den Ansprüchen der nachhaltigen Waldbewirtschaftung gerecht werden, und es sind logistische und kaufmännische Probleme zu lösen. Die neue Lösung für den SFB wurde mit Anpassungen von einem privaten deutschen Forstunternehmen übernommen, welches auf Waldmanagement spezialisiert ist (siehe www.waldplus.de). Im Zentrum stehen die Prozesse, welche als Abfolge von Ein-
Beispiel einer im Planungstool GeoMail erfassten Planung (Bild: SFB)
Bündner Wald 5/2009 31
zeltätigkeiten durchzuführen sind, um die betrieblichen Ziele zu erreichen (vgl. Abbildung S. 30 ). Sie sind so zu gestalten, dass Kundenbedürfnisse mit hoher Qualität und kurzen Durchlaufzeiten effizient befriedigt werden können. Das Zusammenwirken der verschiedenen Funktionen wird durch den Prozessablauf und eine gemeinsame Informationsplattform gesteuert. Die waldbauliche Planung und Anzeichnung des Försters führt zu einem «stehenden Rundholzlager» (Duffner und Ketterer 2002 ), dem sogenannten Planungs- bzw. Schlagpool, aus dem entsprechend den Marktbedürfnissen (Holzverkauf) disponiert, aufgerüstet und geliefert werden kann. Die Arbeitsausführung und die Logistik sind dabei internen oder externen Spezialisten übertragen. Planung Die Förster Biologische Produktion (Förster BP ) beurteilen bei der Planung systematisch jeden Bestand. Sie berücksichtigen dabei die rechtlichen und betrieblichen Rahmenbedingungen. Über eine GIS -Applikation verfügen sie über die flächenrelevanten Informationen (Grundbuch, Schutzzonen und Inventare, forstliche Kartierungen usw.). Sie beantworten im Bestand drei zentrale Fragen nach waldbaulichen Kriterien: – Welches ist die nächste Massnahme? – In welcher Dringlichkeit ist sie erforderlich bzw. in welchem Zeitraum ist sie möglich? – Bei Holzerntemassnahmen: Welche Sortimente fallen in welcher Menge an? Im Rahmen des jährlichen Kontrollgangs wird die Planung nach Bedarf aktualisiert. Das Planungsergebnis wird unmittelbar nach der Begehung im Fahrzeug, in welchem ein mobiles Büro eingerichtet ist, mit32
Förster BP bei der Planungserfassung im GeoMail (Bild: SFB)
tels Planungstool GeoMail offline erfasst. Wichtigstes Arbeitsinstrument ist die aktuelle Bestandestypenkarte BTK 08. Sie wurde 2007 über den Gesamtbetrieb erstellt. 8000 Hektaren wurden neu beflogen und kartiert, für 4000 Hektaren wurden die relativ aktuellen Daten ins neue Datenmodell übernommen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf Fr. 16.–/ha. Das Vorgehen orientierte sich konsequent am betrieblichen Bedarf und den Kosten-Nutzen-Überlegungen. Auf die aufwendige terrestrische Verifikation und die Neuaufnahme der Kontrollstichproben wurde verzichtet, weil sie im gewählten Konzept nicht erforderlich sind. Der Förster überprüft die Bestandeskarte im Zuge der Planung. Er kann Korrekturen im Planungstool erfassen und die BTK bis zu einem gewissen Grad aktuell halten. Durch die Erfassung der voraussichtlichen Nutzung wird die fehlende Inventur mehr als kompensiert. Das eingesetzte Planungstool GeoMail (Firma Forstware GmbH, siehe www.geomail.biz) wird im SFB zur waldbaulichen Planung und zur Abwicklung der forstlichen Aufträge angewendet. Es hält Betriebskarten bereit, auf welchen die Planungen eingetragen werden, und steuert die Weitergabe der Aufträge über deren Status und die entsprechenden Berechtigungen. Der Planungsauftrag
Technische Produktion (Arbeitsverfahren) können zudem weitere Planungen «abrufen». Das System ermöglicht auch die rasche Auswahl und Bereitstellung von Sondersortimenten. Die Arbeitsvorbereitung obliegt in jedem Fall dem Förster BP. Er zeichnet an und macht die weiteren Vorbereitungen, die zur Übergabe des Auftrags an die Technische Produktion erforderlich sind. Der «unfertige» GeoMail-Planungsauftrag (vgl. Abbildung S. 31 ) wird aktualisiert und ergänzt. Alle für die Ausführung wichtigen Informationen sind im Bestand einheitlich zu markieren und in der Planung zu erfassen. Kann der Auftrag aus Sicht des planenden Försters disponiert werden, setzt er den Status im System auf «disponierbar». Die Planung in der Abbildung S. 31 ist bereits von der Technischen Produktion zur Ausführung übernommen. Sie ist daher «in Arbeit».
Förster BP beim Holzanzeichnen (Bild: SFB)
bleibt im Status «unfertig» und damit in der Hand des planenden Försters. Er kann ihn im nächsten Jahr aktualisieren oder bei Bedarf jederzeit in die Arbeitsvorbereitung nehmen. Gestützt auf die rollende Planung besteht so ein Planungspool, der aktuell und nach Prioritäten Auskunft gibt über die auszuführenden Arbeiten und das dabei anfallende Holz («stehendes Rundholzlager»). Dies sind relevante Informationen für das Marketing, die Produktion und die Führung im Forstbetrieb. Arbeitsvorbereitung Was waldbaulich vordringlich ist (Ausführung innert 12 Monaten) wird direkt vorbereitet. Der Holzverkauf (Markt) oder die
Holzverkauf und Disposition Die ca. 80 000 Festmeter Jahresnutzung des SFB werden durch den Förster Holzverkauf zentral vermarktet. Er arbeitet eng mit den Kunden zusammen, bespricht mit ihnen voraussichtliche Jahresmengen und schliesst – je nach Kunde und Produkt – verbindliche Lieferverträge über mehrere Monate oder über einzelne Schläge ab. Die verbindliche Festlegung des Produktionsprogramms (der auszuführenden Schläge) erfolgt am monatlichen Produktionsrapport, der jeweils um Monatsmitte stattfindet und an dem die Leitung, der Holzverkauf und die Förster Technische Produktion (Förster TP ) teilnehmen. Dabei werden auch die Erfüllung der Lieferprofile im letzten Monat und der Stand im laufenden Monat besprochen, um Erfahrungen auszutauschen und nötige Korrekturen vornehmen zu können. Bündner Wald 5/2009 33
Der Holzverkäufer führt seine Verkaufsplanung und Vertragskontrolle laufend nach. Etwa zehn Tage vor dem Produktionsrapport stellt er die Berichte mit den für die Region vorgesehenen Produktionsmengen (nach Sortimenten bzw. Kunden) den Förstern TP zu. Jeder Förster TP erstellt, gestützt auf den Produktionsplan und die disponierbaren Planungen in GeoMail, einen «Hiebsplan» als Vorschlag für den Produktionsrapport. Er berücksichtigt dabei auch die Arbeitskapazitäten. Am Produktionsrapport werden die Schläge besprochen und – sofern sie geeignet sind – zur Ausführung freigegeben. Der Ausgleich von Lieferungen oder Ressourcen zwischen den Regionen, die Festlegung der Verkaufslose und die Vermarktung von zusätzlich anfallenden Spezialsortimenten sind weitere wichtige Besprechungspunkte. Ausführung und Abnahmen Die Ausführung obliegt dem Förster TP. Er übernimmt den disponierbaren Planungsauftrag in einen Arbeitsauftrag, welcher – mit allen nötigen Ergänzungen (Arbeitssicherheit, Lose, Schlagskizze usw.) – inklusive Karte direkt aus dem Planungstool GeoMail ausgedruckt und an den verantwortlichen Einsatzleiter oder einen beauftragen Forstunternehmer übergeben wird. Der Förster TP überwacht die Ausführung und nimmt den abgeschlossenen Auftrag ab. Wenn auch die Abfuhrmeldung für das Holz erfolgt ist, schliesst er den Auftrag im GeoMail ab. Der Status wird von «in Arbeit» auf «beendet» gesetzt. Damit gibt er ihn an den verantwortlichen Förster BP zurück. Dieser kontrolliert die Fläche oder bespricht den Auftrag mit dem Förster TP, wiederum um wichtige Erfahrungen auszutauschen, und quittiert den Auftrag, indem er ihn «gegenzeichnet» und archi34
viert. Erstellte Feinerschliessung und andere wichtige Informationen (z. B. Anpassung BTK, Abfuhrverhältnisse usw.) werden zuvor dauerhaft in eine Spezialkarte («Folie») übernommen. Bei subventionierten Arbeiten sind die entsprechenden Planungs- und Abrechnungsmassnahmen ebenfalls im Prozess integriert. Logistik und Verrechnung Der pro Stützpunkt verantwortliche Mitarbeiter erfasst im Wald mit dem mobilen Erfassungsgerät NOMAD die Polter mit GPS-Koordinaten, Losnummer und Holzmassen. Bei Werksvermessung genügt ein Schätzmass. Mit der Abfuhrmeldung übergibt die Technische Produktion das zuvor bereitgestellte Holz der Logistik. Die Daten werden via Laptop des Försters TP auf die Serverversion der forstlichen Betriebssoftware WinforstPro (Firma Latschbacher GmbH, siehe www.latschbacher.com) übertragen. Der Förster Logistik/Systeme auf der Zentrale erstellt bei Verkauf ab Waldstrasse die Liefermeldung an den Kunden. Bei Bahnverlad oder Frei-Werkslieferung wird ein Transportauftrag an den regionalen Vertragstransporteur SFB übermittelt. In beiden Fällen werden die Unterlagen dazu mittels WinforstPro net.logistik erstellt. Die Weitergabe erfolgt nach Möglichkeit über das Internet. Die Transporteure sind für die Rückmeldung der Abfuhrmengen und der Waggon-Nummern verantwortlich. Die Masslisten, des werksvermessenen Holzes, werden über eine Schnittstelle ebenfalls in WinforstPro eingelesen. Die Plausibilität der Mengen wird geprüft und die Schätzmasse abgebucht. Mit den effektiven Holzlisten werden die Lieferscheine erstellt. Die Daten werden via Schnittstelle in das Finanzinformationssystem des Kantons
( FIS 2000 ) übergeben, wo die Verbuchung ( FIBU und BEBU ), die Rechnungsstellung und das Inkasso erfolgen. Im WinforstPro wird die Nachkalkulation als Auftragsrechnung mit allen direkten Kosten und Erlösen erstellt.
vorgebeugt werden. Wichtig ist aber auch, dass mit den neuen Abläufen einige Aufgaben an die Forstwarte delegiert wurden. Sie übernehmen als Stützpunkt- bzw. Einsatzleiter und als Einmesser (Datenerfassung mit NOMAD ) zusätzliche Verantwortung.
Erste Erfahrungen Die Neugestaltung der betrieblichen Kernprozesse zog wesentliche organisatorische Konsequenzen nach sich. Der Betrieb ist für die Waldbewirtschaftung heute faktisch in drei spezialisierte Einheiten aufgeteilt, mit Rollen (Funktionen), die auch bei anderen Eigentumsstrukturen zunehmend als Akteure erkennbar sind: – Der Förster BP trägt als «Revierförster» die Flächen- und Waldbauverantwortung für den Wald. – Holzverkauf und Logistik entsprechen einer reinen «Holzvermarktungsorganisation». – Die Technische Produktion ist das interne «Forstunternehmen», welches die Arbeiten ausführt oder an Dritte übergibt. Zur optimalen Auslastung der betrieblichen Ressourcen werden auch forstbetriebliche Dienstleistungen für Dritte ausgeführt.
Der Staatsforstbetrieb hat im Rahmen des Projekts PPS von Herbst 2006 bis Sommer 2008 viel Entwicklungsarbeit geleistet. Die externen Kosten für Beratungsleistungen, BTK, Planungstool (Software) und mobile Erfassungsgeräte beliefen sich auf 28 Franken pro Hektare. Damit wurde nicht ein Betriebsplan erstellt, sondern ein Konzept für die Planung und Steuerung im Betrieb erarbeitet und operativ eingeführt. Seit Juni 2008 ist das PPS mit den entsprechenden prozessunterstützenden Systemen Forstunternehmer bei der Holzernte (Bild: KAWA )
Die Spezialisierung hat wesentliche Vorteile. Es muss nicht mehr jeder Förster Waldbau betreiben, Personal führen, alle Bestverfahren und den Holzmarkt kennen, mehrere Programme bedienen usw. Er kann sich auf ein zusammenhängendes Aufgabengebiet konzentrieren, was ganz erhebliche Übungseffekte und sehr viel Innovation ermöglicht. Ein klarer Verantwortungsbereich, verbunden mit der entsprechenden Fachkompetenz, wirkt sehr motivierend. Der typischen Verzettelung und Überlastung der Generalisten kann so weitgehend Bündner Wald 5/2009 35
im Einsatz. Witterung und stagnierender Holzmarkt haben die noch bestehenden Schwachstellen offengelegt. Es waren Nachbesserungen und Nachschulungen erforderlich. Das Konzept hat sich aber aus Sicht der Förster und der Betriebsleitung bewährt. Es verbindet alle wesentlichen Bereiche der forstlichen Produktion auf einfache, zweckmässige Weise. Qualität und Verlässlichkeit auf jeder Stufe sind die Voraussetzung für eine gesamtbetriebliche Leistung, welche den Kunden zufriedenstellt. Die interne Kontrolle, das gemeinsame Lernen und die kontinuierliche Verbesserung werden durch das arbeitsteilige System gefördert. Die enge Zusammenarbeit und der laufende Austausch zwischen den Funktionsträgern stellen sicher, dass die gesamtbetriebliche Sicht trotz Spezialisierung nicht verloren geht. Der Betrieb wird zur lernenden Organisation, was angesichts der ständigen Weiterentwicklung sehr wichtig ist. Bachmann, P. 2005 : Forstliche Planung – heute und morgen. Schweiz. Z. Forstwesen 156, 5: 137–141
Pauli, B. 2005 : Entwicklung einer Strategie für den Staatsforstbetrieb Kanton Bern, SHL (unveröff.) http://de.wikipedia.org/wiki/Produktionsplanung_und_-steuerung Duffner, W. und Ketterer, R. 2002 : Neue Wege zur Optimierung der forstlichen Produktionskette. Forst und Holz, 57. Jhrg., Nr. 12, S. 376 – 378
Roger Schmidt, Leiter SFB Amt für Wald des Kantons Bern Staatsforstbetrieb CH-3110 Münsingen
roger.schmidt@vol.be.ch
Madeleine Egger, Forstingeneurin BFH Amt für Wald des Kantons Bern Staatsforstbetrieb CH-3110 Münsingen
madeleine.egger@vol.be.ch
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Entscheidungen gut vorbereiten Jeder von uns muss täglich Entscheidungen treffen. Einige sind kurzfristiger Natur und brauchen keine grossen Vorbereitungen. Andere sind von ihrem Umfang und ihrer Tragweite gross. Diese bedürfen einer guten Vorbereitung, damit die Entscheidungen gut durchdacht und begründet getroffen werden können. Entscheidungen mit der grössten Tragweite sind Grundsatzentscheidungen. Diese betreffen sehr oft den ganzen Betrieb und werden von ihrem Umfeld stark beeinflusst. Grundsatzentscheidungen können in verschiedenen Formen (Problemtyp) auftreten. Wenn sich die Ausgangslage schwer überblicken und abgrenzen lässt, dann spricht man von einem komplexen Problem. Die Lösungswege und die Ziele sind klar definierbar. Die Ausgangslage wird hier durch viele Einflussfaktoren und Zusammenhänge bestimmt. Es gilt, die am besten geeignete Ausgangslage zu ermitteln. Wenn die Ausgangslage klar ist, die Lösungswege auch, nicht aber die Ziele, dann spricht man von einem Zielproblem. Hier sind verschiedene Zielkategorien denkbar. Es gilt, die am besten geeignete Zielkategorie auszuwählen. Wenn die Ausganglage und die Ziele klar sind, nicht aber die Lösungswege, dann spricht man von einem Innovationsproblem. Für die Erarbeitung der Lösungswege kann nicht auf Bekanntes zurückgegriffen werden, es muss Neuland beschritten werden. Hier gilt es, den am besten geeigneten Lösungsweg zu ermitteln. All diese Formen haben etwas gemeinsam. Es gibt immer mehrere Varianten, welche beurteilt werden müssen. Somit ist auch nicht auf Anhieb zu erkennen, welche Variante für die Situation die beste ist. Solche
Entscheidungen müssen systematisch und mit Hilfe einer Methodik vorbereitet werden. Eine solche Methode wird nun folgend dargestellt und erläutert. Das systematische Erarbeiten erfordert, dass der Ablauf nach einer ganz bestimmten Reihenfolge abgearbeitet werden muss. Dieser sieht wie folgt aus: 1. Schritt Problemerfassung: IST-Analyse und Einflussfaktoren In der Analyse des IST-Zustandes werden alle verfügbaren, problemrelevanten, vergangenheits-, gegenwarts- und zukunftsbezogenen IST-Daten (Tatsachen, Meinungen, Ursachen, Einflussfaktoren, Auswirkungen usw.) gesammelt. Mit der Beschreibung all jener Faktoren, welche das Umfeld des Problems bilden und dieses beeinflussen, werden die Einflussfaktoren ermittelt. Auf diese Weise verschafft sich die Entscheidungsinstanz einen geordneten Überblick über die jeweiligen Verhältnisse, die jetzt zu berücksichtigen sind. Die folgende Abbildung zeigt eine solche Zusammenstellung. Ein Betriebsleiter stellt fest, dass der effektive erntekostenfreie Erlös (= Holzerlös minus Holzerntekosten) stark von seinem Erwarteten abweicht. Weil diese Abweichung nicht einmalig war, sondern schon oft vorkam, ist diese Situation ein unakzeptabler Zustand für ihn. In diesem Beispiel ist die Ausgangslage klar (der Betriebsleiter kennt die Gegebenheiten für seine Holzschläge und die daraus resultierenden Holzsortimente). Ebenfalls klar ist das Ziel: Steigerung des erntekostenfreien Erlöses um 30 % innerhalb des nächsten Jahres. Unklar ist der Lösungsweg. Welche Bündner Wald 5/2009 37
Variante ist die geeignetste, um dieses Ziel zu erreichen? Wir haben hier ein Innova tionsproblem. Eine Anmerkung: Nicht nur neue Produkte, modifizierte Produkte und Dienstleistungen gehören zur Innovation, sondern auch die Neugestaltung von Prozessen, Abläufen usw.
2. Schritt Problembearbeitung: Wahl der Entscheidungskriterien und Lösungsvarianten Ein sinnvoller Vergleich verschiedener Lö sungsvarianten ist nur mit einem Massstab möglich. Ein solcher Massstab wird dadurch geschaffen, dass man Entscheidungskriteri
en formuliert, die von den Varianten erfüllt werden müssen oder sollten. Bei der Bestimmung der Entscheidungskri terien geht es um die Spezifizierung eines angestrebten Zustandes (Ziel) in der Zu kunft, der durch die Problemlösung erreicht werden soll. Nicht alle Entscheidungskriterien sind gleich wichtig. Einige müssen unbedingt erfüllt werden. Dies sind die MussKriterien. Wenn eine Lösungsvariante diese Kriterien nicht erfüllt, dann scheidet sie von vornherein aus. Andere Kriterien müssen nicht unbe dingt vollständig erfüllt werden. Dies sind die WunschKriterien. Sie ermöglichen die weitere Auswahl zwischen den Lösungsva
Das systematische Erarbeiten erfordert, dass der Ablauf nach einer ganz bestimmten Reihenfolge abgearbeitet werden muss. Dieser sieht wie folgt aus:
38
Bearbeitungsschritte
Fragen
Ziel
Problemerfassung
– Worum geht es? – Was genau? – Welcher Problemtyp liegt vor?
– Grundsätzliche Erfassung des Problems – Zergliedern in Teilprobleme – Erkennen von Abhängigkeiten und Zusammenhängen – Festlegen von Prioritäten
Problembearbeitung
– Wie ist es? – Wodurch wird es beein flusst? – Wovon hängt es ab? – Wie sollte es sein? – Welche Lösungsvarianten gibt es? – Für welche Variante soll entschieden werden? – Warum nicht für die andere? – Welche Risiken werden mit dieser Variante einge gangen?
Die Problemberarbeitung umfasst die Schritte, die zum Auffinden derjenigen Lösungsvariante führen (je nach Typ eine Ausgangsla ge, eine Zielkategorie oder einen Lösungsweg), die uns am geeignetsten für die Lösung des Problems erscheint.
Entschluss
– Bewertung – Anfrage mit Begründung – Entscheid
Die für uns geeignetste Variante vorzustellen, zu begründen und die Ent scheidung herbeizuführen.
Bewirtschaftungsgrundsätze Holzpreis
Einflussfaktoren
Konjunktur
Gesetzliche Bestimmungen Erschliessung
Zwangsnutzungen
Topografie
Wetter Waldbewirtschaftung
IST-Situation
Einflussfaktoren
Erwarteter erntekostenfreier Erlös Fr. 65 000.– Effektiver erntekostenfreier Erlös Fr. 55 000.– -----------------------------------------------------------------10000 Abweichung Know-How der Mitarbeiter Arbeitsorganisation
Massenmittelstamm Holzqualität
eingesetztes HolzArbeitssortimente verfahren Holzschlaggrösse
Abb 1: IST-Analyse und Einflussfaktoren (Grafik: R. Schickmüller)
rianten, welche die Muss-Kriterien erfüllen. Mit der Gewichtung der Wunsch-Kriterien wird der Tatsache Rechnung getragen, dass nicht alle Kriterien gleich wichtig sind. Die wichtigen Wunsch-Kriterien erhalten eine grosse Gewichtung, die weniger wichtigen eine kleine. Um die Entscheidungskriterien zu erhalten, werden die Einflussfaktoren aus der IST-Analyse gemäss Abb. 2 gruppiert. Aus den Gruppen nicht beeinflussbar, bedingt fix und beeinflussbar, bewusst fix werden die Entscheidungskriterien gebildet. Diese Kriterien werden verfeinert, gruppiert und gewichtet. Ergänzt werden diese Entscheidungskriterien mit den Zielen (was wollen wir erreichen) und dem möglichen Mitteleinsatz (Geld, Zeit, Arbeit, Wissen, Anlagen usw.). Dies sind die Rahmenbedingungen
des Problemlösungsfalles. Die Einflussfaktoren der Gruppen beeinflussbar, langfristig und kurzfristig werden für die Erarbeitung der Lösungsvarianten herangezogen. Die Einflussfaktoren der Gruppe nicht beeinflussbar, variabel werden für die mögliche Entwicklung des Umfeldes herangezogen. In einer internen Arbeitsgruppe wurden folgende vier Lösungsvarianten erarbeitet: V0: Heutige Prozesse So wie die Prozesse heute laufen und eingesetzt werden. V1: Heutige Prozesse mit Schulung der Mitarbeiter Durch die Schulung soll eine bessere Nutzung der bestehenden Prozesse erreicht werden. Bündner Wald 5/2009 39
Einflussfaktoren nicht beeinflussbar
beeinflussbar
variabel
bedingt fix
bewusst fix
langfristig
kurzfristig
Wetter Konjunktur Holzpreis Zwangsnutzungen
Topografie Gesetzliche Bestimmungen
Erschliessung Bewirtschaftungsgrundsätze
Massenmittelstamm Holzqualität Know-How der Mitarbeiter
Holzschlaggrösse eingesetzes Arbeitsverfahren Arbeitsorganisation Holzsortimente
Szenarien
Topografie: Gesetzliche Bestimmungen:
Entscheidungskriterien
Lösungsvarianten
Entscheidungskriterien
befahrbar nicht befahrbar
Muss Ja/Nein Muss Ja/Nein
Nachhaltigkeit einhalten
Muss Ja/Nein
Bewirtschaftungs- Schäden am Stamm klein grundsätze: Bodenschäden klein Flexibler Einsatz Effizienter Einsatz
Kann Kann Kann Kann
15 10 25 25
Gewichtung Gewichtung Gewichtung Gewichtung
Erschliessung:
Kann
15
Gewichtung
Erschwernisse verkraften
Abb 2: Gruppierung der Einflussfaktoren und Bildung der Entscheidungskriterien (Grafik: R. Schickmüller)
V2: Vereinfachte Prozesse ohne Einsatz neuer Technik Durch die Vereinfachung der Prozesse sollen Doppelspurigkeiten und Leerläufe vermieden werden. V3: Vereinfachte Prozesse mit Einsatz neuer Technik Durch die Vereinfachung der Prozesse sollen Doppelspurigkeiten und Leerläufe vermieden werden. Durch den Einsatz von neuer Technik soll die technische Leistungsfähigkeit gesteigert werden. Für die Erarbeitung der Lösungsvarianten gelten folgende Grundsätze: – Möglichst viele Lösungen suchen – Die bisherige Lösung (Null-Variante) ist oft auch eine Variante – Sich nicht nur auf die Erfahrung stützen, bewusst nach neuen Lösungen suchen, kreativ sein. 40
3. Schritt Entschluss: Bewertung und Auswahl Beim Bewerten der Lösungsvarianten wird deren «Nutzen» anhand der Entscheidungskriterien gemessen. Als methodisches Werkzeug kommt hier die Nutzwertanalyse zur Anwendung. Muss-Kriterien setzen Grenzen und helfen unpassende Lösungsvarianten auszuschliessen. Die Antwort auf die Erfüllung der MussKriterien lautet Ja oder Nein. Beim Vergleich mit den Wunsch-Kriterien werden die Kriterien auf die Erfüllung in den einzelnen Varianten geprüft. Diejenige Variante, die ein bestimmtes Kriterium am besten erfüllt, erhält den höchsten Erfüllungsgrad. Die Erfüllungsgrade der übrigen Varianten werden in Relation zur besten bestimmt. Die Erfüllungsgrade werden mit den Gewichten der einzelnen Kriterien multipliziert. Die entstandenen Produkte aus Erfüllungsgrad und Gewicht jeder Variante werden addiert, um die jeweilige Gesamterfüllung (Gesamtnutzen) der einzelnen Varianten zu ermitteln. Ein Blick auf die Nutzwertanalyse unseres Beispiels (Abb. 3 ) zeigt, dass die Variante 0 (heutige Prozesse) wegfällt. Sie erfüllt das Muss-Kriterium einer Verbesserung des erntekostenfreien Erlöses nicht. Die Wahl wird auf eine der Varianten 1 bis 3 fallen. Betrachten wir die Gesamterfüllung, so ist die Variante 3 die geeignetste Lösung. Sie erfüllt alle Muss-Kriterien und gleichzeitig erfüllt sie die Wunsch-Kriterien am besten. Die Wahl fällt auf die Variante 3. Zum Schluss wird die Begründung für die Wahl formuliert. Zur besseren Begründung kann die Variante noch auf mögliche nega-
Bündner Wald 5/2009 41
K
K
Effizienter Einsatz
Erschwernisse verkraftet
2
3
3
270
30
75
75
30
3
3
3
4
4
ja
ja
ja
ja
295
45
75
75
40
60
0
0
0
0
3
4
5
4
4
ja
ja
ja
ja
Grad der Erfüllung (E)
370
45
100
125
40
60
0
0
0
0
GxE
Variante 2 Vereinfachte Prozesse ohne Einsatz neuer Technik
Entscheid mit Begründung: Umsetzung von Variante «Vereinfachte Prozesse mit Einsatz neuer Technik». Bei dieser Variante können wir die Effizienz und Flexibilität markant steigern und gleichzeitig die Schäden minimieren.
15
25
25
3
K
Flexibler Einsatz
10
K
Bodenschäden klein
60
4
K
Schäden am Stamm klein
15
0
nein
0
0
Verbesserung des Erntekostenfreien Erlöses
M
Nachhaltigkeit einhalten
ja
ja 0
M
Nicht Befahrbar
GxE
Grad der Erfüllung (E)
Grad der Erfüllung (E)
GxE
Variante 1 heutige Prozesse mit Schulung Mitarbeiter
Variante 0 heutige Prozesse
ja
M
Befahrbar
Entscheidungskriterien Art: M= Muss, K=Kann Gewicht: 0 –10 Erfüllungsgrad: 0= nicht vorhanden, 5= sehr gut erfüllt Beschreibung Art Gewicht (G)
Nutzwertanalyse: Bewertung der Varianten (Tabelle: R. Schickmüller)
4
5
5
5
5
ja
ja
ja
ja
Grad der Erfüllung (E)
435
60
125
125
50
75
0
0
0
0
GxE
Variante 3 Vereinfachte Prozesse mit Einsatz neuer Technik
tive Auswirkungen und Risiken untersucht werden. Nutzwertanalyse mag auf den ersten Blick komplex erscheinen. Ihre unbestreitbaren Vorteile sind jedoch: – Schon der Prozess, der dem rein rechnerischen Ergebnis vorangeht, liefert aufschlussreiche Infos. – Falls die Entscheidung an jemand anderen übertragen wird oder jemand
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die Entscheidung hinterfragt, ist der gesamte Prozess transparent und nachvollziehbar.
Robert Schickmüller Waldwirtschaft Schweiz Rosenweg 14 CH-4501 Solothurn r.schickmueller@wvs.ch
Interview: Gilbert Berchier, Leiter Forstbetrieb Poschiavo Guten Tag Gilbert. Der Forstbetrieb Poschiavo wird von dir als Regionalforstingenieur geleitet. Seit wann wird in Poschiavo in dieser Form gearbeitet? – Die neue Organisationsform hat im Januar 2007 angefangen. Bezeichnet sich der Betrieb nun als technische Forstverwaltung? Wie ist der Betrieb organisiert? – Der Betrieb bezeichnet sich als «Forstbetrieb» (azienda forestale). Die Oberleitung des Betriebes liegt bei mir. Die drei Revierförster haben ihre Aufgaben behalten. Einziger Unterschied: Sie sind mir unterstellt (vorher waren sie dem Waldfachchef unterstellt). Zusätzlich hat der Forstbetrieb, und somit die Revierförster, zusätzliche Aufgaben übernommen (alle Gebirgsstrassen, Wanderwege, Aufsicht der verpachteten Steinbrüche, Gesamtkoordination des Naturgefahrenmanagements). Die Dossiers werden mit mir vorbereitet. Ich bringe die Anliegen in die Geschäftsleitung und in den Gemeindevorstand. Somit entstehen zwei Vorteile: Die Anliegen werden technisch begründet (vorher musste es der Waldfachchef machen) und die «Unité de doctrine» ist im Betrieb besser gewährleistet. Wie ist diese Organisationsform gewachsen? Von welcher Seite wurden die entscheidenden Ideen eingebracht? Von der Politik oder vom Forstdienst? – Der Forstdienst hat den Vorschlag gemacht, da die kollegiale Führung zu dritt (drei Revierförster) nicht optimal war. Zusätzlich waren die möglichen Synergien mit dem Bauamt zu wenig genutzt worden (Beispiel: Zuständigkeit für den Wildbachverbau war beim Bauamt, für
Giblert Berchier (Bild: Gian Cla Feuerstein)
den Hangverbau beim Forstamt; jetzt ist alles beim Forstamt). Besteht bei Deiner Doppelfunktion als Regionalforstingenieur (Kantonsangestellter) und Leiter des Forstbetriebs (und somit natürlich auch Bezüger von Kantonsbeiträgen) nicht auch die Gefahr, dass gewisse Fragen nicht mehr ganz neutral beantwortet werden können? Als Vertreter des Kantons bist du Sie dazu verpflichtet, Beitragsfragen sachlich zu behandeln. Als Betriebsleiter müsstest du allgemein daran interessiert sein, Beiträge zu erhalten. Siehst du da kein Problem? – Diese Gefahr ist effektiv vorhanden und wurde bei der Erarbeitung der Vereinbarung mit Recht stark thematisiert. Ich bin der Meinung, dass diese Problematik auch sonst vorhanden ist. Bündner Wald 5/2009 43
Und bei Fragen, welche etwas auf «Messers Schneide» liegen und sowohl zugunsten, wie auch gegen den Waldbesitzer beant wortet werden können? – Die Vereinbarung löst diesen möglichen Konfliktpunkt deutlich: Im Zweifelsfall entscheidet mein Vorgesetzter (Regionalleiter). Wie viele Arbeitsplätze bietet der Forstbe trieb Poschiavo heute? – 10 ( 3 Revierförster, 5 Waldarbeiter und Forstwarte, 1–2 Lehrlinge) Und in einem Jahr? Wagst du auch eine Prognose, wie viele Arbeitsplätze der Forst betrieb Poschiavo in fünf Jahren noch bie tet? – In einem Jahr: 10–11 (wir brauchen unbedingt 1– 2 Forstwarte mehr) In fünf Jahren: gleich viele. Wie gross ist dein Arbeitspensum als Be triebleiter? – 25 % Was macht den Forstbetrieb Poschiavo so speziell, dass er mit dem BindingWaldpreis ausgezeichnet wurde? – Der Forstbetrieb Poschiavo ist nicht besonders speziell. Er ist sicher ein grosser Forstbetrieb und ist im Gelände und in der Bevölkerung sehr gut verankert. Die Bevölkerung von Poschiavo nimmt seinen Forstbetrieb wahr, mit positiven und negativen Meldungen. Schlimm wäre für uns, wenn unsere Tätigkeit ignoriert würde. Das Thema des Jahres 2009 für die Auszeichnung war eben die Diversifizierung. Wir sind sicher nicht die einzigen, welche diversifiziert sind. Die 44
Spezialität ist eben diese Leistungsvereinbarung mit dem Kanton. Somit erhält der Forstbetrieb eine solide Verankerung in der Gemeindeorganisation. Der Leiter hat Sitz in der Geschäftsleitung der Gemeinde. Somit werden die forstlichen Anliegen immer vertreten. Ohne diese Organisationsform bin ich der Meinung, dass eine Revierförsterstelle gestrichen worden wäre. Sicher ist die Integration anderer Gemein debetriebe in den Forstbetrieb sinnvoll. Andere Betriebe machen das doch auch. Weshalb werden diese nicht auch ausgezeich net? – Die Auszeichnung basiert auf Meldungen aus den kantonalen Forstdiensten. Die Gemeinden sind darüber nicht informiert. Im engeren Wahlverfahren gibt es eine Begehung. Vielleicht konnten wir unsere Gedanken gut übermitteln und überzeugend wirken.
«Wievielmal will man als RFI mit Recht die Interessen der Regionen und somit der Gemeinden unterstützen?» «An sich ist eine solche Problematik vielmehr vorhanden als gemeint. Die Kunst oder die Schwierigkeit ist immer, sachlich zu entscheiden. In unserem Fall ist es für die Gemeinde eher ein Nachteil, da ich eventuell strenger zu Ungunsten der Gemeinde entscheide (im Hinterkopf will man ja verhindern, dass gesagt wird, ich begünstige diese Gemeinde; der Fall des Lehrers mit dem eigenen Sohn in der Klasse ist bekannt : Meistens ist der Lehrer/Vater strenger mit dem eigenen Sohn ).»
In den letzten 15 Jahren wurde fast in jedem Forstbetrieb ein neuer Betriebsplan erstellt. Wurde in Poschiavo nun ein neues Dokument für den Gesamtbetrieb erstellt, der sich auf die neue Situation, die neuen Strukturen bezieht? – Der Betriebsplan 2006 enthält die ersten Grundzüge für eine solche Reorganisation. Die Pensionierung des Bauamtsleiters im Jahr 2006 hat plötzlich alles beschleunigt. Wie wurde dabei vorgegangen? Wurden externe Fachleute beigezogen oder hat der neue Betrieb die nötigen Anpassungen selbst ausgearbeitet und dokumentiert? – Die Gemeinde hat die Anpassungen zuerst intern intensiv diskutiert. Anschliessend wurde vor allem der Regionalleiter Gian Cla Feuerstein in die Entwicklungsphase involviert. Welche Konsequenzen hatte dieses Vorgehen? – Für die forstliche Organisation ist es aus unserer Sicht gut gegangen. Das Vorgehen ist relativ schnell umgesetzt worden (ein Jahr Probephase im 2007, anschliessend definitive Vereinbarung ab 2008 ). War der Gewinn des Binding-Preises in der Planungsphase bereits ein erklärtes Ziel? – Nein, da die Themen der Binding Stiftung unbekannt sind. Hat man mit dem Gewinn gerechnet oder haben Sie unter dem Motto «Mitmachen ist alles» am Wettbewerb teilgenommen? – Als ich das Thema gesehen habe, habe ich gedacht, es entspricht unserer Reorganisationsform relativ gut. Dann habe ich eine Mail geschrieben und drei Monate später wurde uns mitgeteilt, dass es eine örtliche Begehung gibt. Da haben
wir uns gut vorbereitet ( NB im Inkognito, da der Forstbetrieb und die Gemeinde über die Präsenz der Binding Stiftung nicht informiert wurde). Wann hat man in Poschiavo von der Auszeichnung erfahren? – Ende September 2008. Die Binding Stiftung musste früh entscheiden, damit die Vorbereitungsarbeiten für die Preisverleihung im Mai 2009 stattfinden konnten (Film drehen im Herbst 2008 usw.) Die Auszeichnung ist bestimmt ein Grund für ein Fest oder einen Tag der offenen Türen. Hat das schon stattgefunden? – Ja, dieses Fest fand am 3.Oktober.2009 in Poschiavo statt. Dein Betrieb hat einen hoch dotierten Preis gewonnen. Habt ihr schon Pläne, wie die 200 000 Franken investiert werden? – Die Stiftung verlangt einen Projektplan, da 150 000 Franken an zukünftige Forsttätigkeiten gebunden sind. Die Projekte sind: Anschaffung einer Mobilseilkrananlage inkl. Ausbildung des Personal, Umweltbildung, EDV-unterstützte Lösung für den Strassen- und Wanderwegunterhalt ( 150 km Strassen und 270 km Wanderwege). Gilbert, ich danke dir herzlich für das interessante Gespräch!
Jörg Clavadetscher, Redaktor Bündner Wald Ruinas, CH-7535 Valchava forestal-muestair@bluewin.ch
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Vernissage der Aktion Zündholz Die Aktion ZÜNDHOLZ porträtierte neun innovative Projekte für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. Zwei dieser Projekte stammen aus Graubünden. Die attraktive audio-visuelle CD wurde am 30. September 2009 in der stimmungsvollen Atmosphäre der Biberburg in Hirschthal vorgestellt und der Öffentlichkeit übergeben. Auf der Suche nach einem Gegenpol zum schlechten Holzmarkt und zu den Problemen der Forstbetriebe fanden sich vor vier Jahren begeisterte Wald- und Holzprofis zusammen. Handeln statt jammern und kreativ neue Ideen entwickeln, lautete die Devise. Daraus entstand die Aktion ZÜNDHOLZ mit dem Ziel, eine Auswahl von zukunftsgerichteten Waldprojekten aus allen Landesteilen bekanntzumachen und untereinander zu vernetzen. Gemäss Forstingenieur und Initiant Karl Grunder, Stans, will die Steuergruppe damit die vergessenen und versteckten Potenziale des Waldes ins Bewusstsein rufen, die vielfältigen Beziehungen zwischen Wald und Mensch aufzeigen, für einen sorgfältigen Umgang mit der Natur sensibilisieren und zu eigenen «zündenden» Waldprojekten ermutigen. Beziehung zum Wald schaffen Fotos von Arnold Odermatt mit faszinierenden Waldlandschaften und verborgenen Schönheiten im Wald stimmten die Vernissage-Gäste in die Thematik ein. Jean Combe führte durch die Vorstellung der neun Projekte aus allen Landesgegenden. «Wir haben den Wald missbraucht, um damit PR zu machen», erklärte Urs Gsell vom Verein Wald Hirschthal. Das dreiwöchige Waldfest mit 30 selbstfinanzierten Projekten war mit rund 50 000 Besuchern ein Grosserfolg, der mit der daraus entstandenen Biberburg
nachhaltig weiterwirkt. Handfestes Erleben des Waldes ermöglicht ebenfalls das Bergwaldprojekt, indem es Menschen aller Alterstufen, Familien und Schulen in Projektwochen oder tageweise im Wald arbeiten lässt. Das Know-how dieser Arbeitswochen wurde bereits auch ins Ausland nach Österreich,Deutschland, Spanien und in die Ukraine exportiert. Aus Wertschätzung entsteht Wertschöpfung Klangholz Bergün nutzt die «Perlen» des Waldes, indem hochwertiges Holz für den Instrumentenbau verarbeitet wird. Einheimische Hölzer im Aufwind Federlegno Ticino fördert in der Mesolcina und im Tessin die Verwendung und Wertschöpfung von Holz und Früchten einheimischer Bäume (v.a. Kastanie und Lärche). In diesem Zusammenhang wurden bereits 51 Spielplätze aus Kastanienholz errichtet. Nachhaltige Waldwirtschaft lebt und wandelt sich ZÜNDHOLZ versteht seine Website www. aktionzuendholz.ch als Plattform. Es ist das Anliegen der Ansprechpersonen Karl Grunder, Jean Combe und Fulvio Giudici, aktuell zu bleiben und umfassender werden. Deshalb vermitteln sie Kontakte und freuen sich auf weitere zündende Ideen für nachhaltige Waldprojekte. Die Vertreter der Trägerschaft gratulierten der initiativen Steuergruppe zu ihrem Engagement für das überzeugende und zukunftsgerichtete Projekt. Othmar Wüest von der Konferenz der Kantonsförster KOK betonte die Bedeutung der Ökologie sowie der Ökonomie als zentrale Elemente. Anstoss zu weiteren Eigeninitiativen erhofft sich
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Mit ZÜNDHOLZ erhofft sich Projektleiter Karl Grunder, umrahmt von Gastgeber Urs Gsell und Julianna Povch vom Bergwaldprojekt Schweiz-Ukraine, viele zündende Ideen für die Schweizer Holz-
Rudolf Grüninger vom Schweiz. Verband der Bürgergemeinden und Korporationen. Heinz Kasper, Kantonsoberförster Aargau wünschte dem Projekt eine breite Ausstrahlung und viele neue zündende Ideen.
wirtschaft. (Bild: Monika Fischer)
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Resgia – Report 05/09 Publireportage Forstmesse Luzern 2009 Die jährlich stattfindende Forstmesse in Luzern war auch heuer ein voller Erfolg, nicht nur für die rund 30 000 interessierten Besucher, die sich über die neuesten Trends im Bereich Forst- und Waldwirtschaft informierten, sondern ebenso für die dort vertretenen Unternehmen. Die Mayr-Melnhof Swiss Timber war erstmals auf der Forstmesse vertreten und konnte sich über das rege Interesse am Unternehmen sehr freuen. Tagtäglich besuchten rund 300 Personen den Messestand. Neben Förstern, Waldbesitzern wie auch Forstunternehmen schätzten zahlreiche Privatpersonen die Gelegenheit, sich über die Geschäftsaktivitäten des grössten und modernsten Schweizer Sägewerks zu informieren.
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Mehr Information über Mayr-Melnhof Swiss Timber Es ist Mayr-Melnhof Swiss Timber ein grosses Anliegen, Kommunikation und aktiven Dialog mit allen Geschäftspartnern wie auch der interessierten Öffentlichkeit kontinuierlich zu pflegen und aktiv zu unterstützen. Die neue achtseitige Imagebroschüre informiert über Wissenswertes der MayrMelnhof Holz Gruppe und im Besonderen
über das Werk in Domat/Ems sowie das Einkaufsteam der Schweiz. Verstärkte Nachfrage auf den internationalen Holzmärkten Aufgrund der weltweit schwierigen wirtschaftlichen Situation wurden in der ersten Jahreshälfte 2009 die Produktionskapazitäten am internationalen Holzmarkt massiv reduziert. Derzeit zeigt sich eine verstärkte Nachfrage nach Schnittholz. Die MayrMelnhof Swiss Timber freut sich, dass sie mit einer verstärkten Nachfrage konfrontiert ist, erklärt aber gleichzeitig grossen Bedarf an Rundholz. Um die Gunst der Stunde zu nutzen, sind alle in der Waldwirtschaft Tätigen eingeladen, Holz zu schlagen und die Sägereien mit Frischholz zu beliefern. Es gilt mit vereinten Kräften gemeinsam der Nachfrage zu entsprechen und die Märkte mit Schnittholz zu versorgen. Diese wirtschaftliche Situation stellt für die Holzwirtschaft in Graubünden eine grosse Chance dar, auch zukünftig als verlässlicher Partner wahrgenommen zu werden.
Christian Felix Prozess- und Qualitätsmanagement Mayr-Melnhof Swiss Timber AG Vial 1, CH-7013 Domat/Ems
Dani Roth Rundholzeinkauf Mayr-Melnhof Swiss Timber AG Vial 1, CH-7013 Domat/Ems
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Die Neugründung der ÖBf – ein gelungenes Experiment Als die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) mit dem Bundesforstgesetz 1996 per 1. Jänner 1997 aus dem Staatshaushalt der Republik Österreich ausgegliedert wurden, ging es vor allen Dingen darum, das Verhältnis zwischen dem neu gegründeten Unternehmen Österreichische Bundesforste AG und dem Eigentümer Republik Österreich neu zu gestalten. Das war und ist für die Neugründung des Unternehmens zweifellos der Schlüssel für die erfolgreiche Entwicklung der vergangenen zehn Jahre. Erst durch eine klare und für alle Seiten nachvollziehbare Definition des Verhältnisses zwischen Vor zehn Jahren kam für viele die Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste einer Quadratur des Kreises gleich. Die Erfolgsbilanz von heute – immerhin haben die Bundesforste seit der Neugründung rund 240 Millionen Euro an den Staatshaushalt gezahlt. (Bild: ÖBf-Archiv)
beiden Seiten wurde der neue Weg für die Bundesforste möglich. Die Bundesforste wurden von einer dem Ministerium quasi eingegliederten Stelle über Nacht zu einer AG. (Konkret handelte es sich vor 1997 um einen der Weisung des Landwirtschaftsministeriums unterstellten Bundesbetrieb.) Und das hatte zunächst grösste Bedeutung für den Einfluss des Eigentümers auf die Österreichischen Bundesforste. Was vor 1997 quasi in einer administrativen, ministeriellen Logik geführt wurde, war nun ein Unternehmen geworden. Und der zuvor breite und zuweilen wohl auch diffuse Einfluss der Tagespolitik auf die Bundesforste war und ist seitdem klar definiert: Dem Eigentümer stehen drei grosse Hebel der Einflussnahme zur Verfügung. Zum ersten wurden mit dem Bundesforstegesetz die langfristigen Ziele des neuen Unternehmens festgelegt. Neben dieser «UnternehmensVerfassung» bestimmt der Eigentümer zweitens – so wie jeder andere Eigentümer in einer AG auch – die Aufsichtsratsmitglieder. Der Landwirtschaftsminister ernennt den Aufsichtsratspräsidenten sowie zwei weitere Mitglieder, und der Finanzminister ernennt ein Mitglied des Aufsichtsrats. Drittens verfügt der Eigentümer über einen finanziellen Hebel, indem er die jährliche Dividende festsetzen kann. Auf diesen Dreiklang der Einflussnahme aus inhaltlichen Zielen, Personen und Finanzen reduziert sich mittlerweile der Einfluss des Eigentümers. Messbare Ergebnisse Zehn Jahre nach Neugründung der Österreichischen Bundesforste gibt es für den Eigentümer eine Vielzahl von sehr konkreten Ergebnissen. Eines davon kann jeden Staatsbürger erfreuen, denn es geht ja um den Staatshaushalt aller Österreicherinnen
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und Österreicher: Seit der Ausgliederung haben die Österreichischen Bundesforste 168 Millionen Euro zum Staatshaushalt beigetragen. Heute können wir mit Freude festhalten, dass der Eigentümer in den vergangenen zehn Jahren immer darauf geachtet hat, dass die Dividende stets ein Anteil aus dem erwirtschafteten Vermögen und nie aus der Substanz des Unternehmens war. Der Beitrag von 168 Millionen Euro zum Staatshaushalt als Erfolgsparameter für die Ausgliederung soll nicht deswegen zuerst genannt werden, weil das wirtschaftliche Ergebnis vor allen anderen Ergebnissen steht, sondern weil es auch am klarsten und nachvollziehbarsten messbar ist. Genauso gut könnten das Anwachsen von Erholungsflächen für die Bevölkerung – wie zum Beispiel mittlerweile mehr als 200 Kilometer frei zugängliches Naturufer an den österreichischen Seen – genannt werden oder die Betreuung von mehr als 150 000 Hektar Schutzwald. Als Quintessenz bleibt, dass der Staat durch sein neues Verhältnis zu den Österreichischen Bundesforsten, durch die Gründung der ÖBf AG, zwar einerseits tagespolitischen Einfluss verloren, aber andererseits ein langfristiges Gedeihen des Unternehmens im Sinne der Wirtschaftlichkeit, der Umwelt und der sozialen Verantwortung erreicht hat. Mitarbeiter als Ausgangspunkt Mit der Neugründung der Österreichischen Bundesforste hat sich nicht nur das Verhältnis zum Eigentümer grundlegend verändert, sondern auch zu vielen anderen Anspruchsgruppen und Bezugsebenen. Von den Anrainern bis zu den NGOs, von den Kunden bis zur breiten Öffentlichkeit und vom Mitbewerber bis zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gerade diese stellen bei den Österreichischen Bundesforsten ein
besonderes Kapital dar. Denn es wird wohl kaum ein anderes Unternehmen in Österreich geben, das über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügt, die sich so stark mit dem Mittelpunkt des Unternehmens, mit der Natur, identifizieren wie bei den Bundesforsten. Denn dadurch behandeln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jenes Stück Natur, das sie zu betreuen und zu bewirtschaften haben, wie ihr eigenes und gehen dementsprechend sorgfältig und verantwortungsvoll damit um – ein Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Unternehmensgegenstand also, wie man es sich nur wünschen kann. Eine der wichtigsten Veränderungen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern lag darin, die Vorgaben nicht mehr über Regelungen und Anweisungen in Einzelfällen zu vermitteln, sondern durch Ziele. Tatsächlich war unmittelbar vor der Ausgliederung und Neugründung der Österreichischen Bundesforste im Jahr 1996 die Anzahl der internen Vorschriften, der sogenannten «Runderlässe», auf mehr als 30 000 Seiten angewachsen. Dadurch waren sie selbst vom grössten Kenner nicht mehr umfassend befolgbar und damit waren sie wiederum ein Instrument, das nicht zur Führung oder zur Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diente, sondern vielmehr zur Einschüchterung und Beherrschung. Denn wenn ein Regelwerk einmal so gross ist, dass es niemand mehr kennen kann, wird sich darin immer etwas finden lassen, um den jeweils Verantwortlichen damit in Misskredit bringen zu können. Der Sinn von Regeln ist damit ins Gegenteil verkehrt: Statt Anleitung sind Regeln in einem solchen System nur Behinderung und Instrument der Angstmache. Da dieses System an Runderlässen auch in sich durchaus WidersprüchBündner Wald 5/2009 51
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lichkeiten aufwies, wurde es kurzerhand für ungültig erklärt und durch ein rund 120-seitiges Organisationshandbuch ersetzt. Damit war ein schlankes Regelwerk geschaffen, das für alle überschaubar war. Das alte System wurde von heute auf morgen restlos gestrichen. Ein weiterer tiefgreifender Schritt war die umfassende Kundenorientierung, an der die Österreichischen Bundesforste auch in Zukunft noch intensiv arbeiten werden. Das mag zunächst nach einer wirtschaftlichen Binsenweisheit klingen, doch man muss von dem Bild des durchaus autoritären «Ärars» ausgehen, das eine Haltung illustriert, die den Kunden als Bittsteller – weil ja auch von den jeweiligen Leistungen abhängig – begreift. Diese Haltung war natürlich über die Jahrzehnte angelernt und umso schwieriger war und ist es, diese zu überwinden. Und dies wohl auch deshalb, weil es sich dabei um den wahrscheinlich tiefgreifendsten Kulturwechsel handelt: Vom «landesherrlichen Waldbesitzer» zum Dienstleister, der einerseits immer die eigenen Ziele im Kopf haben muss, aber zugleich – und das ist sicher die grosse Herausforderung – sich der Bedürfnisse des jeweiligen Kunden bewusst sein und sich in ihn hineinversetzen muss. Dezentralisierung von Entscheidungen Die Bedeutung einer weiteren für die Bundesforste ganz entscheidende Anspruchsgruppe lässt sich anhand zweier Zahlenwerte veranschaulichen: Insgesamt betreuen und bewirtschaften die Bundesforste mehr als 66 000 über ganz Österreich verteilte Grundstücke. Um die Linie zwischen Bundesforste-Eigentum und angrenzendem Eigentum zu beschreiben, gibt es fast 1 Million Grenzsteine. Wer weiss, was Grundnachbarschaft bis heute gerade im ländlichen
Raum bedeutet, der wird verstehen, welch umsichtiger Haltung und Vorgangsweise es bedarf, um mit einer so grossen Anzahl von angrenzenden Nachbarn im guten Einklang zu leben. Bei den Nachbarn wie auch bei den Anrainern sowie bei den Vertretern der jeweiligen Region haben die Bundesforste in den vergangenen Jahrzehnten oft den Eindruck eines zentralistisch dirigierten Staates im Staat hinterlassen. Deshalb war es eine der massgeblichsten Entscheidungen und Veränderungen innerhalb der Österreichischen Bundesforste AG, einen Kurs der dezentralen Entscheidungsgewalt nachhaltig einzuschlagen. Heute ist es sehr klar definiert, was der jeweils regionale Forstbetrieb entscheiden kann – und das ist mittlerweile deutlich mehr als je zuvor in der Bundesforste-Geschichte – und was der Unternehmensleitung zur Entscheidung vorbehalten ist. Dadurch wurden nicht nur Doppelgleisigkeiten beseitigt und Reibungsverluste verringert, sondern es wurde auch für die jeweilige Region, für den jeweiligen Nachbarn und Anrainer, die Entscheidungszeiträume dramatisch verringert und erhöhte Transparenz geschaffen. Eine Aktivität der Bundesforste mit höchstem Regionalbezug, die bis heute zwar regional aufbereitet aber zentral entschieden wird, ist der Grundverkehr. Die Bundesforste kaufen und verkaufen laufend Flächen. Die Beweggründe dafür sind vielfältig und reichen von der Arrondierung der eigenen Flächen bis zum Interesse des Grundnachbarn, der durch den Ankauf einer bestimmten Fläche seine Ziele besser umsetzen kann. Angesichts mancher medial hochgespielter Verkäufe wurde es oft zu wenig beachtet, wie wichtig eine aktive Grundverkehrspolitik der Bundesforste für viele Regionen ist.
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Allein der Name der neuen, 2002 errichteten Bundesforste-Zentrale ist Programm und wie der Bau selbst ein Symbol für die Erneuerung: Statt «Generaldirektion» sprechen die Bundesforste heute von «Unternehmensleitung». (Bild: ÖBf-Archiv)
Denn würden die Bundesforste aufhören, Grundverkehr zu betreiben, so würde das für so manche Region – denn regionale Entwicklung hängt einfach sehr oft mit Flächen zusammen – auch einen Stillstand mit sich bringen. Zugleich lukrieren die Bundesforste aus dem Verkauf von Flächen jene Mittel – und dies schreibt die «Substanzerhaltungspflicht» aus dem Bundesforste-Gesetzesvor–,diesiedannausschliesslichfürdieVerbesserung ihres Flächenbestandes wieder einsetzen. Auf diese Weise sind die Bundesforste-Gebiete in den letzten Jahrzehnten um mehr als 30 000 Hektar gewachsen. Der Öffentlichkeit verpflichtet Umfassend verändert hat sich auch die Haltung der Österreichischen Bundesforste
gegenüber der breiten Öffentlichkeit. Über die Jahrzehnte war Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit schon allein aufgrund des Systems nur sehr eingeschränkt möglich – oft als unnötig oder einfach nur als zeitraubend disqualifiziert. Heute sind wir davon überzeugt, dass ein öffentliches Unternehmen, das öffentlichen Grund betreut, der breiten Öffentlichkeit zur umfassenden Kommunikation verpflichtet ist. Denn selbstverständlich hat die Öffentlichkeit ein Anrecht darauf zu erfahren, wie mit ihrem Eigentum, den Flächen der Österreichischen Bundesforste, umgegangen wird. In der externen Kommunikation trachten die Bundesforste daher in den vergangenen Jahren danach, über ihre Bewirtschaftungspolitik anhand von anschaulichen Beispielen – von Bündner Wald 5/2009 53
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der Schutzwaldbetreuung bis zur Immobilienrenovierung oder zu Artenschutzprogrammen – umfassend zu berichten. Auch die wirtschaftliche Gebarung des Unternehmens wird stark angelehnt an die Massgaben einer AG medial vermittelt. Erst seit Kurzem sind die Bundesforste jetzt auch so weit gegangen, klassische Begrifflichkeiten der Forstwirtschaft durch allgemein verständlich Begriffe zu ersetzen. In der internen Kommunikation mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedienen sich die Bundesforste der aktuellen Instrumente, um möglichst rasch und umfassend zu informieren. Ziel ist es, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Dynamik des Unternehmens teilhaben zu lassen. Im Bereich des Sponsorings bemühen sich die Bundesforste, auch jene Gruppen anzusprechen und jene Orte, jene «Gegenwelten», zu erreichen, in denen sie sonst kaum oder gar nicht präsent sind. Deshalb versuchen die Bundesforste unter anderem den urbanen Raum für sich zu gewinnen und auch einmal zum Beispiel mit einem Design-Luster aus Hirschgeweih-Abwurfstangen entworfen vom Stardesigners Matteo Thun im Salzburger Museum der Moderne oder mit einer Zirbenschüssel als Symbol für Nachhaltigkeit in einer Ausstellung im Wiener Künstlerhaus vorzukommen. Neben diesen «Gegenwelten» suchen die Bundesforste in ihrer Kommunikation eine möglichst grosse Breite, um dem Wunsch nach Information möglichst aller Österreicherinnen und Österreicher gerecht zu werden. Diesem Ziel folgend wird auch der Bundesforste-Nachhaltigkeitsbericht nicht mehr wie ein klassischer Geschäftsbericht als A4-Broschüre an ausgewählte Persönlichkeiten versendet, sondern einer Tageszeitung als Supplement beigelegt. Das Ergebnis all dieser Bemühungen lässt sich mittlerweile messen und
besagt, dass der «Amtscharakter» der Bundesforste stark im Schwinden ist und die – übrigens schon seit Jahrzehnten in weiten Teilen vorhandene – ökologische und soziale Kompetenz der Bundesforste zunehmend geschätzt wird. Mit NGOs dazugelernt Gelernt haben die Österreichischen Bundesforste in den vergangenen Jahren sehr vieles von anderen. Und diese anderen sind nicht nur andere aus der Branche, sondern Initiativen, Gruppierungen und Verantwortliche aus Bereichen, die weit über die Forstwirtschaft im klassischen Sinn hinausgehen. Gemeint sind hier vor allem die vielen unterschiedlichen NGOs, zu denen es beiderseitig ein Verhältnis von kritischer Distanz, ja zum Teil auch von Argwohn gab. Heute gibt es eine Vielzahl von Projekten der Österreichische Bundesforste, die gemeinsam mit bekannten NGOs – vom Naturschutzbund über Birdlife bis zum WWF – konzeptiert und durchgeführt werden. Die Initiativen für diese Projekte können von beiden Seiten ausgehen, der konkrete Beitrag der Bundesforste liegt meist darin, bestimmte Flächen zur Verfügung zu stellen und die personelle Präsenz auf diesen Flächen, beispielsweise für Kartierungen oder regelmässige Beobachtungen, die dann wissenschaftlichen Studien dienen, zu nutzen. Diese Vielzahl von Kooperationsprojekten mit NGOs hat dazu geführt, dass beide Seiten heute sehr viel mehr Verständnis füreinander aufbringen können, und hier soll auch betont sein, dass es sich wirklich um beide Seiten handelt. Denn nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Österreichischen Bundesforste haben jetzt mehr Verständnis für die ökologischen und sozialen Anliegen der NGOs. Auch die NGOs haben ihrerseits schätzen gelernt, wie viel Wissen über die
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Natur und ihre verantwortungsvolle Nutzung bei den Bundesforsten vorhanden ist. Vom Mitbewerber über den Partner zum Kunden Schliesslich hat sich auch das Verhältnis zur gesamten Branche und zum Mitbewerber neu gestaltet. War es früher Abgrenzung und eine aufgrund der unterschiedlichen Flächengrössen postulierte Unvergleichbarkeit, die im Vordergrund standen, so sehen die Bundesforste heute gerade in der Grössendifferenz – der nächstgrösste Flächeneigentümer in Österreich verfügt über ein Zwanzigstel der Bundesforstefläche – eine Verpflichtung. Denn gerade weil sich die Österreichischen Bundesforste aufgrund ihrer Grösse bestimmte Organisationsstrukturen leisten können, die kleinere Betriebe unmöglich aufbringen können, gerade deshalb können Standards und Innovationen entwickelt werden können, die für alle anderen auch hilfreich sind. Tatsächlich sind die Bundesforste in vielen Beziehungen in einer Art «Eisbrecher-Funktion» aktiv geworden. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang beispielsweise die Bereitschaft der Bundesforste, ihre Flächen für aktuelle Entwicklungen – wie beispielsweise Trendsportarten – zu öffnen und die Schaffung von Tarifen für diese Nutzungen, die bis vor wenigen Jahren noch ungeregelt und damit auch unbezahlt waren. Die meisten Forstbetriebe in Österreich orientieren sich hier an den Bundesforsten und an diesen Tarifen und sparen sich damit einerseits die Diskussion über die Höhe und andererseits – was noch viel wichtiger ist – die Diskussion über die Berechtigung dieses Tarifs. Standards gesetzt im Interesse der österreichischen Forstwirtschaft haben die Bundesforste in vielfacher Hinsicht. Als ein Beispiel sei das Bundesforste-Vertragshandbuch genannt, das rund
80 Musterverträge, die speziell der Forstwirtschaft dienen und anhand derer man rund 98 % des Routinegeschäfts erledigen kann, beinhaltet. Damit werden einerseits Kosten für Vertragserrichtungen gespart und andererseits werden gewisse rechtliDie neue Unternehmensleitung der Österreichischen Bundesforste ist das Symbol für die Neugründung des Unternehmens. (Bild: ÖBf-Archiv)
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che Standards geschaffen, die das Zusammenleben erleichtern und Reibungsverluste verringern. In der jüngsten Vergangenheit sind die Bundesforste noch einen Schritt weiter gegangen. Der Mitbewerber ist jetzt immer häufiger auch ein Kunde der Bundesforste. Denn immer mehr Forstbetriebe nützen das dritte Standbein der Bundesforste, die «Forstliche Dienstleistung», und lassen bestimmte Bewirtschaftungsschritte auf ihren Flächen – von der Planung über die Ernte bis zum Handel – von den Bundesforsten erledigen. Auch die Zahl jener Forsteigentümer wächst, die ihre Naturflächen zur Gänze der Betreuung und Bewirtschaftung der Bundesforste überlassen und so von der Professionalität und dem Marktfaktor der Bundesforste profitieren. Auch kooperieren die Bundesforste in Sachen Biomasse nicht nur erstmals in der Unternehmensgeschichte mit privaten Grossforstbetrieben, sondern mit einer Vielzahl von Kleinwaldbesitzern. Denn nur durch diese so zukunftsweisenden Kooperationen ist es möglich, das mit rund 600 000 Schüttraummetern Biomassebedarf grösste Walbiomasse-Kraftwerk Europas in Wien-Simmering – ein Jointventure zwischen Wien Energie und Bundesforsten – innerhalb eines Radius von 100 Kilometern Entfernung zu versorgen. Die Bundesforste sind also auch im Zusammenhang mit der Branche und dem Mitbewerber vom Staat im Staat zum Partner geworden, von dem die gesamte Forstwirtschaft Österreichs profitiert, und aus so manchem Mitbewerber wurde auch ein zufriedener Kunde. Natur als Konstante Eine für die Bundesforste ganz zentrale Ebene gibt es, zu der sich der Bezug während der vergangenen Jahre nicht verändert hat – die Natur. Sie ist der Unternehmensgegenstand
der Bundesforste schlechthin und praktisch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben täglich mit ihr auf unterschiedliche Art und Weise zu tun. Das Wissen um die grossen Zusammenhänge und Wechselwirkungen in dem – durch die aktuelle Klimadebatte wieder ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gehievt – Kosmos Natur wird bei den Bundesforsten seit Jahrzehnten erarbeitet, verfeinert und weitergegeben. Kein anderes Unternehmen kann auf eine so lange und stringente Wissensentwicklung mit und um die Natur zurückblicken wie die Bundesforste. Es ist deshalb kein Wunder, dass Anfragen von Wissenschaftern aller Richtungen – vom Höhlenforscher bis zum Ornithologen – immer wieder an die Bundesforste herangetragen werden, denn hier ist ein Wissen über Naturflächen vorhanden, das unvergleichlich ist und welches die Bundesforste erst zu jenem Unternehmen macht, das es heute ist. Nicht Freiheit von, sondern Freiheit für etwas So weit die Beschreibung des veränderten Bezugs der Bundesforste zu den genannten sechs Anspruchsgruppen. Dadurch sollte die grosse Veränderung der Bundesforste in ihrer Gesamtheit illustriert werden. Damit diese Veränderungen auch in einer für alle Seiten positiven Hinsicht gelingen konnten, bedurfte es – und das ist unsere zweite These – eines grossen Energiepotenzials, um diese Chance auch wirklich umfassend zu nützen. Denn die neue Freiheit, die die Bundesforste mit der Neugründung von 1997 erhalten haben, musste erst in vollem Umfang genutzt werden. Es ist ein erster Schritt, Fesseln abzuwerfen, und es ist ein weiterer – wahrscheinlich mindestens genauso wichtiger – Schritt, auch selbst aufzustehen, um eigene und neue Bahnen zu
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betreten. Schliesslich geht es ja nicht nur um die Freiheit von etwas, sondern um eine Freiheit für etwas. Und selbstverständlich ist diese Freiheit nicht Selbstzweck, sondern nur der Anfang eines Prozesses, der bis heute andauert. Am Anfang stand – um hier in aller Kürze die wichtigsten Kapitel zu beschreiben – zunächst die Befreiung nach innen. Neue Strukturen mussten gefunden werden, um die Abläufe nicht nach verwaltungstechnischen Anforderungen, sondern nach unternehmerischen Bedürfnissen zu gestalten. Diese Strukturen mussten wiederum mit Persönlichkeiten zum Leben erweckt werden, die bereit waren, auch die neue Kultur der Österreichischen Bundesforste zu leben und auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitzugeben und sie davon zu überzeugen. Die Basis für diesen Struktur- und Kulturwandel war eine klare und für alle nachvollziehbare Strategie, die im Unternehmenskonzept 1997 niedergeschrieben wurde. Die darin enthaltenen Veränderungen waren so tiefgreifend, dass es einiger Jahre bedurfte, um diese auch nachhaltig zu realisieren. Umfassendes Wachstum Im Sinne einer Befreiung nach aussen haben sich die Bundesforste das am ersten Blick so naheliegende und am zweiten Blick doch so schwierige Ziel des umfassenden Wachstums vorgenommen. Die Forstwirtschaft war und ist das wichtigste Standbein der Österreichischen Bundesforste. Doch schon seit Jahren wissen wir, dass die in Österreich zu erntenden Holzmengen rückläufig sind. Die Hauptgründe dafür liegen zum einen in der Übernutzung, das heisst in der überzogenen Holzernte der Jahren und Jahrzehnten vor der Neugründung, die zeitweise über dem
nachhaltigem Holzernteziel gelegen waren. Gerade hier zeigt sich einmal mehr, wie unsinnig die Bewirtschaftungsmassgaben in manchen Jahren vor der Unternehmensgründung waren, denn nicht selten wurde das Mass der Holzernte nicht durch das nachhaltige Holzernteziel oder den jeweiligen Holzpreis begründet, sondern durch budgetäre Notwendigkeiten, die aktuell zu befriedigen waren. Neben diesem Grund für den Rückgang der Holzernte bei den Bundesforsten ist der zweite Hauptgrund wohl der Umstand, dass immer mehr Flächen der Österreichischen Bundesforste unter diverse Schutzbestimmungen gestellt werden, die die Holzernte verringern oder ausschliessen. Deshalb arbeiten die Bundesforste intensiv daran, das zweite Standbein, Immobilien, auszubauen. In den vergangenen zehn Jahren ist es geglückt, die Erträge aus dem Immobiliengeschäft, das von der Verpachtung und Weiterentwicklung der rund 3000 Objekte über die diversen Seegründstücke bis zum Baurechtsvertrag reicht, mehr als zu verdoppeln. Potenzial für weiteres Wachstum liegt hier zum Beispiel im Ausbau von naturverträglichen Tourismusnutzungen. Das Wachstum bei den Bundesforsten ist aber auch durch die Schaffung von neuen Betätigungsfeldern gelungen. Dazu zählt vor allen Dingen die forstliche Dienstleistung für private Waldeigentümer. Hier geht es darum, dass die Bundesforste auf den Flächen von Dritten ihr Know-how und ihr Können einsetzen. Auch die erneuerbare Energie – von der Biomasse bis zur Wasserkraft – stellt eine grosse Wachstumschance dar und ist gerade angesichts von weit verbreiteten Anstrengungen zur Erlangung von geringerer Abhängigkeit und stärkerer Energieautonomie sehr zukunftsweisend. Schliesslich haben sich die Bundesforste auch im Ausland immer stärker engagiert: Bündner Wald 5/2009 57
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Im Consultingbereich reichen die Aufträge von anderen europäischen Staatsforstunternehmen bis zu Aufträgen von internationalen Unternehmen auf diversen Kontinenten. Die Bewirtschaftung im Ausland ist ebenfalls eine grosse Herausforderung und auch hier werden sich die Bundesforste weiter engagieren. Nach der «Entfesselung» der Österreichischen Bundesforste von 1997 und der «Beschreitung neuer Wege» von 2003/ 2004 ist das Unternehmen gut aufgestellt und
bereit, sich permanent weiterzuentwickeln. Diese Bereitschaft und diese Fähigkeit zur ununterbrochenen Weiterentwicklung sind der Schlüssel für das weitere Gedeihen und Wachsen der Österreichischen Bundesforste. Bernhard Schragl, Pressesprecher Österreichische Bundesforste AG Pummergasse 10–12, A -3002 Purkersdorf bernhard.schragl@bundesforste.at
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Lenna renda – erfolgreich abgeschlossen Die Surselva gilt als eine der waldreichsten Regionen unseres Landes. Die Wald- und Holzwirtschaft war seit jeher ein wesentlicher Bestandteil der regionalen Wirtschaft und der Einnahmen der öffentlichen Hand. Trotz der in den letzten Jahrzehnten erfolgten, starken Abnahme der Holzerlöse, muss das Gemeinwesen nach wie vor die wichtige Funktion der Schutzwälder durch aufwendige Pflegemassnahmen sicherstellen. Je länger, desto weniger vermögen die Erträge aus der Verwertung der Holznutzungen die finanziellen Aufwendungen der Schutzwaldpflege zu decken. Vor diesem Hintergrund wurde im Sommer 2005 das Projekt «Lenna renda» (auf romanisch «Holz rentiert») gestartet, um Konzepte zu erarbeiten und Massnahmen aufzuzeigen, wie die Wald- und Holzwirtschaft mit ihrem bedeutenden regionalen Potenzial einer grösseren Wertschöpfung zugeführt werden kann. Ausgangspunkt waren Vorarbeiten, welche in der Surselva im Anschluss an die Studie «Effektivität und Effizienz der Bewirtschaftung von Schutzwäldern» der Universität St. Gallen geleistet worden waren. Vorbildliche Zusammenarbeit aller wichtigen Akteure Da es sich um ein bedeutendes Projekt für die Bündner Wald- und Holzwirtschaft handelte, rief der Regierungsrat und Chef des Bau-, Verkehrs- und Forstdepartementes Stefan Engler im März 2005 alle wichtigen Akteure zusammen, um «Lenna renda» gemeinsam in Angriff zu nehmen. Die Regiun Surselva erklärte sich bereit, die Trägerschaft zu übernehmen. Der Bündner Waldwirtschaftsverband SELVA, der Bündner Forstunternehmerverband, Graubünden HOLZ, Graubünden Wald und der Kanton Graubünden (Amt für Wald) si-
Lenna renda Im Sommer 2005 wurde in der Surselva das Projekt «Lenna renda» gestartet. Das Projekt hatte Verbesserungen zum Ziel, welche die erforderliche Pflege der ausgedehnten Schutzwälder sicherstellen und die Wald- und Holzwirtschaft als wichtigen Wirtschaftsfaktor in der Surselva erhalten sollten. Inzwischen wurden die Projektarbeiten abgeschlossen und die Resultate präsentiert. Die messbaren Projektziele konnten mehrheitlich erreicht werden. «Lenna renda» darf als Erfolgsprojekt bezeichnet werden.
cherten ihre Mitwirkung als Projektpartner zu. Für die Überwachung der Umsetzung der Arbeiten wurde unter der Leitung vom Departementschef Engler eine Steuerungsgruppe aus Vertretern der Projektträgerin und der Projektpartner eingesetzt. Mit der Umsetzung selber wurde ein Projektteam beauftragt, welches vom Präsidenten der Regiun Surselva, Nationalrat Sep Cathomas geleitet wurde und sich aus Vertretern von vier Arbeitsgruppen zusammensetzte, welche bereits bei den Vorarbeiten aktiv gewesen waren. In diesen Arbeitsgruppen waren Revierförster, Gemeindevertreter und Forstunternehmer vertreten (Abb. 1: Organigramm von «Lenna renda»). Nur schon die Tatsache, dass ein solches Partnerprojekt unter Mitwirkung aller wichtigen Akteure der regionalen Wald- und Holzwirtschaft vorher wohl noch nie dagewesen war, darf als Erfolg von «Lenna renda» bezeichnet werden. Vier thematische Schwerpunkte Das Ziel von «Lenna renda» war es, die Waldbewirtschaftung in der Surselva im Sinn von Idealvorstellungen neu zu organisieren. Bündner Wald 5/2009 59
Abbildung 1: Organigramm von «Lenna renda» PROJEKTTRÄGER: Regiun Surselva
PROJEKTPARTNER: – SELVA – Graubünden Holz (GR Holz) – Graubünden Wald (GR Wald) – Bündner Forstunternehmerverband (BFUV) – Amt für Wald GR (AfW)
STEUERUNGSGRUPPE: RR St. Engler, BVFD (Leitung) S. Cathomas, Regiun Surselva E. Sax, SELVA J. Cristallo, GR Holz (ab Herbst 08 M. Gabathuler) D. Bürgi, GR Wald A. Hitz, BFUV B. Philipp, AfW
PROJEKTTEAM: S. Cathomas, Regiun Surselva (Leitung) P. Barandun, SELVA, Leiter AG 1 C. Rüsch, Revierförster, Leiter AG 2 (ab 01.01.08 A. Weber) S. Andreoli, Revierförster, Leiter AG 3 B. Riedi, AfW, Leiter AG 4 (ab 01.01.07 R. Lutz) M. Bundi, Gemeindevertreter Sekretariat – fachlich: B. Philipp, AfW (stellvertr. Leitung) – administrativ: Regiun Surselva
AG 1: «Zentrale Holzlogistik und Vermarktung» P. Barandun, SELVA E. Deflorin, SELVA B. Riedi, AfW G. Solèr, Unternehmer D. Buchli, Förster W. Deplazes, Sumvitg M. Candinas, Unternehmer W. Hürlimann, Förster B. Brunner, Unternehmer H. Huonder, Disentis F. Maissen, Trun
AG 2: «Betriebsübergreifende Zusammenarbeit /ZA mit Unternehmern» C. Rüsch, Förster (bis 31.12.07) A. Weber, Förster A. Deragisch, Förster M. Cadruvi, Förster F. Cathomas M. Cavigelli, Förster M. Deflorin, Unternehmer J. Dietrich, Förster W. Hürlimann, Förster M. Frei, AfW
AG 3: «Umfassende Verrechnung betrieblicher Leistungen»
S. Andreoli, Förster R. Stüssi, Förster (bis 31.12.07) B. Philipp, AfW P. Barandun, SELVA H.P. Conrad, Spezialist BAR
AG 4: «Auswertung konkreter Beispiele» B. Riedi, AfW (bis 31.12.06.) R. Lutz, AfW J. Dietrich, Förster G.G. Spescha, Rueun
Tabelle 1: Wirkungsziele von «Lena renda»
Wirkungsziele 1. Priorität: Steigerung des mittleren Netto-Holzerlös um 5 %* Reduktion der Holzerntekosten um 20 % Reduktion des Aufwandes für Verwaltung und «Übriges» im HPB (inkl. Holzvermarktung) um 30 % 2. Priorität: Reduktion der Kosten für Pflegearbeiten um 10 % Steigerung der Maschinenauslastung dank der guten Zusammenarbeit um 30 % Arbeitsplätze in der Wald- und Holzwirtschaft sollen mindestens gehalten werden 3. Priorität: Ausgeglichene Rechnungen der Gemeindeforstbetriebe Steigerung der Verarbeitung von einheimischem Holz in der Surselva um 20 % * Vergleichs-Basis : Durchschnitt der BAR-Kennziffern 2002/2003 ** Vergleichs-Basis: Erhebung Graubünden Holz 60
Auf der Basis einer entsprechenden Vision und ausgehend von den Betriebsergebnissen der Jahre 2002 und 2003 wurden Wirkungsziele definiert (Tab. 1 «Wirkungsziele von ‹Lenna renda›») und entsprechende Massnahmen zu folgenden Themenschwerpunkten geplant: – «Zentrale Holzlogistik und Vermarktung» – «Betriebsübergreifende Zusammenarbeit/ Zusammenarbeit mit Unternehmern» – «Umfassende Verrechnung betrieblicher Leistungen» – «Auswertung konkreter Beispiele» Die Einleitung beziehungsweise Umsetzung der Massnahmen wurde den entsprechenden Arbeitsgruppen übertragen.
Teilprojekt «Zentrale Holzlogistik und Vermarktung» von der Realität überholt Eine Umfrage zeigte im Sommer 2006, dass in den Gemeinden der Surselva grundsätzlich ein grosses Interesse an einer gemeinsamen Rundholzvermarktung bestand. Leider konnte dann die geplante Rundholzbündelung in der Surselva nicht gestartet werden, weil die damaligen Betreiber des Grosssägewerkes in Domat/Ems die Zusammenarbeit nach weit gediehenen Vorarbeiten verweigerten. Insgesamt wurde die eigentliche Zielsetzung der Arbeitsgruppe 1 rasch von der Realität überholt. Die Bestrebungen, die Organisation der Holzlogistik und -vermarktung in der Surselva zu unterstützen, mussten in Anbetracht von überge-
Ein bedeutendes Projekt für die Bündner Wald- und Holzwirtschaft. Regierungsrat Stefan Engeler (links) rief alle wichtigen Akteure zusammen, um «Lenna renda» gemeinsam in Angriff zu nehmen. Nationalrat Sep Cathomas leitete das Projektteam. (Bild: Jano Felice Pajarola)
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ordneten Projekten infolge der Ansiedlung des Grosssägewerkes zurückgestellt werden. Als konkretes Resultat legte die Arbeitsgruppe 1 schliesslich die «Entscheidungshilfe für Rundholzvermarktung»1 vor. Dieses Papier gibt eine Übersicht über die Vermarktungsmöglichkeiten, welche sich den Waldeigentümern aktuell anbieten. Als Erkenntnis wurde festgehalten, dass es nicht eine Variante gibt, welche allgemein als die beste Lösung bezeichnet werden kann. Den Waldeigentümern wird grundsätzlich empfohlen, sich einer Holzvermarktungsorganisation anzuschliessen, um je nach Variante von deren Spezialkonditionen (z.B. Bündelungsbonus), der Spezialisierung und eventuell möglichen Mehrwertsteuervorteilen zu profitieren.
Umsetzung der betriebsübergreifenden Zusammenarbeit mit Hindernissen Die Aktivitäten der Arbeitsgruppe 2 zur Verbesserung der betriebsübergreifenden Zusammenarbeit beinhalteten die grössten Herausforderungen. Das Vorhaben der Gemeinden Sumvitg, Trun, Schlans und Brigels, gemeinsam einen Einheitsforstbetrieb Sutsassiala zu gründen, entpuppte sich als zu ehrgeizig. Trotz den intensiven Vorarbeiten der Revierförster und des Einsatzes eines Ingenieurbüros für die mehrfache Aufarbeitung und Anpassung der Entscheidungsgrundlagen konnte innerhalb der Projektdauer keine realisierbare und für alle Seiten akzeptable Lösung gefunden werden. Auch dem Vorhaben, einen Einheitsforstbetrieb Ausserlugnez (Vella, Morissen, Cumbel,
Ein Erfolg von «Lenna renda »: Die Mitarbeiter des Forstbetriebes Ruinaulta freuen sich über die neuen Maschinen der Forstmaschinengemeinschaft Foppa. (Bild: Andy Weber)
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Duvin) zu gründen, war kein direkter Erfolg beschieden. Entsprechende Arbeiten wurden eingeleitet, mussten aber schon bald wieder sistiert werden, weil inzwischen auf Anregung des Amtes für Gemeinden im ganzen Lugnez die Möglichkeit einer Talfusion diskutiert wurde. Diese Entwicklung war wohl ein «Rückschlag» für «Lenna renda», aber im Sinne der übergeordneten Strukturverbesserungen sehr zu begrüssen. Erfolgreiche Gründung der Forstmaschinengemeinschaft Foppa Als echter Erfolg und effektiver Meilenstein bei der Verbesserung der betriebsübergreifenden Zusammenarbeit kann die Umsetzung der Idee einer Forstmaschinengemeinschaft ( FMG ) Foppa in der unteren Surselva bezeichnet werden. Dieses von den Betriebsleitern der Forstbetriebe Obersaxen, Ruinaulta, Rueun, Riein und Sagogn-Laax lancierte Vorhaben fiel rasch auf fruchtbaren Boden. Einzelne Gemeinden stellten zinslose Darlehen als Startkapital in Aussicht und das Amt für Wald (AfW) sicherte die Unterstützung mit forstlichen Investitionskrediten zu. Als zweckmässigste Rechtsform erwies sich die «öffentlich-rechtliche Anstalt». Bei der Umsetzung im Verlaufe des Jahres 2008 mussten unter anderem Bedenken besorgter Forstunternehmer ausgeräumt werden. Gleichzeitig regte sich in der Gemeinde Rueun Widerstand, welcher schliesslich dazu führte, dass sich der initiative Forstbetrieb Rueun nicht an der Gemeinschaft beteiligen konnte. Die FMG Foppa konnte trotzdem im Spätherbst 2008 gegründet werden und im Frühling 2009 ihre operative Tätigkeit aufnehmen. Sie hat sich bei der Aufrüstung der Schneedruckschäden bereits bestens bewährt. Als allgemein nutzbares Resultat wurden von der Arbeitsgruppe die
«Statuten der Forstmaschinengemeinschaft ( FMG ) Foppa»1 vorgelegt und als Muster für ähnliche Vorhaben empfohlen. Grundlagen für die Zusammenarbeit zwischen Forstbetrieben und Forstunternehmern Ein wichtiges Anliegen von «Lenna renda» war auch die Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Forstbetrieben und privaten Forstunternehmern. In diesem Sinn wurde mit Vertretern der Forstunternehmer ein Papier bereinigt, welches im Rahmen von Workshops zum Thema «Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Forstbetrieben und Forstunternehmern bei der mechanisierten Holzernte» vom 9. Mai und vom 18. Oktober 2006 in Flims entstanden war. Der so entstandene Entwurf «Flimser Thesen für die Zusammenarbeit zwischen Forstunternehmern und öffentlichen Forstbetrieben im Kanton Graubünden»1 stellt 10 Thesen für die Verbesserung der Zusammenarbeit zur Diskussion. Es wäre nun die Meinung, dass die zuständigen Verbände SELVA und BFUV diese Thesen miteinander diskutieren und eine gemeinsame Version als offiziellen Verhaltenskodex für ihre Mitglieder verabschieden werden. Ebenfalls als Beitrag zur Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Forstbetrieben und Forstunternehmern entstand die «Mustervereinbarung für die langfristige Zusammenarbeit von Gemeinden mit Forstunternehmern»1. Die Idee war, dass die regelmässige Zusammenarbeit zwischen Gemeindeforstbetrieben und privaten Forstunternehmern in gewissen Fällen eine wirksame Möglichkeit zur Optimierung der Waldbewirtschaftung sein kann. Die vorliegende Mustervereinbarung zeigt, dass auch unter Berücksichtigung der Submissionsgesetzgebung und des kantonalen Bündner Wald 5/2009 63
Finanzhaushaltgesetzes Zusammenarbeitsvereinbarungen möglich sind, welche für beide Seiten interessant sein können. Als weiteres konkretes Hilfsmittel zur Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Forstbetrieben und Forstunternehmern wurde ein «interaktives» Holzschlagdossier 1 ausgearbeitet. Es handelt sich dabei um eine Excel-basierte Formularsammlung, mit welcher alle wichtigen Daten und Prozesse, welche in einem Holzschlag anfallen, erfasst und organisiert werden können. Die Anwendung dieses Instrumentes erleichtert nicht nur den Datenaustausch und die Organisation, sondern trägt auch dazu bei, dass Qualitätsstandards gemeinsam vereinbart und nach der Ausführung effektiv überprüft werden. Das Dossier steht allen Interessierten im Internet als einfache und offene Excel-Lösung zur Verfügung und soll laufend gemäss Rückmeldungen der Anwender verbessert werden. Neuer Kontoplan für den Forstbereich von schweizweitem Interesse Die Arbeitsgruppe 3 konzentrierte sich vor allem auf die Frage, wie die öffentlichen, zum Teil auch nicht forstlichen Leistungen der Forstbetriebe konsequent den jeweiligen (oft gemeindeinternen) Leistungsempfängern bzw. Auftraggebern verrechnet werden können. Dies unter der Annahme, dass eine differenziertere Buchung und Verrechnung nach Waldfunktionen und effektiven Nutzniessern nicht nur die Forstrechnung entlasten, sondern den Waldeigentümern zudem eine Budgetierung nach Waldfunktionen und die Erteilung klarer Leistungsaufträge für die Waldbewirtschaftung und Waldpflege erlauben würde. In Zusammenarbeit mit dem AfW und dem Amt für Gemeinden (AfG) wurde das aktuelle, harmonisierte Rechnungsmodell der 64
Gemeinden ( HRM ) mit den entsprechenden Möglichkeiten ergänzt und der Kontoplan für die «Umfassende Verrechnung forstbetrieblicher Leistungen» 1 offiziell lanciert. Der neue Kontoplan für den Forstbereich wurde inzwischen sogar von einer schweizerischen Arbeitsgruppe im Rahmen des Projektes «Reform Rechnungslegung der Kantone und Gemeinden ( HRM2 )» aufgenommen und soll eventuell als gesamtschweizerischer Standard empfohlen werden. Kantonal abgestimmte Wegleitung für die Bildung von Einheitsforstbetrieben Als weiteres Ergebnis konnte die Arbeitsgruppe 3 die «Wegleitung für die Bildung von Einheitsforstbetrieben»1 präsentieren. Diese Wegleitung enthält eine schematische Anleitung zur Bildung eines Einheitsforstbetriebes und Muster-Statuten, welche auf bewährten Beispielen beruhen. Die Wegleitung wurde parallel zur konkreten Bildung des Einheitsforstbetriebes Ladir entwickelt und gleichzeitig mit dem Rechtsdienst des Departementes für Finanzen und Gemeinden sowie dem AfG bereinigt. Die Musterstatuten enthalten für einzelne Bestimmungen Varianten, damit sie den konkreten Bedürfnissen der jeweiligen Trägerschaften angepasst werden können. Die Bildung von Einheitsforstbetrieben wird dann empfohlen, wenn sich in den betreffenden Gemeinden nicht weitergehende Strukturveränderungen abzeichnen bzw. aufdrängen. Die Reorganisation der Waldbewirtschaftung soll keinesfalls der übergeordneten Stossrichtung der Regionalentwicklung zuwiderlaufen. Gute Erfahrungen mit gemeindeübergreifender Zusammenarbeit aufgezeigt Die Arbeitsgruppe «Auswertung konkreter Beispiele» hatte den Auftrag, die konkreten
Erfahrungen und Wirkungen aus der Bildung des Einheitsforstbetriebes Rueun sowie aus dem Zusammenschluss der Forstreviere Valendas und Versam zum Forstrevier
Rueun und Ruinaulta»1 zeigt, dass dort, wo die «Chemie» stimmt und die Zusammenarbeit funktioniert, der Erfolg praktisch garantiert werden kann. Die Analyse
Tabelle 2: Erreichung der Wirkungsziele von «Lenna renda»
Ruinaulta aufzuzeigen. Die «Auswertung AusgangsWirkungsziel derWirkungsziele Betriebskennzahlen der Forstbetriebe wert
Wirkung
Beurteilung
%
Wert 2008
Wert 2008
%
Einheit
1. Priorität: Steigerung des mittleren Netto-Holzerlöses (Fr./m3 ) um 5 %
77.08*
+5 %
80,93
80,45
+4,4 %
fast erreicht
Reduktion der Holzerntekosten um 20 % (Fr./m3 )
123,25*
– 20 %
98,60
96,00
+22,1 %
erreicht
Reduktion des Aufwandes für Verwaltung und «Übriges» im HPB (inkl. Holzvermarktung) um 30 % (Fr./m3 )
22,99*
– 30 %
16,09
13,40
+41,7 %
übertroffen
Reduktion der Kosten für Pflegearbeiten um 10 %
66.05*
– 10 %
59,44
20,45
+69,0 %
übertroffen
Steigerung der Maschinenauslastung dank der guten Zusammenarbeit um 30 %
424*
+ 30 %
551
524
+23,6 %
nicht erreicht
Arbeitsplätze in der Wald- und Holzwirtschaft sollen mindestens gehalten werden
92**
+/– 0 %
92
90,5
+1,6 %
fast erreicht
Ausgeglichene Rechnungen der Gemeindeforstbetriebe (Kontoplan liegt vor)
0
+ 100 %
1
1
+100 %
erreicht
Steigerung der Verarbeitung von einheimischem Holz in der Surselva um 20 %
4830**
+ 20 %
5800
7910
+63,8 %
übertroffen
2. Priorität:
3. Priorität:
* BAR-Kennziffern, Durchschnitt 2002/2003 ** Erhebung Graubünden Holz Bündner Wald 5/2009 65
Eine der waldreichsten Regionen der Schweiz. Blick durch die Surselva von Tujetsch Richtung Ilanz. (Bild: Regiun Surselva zVg)
der BAR-Kennziffern ergab, dass durch den Zusammenschluss in beiden Fällen eine Verbesserung eingetreten ist und die neuen Betriebe zumeist bessere Werte als der regionale oder teilweise auch als der kantonale Durchschnitt aufweisen. Die Resultate dürfen aber nicht unbesehen verallgemeinert werden. Gemäss der Befragung sowohl der Betriebsleiter als auch der Präsidenten stellen Betriebsvergrösserungen an die Betriebsleiter, die Vorarbeiter und die politischen Führungsgremien sehr hohe Anforderungen. Ebenso dürfte die Überlegung «grösser ist besser, noch grösser ist noch besser» nicht unbeschränkt gültig sein. Eine wichtige Erkenntnis ist aber auch, dass zweckmässige Restrukturierungen entgegen den verbreiteten Befürchtungen nicht zwingend einen Stellenabbau nach sich ziehen müssen, sondern zur Erhaltung bestehender oder teilweise sogar zur Schaffung neuer interessanter Arbeitsplätze beitragen können. Die messbaren Ziele von «Lenna renda» wurden mehrheitlich erreicht Als Indikatoren für die Messung der Erreichung der Wirkungsziele von «Lenna renda» wurden vor allem Kennziffern aus 66
der regionalen Verdichtung der forstlichen Betriebsabrechnungen ( BAR ) der Surselva beigezogen. Als Ausgangswert dienten die Mittelwerte der Jahre 2002 und 2003. Anhand der definierten Zielwerte konnte beurteilt werden, ob sich die gewünschten Veränderungen innerhalb der Projektdauer einstellten. Die Zusammenstellung «Tab. 2 : Erreichung der Wirkungsziele von ‹Lenna renda›» zeigt, dass die angestrebten Werte mehrheitlich erreicht oder fast erreicht wurden. Bei der Beurteilung wurde berücksichtigt, dass die gewählten Indikatoren jährlichen Schwankungen unterworfen sind und auch die sich abzeichnenden Trends beachtet werden müssen, um abzuschätzen, ob die angestrebten Wirkungen nach dem Projektabschluss anhalten würden. Natürlich darf für die Bewertung nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Zielwerte nicht nur von «Lenna renda» beeinflusst wurden und deshalb nicht uneingeschränkt auf das Projekt zurückgeführt werden können. Besonders deutlich wird das beim Holzerlös, welcher sich während der Projektdauer unter dem Einfluss des neuen Grossägewerkes deutlich verbesserte, obwohl die Massnahmen zur gemeinsamen Rundholzvermarktung nicht realisiert werden konnten. Trotzdem kann «Lenna renda» gemessen an den Wirkungszielen – auch nach differenzierter Betrachtung – als erfolgreich gewertet werden. Erwartungen an das Projekt teilweise zu hoch gesteckt Die Bereitschaft von 36 Gemeinden respektive 85 % der Waldbesitzer in der Surselva, sich mit Fr. 3.– pro Tfm des Hiebsatzes ihrer Gemeindewaldungen an «Lenna renda» zu beteiligen, zeigte beim Projektstart klar, dass die Situation der Waldbewirtschaftung unbefriedigend war und der Handlungsbe-
darf nicht in Frage gestellt wurde. An dieses Problembewusstsein waren aber auch sehr hohe Erwartungen geknüpft, welche nur beschränkt erfüllt werden konnten. Jene, die gehofft hatten, dass im Rahmen von «Lenna renda» pfannenfertige Lösungen und Patentrezepte aus dem Hut gezaubert und dann auch noch durchgesetzt werden könnten, mussten enttäuscht werden. Einmal mehr zeigte sich, dass noch so plausible Verbesserungsvorschläge nur umsetzbar sind, wenn sich die betreffenden Entscheidungsträger davon überzeugen lassen und dann auch den Mut aufbringen, wirksame Schritte für entsprechende Veränderungen in Angriff zu nehmen. Wie oben beschrieben, war das nicht überall der Fall.
Immerhin blieben die effektiven Kosten für die beteiligten Gemeinden weit unter dem Voranschlag. Dank der überraschend grossen Beteiligung mussten anstelle des ursprünglich kalkulierten Wertes von Fr. 3.– pro Tfm Hiebsatz nur Fr. –.80 eingezogen werden. Ein erfreulicher Kulturwandel hat eingesetzt Auch wenn «Lenna renda» Ende 2008 abgeschlossen wurde und einige Erfolge ausweisen kann, muss an der Zielsetzung, die Wald- und Holzwirtschaft als wichtigen regionalen Wirtschaftsfaktor zu etablieren, weitergearbeitet werden. Vor allem die verantwortlichen Vertreter der Waldei-
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Bündner Wald 5/2009 67
Ein echter Oberländer (Highlander) am Werk. Dank der gut geregelten Zusammenarbeit mit einem Forstunternehmer sind im Forstbetrieb Sumvitg regelmässig modernste Maschinen
tenziale zur Verbesserung der regionalen Wertschöpfung die Weichen gestellt, um die notwendigen Massnahmen auch in der Bewirtschaftung unserer Wälder zu treffen und umzusetzen. «Lenna renda» hat einiges in Bewegung gesetzt und mitgeholfen, einen erfreulicher Kulturwandel auszulösen. An die Stelle vom verbreiteten Einzelkämpfertum ist eine gemeinsame Aufbruchstimmung getreten. Verschiedene Gemeinden und Forstbetriebe sind daran, ihre bereits bestehende Zusammenarbeit zu vertiefen und weiter auszubauen. Andere Gemeinden suchen Zusammenarbeitsmöglichkeiten mit benachbarten Forstbetrieben. Auch weitergehende Schritte wie Gemeindefusionen haben ihren Schrecken verloren und werden als echte Optionen gehandelt. Der Mut und der Wille, welche für Strukturbereinigungen sowohl auf der politischen wie auch auf der betrieblichen Ebene erforderlich sind, haben zugenommen. Es ist zu hoffen, dass sich die ermutigenden Beispiele rasch vermehren und Schule machen. Die ersten Schritte sind getan.
im Einsatz (Bild: Flurin Cathomas) 1 Alle im Bericht erwähnten Dokumente können unter
gentümer sind nun aufgefordert, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen und Lösungen für ihre spezifischen Probleme zu suchen. Wege dazu sind nicht nur mit «Lenna renda» aufgezeigt worden. Auch der Bund hat mit der klaren Forderung der Neuen Regionalpolitik des Bundes nach einer stärkeren Nutzung der eigenen Po-
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www.regiun-surselva.ch heruntergeladen werden.
Beat Philipp Amt für Wald Loëstrasse 14, CH-7000 Chur beat.philipp@afw.gr.ch
Verleihung des Binding Waldpreises 2009 Anlässlich der Preisverleihung vom 28. Mai 2009 wurde der Forstbetrieb Poschiavo den zahlreichen Gästen und Medienvertretern durch Herrn Prof. P.Bachmann näher vor gestellt. Herr Prof. Bachmann informierte die Anwesenden auch, weshalb der Forst betrieb Poschiavo den Binding Waldpreis erhält. Mit dem Schwerpunktthema «Diversifi zierte Forstbetriebe als Zukunftsmodell» haben wir für den Binding Waldpreis 2009 Waldeigentümer gesucht, die ihren Wald vorbildlich pflegen und zusätzlich wichtige Dienstleistungen ausserhalb ihres Waldes erbringen, die damit Beiträge zur regio nalen Entwicklung und zum nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen leis ten und langfristig die Arbeitsplätze des Forstbetriebes sichern. In Poschiavo wurde eine Lösung realisiert und in der Gemein deordnung rechtlich verankert, die auch für andere Berggemeinden beispielhaft sein dürfte. Der Forstbetrieb führt nicht nur von Fall zu Fall Arbeiten für die Gemeinde aus, sondern ist integraler Teil der Sektion Tech nik der Gemeindebetriebe. Er ist zuständig für den ganzen territorialen Bereich Mon tagna, wo er seine technischen und forstli chen Kompetenzen im Bauwesen und in der Landschaftspflege zugunsten der Gemein de einsetzt. Damit können in dieser Rand region wichtige Arbeitsplätze und Lehrstel len erhalten und die anfallenden Arbeiten besser auf die saisonalen Bedürfnisse abge stimmt werden. Poschiavo ist mit 191 km2 die sechstgrösste Gemeinde des Kantons Graubünden und eine der waldreichsten Gemeinden der Schweiz. Die Gemeinde umfasst den oberen Teil des Puschlavs mit seinen Seitentälern. Der höchste Punkt ist der Piz Palü ( 3901 m ü. M.) und der tiefste Punkt liegt am Südrand des Puschlaversees
( 962 m ü. M.), an der Grenze zur Gemein de Brusio. Die Gemeinde zählte Ende 2008 3387 Einwohner, die zu 90 % Italienisch als Muttersprache angeben. Flächenmässig entfallen 20 % auf Landwirtschaft, 32 % auf Wald, 2 % auf Siedlungen und 46 % gelten als unproduktiv. Im primären Sektor sind noch 15 % der Beschäftigten tätig, 26 % ar beiten in Industrie und Gewerbe und 59 % im Dienstleistungssektor. Die Fläche des Gemeindewaldes beträgt 5810 ha, wovon 89 % Schutzwald und nur 4 % eigentlicher Holzproduktionswald sind. Dazu kommen etwa 330 ha Privatwald. Die Wälder sind dank der Verbindung der Waldstrassen mit den zahlreichen Zufahrten zu Alpen und Maiensässen recht gut erschlossen. Pflege und Nutzung erfolgen überwiegend mit hilfe des Seilkrans. Regionalforstingenieur Gilbert Berchier übernimmt die Betriebs leitung, und zwar über einen Leistungsver trag zwischen Kanton und Gemeinde für ein 25 %Pensum zugunsten der Gemeinde. Gemäss Organigramm ist Forstingenieur Berchier Chef für den Bereich Montagna in der Sektion Technik der Gemeindeverwal tung. Ihm sind drei Revierförster unterstellt, von denen jeder für ein Revier verantwort lich ist und darin auch den Privatwald be treut. Zusätzlich übernimmt jeder Revier förster Aufgaben für den Gesamtbetrieb. Die Forstgruppe besteht aus fünf bis sechs gut ausgebildeten Forstwarten und Wald arbeitern und ein bis zwei Forstwartlehrlin gen, die zusammen mit den Revierförstern die anfallenden Arbeiten im Umfang von 16 000 bis 20 000 Stunden im Jahr erledi gen. Bei Bedarf arbeitet die Forstgruppe mit dem Team des technischen Bereichs Fondovalle der Gemeinde zusammen, in dem Personal und Maschinen ausgetauscht werden. Der gut geführte Forstbetrieb wurde 2004 mit dem SUVAHauptpreis als Bündner Wald 5/2009 69
vorbildlicher Forstbetrieb ausgezeichnet. Die Waldpflege und die Holznutzung beansprucht heute nur noch knapp die Hälfte der Arbeitszeit. Darin enthalten ist die Ernte von etwa 4000 m3 Holz, was etwa einem Drittel der jährlichen Nutzungsmenge entspricht. Die restlichen Holzschläge werden von spezialisierten privaten Forstunternehmern ausgeführt, die in der Regel das Holz ab Stock kaufen und mit Langstreckenseilkränen abtransportieren. Es fällt praktisch nur Nadelholz an, das zum überwiegenden Teil nach Italien verkauft wird. Etwas weniger als ein Drittel der Arbeitszeit entfällt auf den Unterhalt von rund 150 Kilometern Wald- und Güterstrassen, meist Naturstrassen. Den laufenden Unterhalt mit überwiegend Handarbeit besorgt die Forstgruppe selber. Für den periodischen Unterhalt wird mit maschinell entsprechend ausgerüsteten örtlichen Baufirmen zusammengearbeitet. Im Winter wird auf diesen Strassen die für die Holzschläge in den tieferen Lagen notwendige Schneeräumung durchgeführt. Beim Unterhalt der etwa 270 Kilometer Wanderwege wird Gras gemäht, werden Schäden behoben, kleine Holzbrücken ersetzt und die Signalisation erneuert. Dafür wendet die Forstgruppe etwa einen Sechstel der Arbeitszeit auf. Zusätzlich werden im Sommer für diese Arbeiten einheimische Studenten eingesetzt. Eine wichtige Aufgabe im Bereich Naturgefahren ist das Beobachten und Überwachen der Gewässer während und nach starken Niederschlägen, sind doch auch nach den katastrophalen Unwetterschäden von 1987 immer wieder kritische Situationen entstanden, bei denen es wichtig war, einheimische Fachpersonen zu haben, die das Gebiet gut kennen. Die Förster haben die Aufsicht über die drei gemeindeeigenen Steinbrüche, die an private Unternehmen verpachtet sind. Arbeiten für 70
Private macht die Forstgruppe nur relativ selten. Am Osthang oberhalb des Puschlaversees ist ein Naturwaldreservat von 240 Hektar Grösse am Entstehen. Davon liegen 30 Hektar in der Gemeinde Brusio. Die Gemeinde Poschiavo ist mit 170 Hektar beteiligt und hat entschieden, die 40 Hektar Privatwald im Gebiet zu erwerben, um das Projekt voranzubringen. Der Forstbetrieb Poschiavo ist sehr aktiv in der Umweltbildung. Schon im Forstreglement von 1936 ist festgehalten, dass er dafür Zeit investieren soll. Seit 1994 werden jährlich zwei Waldtage für die Schüler organisiert. Jeder Schüler ist während der Schulzeit mindestens einen Tag lang im Wald. Aus der Beschäftigung mit dem Wald haben die Schüler vor einigen Jahren einen Videofilm und ein Buch über frühere Waldarbeit erarbeitet. Seit 2002 existiert auch ein Lernpfad schutz – wald–mensch, der von der Alp Grüm nach Poschiavo führt. Schliesslich werden Private, die im Wald Brennholz aufrüsten wollen, vorab in einem einwöchigen Kurs für die Arbeit mit der Motorsäge ausgebildet. Dabei entstehen enge Kontakte zu den Forstleuten und werden erste Kenntnisse über die Waldpflege vermittelt. Diese Kurzschulung dürfte einzigartig sein und stösst auf grosse Anerkennung. Die Argumente für die Auszeichnung der Gemeinde Poschiavo mit dem Binding Waldpreis 2009 lassen sich wie folgt zusammenfassen: – Durch die Verankerung der erweiterten Aktivitäten des Forstbetriebes in der Gemeindeordnung ist eine dauerhafte, zukunftstaugliche und allgemein anerkannte Lösung geschaffen worden, die Vorbildcharakter hat; – der Forstbetrieb pflegt und nutzt den Gemeindewald sorgfältig und nach den anerkannten Regeln einer naturnahen Waldbewirtschaftung;
– die finanziellen Ergebnisse des gesamten Forstbetriebs waren in den letzten Jahren positiv (gemäss der Betriebsabrechnung nach den Regeln von Waldwirtschaft Schweiz, WVS ); – die Forstgruppe trägt im Rahmen des ihr übertragenen Strassenunterhalts im Bereich Montagna dazu bei, dass das knappe Kulturland zugänglich bleibt und bewirtschaftet werden kann, und sie erschliesst durch den Unterhalt der Wanderwege die schöne Landschaft für einen sanften Tourismus; – mit den Aktivitäten in der Umweltbildung schafft sie das erforderliche Verständnis für Wald und Natur, vor allem bei den Jugendlichen, den zukünftigen Entscheidungsträgern; – in der Forstgruppe bestehen wichtige Arbeitsstellen, die durch Fachleute besetzt sind, die in der Gemeinde wohnen und Steuern bezahlen; – die Erhaltung von Lehrstellen, in einer Randregion von ausserordentlich grosser Bedeutung, ermöglichte seit 1994 die Ausbildung von zehn Forstwarten. Für das bisher Erreichte sind speziell einzelne Personen verantwortlich, die heutigen Aktiven und ihre Vorgänger. Wir denken dabei vor allem an die zuständigen Gemeindebehörden und an das gesamte Forstpersonal. Ihnen gratulieren wir ganz besonders! Für die Zukunft wünschen wir ihnen weiterhin viel Erfolg und volle Befriedigung beim Einsatz für die Gemeinde und den Forstbetrieb Poschiavo. Die Gemeinde Poschiavo erhält den Binding Waldpreis 2009 in Anerkennung der breiten Diversifizierung der Aktivitäten ihres Forstbetriebes zur Erfüllung der Aufgaben einer Berggemeinde.
Gilbert Berchier informiert die Festbesucher am 3. Oktober 2009 über den Wald von Poschiavo. (Bild: Gian Cla Feuerstein)
Neben der Schutzwaldpflege und der Holznutzung gehört dazu der Unterhalt der Bergstrassen und Wanderwege, aber auch das Engagement in der Umweltbildung. Damit können in einer Randregion wichtige Arbeitsplätze und Lehrstellen gesichert werden.
Medienmitteilung Sophie und Karl Binding Stiftung Rennweg 50 CH-4020 Basel
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Reziaholz – Gemeinsames (Teil-) Waldmanagement Die Forstwirtschaft und vor allem die daran angehängte Holzkette mit den Verbrauchermärkten hat sich im Zuge der Moderne stark gewandelt. Die moderne Technologie eröffnet Produzenten – unabhängig ob in der Industrie, im KMU-Bereich, im Dienstleistungssektor oder in der Urproduktion – neue Perspektiven, Arbeitsprozesse effizient und in guter Qualität abzuwickeln.
durch das eigene Management – ihren Einkauf optimieren müssen und diesen zu möglichst günstigen Konditionen zu gestalten bzw. zu managen haben. Ebenso wichtig ist deshalb auch ein starkes Auftreten der Holzproduzenten – namentlich von Reziaholz im Auftrag der Waldeigentümer –, um das Produkt optimal abzusetzen.
Die Anforderungen an Personal und vor allem an leitende Personen steigen, v. a. der immerwährende Zeitdruck bringt Arbeitskräfte oft an ihre Grenzen. Dass ein Alleskönner eine abwechslungsreiche und spannende Arbeit hat, ist wohl unbestritten. Mit der Bildung eines Arbeitsteams, einer Interessengemeinschaft oder einer Partnerschaft im betrieblichen Sinne, in der Aufgaben entsprechend den Fähigkeiten und Neigungen gezielt aufgeteilt werden können, gewinnt die Behandlung eines Sachgeschäfts an Tiefe und an Qualität.
Im Fall von Reziaholz tritt der Alleskönner, der Waldbewirtschafter in erster Linie, genau definierte Kompetenzen, insbesondere die Holzvermarktung, an den Spezialisten ab. Er weiss jedoch stets was läuft, da er den Vermarktungsprozess mitbestimmen und mitverfolgen kann und sowohl Abnehmer wie Preis kennt. Der Teil des gesamten Waldmanagements, den Reziaholz gewissermassen übernimmt, wird zudem durch die an der Gesellschaft beteiligten Waldeigentümer über die Gesellschafterversammlung in den Grundzügen und im Sinne eines umfassenden Waldmanagements mitgestaltet. Dies sichert die optimale Vertretung der eigenen Interessen.
Der Entscheid der Bündner Waldeigentümer, die Holzvermarktungsgesellschaft Reziaholz zu gründen, ist ein klares Bekenntnis zur Notwendigkeit, gemeinsam die Waldbewirtschaftung und die Vermarktung der Waldprodukte zu steuern, zu gestalten und zu entwickeln – sprich zu managen!
Für den Waldeigentümer ist wichtig, dass er dadurch einen Nutzen wahrnimmt, meist gleichbedeutend mit einem Mehrwert des hergestellten Produktes Rundholz. Demgegenüber steht der Kunde/Verarbeiter, dem Wald bei Fideris (Bild: Reziaholz)
Die Holzvermarktung ist ein wesentlicher Bestandteil des Waldmanagements. Nach jahrzehntelang dauernder Aufzucht und Pflege des Holzes, soll das Produkt wirtschaftlich, d.h. bestmöglich abgesetzt werden. Auf dem zunehmend globalisierten Holzmarkt treten auf der Abnehmerseite vermehrt Verkaufsprofis auf, welche – bedingt 72
meist vorschwebt, mehr Leistung für den gleichen Preis zu erhalten. Beide, Anbieter wie Abnehmer, zielen auf ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis, welches aber im konkreten Fall nicht identisch ist. Die Mittlerfunktion hierbei übernimmt nun die Holzvermarktungsorganisation durch die Bündelung des Produktes Rundholz an sich und die Bündelung der insbesondere für die Vermarktung nötigen Kompetenzen. Bündelung bedeutet letztlich, sich auf etwas zu konzentrieren, um dadurch einen entsprechenden Wertgewinn zu erreichen. Für den Abnehmer steht die Verfügbarkeit (u. a. Liefermenge- und -zeitpunkt) im Fokus, für den Anbieter der Absatz (u.a. Lieferungsund Zahlungsbedingungen), wofür letztlich
in beiden Fällen Menge und Qualität entscheidend sind. Die Reziaholz GmbH als Organisation bietet die Möglichkeit, u.a. das Produkt Rundholz nicht nur zu «verkaufen», sondern zu «vermarkten». Nicht nur durch die Bündelung des Produkts selber soll ein Mehrwert generiert werden, sondern auch durch die Konzentration auf die entsprechenden Kernaufgaben der einzelnen Partner, durch die Aneignung von Wissen und Kompetenzen, mit dem Ziel, ein kompaktes Vermarktungsmanagement für den Waldeigentümer anzubieten und gemeinsam ein Kundenbedürfnis durch eine gemeinsame Leistung zu befriedigen. Hat der Kunde die Wahl zwi-
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anerbietet sie sich als Anlaufstelle und Partner für ein kompaktes Vermarktungsmanagement als Teil eines umfassenden Waldmanagements. Schrittweise baut Reziaholz die Marktposition der sich beteiligenden Bündner Waldeigentümer auf und aus. Mit den zurzeit 25 beteiligten öffentlich-rechtlichen Waldeigentümern konnten im Startjahr 2008 von null auf 30 000 m3 Rundholz und rund 3000 m3 Energieholz vermarktet werden. Der Erfolg hat die Beteiligten bestärkt und ermutigt, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Für das laufende Jahr 2009 sind bereits über 30 000 m3 Rundholz abgesetzt und das Jahresziel von 50 000 m3 Rundholz ist aufgrund der gemeldeten Holzmengen nahe.
Holzrolle bei Chur (Bild: Reziaholz)
schen zwei Produkten, die sein Bedürfnis im Grundsatz gleich befriedigen (kein Unterschied in Gestalt, Eigenschaften) wird er sich zum Kauf desjenigen mit dem besten Neben- und Zusatznutzen entscheiden (z. B. ein Ansprechpartner für eine grosse Menge; Koordination von vielen kleinen Anbietern usw.). Und gerade weil sich das Produkt Stammholz von einem Betrieb zum andern praktisch nicht unterscheidet, macht ein Alleingang wenig Sinn. Indem sich Reziaholz auf ihre Kernaufgaben (Vermarktung, Kundenkontakte, Marktüberblick, Verhandlungsgeschick usw.) konzentriert, sowohl Wissen wie auch Information bündelt, und adäquate Hilfsmittel einsetzt,
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Die laufende zweite Kapitalerhöhung stärkt die junge, sich im Ausbau befindende Holzvermarktungsgesellschaft ebenfalls nachhaltig. Gemeinsames Waldmanagement bringt nicht nur direkten monetären Mehrwert, es stärkt auch Wissen, Netzwerk und Vertrauen. Weitere Informationen erhalten Sie auf www.reziaholz.ch oder im direkten Gespräch mit der Geschäftsstelle.
Vorstand Reziaholz Reziaholz GmbH Bahnhofplatz 1 CH-7302 Landquart
Kommen wieder harte Zeiten für alt- und totholzabhängige Arten? Einleitung Eine der Hauptfunktionen des Waldes ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt (Projektleitung WAP-CH, 2004 ). Diese Funktion ist überaus gerechtfertigt, da rund 32 000 der 50 000 in unserem Land bekannten Pilz-, Pflanzen- und Tierarten im Wald vorkommen (Bollmann et al., 2009 ). Darunter befinden sich zahlreiche Arten, die von Totholz und alten Bäumen abhängig sind (saproxylische Arten). Je nach Organismengruppe betrifft dies 20 – 50 % der Pilz-, Flechten-, Moos-, Insekten-, Vögel- und Säugetierarten. Da zahlreiche dieser Arten bedroht sind – 59 % der saproxylischen Käfer Deutschlands sind gefährdet oder ausgestorben (Köhler, 2000 ) – und da Totholz in ganz Europa offiziell als Indikator für nachhaltige und naturnahe Waldwirtschaft anerkannt ist, werden saproxylische Arten
auch in der Schweiz gefördert. Die Anzahl saproxylischer Arten steigt mit zunehmendem Alt- und Totholzangebot (z.B. Martikainen et al., 2000 ). Diese Organismen können daher mit gezielten Massnahmen gefördert werden. Waldwirtschaft und Förderung saproxylischer Arten stehen oft in Konflikt miteinander, insbesondere seit der gesteigerten Nachfrage nach Energieholz und dem Ansteigen der Holzpreise in den letzten Jahren. Zum Glück stehen einfache Konzepte zum Schutz dieser Arten zur Verfügung. Diese werden im vorliegenden Artikel diskutiert. Rückblick Über Jahrhunderte war der Rohstoff Holz der wichtigste Energieträger und Baustoff. Leseholz, auf dem Boden liegendes, natürlich abgestorbenes Holz von < 6 cm Durch-
Totholz als vielfältiger Lebensraum in einem Fichtenwald (Bild: T. Lachat)
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Legende Ausbreitung
Waldreservat
Altholzinsel Biotopbaum
Abb. 1: Vernetzung der Naturwaldreservate durch Altholzinseln und Biotopbäume (aus Vernetzung der Naturwaldreservate durch Altholzinseln und Biotopbäume
Lachat und Bütler, 2008). (Bild: aus Lachat und Bütler, 2008)
messer, war bis ins 19. Jahrhundert eine wichtige Brennstoffquelle der ärmeren Bevölkerung (Mantel, 1990 ). Die Wälder wurden also damals intensiv genutzt, Leseholz und tote Bäume kaum im Wald belassen. Mit der Verwendung von einfach verfügbaren fossilen Brennstoffen verschwand das Dürrholzsammeln im 20. Jahrhundert. Parallel dazu erlebte die Waldwirtschaft grosse Änderungen. Die Kahlschlagwirtschaft wurde 1902 in öffentlichen und 1923 in privaten Wäldern durch das Waldgesetz abgeschafft (Brang et al., 1998 ), Nieder- und Mittelwälder verloren zunehmend an Bedeutung, Hochwälder nahmen zu (aus Bürgi, 1997 ), und bis vor kurzem blieben die Erntereste weitgehend im Wald zurück. In den letzten Jahrzehnten konnte sich also der Wald allmählich von den intensiven Holzschlägen des vorletzten Jahrhunderts erholen. Zahlreiche abgelegene Waldbestände wurden nicht mehr bewirtschaftet und stehende tote Bäume im Wald belassen. Immer mehr Holz blieb ungenutzt in den Wäldern. Da-
raus resultierte ein stetiges Wachstum des Holzvorrats sowie des Totholzangebots. Gesamtschweizerisch stieg der durchschnittliche Totholzvorrat von 10,3 m3 pro Hektare in den 90 er-Jahren ( LFI2 ) auf 18,5 m3 pro Hektare ( LFI3 ) elf Jahre später (Brändli et al., 2010 ). Die Lage für die alt- und totholzabhängigen Arten hat sich damit entspannt. Die Habitatsknappheit für diese Arten ist aber trotzdem noch nicht gelöst, denn mit durchschnittlich knapp 20 m3 Totholz pro Hektar hat ein Teil der Schweizer Wälder immer noch zu wenig Totholz. Die grössten Defizite an Totholz in der Schweiz befinden sich in gut zugänglichen Wäldern im Jura und im Mittelland, wo es nur 9 bis 14 m3 Totholz pro Hektar gibt (Brändli et al., 2010 ). In den Alpen und Voralpen werden aus Naturschutzsicht die Totholz-Minimalmengen von 20 bis 40 m3 pro Hektar erreicht (aus Bütler und Lachat, 2009). Im Vergleich weisen die Urwälder Mitteleuropas eine grosse Variation von 20 bis 280 m3 Totholz pro ha auf.
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Bezüglich des in den letzten Jahren angehäuften, ökologisch wertvollen Totholzangebots befindet man sich jetzt in einer heiklen Phase, denn in zuletzt kaum mehr genutzten Wäldern werden wieder vermehrt Holzschläge geplant. Kürzere Umtriebszeiten, höhere Wertschöpfung der Erntereste und die Verwertung von minderwertigen Qualitäten könnten zu einer raschen Abnahme des Totholzes in den Wäldern führen und somit das ökologische Potential für saproxylische Arten gefährden (aus Bütler und Lachat, 2009 ). Konzept zur Förderung der saproxylischen Arten Wichtige Grundsteine für die Erhaltung von saproxylischen Arten sind die Naturwaldreservate, die gemäss BAFU in den nächsten 30 Jahren 5 % der Waldfläche ausmachen sollten. Hauptziel dieser Reservate ist die Förderung einer natürlichen Walddynamik, wo Bäume vor Ort absterben und sich abbauen. Naturwaldreservate sollten eine Mindestgrösse von 20 Hektaren erreichen und für mindestens 50 Jahre vertraglich gesichert werden. Damit stehen sie heute in Konkurrenz mit der Waldwirtschaft. Als Ergebnis beobachtet man zurzeit vielerorts ein lückenhaftes Netzwerk von Naturwaldreservaten, meist ohne ausreichende ökologische Vernetzung (Trittsteine, Korridore) zwischen den einzelnen Bestandteilen. Zwei weitere Massnahmen können von den Waldbewirtschaftern und -eigentümern als Ergänzung zu den Waldreservaten ergriffen werden.
Erhalten von Biotopbäumen: Bäume, die aufgrund ihrer Beschaffenheit für die (tot-)holzbewohnenden Lebewesen geeignete ökologische Nischen zur Verfügung stellen. Wichtige Trittsteine Diese beiden zusätzlichen Massnahmen (Altholzinseln und Biotopbäume) sind als Trittsteine zur Vernetzung zwischen den Waldreservaten notwendig. Durch eine Verkleinerung der Distanzen zwischen den verschiedenen Trittsteinen wird die Ausbreitung der saproxylischen Arten gefördert. Einerseits können dadurch neue Standorte besiedelt und andererseits Standorte mit ausgestorbenen Populationen wieder kolonisiert werden. Zur Ausbreitung von saproxylischen Arten sind heute allerdings noch Fragen offen. Wie gross und in welcher räumlichen Verteilung die einzelnen Trittsteine angelegt werden müssen, ist nach wie vor unklar. Zudem sind die Ausbreitungsdistanzen der Organismen artspezifisch. Ein Specht zum Beispiel kann einige Kilometer zurücklegen, gewisse flugfähige Käfer hingegen nur 60 Meter (Osmoderma eremita, Ranius, 2006 ). Berechnete Szenarien für den Erhalt von mehreren, miteinander vernetzten saproxylischen Populationen im Kanton Jura und Kanton Waadt haAltholzinsel in einem Buchenwald (Bild: T. Lachat)
Einrichten von Altholzinseln: Wälder, die in den letzten Jahren nicht mehr bewirtschaftet wurden und in denen sich eine gewisse natürliche Dynamik wieder etabliert hat (Habitatstrukturen, alte Bäume, Totholz). Bündner Wald 5/2009 77
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a)
180 160 140
Totholz [m3/ha]
120 100 80 60 40 20 0
b)
AUE NB
AUE B
BU NB
BU B
TA-BU NB
TA-BU B
TA-FI NB
TA-FI B
AUE NB
AUE B
BU NB
BU B
TA-BU NB
TA-BU B
TA-FI NB
TA-FI B
600
Anzahl Habitatstrukturen/Ha
500
400
300
200
100
0
Totholzvolumen (a) und Anzahl Habitatstrukturen (b) in vier verschiedenen Waldtypen: AUE = Erlen-Eschen-Wälder BU = Buchen-Wälder TA-BU = Tannen-Buchen-Wälder TA-FI = Tannen-Fichten-Wälder NB: Wälder ohne Bewirtschaftung B: Wirtschaftswald Mittelwerte und Standardfehler. Alle Unterschiede NB-B statistisch hoch signifikant, N=16 pro Waldtyp und Bewirtschaftungstyp (Bild: aus Bütler und Lachat, 2009)
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Liegendes Totholz als Substrat für Pilz-, Flechten und Moosarten. (Bild: T. Lachat)
ben gezeigt, dass die Grösse der einzelnen Trittsteine eine gleich wichtige Rolle spielt wie die Distanz zwischen den Trittsteinen. Grosse Naturwaldreservate scheinen damit unabdingbar zu sein (Lachat und Bütler, 2007 ). Sie dienen als Reservoir mit sicheren Populationsbeständen. Kleine Altholzinseln oder sogar einzelne Biotopbäume können zwar gute Habitate anbieten, aber das Angebot ist nicht über längere Zeit gewährleistet. Fällt der Biotopbaum um oder ist das Totholz vollständig abgebaut, stirbt die davon lebende Population aus (z.B. Insekten), falls sie nicht in der Nähe auf ein anderes geeignetes Objekt ausweichen kann. Kontinuität an Totholz Die räumliche und zeitliche Kontinuität des Totholzangebots sind wichtige Aspekte bei
der Förderung von saproxylischen Arten. Im Laufe der Zeit ändert ein toter Baum seine chemischen und physikalischen Eigenschaften, weshalb die meisten Arten auf ein bestimmtes Abbaustadium spezialisiert sind. Es ist darum wichtig, dass diese spezialisierten Arten ihr bevorzugtes Habitat immer innerhalb eines jeweiligen Standorts oder zumindest in erreichbarer Distanz dazu finden können. Idealerweise sollte Totholz immer in allen möglichen Formen (stehend, liegend, dick, dünn, besonnt, beschattet usw.) und Zuständen (frisch, tot, morsch, vermodert usw.) in einem Bestand vorhanden sein. Nur so kann die vollständige saproxylische Artengemeinschaft vertreten sein: von den Pionierarten auf frisch abgestorbenem Holz bis zu den Besiedlern des Moderholzes. Eine Sturmfläche zum Beispiel bietet zwar viel Totholz, aber alle Stämme befinden sich gleichzeitig in einem bestimmten Abbauzustand und die Zufuhr von neuem Totholz ist für eine lange Zeit nicht mehr gewährleistet. Eine Sturmfläche ist also kein optimaler Standort für die nachhaltige Förderung der saproxylischen Arten. Auch die Grösse eines Reservats oder einer Altholzinsel beeinflussen die zeitliche Kontinuität des Totholzangebots. Damit diese Kontinuität langfristig gewährleistet ist, sollten alle Stadien der Waldentwicklung auf der ausgeschiedenen Fläche vorhanden sein: von der Verjüngungsphase bis zur Zerfallsphase. Je nach Flächengrösse lassen sich unterschiedliche Schutzziele erreichen (aus Carbiener, 1996 ): – Eine Fläche von einigen Dutzend Aren ( 1 ha) ermöglicht vorübergehend eine Bestandeseinheit in der Zerfallsoder Zusammenbruchsphase zu erhalten. – Eine Fläche von einigen Dutzend Hektaren ( 1 km2 ) ermöglicht den Erhalt der vier Hauptentwicklungsphasen (VerjünBündner Wald 5/2009 79
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gungsphase, Optimalphase, Schlussphase und Zerfallsphase). – Eine Fläche von mehreren Hundert Hektaren (mehrere Quadratkilometer) ermöglicht den Erhalt und die Entwicklung der ganzen Gestaltungsvielfalt sämtlicher Waldentwicklungsphasen. – Eine Fläche von mehreren Tausend Hektaren ( 10 –100 km2 ) ermöglicht den Erhalt und die Entwicklung der ganzen Flora- und Faunenvielfalt, die aus der Waldtypenvielfalt, ihren gegenseitigen Wechselwirkungen und der Vielfalt der unterschiedlichen ökologischen Störungen hervorgeht. Erhalt der saproxylischen Arten in der Praxis Das vorgestellte Konzept zur Förderung der saproxylischen Arten (Waldreservate, Altholzinsel und Biotopbäume) wird vom Bundesamt für Umwelt ( BAFU ) unterstützt. Naturwaldreservate und Altholzinseln werden je nach Fläche, Vertragsdauer und Region finanziell unterstützt. Ausgeschiedene Flächen sollten im Wirtschaftsplan eingetragen (falls vorhanden) und mit einem Vertrag für mindestens 50 Jahre gesichert werden. Die Minimalfläche für eine Altholzinsel schwankt zwischen 0,2 bis 1 Hektar je nach Kanton. Ab 20 Hektaren werden solche Waldbestände als Naturwaldreservate betrachtet. Biotopbäume werden meist nicht im Wirtschaftsplan eingetragen und auch nicht durch einen Vertrag gesichert. Um den Erhalt der Biotopbäume über die aktuelle Forstpersonalgeneration hinaus zu sichern, sollten Biotopbäume im Feld regelmässig markiert werden. Ungefähr 40 Biotopbäume ( BHD ≥ 60 cm mit mindestens einer Habitatstruktur) stehen auf einer Hektare in nicht mehr bewirtschafteten Wäldern (Untersuchungen im Auftrag des BAFU
in Erlen-Eschen-Wäldern, Buchenwäldern, Tannen-Buchen-Wäldern und Tannen-Fichten-Wäldern). Eine «Habitatstruktur» wurde in dieser Untersuchung als morphologische Besonderheit eines Baumes definiert, die für gewisse Alt- und Totholzarten einen bevorzugten Lebensraum darstellt (z.B. Höhle, toter Ast, Spalte usw.). Im Wirtschaftswald stehen nur 10 solche Bäume pro Hektare. Hier sollten so viele Biotopbäume als möglich erhalten bleiben, solange die Sicherheit von Forstpersonal und Erholungssuchenden nicht gefährdet ist. Aufnahmen in der Schweiz haben gezeigt, dass nach ungefähr 30 bis 40 Jahren ohne Bewirtschaftung schon beträchtliche Totholzmengen vorhanden sind. Es wurden zwischen 100 und 140 m3/ha gemessen (Abb. a, Seite 78), was schon nahe an die Werte der Urwälder in Europa herankommt. Ausserdem weisen solche Bestände doppelt so viele Habitatstrukturen auf wie bewirtschaftete Hochwälder (Abb. b, Seite 78). Die Untersuchungen in nicht mehr bewirtschafteten Wäldern zeigen, dass sich Totholzvorrat und Habitatstrukturen relativ schnell den Werten von Naturwäldern wieder annähern. Waldbestände mit sehr extensiver oder gar ohne Bewirtschaftung in den letzten Jahrzehnten sind immer noch relativ häufig. Potentielle Waldbestände für Altholzinseln wären also vorhanden. Die Ausscheidung von Naturwaldreservaten durch Waldeigentümer und -bewirtschafter ist wegen der heutigen Konkurrenz mit der gesteigerten Holznutzung aber schwieriger geworden. Die Akzeptanz von kleineren Objekten wie Biotopbäumen und Altholzinseln dürfte aber höher sein. Es ist jedoch unerlässlich, trotzdem grosse Waldreservate zu sichern, da sie für den langfristigen Erhalt von saproxylischen Arten besonders wichtig sind. Kann bei den Privateigentümern keine
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Akzeptanz dafür erreicht werden, müssen öffentliche Wälder diese Rolle übernehmen. Schlussfolgerungen Der Schweizer Wald hat heute aus der Sicht der saproxylischen Arten einen erfreulichen Zustand erreicht. Seit mehr als 150 Jahren nimmt die Waldfläche zu, und die Intensität der Bewirtschaftung nahm bis vor einigen Jahren ab (bedingt durch tiefe Holzpreise). Obwohl die aktuelle Finanzkrise auch die Holzbranche betrifft, dürften die Holzpreise wieder steigen. Waldbestände, die sich von den intensiven Nutzungen im 19. Jahrhundert erholt haben, kommen zusehends unter Druck und werden intensiver bewirtschaftet. Die Ausscheidung von Naturwaldreservaten und Altholzinseln sowie die Erhaltung von Biotopbäumen werden immer mehr als Konkurrenz zur Holznutzung betrachtet. Die Multifunktionalität des Waldes verlangt aber von den Waldeigentümern und -bewirtschaftern, dass auch die Biodiversität im Wald erhalten bleibt. Es ist also unabdingbar, dass bestimmte Bestände und Bäume ungenutzt bleiben, damit die Bedingungen für die saproxylischen Arten nicht wie vor 150 Jahren aussehen. Die Bemühungen zum Schutz der Alt- und Totholzarten sollten als Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität im Wald gesehen werden und nicht als Konkurrenz zur Holznutzung – es gilt, Kompromisse zwischen Holznutzung und Totholzförderung zu finden. Referenzen Aus Platzgründen können die Referenzen leider nicht abgedruckt warden. Gerne können sie aber bei den Autoren angefordert werden.
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…und Graubünden kümmert sich doch um den Wald-Naturschutz Entgegnung auf die Medienmitteilung des WWF Schweiz: Kantone auf dem Holzweg? (Bündnerwald 4/2009, S. 86 – 89 ) Die Medienmitteilung des WWF Schweiz vom 14. Juli 2009 beginnt mit der prägnan ten Aussage, die Kantone würden sich zu wenig um den Naturschutz im Wald küm mern. Diese Aussage greift zumindest für den Kanton Graubünden doch stark dane ben und bedarf einer Richtigstellung. Die Art und Weise, wie der Naturschutz im Wald durch das Amt für Wald Graubünden gepflegt wird, zeigt doch einige Stärken: Organisatorisch: Seit dem Jahr 2002 ist in den fünf Regionen des Kantons je ein Naturschutzspezialist bezeichnet, welcher im Fachbereich Natur schutz für Koordination und Wissensver mittlung sowie für die Betreuung grösserer Naturschutzvorhaben zuständig ist. Für die gesamtkantonale Führung ist an der Zen trale in Chur ein Produkteverantwortlicher bezeichnet. Es werden, wie in anderen Be reichen auch, jährlich konkrete Zielsetzun gen festgelegt und deren Erreichen kontrol liert. Planerisch: Seit der Einführung der überbetrieblichen Planung Mitte der 1990 er Jahre führt das Amt für Wald im Waldentwicklungsplan ( WEP) ein Objektblatt zum Thema Natur und Landschaftsschutz. Alle WEPs waren in der öffentlichen Vernehmlassung, je dermann konnte sich zu den Festlegungen äussern. Dies wird auch beim letzten noch ausstehenden WEP der Fall sein. Der Kanton Graubünden kennt überdies die Umsetzung der überbetrieblichen Planung mit einer de taillierten Betriebsplanung und die Überwa chung des Waldzustands mit einem regional 82
verdichteten Stichprobennetz ( 500 x 500 m, LFIMethode). Dieser Standard belegt einen sorgfältigen Umgang mit dem Wald gene rell und darf sich sehen lassen. Quantitativ: Seit 2008 ist Naturschutz im Wald ein Sub ventionstatbestand des Bundes. Die total zur Verfügung stehenden Finanzen verteilt der Bund nach einem fixen Schlüssel auf die Kantone. Der Kanton Graubünden hat stets seinen Willen bekundet, die ihm zugedach ten Mittel im Sinne der Biodiversitätsförde rung voll auszuschöpfen und hat zu diesem Zweck die Bundessumme mit eigenen Mit teln weit mehr als verdoppelt. Die in der Geschichte des Kantons erstmalige Budge tierung von Finanzen für den Naturschutz im Wald hat in keiner Instanz zu kritischen Diskussionen Anlass gegeben – weder bei der Finanzverwaltung, noch bei der Regie rung noch im Parlament. Schon im ersten Jahr sind diese Mittel ausgeschöpft worden, obwohl den Waldeigentümern aufgrund der kantonalen Gesetzgebung 30 % Rest kosten verbleiben. Darin äussert sich ein auf allen Ebenen vorhandener fester Wille, die Anliegen des Naturschutzes ernst zu nehmen. Qualitativ: Der Bund hat mit seinem «Warenkorb», den er mit seinen Mitteln für die Periode 200811 beim Kanton Graubünden bestell te, unter anderem die Förderung von gut 90 explizit genannten Arten gewünscht. Darunter sind 31 Insekten, 29 Flechten, 5 Moos und 3 Pilzarten, so etwa der Lini enhalsige ZahnflügelPrachtkäfer oder das Drehrunde Bergkurzbüchsenmoos. Erlaubt sei die Frage, ob es in der Schweiz auch nur eine Person gibt, welche alle diese Ar ten ohne nachzuschlagen kennt, und auch
Aufbauende Hinweise: Dank konstruktiver Kommunikation weiss der örtliche Forstdienst zum Beispiel um den naturschützerischen Wert der Standorte des sehr seltenen Rudolph Trompetenmooses (Tayloria rudolphiana) auf dicken Seitenästen einiger Bergahorne. (Bild: )
weiss, wie sie zu fördern sind (übrigens hat auf diesem Niveau auch das Nachschlagen seine Grenzen). Hinzu nennt das BAFU in seiner Vollzugshilfe 39 Grundlagenarbeiten, von denen einige weit über 100 Seiten umfassen. Wer glaubt, dass mit diesen Vorgaben die Umsetzung des Naturschutzes nun einfach so in Gang gesetzt werden kann, hat nicht verstanden, wie die Waldwirtschaft funktioniert. In diesem auch für den Bund schwierigen, da sehr komplexen Umfeld, hat das Amt für Wald Graubünden einerseits nach einem sorgfältigen Entscheidungsprozess einfach umzusetzende Schwerpunkte gesetzt (Bündnerwald 6 / 2007, S. 22–26 ) und anderseits auf den vor Ort arbeitenden Forstdienst ausgerichtete Richtlinien ausgearbeitet (siehe Home-
page AfW GR – Biodiversität – Naturschutz – Kantonales Ziel). Diese sind übrgens auch schon mit Lob bedacht worden, natürlich nicht aus der Schweiz, dafür von Seiten des Naturschutzes. Mit aktuell 3,6 Flächenprozent Naturwaldreservaten, einem Flächenanteil von 86 % FSCzertifiziertem Wald und dem zurzeit herrschenden Hochdruck bei der Erarbeitung von Sonderwaldreservats-Projekten kann man eigentlich nicht über mangelndes Engagement für den Naturschutz im Wald klagen. Kommt hinzu, dass sich unser Amt auch immer wieder auf andere Art für Naturschutzanliegen eingesetzt hat, so z. B. mit Weiterbildungsangeboten (z.B. Mitwirkung am Kurs Dialog Natur) und mit der UnterBündner Wald 5/2009 83
stützung von einschlägigen Untersuchungen (aktuell: Monitoring im Naturwaldreservat Val Cama/Val Leggia und Untersuchungen über Totholzinsekten im Prättigau). Den Naturschutz im Wald wollen wir auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Waldeigentümern und Forstbetrieben abstellen. Sie ist zu gewinnen mit auf die jeweilige Situation angepassten Lösungen und vor allem mit fundierter Argumenta-
tion. Sach- und fachbezogene, aufbauende Inputs wären da hilfreicher als demotivierende Kritik.
Ueli Bühler Amt für Wald Graubünden Loëstrasse 14, CH-7000 Chur ueli.buehler@afw.gr.ch
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Vermarktung und Vermittlung von Holz- und Waldprodukten aus Graubünden. Für die Meldung der Liefermengen 2009 nehmen Sie bitte mit unserem Geschäftsstellenleiter Lüzzi Andri Kontakt auf: Tel. +41 81 300 22 33, Fax +41 81 300 22 34 Adresse: Reziaholz GmbH · Bahnhofplatz 1 · CH 7302 Landquart info@reziaholz.ch · www.reziaholz.ch
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Baum des Jahres 2009 Der Bergahorn Wer kennt ihn nicht, den im Frühsommer dicht mit geflügelten Samen behangenen und im Herbst bunt gefärbten Ahornbaum! Das Kuratorium «Baum des Jahres» wählte für 2009 den Bergahorn. Von der weltweit in über 150 Arten vorkommenden Gattung der Ahorne sind bei uns der Berg-, Spitz-, Feld- und der wenig bekannte Schneeblättrige Ahorn heimisch. Charakteristisch für alle diese Baumarten sind handförmige, fünflappige Blätter und propellerartig geflügelte Samen. Zahlreiche Funde fossiler Ahornblätter belegen, dass sich ihre Form über Jahrmillionen hinweg wenig verändert hat, und dass diese Baumgattung bereits damals in allen Erdteilen vertreten war. Steckbrief Der zur Familie der Seifenbaumgewächse gehörende Bergahorn kann Höhen von 25 – 35 m erreichen und bis 500 Jahre alt werden. Im Freistand wächst seine stattliche Krone gleichmässig rund bis eiförmig. Seine in der Jugendzeit hell-graubraune Rinde verfärbt sich im Laufe der Jahre dunkelgrau bis rotbraun. Ähnlich wie bei der Platane entwickelt sich die Borke mit zunehmendem Alter schuppig und blättert stückweise ab. Daher rührt auch der lateinische Name des Bergahorns (Acer pseudoplatanus). Die verschieden grossen Blätter wachsen paarweise gegenständig und sind fünflappig. Erst im Alter von 25 – 40 Jahren blüht der Ahorn zum ersten Mal und zeigt im Mai 8 – 15 cm lange, gelblich grüne Blüten an traubenartigen Rispen. Ende August bis Anfang Oktober reifen die bis zu 4 cm langen, geflügelten Früchte. Mithilfe dieses biologischen «Helikopters» verbreitet sich der Ahorn recht erfolgreich. Bei Kindern waren die Samenflügel als «Nasenzwicker» früher äusserst beliebt. Im Herbst sind die intensiv
goldgelb belaubten Bergahorne eine Augenweide in unserer Landschaft. Waldbauliche Bedeutung Wohl fühlt sich der Bergahorn vor allem im kühlfeuchten Bergklima. Sein Hauptverbreitungsgebiet liegt in den mittleren bis höheren Lagen der süd- und mitteleuropäischen Gebirge. Der in der Jugend schnell wachsende Bergahorn dient als bodenpflegliche Mischbaumart zur Stabilisierung von Nadelholz sowie zur Werterhaltung von Buchenbeständen. Allerdings muss er gegenüber den später konkurrenzfähigeren Baumarten wie Fichte, Tanne, Buche und Esche begünstigt werden. Mit einem Anteil von 3,7% an der Stammzahl aller Baumarten ist der Bergahorn nach Buche und Esche die dritthäufigste Laubbaumart in der Schweiz. Weil selbst grosse Stammwunden beim Bergahorn sehr gut überwallen, eignet sich dieser von allen Baumarten am besten für den Steinschlagschutz in stammzahlreichen Beständen. Er ist im Gebirge wohl die wichtigste Schutzwaldbaumart. Ökologische Bedeutung Die Ahorne sind nicht nur aus forstlicher Sicht gern gesehene, wertvolle Baumarten. Mit ihrem leicht abbaubarem Laub fördern sie die Humusbildung im Waldboden. Einige Vogelarten – speziell aber Gimpel, Kirschkernbeisser oder die kopfüber unter einer Astwunde hängende Meise – lassen sich gerne aus verletzten Stellen des Baumes zuckerhaltigen Saft in den Schnabel tröpfeln. Für zahlreiche Insektenarten, vor allem für Bienen, verbessern die Ahorne die Qualität des Lebensraumes. Davon zeugen beispielsweise die Schmetterlinge mit wohlklingenden Namen wie «Ahorn-Eule» und «Ahorn-Spinner». Wegen ihrer BlütenBündner Wald 5/2009 85
1000. der Ahorne zeigt diese Eigenschaften.
Diese Rarität widerspiegelt sich im stolzen Preis von 3000 –18 000 Franken pro m3.
Wie die Briefmarken dokumentieren, ist der Bergahorn vom südlichen bis zum nördlichen Europa vertreten. (Bild: Koni Häne)
pracht im Frühling werden die Ahorne im Volksmund auch Blüten- oder Bienenbaum genannt. Verwendung Der Bergahorn zählt zu den wertvollsten Edellaubhölzern. Vor allem in der Möbelherstellung und im Innenausbau wird dessen gelblichweisses, hartes und zähes Holz verwendet. Bei Handwerkern wie Drechsler, Schnitzern und Bildhauern ist dieser einheimische Rohstoff sehr geschätzt. Gleichmässig gewachsenes Ahornholz, welches in Fachkreisen auch als Ton- oder Resonanzholz bezeichnet wird, ist wegen der leichten Bearbeitbarkeit und der Biegefähigkeit bei Musikinstrumentenbauern sehr begehrt. Die wohl bekannteste Verwendung dürfte diejenige für Geigenböden, oder wie die Engländer sagen, «Fiddle back», sein. Auch bei der Herstellung von Flöten, des Fagotts sowie des Schwyzerörgeli wird Ahornholz gebraucht. Eine grosse Rarität und wegen seiner speziellen Maserung begehrt ist der Riegelahorn. Die Gründe der Riegelbildung sind unbekannt. Vermutet werden genetische Veranlagungen bzw. stärkere Druckoder Zugbeanspruchungen oberhalb der Wurzelansätze. Nur gerade jeder 500. bis 86
Kulturgeschichte Bergahorne wurden während Jahrhunderten verehrt. So wurden früher unter den gewaltigen Kronen alter Ahorne traditionelle Anlässe und öffentliche Beratungen abgehalten. Ein in unseren Breitengraden bekannter und urkundlich gut dokumentierter Anlass ist derjenige vom 16. Mai 1424. Damals wurde in Trun GR unter einem riesigen Bergahorn der «Graue Bund» geschworen. Wie aus der Sage überliefert, erbaute Epeios auf Rat des Odysseus ein Pferd aus Ahornholz, um die Stadt Troja zu erobern. Im Pferd waren griechische Krieger versteckt, welche schliesslich Troja eroberten. Dem Ahorn wurde von unseren Vorfahren grosse Abwehr- und Heilkraft zugeschrieben. So wurden, um Hexen abzuwehren, Keile aus Ahornholz in Türen und TürDieser stattliche Baum kann bis zu 35 m hoch werden. (Bild: Koni Häne)
schwellen geschlagen. Die Bauern umgaben ihre Kartoffelfelder mit Ahorntrieben, um Maulwürfe fernzuhalten. Am Johannistag ( 24. Juni) gepflückte Ahornzweige sollten Gebäude vor Blitzeinschlag schützen. Ob wirklich das Berühren von Ahornzweigen quälende Kopfschmerzen verschwinden lässt, bleibt fraglich! Spürbare Heilkraft wurde Umschlägen aus gequetschten Blättern und Rinde zugeschrieben. Sie sollen eine kühlende und abschwellende Wirkung haben. In Kriegszeiten wurde das junge und zarte Laub, vor allem des Spitzahorns, als Salat verspeist. Deshalb tauchte im Volksmund der Name «Salatbaum» auf. Orts- und Flurnamen wie Ahorni, Ahornli, Arn, Arni und Arnegg weisen auf das Vorkommen dieser Baumart hin. Speziell erwähnenswert sind die Ortschaften «Agarn» im Oberwallis und das im Val d'Anniviers gelegene «Ayer». Zudem dienen Ahorne und Ahornblätter als Wappen sowie als Vorlagen für Fahnen und Briefmarken. In China gilt dieser Baum als Symbol für Amtswürde. Die Vielfältigkeit des Ahorns widerspiegelt sich auch im Gedicht von Aleke Thuja: Was gefällt mir mehr? Das übermütige Spiel der Kinder, die die Flügel des Ahorns auf meine oder deine Nase setzen? Oder das Farbenspiel im Herbst der purpurroten und goldgelben Bäume im Sonnenlicht betrachtend als gigantisches Farbfeuerwerk? Oder der süsse Ton von Geigenspiel und Fagott, welcher das Ahornholz erst recht zum Klingen bringen kann?
Ahorne vermehren sich sehr leicht und können in Wohngebieten oft als lästiges Unkraut auftreten. (Bild: Koni Häne)
1731 schrieb Jakobus Theodorus Taber-
naemontanus in seinem Kräuterbuch: «Es wird dieser Baum in Ehren gehalten wegen seines lustigen Schattens». Amüsieren und erholen wir uns also in diesem Sommer oft und gut im Schatten des Bergahorns, der zum «Baum des Jahres 2009 » gekürt wurde. Quellen: – Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – Heinrich Hilfreich: Gedanken zum Waldbau
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Comic Theo & Heinz
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Protokoll der SELVA-Generalversammlung Die SELVA hat ihre Jahresversammlung am 23. April 2009 im Gemeindesaal Farb in Schiers mit knapp 70 Teilnehmenden abgehalten. An der GV waren 51 Stimmberechtigte mit total 150 Mitgliederstimmen vertreten. 1. Begrüssung durch den Präsidenten SELVA-Präsident Andrea Florin begrüsst die anwesenden Mitglieder und Gäste. Einen speziellen Gruss richtet er an den Kantonsförster-Stellvertreter Richard Walder, Gemeindepräsident Mathis Joos und an die anwesenden Vertreter der verschiedenen Partnerorganisationen. Als Einleitung ruft der Präsident dazu auf, als Verband gemeinsam und stark aufzutreten. Drei Themen sind momentan besonders aktuell: Die Ansiedelung des Grosssägewerkes brachte viele Erwartungen mit sich. Einige sind auch erfüllt worden. Die Rundholzpreise sind gestiegen und gleichzeitig sind die Forstbetriebe effizienter geworden und konnten die Aufwände für die Holzerei senken. Ein guter Kontakt zum Sägewerk ist gerade in der momentanen Wirtschaftslage sehr wichtig. Ein weiteres Thema ist die Holzbündelung. Heute haben wir neben den Forstunternehmungen drei regionale Vermarktungsorganisationen. Weitere Zusammenschlüsse wären wünschenswert. Als drittes Thema erwähnt Andrea Florin den Dachverband Waldwirtschaft Schweiz ( WVS ). In den letzten zwei Jahren haben in verschiedenen Arbeitsgruppen diverse Diskussionen stattgefunden. Die wesentlichsten Diskussionspunkte sind die Definition der Kernaufgaben des WVS, die Verwendung der Gelder aus dem Selbsthilfefonds ( SHF ) und das Gesamtbudget des WVS. Nachdem die meisten Forderungen der SELVA erfüllt worden sind, wäre eine erneute
Mitgliedschaft beim WVS frühestens per 2011 möglich.
2. Grussadressen Gemeindepräsident Joos Mathis überbringt die Grüsse der Gemeinde Schiers. In seiner engagierten Ansprache informiert er über die Gemeinde Schiers und über die Schierser Waldwirtschaft. Schiers ist nach Klosters die zweitgrösste Gemeinde im Tal mit einer Einwohnerzahl von 2600 Personen. Die Gemeinde bietet viele Arbeits- und Ausbildungsplätze, gilt als kulturelles Zentrum im Prättigau und ist Sitz von vielen Vereinen. Als Besonderheit gilt die Salginatobelbrücke – das einzige Weltmonument der Schweiz. Die Schierser Waldfläche beträgt 2600 ha Wald bei einem Hiebsatz von 5500 Tariffestmetern. Aktuell wird im Gebiet Sunniwald ein grosser Holzschlag, welcher über mehrere Jahre verteilt ist, ausgeführt. Neben der Holznutzung kommt auch der Naturschutz nicht zu kurz. Im Gebiet Salgina wird ein 222 ha grosses Naturwaldreservat eingerichtet. Das anfallende Holz aus dem Schierser Wald wird unter anderem als Holzschnitzel für die Heizung verschiedener Gebäude eingesetzt oder in der eigenen Sägerei verarbeitet. In Schiers sind einige neuere Gebäude und Brücken aus Holz gebaut, wie vor 80 Jahren auch das berühmte hölzerne Leergerüst der Salginatobelbrücke. Zum Schluss überreicht Joos Mathis dem Präsidenten ein Buch über den Bau und die Geschichte der Salginatobelbrücke. 3. Wahl der Stimmenzählenden Auf Vorschlag des Präsidenten wählt die Versammlung Dieter Marti, Cristina Fisler und Karl Ziegler als Stimmenzählende.
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4. Protokoll der GV vom 10. April 2008 in Chur Das Protokoll der Generalversammlung vom 10. April 2008 in Chur wurde im BÜNDNERWALD Nr. 6 / 08 publiziert. Es wird ohne Gegenstimme genehmigt. 5. Jahresbericht 2008 Der Präsident geht den Jahresbericht 2008 Seite um Seite durch. Aus der Versammlung erfolgen keine Wortmeldungen. Der Jahresbericht 2008 wird einstimmig genehmigt. Aus Zeitgründen werden die bisherigen Schwerpunkte 2009 im SELVA-Info publiziert. 6. Jahresrechnung 2008 und Bilanz per 31. Dezember 2008 Der Präsident präsentiert die Jahresrechnung 2008 und die Bilanz per 31. Dezember 2008. Die Rechnung 2008 weist nur wenige Änderungen gegenüber dem Budget 2008 auf. Der Betriebsaufwand beträgt Fr. 372 850.– der Nettoerlös Fr. 375 772.–. Der Gewinn beträgt Fr. 2921.–. Budgetiert war ein Gewinn von Fr. 1000.–. 7. Kontrollstellenbericht Die SELVA-Revisoren Arnold Denoth und Christian Theus haben die Buchführung der SELVA geprüft. Arnold Denoth erläutert den Bericht der Geschäftsprüfungskommission. Er dankt den Organen des Verbandes für die ordnungsgemässe Buchführung und empfiehlt der Versammlung die Annahme der Jahresrechnung 2008 und der Bilanz per 31. Dezember 2008 sowie die Entlastung der Organe. 8. Genehmigung Jahresrechnung und Bilanz, Entlastung der Organe Die Jahresrechnung 2008 und die Bilanz per 31. Dezember 2008 werden von der 90
Versammlung einstimmig genehmigt. Die Organe des Verbandes werden ebenfalls einstimmig entlastet. 9. Budget 2009 und provisorisches Budget 2010 Das Budget 2009 (Verlust Fr. 1000.–) und das provisorische Budget 2010 (Verlust Fr. 3000.–) werden von der Versammlung einstimmig genehmigt. 10. Orientierung über den Bündner Waldwirtschaftsfonds Mit der Einladung zur GV wurde allen Mitgliedern eine Information mit der Rechnung 2008, dem Kontrollstellenbericht und dem Budget 2009 abgegeben. Paul Barandun informiert die Versammlung über die Rechung 2008. Dabei erklärt er die Positionen Projekte und Innovationsbeiträge im Detail. Die grössten Ausgaben im Bereich der Projekte sind das Controlling Werksklassierung und das Projekt der Rundholzvermarktung. Mit Innovationsbeiträgen konnten 2008 folgende Projekte unterstützt werden: Skipostenlauf in Avers, Holzschnitzelanlage mit Rauchgaswascher in Tamins, Beitrag an Teilnahme an der Holzerei Weltmeisterschaft in Deutschland, Bekleidung Öffentlichkeitsarbeit SUVA-Preis, Holzhauereimeisterschaften in Davos und die Waldwochen in Sur En. Die BWF-Rechnung 2008 wurde durch die Revisoren Christian Theus und Arnold Denoth geprüft. Paul Barandun lobt auch die gute Zahlungsmoral der Bündner Waldeigentümer im Vergleich zu anderen Kantonen. Christian Malär möchte wissen, wie die Beiträge der Nationalen Solidarität verwendet werden. Andrea Florin erklärt, dass von der gesamten einbezahlten Summe des BWF die SELVA einen Viertel als nationalen Anteil an
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den Schweizerischen Fonds zur Unterstützung für die Wald- und Holzwirtschaft abliefert. Adolf Hemmi fragt, wie die Kosten für die Ausbildungskurse des WVS verteilt werden, und wie dies mit dem neu eingeführten Berufsbildungsfonds BBF zusammenhängt. Paul Barandun erklärt, dass momentan die SELVA aus dem BWF die Mehrkosten der Kursbesuche bezahlt, welche wegen der Nicht-Mitgliedschaft beim WVS entstehen. Dies ist unabhängig von BBF. 11. Varia Romano Costa informiert die Versammlung über die Firma Reziaholz GmbH. Im Jahr 2008 sind 30 000 m3 Rundholz vermarktet worden. Im Herbst 2009 ist eine Kapitalerhöhung geplant. Das Ziel für das Jahr 2009 ist es, 50 000 m3 Rundholz zu vermarkten. Abschliessend dankt Romano Costa allen Beteiligten für das Vertrauen gegenüber der Gesellschaft. Max Binder, Zentralpräsident von Waldwirtschaft Schweiz, dankt für die Einladung und überbringt Grüsse aus Solothurn. Die Schweizer Waldwirtschaft muss gemeinsam auftreten. Das Ziel, Graubünden wieder in den Verband aufzunehmen, gilt weiterhin. Der Zentralvorstand hat den Bericht der Arbeitsgruppe WVS uneingeschränkt genehmigt. Der Weg ist nun frei für eine ausserordentliche Delegiertenversammlung des WVS. Neben der SELVA möchte der WVS auch die Berner Waldbesitzer BWB wieder zur Mitgliedschaft bewegen. Dieser Prozess wird aber eventuell noch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen. Anschliessend an die Versammlung orientiert Christoph Starck, Direktor der Lignum,
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über das neue Herkunftszeichen Schweizer Holz. Die bisherigen Labels FSC, PEFC und Q decken unterschiedliche Bedürfnisse ab. Was aber bei allen Labels fehlt, ist der Herkunftsnachweis der Produkte. Laut der Stiftung für Konsumentenschutz stehen die Regionalität und die Saisonalität beim Kaufentscheid vor dem Kaufpreis. Für das Label PEFC ist neu die Lignum federführend, sie stellt das Sekretariat von PEFC Schweiz. Das neue Herkunftszeichen Schweizer Holz ist ideal in Kombination mit den Labels FSC oder PEFC. Die geforderten Mindestholzanteile betragen beim Rundholz 100 % und bei den weiterverarbeiteten Produkten 70 %. Der Einfachheit halber sollten ganze Kantone oder Gruppen zertifiziert werden. Als Erster hat der Verband der Berner WaldBündner Wald 5/2009 91
besitzer das neue Herkunftszeichen Schweizer Holz beantragt. Weiter haben 41 Säger und 11 Forstunternehmungen Interesse am neuen Label bekundet. In der zweiten Jahreshälfte 2009 soll die breite Öffentlichkeit informiert werden. Die Vermarktung des Labels läuft im Rahmen der laufenden Tätigkeiten der Lignum. Stefan Brülhart, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der SHL in Zollikofen, informiert über die Studie «Kosten und Nutzen der Zertifizierung in der Waldwirtschaft». Einige Waldbesitzer sind mit der Zertifizierung unzufrieden und haben unerfüllte Erwartungen, was den Mehrerlös von zertifiziertem Holz anbelangt. Als Projektziel ist deshalb eine Analyse der Kosten und des Nutzens formuliert worden. Die ersten Ergebnisse sind ernüchternd: 10– 40 % der Befragten haben ein klares Interesse an den Labels, während ebenso viele ein klares Nicht-Interesse zeigen. Eine Möglichkeit um die hohen Kosten zu senken, könnten Zusammenschlüsse kleinerer Zertifizierungsgruppen sein. Als mögliche Handlungsoptionen für die Zukunft der Zertifizierung in der Schweiz werden genannt: Weiter wie bisher, Optimierung light, Optimierung intensiv, PEFC und Label Schweizerholz flächendeckend mit gleichzeitigem Ausstieg aus FSC, FSC
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und Label Schweizerholz flächendeckend mit gleichzeitigem Ausstieg aus PEFC und schliesslich die letzte Option: Totalausstieg aus allen Labels. Aus der Studie geht klar hervor, dass Handlungsbedarf herrscht. Bei den meisten Handlungsoptionen werden Mehrkosten erwartet, gleichzeitig wird der Mehrerlös weiterhin bescheiden sein. Das Einsparungspotenzial an Kosten für Zertifizierer und Administration für die Schweizer Waldwirtschaft ist dennoch enorm. Beispiele von PEFC- und FSC-Zertifizierungslösungen im Ausland zeigen auf, dass kostengünstiger und effizienter zertifiziert werden kann als in der Schweiz. Nicht vergessen darf man, dass aufgrund des strengen Waldgesetzes der Schweizer Waldwirtschaft bezüglich ökologischer Kriterien im internationalen Vergleich ein klar überdurchschnittlich hohes Niveau attestiert wird. Landquart, 2. Juli 2009 Der Protokollführer
Christophe Trüb SELVA Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart info@selva-gr.ch
Delegiertenversammlung Verband Schweizer Forstpersonal VSF Auszug aus dem Jahresbericht des Präsidenten Gottfried Bossi: Wir müssen, ob Forstwart, Maschinenführer, Betriebsleiter, öffentlich oder privat, viel mehr am waldpolitischen Prozess teilnehmen. Das heisst: Jeder muss in seinem Umfeld eindeutig mehr auf unsere schöne und schwere sowie verantwortungsvolle Arbeit hinweisen. Wir wollen nicht nur Ausführende sein, sondern sind die «Gestalter» des Waldbildes in der Schweiz. Es braucht dafür Praktiker, die Hand anlegen, und das sind wir Forstleute! Forum Wald Dieses Treffen wurde vom BAFU neu ins Leben gerufen. Es sind dort die wichtigsten
Verbände und Institutionen aus der Forstbranche eingeladen. Ein Meinungsaustausch mit Tätigkeitsinformationen findet statt. Treffen mit dem WVS Folgende Punkte wären zu debattieren: Holzhandelsgebräuche, Grundanforderung «Naturnaher Waldbau», Kurswesen und Bildungsfonds. Organisation der Arbeitswelt Der Bildungsfonds, Rahmenlehrplan Förster und Berufsattest-Ausbildung sind mehr oder weniger abgeschlossen, sprich angenommen worden. Holzhauerei-Meisterschaft An der Holzhauerei-WM in Deutschland
Die Bündner Delegation anlässlich der ordentlichen Delegiertenversammlung am 11. September 2009 vor dem BZW Lyss. Von links: Stefan Becker, Daniel Bürgi, Beat Philipp, Arnold Denoth, Alfred Gantenbein und Jakob Mani (Bild: Graubünden Wald)
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Folgende wichtigen Termine für das 2010 bitte reservieren:
Mittelland eine sehr gute Arbeit für die Information der Bevölkerung ausgearbeitet. Unterlagen können gratis auf der Homepage www.waldwild.ch bezogen werden.
– 30. Januar 2010, Airolo, Skimeisterschaft VSF – 27./28. Mai 2010, internationale Tagung der ARGE alpenländischer Forstvereine in Meran I (Reise wird organisiert) – 11./12. Juni 2010, Jahresversammlung Graubünden Wald in Scuol
Imagekampagne Mit dieser Aktion soll eine langfristige Festigung der wichtigsten Aufgaben des Schweizer Waldes zugunsten der Bevölkerung dieses Landes aufgezeigt werden. Eine solche Aktion steht und fällt mit dem Einsatz von jedem einzelnen von uns.
– 25./26. Juni 2010, Bündner Holzereimeisterschaft in Disentis, mit integrierter Lehrabschlussfeier der Forstwarte am 25. Juni – 24. September 2010, DV VSF Fischingen
gewann das Schweizer Team neun Medaillen. Gesamtarbeitsvertrag Es wurden keine weiteren Schritte in diesem Jahr unternommen. Wald Wild In dieser Arbeitsgruppe wurde mit den Zeichnungen über den Bergwald und dem
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Arbeitssicherheit In der Forstbranche erhielt dieses Thema in letzter Zeit durch einen Brief der Suva mit zehn Grundsätzen zur Holzernte einen grossen Stellenwert. Dies ist auch richtig so. Das Protokoll der Delegiertenversammlung vom VSF 2009 in Lyss kann unter www.foresters.ch heruntergeladen werden.
Daniel Bürgi Forst Heinzenberg Pro Tgae, CH-7426 Flerden forst.heinzenberg@bluewin.ch
Vorschau Impressum Vorschau Bündner Wald Dezember 2009 «Bauten, die uns schützen» Graubündens Raum wird bis in den hintersten Winkel vom Menschen genutzt, sei es touristisch, verkehrstechnisch oder als Wohngebiet. Gleichzeitig müssen Standards zur Sicherheit gewährleistet sein. Unzählige Schutzbauten und andere Einrichtungen erhöhen unsere Sicherheit vor Hochwasser, Lawinenniedergängen, Steinschlag, Murgängen, Rutschungen, Erdbeben und Waldbränden. Eine vorhandene Sicherheit, welche von so manchem gar nicht zur Kenntnis genommen wird. Erst wenn Ereignisse stattfinden und Schäden an Mensch und Infrastruktur zu verzeichnen sind, horcht die Masse auf – schreit nach Gründen und Schuldigen. Der nächste Bündner Wald widmet sich dem Thema Schutzbauten und den Menschen, die sich tagtäglich damit befassen, sei es in der Ausführung, Planung oder Forschung. Redaktion: Sandro Krättli
Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald Graubünden und der SELVA Verleger: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Christophe Trüb Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon 0041 (0)81 300 22 44, buendnerwald@selva-gr.ch Redaktoren: Jörg Clavadetscher, Revier forestal da Val Müstair, CH-7535 Valchava, Telefon 0041 (0)81 858 58 21, forestal-muestair@bluewin.ch. Sandro Krättli, AfW GR, Sagastägstrasse 96, CH-7220 Schiers, Telefon 0041 (0)81 300 24 11, sandro.kraettli@afw.gr.ch Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern Druckvorstufe (Satz, Lithos, Belichtung): Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, Kevin Huber Druck: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, Postfach 85, Kasernenstrasse 1, CH-7007 Chur, Telefon 0041 (0)81 255 51 11, Fax 0041 (0)81 255 52 89 Erscheint sechsmal jährlich. Auflage 1500 Exemplare Inserate: Südostschweiz Publicitas AG, Neudorfstrasse 17, CH-7430 Thusis, Telefon 0041 (0)81 650 00 70,
Vorschau auf die nächsten Nummern: Februar 2010 Die Lärche Redaktion: Sandro Krättli April 2010 Versammlungsnummer aus Scuol Redaktion: Jörg Clavadetscher Juni 2010 Biodiversität im Wald Redaktion: Sandro Krättli
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Piero Bevilacqua
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