Bündner
Wald
Jahrgang 63 | Juni 2010
«Biodiversität ... aus grün wird bunt»
ANZEIGE
Geobrugg-Steinschlagbarrieren für 250 kJ bis 5000 kJ: Lösungen für höchste Sicherheitsansprüche
- Maximale Energieaufnahmekapazität übertrifft die Werte vieler bestehender Betongalerien
Fordern Sie unseren Prospekt an und besprechen Sie Ihre Bedürfnisse mit unseren Spezialisten.
- Grosse Restnutzhöhen im Trefferfeld, nahezu 100 % in Nachbarfeldern - Kein Systemversagen bei Überlast einzelner Bauteile - Kleine Auslenkung bei Maximalereignis - Gegen kombinierte Beanspruchungen wie Randfeldtreffer, Mehrfachtreffer, Baumschlag und Schneerutsch getestet - Wartungsfreundlich
Geobrugg AG Schutzsysteme CH-8590 Romanshorn Tel. +41 71 466 81 55 Fax +41 71 466 81 50 www.geobrugg.com
Inhalt
«Biodiversität ... aus grün wird bunt» Editorial.................................................. 4 Landschaftswandel und Biodiversität....... 5 Konzept für die Biodiversitätsförderung im Wald.............. 9 Forschung in Naturwaldreservaten......... 15 Wertvolle holzbewohnende Käferarten im Prättigau......................... 21 Praxishilfe Orchideen im Bündner Wald.................................. 27 Praxishilfe Förderung seltener Baumarten............................... 32 Praxishilfe Waldameisen – Hegepraxis... 38 Genetische Vielfalt bei Waldbäumen...... 42 Resgia – Report 03/10.......................... 48 Praxishilfe Fledermäuse im Wald............ 50 Naturschutzforschung Interview mit Prof. Bruno Baur............... 59
Natur und Öffentlichkeit Gedanken des Parkwächters.................. 63 «Mein Standpunkt in der nationalen Biodiversitässtrategie»........................... 66 Waldzertifizierung unter dem Aspekt der Biodiversität................. 68 Naturnaher Waldbau ... die Innerdomleschger Version............ 73 Praxisbericht Pflege von Auerwildbiotopen........................... 77 Praxisbericht Waldpflege in Trin............. 80 Praxisbericht Offenlandpflege in Selven............................................... 85 Praxisbericht Neophytenbekämpfung.... 88 Comic Theo & Heinz.............................. 92 Kurse/Tagungen/Veranstaltungen......... 93 Vorschau 04 /10.................................... 95 Titelbild: Schwalbenschwanz; eine klassische Schmetterlingsart der Felder und Wiesen, aber für gewisse Stunden auch mal im Wald anzutreffen. (Bild: Sandro Krättli) Bild Inhaltsverzeichnis: Junges eines Weissrückenspecht-Paares wartet auf Nahrung – ein optimaler Lebensraum für diese Vogelart hat einen hohen Anteil Buchentotholz. (Bild: Ueli Bühler) Bündner Wald 3/2010 3
Editorial
Wenn man anfangs Jahr am Computer im Word den Begriff Biodiversität schrieb, reagierte unsere digitale Deutschlehrerin mit dem Mahnfinger – in Form einer störenden roten Unterstreichung als Hinweis dafür, ein nicht existierendes Wort verwendet zu haben. Seit dieses Jahr der Biodiversität angelaufen ist, hat sich dies geändert, und der Wortschatz der digitalen Welt hat sich um diesen Begriff erweitert. Biodiversität scheint also salonfähig und modern geworden zu sein. Das einstige Kunstwort für «Lebensraum, Artenvielfalt und genetische Vielfalt innerhalb einer Art» ist ein fester Bestandteil von Diskussionen, politischen Stossrichtungen und nicht zuletzt auch des forstlichen Tuns geworden. Geredet wird oft von bedrohten Arten und gefährdeten Lebensräumen. Die aktuellen Bilder aus dem Golf von Mexiko verdeutlichen uns auf apokalyptische Art und Weise, wie der Mensch Lebensräume beeinflusst und welche Verantwortung er zu tragen hätte. Hier eine gekonnte Überleitung zu unserem forstlichen Tun zu finden, wäre etwas grössenwahnsinnig. Sicherlich können wir aber stolz sein, wie das Programm zur Förderung der Biodiversität in unserem Kanton angelaufen ist. Immer mehr Gemeinden sind bereit, auch selbst Geld in die Finger zu nehmen, um solche Massnahmen zu unterstützen. Grün ist trendy und end-
4
lich auch vermehrt Inhalt von politischen Parolen. Eine Grüne Welle ist grundsätzlich positiv. Wir Fachleute tun aber gut daran, diese bedacht und gut zu nutzen. Den weder fundamentale ökologische Revolutionsgedanken noch bizarre grüne Produkte und Angebote für den Otto-Nomalverbraucher werden langfristig das ökologische Gleichgewicht retten. Irgendwie muss es uns gelingen, ein fundiertes Grundverständnis in unserer Gesellschaft zu schaffen, welches auf Aufklärung und Eigenverantwortung basiert. Dieses nachhaltige Verständnis muss wohl gelehrt werden wie das Einmaleins oder die Muttersprache. Mit dieser Bündner-Wald-Ausgabe liegt ein Gemeinschaftwerk verschiedener Spezialisten und Praktiker mit grosser Vielseitigkeit vor. Biodiversiät im Wald ist ein Thema, mit dem man Buchbände füllen könnte, wir mussten uns auf eine Auswahl von Themen beschränken, welche nun in Form dieser Spezialnummer vorliegen. Das Resultat ist bunt – nicht nur grün!
Sandro Krättli, Redaktor Bündner Wald Sagastägstr. 96, CH-7220 Schiers sandro.kraettli@afw.gr.ch
Landschaftswandel und Biodiversität Wenn heute aus aktuellem Anlass von Biodiversität gesprochen wird, dann meistens im Sinne einer Negativbilanz. Dabei wird oft automatisch vorausgesetzt, dass früher alles besser war. Beim Studium der Entwicklung der Biodiversität im Wald ist eine gesamtheitliche Betrachtung notwendig. Im nachfolgenden Artikel wird von den verschiedenen Aspekten der Biodiversität nur die Artenvielfalt betrachtet. Eine grosse Vielfalt gilt als eine Art Überlebensversicherung in kritischen Phasen und demzufolge als erstrebenswert. In diesem Sinne versteht sich der nachfolgende Artikel auch als Beitrag zur Diversifizierung der Diskussionen um dieses aktuelle Thema. Vielfalt entsteht Die Biodiversität wird von den unterschiedlichsten Faktoren beeinflusst. Als natürliche Rahmenbedingung gilt die Besiedlungsgeschichte nach einschneidenden Vorkommnissen wie Eiszeiten; als ökologische Rahmenbedingungen gelten der geologische Untergrund und das Klima. Vom Menschen unbeeinflusste Ökosysteme werden mit zunehmendem Alter in Bezug auf die Artenzahl in der Regel vielfältiger und ökologisch vernetzter. Sie durchlaufen von der Initialphase bis zur Zerfallsphase Zustände von ganz unterschiedlicher Produktivität der Pflanzen. Bei Waldökosystemen ist z.B. die Artenvielfalt zu Beginn und in der Zerfallsphase am höchsten. Nicht zuletzt deshalb, weil einerseits in diesen Zuständen die Dominanz der Bäume abnimmt und auch Arten des Freilandes existieren können und andererseits auch Arten, die auf Totholz angewiesen sind, optimale Lebensbedingungen vorfinden. Die Biodiversität reduziert sich zum Zeitpunkt höchster Pflanzenproduktion und andauernd maximalen Biomasseentzugs. Seit Jahrtausenden beeinflusst der wirtschaften-
de Mensch die Pflanzendecke und deren Vielfalt nachhaltig. In Europa beginnt diese Phase in prähistorischer Zeit durch die aktive Ausrottung der grossen Pflanzenfresser wie Wisent, Ur und Elch. Sie verstärkt sich mit der Einführung eines mehr oder weniger systematischen und sukzessive intensivierten Landbaus. In den letzten hundert Jahren setzt sie sich fort mit der Flächenbeanspruchung für Siedlungs- und Wirtschaftsbauten, der Kompartimentierung der Landschaft durch technische Einrichtungen und durch die ganzjährige, flächendeckende Präsenz in allen Lebensräumen. Früher war nicht alles besser Die maximale Biomassenentnahme aus dem heimischen Boden wurde in Graubünden wohl zwischen 1800 und 1850 erreicht. Dementsprechend sah damals die Landschaft aus. Ich bin überzeugt, dass dieser Zustand für die Artenvielfalt kaum ein Höhepunkt war. Dies auch deshalb, weil die ungünstigen klimatischen Bedingungen während der um 1850 zu Ende gehenden kleinen Eiszeit die Entwicklungsbedingungen zusätzlich stark einschränkten. Vielmehr kann angenommen werden, dass in dieser Zeit viele Arten ebenfalls kurz vor dem Aussterben standen und den grossen Arten wie Wildschwein, Reh, Hirsch, Steinbock, Biber, Wolf, Luchs, Braunbär, etc. gefolgt wären. Dass eine Trendwende eintrat, ist verbesserten klimatischen Bedingungen, technischen Entwicklungen und griffigen Gesetzen zuzuschreiben. Die ökologische Katastrophe stand vor der Tür und konnte durch aktives Handeln und Glück abgewendet werden. In den letzten 200 Jahren hat sich auch in Graubünden die Landschaft stark verändert. Die verschiedenen Lebensraumtypen und deren Artenspektren haben sich in dieser Zeit aber unterschiedlich entwickelt, was die Bündner Wald 3/2010 5
Bilanz zur heutigen Zeit erschwert. Dass wir aber heute wieder in einer ähnlichen Notsituation stecken, zeigt der Blick auf wichtige Lebensräume Graubündens. Nasse und trockene Lebensräume werden Mangelware Die durch Wasser beeinflussten Lebensräume wurden kanalisiert, trockengelegt oder melioriert. Bei Arten, die auf solche Lebensräume angewiesen sind, muss eine erschreckende Abnahme festgestellt werden. Davon vor allem betroffen sind viele Fisch- und Amphibienarten. Die Bestrebungen zur Schaffung von Amphibientümpeln und zur Revitalisierung von Bächen und Flüssen sind positive Ansätze zur Verbesserung der Situation.
Die landwirtschaftliche Nutzung wurde vor 150 Jahren sozusagen aus dem Wald verbannt. Sie konzentriert sich seither immer stärker auf die Gunstlagen und erfolgt unter grossem Einsatz von Maschinen und Düngemitteln. Auf ertragsschwachen, aber für die Natur besonders wertvollen Standorten wurde sie sukzessive eingestellt. Bei Trockenstandorten führt das vorübergehend in der ersten, verbrachenden Phase zu einer grösseren Artenvielfalt, die dann aber richtiggehend zusammenbricht. Mit der Bewirtschaftung von Grenzertragsstandorten kann der Nutzungspolarisierung zwischen Wald und Freiland entgegengewirkt werden. Die Einführung der Biolandwirtschaft in Graubünden hat bei verschiedenen Arten hoffnungsvolle Entwicklungen ausgelöst. So
Die Entwicklung der Waldfläche und der Abschusszahlen beim Schalenwild dokumentieren eindrücklich die Landschaftsveränderungen in den letzten 140 Jahren. Die Unterschiede bei den Waldflächenangaben beruhen auf unterschiedlichen Messmethoden. (Quellen: AJF, AFW, dir. Literatur)
Entwicklung der Waldfläche und der Schalenwildabschüsse im Kanton Graubünden seit 1870 2000 14000
1800 1600 1400
10000
1200 8000
1000
6000
800 600
4000
400
Abschuss Schalenwild
2000
200
Wald in 100 ha 0
1870
6
1890
1910
1930
1950
1970
1990
2010
0
Waldfläche in km2
Abschuss Schalenwild
12000
hat sich beispielsweise der Feldhase in den mittleren Lagen Graubündens seit seinem Tiefpunkt Mitte der 1980er Jahre deutlich erholt. Infrastrukturen im Tal und auf der Alp Die besiedelten Gebiete haben sich vor allem entlang der Talböden stark ausgedehnt und wurden mit prägenden Infrastrukturanlagen verbunden. Gegenüber diesen Entwicklungen nimmt der Bau von Tourismusanlagen wie Skipisten, Bergrestaurants etc. in der grossflächigen alpinen Zone geradezu geringe Dimensionen an. Die alpwirtschaftliche Nutzung dieser Gebiete zeigt zwar Veränderungen gegenüber früher, die sich aber noch im Rahmen bewegen. Einzig die grossflächige Aufgabe der Mähdernutzung führt zu einer Verbrachung und schlussendlich zu einem deutlichen Artenverlust. Insgesamt dürften die Artenspektren bei den meisten Tier- und Pflanzenarten der alpinen Zone noch recht naturnah sein. Die befürchtete Klimaerwärmung dürfte hier aber bestimmte Arten in starke Bedrängnis führen. Waldentwicklung prägt Landschaftsbild Eine der auffälligsten Entwicklungen in unserer Landschaft betrifft die Veränderung des Waldes. Seit 1858 haben sich Wald und Forst um unglaubliche 700 km² ausgedehnt. Die ursprüngliche Landnutzung kannte bis Mitte des 19. Jahrhunderts kaum eine Trennung in land- und forstwirtschaftliche Nutzung. Ebenso fliessend gestaltete sich der Übergang von Freiland- zu Waldökosystemen. Erst die Einführung der Forstwirtschaft mit harten Gesetzesgrundlagen fokussierte auf einen gezielten Aufbau von möglichst geschlossenen und holzreichen Wäldern. Andere Nutzungen des Waldareals wurden lange Zeit entweder als schädliche Nebennutzungen stigmatisiert (Waldweide) oder
Der Ausblick vom Prader Joch auf die Talausgänge des Schanfiggs und des Churwaldnertales sowie auf das Rheintal bei Chur fotografiert in den 1920er Jahren, illustriert eindrücklich den hohen Nutzungsdruck auf der Landschaft. Seither hat sich viel verändert. Es wurde aufgeforstet, Waldbrandflächen wurden in Trockenwiesen umgewandelt und der nachlassende Nutzungsdruck führte zu einem höheren Waldanteil. (Bild: R. Hurler)
als überflüssig (Naturschutz) empfunden. Der flächenmässige Schutz des Waldes hat dazu geführt, dass die letzten damals noch bestehenden Wälder als Ökosysteme reifen konnten und deshalb heute artenreicher sein dürften. Alte Buchen-, Tannen-, aber auch Fichten- und Arvenwälder sind Beispiele dafür und die für schweizerische Verhältnisse ausserordentlichen Vorkommen von Weissrückenspecht, Zwergschnäpper, Auerhuhn und der stahlblaue Alpenbock in Graubünden sind IndikatoBündner Wald 3/2010 7
gar nicht einen hohen Reifegrad erreicht haben. Hier öffnet sich die Schere zwischen forstlicher und ökologischer Betrachtungsweise. Auf diesen Standorten ist eine deutliche Verarmung der Artenvielfalt eingetreten und lässt den Ruf nach mehr Licht erklären. Um erfolgreich zu sein, braucht es ein intelligentes Nebeneinander von Nutzung und Schutz.
Der in den letzten 140 Jahren wechselnde Nutzungsdruck, hat im Wald zu einem Mosaik von sehr unterschiedlich alten Lebensräumen geführt. Für die forstliche Planung ist es eine besondere Herausforderung, die wertvollen, gereiften Ökosystem wie Buchenalthölzer zu erhalten. (Bild: H. Jenny)
ren für diesen hoffnungsvollen Zustand. Die im Zuge der Forstgesetzgebung neu begründeten oder entstandenen Wälder lösten lichte Wälder mit geringem Baumbestand ab und befinden sich heute aus forstwirtschaftlicher Sicht in der Altersphase, obwohl sie aus biologischer Sicht noch
8
Geregelte Jagd fördert Artenvielfalt Der Wandel von der freien Jagd zur Patentjagd mit sehr kurzen Jagdzeiten, die Reduktion des maximalen Biomassenentzuges, das gestiegene Angebot an Deckung und schliesslich die Einführung der Jagdplanung führten bei vielen Säugetier- und Vogelarten zu einer verbesserten Situation. Die Huftiere kehrten sukzessive zurück oder wurden im Falle des Bündner Wappentieres gar aktiv wiederangesiedelt. Ihnen folgten in den letzten Jahren die Grossraubtiere. Dass auch einzelne Biber und gar Fischotter zuwandern können, ist einer Stärkung der Populationen im Tiefland zuzuschreiben. Bei den grossen Tier- und Vogelarten haben wir heute eine so gute Situation, wie sie in den letzten 200 Jahren nie mehr der Fall war.
Hannes Jenny, Wildbiologe Amt für Jagd und Fischerei Loëstrasse 14, CH - 7000 Chur
hannes.jenny@ajf.gr.ch
Konzept für die Biodiversitätsförderung im Wald Überlegungen aus dem Amt für Wald Graubünden Prof. H. Leibundgut, führender Waldbaulehrer und Urwaldforscher, urteilte 1985 : «Ein naturnaher, gepflegter Wirtschaftswald vermag auch den Forderungen des Naturschutzes in hohem Mass zu entsprechen. Denn ein solcher Wald zeichnet sich durch einen natürlichen Reichtum der Tierund Pflanzenwelt aus, der einem Urwald in keiner Weise nachsteht.» Die verbreitete Anwendung der Prinzipien des naturnahen Waldbaus dürfte denn auch der Grund dafür sein, dass dem Wald in der Schweiz punkto Biodiversität verhältnismässig gute Noten ausgestellt werden. Dennoch wurden in der schweizerischen Waldwirtschaft immer wieder Möglichkeiten geprüft, die Waldbiodiversität mit Massnahmen zu fördern, die ausserhalb der simplen Anwendung des Prinzips «naturnaher Waldbau» liegen. Grundsätzlich kann man diese Anstrengungen unterteilen: – die Massnahmen zur Förderung der Biodiversität sind eingebettet in die allgemeine Bewirtschaftung des betreffenden Waldes (integrativ); – die Massnahmen erfolgen spezifisch in speziell ausgeschiedenen Naturvorrangflächen (segregativ). Im Kanton Graubünden stellte sich die Frage, wie die Waldbiodiversität umfassend und systematisch gesichert werden kann, bei der Einführung der Waldentwicklungsplanung Mitte der 1990er Jahre. Erste Auskünfte dazu gab eine bei der Schweizerischen Vogelwarte bestellte Studie (1994). Seither wurde ein Rahmenkonzept Naturschutz im Wald (AfW 2000 ) beschlossen, es wurden zahlreiche Erfahrungen mit der Umsetzung von Naturschutzprojekten gesammelt und Resultate aus der Naturschutzforschung wurden zur Kenntnis ge-
nommen. Die nachfolgenden Thesen sind ein Fazit aus den dabei bis heute gemachten Erfahrungen. Klarheit zur Zielsetzung schaffen Schweizweit unbestritten ist die Formel, dass «im Rahmen der nachhaltigen Nutzung der Wald als naturnahe Lebensgemeinschaft erhalten werden soll». Was darunter genau zu verstehen ist, wird aber immer wieder verblüffend kontrovers diskutiert. Aufgrund der gemachten Erfahrungen erachte ich die Einhaltung dieser beiden Grundsätze als massgebend: – die natürliche Artengarnitur des Schweizer Waldes soll vollständig erhalten werden; – der natürliche Zustand des Waldes dient als Referenz. Für Arten, die sich nur sehr langsam ausbreiten, sind alte Bäume wichtig (Bild: Ueli Bühler)
Bündner Wald 3/2010 9
Dies bedeutet unter anderem, dass es bei den Naturschutzbemühungen nicht um die Maximierung der Biodiversität auf jeder Fläche geht. Von Natur aus artenarmen Waldtypen soll Platz eingeräumt werden. Ausserdem geniesst nach diesem Ansatz der Schutz des Lebensraumes Priorität gegenüber dem Schutz einzelner Arten. Allerdings weist ein vom Menschen unbeeinflusster Wald keinen streng definierten Einheitszustand auf. Urwälder sind Entwicklungen unterworfen, die das Aussehen eines Waldstückes stark verändern können. Nebst der Alterung von Baumbeständen bestehen zum Beispiel auch Einflüsse durch Pflanzenfresser oder Insektengradationen. Es versteht sich, dass der Waldnaturschutz
die ganze Bandbreite dieser natürlich möglichen Waldzustände abdecken soll. Eine intensive Forschung in Urwaldgebieten Osteuropas erlaubt mehr und mehr, die potentielle natürliche Biodiversität unserer Wälder abzuschätzen. Natürliche Dynamik zulassen ... Der eingangs zitierten These, wonach naturnah bewirtschaftete Wälder einen mit Urwäldern vergleichbaren Artenreichtum aufweisen, kann aufgrund neuerer Erkenntnisse nicht mehr vorbehaltlos zugestimmt werden. Aufgrund seiner langjährigen Untersuchungen über Holz bewohnende Käferarten in Deutschland bilanzierte etwa der Entomologe G. Möller 2009 : «Der weitgehende Ver-
Auf Ökonomie ausgerichtete Seilschläge in Kombination mit vollständigem Verzicht auf Eingriffe in die dazwischenliegenden Waldbestände. Damit entsteht ein Nebeneinander von Licht und sehr totholzreichem Wald – landschaftlich nicht schön, für die Waldbiodiversität aber interessant (Bild: Ueli Bühler)
10
Totholzförderung durch sehr hohes Abstocken mit einem Vollernter im Rahmen einer Sicherheitsholzerei am Rand eines stark frequentierten Weges – möglicher Ansatz für eine an heutige Rahmen-bedingungen angepasste Biodiversitätsförderung (Bilder: Ines Bühler)
lust ursprünglicher bzw. naturnaher Waldlebensräume in Mitteleuropa steht der häufig problematisierten Zerstörung der tropischen Regenwälder in nichts nach.» Angesprochen ist dabei hauptsächlich der Umstand, dass im Vergleich zu einem Urwald im bewirtschafteten Wald sehr viel weniger Holz zur Verrottung verbleibt, auch wenn die Bewirtschaftung naturnah erfolgt. Die Verrottung entsteht durch eine Vielzahl biologischer Vorgänge, angetrieben durch den Energiereichtum des Holzes. Entsprechend wichtig ist der Verbleib von bedeutenden Mengen von abgestorbenem Holz im Wald für die Waldbiodiversität. Ähnliches gilt für ganz alte Bäume, die als Substrat für Organismen mit sehr lang-
samen Besiedlungsabläufen wichtig sind wie Flechten, Moose oder Schnecken. ... aber nur begrenzt. Natürliche Dynamik umfasst auch Schlüsselfaktoren, welche den Wald drastisch verändern können wie etwa Feuer, Insektenkalamitäten etc. Obwohl die Bevölkerungsdichte in Graubünden im gesamtschweizerischen Vergleich tief ist, lässt die Durchdringung des Kantons mit Siedlungen und Verkehrsachsen in diesem Bereich aber kaum Spielraum zu. So müssen Waldbrände konsequent bekämpft werden. Ebenso klar ist, dass der Einfluss von Grossherbivoren auf die Vegetation durch die Jagd bestimmt werden soll, weil für ein freies Spiel der RäuberBündner Wald 3/2010 11
Beute-Beziehungen die Landschaft zu kleinflächig mit Nutzungsinteressen belegt ist. Biodiversitätsdefizite ausserhalb des klassischen Waldbildes einbeziehen: In Graubünden hat es sich eingebürgert, auch solche Naturschutzmassnahmen im Waldareal auszuführen, die sich nicht an einem natürlichen Waldzustand, sondern an alten Kulturlandschaften orientieren. Es handelt sich vor allem um Weidewälder und Kastanienselven. Das Nebeneinander von extensiv bewirtschafteten Magerwiesen und -weiden, Strauchgruppen und alten Bäumen ist die Grundlage für eine hohe Biodiversität dieser Biotope. Wahrscheinlich wird damit auch ein Teil jener biologischen Vielfalt gefördert, welche durch die Begrenzung der natürlichen Dynamik zu kurz kommt. Dadurch rechtfertigt sich ein Abweichen von den eingangs dargelegten Zielvorstellungen. Die Tätigkeiten in diesem Bereich belegen im Übrigen auch die Leistungsfähigkeit der Forstdienstorganisation im Naturschutz. Diese ist imstande, bei klar formulierten Zielen effizient und sachgerecht auch Aufgaben zu bewältigen, die stark von der klassischen Waldbewirtschaftung abweichen. Ökonomie auch beim Naturschutz beachten Gerade die sehr teure Erhaltung alter Kulturlandformen zeigt ökonomische Grenzen auf. Man kommt nicht darum herum, den Mitteleinsatz für Naturschutzmassnahmen auf bestmögliche Wirkungen zu optimieren. In dem Masse wie alte Kulturlandformen Ausdruck der damaligen ökonomischen Verhältnisse sind, ist es meines Erachtens legitim, nach neuen Mitteln der Biodiversitätsförderung Ausschau zu halten, welche sich optimal in die heutigen Rahmenbedingungen einfügen. 12
Vorrangflächen nach Massgabe der Qualität im übrigen Wald Die Verbindung der Biodiversitätsförderung mit anderen Zielen in einem Massnahmenpaket (integrativer Ansatz) dürfte in der Regel volkswirtschaftlich vorteilhafter sein, als die Verfolgung der verschiedenen Zielsetzungen auf getrennten Flächen (segregativer Ansatz). Welcher Umfang Naturvorrangflächen einnehmen sollen und welchen Zielen diese zu dienen haben, muss deshalb davon abgeleitet werden, wieweit die nicht als Naturvorrangflächen bezeichneten Wälder noch Defizite in der Waldbiodiversität aufweisen. Fairer Umgang mit Waldeigentümern Das Durchführen von Naturschutzmassnahmen setzt selbstverständlich die Zustimmung des Waldeigentümers voraus. Obwohl in Graubünden den Waldeigentümern bei Massnahmen zugunsten der Waldbiodiversität Restkosten verbleiben (gesetzliche Vorgaben), zeigen die Erfahrungen eine sehr hohe Motivation der Eigentümer für Naturschutzmassnahmen. Sicher spielt dabei die Tatsache, dass das Waldeigentum grösstenteils bei den Gemeinden liegt, eine entscheidende Rolle. Positiv dürfte sich aber auch ausgewirkt haben, dass immer auch auf die Einhaltung folgender Grundsätze geachtet wurde: – transparent vollzogene Interessensabwägung über alle Ansprüche an den Wald (Waldentwicklungsplanung); – stichhaltige Argumente für die geplanten Naturschutzmassnahmen; – Mitfinanzierung der Aufwendungen (Beiträge der öffentlichen Hand); – keine Bestrafung von Waldeigentümern, die dank früherer Rücksichtnahmen bei der Bewirtschaftung herausragende Naturwerte geschaffen haben
Gezielte BiodivGezielte BiodivFörderungGezielte im bewirtBiodivFörderung im bewirtschafteten Wald Gezielte Biodiversitäts-Förderung Freie natürliche Förderung im bewirtschafteten Wald Dynamik im bewirtschafteten Wald Dynamik schafteten Wald
Freie natürliche tegie – Typ Freie natürliche Dynamik Freie natürliche
Dynamik StrategieStrategie-Typ – Typ
KulturformKulturform / / Waldrand Kulturform / Kulturform/ Waldrand Waldrand Waldrand
Ergänzung der der Ergänzung Ergänzung der Schutzwaldpflege oder Aufrechterhaltung Schutzwaldpflege Schutzwaldpflege AufrechterhalAufrechterhalHolzproduktion mit Fördermassnahder oder Holzproduktion oder Holzproduktion Ergänzung der Massnahmen tung der snahmen tung der men, z.B. Auerhuhn Mischnutzungen Wälder ohne geplanmitzugunsten FördermassnahWälder ohne geplanmit FördermassnahMischnutzung Nutzungen Naturwaldreservate Schutzwaldpflege Mischnutzung te Nutzungen men, z.B. zugunsten Aufrechterhalte Nutzungen men,Holzproduktion z.B. zugunsten / Altholzinseln / oder Auerhuhn Naturwaldreservate
Naturwaldreservate /Naturwaldreservate Altholzinseln / Wäl-
Massnahmen /der Altholzinseln / / Altholzinseln / ohne geplante
Wälder ohne geplante Nutzungen
Auerhuhn tung der mit FördermassnahMischnutzung men, z.B. zugunsten Zunehmende Eingriffsstärke Auerhuhn Zunehmende Eingriffsstärke Zunehmende Eingriffsstärke Gut ausgebil-
Gut ausgebildete, dete, vielfälZunehmende Eingriffsstärke Gut ausgebiltige Krautvielfältige KrautNaturnaher Lebensdete, vielfälNaturnaher Lebensraum mit wenig und Strauchund Strauchschicht raum mit wenig Zutige KrautZusatzaufwand schicht in mit Naturnahersatzaufwand Lebensin Kombination undKombination Straucherausragenraum mit wenig Zualten Bäumen mit alten Bäu- ausgebilverschiedener Waldschicht inGut genschaft satzaufwand men entwicklungsphasen Kombination dete, vielfälmit alten BäuHerausfordeAlte Bäume, Anzustrebender tige KrautHerausforderunTeuer, Wert der An- Naturnaher LebensTeuer, Wert Anzustrebender men BessereOptimierung Optimierung Bessere rungen für die
Totholz, Alte Bäume, Für Biodiversität Alte Bäume, Für BiodiversiMosaik verschiedeTotholz, Mosaik herausragende tät herausragenAlte Bäume, ner Waldentwickverschiedener WaldBiodiversi- de Eigenschaft Eigenschaft Totholz, Mosaik lungsphasen entwicklungsphasen
genTotholz, für die Bio- Mosaik Anteil teil politisch, sachlich herleiBiodiversitätsdiversitäts nicht sachlich her-
von Synergieraum wenig Zuvonmit Synergie-Möglichkeiten
verschiedener Wald-ten, nicht politisch Möglichkeiten usforderunAnzustrebender Ansatzaufwand Förderung geleitet Förderung Bessere Optimierung für die Bio-entwicklungsphasen teil politisch, von Synergiersitäts nicht sachlich herProgrammvereinbarung Bund-GR 2008-11: Möglichkeiten Programmvereinbarung 2008-11: erung geleitet 3‘100 ha 327 ha
behandelte n behandelte Fläche 3100 ha 327 ha Fläche n Verteilung der 33 % 34 % % 33 % 34 Verteilung der Anzustrebender Anrammvereinbarung 2008-11: Finanzen Bessere Optimierung Finanzen 3‘100 ha 327 ha teil politisch, behandelte von SynergieRealisiertsachlich 2008-09: herläche nicht Realisiert 2008-09: Möglichkeiten 33 %3‘027 ha 34396 % ha Verteilung derbehandelte geleitet Fläche n behandelte Fläche 3027 ha inanzen 396 38ha % Verteilung der 17 % 17 % n Verteilung der 38 % Finanzen
und Strauchder anfallenanfallenden den Biomasse Biomasse gering schicht in Teuer,gering Wert
der anfallen-Kombination mit alten Bäuden Biomasse gering 181 ha men 181 ha 33 % 33 %
Teuer, Wert 181 haanfallender den Biomasse 337 33 ha %gering 337 ha 45 %
45 % isiert 2008-09: Finanzen ng 2008-11: 3‘027 ha 396 ha 337 ha behandelte 3‘100 ha 327 ha läche 17 % 38 % 45 % Verteilung derDas aktuelle Programm zur Förderung der Waldbiodivversität in Graubünden setzt auf ergänzende Massinanzen 33 % 34 %
nahmen im bewirtschafteten Wald und betont die beiden Extreme ungenutzter Wald auf der einen und
181 ha 33 %
Starknutzungen im Sinne alter Kulturformen auf der anderen Seite. Die Massnahmen werden von links nach rechts aufgrund zunehmender Arbeitsintensität teurer.
3‘027 ha
396 ha
durch Restriktionen (z.B. 17 %zwangsweise Schaffung von Waldreservaten).
versität im Wald über38 verschiedene Kanäle, % insbesondere auch mit allgemeinen Waldbaugeldern. Diese Lösung wurde ersetzt durch ein Förderprogramm 2008-11, dem eine Programmvereinbarung Waldbiodiversität mit dem Bund zugrunde liegt (vgl.
Konkrete Umsetzung Bis vor kurzem erfolgte die Unterstützung von Massnahmen zur Förderung der Biodi-
337 ha 45 %
Bündner Wald 3/2010 13
Bündnerwald 6/2007; S. 22-26). Aufgrund des geltenden Rahmenkonzeptes Naturschutz im Wald des Amt für Wald aus dem Jahr 2000 und dem vom Bund für die erwähnte Programmvereinbarung vorgegebenen Raster, lassen sich die Fördermassnahmen grob in die drei in obigem Schema dargestellten Strategie-Typen unterteilen. Das Schema vergleicht auch die in der Programmvereinbarung gesetzten Ziele mit den bisher realisierten Massnahmen. Dass die Ziele bereits nach 2 Jahren mehrheitlich erreicht werden konnten, ist einer vorsichtigen Zielsetzung sowie einer wesentlichen Mitfinanzierung durch den Kanton zu verdanken. Bei einigen Naturwaldreservaten hat sich auch die private Organisation Pro Natura finanziell mitbeteiligt. Sehr entscheidend für das Gelingen des Förderprogrammes ist die in den Waldentwicklungsplänen vorliegende Auslegeordnung von Naturschutz – Objekten. Weiterentwicklung Das Potential für Optimierungen bei der Biodiversitätsförderung im Wald schätze ich als sehr hoch ein. Um es ausschöpfen zu können, müssen aber wesentlich bessere
Grundlagen über die Natur unserer Wälder verfügbar sein. Literatur: Leibundgut, H. ( 1985 ): Der Wald in der Kulturlandschaft. Bedeutung, Funktion und Wirkungen des Waldes auf die Umwelt des Menschen. Haupt, Bern, Stuttgart. n Möller, G. ( 2009 ): Struktur- und Substratbindung holzbewohnender Insekten, Schwerpunkt Coleoptera-Käfer. Diss. Berlin, 284 S. n Monig, C. et al. ( 2009 ): Schlüsselwerte in Bergmischwäldern als Grundlage für eine nachhaltige Forstwirtschaft. Freyung. n Paillet, Y. et al. 2009 : Biodiversity differences between managed and unmanaged forests: meta-analysis of species richness in Europe. Conserv. Biol., 24 : 101–112. n Scherzinger ( 1996 ): Naturschutz im Wald – Qualitätsziele einer dynamischen Waldentwicklung, Stuttgart.
Ueli Bühler, dipl. Forsting. ETH, Dr. Amt für Wald Graubünden Loëstrasse 14, CH - 7000 Chur ueli.buehler@afw.gr.ch
ANZEIGE
Quer-Abschläge aus Eisenbahnschienen Auf gewünschte Längen ab Lager zu verkaufen Lagerplatz: RhB-Station Davos Wolfgang
Jürg Hämmerle Seewiesenstrasse 11, 7260 Davos Dorf Tel./Fax 081 416 14 86, Natel 079 683 79 11
14
Forschung in Naturwaldreservaten Naturwaldreservate dienen in erster Linie dem Naturschutz: hier darf sich die Natur ungestört entwickeln und bedrohten Tierund Pflanzenarten dienen sie als Refugium. Waldreservate sind aber auch interessante Forschungsobjekte: Hier untersuchen Wissenschafter, wie sich Wälder entwickeln, wenn auf die Bewirtschaftung verzichtet wird. Bereits im Jahr 1925 begann die Eidgenössische Forschungsanstalt WSL mit der Erforschung von nicht mehr genutzten Waldflächen im Nationalpark. Zur Schlüsselfigur in der Schweizer Reservatsforschung wurde dann Hans Leibundgut, Professor an der ETH Zürich. Ab 1948 sicherte er zahlreiche Reservate vertraglich und begann regelmässige Inventuren durchzuführen.
Heute führen die WSL und die ETH Zürich diese Waldforschung in 49 ausgewählten Waldreservaten gemeinsam weiter (siehe Karte, Abbildung 1), unterstützt vom Bundesamt für Umwelt ( BAFU ). In diesem Reservatsnetz sind alle wichtigen Waldtypen vertreten. Ziel dieser Forschung ist es, Unterschiede zwischen bewirtschafteten Wäldern und Waldreservaten nachzuweisen und so die Wirkung der Reservatspolitik des Bundes zu prüfen. Auch möchte man die Dynamik von waldbaulich unbeeinflussten Beständen besser verstehen und so Grundlagen liefern, um bei forstlichen Eingriffen die Naturkräfte möglichst nutzen zu können. Zudem liefert die Reservatsforschung Grundlagendaten für Computermodelle der Waldentwicklung.
Abbildung 1: Naturwaldreservate, in denen die Entwicklung der Waldstruktur mit unterschiedlicher Intensität erforscht wird. Einige Reservate liegen nahe beieinander und sind daher nicht separat dargestellt. (Kartendaten: dhm 25 und vector 25 © 2009, swisstopo [DVO33492.2 ]. Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo [DAO82265])
1. Adenberg 2. Aletschwald 3. Arena 4. Bannhalde, Langgraben, Rinsberg, Strassberg 5. Bettlachstock 6. Bödmerenwald 7. Bois de chênes 8. Combe Biosse 9. Derborence 10. Follatères 11. Fürstenhalde, Vorm Stein, Krummenlinden 12. Girstel 13. Grand Paine – auto Chia 14. Hobacher/ Salzbrunnen 15. Hüntwangenhalde 16. Josenwald 17. Kreisalpen 18. La Niva 19. Leihubelwald 20. Mettlenrain-Höchi 21. Montricher
22. Murgtal 23. Nationalpark 24. Pfynwald 25. Scatlè 26. Seeliwald 27. Seldenhalde/ Wutach 28. Selvasecca 29. Sihlwald 30. St. Jean 31. Steibruchhau 32. Tamangur 33. Tariche Bois Banal 34. Tariche Haute Côte 35. Thurspitz Rheinhölzli 36. Tiefenwald 37. Tösswald 38. Tutschgenhalden 39. Uaul Prau Nausch 40. Umikerschachen 41. Unterwilerberg 42. Val Cama – Val Leggia 11. Vorm Stein 43. Weidel 44. Weidwald
Bündner Wald 3/2010 15
40 30 0
10
20
Stammzahl [n/ha]
50
60
1965 1977 1989 2006
6 10
18
26
34
42
50
58
66
74
82
90
98
106
Durchmesserklassen à 4 cm Abbildung 2: Entwicklung der Durchmesserverteilung von 1965 bis 2006 im Reservat Scatlè bei Breil/Brigels. Daten der Kernfläche 2 auf 2.89 ha
Bis 2006 wurden bei den Inventuren, die alle 10 bis 15 Jahre stattfinden, die Bäume auf Kernflächen von 0,1 bis 3,5 ha Grösse individuell erfasst und ganze Abteilungen vollkluppiert. Diese Inventuren werden auf vielen Flächen weitergeführt. Neu werden Kernflächenaufnahmen mit Stichprobeninventuren ergänzt; diese sind mit dem Landesforstinventar sowie mit den Regionalinventuren im Kanton Graubünden kompatibel. Wichtig bei all diesen Erhebungen ist die Kontinuität. So werden die Bäume seit Jahrzehnten nach einem vorgeschriebenen Protokoll vermessen: der Stammdurchmesser auf 1,3 m über Boden und Grössen wie z.B. die Vitalität der Bäume, deren soziale Stellung oder die Schichtzugehörigkeit werden aufgenommen; bei 16
einem Teil der Bäume wird auch die Höhe gemessen. Wachsendes Reservatsnetz Die Gesamtfläche der Naturwaldreservate in der Schweiz nimmt laufend zu. Laut dem Bundesamt für Umwelt sind zurzeit 825 Reservate mit einer Fläche von gut 40 000 ha gesichert, was 3,25 % der Waldfläche der Schweiz ausmacht. Daneben gibt es die «heimlichen» Waldreservate: Auf 18 % der gesamtschweizerischen Waldfläche wird seit mindestens 50 Jahren kein Holz genutzt, auf der Alpensüdseite gar auf 54 % (Duc et al. 2010, S. 151). Diese Flächen überlappen sich stark mit den Waldreservaten, machen aber ein Mehrfaches der als Reservate ausgewiesenen Wälder aus.
Von den 49 erforschten Naturwaldreservaten (Abbildung 1 ) liegen 6 im Kanton Graubünden (Tabelle 1 ). Waldentwicklung: Meist langsam, manchmal abrupt Auswertungen der vorliegenden Datenreihen zeigen, dass sich die Waldstruktur nur langsam ändert: der Holzvorrat nimmt zu, und dicke Bäume sowie Totholz werden häufiger. Das Beispiel des Reservats Scatlè bei Breil/Brigels zeigt die Zunahme dicker Bäume (Abbildung 2 ). Oft sind die Veränderungen aber so langsam und so kleinflächig, dass sie ohne Monitoring unbemerkt bleiben würden (Abbildung 3). Trotzdem starben insgesamt im Reservat Scatlè von 1965 bis 2006 auf 2 Kernflächen von zusammen rund 6,4 ha 1252 Bäume mit einem BHD ≥ 4 cm ab (entspricht 5 Bäumen pro ha und Jahr). Im gleichen Zeitraum wuchsen 1834 Bäume über die Kluppschwelle von 4 cm ( 7 Bäume pro ha und Jahr). Die Dichte von Giganten (Bäume mit BHD ≥ 80 cm) nahm von
4 /ha (1965) auf 8 /ha ( 2006 ), von Dürrständern mit BHD ≥ 30 cm sogar von 13 /ha auf 35/ha zu. Für diese Auswertungen wurde die Grünerle ausgeschlossen, da sie in Scatlè nicht konsequent erfasst worden war. Im Reservat Val Cama/Val Leggia im Misox wurde 2009 eine Stichprobeninventur mit 125 Stichproben auf 237 ha in den Tannen-Buchen-Wäldern und Tannen-FichtenWäldern durchgeführt. In den Tannen-Buchenwäldern kamen 2,7 Giganten/ha vor (Bäume mit BHD ≥ 80 cm), in den Tannen-Fichten-Wäldern 3,1 /ha, etwas mehr als im Landesforstinventar, das in der montanen Stufe 1,3 Giganten/ha ausweist (Brändli et al. 2010, S. 197 ). Der dickste Baum im Val Cama war eine Tanne mit 153 cm BHD (Fuchs et al., in Vorbereitung). Die Vorstellung von unveränderlichen Naturwäldern im natürlichen Gleichgewicht dürfte mehr dem Wunsch als der Realität entsprechen. Es sterben nicht nur einzelne Bäume ab, sondern es bilden sich bei Störungsereignissen auch grössere Lücken,
Tabelle 1: Erforschte Naturwaldreservate im Kanton Graubünden
Nr. in Abb. 1
Name
25
Scatlè
23
Nationalpark
32
Tamangur
42
Val Cama / Val Leggia
18 39
Waldfläche (ha)
Gründungsjahr
Forschungsbeginn
Erforschte Waldtypen
24
1912
1965
Fichtenwald
4800
1914
1925
Fichtenwald, Lärchen- Arvenwald, Bergföhrenwald
86
2007
Geplant 2013
Arvenwald
1000
2006
2009
Buchen-Tannenwald, Tannen- Fichtenwald
La Niva
52
2006
Geplant 2011
Bergföhrenwald
Uaul Prau Nausch
66
2007
Geplant 2013
Fichtenwald
Bündner Wald 3/2010 17
Abbildung 3: Gegenhangfotografien des Urwaldes Scatlè bei Breil/Brigels. Oben: Aufnahme 1936, © 2010 swisstopo. Nächste Seite oben: Aufnahme 2009, P. Brang. Die Pfeile und Buchstaben bezeichnen Partien, wo sich die Waldstruktur verändert hat; a: eine Lawinenschneise wächst zu, b: eine neue Lücke ist entstanden, c: eine kleine Lücke wächst zu.
besonders durch Windwurf und Insektenbefall. In 11 der bis 2006 beobachteten 37 Reservate trafen solche Störungen in den vergangenen 30 Jahren mehr als nur einzelne Bäume. Am stärksten war das Naturwaldreservat Derborence/ VS betroffen, wo der Sturm Vivian 1990 und die ihm nachfolgenden Borkenkäfer einige Kernflächen beinahe ganz räumten. Hier hat sich bis 2009 eine üppige Verjüngung mit Vogelbeeren, Fichten und Tannen eingestellt, mit Stammzahlen von 18 000 Bäumchen/ ha ab 10 cm Höhe und von gar 27 600/ ha unter 10 cm Höhe (Zollinger 2010 ). Wichtig für die Fauna sind die sogenannten Habitatstrukturen: Merkmale an Bäumen, welche seltene Lebensräume bieten 18
wie Löcher im Stamm oder Kronentotholz. Im Reservat Val Cama/Val Leggia kamen 2009 im Tannen-Buchen-Wald 194 Habitatstrukturen/ha vor, im Tannen-FichtenWald 136 /ha. Etwa zur Hälfte handelte es sich um Totholz in den Baumkronen, weniger häufig waren Kronenbrüche, flächige Rindenverletzungen und Löcher am Stamm (Fuchs et al., in Vorbereitung). Insgesamt zeigen die Daten, dass die Wälder in Naturwaldreservaten Urwäldern auf den entsprechenden Standorten nach und nach ähnlicher werden. Relativ schnell nimmt dabei die Totholzmenge zu; langsamer verändert sich die Waldstruktur, die Dichte grosser alter Bäume und die Zusammensetzung der Baumarten.
Den Datenschatz pflegen und nutzen Der Datenschatz, mit dem wir heute arbeiten können, ist der ausdauernden und sorgfältigen Arbeit von mehreren Generationen von Wissenschaftern sowie unzähligen Mitarbeitenden zu verdanken. Der Wert der Datenzeitreihen nimmt mit jeder Inventur zu. Wir sind bestrebt, diesen Datenschatz zu pflegen und zu erweitern sowie für neue Fragestellungen nutzbar zu machen. Bisher standen die Strukturdynamik und Zuwachsfragen im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Doch inzwischen werden die Daten auch dafür verwendet, um abzuschätzen, wie der Schweizer Wald auf das sich ändernde Klima reagieren könnte. Die langen Zeitreihen und die Vielfalt der Standortstypen in den Reservatsdaten sind einzigartig. Mit dieser breiten Datenbasis lassen sich Computermodelle testen, welche es erlauben, die zukünftige Waldentwicklung
bei unterschiedlichen Klimaszenarien abzuschätzen. Informationen: www.waldreservate.ch Dank: Das Projekt Forschung und Wirkungskontrolle in Naturwaldreservaten wird vom Bundesamt für Umwelt unterstützt. Die Inventur im Val Cama/Val Leggia hat das Amt für Wald GR in verdankenswerter Weise mitfinanziert. Literatur: Brändli, U.-B., Abegg, M., Duc, P., Ginzler, C., 2010. Biologische Vielfalt. In: Brändli, U.-B. (Ed.), Schweizerisches Landesforstinventar. Ergebnisse der dritten Erhebung 2004 –2006. Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Bundesamt für Umwelt BAFU, Birmensdorf, Bern, SS. 187 – 228. n Duc, P., Brändli, U.B., Herold Bonardi, A., Rösler, E., Thürig, Bündner Wald 3/2010 19
E., Ulmer, U., Frutig, F., Rosset, C., Kaufmann, E., 2010. Holzproduktion. In: Brändli, U.-B. (Ed.), Schweizerisches Landesforstinventar. Ergebnisse der dritten Erhebung 2004 – 2006. Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Bundesamt für Umwelt BAFU, Birmensdorf, Bern, SS. 134 – 184. n Fuchs J., Brücker, R. L., Pellegrino, R., Brang, P., Heiri, C., in
Peter Brang Eidgenössische Foschungsanstalt WSL
20
Vorb., Stichprobeninventur im Naturwaldreservat Val Cama/Val Leggia. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt WSL. n Zollinger, N., 2010. Wirkung von Störungen auf die Baumverjüngung im Urwald von Derborence. Masterarbeit, Departement Umweltwissenschaften der ETH Zürich und Eidg. Forschungsanstalt WSL. Zürich und Birmensdorf, 56 S..
Caroline Heiri Eidgenössische Foschungsanstalt WSL
CH -8903 Birmensdorf
CH -8903 Birmensdorf
peter.brang@wsl.ch
caroline.heiri@wsl.ch
Wertvolle holzbewohnende Käferarten im Prättigau
Alpenbock (Rosalia alpina), die einzige in dieser Untersuchung nachgewiesene Urwaldreliktart (Bild: Thibault Lachat)
Eine grosse Zahl von Pilzen, Insekten und Vögeln sind auf altes und abgestorbenes Holz angewiesen. Es wird geschätzt, dass rund ein Fünftel bis die Hälfte der gesamten Waldflora und -fauna davon abhängig ist. Allein die xylobionten (holzbewohnenden) Käfer zählen fast 1400 Arten in Mitteleuropa. Da die traditionelle Nutzung und Pflege eines Waldes zwangsläufig die Totholz entstehung einschränkt, gleichzeitig aber möglichst das ganze Spektrum der einheimischen Organismenarten in unseren Wäldern bewahrt werden soll, stellt die Erhaltung der xylobionten Arten eine besondere Herausforderung dar. Zahlreiche dieser Arten, so zum Beispiel 20 % bis 60 % der xylobionten Käfer, werden auf so genannten Roten Listen gefährdeter Arten geführt, und deshalb wird Totholz in ganz Europa offiziell
als Indikator für eine nachhaltige und naturnahe Waldwirtschaft anerkannt. In der Schweiz hat das Totholzvolumen in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Das Landesforstinventar LFI3 ( 2004 – 2006 ) zeigt schweizweit eine Zunahme des Totholzvorrates um 80 % gegenüber dem LFI2 (1993 – 1995 ). Dies kann zu einem guten Teil dem Sturm Lothar (1999 ) zugeschrieben werden, nach dem viel Holz in den Wäldern liegenblieb. Solche Grossstürme bedeuten eine wichtige Zufuhr von Holzsubstrat, das den Zersetzungsprozess vom Frischholz über Moderholz zum Humus durchläuft und in jeder Phase Lebensraum für verschiedene Organismen bietet. Die Lage für die xylobionten Arten hat sich daher etwas entspannt. Die Lebensgrundlagen dieser Arten sind aber noch nicht gesichert. Seit einigen Jahren wird die Holzproduktion in vielen Wirtschaftswäldern im Zeichen der Energieholznutzung wieder intensiviert. Kürzere Umtriebszeiten, höhere Wertschöpfung der Erntereste und Verwertung auch minderwertiger Bäume könnten wieder zu einer Abnahme des Totholzes in Wirtschaftswäldern führen und somit ihr ökologisches Potential gefährden. Der Druck auf extensiv oder nicht mehr bewirtschaftete Wälder Kombifalle in einem Tannen-Buchen-Wald (Sunniwald) (Bild: Thibault Lachat)
Bündner Wald 3/2010 21
Zahlreiche Totholzkäfer sind auch auf ein reichhaltiges Blütenangebot angewiesen (Bild: Beat Wermelinger)
nimmt somit zu. Und gleichzeitig sollte die xylobionte Vielfalt erhalten bleiben. Käferfauna im Prättigau Im Rahmen eines vom Kanton Graubünden unterstützten Projekts untersuchte die Eidg. Forschungsanstalt WSL im Prättigau die xylobionte Käferfauna in drei verschiedenen Waldtypen, um wichtige Grundlagen für die Optimierung der Alt- und Totholzförderung zu gewinnen. Die untersuchten Waldbestände waren der Hochgrichtswald (Buchenwald bei Seewis, 750 m ü. M.), der Sunniwald (Buchen-Tannen-Wald bei Schuders, 1350 m ü. M.) und der Teifwald (Tannen-Fichten-Wald bei St. Antönien, 1500 m ü. M.). Diese Bestände werden seit längerer Zeit nicht mehr bewirtschaftet, und so konnte sich eine gewisse natürliche Dyna22
mik wieder etablieren. In solchen Beständen ist der Anteil an Altholz, also alten Bäumen mit Habitatstrukturen (Totäste, Baumhöhlen, Risse etc.) sowie der Totholzvorrat und die Totholzqualität (stehend, liegend, Abbaugrad) deutlich höher als in regelmässig bewirtschafteten Wäldern (durchschnittlicher Totholzvorrat im Hochgrichtswald 146,6 m3/ha, im Sunniwald 315,4 m3/ha und im Teifwald 119,1 m3/ha; Wirtschaftswälder rund 5 – 20 m3/ha). An jedem Standort wurden fünf Insektenfallen in einem gegenseitigen Mindestabstand von 50 Metern installiert. Die so genannte Kombifalle fängt sowohl als passive Flugfalle unspezifisch die fliegenden Insektenarten sowie infolge ihrer gelben Farbe als aktive Lockfalle spezifisch die blütenbesuchenden Arten. Die Fallen waren von Mitte Mai bis Mitte August im
Einsatz. Als Ergänzung dazu wurden zwei standardisierte Handfanginventuren bei guten Wetterbedingungen durchgeführt. Spezialisten im Totholz Von den über 70 Käferfamilien, die totholzbewohnende Arten aufweisen, wurden sieben typische und relativ einfach zu bestimmende Gruppen ausgewählt. Die Bockkäfer und Prachtkäfer entwickeln sich als Larven in Rinde und Holz von meist wenige Jahre altem Totholz. Die geschlüpften Käfer besuchen oft Blüten, um dort Pollen zu fressen. Von den Schrötern ist vor allem der Hirschkäfer bekannt, der aber als Eichenbewohner im Gegensatz zu einigen kleineren Verwandten in dieser Studie nicht gefunden wurde. Die Schröter entwickeln sich in mehrjährigem Totholz. Die Rosenkäfer und Schnellkäfer entwickeln sich in stark zersetztem oder schon mulmartigen Holzsubstrat. Auch hier sind einige als adulte Käfer Blütenbesucher. Schliesslich wurden auch zwei räuberische Familien bestimmt, nämlich die Buntkäfer und Feuerkäfer. Ihre Larven leben unter der Rinde und fressen Larven von beispielsweise Borkenkäfern oder anderen Insekten. Grosse Artenvielfalt Von diesen sieben Familien wurden in den Fallenfängen 1871 Individuen von 48 xylo-
bionten Käferarten gefunden. Die einzige Art, die beim Handfang zusätzlich gefangen werden konnte, war der Alpenbock (Rosalia alpina), der 2002 eine 50er-Briefmarke zierte und damit eine gewisse Berühmtheit erlangte. Insgesamt konnten in diesen drei Beständen also 49 xylobionte Käferarten aus den untersuchten Familien nachgewiesen werden (Hochgrichtswald: 38 Arten, Sunniwald: 26 Arten, Teifwald: 20 Arten). Die Tatsache, dass die Artenzahl mit zunehmender Höhenlage abnahm, ist einerseits auf den Temperatureffekt zurückzuführen, anderseits ist auch der Waldtyp entscheidend. Laubwälder (Hochgrichtswald, Sunniwald) weisen mehr Habitatstrukturen auf als Nadelwälder (Teifwald) wegen der komplexeren Architektur ihrer Bäume. Im Allgemeinen sind also Laubwälder der tieferen Lagen artenreicher als Nadelwälder der montanen Stufe. Jeder Waldtyp beherbergt aber eine eigene, spezifische Artengemeinschaft, gewisse Arten kommen nur auf einer bis zwei Baumarten vor. Regional gesehen spielen also alle Waldtypen eine wichtige Rolle für die Biodiversität. Obwohl nur wenige Arten ausschliesslich im Tannen-Fichtenwald beobachtet wurden, sind Nadelwälder ein wichtiges Reservoir für zahlreiche solche Nadelholzspezialisten.
Der Fleckenbock wurde in Misch- und Nadelwäldern gefunden (Evodinus clathratus) (Bild: Beat Wermelinger)
Bündner Wald 3/2010 23
Im Prättigau gefundene wertvolle xylobionte Käferarten
Deutscher Name
Wissenschaftlicher Name
Familie
Hochgrichtswald
Schwarzer Kugelhalsbock
Acmaeops septentrionis
Bockkäfer
x
Sechsfleckiger Halsbock
Anoplodera sexguttata
Bockkäfer
x
Platter Fichten-Scheibenbock
Callidium coriaceum
Bockkäfer
Schmalfühleriger Widderbock
Clytus lama
Bockkäfer
x
Tiefaugenbock
Cortodera femorata
Bockkäfer
x
Haarschildriger Halsbock
Corymbia scutellata
Bockkäfer
x
Fleckenbock
Evodinus clathratus
Bockkäfer
Goldglänzender Schmalbock
Leptura aurulenta
Bockkäfer
x
Alpenbock
Rosalia alpina
Bockkäfer
x
Brauner Fichtenbock
Tetropium fuscum
Bockkäfer
x
Kopfhornschröter
Sinodendron cylindricum
Schröter
x
x
Rotflügeliger Hakenhals
Denticollis rubens
Schnellkäfer
x
x
Zottiger Laub-Schnellkäfer
Stenagostus rhombeus
Schnellkäfer
x
Holzbuntkäfer
Tillus elongatus
Buntkäfer
x
x
12/38
5/26
Total der wertvollen xylobionten Käferarten / Total xylobionte Arten
Wertvolle Arten im Prättigau Als «wertvolle» xylobionte Arten wurden solche definiert, die zur prioritären Artenliste der Schweiz (www.cscf.ch), zur Roten Liste Deutschlands (existiert für die Schweiz noch nicht) oder zur Liste der Urwaldrelikte Deutschlands gehören. Alle diese Listen umfassen Arten, die gefährdet sind oder aus den bewirtschafteten 24
Sunniwald
Teifwald
x x
x
x
x
3/20
Wäldern Europas zu verschwinden drohen. Jede dritte xylobionte Art, welche im Prättigau nachgewiesen wurde, gehört somit zu dieser Liste besonders wertvoller Arten. Nur der Alpenbock gehörte aber zu den Urwaldrelikten. Dies kann mehrere Erklärungen haben: Einerseits ist es sehr gut möglich, dass Arten mit dem beschränkten Fangaufwand und der angewendeten Fangmetho
Der Kopfhornschröter (Sinodendron cylindricum)
Ein Pärchen des Schmalfühlerigen
entwickelt sich im morschen Buchenholz
Widderbocks (Clytus lama)
(Bild: Beat Wermelinger)
(Bild: Beat Wermelinger)
dik nicht erfasst wurden. Anderseits sind die im Prättigau untersuchten Wälder keine Urwälder. Obwohl sie heute ähnliche Totholzvorräte und Habitatstrukturen wie Naturwälder aufweisen, wurde die Habitattradition und damit auch die Faunentradition sicherlich im Laufe der letzten Jahrhunderte unterbrochen. Obwohl keine historischen Zahlen zu Totholz vorhanden sind, dürften die Totholzvorräte, wie sie heute zu finden sind, in der jüngeren Vergangenheit nicht existiert haben. Es ist zu vermuten, dass einige Urwaldrelikte früher im Prättigau vorkamen und dass sie der Bewirtschaftung der letzten Jahrhunderte zum Opfer fielen. Falls solche Waldbestände längere Zeit ohne Bewirtschaftung bleiben, würden sich wohl einige fehlende Urwaldrelikte wieder etablieren können.
bei einer Wiederaufnahme oder Intensivierung der Bewirtschaftung in seit längerer Zeit nicht mehr bewirtschafteten Beständen die natürliche Totholzdynamik mit entsprechenden Massnahmen auch weiterhin zu erhalten. Die fast gänzlich fehlenden Reliktarten sind wahrscheinlich ein Beweis für den Unterbruch der Habitatstradition durch die Bewirtschaftung in der Vergangenheit. Um die vorhandene Reliktart Alpenbock (Hochgrichtswald, aber auch Schraubachtal) und die anderen wertvollen Arten zu erhalten und zu fördern, könnten Waldreservate und / oder Altholzinseln eingerichtet werden. Aber auch Öffnungsschläge und Liegenlassen des Holzes zur Förderung des Blütenangebotes könnten bei Bedarf durchgeführt werden, müssten aber durch regelmässige Betreuung offen gehalten werden. Das Stehenlassen von ökologisch wertvollen grossen, alten Bäumen, so genannten Habitatsbäumen, würde die Habitatsqualität weiter verbessern und sollte auch im Rahmen einer weiteren Bewirtschaftung so geplant werden. Solche Massnahmen dienen nicht nur dem Erhalt der jetzt vorhandenen Artengarnitur, sondern sind auch die Basis für ein späteres Einwandern weiterer wertvoller Arten. Allerdings kann sich ein
Massnahmen zur Förderung der xylobionten Käfer Eine traditionelle Bewirtschaftung beeinflusst die xylobionte Käferfauna stark, insbesondere wegen des Unterbruchs des Totholzkontinuums, das sich seit der letzten Bewirtschaftung wieder zu etablieren begonnen hat. Gute Habitate für xylobionte Insekten brauchen viel Zeit. Es wäre darum wichtig,
Bündner Wald 3/2010 25
Einwandern gerade von Urwaldreliktarten über Jahrzehnte erstrecken und hängt von der grossräumlichen Habitatvernetzung und von der Ausbreitungsleistung der Arten ab.
Dr. Thibault Lachat
Nicht nur die xylobionten Käfer würden von den vorgeschlagenen Schutzmassnahmen profitieren, sondern auch Pilze, höhlenbrütende Vögel oder Fledermäuse.
Dr. Beat Wermelinger
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrasse 111, CH-Birmensdorf
Zürcherstrasse 111, CH-Birmensdorf
thibault.lachat@wsl.ch
beat.wermelinger@wsl.ch
ANZEIGE
www.florinett-holz.ch Ihr Mondholzlieferant für Bündner- Fichten, Lärchen, Föhren und Arven FORSTUNTERNEHMUNG / TRANSPORTE / SÄGEREI mit FSC Zertifikat
Querabschläge Typ Bergün für Waldstrassen und Wanderwege umweltfreundlich – stabil – preisgünstig Tel. 081 407 11 74 / Mobil 079 218 15 58 / Fax 081 407 22 04
26
Praxishilfe Orchideen im Bündner Wald Von den 73 Orchideenarten der Schweiz sind 52 auch im Kanton Graubünden vertreten. Einige Orchideen dringen von Norden her nur in die Herrschaft, andere mit primär mediterraner Verbreitung findet man nur im Misox. Bekannt sind die Orchideen aus den Tropen, wo sie hauptsächlich als Aufsitzerpflanzen (Epiphyten) auf Bäumen wachsen. In der Schweiz muss sich der Forstdienst nicht um Orchideen auf Bäumen sorgen: unsere Orchideen wachsen als Erdwurzler (Geophyten) nur unter den Bäumen. Die meisten Orchideenarten brauchen zum Gedeihen einen nährstoffarmen Boden und viel Licht. Orchideen sind konkurrenzschwach und können deshalb in intensiv bewirtschafteten Flächen nicht überleben. Kunstdünger vertragen sie überhaupt nicht, denn dieser zerstört die für Orchideen überlebenswichtigen Mykorrhizapilze im Boden. Zum Keimen sind Orchideen auf Gedeih und Verderb auf diese Bodenpilze angewiesen, welche den Sämling mit Nährstoffen versorgen. Hauptlebensraum unserer einheimischen Orchideen sind trockene Magerwiesen sowie Hecken und Feldgehölze. Für diese Arten besteht Grund zur Hoffnung: Mit der neuen Trockenwiesen und -weidenverordnung kann die nachhaltige Pflege dieser Lebensräume (d.h. Düngeverzicht, spätes Mähen) finanziell abgegolten werden. Andere Orchideen leben in Feuchtgebieten, aber auch nur in solchen, die nicht gedüngt und regelmässig gemäht werden. Orchideen können auch in Weidegebieten überleben, aber nur dort, wo die Weideintensität niedrig ist oder der Weidegang vor oder nach der Blütezeit stattfindet. 22 Orchideenarten sind in Graubünden ausschliesslich oder überwiegend in Wäldern anzutreffen. 19 Arten sind in Tabelle 1 mit ihrer Verbreitung in den fünf Forstregionen aufgeführt. Drei Arten sind in Bündner Wäl-
Moosorchis (Bild: Beat Wartmann)
dern häufig und nicht gefährdet: die FuchsFingerwurz, auch als «Geflecktes Knabenkraut» bekannt, das Grosse Zweiblatt und die Vogel-Nestwurz fehlen deshalb in der Tabelle. Gerade auf kleinen Waldwiesen oder Feuchtstellen im lichten Wald können natürlich weitere Orchideenarten in den Wald eindringen. Solche Stellen können wertvolle Orchideenstandorte sein als Rückzugsgebiet aus der Intensiv-Kulturlandschaft, welche heute weitgehend eine Orchideenwüste ist. Innerhalb des Waldes sind Orchideen in der Regel nicht gleichmässig, sondern geklumpt verbreitet. Dies hat hauptsächlich damit zu tun, dass die meisten Kleinpopulationen von einer Mutterpflanze abstammen und sich in deren Umkreis langsam ausbreiten. Auch sind die Boden-, Feuchte- und Lichtverhältnisse kleinräumig sehr unterschiedBündner Wald 3/2010 27
Langgliedrige Ständelwurz (Bild: Beat Wartmann)
lich. Viele Waldorchideen suchen Licht und Wärme und finden diese in Waldlichtungen, in Steilhängen, an Waldrändern sowie an Böschungen von Strassen und Waldwegen. Eine kleine Gruppe von Spezialisten, welche die Photosynthese aufgegeben haben und sich mykotroph ausschliesslich von ihren Bodenpilz-Partnern ernähren, können auch im tiefsten Waldesdunkel überleben: Es sind dies Korallenwurz, Widerbart und Vogel-Nestwurz. Im Folgenden möchte ich die einzelnen Orchideen(gruppen) kurz vorstellen und Hinweise für eine orchideenverträgliche Forstwirtschaft geben. Waldvögelein: Von den drei Arten ist das Rote am weitesten verbreitet und die einzige Art im Engadin. Das Bleiche dringt am weitesten ins Waldesinnere, die anderen beiden brauchen mehr Licht und sind daher 28
oft an Waldwegen zu finden. Alle Waldvögelein samen sehr spät (ab Oktober), daher sind Fruchtstände wenn möglich im Herbst zu schonen. Korallenwurz: Lebt im tiefen Schatten von moosigen, humusreichen Nadel- und Laubwäldern, im Herbst an den prallen, nickenden Fruchtkapseln gut kenntlich. Verträgt Auflichtung schlecht und geht bei zu starker Sonneneinstrahlung ein. Frauenschuh: Wohl die bekannteste Orchideenart der Schweiz. Der Kanton Graubünden hat noch sehr schöne Bestände und gesamtschweizerisch eine hohe Verantwortung für das Überleben der attraktiven Art. Die Art braucht Halbschatten, bei zu starkem Einwachsen des Bestandes verkümmert sie. Bekannte Vorkommen sind vor Kahlschlag zu verschonen, aber etwa alle 10 –15 Jahre behutsam auszulichten. Ständelwurz: Von den sieben EpipactisArten sind vier nur im nördlichsten Kantonsteil verbreitet. Diese Arten kommen in Buchenwäldern warmer Lagen vor, von E. placentina sind in der Schweiz bisher nur Vorkommen in den Gemeinden Malans und Sargans bekannt. E. atrorubens und helleborine sind weit verbreitet. Für E. distans hat der Kanton Graubünden eine gesamtschweizerische Verantwortung, liegt doch der VerbreitungsWiderbart (Bild: Beat Wartmann)
Waldorchideen in Graubünden, ausgewertet sind die aktuell bekannten Standorte aus der Datenbank der Arbeitsgruppe «Einheimische Orchideen» AGEO (ca. 11 000 Nachweise)
Vorkommen in den Forstregionen vb=verbreitet, lo=lokal, se=selten
1
2
3
4
5
Total Standorte in GR
Cephalanthera damasonium Bleiches Waldvögelein
17
40
4
17
0
78
Cephalanthera longifolia Langblättriges Waldvögelein
41
70
21
44
0
176
Cephalanthera rubra Rotes Waldvögelein
30
88
37
56
23
234
Corallorhiza trifida Europäische Korallenwurz
39
33
16
48
83
219
Cypripedium calceolus Frauenschuh
34
42
17
60
59
212
Epipactis atrorubens Braunrote Ständelwurz
vb
vb
lo
lo
se
>800
Epipactis distans Langgliedrige Ständelwurz
6
8
11
19
5
39
Epipactis helleborine Breitblättrige Ständelwurz
vb
vb
lo
lo
se
>500
Epipactis microphylla Kleinblättrige Ständelwurz
14
1
0
0
0
15
Epipactis muelleri Müllers Ständelwurz
9
0
0
0
0
9
Epipactis neglecta Übersehene Ständelwurz
1
2
0
0
0
3
Epipactis placentina Piacenza-Ständelwurz
10
0
0
0
0
10
Epipogium aphyllum Blattloser Widerbart
8
3
23
9
36
79
Goodyera repens Kriechendes Netzblatt / Moosorchis
22
32
17
92
80
243
Listera cordata Kleines Zweiblatt / Herz-Zweiblatt
64
26
35
64
82
271
Malaxis monophyllos Zartes Einblatt
22
9
11
21
6
69
Ophrys insectifera Fliegen-Ragwurz
18
49
31
85
31
214
Platanthera bifolia Zweiblättrige Waldhyazinthe
lo
vb
se
lo
se
>600
Platanthera chlorantha Grünliche Waldhyazinthe
4
37
14
74
6
135
Bündner Wald 3/2010 29
Netzblatt (Bild: Beat Wartmann)
schwerpunkt dieser Art in den inneralpinen Trockengebieten. Alle Epipactis-Arten blühen spät von Juni bis September. Sie kommen häufig an Strassen- und Wegböschungen vor, wo sie oft viel zu früh abgemäht werden. Langgliedrige Ständelwurz (Bild: Beat Wartmann)
30
Widerbart: Das Juwel unter den Waldorchideen. Diese Art ist empfindlich und blüht nur alle 4 bis 10 Jahre. Sie kommt nur in feuchten, schattigen Altbeständen in Tannen-, Fichten- und Laubmischwäldern vor. Diese Moderorchidee ist sehr selten, aber wohl in abgelegenen Waldpartien noch weiter verbreitet, als bisher bekannt. Sie verträgt keine waldbaulichen Massnahmen, bekannte Vorkommen sollten als Altholzinseln geschont werden. Netzblatt /Moosorchis: Extrem konkurrenzschwache Art, assimiliert mit grünen Blättern auch im Winter, verträgt daher kein Zudecken mit Blättern oder Altgras. In moosigen Föhrenwäldern, gern auf Graten und Kuppen, die im Winter schnell schneefrei sind. Kleines Zweiblatt: Diese winzige Waldorchidee findet sich meist in feuchten Senken oder auf modernden Baumstrünken
Tabelle 2: Waldwirtschaft und Orchideenschutz
Massnahme
Orchideenfreundliches Vorgehen
Holzernte
Schwere Maschinen (Harvester) führen zur Bodenverdichtung und zerstören Orchideen und das Pilzmyzel der Mykorrhizapilze im Boden. Deshalb Holzernte bevorzugt bei gefrorenem Boden.
Schlagräumung
Zurückhaltende Schlagräumung, nicht mit Maschinen kreuz und quer im Wald herumfahren. Schlagdepots gezielt anlegen, nicht auf Orchideenvorkommen platzieren.
Holzlagerung
Stammholz nicht in Waldlichtungen und an Waldrändern lagern. Diese sind wertvolle Lebensräume für Orchideen und andere seltene Pflanzen.
Kahlschlag
Grossflächige Kahlschläge sind problematisch und sollten in bekannten Orchideengebieten unterlassen werden. Plenterwirtschaft ist am orchideenfreundlichsten.
Wegebau
Bei der Verbreiterung von Waldwegen gehen bergseits viele Orchideenstandorte verloren. Vor einer Verbreiterung abklären, wo Orchideenvorkommen bekannt sind.
Mähen von Böschungen
Verzicht auf das frühzeitige Abmähen von Böschungen an Waldwegen und Strassen. Wo der Kurverein wegen «Zeckengefahr» ein Zurückschneiden der Vegetation wünscht, nicht möglichst bodennah abmähen, sondern mit 30-40 cm Abstand. Orchideenfreundliches Mähen erfolgt erst ab September! Mähgut abführen, nicht mulchen (Düngeeffekt).
in Nadelwäldern. Die Art ist nur etwa 5 cm hoch und deshalb so unscheinbar, dass der Forstdienst sie kaum wahrnehmen dürfte. Einblatt: Auch diese Art ist sehr unscheinbar mit winzigen Blüten. Sie gedeiht hauptsächlich an nordexponierten krautigen Böschungen, oft auch an Waldwegen. Wichtig für die Art ist eine konstant hohe Luftfeuchtigkeit. Die Art verträgt keine Kahlschläge und verkümmert bei zu hoher Sonneneinstrahlung. Ragwurz: insectifera ist die einzige OphrysArt, die in lichte Föhrenwälder eindringt. Hier ist sie oft auf Graten, Kuppen oder in Rutschungen zu finden. Waldhyazinthe: Von den beiden Platanthera-Arten ist bifolia bei weitem die häufigere. Beide Arten sind in lichten Wäldern anzutreffen, gerne auch an Böschungen von Waldwegen. Beide Arten leiden durch zu frühes Mähen solcher Böschungen. Fazit: Was also ist orchideenverträgliche Forstwirtschaft? Wichtige Hinweise gibt
Tabelle 2. Wenn nur schon das vielleicht gut gemeinte, aber letztlich verheerende Abfräsen von Waldstrassenböschungen viel zu früh im Mai verhindert werden kann, ist für den Orchideenschutz viel erreicht. In dieser Hinsicht tut Aufklärung Not, unser schweizerischer «Sauberkeitsdrang» ist fehl am Platz. Forstdienst und Strassenunterhalt sind gefordert. Literatur: Wartmann, Beat A. (2008): Die Orchideen der Schweiz, ein Feldführer. 2. Aufl. Bern: Haupt.
Beat Wartmann , Biologe Vizepräsident SVS-BirdLife Schweiz CH - 8102 Oberengstringen beat.wartmann@zb.uzh.ch
Bündner Wald 3/2010 31
Praxishilfe Förderung seltener Baumarten 1. Worum geht’s? 1.1. Seltenheit und Gefährdung Seltenheit ist ein relativer Begriff. So ist beispielsweise der nicht gerade seltene Kirschbaum im Schweizer Wald rund 40mal seltener als die Buche. Die Elsbeere ist wiederum etwa 50-mal seltener als der Kirschbaum und der Speierling ist nochmals 100-mal seltener als die Elsbeere – also rund 200 000-mal seltener als die Buche! Ganz generell ist Seltenheit ein wesentlicher Faktor für die Gefährdung einer Art. Bei Arten mit wenigen und kleinen Teilpopulationen steigt das Risiko, mit einem Schlag einen
beträchtlichen Teil des Bestandes und des vorhandenen Erbgutes zu verlieren (genetische Drift). Dadurch werden der wichtigste Selbsterhaltungsmechanismus jeder Art, ihre genetische Vielfalt und damit ihre Anpassungsfähigkeit reduziert. Unter einer gewissen Schwelle sterben Arten mit grosser Wahrscheinlichkeit aus. 1.2. Effektive Förderung Dem Aussterben nahe Arten längerfristig zu erhalten ist extrem schwierig und aufwendig. Deutlich günstiger ist es, Populationsveränderungen seltener Arten frühzeitig zu erkennen und fördernd einzugreifen, bevor
Im Übergang von hohem Wuchspotential (blau) und geringem Konkurrenzdruck (rot) liegt der Bereich mit der grössten Effentivität von Förderungsmassnahmen (violett) (Bild: A. Rudow, 2010)
32
die Anpassungsfähigkeit in Frage gestellt ist. Bei potentiell gefährdeten (z.B. Eibe) bis gefährdeten Arten (z.B. Elsbeere) kann mit relativ geringem Aufwand massgeblich zur Erhaltung beigetragen werden. Effektive Förderung setzt immer bei der Schaffung oder Erhaltung stabiler, d. h. ausreichend grosser Kernpopulationen an. Dies kann durch Erhöhung der Individuenzahlen und/oder durch Vernetzung von Teilpopulationen zu grösseren Kernpopulationen erfolgen. Auf jeden Fall lohnt sich eine regional bis national koordinierte Förderungsstrategie. 1.3. Optionen erhalten Einige seltene Baumarten (z. B. viele Wildobstarten, Nussbaum, Eibe) liefern äusserst wertvolles, wegen des geringen Angebots und fehlender Pflege aber kaum valorisierbares Holz. Die Förderung kann also neben Naturschutz auch durch die Holzproduktion motiviert sein. Die Rentabilität seltener Baumarten ist dabei zwar nicht garantiert, doch in jedem Fall können Optionen auf mögliche zukünftige Werte erhalten und Bestände sowie Betriebe diversifiziert werden. Man stelle sich vor, im Churer Rheintal wären vor 80 Jahren systematisch Nussund Kirschbäume waldbaulich gefördert worden und heute stünden grosse hiebsreife Bestände dieser Edellaubhölzer zur Verfügung! 1.4. Grundsätze aus und für die Praxis Im Rahmen des Projektes Förderung seltener Baumarten ETHZ /BAFU (kurz: Projekt SEBA ) konnten wesentliche Grundlagen für die Förderung einiger seltener Arten geschaffen werden. Der Austausch zwischen Forschung und Praxis ergab auch wertvolle Hinweise zur praktischen Förderung: 1) Wahrnehmung vorausgesetzt! Oft werden Vorkommen seltener Baumarten auch durch Waldfachleute übersehen. In un-
bewusster Erwartung von Hauptbaumarten wird die Wahrnehmung für viele Raritäten ungewollt ausgeschaltet. Es muss mit dem Unvorstellbaren gerechnet werden! Ausserdem ist eine systematische Dokumentation auch zufälliger Funde und die Weitergabe der Information notwendig (z.B. Eintrag in Bestandeskarte). 2) Pflegeaufwand optimieren heisst Wuchspotential und Ökologie genau kennen! Der Pflegeaufwand für die Förderung seltener Baumarten ergibt sich aus der Wuchskraftdifferenz zur dominanten Hauptbaumart (∆). Effizient sind Förderungsmassnahmen auf Standorten, wo diese Differenz möglichst gering ist. Leider ist das Wuchspotential oft nicht einmal bekannt. 3) Geeignetes Pflanzmaterial verwenden! Lange passiert nichts und plötzlich muss es dann ganz schnell gehen. Gutes Pflanzmaterial von geeigneter einheimischer Provenienz braucht aber seine Zeit. Eine mittelfristige Planung und ggf. eine regionale Koordination (z.B. Auftragsnachzucht) sind nötig. 2. Fallbeispiel Holzapfel und Wildbirne – Wiederentdeckung unbekannter einheimischer Baumarten 2.1. Verbreitung und Gefährdung Bei genauerem Hinsehen lassen sich Holzapfel (Malus sylvestris) und Wildbirne (Pyrus pyraster) auch in Graubünden finden. Entgegen der landläufigen Meinung sind beide Wildobstarten ursprünglich einheimische Baumarten. Die Schweiz liegt sogar mitten in deren natürlichem Verbreitungsgebiet. Ab der Pfahlbauzeit ist die Nutzung der Wildobstarten durch den Menschen belegt. Heute sind beide Arten stark durch menschliche Einflüsse überprägt sowie gefährdet. Die ursprünglichen Wildarten-Genpools drohen angesichts der jahrhundertelangen Verdrängung durch eingeführte Bündner Wald 3/2010 33
Kultursorten sowie durch Einkreuzung asiatischer Arten verloren zu gehen. Bei der Wildbirne ist die Situation insofern weniger problematisch, als Kulturbirnensorten mehrheitlich von unserer europäischen Wildbirne abstammen und Verwilderungen deshalb zur Wildbirnenpopulation im weiteren Sinn (Pyrus pyraster s.l.) gezählt werden können. Ausserdem konnten im Jura noch relativ ursprüngliche Teilpopulationen gefunden werden. Allerdings ist die Wildbirnenpopulation mit schweizweit weniger als 5000 Individuen als stark gefährdet einzustufen. Beim Holzapfel ist die Situation aus zwei Gründen problematisch. Erstens wurden bei der Kultur und Züchtung von Kulturapfelsorten meist asiatische Wildapfelarten aus dem Nahen Osten, dem Kaukasus und aus Zentralasien eingekreuzt (Malus praecox, Malus dasyphylia, Malus sieversii, Malus orientalis), sodass Verwilderungen eigentlich nicht mehr zur Holzapfelpopulation im weiteren Sinn (Malus sylvestris s.l.) gezählt werden können. Zweitens fehlen für den Holzapfel in der Schweiz eine flächendeckende Inventur und Kenntnisse von mehr oder weniger ursprünglichen Teilpopulationen. Es ist zu befürchten, dass unter den rund 40 000 mehrheitlich aus Verwilderung stammenden Individuen in der Schweiz letzte Relikte der ursprünglichen Holzapfelpopulation unerkannt verschwinden und unwiederbringlich verloren gehen werden. 2.2. Arterkennung Ein gutes Indiz für Ursprünglichkeit sind die Sprossdornen bei der Wildbirne und scheinbaren Sprossdornen beim Holzapfel, die den Kultursorten fehlen. Ausserdem haben die Wildarten unbehaarte oder nur schwach behaarte und lang gestielte Blätter. Die zuverlässigsten Erkennungsmerkmale liefern aber die Früchte: 34
Scheinbare Sprossdornen an jungem Holzapfelstamm (Bild: A. Rudow, 2010)
Holzapfel: kugelig, 3,5 – 4,0 cm, gelb (höchstens sonnseits leicht rötlich), adstringierend (nie süsslich). Wildbirne: kugelig, 3,0 – 3,5 cm, grün bis gelb-braun (nie rötlich), adstringierend (nie süsslich), viele Steinzellen. 2.3. Ökologische Nische Am ehesten sind Vorkommen von Holzapfel und Wildbirne in Feldgehölzstreifen und einwachsenden Weiden bekannt. Auch auf solchen, stark durch den Menschen beeinflussten Standorten können ursprüngliche Wildarten-Exemplare angetroffen werden. Bis ins 19. Jahrhundert wurden Veredelungen von Kultursorten nämlich häufig auf im Wald geholten Wildarten-Unterlagen gemacht, sodass Stockausschläge aus den Unterlagen abgestorbener Kulturbäume
durchaus zur ursprünglichen Wildpopulation gehören könnten. Im Wald weisen die beiden Arten zwei weitere ökologische Nischen auf. Wie viele andere lichtbedürftige und konkurrenzschwache Baumarten kommen Holzapfel und Wildbirne auf trockenen bis dürren Eichenwaldstandorten vor – hier allerdings oft nur in Strauchform. Wenig bekannt ist, dass beide Arten zudem auf wechseltrockenen Orchideen- und Pfeifengras-Föhrenwaldstandorten eine zweite ökologische Nische haben. Aufgrund des geringen Porenvolumens von tonig-mergeligem Untergrund schwankt die Wasserverfügbarkeit hier stark und gelegentliche Rutschungen bringen immer wieder Licht und begünstigen zudem die wurzelbrütigen Wildobstarten. 3. Fallbeispiel Eibe – Wiedereinbringung auf geeigneten Standorten im Wald 3.1. Verbreitung Für die Zukunft ist eine dichtere Besiedlung der Bündner Wälder durch die Eibe (Taxus baccata) wünschenswert, zumal sie in weiten Teilen des Kantons ideale Standorte vorfinden würde. Aus alten Quellen sind Standorte bekannt, auf denen die Eibe heute verschwunden ist. 3.2. Wahrnehmung von Verjüngung Überall dort, wo man kleine, verstreute oder isolierte Vorkommen unterstützen möchte, sollte mit der vorhandenen Naturverjüngung gearbeitet werden. Meist fehlt es an der Wahrnehmung der Keimoder Sämlinge (vgl. 1. Grundsatz). Denn Eibensämlinge werden fast immer als junge Weisstannen (Abies alba) angesehen. Um die Verjüngungssituation zu verdeutlichen, sollten die gefundenen Pflanzen markiert werden. So kann zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden, wel-
Kugelige, gelbbraune Früchte der Wildbirne (Bild: Forstschutz & Dendrologie ETHZ, 1995)
che Bäumchen das Potential besitzen, geschützt und gefördert zu werden. Will man Jungbestände künstlich begründen, sollte unbedingt Pflanzmaterial mit der regionalen Provenienz verwendet werden (vgl. 3. Grundsatz). 3.3. Aufwuchs und Schutz Durch den Verbiss von Schalenwild verschwinden viele Jungeiben, bevor sie überhaupt wahrgenommen werden können. Die Verjüngung kann dem Einfluss des Wildes mit einfachen Mitteln entzogen werden. Anfangs kann mit einer 20 – 30 cm langen Wuchshülle (z.B. gekürzter DOKEinzelschutz) gearbeitet werden. Mit dieser Methode bleibt die Eibe auch für regelmässige Kontrollgänge wieder auffindbar und kann über einige Jahre beobachtet werden. Fällt die Pflanze in dieser Phase aus, sind die Investitionen für einen dauerhafteren Einzelschutz eingespart. Erst wenn sich der Terminaltrieb der Öffnung nähert und das Risiko besteht, vom Wild verbissen zu werden, sollte ein dauerhafter und genügend grosser Drahtkorb erstellt werden. Erfahrungen haben gezeigt, dass die Schenkellänge eines dreieckigen Einzelschutzes mindestens 1,2 m, noch besser 1,5 m betragen sollte. Viereckige DrahtBündner Wald 3/2010 35
Eiben haben über mehrere Jahre
braunes Stämmchen und stumpfe Nadeln
(Bild: J. Hassler, 2005)
(Bild: J. Hassler, 2010)
körbe sollten eine Kantenlänge von mindestens 1,0 m aufweisen. Grosse Körbe erleichtern auch das Ausmähen im Einzelschutz. Eine regelmässige Kontrolle der geschützten Pflanzen über mehrere Jahre ist notwendig.
tentrieben sowie zum vollen Potential der Fruktifikation, was wiederum zur natürlichen Verjüngung führt. Bei der Auflichtung der Oberschicht soll darauf geachtet werden, dass die Kronen durch nichts überdeckt werden. Sie sollen in einem eigentlichen Lichtschacht wachsen können und direktes Licht von oben erhalten. Werden die Eibenbestände zu stark aufgelichtet, nimmt die Bodenvegetation unerwünscht stark zu. Dies erschwert die Ansamung und der Aufwand für die Pflege des Eibenjungwuchses wird unnötig verteuert. Ideal für die Ansamung scheint eine relative Lichtstärke (Freistand = 100 %) von 30 – 40 % zu sein, die dann während des Aufwuchses sukzessive auf 10 – 20 % reduziert werden kann.
3.4. Lichtdosierung Ein wesentlicher Faktor für die Eibenförderung sind gute Lichtverhältnisse. Sowohl Alt- als auch Jungbäume brauchen genügend Licht. Wie allgemein bekannt, sind Eiben befähigt, mit sehr wenig Licht zu überleben. Sollen sie sich aber gut entwickeln, braucht es weit mehr als nur das absolute Minimum. Optimale Lichtverhältnisse führen zu einem dichten Nadelkleid, entsprechend langen Terminal- und Sei36
Tannen haben von Anfang an ein grau/
ein grünes Stämmchen und spitze Nadeln
ANZEIGE
Literatur: Bundesamt für Umwelt (BAFU, Waldbiodiversität): www.bafu.admin.ch/biodiversitaet/ 07982 ■ Projekt Förderung seltener Baumarten (SEBA ETHZ/BAFU, Grundlagen): www.seba.ethz.ch ■ Amt für Wald Graubünden (AFW, Biodiversität, Checklisten + Richtlinien): www.gr.ch/DE/institutionen/ verwaltung/bvfd/afw/dienstleistugen/3_4_ biodiversitaet/naturschutz ■ Amt für Wald Graubünden (AFW, Ausbildung, Weiterbildungskurse): www.gr.ch/DE/institutionen/ verwaltung/bvfd/afw/dienstleistungen/ 3_6_1_schulung_forstpersonal
Andreas Rudow
eigene Samen- und Pflanzenpoduktion
Implantierungsmethode für Hochlagen Alpine Ökotypen-Samen und Pflanzen Erosionsschutzpulver, Dünger, Jute usw. eigene Samenmischanlage
Strassenbau, Skipisten, Landwirtschaft Standortgerechte Mischungen Objektbesichtigung gratis
ETHZ CH - 8092 Zürich
andreas.rudow@ens.ethz.ch
Jürg Hassler Amt für Wald Graubünden CH - 7000 Chur
juerg.hassler@afw.gr.ch
Bündner Wald 3/2010 37
Praxishilfe Waldameisen – Hegepraxis
forstpersonal aus den Südtälern beim ersten Waldameisen-Seminar. Ein Thema dabei war die geschützte Not-Umsiedlung eines Volkes (Bild: Ralf Fluor)
Waldameisenschutz und Hege sind in unserem Lande über lange Jahre vernachlässigt worden. Dass diese Frage im Schweizer Forstwesen eine ganz neue Bedeutung erhielt, ist Bündner Förstern zu verdanken. Das erste Waldameisenseminar, nur für Förster aus den Bündner Südtälern, fand am 10. August 2007 im Bergell statt. «Es sind alle da, wir können beginnen», so begrüssten Forstingenieur Giachem Bott aus Zuoz und Revierförster Ralf Fluor aus La Punt ihre Kollegen aus den Bündner Südtälern. Eine kurze Einführung über die Bedeutung der Waldameisen, vor allem auch im Kampf gegen Schadinsekten der Wälder, führte sofort hinüber in die Praxis. Man nahm unter den 17 Anwesenden rasch zur Kenntnis, dass hier nicht Theorien zu erwarten waren. Man stand nach wenigen 38
Minuten vor einem ehemals starken, alten Nestbau. Die Frage nach der Ursache dieses Sterbens war schnell geklärt: Man hat dieser Gebirgsameise, der Formica lugubris, den Schutzbaum weggeschnitten. Das Volk verliess den Bau gestresst. Vereinzelte Jungvölker in der Nähe überlebten den Winter nicht. Man kam weiter, von Fall zu Fall. Die Diskussionen zeigten mehr und mehr auf, wie einfache Massnahmen Völkern das Überleben gesichert hätten. Da war ein Millionenvolk mit Brennnesseln überwuchert. Die Sonnenwärme drang nicht mehr ins Nestinnere, das Volk ging ein. Bei einem weiteren Volk wurden die Brennnesseln entfernt. Das Volk überlebte in voller Kraft. Da wurde eine ganze Kolonie in einem Jungwald völlig beschattet und starb aus. Einem ehemals starken Volk versperr-
Fichtenstock wird zu einem Mehrfamilienhaus für Ameisen (Bild: Jürg Hassler)
ten herumliegende Äste die Fouragierwege. Das Volk serbelte elend dahin. Einem weiteren Volk wurden diese Ameisenwege etwas geöffnet. Das Volk erstarkte zusehends. Wir erkannten gemeinsam, wie in vielen Fällen einfaches Wissen über sorgfältige und artgerechte Hege Hunderten von Völkern das Überleben sicherstellen könnte. Früher gab es auch keine WaldameisenHege, und die Völker überlebten gut Während die Waldameisenvölker in den Höhenlagen, in den Bergtälern, weitgehend noch Vollbestände aufweisen, haben wir im Schweizer Mittelland die Völker oft bis auf wenige Restbestände vernichtet. Wertvolle Waldameisenvölker wurden bisher oft leichtfertig weggeschaufelt, weggetraxt, überschleift, wo immer sie im Wege waren. Waldameisen in der Nähe von
Wohn- und Stallbauten wurden vernichtet. Wohl am schlimmsten wirkten die Erweiterungen von Waldstrassen. So wurden die alten Lebensräume unserer Waldameisen mehr und mehr eingeengt und die Völker weggeschafft. Trotzdem sie eigentlich geschützt wären, hat man sich nur eher selten für bedrohte Völker eingesetzt. Das Verfahren, wie man solche Nester erfolgreich disloziert, war nicht bekannt. So wurden Zehntausende dieser wertvollsten Völker oft gedankenlos zerstört. Deshalb war die Aktion der Bündner Förster so wichtig: Hier war das kantonale Forstamt in vorbildlicher Art federführend. Der erste Einsatz der Förster der Südtäler zeigt, wie wichtig es ist, wenn Einzelne eine Initiative ergreifen. Die Rettung der letzten WaldameisenBestände in einer Waldregion ist jetzt von entscheidender Bedeutung Überall dort, wo nur noch letzte Restbestände von Waldameisen-Völkern leben, ist es ganz und gar entscheidend, dass diese unbedingt geschützt und artgerecht gehegt werden. Soll ein Wald neu von Jungvölkern besiedelt werden, spielen die alten Stammvölker eine wichtige Rolle. In ihrer Umgebung bilden sich neue, junge Ablegervölker, und aus diesen Ablegervölkern können sich nach und nach die Bestände wieder regenerieren. Jungköniginnen, von aussen eingeflogen, überleben mit ihrem Jungvolk nur
Waldameisen Angesprochen ist mit diesem Artikel die Gruppe der Roten Waldameisen, die in der Schweiz sieben Arten umfasst. Total leben in der Schweiz 135 Ameisen-Arten, wovon rund 60 auch in Graubünden nachgewiesen sind. Nebst den Roten Waldameisen kommen auch andere Ameisen-Arten im Wald vor und besetzen da verschiedene ökologische Nischen wie Baumstämme, Totholz oder bauen Erdnester.
Bündner Wald 3/2010 39
Die Waldameise «Formica lugubris» vernichtet Zecke
1. Ixodes ricinus Schildzecke 2. Ixodes ricinus wird gepackt und eingesäuert 3. Ixodes ricinus wird von der Formica lugubris ausgesaugt (Bilder: Walter Hunkeler, Soglio)
1
2
3
40
sehr selten, wie eine Forschung im Kanton Zug seit Jahren zeigt. Deshalb ist es so wichtig, dass Forstpersonal – aber auch Freiwillige – artgerechte Schutz- und Hegemassnahmen kennenlernen. Ein Wort zur Entwicklung der Zeckenmassen Eine Arbeitsgruppe, in der auch Bündner Förster mitmachen, versucht seit zehn Jahren, ein Verfahren zu entwickeln, welches Jungköniginnen und ihrem Jungvolk das Überleben ermöglicht. Sie arbeitet unter dem Namen: Waldameisen gegen Zecken. Nun ist es dem Makrofotografen Walter Hunkeler aus Soglio gelungen, in einem kurzen Dokumentarfilm aufzuzeigen, wie eine Waldameise eine adulte, eine reife Zecke packt, einsäuert, von hinten aussaugt und wegträgt. Dieses wichtige Filmdokument zeigt, dass Waldameisen adulte, ausgewachsene Zecken vernichten. Wirksamer aber dürften Waldameisen im Kampf gegen die Zeckenmassen werden, indem sie die Zeckenlarven, die Zeckennymphen, Vorstufen in der Entwicklung der Zecken, vernichten. Ein einziges Gelege umfasst mehr als tausend Eier. So lässt sich eine ganze Zeckenbrut von Waldameisen leicht orten und vernichten. Gleichzeitig mit dem signifikanten Aufkommen von neuen Zeckenmassen haben wir wahrscheinlich ihre wichtigsten Feinde, die Waldameisen, vernichtet. Man kann da verschiedene Ansichten vertreten. Die grösseren Zusammenhänge sind klar erkennbar. Das Bergell als Schweizer Waldameisenzentrum, Behörden und Organisationen im Kanton sind gefordert Seit 2006 wurden im Bergell auf privater Basis, finanziert durch die OPO-Stiftung aus Zürich, Waldameisen-Seminarien durchgeführt. Sie wurden inzwischen von vielen
park liesse sich hier, zunächst ohne grossen Aufwand, eine Station schaffen, die sich in der ganzen Schweiz bis in die ferne Zukunft hinein segensvoll auswirken würde. Behörden und Organisationen in Graubünden sind gefordert. Jetzt fallen erste, wichtige Grundentscheide. Morgen ist es vielleicht zu spät.
Das Dreibein schützt Waldameisen-Völker bei Holzernten. Hohe Schneelagen lassen die Waldameisen-Bauten nicht immer erkennen
Die Hegepraxis im Alltag Wilde Schutzmassnahmen schaden oft mehr als sie nützen. In einer künftigen WaldameisenHegegruppe sollte dringlich mindestens ein Schutzwart, eine Schutzwartin eine Ausbildung gemacht haben. Es ist geradie die Praxis, die Ausbildung anhand vieler Beispiele, die aufzeigt, wo und in welcher Art sich Eingriffe eindrängen. Entscheidend ist, alle Massnahmen in sehr kleinen Schritten und mit grosser Sorgfalt vorzunehmen. Theorie alleine genügt nicht. Im Alltag sind die Bilder einzelner Fälle, die sich eingeprägt haben wichtig.
(Bild: Michel Maïkoff)
freiwilligen Frauen und Männern aus der ganzen Schweiz, auch von Forst- und Jagdpersonal, besucht. Viele Beispiele in den Bergeller Wäldern eignen sich zur anschaulichen Praxisausbildung in Waldameisenhege hervorragend. Als Pendant zum National-
Robert Walter Lussi Grünring 8 CH-6300 Zug
waldameisen@bluewin.ch
ANZEIGE
FSC-Nr. SGS-COC-004974
Vermarktung und Vermittlung von Holz- und Waldprodukten aus Graubünden. Adresse: Reziaholz GmbH · Bahnhofplatz 1 · CH 7302 Landquart Tel. +41 81 300 22 33, Fax +41 81 300 22 34 info@reziaholz.ch · www.reziaholz.ch
Bündner Wald 3/2010 41
Genetische Vielfalt bei Waldbäumen
Säulenfichte mit drei Gipfeln (Bild: Ruedi Zuber)
Die Erhaltung und Förderung der genetischen Vielfalt, eines Standbeins der Biodiversität, gehört ebenso zum Risikomanagement wie etwa die Pflege der Schutzwälder. Genetische Forschung an Waldbäumen ist wegen der Langlebigkeit der Trabanten schwierig, doch bereits alltägliche Beobachtungen gestatten gewisse Aussagen. Artbegriff Eine eigenständige biologische Art wird definiert als eine Gruppe natürlicher Populationen, die eine Fortpflanzungsgemeinschaft bilden und von anderen Gruppen reproduktiv isoliert sind. Die reproduktive Isolation entsteht dadurch, dass Mutationen im genetischen System eines Organismus eine Unterbrechung des Genflusses zwischen den Organismen einer Art hervorrufen. Oder an42
ders formuliert: Wenn Individuen einer Gruppe im Verlauf der Evolution infolge Mutation mit Individuen einer anderen Gruppe keine erfolgreiche Nachkommenschaft mehr bilden, gehören sie zu verschiedenen Arten. Ein Taxon ist eine Gruppe von Lebewesen, die sich durch gemeinsame Merkmale beschreiben und von anderen Gruppen unterscheiden lässt. Die Aufstellung von Taxa ist die Grundlage für die Namensgebung. Eine Art erhält ihren Namen aufgrund der Beschreibung des Typus. Individuen, welche diesem Typus entsprechen, gehören zur gleichen Art. Die Individuen einer Art unterscheiden sich vom Typus nur innerhalb der Bandbreite der natürlichen Variation. Gerade die natürliche Variation innerhalb einer Art ist aber der Schlüssel für das Verständnis der genetischen Vielfalt. Neben äusserlich eindeutig erkennbaren kleinen Unterschieden gibt es verschiedene unsichtbare Merkmale, welche erst durch genetische Untersuchungen und durch Kreuzungen anhand der Nachkommenschaften einigermassen verstanden werden. Unterarten Bei besonders formenreichen Arten führen die Systematiker Unterteilungen in Unterarten und Varietäten ein. Als Unterart gilt eine Gruppe ähnlicher IndiviWechselnde Verzweigungsform (Bild: Ruedi Zuber)
Reaktion auf Gipfelbruch (Bild: Ruedi Zuber)
duen, die gegenüber den anderen Gruppen paarungsfähig ist, sich aber als Gruppe (Sippe) hinreichend eindeutig gegen die anderen Gruppen abgrenzen lässt. Häufig bewohnt eine Unterart zudem eine bestimmte geographische Unterregion des Verbreitungsgebietes der Art. Rezente Unterarten sind stets räumlich oder zeitlich unterschiedlich verbreitet, aber oft nicht völlig isoliert. Bei der Kreuzung mit Individuen einer anderen Unterart bilden sich in der Regel fertile Bastarde (Hybriden).Unterarten lassen sich bei Baumarten beispielsweise unterscheiden, wenn sie aus verschiedenen Glazialrefugien stammen. Auf dem langen und oft beschwerlichen Hin- und Rückweg sind solche Populationen mehrfachen Härtetests unterzogen und können durch natürliche Selektion einen Teil ihres Erbgutes resp. ihrer geneti-
schen Vielfalt verlieren. Andererseits gelangen sie in einem Refugium in Kontakt mit anderen Populationen und können gewissermassen ihr «Blut auffrischen», d. h. genetisches Potential auftanken. Lange Zeit isoliert lebende Populationen setzen sich durch Anpassung ebenfalls der Gefahr aus, einen Teil ihrer genetischen Variation zu verlieren. Am ehesten nachvollziehbar ist die Entstehung von Unterarten, wenn sich deren Ausbreitungsareale nicht decken, die Evolution aber doch zur gleichen Art führt. Dies ist denkbar bei Gruppen, die unabhängig voneinander in Europa und auf dem amerikanischen Kontinent oder in den Alpen und in Skandinavien entstanden sind – vorausgesetzt, deren Areale haben sich auch vor der letzten Eiszeit nicht überschnitten. Anhand genetischer Untersuchungen, beispielsweise mittels Isoenzymanalysen, konnBündner Wald 3/2010 43
te nachgewiesen werden, dass es innerhalb einzelner Baumarten tatsächlich grosse Unterschiede im genetischen Potential gibt, je nachdem aus welchem Refugium die Population zurückgewandert ist und wie lange und wie beschwerlich der Weg zurück war. Gleichzeitig war es möglich, die Rückwanderungsrouten, welche die Pollenanalysen aufzeigten, weitgehend zu bestätigen. Die Gruppierung nach dem genetischen Potential hat aber bei Baumarten innerhalb des Alpenraumes bisher nicht zur Ausscheidung von Unterarten geführt. Die Unterarten aus verschiedenen Glazialrefugien lassen sich wegen der Vermischung im heutigen Verbreitungsgebiet und vor allem wegen grossflächiger Pflanzungen nicht autochthoner Provenienzen oft nur noch schwer unterscheiden. Dicke Eiche in der Surselva (Bild: Ruedi Zuber)
44
Varietäten Eine Varietät umfasst nach heutiger Auffassung mehrere Populationen, die in einzelnen oder sehr wenigen Merkmalen von der Typusform abweichen, im Gegensatz zur Unterart allerdings kein eigenes Areal besitzen. Häufig ist eine Varietät keine natürlich abgrenzbare Verwandtschaftsgruppe, sondern umfasst eine Gruppe von zwar auffallenden, aber taxonomisch wenig relevanten Merkmalen. In der älteren Literatur findet man dafür die Begriffe «Abart» und «Spielart (Lusus)». Aufgrund dieser Definition entsteht eine Varietät ziemlich zufällig durch Kreuzung von Individuen mit unterschiedlicher genetischer Konstellation (durch Hybridisierung). Ob es sich bei der Ausbildung eines nicht häufigen äusseren Merkmals um Homozygotie (rein dominant oder rein rezessiv) handeln muss oder bereits Heterozygotie (einfach dominant) genügt, ist in den meisten Fällen nicht abgeklärt. Neuere Untersuchungen bestätigen aber, dass die Ausbildung eines bestimmten äusseren Merkmals ohne weiteres Ausdruck einer kombinierten genetischen Information sein kann, die sich auf zwei oder mehrere Genloci verteilt. Experimentell bestätigt werden konnte lediglich, dass der Anteil der Nachkommen mit demselben Merkmal grösser ist, wenn die Bestäubung und Kreuzung innerhalb einer Gruppe mit demselben äusseren Merkmal stattfindet. Weil aber in der Natur fast nie mehrere Individuen einer seltenen Varietät nebeneinander vorkommen und in der Regel Fremdbestäubung stattfindet, ist die Weitergabe von Varietätsmerkmalen dem reinen Zufall überlassen. Daneben ist aber auch eine spontane Mutation durch irgendwelche Einflüsse denkbar. Unklar bleibt dabei, ob das neu gebildete äussere Merkmal vererbbar ist oder etwas «Einmaliges» darstellt.
Schlangenfichte (Bild: Ruedi Zuber)
Buche im Märchenwald (Bild: Ruedi Zuber)
Vielgestaltigkeit der Fichte Ende des 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts haben sich einige Wissenschafter besonders intensiv mit der Fichte, ihren Unterarten und Varietäten befasst. Allerdings ist die Klassierung und systematische Zuordnung je nach Autor etwas anders und zum Teil auch widersprüchlich. Es wird unterschieden – aufgrund der Farbe der jungen Zap-fen, der Grösse und Ausrichtung der Zapfen, der Form der Zapfenschuppen etc. – aufgrund der Dicke und Ausgestaltung der Rinde bzw. Borke, – aufgrund der Grösse, Form und Farbe der Nadeln, – aufgrund der Wuchsform, insbesondere der Ausrichtung der Zweige. In der forstlichen Praxis wird anhand der Verzweigungsform unterschieden zwischen
Bürstenfichte, Kammfichte und Plattenfichte (Spitzfichte). Man könnte beispielsweise die Bürstenfichte, welche am häufigsten vorkommt, als Typus, die anderen Formen als Unterarten bezeichnen. Da es aber zwischen allen diesen Verzweigungsformen Übergänge gibt, ist es fraglich, ob sie als eigenständige Unterarten gelten dürfen. Ausserdem fällt das Kriterium der räumlich oder zeitlich unterschiedlichen Ausbreitung weg. Ob sich die Areale erst nach der letzten Eiszeit überlagert haben, bedarf weiterer Abklärungen. Am eigenständigsten wäre am ehesten noch die Plattenfichte, häufig mit der Spitzfichte gleichgestellt – ein ausgeprägter Gebirgstyp. Eindeutig den Varietäten zugeordnet werden müssen hingegen Schlangenfichte, Säulenfichte usw. Daneben gibt es als Folge mechanischer und klimatischer Einflüsse zahlreiche beBündner Wald 3/2010 45
Kandelaberfichte (Bild: Ruedi Zuber)
sondere Wuchsformen, so etwa Verbissfichte (Geissentannli), Zwillings- und Garbenfichte, Schneitelfichte, Kandelaberfichte, Harfenfichte, Strauchfichte, Polsterfichte, Mattenfichte usw. Zu dieser Gruppe zählen ebenso Individuen mit Veränderungen des Verzweigungsmusters im Verlaufe des Baumlebens, oft bedingt durch hormonelle «Störungen», deren Ursachen sehr verschiedenartig sein können (z. B. auch trockener Standort, Immissionen). Alle diese Ausgestaltungen beruhen nicht auf einer abweichenden genetischen Konstellation, tragen somit nicht zur genetischen Vielfalt, wohl aber zur natürlichen Formenvielfalt bei. Folgerungen aus praktischer Sicht Die äusseren Merkmale von Baumarten – im speziellen der Fichte – sind ein Hinweis 46
nicht nur auf die Vielgestaltigkeit, ebenso auf ein wahrscheinliches genetisches Potential. Dies ist auch ein Ausdruck für Biodiversität. Jede Selektion durch forstliche Eingriffe, beispielsweise in Form positiver Auslese, stellt eine Beeinflussung des genetischen Potentials dar, indem Kombinationen «unerwünschter» Merkmale beseitigt werden. Glücklicherweise wird im Gebirgswald sehr oft der Stabilität grössere Bedeutung beigemessen, sodass dieses Argument weniger schwerwiegend wirkt. Bei der aktuellen Klimaveränderung kann nicht vorausgesagt werden, ob gerade jene Bäume am anpassungsfähigsten sind, welche möglichst feine Äste und einen vollholzigen, geraden Stamm ausbilden. Als risikoreduzierende Strategie aus der Sicht der Erhaltung des genetischen Potentials ist es wohl ratsam, da und dort auch einmal einen breitkronigen «Protz» stehen zu lassen. Davon profitieren gleichzeitig Pflanzen- und Tierarten, die auf grosse Kronen und dicke Borken angewiesen sind. Seltene Individuen mit auffälligen äusseren Merkmalen bedürfen aus der Sicht der Biodiversität der grösstmöglichen Schonung, fallweise des uneingeschränkten Schutzes. Sie stellen einen wichtigen Pool für die genetische Vielfalt dar. Eine gute Investition in eine weniger risikobehaftete Zukunft stellt die Ausscheidung und entsprechende Schonung eines regelmässigen Netzes autochthoner Bestände dar. Namentlich auf BaumartenWanderungsrouten, wie sie viele Alpentäler darstellen, sind derartige «Wälder von besonderem genetischem Interesse» (Genreservate) als Trittsteine von grösster Wichtigkeit. Graubünden trägt diesbezüglich insbesondere für die Tanne eine grosse internationale Verantwortung.
Letztlich entspricht es auch einem verbreiteten ästhetischen Empfinden, wenn der Wald nicht nur aus aneinandergereihten bolzengeraden Bäumen mit kurzen Kronen besteht, sondern sich vielmehr abwechslungsreich hinsichtlich Strukturen und Baumformen präsentiert. Knorrige Baumindividuen, Säulenfichten, Stelzenfichten, Kandelabertannen oder von Wind und Schnee zerzauste Arven sind alleweil wohltuend für die Seele stressgeplagter Menschen. Literatur: Schröter, C.: 1898. Über die Vielgestaltigkeit der Fichte (Picea excelsa Link.). Vierteljahresschrift der Nat. forsch. Ges. Zürich,
Jhrg. XVIII, Heft 2 und 3
n
Schröter, C.:
1934. Übersicht über die Modifikationen
der Fichte. Schweiz. Z. Forstwes. 85. Jhrg. S. 33– 46 n Schröter, C.: 1934. Übersicht über die Mutationen der Fichte nach Wuchs und Rinde. Schweiz. Z. Forstwes. 85. Jhrg. S. 46 – 57 n Wikipedia div.
Ruedi Zuber dipl. Forsting ETH Teuchelweg 2, CH – 7000 Chur ruedi.zuber@spin.ch
ANZEIGE
Forstunternehmen, Transporte FSC zertifiziert
Neu: Schreitharvester Menzi Muck A 111
Tel. 081 866 37 44 / Mobil 079 414 44 87 E-mail: cdjanett@bluewin.ch
Ihr Partner für die professionelle Holzernte im Gebirgswald.
Bündner Wald 3/2010 47
Resgia – Report 03/10
Publireportage Aktueller Bericht vom Rundholzplatz der Mayr-Melnhof Swiss Timber Behebung technischer Probleme der Sortieranlage In den letzten Monaten lief die Rundholzversorgung unseres Werkes in Domat / Ems sehr positiv. Täglich trafen ganze Zugkom-
48
positionen der Rhätischen Bahn und den Schweizerischen Bundesbahnen in unseren Entladestellen ein. Das Team um Renato Caviezel war mit vollem Engagement dabei, die angelieferten Mengen fristgerecht und speditiv zu sortieren. Die Anlieferung von 3000 Festmetern Mittellangholz aus der Westschweiz und dem Kanton Bern haben die Mayr-Melnhof Swiss Timber vor eine neue Herausforderung gestellt. Es musste ein Prozessor eingesetzt werden, um die grossen Mengen an Mittellangholz speditiv verarbeiten zu können. Gerade zu diesem Zeitpunkt kam es zu einem technischen Problem in der Schälanlage. Eine Materialermüdung hatte zur Folge, dass der immense Stahltisch auseinandergebrochen war und die Entrindungsmaschine ausser Betrieb gesetzt wurde. Die gesamte Anlage musste gestoppt werden, um den Schaden und das Ausmass des Defekts festzustellen. Mit grossem Einsatz hat das Team in Domat/Ems an der Reparatur der Entrindungsanlage gearbeitet. Nach eineinhalb Tagen konnte die Sortieranlage ihren Betrieb wieder zu 100 % aufnehmen. Dies hatte aber zur Folge, dass sich sehr viel Holz auf dem Sortierplatz ansammelte und in dieser Zeitspanne die Cargozüge nicht mehr entladen werden konnten. «Wir sind froh, dass wir innerhalb kurzer Zeit wieder den Betrieb aufnehmen konn-
ten und nun erneut mit vollem Engagement Rundholz weiterverarbeiten können», erklärt Bernhard Ebner, Werksleiter von MayrMelnhof Swiss Timber. Informationsworkshop bei Mayr-Melnhof Swiss Timber Ende April versammelten sich 50 Förster aus den Kantonen St. Gallen, beider Appenzell, dem Thurgau und dem Fürstentum Liechtenstein in Domat / Ems. Im Rahmen von Vorträgen der Mayr-Melnhof Swiss Timber wie auch dem Holzmarkt Ostschweiz wurden die Gäste auf die Ansprüche und Anforderungen des angelieferten Rundholzes sensibilisiert. Im praktischen Teil des Workshops wurde angeliefertes Rundholz schlechterer Qualität begutachtet und gemeinsam klassifiziert. Es konnte den Förstern auch demonstriert werden, welche Auswirkungen selbst kleinste Holzfehler auf die Ausbeute des Schnittholzes haben. Rundholzlieferungen Die Mayr-Melnhof Swiss Timber hat nach wie vor grossen Bedarf an Rundholz. Derzeit werden täglich 2000 Festmeter Rundholz in der Sägelinie eingeschnitten. Das Werk in Domat / Ems möchte die Effizienz am Standort steigern und mehr Schweizer Holz vor Ort einschneiden. Aus diesem Grund ersuchen wir Sie, uns bei der Erhöhung der Produktion zu unterstützen und uns Ihr eingeschlagenes Holz zu liefern. Wir danken Ihnen schon jetzt dafür! Sollten Sie Fragen haben, steht Ihnen unser Rundholzbüro in Domat/Ems jederzeit zur Verfügung. Wir sind unter folgenden Koordinaten erreichbar:
Per Telefon 081 632 40 00, per E-Mail an swisstimber@mm-holz.com oder via Internet: www.mm-holz.com.
Christian Felix Prozess- und Qualitätsmanagement
Mayr-Melnhof Swiss Timber AG Vial 1, CH - 7013 Domat/Ems
Dani Roth Rundholzeinkauf Mayr-Melnhof Swiss Timber AG Vial 1, CH - 7013 Domat/Ems
Bündner Wald 3/2010 49
Praxishilfe Fledermäuse im Wald Der Wald bildet einen wichtigen Lebensraum für verschiedene Fledermausarten. Einige Arten nutzen den Wald als Jagdgebiet, anderen Arten dienen Baumhöhlen als Quartiere zur Aufzucht ihrer Jungtiere, zur herbstlichen Balz oder zur Überwinterung. Einzelne Fledermausarten leben überwiegend im Wald. 30 Fledermausarten wurden in der Schweiz nachgewiesen. Davon konnten bisher 25 Arten im Kanton Graubünden festgestellt werden. Unser Kanton weist durch seine Zugehörigkeit zu den Nord-, Zentral-, Ost- und Südalpen bedeutende naturräumliche Unterschiede auf. Diese bewirken eine grosse Vielfalt an Lebensräumen, in welchen eine reiche Fledermausfauna vorkommt. Fledermäuse – Nutzniesser eines Verbunds vielfältiger Waldlebensräume Im Wald entwickeln sich viele Insektenarten, beispielsweise im feuchten Untergrund, in kleinen Tümpeln, entlang von Wegen, im Moder- und Totholz, an Waldrandsäumen oder in Lichtungen. Fledermäuse, die im Wald jagen, halten sich gerne entlang von Grenzstrukturen auf, wo ein optimales Nahrungsangebot vorhanden ist. Übergangszonen zwischen Wald und offener Landschaft oder auch Ränder von Waldlichtungen und unbefestigten Waldwegen bilden solche Grenzlinien. Ein weiterer wichtiger Fledermausjagdbereich ist der Übergang von den Baumkronen zum freien Himmel. Mitten im Wald jagende Arten fliegen knapp über dem Waldboden oder jagen um die Baumstämme herum. Viele Fledermausarten bevorzugen vielfältig strukturierte und naturnahe Wälder mit hohem Laubholzanteil. Demgegenüber können sich einzelne Arten auch in hallenartigen und stark wirtschaftlich geprägten Wäldern zurechtfinden. 50
Nachfolgend werden einige Fledermausarten mit ihren spezifischen Ansprüchen an den Wald und Möglichkeiten zu ihrer Förderung vorgestellt. Grosse Hufeisennase Die Grosse Hufeisennase gehört zu unseren seltensten Fledermausarten. Einst allgemein verbreitet, sind heute in unserem Land lediglich noch drei Wochenstubenkolonien (Weibchengruppen mit Jungtieren) dieser Art bekannt. Die mit rund 100 erwachsenen Individuen grösste Kolonie der Schweiz lebt im Vorderrheintal (Raum Castrisch – Sagogn). Diese Art besiedelt warme und ruhige Dachstöcke in Kirchen und ungenutzten Privathäusern. Dank einem Forschungsprojekt der Arbeitsgruppe zum Schutz der Hufeisennasen Uferwald bei Valendas, Jagdgebiet der Grossen Hufeisennase (Bild: ASHG, E. Mühlethaler)
Graubündens ( ASHG ) im Jahr 1993 sind die nächtlichen Aufenthalts- und Jagdgebiete der Bündner Kolonie der Grossen Hufeisennase bekannt. Die beobachteten Tiere nutzten vom Frühjahr bis Herbst Gebiete mit einem grösseren Laubwaldanteil. Besonders im Frühling, in einer Zeit möglicher Nahrungsengpässe, sind Laubwälder als Jagdgebiete für die Grosse Hufeisennase von grosser Bedeutung. Im Gegensatz dazu meidet sie generell Gebiete mit einem hohen Nadelwaldanteil. Im Sommer und Herbst suchen die Grossen Hufeisennasen dagegen sowohl Wald wie Offenland auf. Auenwälder entlang von Vorderrhein und Glenner und flussnahe Hangwälder mit hohem Laubwaldanteil werden bevorzugt. Gebiete mit geschwungenen Waldrandlinien und einer grossen Vielfalt an Habitattypen und Lebensraumelementen im unmittelbar angrenzenden Offenland werden ebenfalls gezielt zur Jagd aufgesucht. Die Grosse Hufeisennase ist dank ihres hoch spezialisierten Echoortungssystems und ihrer breiten Flügel zu einem langsamen und wendigen Flug befähigt. Beim Wechsel zwischen Tagesquartier und Jagdgebiet fliegt sie entlang von Strukturen und Grenzlinien wie Hecken, Wäldern, Obstgartenrändern, Bach- und Flussufern und naturnahen Waldwegen. Diese Art verfügt über verschiedene Jagdtechniken. So patrouilliert sie zwischen den Bäumen von lichten Wäldern oder von Obstgärten oder entlang von senkrechten Vegetationsstrukturen wie Waldrändern in etwa 0,5 bis 3 m Höhe über dem Boden. Oder sie wartet, an einem Ast am Waldrand hängend, auf vorbeifliegende Insekten. Diese energiespa-rende «Wartenjagd» ist charakteristisch für die Grosse Hufeisennase. Käfer, Falter, Hautflügler und Zweiflügler, darunter vor allem mittlere bis grosse Insekten (Mist-, Mai-,
Juni- und Gartenlaubkäfer), bilden die Nahrungsgrundlage der auf lukrative Beute spezialisierten Grossen Hufeisennase.Förderungsmassnahmen im Verbreitungsgebiet: – Erhaltung eines hohen Angebots an Grossinsekten im Wald durch Förderung von Baumarten wie z. B. einheimischen Weiden- und Pappelarten und einer möglichst vielfältigen Strauchschicht. Liguster und Hasel sind beispielsweise Futterpflanzen für Raupen von Faltern, welche hauptsächlich im Frühling von der Grossen Hufeisennase erbeutet werden. – Förderung von strukturreichen Laubwäldern (z. B. alte Auenwälder mit ausgeprägten horizontalen Strukturen für die Wartenjagd, Waldweiden) und vielfältigen Laubwaldrandgebieten mit angrenzenden Extensivgrünlandstreifen. – Erhaltung und Förderung von Landschaften, in welchen unterschiedliche Lebensräume durch linienförmige Landschaftsstrukturen (Hecken, Feldgehölze, Alleen, Obstbaumreihen usw.) miteinander vernetzt sind. Kleine Hufeisennase Der Kanton Graubünden weist mit rund 1850 erwachsenen Tieren in 24 Wochenstubenkolonien nahezu die Hälfte des schweizerischen Gesamtbestands der vom Aussterben bedrohten Kleinen Hufeisennase auf (Stand 2009 ). Die weitaus kopfstärkste Teilpopulation dieser Fledermausart besiedelt das Untere Lugnez und die Tallagen des Vorderrheintals zwischen Valendas und Trun. Weitere kleinere Vorkommen befinden sich im Vorderen Schanfigg zwischen Lüen und Chur und im Domleschg. Der bündnerische wie auch der gesamtschweizerische Bestand der Kleinen Hufeisennase Bündner Wald 3/2010 51
zeigt in den letzten Jahren einen stetigen, sehr erfreulichen Aufwärtstrend. Diese Art besiedelt warme, ungestörte Dachstöcke von Kirchen und Privathäusern. Bezogen auf ihre Jagdgebiete sind die Kleinen Hufeisennasen «Waldtiere». Gemäss einer vor wenigen Jahren durchgeführten Untersuchung in den Kantonen Graubünden und Bern jagt diese Fledermausart fast ausschliesslich in Waldgebieten in klimabegünstigten Lagen. Im Lugnez handelt es sich dabei um Busch- und Hangmischwälder sowie Auenwälder. Ein bevorzugter Waldtyp konnte aufgrund der bisherigen Untersuchungen von Jagdgebieten ( CH, D, A, GB ) nicht ausgemacht werden. Lediglich ein hoher Strukturreichtum und die Nähe zu Gewässern spielen eine gewisse Rolle. Von grosser Bedeutung sind auch linienförmige Strukturen (z.B. Hecken, Baumreihen) als Verbindung zwischen den Tagesquartieren und den Jagdgebieten, die oft in nächster Nähe zu den Tagesquartieren liegen. Förderungsmassnahmen in den Verbreitungsgebieten: – Erhaltung von naturnahen Bächen und von feuchten Stellen im Wald. – Erhaltung und Förderung von Hecken und Baumreihen als Verbindung von Tagesquartieren und Jagdgebieten. Grosses Mausohr Im Kanton Graubünden sind fünf gemischte Wochenstubenkolonien des Kleinen Mausohrs und des Grossen Mausohrs bekannt. Diese liegen in den Regionen Churer Rheintal, Vorderrheintal und Domleschg. Die Mausohr-Kolonien liegen klar ausserhalb von geschlossenen Waldgebieten, jedoch befinden sich wichtige Jagdgebiete des Grossen Mausohrs auch im Wald. Gemäss einer Untersuchung in der Ostschweiz jagt 52
Kleine Hufeisennasen: Weibchengruppe im Quartier (Bild: E. Mühlethaler)
diese Art nicht nur im Waldesinnern, sondern ebenso regelmässig ausserhalb des Waldes, in Wiesen, Weiden und Äckern. Die untersuchten Grossen Mausohren jagten bevorzugt in einschichtigen, hallenartigen Hochwäldern und nur vereinzelt in zweischichtigen, durch Ober- und Mittelschicht gebildeten Waldbeständen. Die übrigen mehrschichtigen Waldtypen wurden ebenso gemieden wie Wälder mit ungleichförmiger Bestandesstruktur. Das Grosse Mausohr bevorzugt unterholzfreie ältere Wälder mit relativ niedriger Stammdichte. Eine frei zugängliche Bodenfläche (geringe Vegetationsbedeckung bis max. 25 %) und ein möglichst hindernisfreier Luftraum in Bodennähe ermöglichen dieser Fledermausart eine erfolgreiche Bodenjagd auf Laufkäfer. Die Beute wird dabei in niedrigem Flug gesucht und bei einer kurzen Landung vom Boden aufgenommen. Laufkäfer sind im Wald die häufigste Beute dieser Art. Das Grosse Mausohr nutzt hauptsächlich Waldbestände der «schwachen» ( BHD dom = 31 – 40 cm) bis «starken» Baumholzstufe ( BHD dom > 50 cm) mit dichtem Kronenschluss und nicht vorhandener bis schwach entwickelter Krautschicht. Das Grosse Mausohr jagt im untersuchten Gebiet, in welchem
reiner Laubwald (z. B. hallenartiger Buchenwald) selten ist, am häufigsten in Laub-/ Nadelholz-Mischwäldern und deutlich weniger häufig, aber regelmässig auch in geschlossenen Nadelwäldern (Fichtenwald). Die vom Grossen Mausohr bevorzugten Waldhabitate entsprechen somit am ehesten gewissen Wirtschaftswaldtypen. Förderungsmassnahmen in den Verbreitungsgebieten: – Erhaltung unterholzfreier und krautarmer älterer Wälder mit relativ niedriger Stammdichte (insbesondere alte Buchenwälder und strukturell ähnliche Waldtypen). Braunes Langohr Das Braune Langohr kommt im ganzen Kanton Graubünden vor. Die bekannten Kolonien besiedeln Estriche und Fassadenhohlräume. Das Braune Langohr kann aber auch in Baumhöhlen, Vogelnist- und Fledermauskästen Jungtiere aufziehen. Das Braune Langohr jagt gemäss neueren Telemetrie-Studien (Deutschland, Schottland) im Wald, aber auch in Obstgärten und Parks, über Wiesen und Weiden. Die Waldhabitate reichen vom reinen Nadelwald (Fichte, Föhre) über den Laubmischwald bis hin zum reinen Laubwald. Wichtig sind Strukturen, die das Absammeln von Beute an Oberflächen wie Blättern und Stämmen ermöglichen. Langohren fliegen langsam und sehr nahe an der Vegetation. Sie jagen gerne in der Baumwipfelregion. Hauptsächliche Beuteinsekten sind Nachtfalter, darunter viele mittelgrosse Eulenfalter und Wurzelbohrer-Arten. Aber auch Schnaken, Ohrwürmer, Spinnen und Hundertfüssler werden erbeutet. Diese werden verstärkt in den eher schmetterlingsarmen Monaten im Frühjahr und ab September von ganz verschiedenen Oberflächen abgelesen. In
Braunes Langohr (Bild: www.fledermausschutz.ch)
nadelholzreichen Wäldern kann das Braune Langohr daher nur jagen, wenn Laubholz zumindest im Nebenbestand oder Unterwuchs vorhanden ist. Förderungsmassnahmen: – Naturnahe Waldbewirtschaftung mit Belassen eines hohen Alt- und Totholzanteils (Baumhöhlen!). – Förderung von Laubholz im Nebenbestand oder im Unterwuchs von Nadelwäldern. Wasserfledermaus Von dieser Fledermausart sind bisher im Kanton Graubünden vor allem Einzeltierfunde, Beobachtungen jagender Individuen über Wasserflächen und ein Sommerquartier bei Domat /Ems bekannt. Ihre Verbreitung in Graubünden ist aus methodischen Gründen noch ungenügend Bündner Wald 3/2010 53
Aufrisshöhle, Quartier der Wasserfledermaus (Bild: E. Mühlethaler)
erfasst, doch deutet die Verteilung der Einzeltierfunde darauf hin, dass sie in einem grossen Teil des Kantons vorkommt. Wasserfledermäuse ziehen ihre Jungtiere oft in Aufrisshöhlen oder Spechthöhlen alter Bäume auf. Laubhölzer (Buchen, Eichen) in der Nähe von Stillgewässern werden dabei bevorzugt. Die Wasserfledermaus benutzt Wasserläufe, Tobelwälder oder weitere Strukturen als Leitlinien bei ihrem abendlichen Ausflug in ihre Jagdgebiete an Weihern und Seen. Der Wald ist für diese Art in erster Linie Quartierstandort, kann aber vor allem in Gewässernähe auch als Jagdgebiet genutzt werden. Förderungsmassnahmen: – Erhaltung von totholz- und höhlenreichen Altbäumen. – Generell Bäume stehen lassen, welche durch Blitz- oder Steinschlag entstandene Aufrisshöhlen oder Spechthöhlen aufweisen. Mopsfledermaus Die Mopsfledermaus ist gesamtschweizerisch sehr selten und vom Aussterben bedroht. Im Kanton Graubünden sind bisher einzig drei Wochenstubenquartiere dieser Fledermausart (Raum Ilanz, Prättigau, Heinzenberg bei Thusis) bekannt. Ein Win54
terquartier dieser Art befindet sich in einer Erzmine unweit von Ilanz. Die Mopsfledermaus wird gelegentlich als «Urwaldfledermaus» bezeichnet. Sie bevorzugt als Sommerquartiere Naturhohlräume (Spalten) aussen an Bäumen, z. B. unter abstehenden Borken oder in Stammanrissen. Solche Quartiere entstehen durch Schäl-, Sturm- und Blitzschäden an älteren Bäumen. Kolonien von Mopsfledermäusen wechseln häufig ihr Quartier, sodass pro Kolonie ein hohes Angebot an derartigen Quartieren (ca. 1 – 2 Spaltquartiere pro Hektare) vorhanden sein muss. Die stets nahe beieinander liegenden Quartiere sind dabei für den sozialen Austausch sehr wichtig. Die Art weicht auch auf künstliche Spaltenhohlräume an Gebäuden aus, sofern diese in Waldnähe oder im Wald selbst liegen. Sie besiedelt z. B. Hohlräume hinter Fensterläden oder Spalten hinter Aussenverschalungen, etwa an Stallscheunen oder Privathäusern. Mit dem stillen Verschwinden vieler Stallscheunen aus unseren Kulturlandschaften werden solche künstlichen Spaltquartiere zusehends rarer. Darum gewinnt der Wald als ursprünglicher Quartierstandort für die Mopsfledermaus wieder mehr an Bedeutung. Die kälteharte Art kann im Winterhalbjahr neben Felshöhlen auch Baumhöhlenquartiere nutzen. Die in ausgedehnten Wäldern und in waldreichen Landschaften in gemässigt winterkalten Zonen lebende Mopsfledermaus ist auf schmetterlingsreiche Jagdgebiete angewiesen. Als Falterspezialistin braucht sie ein über das Sommerhalbjahr hinweg gleich bleibendes, hohes Angebot an kleinen Nachtfaltern und anderen kleinen Weichkörperinsekten, von denen sie sich überwiegend ernährt. Lichte Wälder mit einem grossen Blütenreichtum in der Krautund Strauchschicht sind daher für diese Art
Mopsfledermaus (Bild: www.fledermausschutz.ch)
sehr wichtig. In geschicktem Zickzackflug überfliegt sie während ihrer Jagd solche lichten Wälder sowie Waldränder und Hecken in der Höhe der Baumkronen. Sie jagt auch gerne direkt über der Wasseroberfläche. Förderungsmassnahmen: – Naturnahe Waldbewirtschaftung mit hohem Alt- und Totholzanteil. – Belassung auch von «unordentlich» aussehenden Dürrholzbeständen mit abstehenden Borken. – Schaffung eines hohen Strukturreichtums mit verschiedenen Altersklassen und Saumstrukturen, dadurch Förderung einer grossen Vielfalt an Schmetterlingen.
Wimperfledermaus Die Wimperfledermaus ist eine sehr seltene, vom Aussterben bedrohte und wärmeliebende Art, die sich in Graubünden nur in den warmen Südtälern fortzupflanzen scheint. Bisher wurden zwei Wochenstubenkolonien dieser Art im Misox entdeckt (zwei weitere Wochenstubenkolonien sind im Tessin bekannt). Im Quartier vergesellschaftet sich diese Fledermausart gerne mit Hufeisennasen und Mausohren. Die Art ist an klimatisch begünstigte, laubwaldreiche Gebiete gebunden. Sie jagt in Laubwäldern, Waldrändern, Obstwiesen, Parks und naturnahen Gärten. Sie sucht bevorzugt strukturreiche Laubwälder mit einem hohen Laubholzanteil auf, während sie Nadelwälder und offenes Gelände meidet. Die Wimperfledermaus jagt nahe an der Vegetation,auchindenKronenbereichen,undsammelt Insekten von den Blättern ab. In Mitteleuropa werden regelmässig, besonders zur Zeit der Jungenaufzucht, auch Viehställe zur Jagd nach Fliegen aufgesucht, welche sie im auffälligen Pendelflug von der Decke abliest. Förderungsmassnahmen im Verbreitungsgebiet: – Erhaltung von reich strukturierten Laubwäldern im Verbund mit vielfältiger Kulturlandschaft.
Höhlenbäume am besten stehen lassen Höhlen in Bäumen können das ganze Jahr über von Fledermäusen besetzt sein. Beim Fällen solcher Bäume besteht die Gefahr, dass Tiere verletzt oder gar getötet werden. Während der Wochenstubenzeit Mai – August sollten Bäume mit Höhlen nicht gefällt werden. Ist eine Fällung jedoch unumgänglich, sollte vorher sorgfältig abgeklärt werden, ob Fledermäuse anwesend sind (Fledermausschutz Graubünden beiziehen). Auch im Winter kann es geschehen, dass Bäume mit winterschlafenden Tieren gefällt werden. Ein Merkblatt zum richtigen Vorgehen in einem solchen Fall kann beim Fledermausschutz Graubünden bezogen werden.
Bündner Wald 3/2010 55
Nordfledermaus Die Nordfledermaus ist eine kälteharte Bewohnerin der Gebirgsregion. Sie bevorzugt hier mittlere und höhere Lagen. Als einzige europäische Fledermausart reicht ihre Verbreitungsgrenze in Skandinavien bis nördlich des Polarkreises, wo sie auch in Tieflagen lebt. Ihre Wochenstubenkolonien in der Schweiz befinden sich fast ausschliesslich in höheren Lagen des Alpenraumes (Engadin) und des Juras. Die ca. 20 im Oberengadin entdeckten Wochenstubenkolonien der Nordfledermaus besiedeln oft Spaltquartiere, gelegentlich Estrichquartiere und Baumhöhlen. In Bever kam 2009 eine Wochenstubenkolonie dieser Art in einer im Juli gefällten morschen Lärche zum Vorschein. Die Wochenstuben dieser Art sind in der Regel umgeben von
gewässerreichen Nadel- und Laubwäldern. Jagdgebiete liegen häufig im Bereich von Seen und Bächen, aber auch über Hochmoorflächen, Wiesen, entlang von Waldrändern, in Wäldern und in Siedlungen. Die Nahrung (kleine Zweiflügler, Käfer, Falter) wird meist in raschem und wendigem Flug entlang von Vegetationskanten, auch im freien Luftraum bis in 50 m Höhe und an Strassenlampen erbeutet. Nordfledermäuse können grössere und hell gefärbte Beuteinsekten offenbar auch optisch erkennen. Förderungsmassnahmen im Verbreitungsgebiet: – Erhaltung eines hohen Angebots an Specht- und Fäulnishöhlen durch Förderung von Alt- und Totholz => Bäume mit Fäulnis- und Spechthöhlen konsequent stehen lassen.
Junge Nordfledermaus
Grosser Abendsegler Der Grosse Abendsegler zieht bei uns keine Jungtiere auf. In unseren Regionen hält sich diese Art vor allem im Herbst zur Balz und zur Überwinterung auf. Der Grosse Abendsegler bevorzugt von Spechten gezimmerte Höhlen als Balz- und Winterquartiere. Daneben nutzt er auch Spalten in Fassaden hoher Gebäude oder spezielle Fledermauskästen. Im Herbst hört man jeweils vor Sonnenuntergang das Balzgezirpe der Grossen Abendsegler. Geschlechtsreife Männchen halten jedes Jahr für sich eine Baumhöhle besetzt und versuchen, Weibchen zur Paarung anzulocken. Eine typische Hochzeitsgruppe besteht aus einem Männchen und sechs bis acht Weibchen. Im Winter finden sich manchmal Gruppen von mehr als 100 Abendseglern in einer Baumhöhle zusammen. Grosse Abendsegler jagen meist in Flusslandschaften, gelegentlich aber auch an Waldrändern. Sie fliegen dabei in Baumwipfelhöhe. Ihre Nahrung besteht
(Bild: www.fledermausschutz.ch)
56
hauptsächlich aus kleineren schwärmenden Insektenarten wie beispielsweise Köcherfliegen, verschiedenen Mücken und Eintagsfliegen. Förderungsmassnahmen: – Erhaltung eines hohen Angebots an Spechthöhlen durch Förderung von Alt- und Totholz => Bäume mit Spechthöhlen konsequent stehen lassen. Kleiner Abendsegler Der Kleine Abendsegler ist bei uns ein regelmässiger Wintergast. Einzeltiere des Kleinen Abendseglers werden im Kanton Grau-bünden regelmässig und viel häufiger als solche des Grossen Abendseglers aufgefunden. Die Einzeltierfunde verteilen sich über den ganzen Kanton. Diese weiSpechthöhlen: wichtige Baumhöhlenquartiere für verschiedene Fledermausarten (Bild: E. Mühlethaler)
sen darauf hin, dass der Kleine Abendsegler auch in höheren Lagen überwintern kann. In Graubünden ist bisher ein einziges Balzquartier bekannt. Diese Art besiedelt neben alten Spechthöhlen hauptsächlich Fäulnishöhlen in geringer Höhe über Boden, gerne auch solche in alten Obstbäumen. Förderungsmassnahmen: – Erhaltung eines hohen Angebots an Specht- und Fäulnishöhlen durch Förderung von Alt- und Totholz => Bäume mit Fäulnis- und Spechthöhlen konsequent stehen lassen. Literatur: Bontadina, F., Hotz, Th., Gloor, S., Beck, A., Lutz, M. & E. Mühlethaler, Arbeitsgruppe zum Schutz der Hufeisennasen Graubündens ASHG ( 1997 ): Schutz von Jagdgebieten von Rhinolophus ferrumequinum. Umsetzung der Ergebnisse einer Telemetrie-Studie in einem Alpental der Schweiz. In: Arbeitskreis Fledermäuse Sachsen-Anhalt e.V., Hrsg. ( 1997 ): Tagungsband «Zur Situation der Hufeisennasen in Europa», 26. – 28. Mai 1995, Nebra, Sachsen-Anhalt ( D ), IFA-Verlag GmbH, Berlin. n Bontadina, F., Hotz, Th. & K. Märki ( 2006 ): Die Kleine Hufeisennase im Aufwind. Ursache der Bedrohung, Lebensraumansprüche und Förderung einer Fledermausart. Haupt Verlag, Bern-Stuttgart-Wien. n Dietz, Chr., von Helversen O. & D. Nill ( 2007 ): Handbuch der Fledermäuse Europas und Nordwestafrikas. Franckh-Kosmos Verlags GmbH & Co. KG, Stuttgart. n Güttinger, R. ( 1997 ): Jagdhabitate des Grossen Mausohrs (Myotis myotis) in der modernen Kulturlandschaft. BUWAL-Reihe Umwelt Nr. 288. Bundesamt für Umwelt. n Lutz M. & E. Mühlethaler ( 1997 ): Schutzkonzept für die Kleine Hufeisennase Rhinolophus hipposideros in den Bündner Wald 3/2010 57
östlichen Zentralalpen (Lugnez/Valser -tal, Graubünden, Schweiz). In: Arbeitskreis Fledermäuse Sachsen-Anhalt e.V., Hrsg. (1997): Tagungsband «Zur Situation der Hufeisennasen in Europa», 26. – 28. Mai 1995, Nebra, Sachsen-An-
halt ( D ), IFA-Verlag GmbH, Berlin. n Die Säugetiere Graubündens – eine Übersicht. Autoren Jürg P. Müller, Hannes Jenny, Miriam Lutz, Erich Mühlethaler, Thomas Briner. Desertina – Verlag, Chur 2010. (in Druck) www.fledermausschutz.ch
Miriam Lutz Mühlethaler
Erich Mühlethaler
Via Crusch 7, CH - 7403 Rhäzüns
Via Crusch 7, CH - 7403 Rhäzüns
Tel. 081 921 30 00
Tel. 081 921 30 00
muschnas@bluewin.ch
muschnas@bluewin.ch
ANZEIGE
Das Label für echtes Bündner Holz. Der echte Bündner Holzbetrieb ist zertifiziert!
Zertifizier
Graubünden Holz . Bahnhofplatz 1 . CH-7302 Landquart Telefon 081 300 22 30 . Telefax 081 300 22 31 . info@graubuendenholz.ch . www.graubuendenholz.ch Zertifizierte Bündner Holzprodukte auf: www.holzmarktplattform.ch
58
t nach
Reg.Nr.0
2-001
Naturschutzforschung Interview mit Prof. Bruno Baur Sie leiten auch die Professur für Naturschutzbiologie an der Universität Basel. Können Sie kurz die Tätigkeit Ihrer Professur umschreiben? Ich bin für die Lehre und Forschung im Fachgebiet Naturschutzbiologie verantwortlich. In dieser neuen Disziplin werden unter anderem praktische und theoretische Ansätze der Biodiversität, Ursachen der Gefährdung und des Aussterbens von Arten, Risikomanagement und Formen der Renaturierungsökologie behandelt. Naturschutzbiologie ist Teil des Lehrgangs «Bachelor in Biologie», wird aber auch als Nebenfach von zahlreichen Studierenden anderer Fachrichtungen besucht. Die Ausbildung kann im «Master in Ecology» vertieft werden.
Sie waren bis vor kurzem Präsident des Forums Biodiversität Schweiz. Seit wann gibt es dieses Forum, welches sind seine Ziele und Tätigkeiten? Das Forum Biodiversität gibt es seit 1999. Seine Gründer, Professoren an den Universitäten Basel und Zürich, untersuchten in einem interdisziplinären Projekt des Schweizerischen Nationalfonds verschiedene Aspekte der Biodiversität auf Jura-Magerweiden. Die über mehrere Jahre erarbeiteten Kompetenzen sollten den Ämtern, den Anwendern, der Politik und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Angegliedert an die Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften führt nun das Forum diese Informations- und Beratungsaufgaben für die verschiedenen Zielgruppen durch und hilft auch bei der Erarbeitung der Biodiversitätsstrategie mit.
Wie viele ähnliche Forschungsinstitute gibt es in der Schweiz und gibt es eine Koordination zwischen diesen? Wenige Jahre nach der Universität Basel haben auch die ETH Zürich und die Universitäten Zürich, Bern und Lausanne ähnliche Lehrstühle eingerichtet. Die verschiedenen Institute ergänzen sich insofern, da einige mehr praxisorientiert und andere eher grundlagenorientiert forschen. Werden Ihre Forschungsergebnisse in praktische Naturschutzarbeit umgesetzt? Müsste man die Umsetzung verbessern und wie könnte dies geschehen? Das hängt sehr stark vom Forschungsleiter ab. Wir arbeiten oft schon bei der Projektplanung mit den späteren Anwendern zusammen (Revierförster, KreisforstIngenieure, Waldbesitzer wie Bürgergemeinden). Durch regelmässige Kontakte ist auch das Vermitteln der Ergebnisse garantiert. Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Biologieforschung generell die Reize auf das PublizieBündner Wald 3/2010 59
ren in renommierten Fachzeitschriften ausgerichtet sind und deshalb die Umsetzung der Forschungsergebnisse oft mangelhaft ist. Wo besteht der grösste Handlungsbedarf für Naturschutzmassnahmen in der Schweiz? Wo stehen diesbezüglich der Wald und die Waldwirtschaft? Grosse Probleme für die Natur entstehen durch die weiter fortschreitende Zersiedelung der Landschaft, den enormen Flächenverbrauch für den Wohnungsbau und Verkehrsstrukturen sowie durch die teilweise sehr intensive Landwirtschaft. Der Schweizer Wald ist ökologisch äusserst vielfältig. Er beherbergt rund 40 % der Pflanzen- und Tierarten unseres Landes. Neue Analysen zeigen allerdings, dass die Biodiversität Forscherinnen untersuchen Schäden an der Bodenvegetation bei einer «wilden» Feuerstelle (Bild: Bruno Baur)
auch im Wald in den letzten Jahrzehnten abgenommen hat. Kennen Sie die Konzepte zum Waldnaturschutz des Bundes oder einzelner Kantone und wie schätzen Sie deren Zweckmässigkeit ein? Ja, ich kenne diese Konzepte und deren Umsetzung, vor allem in den Kantonen BL, BS und SO. Der Rückgang der Biodiversität spricht nicht gegen die bereits getroffenen Naturschutzmassnahmen. Gerade im Wald kann viel Zeit verstreichen, bevor Massnahmen ihre Wirkung entfalten. Die Instrumente des integrativen und segregativen Naturschutzes sowie verschiedene Artenschutzmassnahmen stehen für einen wirkungsvollen Schutz der Biodiversität im Wald zur Verfügung. Ihre Umsetzung muss aber in den nächsten Jahren intensiviert werden. Auch sollte der Anteil der Waldreservate deutlich höher als 10 % der Waldfläche betragen. Wie kann ein Förster der Natur dienen, wenn es doch auch für ProfiBiologen unmöglich ist, die ganze natürliche Vielfalt eines Ökosystems zu überblicken? Auch wir kennen nicht die gesamte Artenvielfalt eines Ökosystems! Es gibt aber Indikatoren und Zeigerarten, die auf eine hohe Biodiversität hinweisen. Dieses Verfahren ist relativ zuverlässig. Jeder Förster kann auch ein Kontaktnetz zu Fachleuten (Ornithologen, Botaniker, Pilzkenner, etc.) aufbauen, die ihn beraten können. Nehmen Sie in Ihre Forschungsprogramme auch Fragen auf, welche Ihnen praktizierende Förster unterbreiten? Pflegen Sie einen engen Kontakt mit Forstbetrieben und Forstverwaltungen?
60
Wir arbeiten in verschiedenen Forschungsprojekten eng mit Förstern zusammen. Während mehrerer Jahre untersuchten wir die Auswirkungen von Freizeitaktivitäten auf das Ökosystem Wald und entwickelten Massnahmen, um Schäden am Wald zu vermeiden oder zu minimieren (z.B. die Neuentstehung «wilder» Feuerstellen). Momentan untersuchen wir die Auswirkungen von invasiven Pflanzen (v.a. das Drüsige Springkraut) auf den Mykorrhizierungsgrad, das Wachstum und das Überleben von jungen Waldbäumen. Die Aufstockung des Totholzvorrates steht teilweise im Konflikt mit dem Ersatz weniger ökologischer Baustoffe als Holz oder von CO2-produzierenden Energiequellen. Wie soll in diesem Konflikt Ihrer Meinung nach entschieden werden? In vielen Beständen ist der Holzvorrat sehr hoch (> 250 m3 pro ha). Für die Biodiversität der meisten Waldgesellschaften ist es förderlich, wenn der Holzvorrat reduziert würde, einerseits durch nachhaltige Ernte, andererseits durch Erhöhung des Totholzanteils. Welche Konsequenzen für den Naturschutz ergeben sich aus der anstehenden Klimaveränderung? Durch die fortschreitende Klimaerwärmung verändern sich die Ausbreitungsareale der Pflanzen- und Tierarten. Vereinfacht gesagt wandern die Arten bergaufwärts oder Richtung Norden, bis sie Regionen erreichen, in denen die Bedingungen den bisherigen ähnlich sind. Arten, die nicht ausweichen oder sich nicht an die neuen Bedingungen anpassen können, werden lokal aussterben. Auf den Standort bezogen, bedeutet dies, dass einzelne Baumarten durch andere ersetzt werden. Für den Naturschutz ist die
Naturnahe, lichtreiche Wälder beherbergen eine grosse Artenvielfalt (Chuenisberg bei Nenzlingen, BL) (Bild: Bruno Baur)
Vernetzung der Lebensräume von grösster Bedeutung, um die Floren- und Faunenverschiebungen zu ermöglichen. In der Schweiz sind bereits mehrere Artenförderungsprogramme lanciert und viele weitere sind angekündigt. Wäre es nicht sinnvoller, bei der Ausgestaltung von Lebensräumen anzusetzen, anstatt von einzelnen Arten auszugehen? Arten mit speziellen Lebensraumansprüchen profitieren oft nicht von BiotopFörderungsmassnahmen. Artenförderungsprogramme können deshalb eine wertvolle Ergänzung sein. Die Erfahrung zeigt, dass mit einer Kombination beider Förderungsmassnahmen die Biodiversität am besten erhalten werden kann. Für Förster sind Bündner Wald 3/2010 61
Artenschutzprogramme nichts Aussergewöhnliches (z.B. Förderung seltener Baumarten wie Elsbeere, Speierling, Wildbirne).
Mit gezielten Pflegemassnahmen kann die Biodiversität im Wald gefördert werden, z.B. Spinnen an einem gestuften Waldrand (Bild: Bruno Baur)
Was erwarten Sie von der auf dieses Jahr hin angekündigten Schweizerischen Biodiversitätsstrategie? Ich bin von der bisherigen Arbeit an der Biodiversitätsstrategie beeindruckt. Der Erfolg der Strategie hängt aber weitgehend von deren Umsetzung ab. Da sind viele Akteure gefordert, nicht nur die kantonalen Regierungen, auch die Waldbesitzer und Förster. Mit Prof. Bruno Baur sprach Ueli Bühler
ANZEIGE
Schredder
T r o m m e l h ac k e r
S c h e i b e n h ac k e r
PFANZELT Anhänger von 8 – 15 to HETRONIC Funksteuerungen
PFANZELT Seilwinden 4 – 10 to Dreipunkt-, Steck-, Festanbau, Aggregate
PFANZELT Pm-Trac der vielseitige Systemschlepper für Forst- und Kommunaleinsatz
BÄRENSTARK
ZUVERLÄSSIG – BEWÄHRT – PREISWERT WALDRAPP Motorseilwinde
1716 Plaffeien Tel. 026 419 9000 / www.gebr-rappo-ag.ch Land- u. Forstmaschinen, Kommunaltechnik
62
PFANZELT Felix 4-Rad Rückeschlepper, 4 + 6-Rad Rücke-/Tragschlepper mit var. Länge
RAPPTRAC Rückeschlepper
Natur und Öffentlichkeit Gedanken des Parkwächters Als ehemaliger Forstwart übe ich den spannenden und abwechslungsreichen Beruf eines Parkwächters im Schweizerischen Nationalpark ( SNP ) aus. Der Wechsel von der Forstwirtschaft zu einer Naturschutzinstitution der höchsten Kategorie ( IUCN Ia), die auf jegliche Nutzungsformen wie Forst- und Alpwirtschaft, Jagd und Fischerei verzichtet und wo sogar ein Wegegebot herrscht, war gross. Ein Vergleich dazu ist, wie wenn man einen Wilderer zum Wildhüter macht. Insgesamt haben von den acht ganzjährig angestellten Parkwächtern sieben handwerkliche Berufe erlernt, davon sind zwei ebenfalls Forstwarte. Neben der Parkaufsicht und dem Informationsaustausch mit Besucher/-innen – was rund 60% der Arbeitszeit ausmacht – führen die Parkwächter unterschiedlichste Unterhaltsarbeiten am Wanderwegnetz oder an den Schutzhütten aus. Diese Arbeiten werden mit geringstem Einsatz von Maschinen ausgeführt. So ist beim Bau von Brückenwiderlagern sehr viel Handarbeit gefragt. Alle Parkwächter besitzen das Eidgenössische Wildhüter-Diplom und verfügen über naturspezifisches und wildbiologisches Fachwissen. Während der Bündner Hochjagd gehören auch jagdpolizeiliche Aufgaben dazu, wo wir auf Nachsuchen verletztes und krankes Wild von seinen Verletzungen erlösen. Im SNP findet keine Regulation der Wildtierpopulation statt. Die ersten Gebiete des SNP wurden 1914 unter Schutz gestellt. Die Wälder und die Alpweiden können sich seitdem von den Kahlschlägen und der intensiven Beweidung erholen und zu einer Naturlandschaft zurück entwickeln. Mit der Gründung des SNP war der Startschuss zu einem grossen Experiment gefallen. Die Entwicklung der Artenvielfalt war von Beginn an ein wichtiges Forschungsziel. Zum Anlass des 100 -jährigen Jubiläums des SNP im Jahre
Alte Lärche bei Alp la Schera (Bild: SNP)
2014 wird Bilanz gezogen. Die damaligen Vorstellungen, dass die Wälder die Alpweiden rasch zurückerobern würden, haben sich nicht erfüllt. Die Huftiere haben die Beweidungen übernommen. Der zurückgebliebene Stickstoffgehalt der ehemaligen Nutzung hat sich zu attraktiven Kurzrasen entfaltet. Diese werden sehr gerne von den Tieren genutzt. Die Wälder des SNP erstrecken sich von 1300 m ü. M. bis zur Waldgrenze auf 2300 m ü. M. Es handelt sich um reine Gebirgswälder. Kurze Vegetationszyklen verlangsamen die Waldentwicklung. Auf dem Ofenpassgebiet, in der Val Cluozza und in der Val Mingèr prägen Legföhren- und Bergföhrenbestände die Landschaft. Am Nordhang bei Il Fuorn und auf Grimmels finden wir noch schöne Lärchen-Arvenwälder, entlang dem Spöl schöne Fichtenwälder, die noch den Bündner Wald 3/2010 63
ehemaligen Wirtschaftscharakter verraten. In der Val Trupchun prägen Lärche und Arve das Landschaftsbild und im vorderen Teil des Tals mischt sich die Fichte ein. Die Spuren der ehemaligen Nutzung sind überall noch sichtbar. Laubbäume wie Grünerle, Birke, Weide und Espe machen einen sehr geringen Anteil im SNP aus. In abgelegenen Gebieten, wie im hinteren Teil der Val Cluozza, treffen wir noch Urwälder an. Um den Unterhalt der damaligen Alphütten zu gewährleisten, liessen unsere Vorfahren Bäume als Bauholz stehen. Sehr alte Lärchen und Arven finden wir unter anderem auf der Alp la Schera. Dank dem strikten Wegegebot lernten die Wildtiere die Gefahr durch Menschen abzuschätzen. Dies ermöglicht den Besuchern interessante und spannende Beobachtungen von den Rastplätzen aus und entlang der Wanderwege. Der Andrang der Besucher Bergföhrenwald God Margunet (Bild: SNP)
64
auf die Hauptbesuchsgebiete wie Margunet und die Val Trupchun um die Mittagszeit ist gross. Vor allem während der Hirschbrunft im Herbst wird der Mensch zum zeitlichen Störfaktor. Besuchereinschränkungen wie in anderen Natur- und Nationalparks in Europa sind nicht geplant. Der SNP wird so in den Sommermonaten zu einem beachtlichen Wirtschaftsfaktor in der Region. Das Verständnis, die Natur sich selber zu überlassen, beginnt heute bei den Besuchern mit Erläuterungen der natürlichen Waldentwicklung im SNP. Insbesondere trifft dies im Ofenpassgebiet mit den monotonen Bergföhrenwäldern zu, die in der Zerfallsphase stehen. Jeder Autofahrer und jeder Besucher bemerkt die dürren Bäume. Kommentare wie: «Eine Sauordnung!» «Waldsterben» und «Die Wälder müssen aufgeräumt werden», sind an der Tagesordnung. Auch diese Bergföhrenwälder leisten ihren Beitrag zur Biodiversität in den schweizerischen Waldgesellschaften. Nirgendwo mehr findet man grössere, zusammenhängende Bergföhrenwälder in der Schweiz. Diese Wälder auf dem Ofenpass wurden durch die Bergbaugeschichte und Salzgewinnung in Hall geprägt. Wildschäden sind für diese Wälder zweitrangig. Genau diese Pionierwälder leisten an steilen Hängen und bei ausserordentlichen Wachsbedingungen hervorragende Schutzfunktionen, solange nicht die natürliche Zerfallsphase (durch Waldbrand oder ähnliches) gestört wird. Auch am Ofenpassgebiet sichern diese Wälder mit ihrer natürlichen Schutzfunktion die Ofenpassstrasse und das Hotel Il Fuorn. Grössere Schwankungen der Gams- und Steinwildpopulation sind im SNP natürlich. In den Medien werden solche Ereignisse aber überbewertet. In schweren Wintern, wenn der Schnee die bevorzugt aufgesuchten Hänge den ganzen Winter über zudeckt,
Autor bei der Wildbeobachtung (Bild: SNP)
Blick ins Spöltal (Bild: SNP)
kann es Verluste von bis zu 40 % der Populationen ergeben. In der Val Trupchun sind diese Schwankungen noch grösser, da der Legföhrengürtel fehlt. Genau diese Wälder sind in ihrer Schutzfunktion vor allem an der Waldgrenze in den Wintereinständen (Südhang) oft in Frage gestellt. Im Freiluftlaboratorium, wie der SNP auch genannt wird, unterstützen wir die Wissenschaftler in vielen Forschungsarbeiten. Im Vordergrund stehen beispielsweise die Datenaufnahme von markierten Tieren und Koordinationsaufgaben. In den parkeigenen Projekten unterstützen wir die Forschung im Markieren und Beobachten von Hirsch-, Gams- und Steinwild, in der Aufnahme des jährlichen Bestands und der vierteljährlichen räumlichen Verbreitung der Huftiere. Bei der Ausübung meiner Arbeit als Parkwächter betrachte ich die Landschaft sehr genau. Lawinenniedergänge, Murgänge, möglicher Befall von Lärchenwickler oder Veränderungen im Gelände werden dokumentiert und in den Ereignisprotokollen festgehalten. Vor allem im Lawinenwinter 1999/2000 stimmten die Ereignisse einen nachdenklich. Fast alle Arven, fast 300 Jahre alte Bäume, wurden bei Plan Val Sassa von einer Lawine
umgeworfen. In der Val dal Botsch verursachten starke Murgänge grosse Narben in die Vegetationsschicht der alpinen Weiden. Auch waren durch Lawinen besonders viele Ereignisse zu verzeichnen. In den letzten zehn Jahren mussten alle Brückenübergänge im SNP um etwa zwei Meter höher gebaut werden, um den jährlichen Gewittern standzuhalten. Sind Andeutungen der Klimaveränderung im SNP sichtbar wie beispielsweise Niederschlagszunahme? Wie anhand von Aufnahmen nachgewiesen, haben sich neue Pflanzen auf den Gipfeln in die Höhe gedrängt. Können bald Veränderungen der Artenzusammensetzung auch im Wald beobachtet werden? Viele Fragen werden aufgeworfen. Hierzu laufen diverse Projekte in enger Zusammenarbeit mit anderen Nationalparks in Europa. Die Erfahrungen werden ausgetauscht und weitergegeben.
Fadri Bott Nationalparkwächter CH-7535 Valchava
fadri.bott@nationalpark.ch
Bündner Wald 3/2010 65
«Mein Standpunkt in der nationalen Biodiversitätsstrategie» «Als Mitglied der Expertengruppe ‹Biodiversitätsstrategie Schweiz› setze ich mich mit der Frage einer nationalen Biodiversitäts-Strategie auseinander» Was ist Biodiversität? Unter Biodiversität ist die Vielfalt der Natur im weitesten Sinne zu verstehen. Das umfasst die Mannigfaltigkeit der Lebensräume, die verschiedensten Arten vom Elefanten bis zu den Bakterien. Es sind nicht nur Bär und Wolf angesprochen, bereits in der Schweiz gibt es mehr als 30 000 Insekten- oder mehr als 4 000 Pflanzenarten. Aber auch die genetische Vielfalt spielt eine Rolle. Wo immer die Individuenzahl stark zurückgeht, ist dies mit einem Verlust an genetischer Vielfalt verbunden. Nur wenige der mehr als 1 000 Apfelsorten sind heute im Handel noch gefragt, was passiert mit den anderen? Eine einmal ausgestorbene Art lässt sich auch mit modernster Gentechnologie nicht einfach wieder herstellen. 2010: Uno-Jahr der Biodiversität Eine wachsende Menschheit beansprucht immer mehr Platz, immer mehr Fläche und fordert dauerndes Wachstum. Wir übernutzen unseren Planeten zum Nachteil der Alpenrhein Village – Landschaftsverschleiss und Versiegelung der Landschaft (Bild: AJF)
Vielfalt und ohne Rücksicht auf begrenzte Ressourcen. Weltweit wird seit Jahren ein markanter Verlust an Biodiversität festgestellt. Die Schweiz wollte den Biodiversitätsverlust bis zum Jahre 2010 stoppen. Dieses Ziel hat sie aber – wie andere europäische Staaten – deutlich verfehlt. Die bisherigen Bemühungen zur Erhaltung oder gar Förderung der Naturvielfalt genügen offensichtlich nicht. Im Gegenteil, es geht immer weiter bergab. Das Jahr 2010 wurde zum Uno-Jahr der Biodiversität erklärt. Der Bundesrat lässt gegenwärtig eine Biodiversitätsstrategie für die Schweiz ausarbeiten. Entscheidend wird allerdings sein, was die Politik mit dem Vorschlag zu einer neuen Biodiversitätsstrategie macht und wie wir daraus abgeleitete Massnahmen umsetzen. Die Leistungen und die Bedeutung der Biodiversität Biodiversität garantiert die Kreisläufe der Erde. Es betrifft unsere Luft, Sauerstoff/ Kohlendioxyd, die Fruchtbarkeit unserer Böden, unsere Nahrung, unser Trinkwasser, Wald, Landwirtschaft, unsere Umwelt – letztendlich auch unser Leben. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber vermutlich gerade deshalb bisher ohne Strategie und entsprechende Sachplanung. Wir Schweizer leben so, als ob wir vier Erden hätten. Oder mit anderen Worten: unser Lebensstandard erfordert die vierfache Biokapazität der Schweiz. Wo liegen denn die Defizite Deutlich sichtbar fressen sich Siedlungsgebiete, Industrieanlagen und Verkehrsträger immer weiter in ehemalige Grünflächen, vor allem im Mittelland hinein. In der Schweiz verbauen wir nach wie vor jede Sekunde einen Quadratmeter Land. Die landwirtschaftliche Produktivität zwingt zu
66
stoppen. Eine rasant wachsende Weltbevölkerung braucht dringend Rezepte, um einen drohenden Kollaps der Natur zu vermeiden. Modernes Öko-Engineering bietet durchaus Lösungsansätze für einen verträglicheren Umgang mit der Natur. Wir brauchen aber eine neue Strategie, eine radikale Richtungsänderung, was den Umgang mit der Natur anbelangt.
Hier gibt es noch Biodiversität (Bild: AJF )
einer intensiven Nutzung der Böden, ökologische Einöden sind die Folge. Gewässer sind weitgehend begradigt und bewegen sich gezwungenermassen zwischen den sie begrenzenden Wuhrbauten. Dazu kommt die Beeinträchtigung durch die intensive Landschaftsnutzung im Berggebiet. Die Alpen sind das am intensivsten genutzte Gebirge auf der Welt. Es ist aber weniger die Frage, dass wir das tun, sondern wie wir das tun. Ökostrom und Biolandwirtschaft – reicht das nicht? Trotz vielen guten Ansätzen, beispielweise den Bemühungen zur Revitalisierung der Gewässer, reicht die Summe der bisherigen Bemühungen nicht einmal aus, den Negativtrend zu verflachen, geschweige denn zu
Grosser Handlungsbedarf – neue Strategie Die Erhaltung der Biodiversität ist nicht nur Sache des Naturschutzes, sondern eine Aufgabe, die uns alle angeht. Der erste Schritt besteht darin, die Gesellschaft von der Bedeutung und Notwendigkeit stabiler Umweltleistungen zu überzeugen. Wir brauchen eine Biodiversitätsstrategie, die den Negativtrend stoppt. Massnahmen sind in erster Priorität dort gefragt, wo sie am meisten Wirkung erzielen. Es braucht weitsichtige politische Entscheide, um ökologisch relevante Änderungen zur Förderung der Biodiversität in der Raumplanung, Land- und Forstwirtschaft, aber auch in Wirtschaft, Tourismus und Bildung zu erreichen. Eine neue Biodiversitätsstrategie wird allerdings erst dann Wirkung zeigen, wenn konkret daraus abgeleitete Massnahmen real umgesetzt werden, auf Ebene von Bund, Kantonen und Gemeinden. Biodiversität geht uns alle an. Es geht um die Zukunft unserer Umwelt und damit um uns alle.
Dr. Georg Jürg Brosi Amt für Jagd und Fischerei Loëstrasse 14, CH - 7000 Chur georg.brosi@ajf.gr.ch
Bündner Wald 3/2010 67
Waldzertifizierung unter dem Aspekt der Biodiversität In Graubünden dominiert die Waldzertifizierung nach FSC (Forest Stewardship Council). Dabei spielt die Biodiversität, die biologische Vielfalt, eine wichtige Rolle. Diese Bezeichnung umfasst die gesamte Vielfalt des Lebens und hauptsächlich die genetische Vielfalt innerhalb der Tier- und Pflanzenarten, die Artenvielfalt sowie die Vielfalt der Ökosysteme und Lebensräume. Auf den Wald bezogen, sind also nicht nur die Artenvielfalt der Pflanzen und Tiere wichtig, sondern genauso die Lebensräume und die Ökosysteme. Die Waldzertifizierung will die Biodiversität erhalten und sie auch durch den Schutz seltener Arten und Ökosysteme sichern. Die Waldfläche ist in Graubünden geschützt, wird seit mehr als hundert Jahren naturnah bewirtschaftet und nimmt laut Forststatistik jährlich zu. Diese Zunahme konzentriert sich
auf nicht mehr genutzte landwirtschaftliche Flächen vor allem im Gebirge. Die nicht mehr bewirtschafteten Wälder leiden zunehmend an Verdunkelung. Leider sind die Waldränder für viele Arten zu eintönig. Biodiversität in der Waldzertifizierung international und national Im FSC-zertifizierten Wald gelten strenge Kriterien, wie z. B. die Ausscheidung von Waldreservaten, die Sicherstellung von Totholzvorkommen, das Verbot der Gentechnik, das Verbot von Spritzmitteln und ein Verbot von flächigem Befahren. Die Waldzertifizierung weltweit basiert auf internationalen Standards sowie auf länderspezifischen nationalen Standards. Der na-tionale Standard in der Schweiz geht weiter als der internationale Standard und fällt auch gegenüber dem nationalen
Auenwald mit Eichenverjüngung bei Castrisch (Bild: Christophe Trüb)
68
Waldgesetz in einzelnen Punkten noch leicht strenger aus.Von den 10 internationalen Prinzipien und Kriterien von FSC sind punkto Biodiversität zwei Punkte erwähnenswert. Die Prinzipien 6 und 9 befassen sich mit den Auswirkungen auf die Umwelt beziehungsweise der Erhaltung besonders wertvoller Wälder. Zurzeit werden die internationalen Prinzipien und Kriterien ( P & C ) des FSC überarbeitet. Die Vernehmlassung wurde am 10. Mai 2010 abgeschlossen. Die derzeitige Version 3.0, welche nur auf Englisch verfügbar ist, enthält keine grossen Änderungen gegenüber der letzten Version von 1999. Es gibt keine wirklichen Verschärfungen, sondern lediglich Präzisierungen bei einzelnen Prinzipien. Die definitive Genehmigung der neuen P & C ist für Dezember 2010 vorgesehen. Im Nationalen Standard der Waldzertifizierung von 1999 hat die Biodiversität einen grossen Stellenwert. Von den total 16 Punkten haben 9 einen mehr oder weniger direkten Bezug zur Biodiversität. Ein Hauptpunkt dieses Standards ist die Forderung
Naturverjüngung von Fichte bei Domat/Ems (Bild: Christophe Trüb)
nach einer natürlichen Verjüngung von Wald. Pflanzungen von standortheimischen Baumarten sind ausnahmsweise zugelassen, beispielsweise um die Schutzfunktion des Waldes zu gewährleisten. Erwähnenswert sind insbesondere auch die Punkte 2 und 8, welche mit einem naturnahen Waldbau auf der ganzen bewirtschafteten Waldfläche eine grosse ökologische Vielfalt verlangen und den Waldeigentümer auffordern, abgestorbene Bäume in der Regel im Bestand als Totholz stehen zu lassen. Weitere
Prinzipien und Kriterien von FSC (1999) Prinzip 6 Auswirkungen auf die Umwelt «Die Waldbewirtschaftung soll die biologische Vielfalt und die dazugehörigen Werte, die Wasserressourcen, die Böden sowie einmalige und empfindliche Ökosysteme und Landschaften erhalten und dadurch die ökologischen Funktionen und die Unversehrtheit des Waldes gewährleisten.» Prinzip 9 Erhaltung besonders wertvoller Wälder «Bewirtschaftungsmassnahmen in besonders wertvollen Wäldern sollen die Eigenschaften, welche den Wert dieser Wälder ausmachen, erhalten oder verbessern. Entscheidungen, welche besonders wertvolle Wälder betreffen, sollen immer nach dem ‹vorbeugenden Ansatz› (precautionary approach) erwogen werden.»
Bündner Wald 3/2010 69
Kriterien sind das Verbot von Kahlschlägen, das Verbot von umweltgefährdenden Stoffen und Düngemitteln im Wald, das Verbot der Freisetzung von gentechnisch verändertem Erbgut sowie das Gebot, soweit die Schutzfunktion gewährleistet ist, die natürliche Dynamik im Wald zuzulassen. Nebst diesen Forderungen verlangt FSC, dass 10 % der zertifizierten Waldfläche als Waldreservate ausgeschieden sind. Mindestens 5 % sind dabei als Naturwaldreservate festzulegen. Auch der Nationale Standard ist zurzeit in Revision. Der neue Standard soll die Grundlage für alle Zertifikate ( FSC und PEFC ) im Schweizer Wald bilden. Inhaltlich wird sich voraussichtlich nicht viel ändern. Dennoch ist der Umfang des neuen Standards stark gestiegen. Die Version 3.0 muss jedoch noch von FSC akkreditiert werden. Moorlandschaft auf der Alp Flix (Bild: Christophe Trüb)
70
Weitere Anliegen der Waldzertifizierung Nebst der Schutzfunktion des Waldes findet man auch die Holznutzung in den Standards von FSC. Gemäss den P & C ist ein Bewirtschaftungsplan vorgeschrieben, welcher die langfristigen Bewirtschaftungsziele enthält. Weiter soll die Waldbewirtschaftung die effiziente Nutzung der Produkte und Dienstleistungen des Waldes fördern. Die nationalen Standards beschreiben denn auch die Ausschöpfung des Zuwachses bei der Nutzung des Waldes. Nicht nur die Natur, auch der Mensch erhält in den Standards der Waldzertifizierung einen gewissen Stellenwert. So wird das soziale und ökonomische Wohlergehen der Waldarbeiter hoch bewertet. Die Rechte der Arbeitnehmer müssen ebenfalls respektiert werden. Zudem wird von FSC die regelmässige Aus- und Weiterbildung vorausgesetzt.
Puschlav, das Bergell und der grösste Teil des Calancatals sind bis heute noch nicht nach FSC zertifiziert. Die neue 5-Jahres-Periode der Zertifizierung ab 1. September 2010 kann diese Beteiligung ändern, sie wird allein durch die Waldeigentümer festgelegt.
Weisses Waldvögelein bei Brienz Brinzauls (Bild: Christophe Trüb)
Bilanz der bisherigen Erfahrungen mit der Waldzertifizierung in Graubünden Die Forderung nach natürlicher Waldverjüngung ist auch in der Gruppenpolitik der FSC-Gruppe SELVA zu finden: «Die Bewirtschaftung orientiert sich an der natürlichen Entwicklungsdynamik nach dem Grundsatz ‹mit der Natur arbeiten› und erfüllt die Anforderungen der internationalen Prinzipien und Kriterien des FSC und der nationalen Standards für die Waldzertifizierung in der Schweiz.» In Graubünden sind von den ca. 176 000 ha eingerichteter Waldfläche zurzeit rund 151 000 ha nach FSC zertifiziert. Bei der regionalen Verteilung der zertifizierten Waldflächen fällt auf, dass neben einzelnen kleineren Gemeinden vor allem die südlichen Talschaften nicht zertifiziert sind. Nur das
Beispiele für den Schutz der Biodiversität in Graubünden Ein gutes Beispiel für den Schutz der Biodiversität ist die Vergrösserung der Waldreservatsflächen. In den letzten drei Jahren sind in Graubünden einige neue Waldreservate eingerichtet worden. Erwähnenswert sind unter anderem das neben dem Schweizerischen Nationalpark grösste Waldreservat der Schweiz im Val Cama und Val Leggia, das Naturwaldreservat Parc Ela am Crap Furò und das Naturwaldreservat Acla-Tobel mit rund 365 ha geschützter Waldfläche. Der Einsatz von Chemikalien zur Werterhaltung des Holzes bildete in den Kantonen Graubünden und Glarus schon seit längerem eine Ausnahme. Mit dem totalen Verbot von Spritzmitteln im zertifizierten Wald sind nun ohne Ausnahmenbewilligung keine Einsätze von Chemikalien mehr zulässig. Trotz der erteilten Ausnahmebewilligung für die FSCGruppe SELVA wird auf Spritzmitteleinsätze wenn möglich verzichtet. Mit der raschen Abführung des liegenden Rundholzes können diese Einsätze nochmals minimiert werden. Zusammenfassung und Ausblick Die Biodiversität nimmt in der Waldzertifizierung einen hohen Stellenwert ein. Die Bündner Waldbewirtschaftung bekommt bezüglich naturnaher Bewirtschaftung sehr gute Noten. Sie erfüllt die Sicherung der Artenvielfalt und die Erhaltung der empfindlichen Ökosysteme. Die Waldzertifizierung geht noch einen Schritt weiter und versucht auch die ökonomischen Ansprüche der Bündner Wald 3/2010 71
Waldeigentümer sowie die soziale Stellung der im Wald Arbeitenden zu berücksichtigen. Literatur: FSC Schweiz, FSC-Prinzipien und Kriterien für natur- und sozialgerechte Waldbewirtschaftung, 1999 n FSC Schweiz, Nationale Standards für die Waldzertifizierung in der Schweiz, 1999 n http://www.fsc.org, FSC Principles and Criteria for Forest Stewardship, Version 5.0 Draft 3 – 0, April 2010 n FSC Schweiz, Nationaler Standard 2007 für die Waldzerti-
fizierung in der Schweiz: Kurzfassung für die Praxis, basierend auf der Version 3.0, 2010 n http://www.biodiversity.ch n SELVA, Waldzertifizierung in Graubünden und Glarus, Bündnerwald, Jg. 61, Nr. 4, 2008
FSC-Gruppe Graubünden Glarus c/o SELVA CH - 7302 Landquart
info@selva-gr.ch
ANZEIGE
Sie suchen Querabschläge aus Eisenbahnschienen?
..…wir haben sie!
-
handels¸ bliche L‰ ngen sofort verf¸ gbar
-
Spezial-L‰ ngen innert k¸ rzester Zeit
…von Profis für Profis… Albert Joos AG Raschärenstrasse 34 Postfach 330 7001 Chur
72
Tel. 081 286 35 55 / Fax 081 286 35 33 www.joos.ch bauprodukte@joos.ch
Naturnaher Waldbau ... die Innerdomleschger Version
Nicht nur artenreicher Wald ist naturnah (Bild: Christian Rohner)
Der naturnahe Waldbau ist für uns Förster ein ständiger Begleiter. Für den interessierten Leser wird das Thema zum Begleiter für die nächsten etwa zehn Minuten. Für mich als Verfasser dieser Zeilen erscheint zuerst das grosse Fragezeichen. Was ist denn das nun eigentlich, der naturnahe Waldbau? Auf die Anfrage hin, ob ich einen Bericht aus der Forstpraxis zum Thema verfassen könne, sagte ich etwas euphorisch zu. Dann, aber oha ... Ja, was ist denn nun naturnaher Waldbau? Kann das Resultat unseres Wirkens als naturnaher Waldbau bezeichnet werden? Ich kämpfe mich mal durch das Thema. (Die geschriebenen Zeilen sind nicht immer lückenlos mit tierischem Ernst zu verstehen.) Wie immer in solchen Situationen muss heutzutage das Internet Hilfe leisten. Ich klicke mich mal ins «Google» und tippe
ein: «Naturnaher Waldbau.» Wie erwartet, kommt sofort die Hilfe in Form von diversen Publikationen. Unter anderem eine Dokumentation vom BAFU. Ja, grossartig, das wird mir wohl weiterhelfen. Zu lesen ist da nun seitenlang von den Vorzügen des Emmentaler Plenterwaldes mit seinen astreinen Wertholzstämmen. Es steht da etwas von abgebrochenen Baumkronen und dem übrig gebliebenen Stumpen, der weiter als Lebensraum dient. Es soll kein Dünger verwendet werden beim naturnahen Waldbau. Selbstverständlich sollen wir nur natürlich verjüngen. Und dies auf Flächen, die nicht grösser als eineinhalb Baumlängen sind. Gewünscht sind 50 % Nadelholzanteil im Laubwaldgebiet (dies dürfte im Kanton Graubünden nicht unser grösstes Problem sein). Dann wird es noch schwieriger; es ist die Rede von einem partizipativen ProBündner Wald 3/2010 73
zess. Ehrlich gesagt, keine Ahnung, was das ist. Zum Schluss noch das erklärte Ziel: Der naturnahe Waldbau lenkt die Waldentwicklung, um ökonomische, ökologische und soziale Ziele zu erreichen, und orientiert sich dabei an den natürlichen Lebensabläufen. Aha, so, so, so ... Nun weiss ich nach dem Studium der BAFU-Dokumentation allerdings noch viel weniger als vorher, was naturnaher Waldbau eigentlich ist. Also versuche ich das ganze anders herum anzugehen. Zusammen mit meinem Regionalforstingenieur stehe ich im Wald. Es ist kein Plenterwald, soviel ist klar. Gemäss Betriebsplan soll hier in erster Dringlichkeit verjüngt werden. Na also, wir sind bereit. Zusammen mit zwei Forstwarten sowie mit Kluppen und Markierfarben ausgerüstet, beginnen wir «naturnahen Waldbau» zu betreiben. Ich versuche einmal, unsere Ge-
danken beim Anzeichnen ganz unsortiert aufs Papier zu bringen – dies in stichwortartiger Form: «Alle diese überalterten, dicken Fichten müssen weg; die sind sowieso alle faul. Wir haben jetzt etwa zweihundert Kubikmeter gezeichnet, und noch immer ist kein natürlicher Waldrand in Sicht. Total überaltert, einschichtig, keine Struktur. Vom Bringungskonzept mit Bodenzug her, darf der Schlag ruhig auch noch etwas grösser werden. Die Marktlage ist gut, also drauf mit Grün. Die zwei Jungwaldgruppen und die vorhandenen Linden sollen dann bei der Holzernte geschont werden. Diese Altholzgruppe dort am Rand lassen wir stehen, das Holz ist ja so astig, dieses will ja doch niemand. Die alte Weisstanne brauchen wir noch als Samenbaum. Vor 20 Jahren hat man hier eine Zeitlang einen Auerhahn gesehen, der
Ein Bild zum Thema geschickt faul sein (Bild: Christian Rohner)
74
Auch ein artenarmer Wald ist naturnah (Bild: Christian Rohner)
hätte ebenfalls Freude an der dicken, alten Tanne. Wenn der Forstunternehmer beim Rücken noch die Ketten auf dem Schlepper montiert, wird der Boden für die Naturverjüngung noch besser aufgeraut. Die kleine Waldwiese soll auch in Zukunft nicht einwachsen, dazu muss sie allerdings alle zwei Jahre gemäht werden. Unsere Verjüngungsfläche ist etwas grösser als zwei Baumlängen geworden, das wird sicher wieder Diskussionen an der nächsten Gemeindeversammlung geben. Aber es ist ja kein BSF-Wald. Hast du gesehen, die grosse Artenvielfalt in der Krautschicht in der Verjüngungsfläche vom vorletzten Jahr? Die Schlagräumung machen wir voraussichtlich mit einer Schulklasse, dann können wir an diesem Beispiel gleich die Waldverjüngung erklären. Sicher wollen die Schüler auch wissen, wieso wir den dürren Baum stehen lassen. Oberhalb
vom Wanderweg werden wir ein paar Bergahorne pflanzen und mit Einzelschutz versehen. Dank der geringen Vegetationskonkurrenz dürften wir in dieser Verjüngungsfläche mit wenig Aufwand zu vielfältigem Erfolg kommen. Hier bei dieser Geländerinne schliessen wir die Fläche ab» (usw.). So oder ähnlich tönt es bei uns jeweils bei der Anzeichnung. Die Ansprüche und Anliegen an den Wald sind enorm vielfältig. Nicht immer ganz einfach, all dem gerecht zu werden! Denn erst wenn die vielfältigen Anliegen an den Wald in unseren Köpfen möglichst alle Platz haben, dann betreiben wir naturnahen Waldbau. Dabei ist es meiner Meinung nach nicht nötig und möglich, auf den verschiedenen Eingriffsflächen gleichzeitig allen Ansprüchen gerecht zu werden. Oft bilden sich auf speziellen Standorten Waldbestände, die eigentlich sehr arm an Bündner Wald 3/2010 75
Arten oder Funktionen sind, aber gerade deshalb sehr naturnah. Auch Sturmflächen sind naturnah, wieso also nicht auch durch Anzeichnung geschaffene, grössere Verjüngungsflächen? Die Vielfalt der Natur hilft uns, gesamthaft den Ansprüchen gerecht zu werden. Ein sehr wichtiger Erfahrungswert für den (naturnahen) Waldbau ist das viel zitierte «geschickte Faulsein». Die Natur verzeiht uns vieles, aber nur selten überstürztes Handeln. Wie eingangs schon festgestellt, fällt mir auf Anhieb kein Patentrezept in zwei Sätzen für flächendeckenden, naturnahen Waldbau ein. Und doch bin ich überzeugt, dass bei uns naturnaher Waldbau betrieben wird.
Um nun noch die ursprüngliche Anfrage von Ueli Bühler zu beantworten: Die Umsetzung von möglichst naturnahem Waldbau verursacht mir keinen grossen Zusatzaufwand. Unsere Wälder sind vor allem deshalb naturnah, weil auf jeder Teilfläche immer und immer wieder versucht wird, möglichst vielen Ansprüchen gerecht zu werden.
Christian Rohner Revierforstamt Innerdomleschg Bavurtga, CH - 7412 Scharans forst.innerdomleschg@bluewin.ch
ANZEIGE
Kraft Präzision Verlässlichkeit TABREC Die Rechnung geht immer auf: An Ort und Stelle normgerecht aufbereitetes Material ist kostengünstiger und die Umweltbilanz stimmt ebenfalls!
BetonAsphaltAushub- und Fels/SteinmaterialRecycling in höchster Qualität. 76
TTABREC ABREC Recycling AG
Waldau CH-7302 Landquart Landquart Fon Fon 081 081 300 303 45 73 72 60 Natel Natel 079 079 610 610 80 50 Fax Fax 081 081 300 303 45 73 71 61 admin@tabrec.ch admin@tabrec.ch
Praxisbericht Pflege von Auerwildbiotopen
Am Rand des Waldweges als Schichtschutz stehen gelassener dichter Waldstreif (Bild: C.Barandun)
Einleitung Das Auerwild zählt in der Schweiz zu den Arten, die auf der Roten Liste mit dem Status stark gefährdet aufgeführt werden. Durch diesen Umstand zählt das Auerwild zu den Arten, für welche spezifische Artenförderungsprogramme ausgearbeitet werden, um diese Art langfristig zu erhalten. Auerwild stellt sehr hohe Ansprüche an den Wald als Lebensraum. Dieser Lebensraum muss im Wechsel der Jahreszeiten verschiedenen Bedürfnissen genügen, um das Überleben dieser Art zu ermöglichen. Im Juli 2006 wurde mit der Konzepterarbeitung zur Lebensraumförderung des Auerwildes im Raum Albulatal der Grundstein für eine Förderung dieser geschützten Wildart gelegt. Als Grundlage zur Umsetzung dieses Konzeptes diente die Schaffung eines Sonderwaldreservates über die
Gemeinden Brienz, Alvaneu und Schmitten. Das Gebiet erfüllt mehrere wichtige Voraussetzungen zur Auerwildförderung wie Auerwildvorkommen, Grösse, Vernetzung und bereits vorhandene, günstige Waldstrukturen. Zielsetzung Ziel dieses Sonderwaldreservates ist die Förderung des Auerwildes. Mit gezielten waldbaulichen Eingriffen sollen für das Auerwild optimale Waldstrukturen erhalten oder geschaffen werden. In Wäldern mit Schutzfunktion hat die Erhaltung der Schutzfunktion selbstverständlich Priorität gegenüber den Erfordernissen eines auerwildtauglichen Lebensraumes. Diese beiden Ziele lassen sich im vorliegenden Perimeter aber ohne grössere Schwierigkeiten miteinander kombinieren. Bündner Wald 3/2010 77
Massnahmen und Herausforderungen bei der Umsetzung Die zu erbringenden Leistungen zwischen Kanton und Waldeigentümern sind vertraglich geregelt. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Vertrages sind die vom Kanton geforderten Grundleistungen gegenüber den Waldeigentümern. Diese beschreiben die Massnahmen, die im Zuge von waldbaulichen Eingriffen einzuhalten sind. Dazu zählt beispielsweise das Stehenlassen von Dürrständern, oder Einzäunungen dürfen die Grösse von 15 x 15 m nicht überschreiten. Freiflächen dürfen nicht grösser als eine Hektare sein. Ein weiterer, wesentlicher Punkt ist die nicht zu unterschätzende Besucherlenkung. Das Auerwild reagiert sehr empfindlich auf Störungen. Um diesem Punkt Rechnung zu tragen, wird bei der Schlaganzeichnung darauf geachtet, dass entlang einiger von Menschen häufig begangener Routen sogenannte «Vorhänge» mit einer Breite von zirka 20 Metern beziehungsweise zwei Baumreihen als Sichtschutz stehen gelassen werden. Während der Schlagdauer werden die Massnahmen mit Infotafeln erklärt, da die Schläge doch mancherorts einschneidende Veränderungen im Waldbild hervorrufen. Permanente Infotafeln werden keine gestellt. Bei der Anzeichnung wurde versucht, den Anforderungen des Auerwildes an den Lebensraum Rechnung zu tragen. Lärchen und Föhren wurden weitgehend gefördert sowie tiefastige Einzelbäume freigestellt. Ansatzweise vorhandene Verjüngung oder bereits bestehende Rotten wurden gefördert. Die Erfahrung in bereits ausgeführten Schlägen zeigte, dass diese Punkte keinen Einfluss auf die Arbeitsabläufe bei der Holzernte haben. Weit grösseren Einfluss auf die Umsetzung haben die Punkte, bei denen die Eingriffs78
zeiten geregelt werden. Wie beispielsweise die Einschränkung waldbaulicher Tätigkeiten während der Balz- und Aufzuchtszeit von Anfang April bis Mitte Juli. Dies führte 2008/09 dazu, dass durch den frühen Wintereinbruch die Arbeiten über den Winter eingestellt werden mussten und im Frühling 2009 erst Mitte April unter Vorbehalt weitergeführt werden konnten. In den begonnenen Holzschlägen wurde im Frühling nur vorgerüstetes Holz entfernt und die Weiterführung der Arbeiten auf den Sommer verschoben. Um diese Unterbrüche in Zukunft zu vermeiden, wurden die geplanten Schläge für die Saison 2009 bereits im Sommer begonnen, was wiederum das Risiko eines Käferbefalles bei der Alte Bäume mit ausladenden Ästen werden bewusst stehen gelassen. Die Spechtringe zeigen, dass auch nebst dem Auerhuhn auch andere Arten davon profitieren (Bild: C.Barandun)
ANZEIGE
4-TAKT MOTORSENSE KRAFTVOLL UND UMWELTFREUNDLICH
Auerhahn bei der Balz in gepflegtem Biotop
- 40 % weniger Kraftstoffverbrauch - reines Benzin, kein Gemisch - niedriger Geräuschpegel
(Bild: Pierre Mollet)
Fichte und das Verblauen bei der Föhre erhöhte. Zudem kam es zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen durch Heuladewagen und einer immensen Staubentwicklung auf den Naturstrassen. Schlussbemerkungen Mit einer gründlichen Planung seitens des Forstdienstes und dem nötigen Fingerspitzengefühl, wie in unseren Beispielen von Seiten des Forstunternehmers, entstehen mit diesen Massnahmen Waldstrukturen, die dem Lebensraum des Auerwildes in grossem Masse dienen. Für die Bestimmung von Sitz-, Schlaf- und Balzbäumen sowie das Festlegen von Flugschneisen wäre der Einbezug der Wildhut in Zukunft sicher hilfreich und sollte auch angestrebt werden. Ein weiterer Diskussionspunkt unter Fachleuten wie Beobachtern war der Einsatz von modernen Holzerntegeräten oder das maschinelle Räumen der Äste im Bestand. In den ausgeführten Flächen wurden die Äste mittels Schreitbagger im Bestand gehäuft oder – wo möglich – das Ganzbaumverfahren angewandt. Beide Verfahren haben
D
SON
T
BO GE
N ERA
.–
595 . R F
L.
INK
ST. MW
MS-252.4 C
Informieren Sie sich bei unseren Service- und Verkaufsstützpunkten
Hoffmann & Rüesch Zimmermann AG Semadeni R. Christoffel R.
Generalvertretung: AMSLER & CO. AG 8245 FEUERTHALEN ZH
7270 Davos-Platz 7013 Domat / Ems 7742 Poschiavo 7127 Sevgein Tel: 052 647 36 36 dolmar@amsler.ch
081 413 26 44 081 650 30 00 081 844 04 38 081 925 29 69
Fax: 052 647 36 66 www.dolmar.ch
sich bei richtiger Anwendung waldbaulich bewährt. Wie sich diese auf das Verhalten des Auerwildes auswirken, kann noch nicht abgeschätzt werden. Der Einsatz für diesen grossartigen, schützenswerten Vogel lohnt sich auf jeden Fall.
Sandro Sutter Förster HFF 7078 Lenzerheide forstamt-vaz@vazobervaz.ch
Bündner Wald 3/2010 79
Praxisbericht Waldrandpflege in Trin
Die Waldrandpflege am Crestasee hat die Sträucher und Laubbäume besser gedeihen lassen (Bild: Hanspeter Herzog)
Die Waldrandpflege ist eine neuere Pflegeart. Während meiner Ausbildungszeit galt noch die Devise, die stärksten Bäume am Waldrand stehen zu lassen, damit ähnlich einem Wintermantel der Wald dahinter vor Stürmen geschützt bleibt. Auf alten Fotos kann man sehen, dass der Übergang von Kulturland zu Wald früher stufiger war. Grund war die Bewirtschaftung: an den Waldrändern wurden meistens die Zugtiere wie Ochsen, Kühe und später Pferde angebunden oder auch gehütet; die Ziegen gehörten ebenfalls dazu. Durch die Aufgabe dieser Bewirtschaftungsart rückte der Hochwald immer näher an das Wiesland und die vorgelagerten Sträucher und mittelgrossen Laubbäume konnten infolge Lichtmangels nicht mehr wachsen. Der Lichtmangel führte auch in den angrenzenden Wiesen zur 80
Verarmung der Flora. So gedeihen dann anstelle von Blumenwiesen nur noch Schatten liebende Pflanzen und der Wiesenboden ist mit Moos bedeckt. Die über die Bodenoberfläche aufragenden Baumwurzeln erschweren zudem die Bewirtschaftung der Wiesen. Inzwischen wurde mit Strömungsversuchen auch festgestellt, dass steile Waldränder bei Wind grössere Turbulenzen verursachen, sodass das Schadensrisiko im dahinter stehenden Wald grösser ist als bei stufigen Waldrändern. Mit der Waldrandpflege in der Gemeinde Trin begannen wir Ende der 1980er Jahre. Im Rahmen eines Landschaftspflegeprojektes des Fonds Landschaft Schweiz konnten wir mit Beiträgen in unserem Heckengebiet am Südrand von Trin zahlreiche Waldränder pflegen. Später wurden die Beiträge von
Bund und Kanton übernommen und das Landschaftspflegeprojekt durch das ökologische Vernetzungskonzept ersetzt. Nachstehend fasse ich die dabei gemachten Erfahrungen zusammen. Die Auswahl der zu pflegenden Waldränder erfolgt nach folgenden Kriterien: – Die ökologisch wertvollsten Waldränder. Die zu pflegenden Waldränder sollen an wenig intensiv genutztes Landwirtschaftsland grenzen oder in eine Heckenlandschaft übergehen. – Waldränder, die in der Hauptwindrichtung liegen. Oft sind Waldpartien hinter steilen Waldrändern instabil, sodass nach kurzen heftigen Windböen einzelne Bäume umstürzen und Zwangsnutzungen verursachen. Durch das Abflachen des Waldrandes können dahinter stehende instabile Waldungen längerfristig stabilisiert werden.
Die Eigentümer sind eingeladen, auf dem Retour-Talon anzugeben: – Teilnahme an der Begehung – Einverständnis zu den geplanten Massnahmen – Ausführung selbständig oder durch das Forstamt. Bei der selbständigen Arbeitsausführung ist darauf zu achten, dass die Leute über eine entsprechende Holzereiausbildung und eine persönliche Schutzausrüstung verfügen. Ist das nicht der Fall, so werden die Fällarbeiten durch den Gemeindeforstbetrieb ausgeführt. Auf dem Talon ist vermerkt, dass das Ausbleiben einer Antwort als Zustimmung gewertet wird.An der Begehung ist der Gemeindevorstand durch den Departementsvorsteher Die Räumung des Waldrandbereichs von Ästen ist aufwändig, aber unbedingt notwendig (Bild: Jägerverein Trin)
Vorbereitung Waldrandbereiche gehören sehr oft mehreren Eigentümern. In Gemeinden, in denen wie bei Trin keine Melioration durchgeführt wurde, sind die Grundstücke sehr klein parzelliert, weshalb auf einer kurzen Waldrandstrecke bis zu 30 – 50 Eigentümer angrenzen. Solche Eigentumsverhältnisse dürfen keinesfalls die Waldrandpflege beeinflussen. Der Waldrand muss – unbesehen der Besitzverhältnisse – gepflegt werden. In Trin hat es sich bewährt, vor einer Anzeichnung sämtliche Anstösser mit einem Schreiben wie folgt zu informieren: – Sinn und Zweck der Waldrandpflege – Zusicherung, dass den Anstössern keine Kosten entstehen – Ausführungstermin – Einladung für eine gemeinsame Begehung an einem Samstag. Bündner Wald 3/2010 81
Wald sowie den Revierförster vertreten, das Kantonale Amt für Wald durch die Regionalforstingenieurin. Nebst den technischen Informationen können auch noch ökologische Zusammenhänge erklärt werden. Vielfach sind bei uns die Grundeigentümer nicht mehr die Bewirtschafter. Sie kennen deshalb oft den Grenzverlauf nicht mehr und sind sehr dankbar, wenn wir ihnen diesen zeigen. Durch die kompetente Vertretung von Politik und Fachleuten fühlen sich die Grundeigentümer in ihren Anliegen ernst genommen. Dieses Vorgehen ist zwar aufwändig, doch können dann bei der Arbeitsausführung rationelle Arbeitsverfahren angewendet werden, weil keine Einschränkungen durch komplizierte Eigentumsstrukturen mehr bestehen.
Anzeichnung Um zu vermeiden, dass der Steilrand einfach um eine Baumlänge nach hinten verschoben wird, sollen die vorhandenen Strukturen im Waldesinneren so ausgenützt werden, dass ein möglichst stufiger Übergang ausgeformt wird. Deshalb kombinieren wir die Waldrandpflege immer mit einem Schlag im dahinter liegenden Wald. Die in der Theorie angegebene Waldrandtiefe von einer Baumlänge kann als Faustregel betrachtet werden. Viel wichtiger scheint mir aber, dass bestehende Geländeformen in die Gestaltung mit einbezogen werden. Oft stehen an Waldrändern noch richtige «Wettertannen». Einzelne von ihnen haben wir jeweils stehen gelassen. Sie bieten vor allem für die Greifvögel einen wunderbaren Aussichtspunkt und von der Jägerschaft
Waldrandpflege nach ausgeführtem Schlag, aber noch vor der Asträumung (Bild: Amt für Wald Graubünden)
82
werden sie gerne zum Bau von Hochsitzen genutzt. Dank der besseren Übersicht lässt sich in der laubfreien Zeit rascher anzeichnen. Gute Hinweise für die Gestaltung von Waldrändern bietet das Faktenblatt Nr. 7 des Amts für Wald Graubünden. Arbeitsausführung Die Holzerei wird am idealsten zwischen November und März ausgeführt. Dabei sind folgende Punkte zu beachten: – Landschaden gering halten: Der Zugang zu den Waldrändern ist oft nur über das Wiesland möglich. Es muss der richtige Zeitpunkt abgewartet werden. Am idealsten ist gefrorener oder trockener Boden. – Bestehende Strauchschicht nicht zu stark beschädigen. Das Erhalten bestehender Sträucher und kleinerer Laubbäume ist ökologisch wichtig, hat aber auch den Vorteil, dass die Eingriffe landschaftlich weniger auffallen. – Ohne Schlagräumung macht die Waldrandpflege keinen Sinn. Durch den oft meterdicken Astteppich könnten über Jahre hinaus ausser Brombeeren keine Sträucher wachsen. Weil die am Waldrand gewachsenen Bäume in der Regel grobastig sind, ist die Schlagräumung aber gleichzeitig die mit Abstand aufwändigste und teuerste Arbeit. – Durch den Einbezug der Schlagräumung in die Wahl der Arbeitsverfahren können Kosten gespart werden. Wenn möglich erfolgt die Entastung der Bäume zentral an einer Abfuhrstrasse oder auf einem maschinell zugänglichen Platz. Bei der Holzbringung mit dem Seilkran entasten wir die Bäume erst auf dem Abladeplatz. Besteht keine
Hier drängt sich eine Waldrandpflege geradezu auf: Steilrand, angrenzend an naturnah bewirtschaftete Wiese (Bild: Amt für Wald Graubünden)
Möglichkeit die Bäume ausserhalb des Waldrandgürtels zu entasten, so erfolgt die Schlagräumung mit Vereinen und Schulen aus dem Dorf und freiwilligen Arbeitslagern. Tatkräftig werden wir auch immer wieder von der Stiftung Bergwaldprojekt unterstützt. Die Vereine werden mit einer Tagespauschale von Fr. 72.– (Kinder die Hälfte) entschädigt. Die Vereine gelangen immer wieder mit Beitragsgesuchen an die Gemeinde. Bei diesen Räumungsarbeiten haben sie die Möglichkeit mit einer sinnvollen Arbeit ihre Vereinskasse aufzubessern. Diese Arbeitseinsätze ortsansässiger Leute bieten auch immer wieder Gelegenheit für Öffentlichkeitsarbeit. Bündner Wald 3/2010 83
Nachpflege Die Nachpflege der Waldränder erfolgt ähnlich wie bei der Heckenpflege. Schnell wachsende Baum- und Straucharten müssen zurückgeschnitten werden. Die pyramidenförmige Abstufung soll möglichst beibehalten und die hoch wachsenden Nadel- und Laubbaumarten konsequent entfernt werden. Schlussbemerkungen Die Waldränder stehen stark im Blickfang der Leute. Jeder Eingriff am Waldrand ist von weither sichtbar. Es ist deshalb wichtig, die Öffentlichkeit gut zu informieren, sei es an Gemeindeversammlungen oder in der Presse. Es ist vorteilhaft, wenn über Eingriffe an touristisch stark begangenen Orten auch das Verkehrsvereinsbüro orientiert ist. Mit einem Rest von unbelehrbaren und uneinsichtigen Leuten müssen wir leben. Die Informationsarbeit wird bei uns zum grossen Teil durch die Regionalforstingeneurin ausgeführt, was den Betriebsleiter entlastet. Bei kaum einer anderen Pflegeart wird der Erfolg so schnell sichtbar wie bei der
ANZEIGE
84
Waldrandpflege. Plötzlich sieht man im Frühling blühende Kirschbäume, die rosaroten Blüten der Heckenrose oder die weissen Dolden des Wolligen Schneeballs. Im milden Herbstlicht erscheinen die verschiedenen Baum- und Straucharten in einer prächtigen Farbenvielfalt. Die Pflege von Waldrändern ist sehr zeitaufwändig und kostenintensiv. Wir mussten uns vor allem aus finanziellen Gründen stark einschränken und unsere Vorhaben in bedeutend kleineren Etappen realisieren als ursprünglich geplant. Wir bemühen uns, fehlende Geldmittel über Stiftungen im Bereich von Natur und Umwelt zu beschaffen. Einen Weg wird es immer wieder geben, wenn man mit der nötigen Hartnäckigkeit ein Ziel verfolgt.
Christian Malär Forst Trin CH- 7014 Trin
forst.trin@bluewin.ch
Praxisbericht Offenlandpflege in Selven Der Anbau von Kastanien ist eine alte Bewirtschaftungsform, welche auf einer Mehrfachnutzung des Bodens beruht. Während in der Vergangenheit die Bäume mit ihren Kastanien wertvollste Nahrungsgrundlage für die Menschen lieferten, waren die darunterliegenden Wiesen und Weiden Futtergrundlage für Ziegen und Kühe. Die Wiesen wurden im Frühling kurz beweidet, im Sommer gemäht, und im Winter wurde das Laub als Einstreu für die Ställe verwendet. Diese Mehrfachnnutzung ist sehr aufwendig und kann kaum mechanisiert werden. Traditionell gemäht werden die Selven in Graubünden heute noch im Bergell, während sie in den anderen Bündner Südtälern vorwiegend beweidet werden. Die Selven gedeihen meist auf leicht sauren Böden. Die Trockenwiesen in den Kastanienselven sind daher eher artenärmer als die klassischen Halbtrockenrasen in den Kalkgebieten. Typisch sind Arten der Trockenrasen wie Karthäusernelke (Dianthus carthusianorum), Taubenskabiose (Scabiosa columbaria), Frühlingssegge (Carex verna) und betonienblättrige Rapunzel (Phyteuma betonicifolia). Die aufwendige Nutzung der Kastanienselven hatte seit den 50er Jahren dazu geführt, dass ein grosser Teil der ehemaligen Selven der Südschweiz nicht mehr bewirtschaftet wurde. Als alte Kulturform, welche mit ihren parkartigen Strukturen ein sehr reizvolles Landschaftsbild um die Dörfer herum schafft, die Nachfrage nach Kastanien und ihr grosser Wert für die Erhaltung der Artenvielfalt, haben in den letzten 20 Jahren dazu geführt, dass vielerorts diese Selven wieder aufgelichtet wurden. Einer der wichtigsten Schritte in einem forstlichen Auflichtungsprojekt ist die Sicherstellung der Bewirtschaftung und damit die
Frisch aufgelichtete Kastanienselve in Soazza. Auf die offenen Bodenflächen wurde Heugrassaat aus naheliegenden mageren Spenderwiesen ausgebracht (Bild: Franziska Andres)
gute Zusammenarbeit mit interessierten Landwirten. Ein grosses Problem ist dabei die Anerkennung der Fläche als landwirtschaftliche Nutzfläche. In der Regel dauert es mindestens zwei Jahre, bis sich die offenen Stellen mit einem Bewuchs überdecken, der eine akzeptable Futterqualität liefert. Während dieser Zeitspanne ist aber die Arbeit für die Begrünung und die laufende Bekämpfung von Adlerfarn und Bromberen sehr aufwendig und kostspielig. Es gibt verschiedene Strategien, diese Selven zu begrünen: spontaner Bewuchs, Ansaat mit Mischung « Selva» der Firma Hunn, Ansaat mit Heu von geeigneten Spenderwiesen oder Ansaat mit einheimischem Saatgut aus der Südschweiz. Bündner Wald 3/2010 85
Jede Begrünungsstrategie hat Vor- und Nachteile. Aus ökologischer Sicht ist es wichtig, eine leicht lückige und artenreiche Vegetationsdecke zu schaffen, welche den traditionellen Wiesen der Selven möglichst nahe kommt. Die Mischung «Selva» von Hunn hat den Vorteil, dass die Fläche rasch deckt und wertvolle Futtergräser aufweist. Sie ist daher für die Landwirte attraktiv und ist gleichzeitig geeignet, Adlerfarn gut in Schach zu halten. Nachteilig ist die Mischung insbesondere aus ökologischer Sicht. Es finden sich in der Mischung beipielsweise keine wertvollen Arten für die Raupen der typischen Schmetterlinge der Kastanienselven. Ideal sind Heugrassaaten aus naheliegenden mageren Spenderwiesen in noch of-
fenen Flächen. Dabei wird das reife Heu, bevor die Samen ganz reif sind, noch frisch auf die offenen Bodenflächen ausgebracht. Ökologisch ist die Methode bei richtiger Anwendung sehr zufriedenstellend. Es dauert aber fast zwei Jahre, bis die Vegetation den erwünschten Zustand erreicht. Als Kompromisslösung wurden in den letzten zwei Jahren im Misox Ansaaten mit einheimischen Arten getestet. Diese haben den Vorteil, dass sie bereits im April gesät werden können und dass eine grosse Fläche begrünt werden kann, während bei den Heugrassaaten oft das Angebot an geeigneten Spenderwiesen die Möglichkeiten zur Begrünung limitiert. Gegenüber der Heugrassaat hat sie den Nachteil, dass einige Arten nicht im Handel sind, wie z.B. einheimische Seggen und Thymian, Arten, welche in
Jahrhundertealte Monumentalkastanien in Soazza in eingewachsener Fläche. Das Gebiet wurde inzwischen aufgelichtet (Bild: Franziska Andres)
86
ANZEIGE
NEU: Die STIHL MS 441 C-M Kastanienselve im Bergell: Die Wiesen werden im Juni gemäht (Bild: Franziska Andres)
Heugrassaaten regelmässig aufkommen. Wo nach dem Auflichten noch Gräser von der früheren Nutzung vorhanden sind, oder wo sehr seltene Arten vorkommen (z. B. im Misox das kleine Knabenkraut, Orchis morio), empfiehlt es sich, gar nicht oder nur sehr zurückhaltend mit sehr wenig Heugrassaat zu begrünen. Jeder Standort hat seine eigenen Charakteristiken. Es ist deshalb wichtig, vor Ort mit Spezialisten abzuklären, welche Lösung die beste ist. Zudem brauchen die Landwirte Unterstützung auch dort, wo die Flächen heute noch gepflegt werden. Im Rahmen der Vernetzungsprojekte erhalten heute die Landwirte des Misox und des Bergells Beiträge für die Bewirtschaftung der Selven. Es ist zu hoffen, dass diese wertvolle alte Kulturform auch für die Zukunft erhalten werden kann und damit auch diese reichhaltige Welt an Insekten, Blumen und Vö-
Mit vollelektronischem Motormanagement M-Tronic
STIHL M-Tronic Immer die richtige Einstellung Als erste STIHL Profi-Motorsäge besitzt die MS 441 C-M das neue M-Tronic. Dieses voll elektronische Motormanagement erspart Ihnen manuelle Einstellungen und regelt den Zündzeitpunkt und die Kraftstoffdosierung. Und zwar in jedem Betriebszustand und unter Berücksichtigung von äusseren Bedingungen. Was Sie noch tun müssen? Tanken, starten und sägen. Alles andere regelt M-Tronic für Sie. Überzeugen Sie sich davon – bei Ihrem STIHL Fachhändler. STIHL VERTRIEBS AG 8617 Mönchaltorf Tel. 044 949 30 30 info@stihl.ch www.stihl.ch
Nr. 1 weltweit
geln, welche dort ihre Lebensraumnische haben.
Franziska Andres, Biologin Piazza dott. Massa CH – 6822 Arogno
www.trifolium.info
Bündner Wald 3/2010 87
Praxisbericht Neophytenbekämpfung Seit Beginn der Neuzeit etablieren sich in Europa immer wieder gebietsfremde Pflanzenarten, sogenannte Neophyten. Ein Teil dieser Arten macht sich so breit, dass sie einheimische Arten verdrängen, sie werden deshalb als «invasiv» bezeichnet. Auch vor Graubünden machen einzelne invasive Neopyhten keinen Halt. Als Folgen dieser Ausbreitungen entstehen gesundheitliche, ökonomische und/oder ökologische Probleme. Dieser Artikel zeigt die aktuelle Situation der Problempflanzen in Graubünden und deren Einfluss auf die forstlichen Tätigkeiten auf. Einführung Die Schweizerische Kommission zur Erhaltung von Wildpflanzen ( SKEW ) führt eine Liste der auffälligsten Neophyten, die sog. Schwarze Liste. Zurzeit beinhaltet sie 22 Arten, so zum Beispiel die Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) den Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum), den Sommerflieder (Buddleja davidii) oder den Götterbaum (Ailanthus altissima). Seit Oktober 2008 ist die revidierte Freisetzungsverordnung ( FrSV ) in Kraft. Gemäss Zweckartikel soll sie Mensch, Tier und Umwelt sowie die biologische Vielfalt und deren nachhaltige Nutzung vor Gefährdungen und Beeinträchtigungen durch den Umgang mit Organismen, deren Stoffwechselprodukten und Abfällen schützen. Die FrSV definiert unter anderem eine Liste an Problempflanzen, mit welchen der Umgang untersagt ist. Mit Pflanzenteilen oder Samen dieser Arten kontaminiertes Erdmaterial darf künftig nur noch am Entnahmeort verwendet oder muss sachgerecht entsorgt werden. Die Umsetzung der FrSV obliegt den Kantonen. In diesem Kontext hat das Amt für Natur und Umwelt ( ANU ) im letzten Jahr begon88
nen – in enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Wald (AfW) – Problempflanzen zu bekämpfen und an verschiedenen Infotagen Aufklärung zu betreiben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass je mehr die Menschen über Problempflanzen wissen, desto grösser die Resonanz ist, d.h. desto mehr Standorte werden bekannt. Auf diese Weise bestätigten sich die Anzeichen der letzten Jahre. Grosse Bestände verschiedenster Arten der Schwarzen Liste bestehen schon seit mehreren Jahren und werden zum Teil regelmässig mit mehr oder weniger grossem Erfolg bekämpft. Besonders grosse Probleme bereiten zum Beispiel der Riesenbärenklau in der Region Davos/Klosters und dem Schanfigg, das Drüsige Springkraut in den Ilanzer Auen und dem Domleschg oder der japanische Staudenknöterich an diversen Fliessgewässern und Strassenrändern. In dieser Betrachtung ausgelassen wurde das Misox. Mit seinen, im Vergleich zum restlichen Bündnerland, milden klimatischen Bedingungen zeigt sich dort eine ganz andere, nicht weniger dramatische Situation. Doch dazu später mehr. Auch der Wald ist betroffen Für den Forstdienst bedeuten diese Pflanzen häufig einen Mehraufwand bei der Umsetzung ihrer definierten Ziele. Die Auswirkungen betreffen hauptsächlich die Verjüngung durch Schattenwurf und evtl. Wasserentzug infolge der starken Konkurrenzkraft der invasiven Art (hauptsächlich Sommerflieder, Japanischer Knöterich und Drüsiges Springkraut). Dabei kann es vorkommen, dass die gewünschte lichtliebende Baumart einem schattentoleranten Gehölz den Vorrang geben muss. Das kann so weit gehen, dass nichts anderes mehr wächst als die Problempflanzen, sofern man diese nicht an ih-
Vorher: Reinbestand Japanischer Stauden-
Nachher: Gerodeter Reinbestand aus Abb. 1.
knöterich. (Bild: Sascha Gregori)
Geringe Biodiversität und die Gefährdung der Böschungsstabilität sind offensichtlich.
rer Ausbreitung hindert und deren Wachstum stört. Entschliesst man sich zur Bekämpfung, so stellt sich meistens gleich die nächste Frage, nämlich die der Hangstabilität. Werden diese Monokulturen grossflächig bekämpft, so ist das Resultat häufig eine Kahlfläche. Kaum eine andere Pflanzenart hat es geschafft, mit der Problempflanze zu koexistieren. Als Folge einer solchen Bekämpfung (oder der jahreszeitlich bedingten Welke) sind die Böden der Erosion ausgesetzt, insbesondere bei Regen. Dies kann zu einer Hanginstabilität führen und die Gefahr für Erdrutsche nimmt schlagartig zu. Eine weitere Problempflanze im Wald oder zumindest am Waldrand und in Gewässernähe ist der Riesenbärenklau. Eine Vielzahl seiner Eigenschaften macht ihn zu einem un-
(Bild: Sascha Gregori)
gebetenen Zeitgenossen. Kältetoleranz und bis zu 50 000 schwimmfähige Samen pro Pflanze, ein mehrjähriger Wurzelstock und sein phototoxischer Pflanzensaft, der Verätzungen der Haut zur Folge hat, erschweren eine nachhaltige Bekämpfung erheblich. Neophyten im Misox, eine prekäre Situation Die Situation invasiver gebietsfremder Pflanzenarten ist im Misox sehr besorgniserregend. Besonders grosse Probleme bereiten uns die Arten Ambrosia, Götterbaum und Japanischer Staudenknöterich. Im Misox sind praktisch alle bekannten problematischen Neophyten vertreten, wie z. B. die Robinie, der Essigbaum oder der Bündner Wald 3/2010 89
90
Verbreitung des Götterbaumes (Ailanthus altissima) in der Region San Vittore. Massstab 1:10 000 (Quelle: AfW, Luca Plozza, Walter Krättli)
Riesen-Bärenklau. Der Hauptgrund für diese starke Präsenz ist das Klima, da die meisten invasiven Neophyten wärmeliebend sind. Seit zehn Jahren stellen wir eine unerbittlich fortschreitende Ausdehnung der betroffenen Flächen, der Anzahl Neophyten und ihres Deckungsgrades fest. Mit Ausnahme des Japanischen Knöterichs ist eine graduelle Zunahme von Süden nach Norden zu beobachten. In Anbetracht der Unmöglichkeit, das Problem ganzheitlich zu lösen, haben das Amt für Natur und Umwelt und das Amt für Wald eine Strategie entwickelt, die gezielt versucht, die Hauptprobleme einzugrenzen. So wurden die Prioritäten im Misox auf die Bekämpfung der Ambrosia und des Götterbaumes gerichtet. Leider ist die Verbreitung des Japanischen Knöterichs bereits so weit fortgeschritten, dass eine Bekämpfung nicht mehr viel Erfolg verspricht. Hingegen ist die Situation des Essigbaumes unter Kontrolle. Ambrosia Das Verbreitungsgebiet der Ambrosia reicht von San Vittore bis nach Soazza, in San Vittore sind grosse Wald-, Auen- und Wiesenflächen so stark betroffen, wie man es wahrscheinlich in der ganzen Schweiz sonst nicht antrifft. Seit 2005 wird sie bekämpft. Damit konnte ihre Präsenz auf ein Minimum beschränkt werden, auch in Anbetracht der negativen Auswirkun-
Luca Plozza
gen auf die Gesundheit der Bevölkerung. Die nützlichsten Massnahmen dazu sind: Verhindern von Erdbewegungen aus Ambrosiagebieten, jährliches systematisches Ausreissen der Pflanzen, wo die Ambrosia schwach vertreten ist, oder drei- bis vier maliges Schneiden in Gebieten, wo sie stark vorkommt. Götterbaum Der Götterbaum hat in eindrücklicher Weise gewisse Gebiete extrem stark besiedelt, wie in San Vittore und in Leggia (Tec). Er verursacht Schäden in Bezug auf die Biodiversität, vermindert die Schutzfunktion der Wälder und gefährdet zum Teil auch die Gesundheit der Bevölkerung (Rinde, Blätter und Wurzeln können Hautentzündungen beim Menschen auslösen; bei gewissen Personen können die Pollen des Götterbaumes Allergien hervorrufen). Die Strategie im Kampf gegen den Götterbaum ist, seine Ausbreitung gegen Norden und in höhere Lagen zu verhindern. Auch das Eindringen in Auengebiete soll vermieden werden. In Anbetracht seiner enormen Fähigkeit, sich vegetativ oder über Samen, die sehr weit fliegen können, zu verbreiten, und seines schnellen Wachstums, ist die Bekämpfung schwierig und der Erfolg kann nicht garantiert werden. Massnahmen zu seiner Bekämpfung wurden 2009 eingeleitet, Resultate können aber erst in zwei bis drei Jahren beurteilt werden.
Sascha Gregori
Regionalforstingenieur AfW GR
MSc Geographie, ANU GR
CH-6535 Roveredo
CH-7000 Chur
luca.plozza@afw.gr.ch
sascha.gregori@anu.gr.ch
Bündner Wald 3/2010 91
Comic Theo & Heinz
92
Kurse/Tagungen/Veranstaltungen Südbündner Berufsschau 2010 ANZEIGE
Vom 15. bis 17. April fand in der Berufsschule Samedan zum fünften Mal die Südbündner Berufsschau statt. An dieser Veranstaltung stellen Berufsverbände und Berufsschulen jeweils die Berufe vor, zu denen auch Lehrstellen angeboten werden. Die Schüler erhalten über diesen Weg einen Einblick in die Vielzahl an Möglichkeiten für die Berufswahl. Auch der Sektor Forst präsentierte sich mit der Vielseitigkeit der Branche und deren Berufen. Die Ausstellung der Forstbetriebe fand in einem Klassenzimmer statt, in dem der «theoretische» Teil vermittelt wurde, und im Hof, über den Einblicke in die praktischen Tätigkeiten erlangt werden konnten. Im Klassenzimmer wurde den Schülerinnen und Schülern u.a. anhand von Schautafeln aufgezeigt, welche Möglichkeiten es gibt, wenn man seinen Beruf im Wald ausübt. Es gab Informationen über die Lehre, die Spezialisierungen (Vorarbeiter, Maschinenführer etc.) und das Studium. Zur Ergänzung waren Lehrmittel in Form von Fachbüchern, Lehrarbeiten und verschiedene Materialien aus dem Wald ausgestellt. Fragen konnten direkt an Personen gestellt werden, die diesen Beruf bereits auf den verschiedenen Ebenen ausübten. So waren Lehrlinge aus verschiedenen Forstbetrieben genauso vertreten wie Förster aus Südbünden, Vorarbeiter und auch Ingenieure vom Amt für Wald GR. Der Anziehungspunkt im Raum war wohl das «Holzvelo». Ein Velo, an das ein Motorsägenschwert montiert war. An diesem konnten die Schülerinnen und Schüler mit eigener Beinkraft ein Stück Holz zersägen. Die schnellsten wurden sogar mit einem Preis belohnt. Auf grosse Begeisterung stiess auch der Aussenbereich. Dort konnten die Besucher ihre Fähigkeiten auf einem Forwarder testen und mit Greifzange Holz aufnehmen und stapeln. Des Wei-
Günstig zu verkaufen Neues Rundholzhaus ab Bauplatz Geeignet für Maiensässhütte, Pferdestall usw. Masse: Zentermass Breite 484 cm, Länge 684 cm, Höhe 330 cm Preis auf Anfrage Weitere Informationen erhalten Sie unter der Nummer +41 (0)79 760 66 23
teren konnte man den Lernenden bei der Wartung ihrer Motorsäge über die Schulter schauen. Stündlich gab es eine Vorführung im Entasten und Ablängen von Bäumen. Die diesjährige Berufsschau wurde insgesamt von über 1000 Schülerinnen und Schülern besucht. Aufgrund der guten Organisation konnten sich auch die Forstbetriebe erfolgreich präsentieren und so für sich werben.
Nadine Trierweiler Technische Sachbearbeiterin Amt für Wald, Region Südbünden nadine.trierweiler@afw.gr.ch
Bündner Wald 3/2010 93
94
Bild1: Sch端ler beim Zers辰gen von Holz auf dem Holzvelo (Bild: Nadine Trierweiler)
Bild4: Klassenzimmer (Bild: Nadine Trierweiler)
Bild3: Sch端ler auf dem Forwarder (Bild: Nadine Trierweiler)
Bild2: Vorf端hrung der Holzaufbereitung (Bild: Nadine Trierweiler)
1 2
3
4
Vorschau Impressum Vorschau Bündner Wald August 2010 Das Holz, welches in den Wäldern vor unserer Haustüre wächst, hat manchmal einen weiten Weg vor sich. Wie diese Reise organisiert und bewältigt wird, wird teilweise geheim gehalten. Grosse Teile der Organisation werden unter einer weniger dicken Decke gehalten. Diese Abläufe und Techniken möchten wir in der nächsten Ausgabe etwas unter die Lupe nehmen und besser beleuchten. EDV-gestützte Transportorgani sation gehört ebenso zu den Themen wie Lagertechnik und Transportmittel zu Wasser und in der Luft. Redaktion: Jörg Clavadetscher Vorschau auf die nächsten Ausgaben: Oktober 2010: Waldinformation und Waldinventur Redaktion: Sandro Krättli Dezember 2010: Frauen im Wald Redaktion: Jörg Clavadetscher
Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald Graubünden und der SELVA Verleger: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Christophe Trüb Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon 0041 (0)81 300 22 44, buendnerwald@selva-gr.ch Redaktoren: Jörg Clavadetscher, Revier forestal da Val Müstair, CH-7535 Valchava, Telefon 0041 (0)81 858 58 21, forestal-muestair@bluewin.ch. Sandro Krättli, AfW GR, Sagastägstrasse 96, CH-7220 Schiers, Telefon 0041 (0)81 300 24 11, sandro.kraettli@afw.gr.ch Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern Druckvorstufe (Satz, Lithos, Belichtung): Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, Marina Riedi Druck: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, Postfach 85, Kasernenstrasse 1, CH-7007 Chur, Telefon 0041 (0)81 255 51 11, Fax 0041 (0)81 255 52 89 Erscheint sechsmal jährlich. Auflage 1500 Exemplare Inserate: Südostschweiz Publicitas AG, Neudorfstrasse 17, CH-7430 Thusis, Telefon 0041 (0)81 650 00 70, Fax 0041 (0)81 650 00 74, thusis@so-publicitas.ch Abonnementspreise: CHF 60.– (für Mitglieder Verein Graubünden Wald) Abonnemente/Adressänderungen: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Presse, Postfach 85, Administration Kasernenstrasse 1, CH-7007 Chur, Telefon 0041 (0)81 255 50 50 www.buendnerwald.ch
Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktoren übereinstimmen. Autoren, die zu nebenstehenden Themen
Papier: Seit dem 1.1.2008
publizieren möchten, sind herzlich
wird Ihr Bündner Wald auf
eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion
FSC-Papier gedruckt.
einzureichen.
Bündner Wald 3/2010 95
ANZEIGE