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Wald

Jahrgang 66 | Februar 2013

Wald- und Naturp채dagogik

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Inhalt

Wald- und Naturpädagogik Editorial.................................................. 4

Ein Arbeitsverfahren mit Zukunft............... 60 Korrigenda................................................ 61

Vor lauter Pixeln den Wald sehen................ 5

27 Jahre im Dienst der Sicherheit............... 62

Das Bergwaldprojekt................................... 9

Vorschau «Bündner Wald», April 2013....... 63

Umweltbildung bei der Pro Natura Pitschna................................... 13 Nur wer die Natur kennt, schätzt und schützt sie.............................. 16 Wald bildet – mit Kindern in den Wald....... 20 Umweltbildung im Bündner Naturmuseum............................. 23 Die Zooschule des Alpenzoo Innsbruck-Tirol........................... 26 Das Verhältnis der Bevölkerung zum Wald................................................. 30 Das neue Rahmenkonzept Bildung für Pärke und Naturzentren........... 35 Umweltbildung in der Biosfera Val Müstair.................................. 38 Botanische Wanderung «Alpenflora Val Müstair»........................... 42 Bündner Waldbesitzer setzen sich ein

Titelbild:

für Wald- und Umweltbildung................... 45

Bei der Arbeit im Wald können Zusammenhänge

Comic Theo & Heinz................................. 48

(in) der Natur selbst erlebt und erfahren werden.

Diskussionsrunde zum Thema

(Bild: Bergwaldprojekt, ©Jaromir Kreiliger)

Wald und Umweltbildung.......................... 49 Olympia, Schutzwald,

Bild Inhaltsverzeichnis:

Holz und Wohlergehen.............................. 54

Umweltbildung und Arbeit im Freien kann richtig

Forstliche Studienreise

Spass machen.

ins Piemont 2011...................................... 56

(Bild: zVg. Projekt ARBOLES Y FUTURO) Bündner Wald 1 /2013 3

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Editorial

Oft scheint es mir, als würden wir Erwachsene immer «verkorkster», was unsere Lebensgewohnheiten betrifft. Was wir uns einmal gewohnt sind, das ist nicht mehr so einfach umzuprogrammieren. Da unsere Kinder die Eltern der Kinder von morgen sind, bin ich überzeugt, dass die Sensibilisierung für natürliche Abläufe und Umweltverständnis bei unseren Kindern bestens investierte Zeit ist. Ich möchte diese Behauptung an zwei (erfundenen) Beispielen etwas beleuchten. Als Kind sitze ich auf dem Rücksitz im Auto meiner Eltern, und wie meistens am Sonntag machen wir einen Ausflug mit der Familie. Wie jeden Tag hält mein Vater bei der nächsten Tankstelle kurz an. Er nimmt den Gang raus, zieht die Handbremse (er lässt den Motor selbstverständlich weiter laufen) und kauft sich im Shop Zigaretten und eine Zeitung. Da er nicht alleine dort ist, dauert der Einkauf zwei bis drei Minuten. Danach steigt er ins Auto und wir fahren weiter. Alles ganz selbstverständlich und wie gewohnt. Wie soll es heute für mich selbstverständlich sein, dass ich vor dem Rot­licht den Motor meines Autos abschalte und so unsere wertvolle Atemluft etwas weniger belaste? In den Schulferien begleitet meine Schwester als junges Mädchen wie so oft unsere Mutter zum Einkaufen in den Supermarkt. Nebst Teigwaren, Reis etc. kaufen sie wie jede Woche auch Äpfel ein. Um die Äpfel aus dem Offenverkauf einzupacken, benutzt die Mutter nicht einen Plastiksack, der dort neben der Waage hängt, sondern die eigens mitgebrachte Baumwolltasche. Natürlich nimmt sie diese Tasche bei jedem Einkauf wieder mit und trägt so insgesamt

x Kilo Äpfel nach Hause, ohne dafür einen Plastiksack gebraucht zu haben. (Oder anders ausgedrückt: ohne die Äpfel im Erdöl eingepackt zu haben.) Natürlich packt meine Schwester heute die Äpfel für ihre Kinder auch in eine Baumwolltasche ein. Die Kindheit wird nicht nur mit Freizeit, sondern auch mit der Schule in Verbindung gebracht. So ist es auch mit der Umweltbildung. Vielleicht könnten obige Verhaltensweisen sogar in einen Schulwaldtag (Wanderung = Sport) eingebunden werden. Mittels betreffender Verbrauchsberechnungen (Mathematik, Physik) und Materialanalysen und -recherchen (Chemie) könnte der Waldtag später mit dem Unterricht im Schulzimmer so verbunden werden, dass Zusammenhänge zwischen verschiedenen Unterrichtsfächern einerseits und menschlichem Verhalten und der Umwelt andererseits verständlicher werden. Auf diese Art könnte die Umweltbildung von anderen Fächern profitieren und jene im Gegenzug vielleicht sogar noch realitätsbezogener machen. Gewiss, weder der eine Stopp an der Tankstelle noch der eine Kauf von Äpfeln ändert etwas an Luftqualität, Abfallbergen und Rohstoffverbrauch. Gelingt es unserer Generation jedoch, die Konsequenzen solcher Beispiele auf unsere Lebenszeit und die gesamte Bevölkerung zu begreifen, so können unsere Kinder dereinst viel erreichen.

Jörg Clavadetscher, Redaktor Bündner Wald Ruinas, CH-7535 Valchava forestal-muestair @ bluewin.ch

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Vor lauter Pixeln den Wald sehen Einleitung Im September 2010 wurde die Region Klosters/Davos mit einem Laserscanner beflogen. Aus den gewonnenen LiDAR-Daten (Light Detection and Ranging) wurde im Anschluss ein digitales Terrain- und Oberflächenmodell ( DTM, DOM ) als Raster mit einer Auflösung von 0,5  x  0,5 m erzeugt ( 40 000 Rasterpixel = 1 ha). Aus der Differenz zwischen DOM und DTM lässt sich für jede Rasterzelle die Vegetationshöhe berechnen. Im resultierenden Vegetationshöhenmodell ( VHM, analog ist der Begriff «Kronenhöhenmodell» gebräuchlich) erkennt man bei hoher Auflösung die einzelnen Baumkronen der herrschenden Schicht im Wald. In Zusammenarbeit mit dem Amt für Wald und Naturgefahren AWN des Kantons Graubünden entwickelt die Professur für Forstliches Ingenieurwesen an der ETH Zürich zurzeit Methoden, um automatisch forstlich relevante Merkmale aus dieser neuartigen Datengrundlage über den Wald zu bestimmen. Im nächsten Abschnitt stellen wir die Repräsentation des Waldes als Baumnetzwerk vor, das aus einem VHM be-

stimmbar ist. Aus diesem Netzwerk lassen sich Karten für praktische Fragestellungen erstellen, was wir anhand einer Bestandesund Vorratsdichtekarte im Anschluss aufzeigen. Schliesslich zeigen wir die Schwierigkeiten bei der Anwendung von VHMs auf und formulieren Herausforderungen für die Praxis. Repräsentation des Waldes Stellen Sie sich vor, Sie möchten einen Wald im Raum mit einem Minimum an Informationen beschreiben. Die Lage jedes Baumes könnten Sie durch einen Punkt erfassen und Merkmale wie Baumart oder Brusthöhendurchmesser zuweisen. Wollen Sie Aussagen zur Waldstruktur machen, müssten Sie im Anschluss benachbarte Bäume in Beziehung setzen. Durch das Verbinden zweier benachbarter Bäume mit einer Kante könnten sie diese Beziehung erfassen. Mit dieser Kombination aus Punkten und Kanten entsteht ein Netzwerk wie in Abbildung 1 B dargestellt. Ein hochaufgelöstes VHM ermöglicht die automatische Bestimmung dieses Netzwerks.

Abb. 1: Vegetationshöhenmodell mit automatisch bestimmten Baumspitzen ( A ) sowie dem hergeleiteten Baumnetzwerk ( B ), das die Waldstruktur als die Bäume der herrschenden Schicht (Punkte) und den Nachbarschaften zu den nächsten Bäumen (Kanten) erfasst. Aus dem Netzwerk lassen sich zudem die Standflächen erzeugen ( C ). Für jeden Baum ( C, rot) können die Nachbarbäume ( C, orange) bestimmt werden. (Bild: Jochen Breschan, Datenherr LiDAR : Gemeinden Klosters/Davos; Amt für Wald und Naturgefahren GR; Remote Sensing Laboratories RSL, Universität Zürich)

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Hierfür werden durch Erkennung der Baumspitzen auf dem VHM zuerst die Bäume lokalisiert (Abbildung 1 A). Die Baumhöhen lassen sich dann direkt an den Baumpositionen aus dem VHM ablesen. Aufgrund der Baumhöhe lassen sich weitere Grössen ( BHD, Baumvolumen) mit Hilfe von Funktionen schätzen, die aus regionalen terrestrischen Messungen hergeleitet wurden (z. B. Landesforstinventar). Im Anschluss bedient man sich der Delaunay-Triangulation, um Nachbarbäume (Punkte) mit Kanten zu verbinden (Abbildung 1 B). Damit ist auch die Kantenlänge bestimmt. Zuletzt werden die Standflächen auf Basis des entstandenen Netzwerks bestimmt, indem man ein Voronoi-Diagramm erzeugt (Abbildung 1 C). Anwendungsbeispiele Mit Hilfe der Netzwerk-Repräsentation eines Waldes lässt sich eine Vielzahl forstlich relevanter Merkmale automatisch bestimmen. Dieser Abschnitt stellt Methoden zur Bestimmung der Bestandes- und Vorratsdichtekarte vor. Bestände konnten in der Vergangenheit mit Hilfe von Luftbildern visuell abgegrenzt werden, indem u. a. abrupte Änderungen in der Waldstruktur identifiziert wurden. Die Netzwerk-Repräsentation erlaubt es, diese Abgrenzung alternativ durch Lösen eines mathematischen Optimierungsproblems vorzunehmen, das möglichst ähnliche benachbarte Bäume zu Beständen bündelt. Abbildung 2 illustriert die Bestandesausscheidung für die Fälle, dass ( 2 A ) benachbarte Bäume und ( 2 B ) ähnliche benachbarte Bäume aufgrund der Kantenlängen gebündelt werden. Entsprechen die Kantenlängen den euklidischen Distanzen, resultieren zusammenhängende Bestände bestehend aus benachbarten

Bäumen ( 2 A ). Die Grenzen werden jedoch nicht an den Stellen abrupter Änderung in der Waldstruktur gezogen. Dies wird berücksichtigt, indem die Kanten zusätzlich in Funktion der BHD-Differenz der benachbarten Bäume gewichtet werden. Das entstehende gewichtete Netzwerk in Abbildung 2 B muss man sich in einem virtuellen Raum vorstellen, in dem benachbarte Bäume mit hoher BHD-Differenz (d. h. unähnliche Bäume) weit auseinanderstehen. Bei der Bündelung aufgrund der Kantenlänge können jetzt abrupte Änderungen in der Waldstruktur berücksichtigt werden. Die Rücktransformation der gebündelten Bäume in den realen Raum führt zu plausiblen Bestandesgrenzen. In der Vorratsdichtekarte schätzt man den lokalen Vorrat in m3 pro ha für jede Standfläche. Für die «lokale» Schätzung werden neben der betreffenden Standfläche auch deren Nachbarn berücksichtigt (Illustration siehe Abbildung 1 C ). Der Vorrat wird dann geschätzt, indem man die Summe der Baumvolumina durch die Summe der Flächen der betreffenden Standflächen teilt. Abbildung 3 zeigt einen Ausschnitt aus einer Abteilung in der Gemeinde Serneus, wo im Rahmen der Pilotstudie die Methoden zurzeit getestet werden. Die wichtigste Erkenntnis einer ersten Begehung mit Vertretern des Forstdienstes war, dass die Auflösung der Bestandeskarte angemessen an die Grenzen der Wahrnehmung gewählt werden soll. Konkret bedeutet dies, dass Grenzen auf der Karte auch im Feld erkannt werden sollten. Die Bestandeskarte in Abbildung 3 ist Resultat eines verbesserten Modells, das ähnliche Bestände zusammenfasst. Die Volumendichtekarte stellt die Vorratsverteilung in hoher Auflösung dar und gibt ein realistisches Bild über die räumliche Verteilung der Vorräte.

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Schwierigkeiten Vegetationshöhenmodelle eignen sich bei hoher Auflösung zur Beschreibung der herrschenden Schicht im Wald. Verjüngungsflächen sind jedoch schwierig zu erfassen. Eine Hochstaudenflur kann in einem VHM ein ähnliches Muster wie ein Jungwuchs erzeugen. Zudem wird mit einem VHM die Verjüngung unter Schirm nicht erfasst. Punktwolken aus «Full Wave Form LiDAR»Befliegungen beinhalten hingegen auch Punkte, die an Objekten unter Schirm reflektiert wurden. Es gibt Ansätze, diese Informationen zur Charakterisierung des Unterstandes zu verwenden. Des Weiteren gibt es Ansätze, welche aufgrund von LiDAR-Daten die Unterscheidung von Laub, Nadelholz und einzelnen Baumarten erlauben. Hierzu werden u. a. Resultate aus Befliegungen im belaubten und unbelaubten Zustand sowie Intensitätswerte der Laserpulse herangezogen, die mit dem reflektierten Medium variieren. Die zuverlässige Schätzung biometrischer Grössen mit Hilfe eines VHMs bedarf der Kombination mit lokalen terrestrischen Messungen, um dem Einfluss von Standortbedingungen gerecht zu werden. Im Fall einer 2-phasigen Stichprobeninventur lassen sich aus dem VHM abgeleitete Informationen mit Schätzungen aufgrund terrestrischer Messungen über ein Regressionsmodell koppeln. Für die restliche Fläche kann dann an jeder beliebigen Stelle des VHMs eine Schätzung vorgenommen und via Regressionsmodell mit den besseren terrestrischen Schätzungen korrigiert werden. Bei der Vorratsschätzung (und bei der Schätzung biometrischer Grössen im Allgemeinen) steigt in der Regel der Schätzfehler, je kleiner die Flächeneinheit für die Schätzung gewählt wird. Eine hohe räumliche Auflösung mit entsprechend kleinen Flächeneinheiten wie

Abb. 2:Automatisches Bündeln von sowohl ähnlichen als auch benachbarten Bäumen in Bestände. (Bild: Jochen Breschan)

eine Vorratsdichtekarte kann demnach zu grösseren Schätzfehlern führen. Möchte man den Vorrat für ein Kleingebiet ermitteln (z. B. Bestand, Seillinie), sollte daher die Schätzung besser für das ganze Gebiet als über das Aufsummieren der Werte (und damit der Fehler) aus einer Vorratsdichtekarte erfolgen. Herausforderungen Die Repräsentation des Waldes als 3-DVegetationshöhenmodell bietet heute die Möglichkeit, die Waldstruktur automatisch in abstrakter Form als Netzwerk zu erfassen, und damit forstlich relevante Merkmale zu schätzen. Dieser neue Weg der Informationsbeschaffung stellt die Praxis vor drei Herausforderungen. Bündner Wald 1/2013 7

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Abb. 3 : Automatisch erzeugte Bestandes- und Vorratsdichtekarte. Die Bestandeskarte ist nach Entwicklungsstufen gegliedert und unterscheidet stufige Bestände. Das Quadrat entspricht dem Ausschnitt in Abb. 1. (Bild: Übersichtsplan ( UP ), Kanton Graubünden, 10. 7. 2012.)

Die erste Herausforderung besteht darin, Vertrauen in Methoden aufzubauen, welche völlig anders als das menschliche Auge auf dem Luftbild Merkmale aufgrund von Rechenregeln auf einem Netzwerk bestimmen. Hierzu ist ein Grundverständnis über erstens die Datengrundlage, zweitens der daraus abgeleiteten Repräsentation des Waldes, und drittens der darauf angewandten Regeln von Nöten. Hiermit ist zudem die Brücke zur Forschung geschlagen, um im gegenseitigen Austausch die Methoden zu verbessern. Die zweite Herausforderung besteht im Umgang mit dem neuen Kartenmaterial, das Waldmerkmale in hoher Auflösung und nicht mehr gemittelt über Bestände (die in Gebirgswäldern sehr gross sein können) beschreibt. Die räumliche Verteilung der Bäume ist damit realistisch charakterisierbar, wie am Beispiel der Vorratsdichtekarte aufgezeigt wurde (Abbildung 3 ). Wo Überblick von Nöten ist, können Flächen mit ähnlichen Merkmalen automatisch zu grösseren Einheiten zusammengefasst (siehe Beispiel Bestandesausscheidung) und für diese wiederum die bestmöglichen Schätzungen (z. B. Vorrat) gemacht ­werden.

Die dritte Herausforderung besteht in der Möglichkeit, mit wiederholter Aufnahme eines VHMs die Veränderungen im Wald über die Zeit zu messen. Denkbar wäre, diese räumlich-zeitliche Information grossflächig zur Erfolgskontrolle von Massnahmen einzusetzen und mit Felddaten zu ergänzen, wo die aus einem VHM gewonnenen Daten zu wenig Aussagekraft besitzen (z. B. Jungwuchsbeurteilung). Eine hohe Fachkompetenz sowohl in der GIS-Modellierung als auch in der Statistik ist vonnöten, um aus Vegetationshöhenmodellen realistische Informationen für die Forstwirtschaft zu rechnen. Dies erfordert die Integration dieser Fachbereiche in der Ausbildung, um zukünftige Fachleute mit Brückenfunktion aufzubauen.

Dr. Jochen Breschan ETH Zürich, Professur für Forstliches Ingenieurwesen

8092 Zürich jochen.breschan @ env.ethz.ch

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Das Bergwaldprojekt

25-Jahre-Jubiläum Trin: Aufmerksam betrachten die Trinser Schülerinnen und Schüler den Bergwald. (Bild: azoom.ch, Martin Scheel)

Vom Waldsterben zur Klimaerwärmung Es greift zu kurz, das Bergwaldprojekt als naturpädagogische Institution zu bezeichnen. Die gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Trin (GR) hat sich ganz der Arbeit für den Bergwald verschrieben. «Der Bergwald: ein besonders empfindlicher Bioindikator» und «Die Luftvergiftung, immer noch das Hauptproblem», aber auch «Elefantenzäune gegen Wildverbiss» waren die aufrüttelnden Schlagzeilen des ersten Bergwaldprojekts 1987 in Malans – damals noch unter dem Patronat von Greenpeace. In den ersten Publikationen des Bergwaldprojekts stand: «Wir haben uns daran gewöhnt, dem Wald Leistungen abzuverlangen: die Bahn soll pünktlich fahren, Touristen sollen über die Autobahn rollen, Siedlungen sollen weiterexistieren. Der Bergwald soll allen und immerdar Schutz gewähren vor Lawinen, Steinschlag und Hochwasser. Doch diese Leistung erfordert eine Gegenleistung: dauernde Pflege und Sorge . . . » Hat vor 25 Jahren das «Waldsterben» die Menschen bewegt, ist es heute die Klimaerwärmung. Seit 1987 haben sich die umweltpolitischen Schwerpunkte verschoben. Für den Bergwald hat sich aber nicht viel geändert.

Das Bergwaldprojekt hat sich seit 1987 aber stark verändert. Im November des letzten Jahres hat es das 25-Jahr-Jubiläum gefeiert. Freiwillige, Mitarbeitende und Freunde des Bergwaldprojekts sind wie ein Wassertropfen von der Waldgrenze bis ans «Meer» gewandert. Unter dem Motto: «Bergwald – Wirkung von der Waldgrenze bis zum Meer» haben sie darauf hingewiesen, dass Schutz des Bergwaldes weit in die Zentren des Flachlandes wirkt. Der Einfluss des Bergwaldes auf den Pegelstand der grossen Flüsse reicht sogar bis zum Meer! Handeln, nicht diskutieren Seit Beginn haben 34 000 Freiwillige in 175 000 Arbeitstagen in sechs Ländern (Schweiz, Österreich, Deutschland, Liechtenstein, Spanien, Ukraine) durch das Bergwaldprojekt nachhaltige Spuren zugunsten der Schutzwirkung des Waldes hinterlassen. Der ebenso einfachen wie wirkungsvollen Grundidee ist man auch nach all den Jahren mit stetigem Wachstum treu geblieben: Über die Natur wird nicht debattiert. Draussen im Bergwald, am Ort des Geschehens, fern jeder Theorie und Politik, wird persönlich und eigenverantwortlich gehandelt. Bündner Wald 1 /2013 9

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Teamwork des Gymnasiums Kloster Disentis beim Hordengatterbau im eigenen Schutzwald. (Bild: Bergwaldprojekt)

Im Bergdorf Trin, geschützt durch einen wirksamen Schutzwald, unterhält das Berg­ waldprojekt in der eigenen Liegenschaft die Geschäftsstelle und die für die Projekte not­ wendige Infrastruktur. An rund 40 Projekt­ orten in allen Sprachregionen der Schweiz organisiert es die Arbeiten nach Absprache mit dem Forstdienst oder dem Waldbesitzer. Es bringt das forstliche Fachpersonal und die Werkzeuge mit und organisiert Trans­ porte, Unterkunft und Verpflegung. Für die Betreuung der Freiwilligen arbeiten rund 50 Personen mit einem Gesamtpen­ sum von 20 Jahresstellen, davon fast 20 Mitarbeitende mit forstlicher Ausbildung. Dazu kommen fast ebenso viele freiwillige Mitarbeitende. Als gemeinnützige Stiftung finanziert sich das Bergwaldprojekt haupt­ sächlich aus Spenden und Legaten. Rund 15 Prozent des Aufwandes decken Erträge aus der Waldarbeit und öffentliche Beiträge ab. Von der Bergwaldprojektwoche bis zum «Corporate Volunteering». Eine Bergwaldprojektwoche, wie die Ar­ beitseinsätze beim Bergwaldprojekt ge­ nannt werden, ist für Frauen und Männer zwischen 18 und 88 Jahren aus allen Be­ rufen offen. Lehrerinnen und Schreiner,

Zahnärztinnen und Gärtner, Sozialarbeiter und Ingenieurinnen leisten aber nicht nur wichtige Arbeit. Die Sensibilisierung für den Lebensraum Bergwald geschieht «vor Ort» und mit allen Sinnen: Beim Wegbau den Bo­ den riechen, beim Pflanzen die Steilheit des Hanges erleben, einengendes Dickicht lich­ ten, damit die Sonne wieder auf den Boden scheinen kann. Das faszinierende Ökosys­ tem erleben die Teilnehmenden hautnah, stellen sich Fragen und lernen viel. Auch anregende Diskussionen und Spass in den bunt gemischten Gruppen ist für viele ein Grund immer wieder zu kommen. Im Verlauf der Jahre hat das Bergwaldpro­ jekt neue Formen entwickelt, um Menschen in den Bergwald zu führen. Spezielle Projek­ te stellten die Familienprojekte, der Hand­ holzerkurs sowie das Projekt «Winterwald» dar. Eine Besonderheit ist das Projekt «Zie­ genalp Puzzetta», wo eine Alp in der Val Medel am Lukmanierpass mit Freiwilligen betrieben wird mit dem Ziel, die alpine Kul­ turlandschaft zu erhalten. Einem gesellschaftlichen Trend entsprechen die Projekte im Rahmen des sogenannten «Corporate Volunteering». Mitarbeitende von Unternehmen leisten dabei Freiwilligen­ arbeit. Das Bergwaldprojekt erreicht durch Corporate Volunteering Menschen (und nicht selten Entscheidungsträger aus der Wirtschaft), die fern vom Bergwald leben und arbeiten. Dadurch sind in den letzten Jahren rund 5500 Menschen in den Bergwald gekommen, darunter alleine von der Gross­ bank Credit Suisse über 4200 Mitarbeitende. Jugendliche im Bergwald Einen immer grösseren Teil der Projekte führt das Bergwaldprojekt mit Jugendlichen durch. Waldarbeit fördert bei Oberstufenschülerinnen und -schülern oder Lernenden das Verständnis für die Natur fern von jegli­

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chen Unterrichtskonzepten. Nicht zuletzt ist körperliche Arbeit im Team eine wertvolle Erfahrung und fördert automatisch den Klassenzusammenhalt. Die Lernerfahrung ausserhalb der Schule spricht direkt an. «Jugendliche sind ihren Stimmungsschwankungen stärker ausgesetzt. Sie sind aber auch sehr empfänglich für die Schönheiten der Natur. In einem Moment kreischen sie wegen einer Spinne, im nächsten freuen sie sich über die kleine hellgrüne Raupe – und beobachten dann die Spinne etwas genauer», so die Erfahrung eines Försters des Bergwaldprojekts. Da die Unwissenheit der Jugendlichen über die Nutzung des Waldes sehr gross ist, setzt das Bergwaldprojekt genau dort an. Oft wird ein Baum mit der Handsäge gefällt, um seinem Nachbarn besseres Wachstum zu ermöglichen. Oder es werden Wildschutzzäune errichtet, um die frischen Triebe von jungen Tännchen vor Wildverbiss zu schützen. Durch diese Arbeiten bekommen auch Jugendliche aus städtischer Umgebung einen direkten Bezug zum Thema «Wald schützen», aber auch zum Thema «Wald nutzen». Es wird ihnen bewusst, dass die heute im Wald verrichtete Arbeit Auswirkungen bis weit in die Zukunft haben kann. Die Evaluationen ergeben immer wieder, dass die Schüler und Schülerinnen dies als grosse Befriedigung erleben. Meist kommen Schulen aus dem Unterland ins Bergwaldprojekt. Ebenso wertvoll sind aber Projekte mit einheimischen Schulklassen. So wird ein direkter Bezug zum Schutzwald hergestellt. Es ist aber auch Heimatunterricht vor der Haustüre in der Wohngemeinde. Flurnamen und Besonderheiten der Gemeinde werden bewusst erlebt und schaffen die Basis für junge Menschen, damit die Abwanderung in unseren Randgebieten gestoppt werden kann. Die

Freiwillige beim Melken der Geissen auf der Alp Puzzetta in der Val Medel. (Bild: Bergwaldprojekt)

Vorteile einer intakten Umwelt geben zukünftigen Eltern Mut, ihre Kinder in unserer Bergwelt gross werden zu lassen. Projekte mit einheimischen Schulklassen werden aktuell erfolgreich mit der Oberstufe in Ilanz und mit dem Gymnasium des Klosters Disentis umgesetzt. Die Schüler und Schülerinnen des Gymnasiums pflegen gar den Schutzwald direkt über ihrer Schule, der zudem noch im Eigentum des Benediktinerklosters ist. Rektor Bruno Hensler: «Die Bergwaldprojektwoche ist für uns ein wichtiges Element in unserer gymnasialen Ausbildung. Hier lernen die Schülerinnen und Schüler unter kompetenter Anweisung, sich für ihren Lebensraum zu engagieren. Sie sehen unmittelbar, was es bedeutet, gemeinsam im Hier und Jetzt verantwortungsvoll an der Zukunft mitzuarbeiten, sodass auch künftige Schülergenerationen wiederum eine lebenswerte alpine Umgebung vorfinden können. Der Begriff «Nachhaltigkeit», für den das Kloster Disentis seit bald 1400 Jahren beispielhaft einsteht, wird durch das Bergwaldprojekt bei den Schülerinnen und Schülern mit Kopf, Herz und Hand gefestigt.» Lehrer Tom Etter, selber Forstingenieur, doppelt nach: «In einer Woche beim Bergwaldprojekt lernen die Schüler mehr über den Bergwald als in einem Bündner Wald 1 /2013 11

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Das Bergwaldprojekt Das Bergwaldprojekt ist eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Trin GR und führt Arbeitseinsätze mit forstlichen Laien im Bergwald durch. Mehr Informationen: www.bergwaldprojekt.org Tel. 081 650 40 40

Kinder pflegen den Bergwald in der Val Müstair, Valchava. (Bild: Bergwaldprojekt)

Monat im Schulzimmer. Nicht nur über die Natur und die Ökologie, sondern auch über sich selbst. Die gemachten Erfahrungen tragen sie ihr ganzes Leben mit sich.» Isch Förster sii es Hobby? «Isch Förster sii eifach es Hobby oder bechömmet die Geld daför?» fragte eine Gymi-Schülerin aus Zürich eine Försterin des Bergwaldprojekts. Öffentlichkeitsarbeit tut offenbar nicht nur für den Bergwald, sondern auch für die Förster not. Ebenso wie das Bergwaldprojekt nicht «nur» eine Naturpädagogische Institution ist, macht es aber mehr als Öffentlichkeitsarbeit für den Forstdienst. Das Bergwaldprojekt zeigt,

dass die Leistungen des Bergwaldes nicht selbstverständlich sind, sondern Waldpflege erfordern. Es geht aber auch darum, dass die Gesellschaft im sensiblen Ökosystem Bergwald die Grenzen der menschlichen Beeinflussung erkennt. Im Schutzwald wird der Gedanke der Nachhaltigkeit in Reinkultur gelebt. Nicht zuletzt enthält die Idee des Bergwaldprojekts auch einen gesellschaftspolitischen Ansatz. Jeder Mensch ist für die natürlichen Ressourcen und deren gemeinnützigen Leistungen mitverantwortlich und aufgefordert, sich für deren Erhaltung einzubringen.

Kreiliger Martin, Geschäftsführer Stiftung Bergwaldprojekt CH-7014 Trin mkreiliger@bergwaldprojekt.org

Ursi Di Giuliantonio Kommunikation und Mittelbeschaffung, Stiftung Bergwaldprojekt CH-7014 Trin udigiuliantonio@bergwaldprojekt.org

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Umweltbildung bei der Pro Natura Pitschna Untertitel Grundschrift

Eseltrekking oder die Erfindung der Langsamkeit und anderer schöner Nebensächlichkeiten. (Bild: Thorsten Schönau)

Umweltbildung und Jugendnaturschutz von Pro Natura Graubünden Pro Natura ist seit rund 100 Jahren im Bereich der Umweltbildung aktiv und weckt auf diese Weise Begeisterung für die Natur. Für Pro Natura ist die Umweltbildung ein wichtiges Instrument, mit dem sie ihre drei Hauptziele verfolgt: Artenvielfalt fördern, Landschaft schützen sowie Anzahl und Qualität der Schutzgebiete erhöhen. Verteilt über die ganze Schweiz betreut Pro Natura rund 50 Jugendnaturschutzgruppen und bietet laufend Aus- und Weiterbildungskurse für die Leiter und Leiterinnen an. Neben Umweltbildung werden auch Pioniertechniken, Wetterkunde und Notfallmassnahmen vermittelt. Pro Natura bietet zudem ein breit gefächertes Schulangebot: Mit «Animatura» können Schulklassen unter fachkundiger Führung verschiedene Naturthemen draussen in der Natur direkt erleben. Gut gefüllte Koffer und Unterrichtshilfen liefern Hintergrundinformationen für die Lehrerschaft und ihre Schüler. Auch im Kanton Graubünden gibt es für Kinder und Jugendliche Möglichkeiten, die Natur vor der eigenen Haustüre auf spielerische Weise zu entdecken. Die Jugendgruppe «Teichclub» bietet in der Umgebung Chur, die Gruppe «Pitschna» den Kindern im Münstertal ein breites Angebot an Veranstaltungen. Bei regelmässig durchgeführten Anlässen werden Pflanzen und Tiere in ihren Lebensräumen entdeckt, Nistkästen geputzt, Teiche und Biotope gepflegt, es wird gebastelt, auf dem Feuer gekocht und vieles mehr. Zusätzlich bietet das Programm «Erlebnis Natur» Kindern aus dem Kanton und der Schweiz ein abwechslungsreiches Lagerprogramm. Alle drei Angebote werden von den drei Umweltorganisationen Pro Natura, WWF und dem Bündner Vogelschutz sowie vom Kanton getragen. Ab diesem Sommer wird im Raum Chur neu auch eine Naturschutzgruppe für Jugendliche ab 12 Jahren angeboten, mit der Möglichkeit, sich zum Hilfsleiter ausbilden zu lassen und ab 15 Jahren den Leiterkurs bei Pro Natura zu absolvieren. Denn nicht nur Wissen sammeln, sondern auch weitergeben macht Freude!

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Auf meiner Wanderung, der Schönheit nachspürend, gehe ich, lebendig. (Auszug aus einem Gedicht der Navajo Indianer)

Ein Weg beginnt Als Kind habe ich begeistert Schneckenhäuser in meine Taschen gestopft, Steine umgedreht, um die Tiere darunter zu beobachten, Kaulquappen bis zum fertigen Frosch im Aquarium gehalten, ein Gärtchen gepflegt und kleine Bäume aus dem Bayerischen Wald in unseren Garten gepflanzt. Hinschauen und pflegen, verstehen und lassen, Schönheit bewundern und Wunder schauen. In den 1980er-Jahren trat ich als Jugendliche der örtlichen Umweltund Naturschutzgruppe bei und war dort aktiv. Damals machten wir vor allem konkrete Naturschutzeinsätze wie Krötenzäune aufstellen, Teiche anlegen und Fledermauswinterquartiere schützen. Wir machten einfach bei den Grossen mit oder übernahmen selbstständig einige Aufgaben. Niemand machte sich Gedanken um unsere Umweltbildung. Das Verdienst dieser Naturschutzgruppe ist dennoch unbestritten. Viele Pflanzen- und Tierarten wären schon verschwunden und viele Lebensräume unwiderruflich zerstört worden ohne die zahlreichen, ehrenamtlich geleisteten Einsätze der Naturliebhaber. Später habe ich aus Begeisterung für Ameisen und sonstige Lebewesen und aus dem Wunsch heraus, alles besser verstehen zu wollen, Biologie mit dem Schwerpunkt auf Verhaltensbiologie bei sozialen Insekten studiert. Doch irgendwie fehlte mir im Universitätsbetrieb etwas. Etwas, was ich gar nicht genau beschreiben konnte.

Pro Natura Pitschna Die Jugendnaturschutzgruppe Pro Natura Pitschna wurde 2008 gegründet. Die Gruppe ist offen für alle Kinder und Jugendlichen, die sich gerne in der Natur aufhalten, die Interesse an Natur- und Umweltschutz haben, die sich für die Tier- und Pflanzenwelt interessieren und die aktiv einen Beitrag leisten möchten. Das Jahresprogramm dauert in der Regel von April bis November. In den Wintermonaten sind die Kinder aus dem Tal durch zahlreiche sportliche Aktivitäten zeitlich voll eingedeckt und halten sich dadurch ebenfalls viel im Freien auf. Neben klassischen Naturschutzeinsätzen wie den Rom, der durch das Tal fliesst, von Unrat befreien, Nistkastenkontrollen und Biotop-Pflegeeinsätzen machen wir auch Exkursionen oder kleine Ferienlager. Dabei nutzen wir möglichst alle Naturräume des Tales als Lehr-, Lern- und Spielorte. Die Gruppengrösse hat sich im Laufe der Zeit auf zehn aktive Kinder eingependelt. Haben zu Beginn viele Jungs teilgenommen, ist die Gruppe im Jahr 2012 zu einer reinen Mädchengruppe geworden. Ab 2013 würden wir gerne wieder Jungs begrüssen!

Landart als meditative Methode zum Eintauchen in die Natur mit ihrem Farb-, Form- und Texturreichtum. (Bild: Christiane Stemmer)

Glücklichsein hängt weniger von dem ab, was man weiss, als von dem, was man fühlt.

(Liberty Hyde Bailey)

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Angefangen hat alles im Juli 2007 mit meiner Wahl in den Vorstand der Regionalgruppe Pro Natura Val Müstair. Schnell war klar, dass dort eine interessante und schöne Aufgabe auf mich wartete: Die Gründung einer Kinder- und Jugendgruppe. Das Angebot von Pro Natura zur Ausbildung einer Gruppenleiterin habe ich dankbar angenommen. Denn von der Idee bis zur Umsetzung ist es doch ein rechtes Stück Arbeit. Da ist es gut, sich in einem Netz von Gleichgesinnten zu wissen und von diesem getragen zu werden. Während dieser Ausbildung bin ich zum ersten Mal mit Umweltbildung nach dem Prinzip des Flow Learnings von Joseph Cornell in Kontakt gekommen. Und diese Erfahrung hat einen riesigen Stein ins Rollen gebracht. Ich war so begeistert von der Schönheit, Einfachheit und Freude an dieser Art des Lernens, dass ich in den letzten beiden Jahren eine Weiterbildung in Naturnaher Umweltbildung bei der Stiftung SILVIVA besucht und abgeschlossen habe. Ein Kreis schliesst sich Und plötzlich hat sich für mich ein Kreis geschlossen. Ich habe Methoden kennengelernt, die es mir ermöglichen, meine eigene Begeisterung für die Natur nicht nur über den Verstand, sondern auch über Herz und Hand weiterzugeben. Jetzt habe ich einen Rucksack voller Handwerkszeug und freue mich darauf, das Gelernte anwenden zu können. Natürlich werde ich weiterhin bei Pro Natura tätig sein und meiner Funktion als Leiterin der Pitschnas nachgehen, um mit den Kindern der Gruppe das Tal mit seinen vielfältigen Naturräumen als Lern- und Spielort zu nutzen. Ausserdem will ich innerhalb der Biosfera mein Umweltbildungsangebot erweitern.

In einem Freiluftklassenzimmer lässt es sich gut arbeiten. (Bild: Ursula Pfister)

Bisher habe ich vor allem Gruppen und Schulklassen am Rom entlang geführt. Der Rom von der Quelle bis zur Grenze Schweiz/ Italien ist ein spannendes begehbares Klassenzimmer. Zahlreiche Themen kann man dort behandeln und erlebbar machen. Fast unberührte Fliessgewässer wie der Rom sind ein inzwischen seltenes Gut, das man möglichst vielen Menschen zeigen muss. Der Wald und seine Bewohner werden sicher ein weiterer Schwerpunkt meines Programms. Und was sonst noch kommt, lasse ich gerne auf mich zukommen. «Die Seele wird vom Pflastertreten krumm. Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden und tauscht bei ihnen seine Seele um. Die Wälder schweigen, doch sie sind nicht stumm. Wer auch kommen mag, sie trösten jeden.» (Erich Kästner)

Christiane Stemmer Biologin, Umweltpädagogin Bain Ars – Guad 329 7536 Sta. Maria christem @ gmx.info

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Nur wer die Natur kennt, schätzt und schützt sie wesentlich prägt, das gilt im besonderen Mass auch für sein die Natur und die Umwelt betreffendes Denken und Handeln. Wer als kleines Kind hauptsächlich von Beton umgeben ist und auf Asphalt und versiegelten Böden spielt, wird eine andere Beziehung zur Natur entwickeln als jener Dreikäsehoch, der immer wieder in Feld, Wald und Wiese unterwegs ist und an Bächen und Tümpeln seiner Neugier nachleben kann. Diese Überlegungen waren jenen Leuten sicher bewusst, welche die Aufgabe hatten, für Kindergarten, Primarschule und Oberstufe Ziele, Stoffgebiete und Themen zusammenzustellen.

Eine Reptilienexkursion im Unterengadin wurde zur Freude der Kinder durch diesen einsamen Ziegenbock auf eine besondere Art bereichert. (Bild: Hans Schmocker)

Feierabend. Eine Lehrerin begibt sich zu ihrem Fahrrad. Plötzlich fällt ihr ein, dass sie vergessen hat, den Abschaltknopf an der Steckerleiste ihrer Audioanlage zu betätigen. Soll sie oder soll sie nicht? Sie dreht sich um, geht zurück ins Schulzimmer und drückt auf den Knopf. Alle Lämpchen erlöschen. Die Lehrerin radelt mit dem guten Gefühl nach Hause, ihren ganz kleinen Beitrag zur Reduktion des verschwenderischen Stromverbrauchs geleistet zu haben. Wo hat sie dieses Verhalten gelernt? Als Kind von ihren Eltern, später in der Schule oder gar erst als Erwachsene? Früh übt sich . . . Es ist bekannt, dass das frühkindliche Erleben das spätere Verhalten eines Menschen

Kindergarten: Umwelt, sachund personenbezogen «Mensch und Umwelt» ist als Bildungsbereich im Bündner Erziehungsplan des Kindergartens enthalten. Spätestens im Kindergarten lernt auch ein Einzelkind, dass es nicht der Mittelpunkt der Welt ist. Verständlicherweise wird der Begriff «Umwelt» deshalb nicht nur sachbezogen, sondern oft personenbezogen verwendet. Erstaunlich ist die grosse Anzahl Stichwörter und Stoffgebiete in diesem Erziehungsplan für die Kleinen, welche mit dem hier zu beleuchtenden Thema zu tun haben: Erhaltung der natürlichen Umwelt, Verantwortungsgefühl für die Umwelt und Verständnis für deren Schutz entwickeln, Interesse an den Vorgängen in der Natur entwickeln, umweltgerechtes Verhalten in der Natur, der Umwelt Sorge tragen, Abfalltrennung und Wasserverbrauch. Der Wald wird besonders erwähnt, genannt werden Spaziergänge mit bestimmten Zielen wie Wald, Brücke, Bach, Teich, Baustelle und Kirche, dann Bewegung, Spiel und Sport in der Umgebung, im

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Wald, auf der Wiese, auf Plätzen, auf Aussensportanlagen und – Waldläufe. Konkret kann das so aussehen wie bei meinem Enkel: Mit seiner Kindergartengruppe zieht er jeden Mittwochmorgen los in den Wald, und das bei jedem Wetter! Die Kleinen sammeln so wertvolle Erfahrungen, die man unschwer den oben erwähnten Stichwörtern und Themen zuordnen könnte. Primarschule: Verantwortung für die Natur, für die Umwelt Im Lehrplan der Primarschule steht: «Der Heimatkunde-Sachunterricht . . . befasst sich mit Menschen, Umwelt und Sachbezügen im Erlebnisbereich des Kindes. Er hilft dem Kinde, sich in der gegebenen Umwelt zurechtzufinden und Verantwortung für sie zu übernehmen.» Der Wald wird in den Stoffplänen der unteren Primarklassen erwähnt: Spiele im Wald, Tiere im Wald, Waldbäume und Sträucher. Klasse zugeordnet ist das Thema Der 4.  «Hecke und Wald». Es fällt auf, dass die Themen der 5. und 6. Klasse problemorientiert formuliert sind: – Der Mensch engt seinen natürlichen Lebensraum ein (Erde, Wasser, Luft) – Der Mensch stört das Gleichgewicht der Natur – Tiere und Pflanzen vom Aussterben bedroht

Der Kernsatz im Bündner Lehrplan lautet: «Die Naturlehre trägt zum Verständnis der Umwelt bei.» Es ist die Rede davon, dass die ökologischen Einsichten und die gewonnenen Erkenntnisse die Voraussetzung sind, um verantwortungsbewusst zu handeln, Umweltprobleme zu erkennen und ihnen zu begegnen. Nach den Wörtern «Wald», «Forst», «Bäume» und «Sträucher» habe ich im Lehrplan für das Fach Naturlehre vergeblich gesucht. Doch diese Stoffgebiete sind einerseits integriert in den erwähnten Themen wie etwa «Natur- und Kulturlandschaft», «Mitweltschutz, Naturschutz» und «Artengefährdung», und andrerseits legt wohl kaum eine Lehrperson den kanDie Primarschülerinnen und Primarschüler aus Wiesen bestaunen und vergleichen die aus dem Bach gefangenen wirbellosen Kleintiere. (Bild: Hans Schmocker)

Oberstufe: Ökologische Erkenntnisse, verantwortungsbewusstes Handeln Auf der Oberstufe wird das Fach Naturlehre in die drei Fachbereiche Biologie, Chemie und Physik aufgeteilt. Dazu werden in der Regel in der letzten Klasse die Wahlfächer «Natur- und heimatkundliches Praktikum» und «Technisches Praktikum» angeboten. Bündner Wald 1 /2013 17

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Schon früh üben Kleingewässer wie dieser Teich eine grosse Faszination auf Kleinkinder aus. Eine Begleitung durch Erwachsene ist wichtig. (Bild: Hans Schmocker)

tonalen Lehrplan so eng aus, dass sie den Wald mit einer Oberstufenklasse gar meiden würde. Raus aus dem Schulzimmer! Neben dem, was im Rahmen der vielen Unterrichtsstunden im Schulzimmer geschieht, gibt es aber viele Möglichkeiten, draussen im Wald, in der Natur und von der Natur durch persönliche Erlebnisse und eigene Erfahrungen zu lernen. Davon wird oft Gebrauch gemacht, sei es auf Lehrausflügen, Exkursionen, Schulreisen und in Klassenlagern. Im letzten Oktober sind zwei 3. Sekundarklassen aus Chur von Feldis aus an der Windegga vorbei nach Pargitsch ob Churwalden gewandert. Einmal mehr haben die Jugendlichen mitbekommen, dass sich der Wald bei uns auf etwa 1800 m ü. M. lichtet und wenig

später seine obere Grenze erreicht. Auch wenn Jugendliche beim «Tschumpeln» nicht immer mit Begeisterung dabei sind, so kommen die Landschaftsbilder, die Wege, der kalte Wind, das Picknick, allerlei Schabernack und spannende Gespräche zu einem Naturerlebnis zusammen, das in Erinnerung bleiben wird. Wir Lehrer haben darauf geachtet, dass kein Abfall liegen geblieben ist. Unsere Aufforderungen, etwa hier dieses Papier aufzulesen und dort einen leeren Plastiksack mitzunehmen, wurden nicht mit Begeisterung quittiert. Doch die Hoffnung sei erlaubt, dass diese künftigen Mütter und Väter sich später daran erinnern, wenn sie ihre Kleinen dann auf Ausflügen in die Natur auch ein wenig erziehen. Sicher kann man in den Wahlfächern zum Themenbereich «Natur» noch gezielter

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vorgehen als auf Klassenausflügen. Doch am intensivsten können Schülerinnen und Schüler in Naturthemen eintauchen, wenn man sich diesen während Projekttagen oder -wochen widmet. So hat sich einmal eine Sekundarklasse das Thema «Wald» gewünscht. Jeden Tag sind wir in den nahen Churer Wald gezogen, und die Schülerinnen und Schüler haben oft im Wald gespielt und einiges über diesen gelernt. Der Höhepunkt war wohl das Übernachten im Wald unter freiem Himmel. Wenn ich an diese Nacht zurückdenke, höre ich noch heute die aufgeregten Rufe der Jugendlichen während des nächtlichen Geländespiels, und ich habe immer noch die hohen Flammen des Feuers im steinigen Scaläratobel vor Augen, welches vor allem von zwei starken Knaben «gefüttert» worden ist. Beide haben nach Abschluss der Volksschule eine Lehre als Forstwart begonnen und auch abgeschlossen. Wer diese Schilderung jetzt als Lehrerlatein abtun möchte, der irrt! Zusammenarbeit mit Schulen, Angebote für Schulen Viel zum Lernen über den Wald und das Erleben der Natur können ganz unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit zwischen Schulen und externen Fachleuten, Organisationen und etwa Naturparks beitragen. Es gibt viele Beispiele: Ich denke da nicht zuletzt an die traditionellen Wald-Projektwochen der Gemeinde Trin, die 2004 dank der guten Zusammenarbeit von Schule und Forstleuten über viele Jahre hinweg sogar den Binding-Waldpreis erhalten hat. Oder da war dieses bei unseren Ältesten an der Oberstufe in Chur sehr beliebte Projektthema «Jagen und Fischen», das dank Fische-

reiaufsehern, Wildhütern und dem Schiess­ experten den Jugendlichen vielfältigste Lernmomente und starke Erlebnisse in der Natur vermittelte. Als letztes Beispiel sei hier noch das Projekt «Der Schlingnatter auf der Spur» erwähnt, bei dem ich selber als «Externer» ein Projekt begleiten durfte, das für fast alle Primarschülerinnen und -schüler im Gebiet des Parc Ela unter anderem auch einen Tag im Freien beinhaltete. Da wurde praktische Naturschutzarbeit für Reptilien geleistet, die Kinder erlebten die Natur aber auch spielerisch lernend und begaben sich sogar auf Reptilienpirsch. Die Zusammenarbeit mit den Forstleuten des Projektgebietes war ein selbstverständlicher Bestandteil des Schulprojektes. Nicht immer sind es die Erwachsenen, welche den Kleinen Interessantes in der Natur zeigen. Beim neuen Schulprojekt «Frosch und Co.» des Naturparks Ela erhielt ich letztes Jahr nach dem Projekttag von der Mutter eines Teilnehmers ein Mail mit Fotos. Der Sohn, ein Primarschüler, habe ihr unbedingt nochmals zeigen wollen, welche Kleintiere er am Projekttag im Wasser entdeckt habe. Dabei habe er sie als Fotografin mitgenommen. Die Mutter hat gestaunt, einerseits darüber, wie ihr Sohn Bergmolche, Köcherfliegenlarven und Libellenlarven aus dem Wasser fing, und andrerseits über die grosse Vielfalt an Lebewesen in unseren Tümpeln und Bächen.

Hans Schmocker karch, www.karch.ch Regionalvertreter für Graubünden 7000 Chur hans.schmocker@reptil-gr.ch

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Wald bildet – mit Kindern in den Wald

– Bär, Fuchs und Hase informieren sich, welche Überlebensstrategien im Winter zu verfolgen sind. (Bilder: Hansueli Millius)

«Hesch nix vorbereitot? Geisch am Namittag mit de Schielär inu Wald?» (Hast du nichts vorbereitet? Gehst du heute Nachmittag mit den Schülern in den Wald?) Diese Frage wurde mir als Lehrperson gestellt, als ich regelmässig den Wald als Lernort aufsuchte. In der Frage steckt jedoch, nebst dem Negativen, ja auch die Feststellung, dass der Wald ein enormes Lernreservoir bietet. So vieles ist zu entdecken, zu bestaunen, zu erforschen, zu erleben. Warum ist gerade der Wald ein wichtiger Lernort? – Der Wald ist in unserer «zivilisierten» westlichen Welt einer der wenigen Räume, der noch einigermassen naturnah

geblieben ist. Der Wald ist in unserem Siedlungsraum meist relativ leicht zu erreichen. Der Wald hat seinen eigenen Zauber. Der Wald hat sein eigenes Klima. Die Zeit erhält eine andere Dimension. Der Reichtum an einfachen, originalen Begegnungen mit Leben weckt in den Kindern den Entdeckergeist. Nirgendwo kann entdeckendes und forschendes Lernen besser verwirklicht werden als im Wald. Mit Herz, Kopf und Hand machen die Kinder ganzheitliche Erfahrungen und begreifen Zusammenhänge. Was am Kleinen sichtbar wird, kann im Grossen verstanden werden. Neuere Hirnforschungen zeigen auf, dass nur etwas gelernt wird, wenn man emotional beteiligt ist und es auch lernen will. (Ich möchte wissen, was das ist und wie es heisst.) Mit ganzheitlichem Lernen im Wald werden all unsere Wahrnehmungskanäle angesprochen. Eine Baumart in der Natur kennenzulernen, hat eine ganz andere Qualität, als die gleiche Baumart über ein Arbeitsblatt kennenzulernen. Vieles kann erzählt, aufgeschrieben, er rechnet und gestaltet werden, denn der Wald ist voller Geschichte und Geschichten, Bilder und Mathematik. Kleine Tiere und Lebewesen lehren die Kinder den respektvollen Umgang mit der Natur. Lernerfahrungen werden aus erster Hand gemacht und nicht über Medien. Dies führt auch zum Verständnis, sich in einem grossen Ganzen zu sehen. Die Kinder legen so im Wald Grundsteine für ihre eigene gesunde Entwicklung in eine vertrauensvolle, positive Lebenshaltung. Nur mit dieser emotionalen Bindung werden sie später die Verantwortung für eigenes ökologisches Handeln übernehmen können (Franziska Bertschy, 2007 ).

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Mithilfe von Dokumentationsmaterial können unbekannte Fährten bestimmt werden.

Wie kann Natur- und Waldpädagogik gelingen? Regelmässigkeit: Wie die Natur von ihrem Rhythmus lebt, sollten auch die Naturbegegnungen vom Rhythmus leben. Dies kann nicht schnell zwischen zwei Fächern gemacht werden. Das «immer wieder» ist Baumkinder entdecken über den Tastsinn die unterschiedlichen Nadelbäume.

ein wichtiger Aspekt. «Mein» Baum wird durch regelmässige Besuche wichtig und so können Veränderungen wahrgenommen und beobachtet werden. Flow Learning – der didaktische rote Faden: Die Methoden (fliessendes Lernen) von Joseph Cornell haben nichts an Aktualität verloren. Joseph Cornell teilt einen Anlass in vier Stufen ein: 1. Begeisterung wecken; Spielen macht Spass, entwickelt die volle Aufmerksamkeit und bereitet für spätere, sensiblere Aktivitäten vor (z. B. Ratespiel mit Waldgegenständen) 2. Konzentriert wahrnehmen; erhöht die Konzentration, beruhigt und schult die Wahrnehmung (z. B. Suchauftrag nach verschiedenen Laubblättern) 3. Unmittelbare Erfahrung; eigenes Entdecken ist Lernen pur, weckt Verständnis und ermöglicht innere Verbundenheit. (z. B. was krabbelt da um meinen Baum) 4. Erfahrungen miteinander teilen; erklärt und verstärkt Erfahrungen und verbessert das Gruppengefühl (z.  B. Erfahrungsaustausch im Waldsofa oder Vernissage der Waldkunstwerke) Fragen: Fragen haben und Fragen stellen, ist die grösste Lernmotivation. Der Wald bietet dazu unerschöpfliche MöglichkeiBündner Wald 1 /2013 21

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ten. Warum werden Blätter im Herbst braun? Wer sagt den Blättern, dass sie sich verfärben sollen? Sind alle Baumstämme gleich warm? Warum haben Rehe im Winter nicht zu kalt? Haben alle Marienkäfer gleich viele Punkte? Fliegen Vögel auch rückwärts? Erfahrungen Zwölf Jahre lang habe ich einen Teil des Mensch- und Umweltunterrichts draussen in der Natur, im Wald gestaltet. Regelmässig, d. h. alle zwei Wochen am Freitagnachmittag, war ich mit meinen Schülerinnen und Schülern in einem Waldstück oberhalb Brig unterwegs – dies bei jedem Wetter. Viele Lernziele des Lernplans

konnten hier viel besser erreicht werden als im Schulzimmer. Nicht nur Artenkenntnisse standen im Vordergrund, sondern entdeckendes und gemeinsames Lernen prägte die Kinder im eigenen Lernen. Eindrücklich auch die Forscherbücher, in denen alles beschrieben, festgehalten und gezeichnet wurde. Der Wald wurde zu einem wichtigen Lernort.

Hans-Ueli Millius Klosmattenstrasse 12 3902 Brig-Glis hansueli.millius@bluewin.ch

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Umweltbildung im Bündner Naturmuseum Seit über 30 Jahren werden im Bündner Naturmuseum an der Ma­ sanserstrasse in Chur die Tier- und Pflanzenwelt sowie Ökologie, Erdgeschichte und Mineralien Graubündens dem naturinte­ressierten Besucher zeitgemäss und aktuell vorgestellt. Seit 2006 werden Teile der permanenten Ausstellungen neu gestaltet. So zeigen sich die Themenbereiche «Biodiversität» (ausgezeichnet mit dem Holzbaupreis Graubünden in der Kategorie Möbel und Innenausbau) und «Säugetiere Graubündens» in neuem Kleid. Die neue Dauerausstellung zur Erdgeschichte des Kantons wird aktuell realisiert. Zusätzlich sind zwei- bis dreimal jährlich Sonderausstellungen zu diversen naturkundlichen Themen zu sehen. Seit 1991 arbeitet am Bündner Naturmuseum ein Museumspädagoge. Er bietet ein reichhaltiges Angebot für Schulklassen aller Stufen und für Interessierte im Freizeitbereich an. Das Ziel ist, Menschen aller Altersklassen den Lebensraum Graubünden in seiner ganzen Vielfalt mittels unterschiedlicher Methoden und Veranstaltungen näherzubringen und diesen auf eine besondere Art erlebbar zu machen. Das Bündner Naturmuseum hat als Abteilung des Amts für Kultur Graubünden wie die anderen zwei kantonalen Museen (Rätisches Museum, Bündner Kunstmuseum) einen Bildungsauftrag und leistet heute einen wichtigen Beitrag zur viel propagierten Umweltbildung!

Aussenansicht des Bündner Naturmuseums (Bild: Bündner Naturmuseum)

dem breiten Publikum direkt in Kontakt zu bleiben, beantworten jeden Mittwochnachmittag Spezialisten des Museums Fragen zu aktuellen Naturthemen. Die Anfragen reichen von «Insekten im Haus» über «Kotanalysen von ungebetenen DachstockbeBlick in die Dauerausstellung des Bündner Naturmuseums (Bild: Bündner Naturmuseum)

Das Bündner Naturmuseum – Informations- und Kompetenzzentrum für Naturthemen Jedes Jahr bietet das Naturmuseum eine Vielzahl an Kursen, Exkursionen und Vorträgen an. Ob Laie oder Profi – hier kann jede und jeder ihre bzw. seine Naturkenntnisse vertiefen oder auffrischen! Um mit Bündner Wald 1 /2013 23

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wohnern» bis hin zur «Bestimmung von wertvoll glitzernden Steinen». Das Bündner Naturmuseum begleitet auch verschiedene Forschungsprojekte. Umfangreiche zoologische, botanische und erdwissenschaftliche Beleg- und Studiensammlungen werden betreut, unterhalten und je nach wissenschaftlichem Interesse ergänzt und ausgewertet. Sie umfassen über 300 000 Objekte! Ob Sammlung, Forschung, Vermittlung oder Ausstellung – jeder Pfeiler eines Naturmuseums leistet einen wichtigen Beitrag zur Umweltbildung. Das Thema «Wald» im Bündner Naturmuseum Dies vorweg: Ein Naturmuseum kann und will das Erlebnis in der freien Natur nicht ersetzen! Ob im Lebensraum Wald, auf einer blühenden Wiese, in Bach- oder Flussnähe oder in einem Gletschervorfeld – die lebende Natur mit all ihren optischen, olfaktorischen und akustischen Reizen berührt jeden Menschen! Sie löst Gefühle, innere Bilder, Stimmungen und Erinnerungen aus und ermöglicht Beobachtungen von lebenden Tieren und Pflanzen, die nachhaltig im Gedächtnis haften bleiben können. Im Naturmuseum können Lebensräume und ihre Bewohner auf eine ganz andere Art erlebt werden. Hier wird die Natur in einer modernen Ausstellungslandschaft mithilfe von Präparaten und Objekten aus den Sammlungen, Texttafeln, Abbildungen und interaktiven Stationen inszeniert. Dies erlaubt, bestimmte Aspekte losgelöst von Raum und Zeit stärker hervorzuheben, als dies in der freien Natur möglich ist. So kann der Besuchende zum Beispiel eine Gruppe von Rehen in der Jahresentwicklung betrachten, jahreszeitlich umfärbende Tiere im Winter- und Sommerfell bestaunen oder die Nachbildung eines Sauriers begutachten,

der vor über 200 Mio. Jahren in Graubünden gelebt hat. Diese Inszenierungen ermöglichen dem Betrachter, Phänomene und Zusammenhänge in der Natur besser zu erkennen und verstehen und dies oft sogar in 3-D ! Auf einem Waldspaziergang kann man viele Spuren von Waldbewohnern entdecken und mit etwas Glück sogar beobachten. Oft bleibt es aber bei den indirekten Beobachtungen. Genau hier bietet das Naturmuseum eine wichtige und sinnvolle Ergänzung zum Naturerlebnis draussen. Der Wald ist in allen Schulstufen ein beliebtes Unterrichtsthema. Viele der gegen 200 Schulklassen, die das Museum jährlich besuchen, behandeln das Thema Wald in irgendeiner Form im Unterricht. Bei den geführten Schulklassen nimmt der Museumspädagoge die Erfahrungen und Kenntnisse der Schülerinnen und Schüler auf und organisiert einen animierten, stufengerechten Schulbesuch in den Dauerausstellungen. Dabei kommen unterschiedliche Methoden und Materialien zur Anwendung. Neben dem Kennenlernen einzelner Waldbewohner, welches mithilfe eines Foto-OLs oder eines Stimmen- und Tierrätsels erreicht wird, werden Zusammenhänge im Lebensraum Wald aufgezeigt und diskutiert (Nahrungsketten, Wild und Wald etc.). Hat eine Klasse vor dem Museumsbesuch eine Exkursion in den Wald durchgeführt, werden mitgebrachte Gegenstände (Frassspuren, Flechten, Moose, Zapfen etc.) zusammen betrachtet und den Objekten im Museum inklusive Erklärung zugeordnet. Waldpädagogik dank Exkursionen und Kursen Das Bündner Naturmuseum ist sehr darum bemüht, die Natur vor unserer Haustür in seine Veranstaltungen einzubeziehen. So ist es selbstverständlich, dass Kurse über Vögel,

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Pflanzen oder Säugetiere nach Möglichkeit mit Exkursionen in deren Lebensräume verbunden sind. So wurde 2011 bereits zum zweiten Mal zusammen mit dem Amt für Wald und Naturgefahren des Kantons Graubünden ein Kurs über einheimische Bäume und Sträucher angeboten. Dieser richtete sich an ein naturinteressiertes Laienpublikum und umfasste einen Theorieabend und eine Exkursion in den Fürstenwald bei Chur. Zusammen mit der Forst- und Alpverwaltung der Stadt Chur bot das Naturmuseum zum Internationalen Jahr des Waldes einen speziellen Walderlebnistag für Familien an: Urs Crotta, Stadtoberförster, und Flurin Camenisch, Museumspädagoge und Zoologe am Bündner Naturmuseum, begleiteten eine bunt gemischte Gruppe von Kindern und Erwachsenen auf einem Waldspaziergang oberhalb von Chur. Dabei wurde der vielfältige Lebensraum genauer vorgestellt und erforscht. Nach einem gemeinsamen Picknick wurden anschliessend im Naturmuseum verschiedene Waldbewohner und deren Anpassungen an ihren Lebensraum vorgestellt. Auch in den kommenden Jahren ist eine solche Wald-Museums-Exkursion für Klein und Gross geplant. Auch im Rahmen der wildkundlichen Kurse ist der Wald jedes Jahr Thema im Bündner Naturmuseum. Vor allem im Teil über «Wildtiere und ihre Lebensräume» wird der Wald und dessen Bedeutung für Wildtiere beleuchtet. Wichtige Vernetzung All diese Veranstaltungen rund um den Lebensraum Wald sind ohne motivierte Partner kaum zu realisieren. Vor allem im Bereich des Kurswesens und der Vorträge zu Waldthemen kann das Museum auf ein Netz von sehr engagierten und motivierten Leuten aus dem Forstdienst vertrauen. Die

Urs Crotta am Familien-Wald-Museumstag (Bild: Bündner Naturmuseum)

Kernaufgabe eines jeden Museums ist das Sammeln, Forschen, Ausstellen und Vermitteln. Eine sinnvolle Umweltbildung ist aber nur möglich, wenn alle Bereiche der Umwelt einbezogen werden und eine Brücke zwischen drinnen (Museum) und draussen (Naturraum) geschaffen wird. Eine konstruktive und gut funktionierende Vernetzung mit unterschiedlichen Playern (Wildhut, Forstdienste, kantonale Ämter etc.) bildet die zentrale Voraussetzung d ­ afür!

Flurin Camenisch Zoologe/Museumspädagoge Bündner Naturmuseum, 7000 Chur flurin.camenisch @ bnm.gr.ch www.naturmuseum.gr.ch Bündner Wald 1 /2013 25

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Die Zooschule des Alpenzoo Innsbruck-Tirol Schon der Begriff Zooschule löst so manche Spekulation aus: «Wer geht hier zur ­Schule?» «Kann man hier den Beruf Tierpfleger erlernen?» Noch interessanter sind die Interpretationen des Begriffes Zoopädagogik: «Liegen die Tiere bei Ihnen auf der Couch?» oder «Spielen Sie mit den Tieren?» Die Zoopädagogik beschäftigt sich jedoch vor allem mit der Informationsvermittlung über die Tiere im Zoo zum Menschen. Das im Zoo vorhandene Wissen und Können wird didaktisch für die verschiedenen Interessensgruppen aufbereitet, ob es sich nun um Zoobesucher, Schulklassen, Lehrer, Studenten oder Spezialgruppen handelt. Grob gesehen kann die Aufgabe der Zooschule – oder treffender ausgedrückt – der zoopäDas Frühstück des «Allesfressers» Braunbär ist entsprechend reichhaltig und bunt gemischt. (Bild: E. Virgolini)

dagogischen Abteilung in zwei grosse Bereiche eingeteilt werden: als Servicestelle für jedermann und als Betreuungseinrichtung für Schulklassen, Lehrer Studenten und andere Besuchergruppen. Servicestelle Zoopädagogische Abteilung Als sogenannter Themenzoo hält der Alpenzoo Alpentiere heutiger und früherer Zeit. Während anfänglich Skepsis über einen Zoo, der keine Tiger, Elefanten oder Giraffen zeigt, herrschte, weiss man mittlerweile über die besondere Bedeutung eines Zoos, der heimische Tiere hält und sich die unmittelbare Umwelt und Umgebung zu seinem Thema macht. Heute geniesst der Alpenzoo eine Sonderstellung in der Bevölkerung. Bei vielen Fragen zum Thema Tierwelt wird im Alpenzoo um Rat gefragt. Diese Serviceleistung des Alpenzoo wird u. a. von der Zoopädagogin übernommen, ist kostenlos und als Beitrag für den aktiven Natur- bzw. Umweltschutz zu werten. So kommen z. B. je nach Jahreszeit Anfragen zu verschiedenen Tieren, mit denen die Bevölkerung auf die eine oder andere Weise in engeren Kontakt kommt. Im Herbst sind es häufig Fragen zu Zugvögeln, im Winter wecken verletzte Greifvögel oder Eulen, die durch Nahrungsknappheit die Nähe der menschlichen Siedlungen suchen, das Interesse oder aber auch nur die Gäste am Vogelhäuschen. Im Frühling und Sommer sind vor allem Jungtiere das Hauptthema – wirklicher oder vermeintlicher Verlust der Eltern, Katzenopfer und vieles mehr sind dann das Anliegen der Anrufer oder Besucher. Für den Ungeübten ist der Umgang mit Bestimmungsliteratur, sofern sie überhaupt vorhanden ist, nicht leicht. Das Erkennen und Benennen von Tieren ist jedoch Grundvoraussetzung für jegliches Naturinteresse. Viele solcher «Bestimmungsfälle»

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werden telefonisch geklärt, einige sind nur durch die Zusendung eines Fotos zu lösen. Aber nicht nur als Bestimmungshilfe, sondern auch zur allgemeinen Beratung wird die Zoopädagogische Abteilung herangezogen, wobei sich das Themenfeld vom Schutz vor Lebensmittelschädlingen bis zur naturnahen Teichgestaltung bewegen kann. Zoopädagogische Tätigkeit im Zoo Hauptaufgabe der Zoopädagogischen Abteilung ist es, dem Besucher Wissen über Tiere bzw. Tierarten näher zu bringen. Denn nur, was der Besucher kennt, liebt er, und nur was er liebt, schützt er. Auf diese Weise werden nicht nur Wege für den Artenschutz geebnet, sondern indirekt auch für den Natur- und Umweltschutz. Die Wissensvermittlung kann in Form von Schildern wie Artschilder oder interaktiven Elementen geschehen. Letztere werden natürlich besonders gerne von Kindern genutzt. Die effektivste Methode ist jedoch der direkte Kontakt mit dem Besucher. Meist erfolgt er im Rahmen einer Führung von Schulklassen aber auch Erwachsenengruppen wie bei Abendführungen, bei der Lehrerfortbildung oder im Jagdaufseherkurs. Neben der Vermittlung von biologischen Eckdaten der jeweiligen Tierart kann während einer geführten Tour auch direkt auf das Gesehene bzw. das Geschehen vor Ort eingegangen werden. Das Verhalten der Tiere kann unmittelbar erklärt und aufkommende Fragen können geradewegs beantwortet werden. Die Betreuung von Schulklassen ist natürlich ein Schwerpunkt des zoopädagogischen Programms. Neben oben genannten Führungen, welche vor allem mit Kindergartengruppen und Schulklassen der 1. – 6. Schulstufe durchgeführt werden, stehen auch Verhaltensbeobachtungen hoch im Kurs. Je nach Altersstufe können diese Beobach-

Junge Verhaltensforscher bei ihrer Arbeit in der Waldrappvoliere. (Bild: E. Oberauer)

tungsprogramme stark variieren, sowohl in der Aufgabenvergabe als auch im Arbeitsumfang. Vor allem höhere Schulstufen höher bildender Schulen nehmen Gebrauch von diesem Angebot. Zum Teil führen die Schüler über mehrere Wochen Beobachtungen durch und erarbeiten im Anschluss selbstständig wissenschaftliche Protokolle, die Studienarbeiten im Rahmen eines Biologiestudiums abgesehen vom Umfang nur wenig nachstehen. Nicht unerwähnt sollte natürlich bleiben, dass der «Unterricht» im Zoo eine ideale Verbindung mit dem Curriculum (Lehrplan) darstellt. Der Zoologie-Unterricht kann direkt am Tier veranschaulicht werden: Neben der Verhaltensbeobachtung ist vor allem die Vermittlung von anatomischen, systematischen und ökologischen Merkmalen und auch der Artenkenntnis eine nicht unbedeutende Aufgabe der Zoopädagogik. An dieser Stelle sollte auch bemerkt werden, dass natürlich die Präsentation von heimischen Tierarten und die Vermittlung von deren Ansprüchen an die «Natur direkt vor der Haustüre» der Schüler einen grossen Teil zum Umweltverständnis der Kinder und Jugendlichen beiträgt. Selbstständiges Arbeiten der Schüler wird durch das Angebot von Arbeitsblättern geBündner Wald 1 /2013 27

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fördert, welche sich auf allgemeine Themen wie Säugetiere oder Vögel beziehen oder spezielle Aufgaben wie das Erarbeiten von Fragen zur Winteranpassung oder beispielsweise zu den Fischregionen und dergleichen umfassen. Der direkte Kontakt stellt eine starke emotionale Bindung vom Mensch zum Tier her. Da der Alpenzoo über keinen Streichelzoo verfügt, sucht der Besucher diesen Kontakt gerne bei den Bewohnern des Schaustalls. Hier werden alte alpine Haustierrassen (eine Ausnahme ist das Turopoljeschwein aus Kroatien – die letzte alpine Schweinerasse starb im Jahre 1986 aus!) gehalten. Der Schaustall steht neben Bär, Wolf und Fischotter ganz oben in der Beliebtheitsskala bei Jung und Alt. Dies zeigt, dass der Mensch

ein starkes Bedürfnis nach Nähe zum Tier hat. Um dem auch im pädagogischen Programm gerecht zu werden, werden vor allem für Kinder, aber auch für Erwachsene, Führungen hinter die Kulissen angeboten, in deren Rahmen die Kinder einen Einblick in die Zootierhaltung, speziell in die Arbeit eines Tierpflegers, erhalten. Es ist auch die einzige Möglichkeit, den Wildtieren so nahe zu kommen – ein Erlebnis, das der junge Besucher sehr lange in der Erinnerung behält! Direkter Kontakt mit Einbezug der Sinne «Tasten» und «Riechen» ist vor allem bei der Arbeit mit Sehbehinderten unumgänglich. Seit mehreren Jahren schon besteht eine enge Zusammenarbeit der Zoopädagogischen Abteilung des Alpenzoo mit der Pädagogischen Frühförderung des Tiroler Blindenverbandes, die sich vor allem um

«Begreifen» – Das Ertasten der Luchsfangzähne im Rahmen der Frühförderung von Sehbehinderten.

Die Auswertung der Beobachtungsprotokolle.

(Bild: M. Gandler)

(Bild: E. Oberauer)

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Kinder im Vorschul- und Grundschulalter bemüht. Da die Wildtiere im Gehege nicht berührt werden können und für stark Sehbehinderte und Blinde auf grössere Distanz nicht wahrnehmbar sind, ist hier zum Teil der Einsatz von Tierpräparaten notwendig, um biologische Merkmale begreifbar zu machen. Aber auch das Betasten, Begreifen und Beriechen von Futtermitteln und Einrichtungsgegenständen bringt auf lebendige Art und Weise die Biologie der jeweiligen Tierart näher. Neben dem direkten Kontakt mit dem Besucher umfasst das Tätigkeitsfeld der

Zoopädagogen auch die indirekte Besucherbetreuung durch die Gestaltung der Beschilderung, d.h. allgemeiner Informationsschilder aber auch der Artschilder, welche in Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen des Alpenzoo entwickelt werden.

Mag. Eva Oberauer Abteilung Zoopädagogik Alpenzoo Innsbruck-Tirol, A-6020 Innsbruck eva.oberauer@alpenzoo.at

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Das Verhältnis der Bevölkerung zum Wald Waldmonitoring Soziokulturell (WaMos): Fortführung und Weiter­ entwicklung durch WaMos 2 Gut 30 % der Fläche der Schweiz sind mit Wald bedeckt. Diese Waldflächen befinden sich dabei nicht etwa weit weg von jeglicher Zivilisation, sondern bilden zusammen mit den Landwirtschafts- und Siedlungsflächen sowie den Gewässern zu weiten Teilen ein feingliedrig verzahntes Patchwork. Der Wald stellt daher in der Schweiz einen integralen Bestandteil der Alltagslandschaft der Bevölkerung dar. Entsprechend ist es wichtig zu wissen, wie der Wald wahrgenommen wird, welche Ansprüche an ihn gerichtet werden, welche Funktionen von Bedeutung sind, wie die Waldpolitik und ihre Instrumente beurteilt werden usw. Kenntnisse darüber dienen dazu, dass die Sicht der Bevölkerung neben anderen Interessen wie der Holzproduktion ebenfalls in die Gestaltung der an der Multifunktionalität des Waldes ausgerichteten Waldpolitik einfliessen kann. Diese kann Abb. 1: Bewertung der Naturmerkmale (1 = stört sehr, 3 = weder noch, 5 = gefällt sehr)

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dadurch bestmöglich zur Förderung und Erhaltung der Qualität des Lebensraums der Schweizer Bevölkerung beitragen. Zur Untersuchung des Verhältnisses der Schweizerinnen und Schweizer zum Wald wurden bereits in der Vergangenheit Untersuchungen durchgeführt, insbesondere 1997 im Rahmen des sogenannten «Waldmonitoring Soziokulturell», WaMos ( BAFU 1999 ). In diesem Artikel werden die Ergebnisse des Folge-Projekts WaMos 2 vorgestellt, welches 2009 – 2011 von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald Schnee und Landschaft ( WSL ) im Auftrag des Bundesamts für Umwelt ( BAFU ) durchgeführt wurde (Hunziker et al. 2012 ). Ziel von WaMos 2 war nicht nur das Verhältnis der Bevölkerung zum Wald erneut zu erheben und mit demjenigen von 1997 zu vergleichen, sondern auch das Instrument weiterzuentwickeln und an aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft und Gesellschaft anzupassen. Zur Erreichung dieser Ziele wurde 2010 eine gesamtschweizerisch repräsentative Bevölkerungsumfrage per Telefon (und teilweise Internet) durchgeführt. In 3022 von 9356 kontaktierten Haushaltungen ( 38 %) konnte je eine (wiederum zufällig ausgewählte) Person befragt werden. Das Verhältnis der Schweizer Bevölkerung zum Wald 2010 und 1997 Als Erstes stellte sich die Frage, welche Bedeutung die Schweizerinnen und Schweizer den verschiedenen Waldfunktionen beimessen. Dabei zeigte sich deutlich, dass die Erholung im Wald zwar sehr wichtig ist, dass die Bevölkerung aber die anderen Waldfunktionen wie die Produktion, den Naturgefahrenschutz und die Biodiversität sogar noch höher gewichtet. Besonders auffällig ist dabei der Anstieg der Wichtigkeit der Produktionsfunktion seit 1997.

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Eine deutliche Mehrheit der Befragten von WaMos 2 schätzt sich selbst zum Thema Wald im Allgemeinen als gut oder sehr gut informiert ein. Besonders gut informiert fühlt man sich in Bezug auf den Wald als Erholungsraum, Verhaltensregeln im Wald, Schutz vor Naturgefahren und Tiere im Wald. Schlecht informiert fühlt man sich zum Waldzustand weltweit, zum Waldbesitz, zur Holzproduktion und zum Thema Trinkwasser. In WaMos 2 wurden auch die Präferenzen hinsichtlich des Waldbilds erfragt (in WaMos 1 noch nicht). Dabei zeigte sich, dass abstrakte Landschaftseigenschaften (z.  B. ursprünglich, vertraut, etc.) für alle sehr wünschenswert sind. Wichtig für das Gefallen sind auch die natürlichen Merkmale des Waldes (Abb. 1 ). Dazu kann man sagen, dass Mischwälder, in denen Waldgerüche und Waldgeräusche wahrnehmbar sind und die über Wasserflächen verfügen, sehr gut gefallen. Die Infrastruktur im Wald wird sehr unterschiedlich bewertet (Abb. 2 ): Seilparks, Bike-Trails, Reitwege und viele Waldstrassen und -wege werden am wenigsten positiv bewertet, besonders gut schneiden hingegen Naturlehrpfade, Waldhütten und Unterstände, Feuerstellen, Bänke und Parkplätze am Waldrand ab. Schliesslich wurde von den Befragten der am häufigsten besuchte Wald beurteilt, und zwar sehr positiv: Der überragenden Mehrheit ( 97.7 %) gefällt dieser Wald gut oder sehr gut. Natürlich interessierte auch, wie die Bevölkerung die Waldfläche und den Gesundheitszustand des Schweizer Waldes einschätzt. Generell wird die Grösse der bestehenden Waldfläche von den Befragten korrekt eingeschätzt. Die Entwicklung des Waldes wird hingegen mehrheitlich falsch, nämlich als abnehmend (statt zunehmend) beurteilt. Allerdings hat der Anteil, der die

Entwicklung richtig einschätzt, seit 1997 stark zugenommen. Die Waldgesundheit wird sehr positiv wahrgenommen und die Entwicklung der Waldgesundheit wird viel positiver beurteilt als in WaMos 1. Der Anteil der Personen, die das Ausmass der Holznutzung in der Schweiz als gerade richtig einschätzen, ist mit 68 % sehr hoch im Vergleich zu WaMos 1 ( 37 %). Gleichermassen ist der Anteil jener, die der Ansicht sind, das Holz würde zu wenig genutzt, mit 22 % weitaus geringer als in WaMos 1 ( 45 %). Beim Holzkauf wurden Haltbarkeit und umweltverträgliche Produktion als am wichtigsten angesehen, während die Herkunft des Holzes aus der Schweiz sowie der Preis als weniger wichtig angegeben ­wurden. Die Ergebnisse bezüglich der Haltungen zur Ökologie im Wald weisen auf die Wahrnehmung der Bedrohung des Lebensraumes Wald hin. Neben der Umweltverschmutzung werden insbesondere die Siedlungsentwicklung sowie der Klimawandel als Bedrohung für den Wald wahrgenommen. Gleichzeitig wird die Entwicklung der ArtenAbb. 2: Bewertung von Infrastrukturen (1 = stört sehr, 3 = weder noch, 5 = gefällt sehr)

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vielfalt im Wald nicht mehr so negativ gesehen wie 1997. Waldreservate ohne Holznutzung und Waldreservate, die nur auf den Wegen betreten werden dürfen, werden von einer (teilweise knappen) Mehrheit der Befragten akzeptiert. Auch frei lebende Grossraubtiere sind in der Schweiz von einer Mehrheit der Befragten akzeptiert, etwa im gleichen Ausmass wie 1997. Zudem fiel auf, dass die Massnahmen zum Wildschutz sehr unterschiedlich bekannt sind. Die Mehrheit der Befragten geht davon aus, dass die Häufigkeit von schadenstiftenden Naturereignissen zunimmt. Dies stellt einen leichten Anstieg gegenüber WaMos 1 dar, wo ein etwas geringerer Anteil der Befragten einen Anstieg solcher Naturereignisse erwartete. Zur Walderholung konnte festgestellt werden, dass die Schweizerinnen und Schweizer im europäischen Vergleich sehr viel in Abb. 3: Gründe weshalb man sich im Wald erholen will: Beurteilung von Aussagen zu Erholungsmotiven (1 = trifft gar nicht zu, 3 = weder noch, 5 = trifft voll zu )

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den Wald gehen, im Schnitt ein- bis zweimal pro Woche im Sommer und ein bis zweimal pro Monat im Winter. Dies blieb seit 1997 fast unverändert. Zugenommen haben hingegen die Vielfalt der Aktivitäten und Motive (Abb. 3 ) und der Anteil der Personen, die sich im Wald an etwas stören. Trotzdem sind die Befragten mit dem Waldbesuch zufrieden und fühlen sich nach diesem auch gut erholt. Die Motive für einen Waldbesuch lassen sich primär auf die beiden wichtigen Faktoren «Naturerlebnis» und «Aktivität und Gesundheit» zurückführen sowie auf das vergleichsweise weniger ausgeprägte «soziale Erleben». Diese Motive stimmen gut mit den angegebenen Aktivitäten überein. Dass das «soziale Erleben» hingegen doch nicht unbedeutend ist, lässt sich daran ablesen, dass es neben den Bänken v. a. Infrastruktur für das gemeinschaftliche Walderlebnis ist, welche am häufigsten als fehlend beurteilt wurde: Feuerstellen und Spielplätze. Ansonsten ist kein zusätzlicher Infrastrukturbedarf ­festzustellen. Mensch-Wald-Verhältnis im Berggebiet: nur geringe Unterschiede zum Unterland Unterscheiden sich die Bewohner des Berggebietes in ihrem Verhältnis zum Wald von jenen des Mittellandes? Um diese Frage beantworten zu können, wurden die Interviews der Forstzonen Alpen und Voralpen (= Berge) der Forstzone Mittelland gegenübergestellt. Als Hauptergebnis ging hervor, dass die Unterschiede insgesamt gering sind. Viele Aspekte des Mensch-Wald-Verhältnisses der Bergbewohner unterscheiden sich nicht signifikant von jenen der Unterländer. Der Wald wird also zu grossen Teilen in der Schweiz einheitlich erlebt. Dies bestätigen auch die in der Studie angestellten Vergleiche zwischen Stadt und Land

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Aspekt des Mensch-Wald-Verhältnisses

Region mit stärkerer/ höherer Ausprägung

Beruflicher Bezug zum Wald Waldbesitz in der Familie

Berge Berge

Wahrnehmung «Kostenträger = Staat» Informiertheit Wald allgemein

Berge Mittelland

Wichtigkeit Erholungsfunktion Wichtigkeit ökologische Funktion Umwelt-Werthaltung «Ökozentrismus»

Mittelland Mittelland Mittelland

Beurteilung Waldfläche (zu viel ) Beurteilung Waldflächenentwicklung Schweiz Beurteilung Waldflächenentwicklung Wohnregion

Berge Berge Berge

Beurteilung Entwicklung Biodiversität Beurteilung Bedrohung Lebensraum

Berge Mittelland

Einstellung Einstellung Einstellung Einstellung Einstellung

Mittelland Berge Mittelland Mittelland Mittelland

zu zu zu zu zu

Wildtieren: Wildtieren: Wildtieren: Wildtieren: Wildtieren:

genereller Schutz Jagd = Waldschutz Akzeptanz Bär Akzeptanz Wolf Akzeptanz Luchs

Erholungsaktivität: Sammeln (und Jagen) Erholungsaktivität: Joggen

Berge Mittelland

Tab. 1: Aspekte des Mensch-Wald-Verhältnisses, welche hoch signifikante Unterschiede (Irrtumswahrscheinlichkeit p < 0,01 im T-Test) zwischen Berggebiet und Mittelland aufweisen.

sowie bspw. zwischen der Gesamtschweiz und dem Kanton Aargau (siehe Hunziker et al. 2012 ). Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen Berggebiet und Mittelland. Wir beschränken uns in der folgenden Erläuterung auf die sog. «hoch signifikanten» Unterschiede, bei denen die Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 1 % ist, weil beim vorhandenen grossen Stichprobenumfang nur diese auch inhaltlich bedeutend sind (Tab. 1). Besonders deutliche Unterschiede gibt es beim konkreten Bezug zum Wald: So haben mehr Bergbewohner einen Beruf, der mit Wald zu tun hat, oder besitzen in der Familie eigenen Wald. Dies mag ein Hintergrund für verschiedene der folgenden «hoch signifikanten» Unterschiede sein. Bspw. ist man sich in den Bergen dessen eher bewusst, dass der Staat mit Bund, Kantonen

und Gemeinden einen Grossteil der Kosten des Waldes trägt. Erstaunlich ist hingegen, dass man sich im Unterland bzgl. Wald allgemein besser informiert fühlt. Vielleicht hat dies damit zu tun, dass man sich bei engerem Bezug zum Wald der Komplexität der Sache eher bewusst ist und daher die eigene Informiertheit tiefer einschätzt. Bestimmt jedoch führt die grössere Verbundenheit mit dem Wald und damit die Kenntnis der aktuellen Situation zur korrekteren Einschätzung der Waldflächenentwicklung: Die Alpenbewohner sind deutlich häufiger der Ansicht, es habe zu viel Wald und seine Fläche nehme zu. Der Waldanteil in der Schweiz wird hingegen sowohl von den Bewohnern des Mittellandes als auch des Bergegebietes mit ca. 30 % gleich und korrekt eingeschätzt. Wie weiter oben bereits erläutert, halten die Schweizer die klassischen Waldfunktionen wie Schutz und Holzproduktion Bündner Wald 1 /2013 33

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für wichtiger als die Erholungsfunktion. Entsprechend unterscheiden sich die beiden Regionen nicht in der Beurteilung der Wichtigkeit von Schutz- und Nutzfunktion. Im Mittelland wird jedoch die Erholungsfunktion als wichtiger beurteilt als im Berggebiet, was wohl mit den Aktivitäten der jeweiligen Bewohner zu tun hat: Die Unterländer joggen bspw. deutlich häufiger als die Alpenbewohner. Dass im Unterland auch die ökologische Funktion höher gewichtet wird, dürfte wiederum mit dem weniger konkreten Bezug zu Wald und Natur zu tun haben und auch mit dem höher ausgeprägten Ökozentrismus (Natur als Eigenwert). Dies wiederum erklärt, dass die Unterländer den Lebensraum Wald eher für bedroht halten und die Biodiversität eher als abnehmend bezeichnen als die Bergbewohner. Auch der grösste Unterschied, den wir fanden, derjenige bei der Raubtier-Akzeptanz, geht wohl darauf zurück: Die Unterländer akzeptieren die Raubtiere viel besser und befürworten generell den Schutz der Wildtiere stärker. Die Alpenbewohner sind hingegen mehr der Meinung, dass die Jagd dem Schutz des Waldes vor Schädigungen durch Wildtiere dient. Fazit Insgesamt herrscht ein sehr positives Verhältnis der Schweizer zum Wald. Und das ist sowohl im Unterland als auch in den Bergen der Fall. Das Verhältnis blieb seit 1997 auch weitgehend konstant : Veränderungen seit 1997 traten primär da auf, wo dies auch erwünscht ist: So sind sich immer mehr Leute dessen bewusst, dass die Waldfläche zunimmt. Das ist insbesondere dort der Fall, wo man die Verhältnisse gut kennt, im Berggebiet. Dennoch bleibt Kommunikationsbedarf, damit bei einem künftigen WaMos 3 gar die Mehrheit der Bevölkerung

die Waldentwicklung richtig einschätzt und entsprechende politische Massnahmen unterstützt. Die regionalen Differenzen sind insgesamt gering. Auch das spricht für die grosse, zeitliche und räumliche, Konstanz des Verhältnisses zum Wald. Wo regionale Differenzen auftreten, sind sie teilweise mit dem unterschiedlich konkreten Bezug zum Wald und damit zusammenhängenden Interessen verbunden. Teilweise gründen sie jedoch auch in einem grundsätzlich verschiedenen Naturverständnis, wie der stärker ausgeprägte Ökozentrismus im Mittelland im Vergleich mit dem Berggebiet zeigt. Solche Unterschiede gilt es in der künftigen Ausgestaltung der Waldpolitik weiterhin zu berücksichtigen. Literatur – BUWAL, 1999 : Gesellschaftliche Ansprüche an den Schweizer Wald – Meinungsumfrage. BUWAL, Bern. 151 S. – Hunziker, M., von Lindern, E., Bauer, N. &. Frick, J., 2012. Das Verhältnis der Schweizer Bevölkerung zum Wald – Waldmonitoring soziokulturell: Weiterentwicklung und zweite Erhebung – WaMos 2. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt WSL. 180 S.

Marcel Hunziker Eidgenössische Forschungsanstalt WSL Zürcherstrasse 111, 8903 Birmensdorf marcel.hunziker@wsl.ch

Co-Autoren: Jacqueline Frick (Jacqueline.frick @ wsl.ch) Eike von Lindern (eike.vonlindern @ wsl.ch) Nicole Bauer (Nicole.bauer @ wsl.ch )

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Das neue Rahmenkonzept Bildung für Pärke und Naturzentren Was ist zeitgemässe Umweltbildung? Wer sind ihre Akteure? Wofür soll der Bund seine Bildungsmittel im Umweltbereich einsetzen? Organisiert ein regionaler Naturpark ein Klassenlager, in welchem Schüler die alpine Natur erforschen und erleben, ist dies unbestritten ein Umweltbildungsangebot. Doch ist es auch ein Umweltbildungsangebot, wenn ein Forstwart im Naturpark mit einer zufällig vorbeikommenden Gruppe Wanderer über den Sinn eines Holzschlags diskutiert oder wenn der Jagdverein gemeinsam mit dem Förster den Waldrand pflegt? Ein Kernsatz im neuen Rahmenkonzept Bildung für Pärke und Naturzentren lautet: «Alle bewusst gestalteten Situationen, die Lernen ermöglichen, sind Bildungsangebote.» Pärke und Naturzentren bieten sich als Lernräume zu Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit an. Umweltbildung gehört folglich zu ihren Hauptaufgaben. Sie erreichen mit ihren Angeboten weite Bevölkerungskreise. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Natur- und Umweltschutz und zur Bildung für nachhaltige Entwicklung. Das Bundesamt für Umwelt BAFU unterstützt diese Bildungsarbeit einerseits im Rahmen von globalen Finanzhilfen an die Kantone – für die Errichtung und den Betrieb von Pärken sowie für den Betrieb von Naturzentren, andererseits über Finanzhilfeverträge mit (Umwelt-)Organisationen. Eine genauere Betrachtung der bestehenden Bildungsangebote hat allerdings ergeben, dass oftmals nur ein Teil der möglichen Zielgruppen berücksichtigt wird, vor allem Kinder und Jugendliche, und dass die Erkenntnisse der neueren Umweltbildungsforschung noch zu wenig einbezogen werden. Das neue Rahmenkonzept Bildung für Pärke und Naturzentren ( RKB ) soll dazu beitragen, diese Lücke zu füllen.

Rahmenkonzept Bildung für Pärke und Naturzentren (Bild: BAFU; www.bafu.admin.ch)

Es beschreibt in einem allgemeinen Teil die Grundlagen und theoretischen Bezüge zeitgemässer Umweltbildung, die rechtlichen Grundlagen für eine finanzielle Förderung durch den Bund sowie die besonderen Bildungspotentiale von Pärken und Naturzentren als Lernorte. Im praktischen Teil werden die Bildungsaufgaben des Managements und der Trägerorganisationen beleuchtet und wichtige didaktische Prinzipen von wirkungsvoller Umweltbildung vorgestellt. Das RKB richtet sich in erster Linie an die strategische und oberste operative Ebene der Pärke und Naturzentren und an deren Bildungsverantwortliche. Als Planungs-, Arbeits- und Reflexions‑ instrument soll es bestehende, wirkungsvolle Bildungsangebote stärken und Anregungen für eine zielgerichtete Weiterentwicklung geben. Nicht zuletzt will es mit Bündner Wald 1 /2013 35

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einem Glossar von Fachbegriffen zur Diskussion über Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung anregen. Für die Pärke von nationaler Bedeutung ergibt sich aus dem RKB unter anderem die Forderung, neue Zielgruppen und Handlungsfelder für lebenslanges Lernen zu erschliessen. Der Bildungsauftrag lautet für sie, die gesamte Bevölkerung für den Erhalt und die Aufwertung der besonders hohen Natur- und Landschaftswerte in ihrem Perimeter zu gewinnen. Zudem soll eine nachhaltig betriebene Regionalwirtschaft gefördert werden. Bildungsangebote in Pärken sind somit nicht bloss Teil der touristischen Wertschöpfung, sondern richten sich an Einheimische und Gäste gleichermassen. Die Bildungsaufgaben für die zwei Zielgruppen unterscheiden sich teilweise erheblich und erfordern entsprechend unterschiedliche Programme und Organisationsformen (Handlungsfelder). Das Umweltbewusstsein soll gestärkt und die Bereitschaft und Fähigkeit in der eigenen Lebenswelt nachhaltig zu handeln gefördert werden. Für die externen Zielgruppen sollen naturpädagogische und umweltbildnerische Angebote wie Exkursionen und thematische Wanderungen, Schullager, Ausstellungen, Themenwege, virtuelle Reiseführer und vieles mehr bereit gestellt werden. Ein Defizit besteht vor allem in länger dauernden Angeboten, in denen sich die Teilnehmenden aktiv und kooperativ an konkreten Projekten beteiligen können. Beispiele dafür sind die Angebote des Bergwaldprojekts und der Bildungswerkstatt Bergwald, das Jugendsolarprojekt von Greenpeace und gewisse Mitwirkungsprojekte der Umweltorganisationen z. B. zur Erhaltung von Trockenmauern. In diesen Projekten wird Natur- und Umweltwissen in seiner Komplexität und Widersprüchlichkeit erfahrbar. Es entstehen

Werte- und Sinndiskussionen. Die Zukunft kann als gestaltbar erlebt werden. Durch die eigene Mitarbeit entsteht eine emotionale und körperliche Verbundenheit mit dem geografischen Raum, der Gruppe und im Idealfall mit Fragen der nachhaltigen Entwicklung aufgebaut. Obwohl die geschilderten Bildungsangebote auch von den Bewohnern der Parkre­ gion genutzt werden, stehen für sie andere Ziele und Angebotsformen im Vordergrund. Einheimische haben als gesellschaftliche Akteure, in ihrem Berufsfeld, durch ihre Freizeitaktivitäten, an der Urne und durch politische Ämter einen direkten Einfluss auf die regionale Entwicklung. Mit ihren alltäglichen Entscheidungen und Handlungsweisen bestimmen sie, ob die vorhandenen Natur- und Landschaftswerte auch zukünftigen Generationen unvermindert zur Verfügung stehen. Für die internen Zielgruppen sind von oben diktierte Bildungsziele im Sinn einer Umwelterziehung nicht angebracht. Vielmehr müssen die Bildungsangebote die kulturelle und naturräumliche Identität der Bevölkerung stärken und ihr zukunftsfähige Lebensperspektiven eröffnen. Unter diesen Prämissen wird jede bewusst gestaltete Situation, die Lernen durch Austausch, Erfahrung oder Nachahmung ermöglicht, zu einem Bildungsangebot. Das können Kurse für spezifische Berufsgruppen sein, Projekte, die eine breite Mitwirkung zulassen, die Ausbildung von Multiplikatoren, Beratungsangebote oder Öffentlichkeitsarbeit. Die zu Beginn des Artikels geschilderten Situationen sind alles Bildungsangebote im Sinn einer zeitgemässen Umweltbildung, unter der Voraussetzung, dass sie nicht nur zufällig geschehen, sondern bewusst gefördert werden. Zum Beispiel, indem die Mitarbeitenden der Forstdienste über die Bedeutung ihrer Arbeit informiert sind und bereit

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sind, ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Werthaltungen mit anderen auszutauschen. Oder wenn die Waldrandpflege bewusst so gestaltet wird, dass auch Naturwissen wei­ tergegeben und Wertediskussionen geführt werden können. Was können nun die Forstdienste zur Um­ setzung des RKB leisten und welche Mög­ lichkeiten oder Anreize gibt es für die Kooperation zwischen Forstdienst und Park­ organisation? In den Einleitungsbeispielen ist es schon angetönt: Die Forstdienste sind oft schon im Sinn des RKB tätig. Sie verfügen über einen Auftrag für Öffentlichkeitsarbeit. Viele Forstfachleute sind ausgebildete Na­ tur- und Umweltpädagogen. Förster sind beliebte Ansprechpartner für Schulen und Vereine und stehen diesen für vielfältige Ak­ tivitäten zur Verfügung. Jede Kooperation im Sinn der Bildungsaufgabe der Pärke sollte aufrechterhalten, gestärkt und weiterentwi­ ckelt werden. Die Koordination der Öffent­ lichkeitsarbeit von Forstdienst und Park so­ wie gemeinsame Angebote für Schulen oder für Tourismus und Freizeit können Synergien zwischen den Interessen der beiden Partner freisetzen. Da jeder Park organisatorisch anders aufgestellt ist, muss in jedem Fall einzeln geklärt werden, wie diese Koope­ rationen in die Handlungsfelder der Pärke integriert werden können. Aus umweltdidaktischer Sicht sind die Ent­ wicklungsperspektiven im Sinn einer Lernen­ den Organisation, als Teil einer Lernenden Region, besonders interessant. Ziel ist die Entwicklung eines regionalen und berufs­ spezifischen Selbstbewusstseins und das Be­ wusstsein aller Beteiligten, welchen Beitrag sie zur nachhaltigen Entwicklung leisten. Konkret heisst das für Mitarbeitende der Forstdienste: – Kennen und Weitervermitteln der Bedeu­ tung des Waldes, seiner Pflege und Be­

wirtschaftung für die Biodiversität, den Klimaschutz und damit die nachhaltige Entwicklung. Bereitschaft, die spezifischen, durch die – tägliche Arbeit in der Natur gewonnenen Einsichten und Kenntnisse über Pflanzen, Tiere, lokale Schätze, die kleinen und grossen Naturwunder vor Ort weiter zu geben. – Einblick gewinnen und anderen Einblick gewähren in die weniger offensichtlichen Zusammenhänge, Wechselwirkungen und langfristigen Entwicklungen in Natur und Landschaft. – Die Bereitschaft und Selbstsicherheit ent­ wickeln, mit Laien und Experten Sinnund Wertediskussionen über Themen der Nachhaltigkeit zu führen. Dabei einen eigenen, begründeten Standpunkt finden und vertreten, aber auch andere Ansich­ ten stehen lassen können. Diese Kompetenzen werden durch eine gelebte Kultur als Lernende Organisation innerhalb der einzelnen Forstgruppen ge­ fördert. Sie führen dazu, dass die Mitar­ beitenden von der Bevölkerung und von auswärtigen Besuchern als authentische Wissensträger und lokale Experten für Nachhaltigkeit wahrgenommen werden. Damit sind sie die idealen Kooperations­ partner für die Pärke, denn nur mit solchen Partnern können diese ihren Bildungsauf­ trag dem Rahmenkonzept entsprechend erfüllen.

Bruno Scheidegger Carrera 102 7122 Valendas bruno.scheidegger @ zhaw.ch

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Umweltbildung in der Biosfera Val Müstair Gemeinsam mit dem Schweizerischen Nationalpark bildet die Biosfera Val Müstair das erste hochalpine UNESCO-Biosphärenreservat der Schweiz sowie einen Regionalen Naturpark von nationaler Bedeutung. Dieser Naturpark, Biosfera Val Müstair, liegt zwischen 1225 und 3180 Meter über Meer und umfasst eine Gemeinde mit rund 1600 Einwohnern. Die Biosfera hat zum Ziel, durch ein ausgewogenes Zusammenspiel von Ökologie und Ökonomie auch langfristig die nötigen Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung zu sichern und für ein gutes Wohnumfeld zu sorgen. Die intakte Natur und die landschaftliche Vielfalt sollen dabei erhalten bleiben. Ein harmonisches Zusammenwirken aller Aspekte in der Val Müstair – «armonia jaura» eben, wie das Leitbild die Ziele zusammenfasst. Ziele der Umweltbildung In einem gemeinsamen Prozess mit Vertretern aus verschiedenen Bereichen der Bevölkerung wurden in den Jahren vor der Anerkennung durch den Bund Ziele und Grundsätze festgelegt. Diese sind im Leitbild der Biosfera festgehalten. Dort sind auch für den Bereich Umweltbildung Ziele festgehalten: Sowohl die einheimische Bevölkerung wie auch die Gäste sollen für die Werte der Natur und die natürlichen Zusammenhänge sensibilisiert werden. Die Stärkung des Umweltbewusstseins und der Identifikation der Bevölkerung mit der Naturlandschaft sind wesentliche Grundsätze der Bildung in der Biosfera. Ein wichtiges Ziel ist die Förderung des haushälterischen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen. Die kulturellen Traditionen, insbesondere das Kunsthandwerk und die Sprache, werden gepflegt und vermittelt. (Auszug aus dem Leitbild) Auch der Bund verfolgt mit seiner Pär-

kepolitik Ziele im Bereich der Umweltbildung. So gibt er für Regionale Naturpärke zwei Ziele vor. Die Bevölkerung soll für die ökologischen, kulturellen, historischen und wirtschaftlichen Besonderheiten des Parkgebiets sensibilisiert werden. Daneben muss der Park praxisbezogene Umweltbildung für verschiedene Zielgruppen innerhalb und ausserhalb des Parks anbieten. (Entnommen aus dem BAFU-Zielrahmen für Regionale Naturpärke.) Wichtige Themenfelder Im August 2012 hat das Bundesamt für Umwelt ( BAFU ) das Rahmenkonzept Bildung für Pärke und Naturzentren her­ausgegeben. Dieses gibt Inputs für eine zeitgemässe und zielgerichtete Bildung in Pärken. Umweltbildung ist weit mehr als nur Wissensvermittlung über die Natur und zum korrekten Abfallentsorgen. Umweltbildung erlaubt den Menschen, die Auswirkungen ihres Handelns auf die Umwelt und die Beziehung zwischen den Gesellschaften und ihren Lebenswelten zu begreifen und unterstützt die Kompetenzen für verantwortungsbewusstes Verhalten. So ermöglicht Umweltbildung eigene Erfahrungen und Wahrnehmungen und fördert die Fähigkeit, mit widersprüchlichen Situationen ­umzugehen. Das Rahmenkonzept des Bundes hat die Entwicklung eines internen Konzeptes in der Biosfera Val Müstair unterstützt. Die Konzepterarbeitung gab den Anstoss, genau hinzuschauen, welche Rahmenbedingen und Möglichkeiten sich in der Val Müstair bieten und was an Angeboten schon alles vorhanden ist. So gibt es diverse Themenpfade und auch etliche Angebote, welche der Sensibilisierung und Umweltbildung dienen. Die Themen, die dabei angesprochen werden, sind ganz unterschiedlich. Die meisten Angebote beziehen sich auf

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das Themenfeld «Belebte Natur». Die Be­ dingungen für Angebote in diesem Bereich sind in der Val Müstair ideal. In der Biosfera eignet sich der Themenbe­ reich Wasser besonders gut, um Zusam­ menhänge erfahrbar zu machen. So kom­men in der Val Müstair verschiede­ ne natürliche und renaturierte Gewäs­ ser und vom Wasser beeinflusste Le­bens­­­räume vor. Die Nutzung des Wassers eröffnet wei­ tere Themenfelder (Trinkwasser, alte und neue Bewässerungsmethoden, Stromerzeu­ gung). Diese bieten mit ihren Konflikten rund um Schutz- und Nutzungsinteressen und deren Lösungsmöglichkeiten spannen­ de Lernfelder für Bildung für nachhaltige Entwicklung. Zu diesem Themenbereich be­ stehen bisher nur wenige, dafür breit gefä­ cherte Angebote. Unter dem Namen «A la riva dal Rom» ist im Zusammenhang mit Revitalisierungsmass­ nahmen ein durchgehender Wanderweg dem Rombach entlang entstanden. Eine Broschüre bietet ausführliche Informationen zum Rom­ bach und dessen Nutzung. Auf geführten Wanderungen lassen sich die verschiedenen Aspekte besonders gut erleben. Für Schul­ klassen stehen diverse Unterlagen für den Unterricht zum Thema zur Verfügung. Weiter können Forschermaterialien (Lupen, Kescher etc.) ausgeliehen werden. Diese ermöglichen Gruppen ein selbstständiges Entdecken der Wasserwelt. Neben dem Themenfeld Wasser eignet sich ein zweites für die Erweiterung be­ sonders gut. Im Tal lassen sich ganze Produk­ tionszyklen auf kleinem Raum verfolgen. Hier eröffnen sich Möglichkeiten, die Dimension gestern – heute – morgen und lokal – global zu erfahren. Dies sind wichtige Themenfel­ der für Bildung für nachhaltige Entwicklung. In der Val Müstair kann zum Beispiel vom Sämling über die Verwendung als Bauholz bis zur «Entsorgung» als Energieträger der

Beim Entdecken von Wassertieren. (Bild: Ursula Koch)

gesamte Lebenszyklus des Rohstoffes Holz erlebt werden. Ein entsprechendes Angebot, wo die Teilnehmenden vielleicht sogar selber ein Produkt herstellen können, besteht bisher noch nicht. Auch im Winter stellen Waldbesuche für die Kindergärtner eine willkommene Abwechslung dar. (Bild: Jörg Clavadetscher)

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Demonstration einer Steinschlagsimulation der WSL anlässlich des Waldtages 2012. (Bild: Jörg Clavadetscher)

Ausbildung der Perits Schon in der Errichtungsphase der Biosfera zeigte sich der Bedarf, Leute zu Botschaftern der Biosfera auszubilden. Daraus entstand die Ausbildung zum Perit. Perit ist ein romanisches Wort für Sachkundiger. Perits sind Sachkundige aus dem Tal mit Spezialwissen in verschiedenen Bereichen. Durch ihre Peritausbildung werden sie zusätzlich Fachleute rund um die Biosfera und arbeiten gemeinsam mit dem Regionalen Naturpark Angebote für Gäste aus. In den Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen erfahren die Perits Wissenswertes über die Biosfera, deren Entstehungsgeschichte und die Grundsätze der nach­haltigen Entwicklung. Zusätzlich findet eine Ein­ führung zur naturbezogenen Umweltbildung statt. Bisher hat die Biosfera Val Müstair 23 Perits ausgebildet. Diese bieten

viele Exkursionen und Themenwanderungen für die Gäste des Regionalen Naturparkes an. Die thematische Vielfalt reicht dabei von geologischen Wanderungen bis zu Exkursionen ins Bienenhaus. Die Angebote der Perits sind für das touristische Angebot des Tales sehr wertvoll. Mit Angeboten an Naturreisen kann die Biosfera so auf einmalige Art erlebt werden. Zusammenarbeit mit Forstdienst Selbstverständlich bestanden schon vor der Gründung der Biosfera Umweltbildungsangebote. So sind die Schülerinnen und Schüler der Val Müstair regelmässig mit dem Förster im Wald unterwegs. Heute heisst das Angebot: «Schule im Biosfera-Wald». Der erste Besuch erfolgt im Kindergarten. Das Kennenlernen verschiedener Pflanzen

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und Tiere steht bei diesem Besuch im Zentrum. In der 3. und 4. Klasse erfolgt ein weiterer Besuch im Wald. Jetzt stehen Zusammenhänge zwischen Pflanzen und Tieren im Vordergrund. Beim Besuch auf der Oberstufe liegt der Schwerpunkt beim Zusammenspiel von Menschen und Wald. Unabhängig von der Biosfera, findet seit Jahren der Waldtag statt. Dabei erfährt die Bevölkerung Wissenswertes über den Wald und die Arbeit des Forstdienstes. Seit der Gründung des Regionalen Naturparks wird der Waldtag nun in Zusammenarbeit mit Forstdienst und Biosfera durchgeführt. Für das Jahr 2013 ist der Waldtag in einer speziellen Form geplant. Im Zentrum steht die Strukturvielfalt in der Landschaft der Val Müstair. Die Teilnehmenden sollen selber tätig werden und zum Erhalt einer lebenswerten Landschaft für die Natur, aber auch für den Menschen beitragen. Dazu werden neben dem Forstdienst auch die Jäger und Landwirte mit einbezogen. Das Bildungskonzept der Biosfera zeigt, dass diese Waldangebote die einzigen sind, welche sich fast ausschliesslich an die einheimische Bevölkerung richten. Diese Angebote sollen gestärkt und wenn möglich ausgebaut werden. Die Bevölkerung kann so ein besonderes Verhältnis zu ihrem Tal aufbauen und dadurch zu überzeugenden Botschaftern der Biosfera werden. Fazit Viele der Umweltbildungsangebote bestanden schon vor der Gründung der Biosfera. Regionale Naturparks sind im Hinblick auf nachhaltige Entwicklung Modellregionen. Aus diesem Grund wird sich auch der Blick auf die bisherigen Angebote ändern. Hier gibt das Rahmenkonzept Bildung des BAFU wichtige Hinweise zu aktueller und zielgerichteter Umweltbildung. Es zeigt wenig

genutzte Potenziale für Bildung in Pärken auf. Dies kann Anstoss sein, mit bisher wenig genutzten Potenzialen und für wenig angesprochene Zielgruppen Angebote zu kreieren. Wert wird auch auf die Qualitätskontrolle gelegt. Die Angebote sollen regelmässig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. In der Biosfera Val Müstair bestehen schon viele Angebote. In einem ersten Schritt werden daher keine neuen Angebote aufgebaut, sondern Bestehendes und Bewährtes soll beibehalten und gestärkt werden. In diesem Bereich werden künftig die Peritas und Perits besser unterstützt, damit die Bildungsangebote der Biosfera ihren wichtigen Beitrag zum Erreichen der Ziele erfüllen können. Quellen und Literatur – Bildungskonzept Biosfera Val Müstair (unveröffentlicht) – Leitbild Biosfera Val Müstair: http://www.biosfera.ch/leitbild.pdf – Charta Biosfera Val Müstair: http://www.biosfera.ch/pdf/ RNPCharta BiosferaValMuestair 07.01.2010.pdf – BAFU (Hrsg.) ( 2012 ): Rahmenkonzept Bildung für Pärke und Naturzentren. Grundlagen für Bildungsverantwortliche. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Wissen Nr. 1220 : 71 Seiten. http://www.bafu.admin.ch/publi kationen/publikation/ 01679 /index. html?lang = de & show_kat =/publikationen

Ursula Koch Dipl. Ing. FH in Umwelt­ingenieurwesen Center da Biosfera, 7532 Tschierv ursula.koch@biosfera.ch Bündner Wald 1 /2013 41

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Botanische Wanderung «Alpenflora Val Müstair»

Drachenmaul bei der Alp da Munt (Bild: Valentin Pitsch)

Es ist Anfang Juli. Wir sind kurz vor der Alp da Munt. Ich kann meinen Gästen ein bisschen abseits des Wanderweges das Drachenmaul (Horminum pyrenaicum) zeigen. Alle staunen. Auch ich bin überrascht. So viele Exemplare habe ich noch nie an diesem Ort gesehen. Ich schaue auf die Uhr. Es ist 13.20 Uhr. Wir sind viel zu spät dran! Eigentlich müssten wir bereits bei der Alp Champatsch sein, wo es eine «marenda» gibt. Aber ich komme mit meinen Gästen nicht vorwärts. Sie fotografieren jede Pflanze, die ich ihnen zeige, und sie notieren die Namen. Sie staunen über die Vielfalt der Flora auf dem Weg vom Ofenpass nach Lü. Es ist eine typische Kalkgestein-Flora mit Erika (Erica carnea), Silberwurz (Dryas octopetala) und Brillenschötchen (Biscutella laevigata). Bergföhrenwald wechselt ab mit Kalkgesteinsschutt vom Munt da la Bescha

oder mit Alpweiden. Nur eines bleibt ein Rätsel: Wieso finden wir am Ofenpass auf Kalk auch die Rostblättrige Alpenrose (Rhododendron ferrugineum) und nicht ausschliesslich die Behaarte Alpenrose (Rhododendron hirsutum), wie es eigentlich sein sollte? Nach der Alp da Munt sehen wir am Wege das Männliche Knabenkraut (Orchis mascula). Dieses ist in der «Flora Helvetica» für das Münstertal gar nicht registriert. Es ist bereits die siebte Orchideenart, die wir bestaunen. Zwei weitere werden noch folgen. Ein paar Hundert Meter später entdecken wir den Blassblütigen Storchenschnabel (Geranium rivulare). Werden wir noch das Postauto von Lü nach Fuldera erreichen? Vor über 35 Jahren habe ich begonnen, Pflanzen zu fotografieren, zu bestimmen und

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zu registrieren. Vom Tourismus Val Müstair wurde ich angefragt, ob ich Dia-Vorträge über die Alpenflora halten würde. Ich habe blauäugig zugesagt, ohne zu ahnen, worauf ich mich einlasse. Dabei habe ich sehr viel gelernt, denn aus Fehlern kann man bekanntlich lernen. Und man lernt, immer besser, kleine Unterschiede auszumachen. Die «Flora Helvetica» hat mir gute Dienste geleistet. Heute kann ich für die Biosfera und für den Tourismus Val Müstair als «Perit» (Fachmann) botanische Wanderungen führen. Auf der Alp Champatsch gibt es eine gute «marenda». Hier lernt man sich noch näher kennen. Meine Gäste kommen fast ausschliesslich aus der Schweiz. Es sind überwiegend Frauen. Diese Personen interessieren sich generell für die Natur und speziell für die Alpenflora. Leute, die in die Val Müstair kommen, sind auf die Natur fokussiert. Viele Gäste sind begeistert von der Artenvielfalt in der Val Müstair. Das höre ich immer wieder bei meinen Vorträgen. Ich möchte nach meiner Pensionierung vermehrt auf die Karte botanische Führungen setzen können. Die Leute durch diese spezielle Naturlandschaft zu führen und ihnen die versteckten Schätze zu zeigen, ist für mich eine Herausforderung und Befriedigung zugleich. Gestärkt ziehen wir von der Alp Champatsch weiter auf dem Weg nach Lü. Bei einem Feuchtbiotop auf der Alp entdecken wir das Fleischrote Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata). Durch den lichten Wald nach Lü sehen wir unzählige Exemplare vom Langspornigen Handwurz (Gymnadenia conopsea) und Wohlriechender Handwurz (Gymnadenia odoratissima). Als Höhepunkt können wir dann noch die Fliegen-Ragwurz (Ophris insectifera) bestaunen. Bei den Wiesen von Lü-Daint entdecken wir die Perücken-Flockenblume (Centaurea pseudophrygia), die

Apollofalter auf Ackerdistel (Bild: Valentin Pitsch)

im Unterengadin und in der Val Müstair verbreitet ist. Zum Glück erreichen wir in Lü noch das Postauto nach Fuldera. Dort verabschiede ich mich von meinen Gästen, die die Wanderung sichtlich genossen haben. Ich freue mich schon auf die Wanderungen Ende Juli, Anfang August, die unter dem Titel «Orchideen-Wanderung» angepriesen werden. Diese Wanderung führt uns von Tschierv zu der Alp Champatsch und von dort nach Lü und wieder nach Tschierv. Wird dann das Rote Waldvögelein (Cephalantera rubra) blühen? Es gibt noch viele andere Orchideen wie z. B. die Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens) oder die Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine). Zur Freude meiner Gäste kann ich verschiedene Enzianarten Bündner Wald 1 /2013 43

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Steinnelken in Felsensteppe (Bild: Valentin Pitsch)

zeigen wie den Gefransten Enzian (Gentiana ciliata), den Kreuzblättrigen Enzian (Gentiana cruciata), auf der Alp Champatsch den Reichästigen Enzian (Gentiana ramosa) und auf dem Weg nach Tschierv den Schwalbenwurz-Enzian (Gentiana asclepiadea). Hier begegnen wir auch dem Fuchs’ Gefleckten Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii). Es gibt einen Höhepunkt nach dem anderen. Im August stehen auch die FelsensteppenWanderungen auf dem Programm; eine Wanderung am linksseitigen, sonnigen Berghang von Valchava nach Müstair. Es ist ein locker bewaldeter Hang mit Trockenrasen, dazwischen immer wieder Felsen. Es herrscht ausschliesslich Silikatgestein vor. Dieses Biotop bietet eine Vielfalt an Pflanzen, die kaum

jemand kennt. Und die Insektenvielfalt ist erstaunlich. Vor allem der Felsenfalter (Chazara briseis) ist eine Rarität, er kommt in der ganzen Schweiz nur noch in der Val Müstair vor. Er fliegt Ende Juli und in der ersten Augusthälfte. Überall schwirren verschiedene Arten von Widderchen umher. Vor allem die verschiedenen Distelarten ziehen viele Insekten an. Dazwischen sehen wir Nelkenarten wie die Steinnelke (Dianthus silvestris), die Heidenelke (Dianthus deltoides) oder die unauffällige Steinbrech-Felsennelke (Petrorhagia prolifera). Dazwischen entdecken wir solche Raritäten wie das Öhrchen-Leimkraut (Silene otites), das im Kanton Graubünden nur im Misox und in der Val Müstair vorkommt. Für den aufmerksam beobachtenden Wanderer zeigt sich hier eine einzigartige Welt. Ich hoffe, dass ich die Gelegenheit habe, noch vielen Naturfreunden die Schönheiten und Schätze der Val Müstair nahezubringen.

Valentin Pitsch Suravia 96A 7537 Müstair valentin.pitsch @ bluewin.ch

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Bündner Waldbesitzer setzen sich ein für Wald- und Umweltbildung Die innovativen Anliegen der SELVA im Interesse der Waldwirtschaft für die Umweltbildung werden aus dem Bündner Waldwirtschaftsfonds ( BWF ) finanziert. Die SELVA handelt für den BWF, vertritt die Mitglieder und fördert die Anliegen der öffentlichen und privaten Waldbesitzer. Sie setzt sich für ihre Interessen ein. Bündner Waldwirtschaftsfonds Der Bündner Waldwirtschaftsfonds ( BWF ) ist die Solidaritätsfinanzierung der Bündner Waldwirtschaft und unterstützt auch die Selbsthilfeorganisation der Schweizer Waldund Holzwirtschaft ( SHF ). Alle Bündner Waldeigentümer sind angehalten, die SHF-Beiträge in den BWF einzuzahlen. Für Waldbesitzer, die SELVAMitglied sind, ist der SHF-Beitrag obligatorisch. Der Solidaritätsbeitrag beträgt einen Franken pro genutzten Kubikmeter ­Rundholz. Der BWF wird für Verbesserungsmassnahmen in der Bündner Wald- und Holzwirtschaft eingesetzt. Grundlage dafür ist das BWF-Reglement, welches im Jahr 2011 letztmals der SELVA-Generalversammlung vorgelegt wurde. Diese Abgaben werden gemäss dem Reglement (Art. 4 Verwendung der Fondsmittel) verwendet für: «[. . .] Holzvermarktung, Betriebsberatung, Betriebsunterstützung, Betriebswirtschaft, Strukturverbesserungen, Arbeitsverfahren bei der Holzernte, rechtliche Grundlagen, Vorlagen, Muster und Administration [. . .] Förderung des einheimischen Holzes, Aus-, Fortbildung, Öffentlichkeitsarbeit, Medienarbeit, Innovationen in der Waldwirtschaft, Vorbeugung für Katastrophenbewältigung usw. werden vertieft bearbeitet. [. . . ]» Die Verwaltung des Fonds obliegt der BWFKommission. Die BWF-Kommission besteht

Berufsschau in Samedan 2010 (Bild: Jürg Gasser)

aus den sieben Mitgliedern des SELVA-Vorstandes. Unterstützte Projekte der Wald- und Umweltbildung Die SELVA hat bisher (seit 2002 ) aus dem BWF-Fonds folgende Unterstützung im Bereich der Wald- und Umweltbildung ausgesprochen: Forstliche Bildungseinrichtungen im Wald In den letzten 15 Jahren sind im Kanton Graubünden einige Waldhütten gebaut worden, welche neben verschiedenen anderen Nutzungen auch von den örtlichen Schulen und Vereinen für Wald- und Umweltbildung genutzt werden. Das Waldstudio Bonaduz ist ein Beispiel, das vom BWF unterstützt wurde.

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Themenwege Wald und Holz Die meisten Leser werden schon einmal auf einem Waldlehrpfad unterwegs gewesen sein. Die klassischen Waldlehrpfade, bei denen auf Tafeln die Flora und Fauna des Waldes vorgestellt wird, gibt es schon sehr lange. Zunehmend wurden diese klassischen Schilderpfade von Lern- und Erlebnispfaden abgelöst. In der letzten Zeit wurden solche Pfade oft auch als reine Themenwege erstellt. Themenwege sollen Wissen vermitteln, ein Erlebnis ermöglichen, sensibilisieren, Einstellungen und Verhalten beeinflussen und die Wahrnehmung lenken. Sie sollen aber auch die touristische Wertschöpfung einer Region erhöhen, die Besuchenden lenken, den Gästen etwas bieten und für die Einwohner etwas zur verstärkten Identifikation mit der Natur und Kultur ihres Lebensraumes beitragen. Beispiele dazu sind der Märliweg in Thusis, der Energieweg in Flerden, der Waldparcours in Haldenstein, der Themenweg Holz in Bergün sowie der Gwunderwald in Davos. Waldwochen für Schulklassen Um den Schülern das Wissen über den Wald näherzubringen, wird von den Schulen oft der Kontakt zum lokalen Forstdienst gesucht. Zusammen werden dann zum Beispiel Waldwochen organisiert, während denen die Schüler alles Wissenswerte über den Wald erfahren und vor allem selbst erleben. Aus dem BWF wurden bisher Waldwochen in Sent, Filisur und Bergün finanziell unterstützt. Öffentlichkeitsarbeit Ein wichtiger Punkt in der Öffentlichkeitsarbeit ist, dem interessierten Publikum Informationen zu Wald- und Holzberufen zu

vermitteln. Dies kann an einer Berufsschau besonders gut gezeigt werden, da ausgebildete Berufsleute und auch Lernende ihre Erfahrungen direkt an interessierte Personen weitergeben können. Um der Schweizer Bevölkerung den Wald wieder etwas näherzubringen, muss diese auch regelmässig mit Informationen über den Wald versorgt werden. Ein Ziel ist es, dass die Bevölkerung die wertvollen Leistungen des Waldes besser versteht und diesen so bewusster wahrnimmt. Die Schutzleistung ist den meisten bekannt, hingegen werden weitere Leistungen wie beispielsweise Trinkwasserschutz und CO 2 -Speicher sowie die Funktion als Erholungswald für Freizeitaktivitäten oft als selbstverständlich angesehen – und entsprechend kaum wahrgenommen. Aus dem BWF wurden bisher folgende Veranstaltungen unterstützt: Berufsschau in Samedan, Gehla in Chur, Olma in St. Gallen, Sonderschau Wald in Andeer, HolzenergiePavillon in Flerden, Pavillon der Bundessession in Flims. Ausblick Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung sind wichtige Punkte der ganzen Wald- und Forstwirtschaft. Deshalb unterstützt die SELVA aus dem BWF auch weiterhin Gesuche aus diesen Bereichen.

Bündner Waldwirtschaftsverband SELVA Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart info@selva-gr.ch

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Diskussionsrunde zum Thema Wald- und Umweltbildung

Die angeregte Diskussionsrunde im neu umgebauten Saal «Igl englar» des Bergwaldprojekts in Trin. (Bild: SELVA)

Zum Thema «Wald- und Umweltbildung» hat der «Bündner Wald» drei bekannte Gesichter der Bündner Forstbranche zu einer Diskussionsrunde eingeladen: Romano Costa mit seinem Projekt «ARBOLES Y FUTURO – Bäume für die Zukunft», Christian Malär als Trinser Revierförster und BindingPreisträger mit viel Erfahrung zu Wald- und Umweltbildung sowie Martin Kreiliger vom Bergwald­projekt. In einem freien und offenen Gespräch konnten die Teilnehmer ihre Arbeitsschwerpunkte erläutern, Erfahrungen austauschen und ihre ganz persönlichen Ziele und Visionen dazu beleuchten. Die Teilnehmer und ihre Institutionen Christian Malär: Der Trinser Forstdienst organisierte zusammen mit der Schule Trin bereits in den 80er-Jahren diverse Aktivitäten zum Thema «Wald- und Umweltbildung». Zuerst sporadisch, seit 1994 als fester Bestandteil im Jahresprogramm des Forstdienstes wie auch der zweisprachigen Primarschule. Die «Scolettler» (Kindergärtner) verbringen mindestens einen Tag pro Woche komplett im Wald. Die Zweitklässler pflegen und bewirtschaften regelmässig einen Obstgarten im Dorf. Die gemeinsame Ernte und deren Weiterverarbeitung sind ein beson-

deres Highlight im Schuljahr. Mit dem Thema Hecke beschäftigen sich die Dritt- und Viertklässler während einer ganzen Woche, welche mit dem viel besuchten Heckentag abgeschlossen wird. Die Fünft- und Sechstklässler verbringen jeweils eine ganze Woche zum Thema Schutzwald auf der Alp Mora. Die Jugendlichen erklimmen die rund 1000 Höhenmeter vom Dorf zur Alp auf Schusters Rappen, leben auf der Alp, schlafen im Heu und wohnen im Kuhstall. Jedes Trinser Schulkind pflanzt mindestens 30 Pflanzen im Schutzwald. Die Nähe zum Bergwaldprojekt und die gute Zusammenarbeit sind ebenso ein Glücksfall wie die Bereitschaft der Lehrerschaft für solch unkonventionelle Unterrichtsmethoden. Martin Kreiliger: Aus diesen Erläuterungen spürt man eine grosse Wertschätzung für das Bergwaldprojekt. Der Hintergrund ist derselbe, wir haben einfach keinen eigenen Wald und agieren als grössere Organisation. Der Grundgedanke stammt aus den 80erJahren, als eine erste Sensibilisierung stattgefunden hat. Damals wurde die Bevölkerung über die Waldsterbedebatte wieder aufgerüttelt. Es fand eine nicht zu unterschätzende Entwicklung statt: Eine starke Entfremdung von der Natur – einfach, weil viele nichts mehr direkt mit der Natur zu tun Bündner Wald 1 /2013 49

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hatten in ihrem Alltag. Jetzt stehen wir an einem Punkt, an dem dieser Bezug praktisch zu 100 % fehlt. Die Gesellschaft sucht nun andere Formen, diese Entwicklungen – die Entfremdung von der Natur einerseits und die wachsende Belastung der Umwelt andererseits – zu kompensieren. Anscheinend löst das Fehlen des Naturbezugs ein gewisses Unwohlsein aus. Das Bergwaldprojekt versucht, die Bevölkerung wieder näher an die Natur zu bringen – dies am Beispiel des Bergwaldes, wo die Abhängigkeit und die nachhaltige Nutzung beinahe unschlagbar nachvollzieh- und erOben: Romano Costa vom Bolivien-Projekt «Arboles y futuro» (links) und Martin Kreiliger vom Bergwaldprojekt (rechts). Unten: Christian «Hitsch» Malär, Trinser Revierförster und Binding-Preisträger mit viel Erfahrung zum Thema, insbesondere im Bergwald. (Bilder: SELVA)

lebbar sind. Unser Fokus liegt dabei klar bei der Waldarbeit: Dies ist ein einfacher und direkter Weg, die Leute in die Natur zu bringen, persönlich etwas zu bewegen und zu erfahren. Dabei verzichten wir bewusst auf andere umweltpädagogische Mittel und setzen nur auf reale Arbeitseinsätze. Dieses «Bergwaldrezept» schafft Brücken und ist Multiplikator für das Verständnis komplexer Zusammenhänge. Romano Costa: Obwohl wir von ganz anderen Orten reden, sehe ich auch viele Gemeinsamkeiten. «ARBOLES Y FUTURO – Bäume für die Zukunft» ist seit 2006 als Verein organisiert. Rund um das Thema Baum sollen in Bolivien Perspektiven geschaffen werden – an einem Ort, an dem Bäume sehr rar geworden sind. Das Projekt soll aufzeigen wie ein Baum- bzw. Waldzyklus überhaupt funktioniert. Da entsprechende Anschauungsbeispiele oft fehlen, ist es umso schwieriger, die Zusammenhänge zu erklären. Im ländlichen Raum wurden vor ca. 25 Jahren erste Aufforstungen erfolgreich getätigt. Dort geht es nun darum, mithilfe von Dokumentationen und Merkblättern aufzuzeigen, wie und was genutzt und allenfalls vermarktet werden kann. Umweltbildung ist im Gegensatz dazu vor allem in den grossen Agglomerationen rund um die Stadt Cochabamba ein wichtiges Thema, wo wir mit Schulen und Kindern arbeiten: Die Kinder pflanzen mindestens je einen Baum in der Schule und einen zu Hause und lernen diese zu pflegen, zu schützen und grosszuziehen. Die Hauptthemen sind neben der Pflanzung von Bäumen auch die Abfallentsorgung, das Recycling und die Wiederverwertung von diversen Materialen sowie das Thema Wasser. Durch das Medium «Baum» lernen die Kinder, dass der Umwelt Sorge getragen werden muss, und sie erfahren den Nutzen

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davon am eigenen Leib. Allein der Schatten von Bäumen auf dem Schulhof bedeutet ein Mehr an Lebensqualität. In Zusammenarbeit mit grossen, nicht staatlichen Schulorganisationen soll das Thema Umweltbildung komplett ins Schulbildungssystem integriert werden. Dazu müssen vor allem die Lehrer als eigentliche Replikatoren eingebunden werden. Die Kinder aus dieser Gegend haben keinerlei Bezug zur Natur mehr, weil sie überhaupt keine Möglichkeit haben, sich in der Natur zu bewegen und diese zu erleben. Keines dieser Kinder hat jemals einen Wald, geschweige denn einen Baum wachsen sehen. Sie «saugen» diese Erlebnisse regelrecht auf – und gerade deshalb ist der Baum bzw. das Baumwachstum so wichtig als Symbol für den Umgang mit Umwelt und Natur. Symbolik von Baum und Wald Martin Kreiliger: Die Symbolik des Waldes oder des einzelnen Baumes ist gewaltig und steht für eine komplexe Realität und das gesamte Naturverständnis – egal wo wir uns befinden. Es ist erstaunlich, dass der Wald bei allen Leuten einen gemeinnützigen Effekt auslöst, wie altes Kulturgut: Es besteht ein tiefes Bewusstsein und gesellschaftlich verankerte Zustimmung, dass der Wald mehr bietet als nur direkter Nutzen oder das Geld, das man damit verdient. Der Bergwald steht einerseits am Anfang für ein komplexes Verständnis der Umwelt und deren Zusammenhänge und andererseits für die Abhängigkeit von der Natur. Romano Costa: In den ländlichen Regionen Boliviens, wo wieder erste zusammenhängende Wälder dank langjähriger Bemühungen diverser Organisationen entstanden sind, erkennt die Bevölkerung jetzt einen ersten direkten Nutzen (z. B. Brenn- und Bauholz) und es macht «Klick». Ein Besuch

der Stadtbevölkerung im Nationalparkwald führt ebenfalls zu einem Aha-Effekt und zeigt den breiten Nutzen des Waldes z. B. bezüglich Luftqualität. Sobald der Nutzen des Waldes erlebt wird, fangen die Leute Feuer und das ist der eigentliche Anfang. Schliesslich kann man trotz fehlender Lebensgrundlagen mit wenig Aufwand viel bewirken. Allein schon etwas Sauberkeit und Schatten erhöhen die Lebensqualität und damit das Wohlbefinden massgebend. Über das vermittelte Wissen und den erkennbaren Nutzen werden langfristige Perspektiven geschaffen und ein Schutz dieser Lebensgrundlagen überhaupt erreicht. Motivation und Erfahrungen Christian Malär: Meine Erfahrung zeigt, dass die Kinder das Erlebte und Erlernte zurück nach Hause tragen – durch die Arbeit mit Kindern bewirkt man also langfristig eine Sensibilisierung der Gesellschaft. Auch hier bei uns hat sich die Bedeutung des Waldes stark gewandelt. Früher wurden Lawinen in Kauf genommen, weil die jetzige Waldfläche damals intensiv genutzt und gleichzeitig beweidet wurde. Jetzt hat an derselben Stelle die Schutzfunktion des Waldes absolute Priorität. Martin Kreiliger: Eine gewisse Bescheidenheit und Zurückhaltung scheint mir enorm wichtig, damit die Gesellschaft wieder lernt sich in die Natur einzuordnen. Egal ob in Bolivien oder hier, die Entfremdung von der Natur ist trotz unterschiedlicher Ausgangslage genau gleich. Es scheint ein gewisses Vakuum zu bestehen und die Leute brauchen Inputs. Der intellektuelle Zugang von der Schulbildung her ist hier bei uns sehr gut, aber trotzdem werden die Zusammenhänge nicht verstanden. Christian Malär: Der beste Zugang zur Umweltbildung geschieht nicht in Schulzimmer Bündner Wald 1 /2013 51

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her die Milch kommt. Deshalb sind bei der Vermittlung von Umweltthemen die praktische Arbeit und das Erleben draussen umso wichtiger. Für die Kinder in unserem Projekt ist es ganz wichtig, selber etwas machen zu können und dabei Erfolgserlebnisse zu haben. Martin Kreiliger: Genau deshalb will das Bergwaldprojekt die Leute rausbringen und diese Einfachheit leben: «Wir gehen arbeiten, unabhängig von Wetter und Laune.» Die Schwierigkeit dabei ist es, Barrieren abzubauen, damit sich die Jugendlichen etwas zutrauen. Es gibt tatsächlich solche, die meinen, sie könnten draussen nicht überleben, wenn es regnet oder der Wetterbericht schlecht ist. Unsere gebildete Gesellschaft muss wieder ein Gefühl bekommen für die grossen Themen. Es reicht nicht, wenn man viel theoretisches Wissen hat, die Problematik aber nicht auf den Punkt bringen kann. Ein bolivianisches Mädchen präsentiert stolz seine Zeichnung über die «10 Gaben des Baumes». (Bild: Romano Costa)

und Theorie, sondern draussen in der Praxis. Dabei geht es um ganz rudimentäre Sachen wie z. B. Ortskenntnis. Diese Erfahrungen fördern die Zusammengehörigkeit und damit auch das Heimatgefühl. Martin Kreiliger: Die massive Entfremdung ist wohl eines der grössten Probleme unserer Gesellschaft. Ursprünglich ging man irgendwie vom einfachen Modell aus, dass die Reichen wegen ihrer vollen Bäuche keinen Bezug zur Natur und z. B. zur Herkunft der Lebensmittel mehr haben. Die Armen hingegen wüssten es eigentlich, hätten aber wegen ihrer leeren Bäuche keine Möglichkeit ihr Wissen umzusetzen. Dieses Modell ist aber definitiv überholt. Romano Costa: Das stimmt genau: In Boliviens Städten wissen viele Leute nicht, wo-

Erfolge, Ziele und Visionen Christian Malär: Meine Vision ist, dass jedes unserer Kinder zurück zur Natur und unseren Wurzeln geführt wird – nicht nur über den Wald, sondern auch über Landwirtschaft, Wasser- und Abfallwirtschaft etc. Anstelle des Konsums müssen die Arbeit und das Erleben im Vordergrund stehen. In unserer Zeit der Spezialförderungen und des Individualismus ist auch die erzieherische Funktion einer gewissen Kasernenhaftigkeit nicht zu unterschätzen. Erstaunlicherweise lehnen Kinder und Jugendliche diese nicht mal grundsätzlich ab, sondern schätzen es. Schlussendlich muss man auch realistisch sein bezüglich der Wirkung: Nicht alle nehmen etwas mit. Dies ist oft auch ein wenig ernüchternd. Romano Costa: Ich glaube es geht mehr um den Botschaftereffekt als darum, alle gleichermassen zu erreichen. Wenn es nur bei

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einigen wenigen etwas bewirkt und diese das weitertragen, haben wir unser Ziel schon erreicht. Martin Kreiliger: Die Wirkungsmessung der Arbeit in der Umweltbildung ist sowieso ein schwieriges Thema. Die tatsächliche Änderung im Verhalten des Menschen und damit der gesellschaftliche Wert unserer Arbeit sind viel wichtiger und langfristiger als ein von Instituten entworfenes Messsystem. Gemeinnützigkeit darf nicht zu Tode gerechnet und analysiert werden. Nach wie vor braucht es mutige Leute, die aus Überzeugung hinstehen und etwas bewegen wollen – wie damals die Gründer des Bergwaldprojekts. Christian Malär: Der Einsatz einzelner Leute ist wichtig, aber der gute Zugang zur Lehrerschaft ist ebenfalls enorm und keinesfalls zu unterschätzen. Romano Costa: Genau das sehen wir in Bolivien auch: Nur durch Institutionalisierung und über die Einbindung in die Schulpolitik ist die Umweltbildung auch längerfristig gesichert. Martin Kreiliger: Dazu passt die Aussage einer Zürcher Schülerin, die bei uns in einer Projektwoche war: «Ist Förster sein einfach ein Hobby oder bekommen die auch Geld dafür?» Dass es Förster braucht, scheint heute keine Selbstverständlichkeit mehr zu sein. Deshalb sind die Lehrer die richtigen Multiplikatoren, um die richtigen Botschaften zu festigen. Auch eine Verankerung im Lehrplan und damit eine eigentliche Institutionalisierung der Wald- und Umweltbildung in der Bildungslandschaft wären wünschenswert. Alle dieser Diskussionsrunde sind sich einig: Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Wald ist eine Bereicherung und gibt viel zurück. Romano Costa brachte es auf den Punkt: «Es ist Leben pur.» Die Gesellschaft scheint betreffend Umweltverständnis an einem schwierigen Punkt zu

stehen, aber trotzdem sind einzelne Leute immer wieder bereit, sich einzusetzen und etwas zu verändern – ganz nach dem Prinzip Hoffnung. Egal ob bei uns im Bergwald oder beim Projekt «ARBOLES Y FUTURO» in Bolivien, es geht um dieselbe Zielsetzung. Und das Schönste dabei ist: Der Wald steht im Mittelpunkt!

Nina Hemmi SELVA Bahnhofplatz 1, 7302 Landquart nina.hemmi@selva-gr.ch

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Olympia, Schutzwald, Holz und Wohlergehen Die Diskussion über Olympia ist zurzeit in vollem Gange. Geld, Natur, Innovation, Nachhaltigkeit, Vermächtnis, Verkehr und vieles mehr bestimmen die Diskussion. Diese Vielfalt von heiss diskutierten, wichtigen Themen widerspiegelt die Einmaligkeit und die Dimension von Olympischen Winterspielen. Auch in der Holz- und Waldwirtschaft sind die vorausschauenden und innovativen Geister schon am Werke. Holzbauer entwickeln schon jetzt Projektideen, wie die benötigten Bauten zweckmässig und modern aus Bündner Holz hergestellt werden könnten. Der Forstdienst überlegt sich aufgrund von Gefahrenkarten, welche Schutzwälder und Schutzbauten besonders wichtig für die Verkehrswege zu den Spielen und für die Spiele selber wären. Die Vision, die Spiele in die Wiege des Wintersports, in die Alpen, in die Schweiz, nach Graubünden zu holen, ist höchst faszinierend. Die einmalige Möglichkeit zu haben, zu einer Generation zu gehören, die trotz des träge machenden Wohlstands, doch noch in der Lage ist, Dinge zu realisieren, die das Alltägliche übersteigen, spornt an. Unsere Vorfahren bauten Strassen, Eisenbahnen, Tourismusorte, Wasserkraftwerke und Skigebiete in die Täler. Das brachte Arbeitsplätze und einen bescheidenen Wohlstand für Land und Leute nach Graubünden. Der unbändige Wille dieser Leute, die unbefriedigende wirtschaftliche Situation selber durch die nachhaltige Nutzung der eigenen Ressourcen zu verbessern, muss Vorbild sein bei der Entscheidungsfindung beim Projekt Olympische- und Paralympische Winterspiele Graubünden 2022. Der Bundesrat, alle Organisationen des Sports, die Schweizer Sportprominenz, der Bündner Grosse Rat, die Bündner Regierung, wichtige Verbände und Personen

unterstützen die Bündner Olympiakandidatur. Es ist ein patriotischer Akt und passt zu unserer Tradition, diesen Steilpass, diese Herausforderung anzunehmen und daraus etwas Einzigartiges für Graubünden und die Schweiz zu schaffen. Wir Bündner haben das Potenzial und das Können, mit der Unterstützung der übrigen Schweiz authentische Vorzeigespiele, die zu unserer Tradition und Kultur passen, zu organisieren. Wintersport, nachhaltiger Umgang mit der Natur, angepasster Bau von Verkehrswegen, kulturelle Vielfalt und Gastfreundschaft sind nachgewiesenermassen Kernkompetenzen von uns Bündnern. Damit Olympische Spiele in Graubünden durchgeführt werden können, müssen Sportstätten, Schienennetze, Strassen, Rollmaterial, Hotels und vieles mehr auf den neusten Stand gebracht werden. Bei der Finanzierung dieser Vorhaben auf Bündner Boden leistet die Eidgenossenschaft einen Löwenanteil. Diese integralen Investitionen bilden das Fundament für die zukünftige kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in unserem Kanton. Namhafte Experten haben eine Charta für Nachhaltigkeit, Innovation und Vermächtnis (NIV) ausgearbeitet. In dieser Charta werden die Wirkungsziele in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft und Management verbindlich festgehalten. Die NIV-Charta wird die Olympiakandidatur prägen. Die Bündner Regierung hat unmissverständlich mitgeteilt, dass Auflagen des IOC die gegen wichtige Grundsätze dieser Charta verstossen oder zu unverhältnismässigen Mehrkosten führen, den unverzüglichen Rückzug der Kandidatur zur Folge hätten. Diese unmissverständliche Haltung der Verantwortlichen, ist Garant dafür, dass in Graubünden nur

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Olympische Spiele stattfinden werden die unseren Gegebenheiten Rechnung tragen und finanziell tragbar sind. Den olympiakritischen Kreisen, die es unbedingt auch geben soll, wird es nicht gelingen, die Olympischen Spiele abzuschaffen. Die Olympischen Winterspiele 2022 finden also bei uns oder anderswo statt. Unsere geschätzten Mitbewerber, intelligent wie sie sind, sind richtigerweise in den Startlöchern und schauen auf uns und würden sich nicht unerheblich freuen, wenn wir uns bei der Volksabstimmung am 3. März 2013 selber aus dem Rennen nehmen würden. Dank der wunderbaren direkten Demokratie liegt es an uns Stimmbürgerinnen und

Stimmbürgern zu entscheiden, ob wir in geerdetem Selbstbewusstsein das olympische Heft selber in die Hand nehmen wollen, oder ob wir lieber daneben stehen und zuschauen wollen, wie die andern in der Sonne stehen und aktiv die Zukunft ihrer Jugend gestalten.

Daniel Buchli-Mannhart Revierförster und Grossrat Safiental Revierforstamt Safien 7107 Safien Platz rfa.safien.tenna @ spin.ch

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Forstliche Studienreise ins Piemont 2011 Untertitel Grundschrift

Im Kloster Certosa (Bild: Ruedi Zuber)

Unter der bewährten Leitung von Andi Florin reiste eine 30-köpfige Gruppe aus Bündner Forstleuten mit ihren Gemahlinnen ins Piemont. Diese Region Italiens überrascht durch ihre Vielfalt an Kulturgütern und besonderen Naturräumen. Das Piemont umfasst etwa zwei Drittel der Landesfläche der Schweiz und zählt rund 4,5 Mio. Einwohner. Naturgeografisch gliedert es sich in die Alpenregion mit dem Monte Rosa und dem Gran Paradiso, die Po-Ebene mit der Hauptstadt Torino und das Hügelland mit berühmten Weinanbaugebieten. Unser Reiseziel war das Städtchen Alba in der Provinz Cuneo, mit Ausflügen in der Umgebung, in den ligurischen Alpen und an die ligurische Küste. Die Fahrt im Schweizer Postauto gehörte schon fast zur Tradition und hat sich mit Chauffeur Reto Casty auch diesmal bestens bewährt. Besuch bei der Ticinoro Weit hinten im waldreichen Onsernonetal befindet sich die Segheria alla Coletta der Firma Ticinoro. Im Zentrum steht das wertvolle Holz der Edelkastanie, das die Wärme und das Licht der Tessiner Sonne in sich trägt. Es entstehen Produkte und Werkstoffe für die Aussengestaltung und den Innenausbau. Mit viel Engagement stellte uns Marco Delucchi seinen Sägereibetrieb vor

und verriet uns Eigenheiten des Kastanienholzes sowie die Tücken der Vermarktung von Nischenprodukten. Alba im Land der weissen Trüffel. Auf einem spannenden Rundgang zeigte uns Franca Marchisio das kleine Städtchen Alba, dessen Siedlungsgeschichte bis ins Neolitikum (6000 – 3000 v.Chr.) zurückreicht und von der Herrschaft des Römischen Reichs geprägt war. Dom, Kirchen, Rathaus und Marktgassen repräsentieren hervorragende Kulturgüter. Hier ist auch der Geburtsort des Schriftstellers Beppe Fenoglio, welcher u.  a. «Una questione privata» (Eine Privatsache) – einen Widerstandsroman – und «Primavera di Bellezza» geschrieben hat. Neben den Industriebetrieben MONDO (Kautschukbeläge) und Ferrero (Süsswaren) ist die Stadt bekannt für die weisse AlbaTrüffel, welche im Herbst und Winter gesucht wird. Die schwarze Trüffel findet man hingegen als Konserve, in Öl eingelegt oder als Pulver fast während des ganzen Jahres in den Regalen der Delikatessenhändler. Wer die Vielfalt der norditalienischen Küche geniessen möchte, ist in Alba und Umgebung, wo auch Spitzenweine entstehen, an der richtigen Adresse. Tannenwälder im Naturpark Alta Valle di Pesio e Tanaro Der Parco Naturale Valle Pesio e Tanaro wurde im Jahre 1978 gegründet und später als Natura-2000-Gebiet durch die EU anerkannt. Er befindet sich in den ligurischen Alpen am südlichen Rand des Piemonts und umfasst eine Fläche von 7000 ha. Die Standorte der Tannen- und Tannen-Buchenwälder nehmen ein Viertel der gesamten Waldfläche ein. Die hohen Niederschläge (1500 mm pro Jahr), die hohe Luftfeuchtigkeit und der

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ausgeglichene Temperaturverlauf zwischen Tag und Nacht sagen der Tanne zu. Seine besondere Bedeutung verdankt der Park der schonenden naturnahen Nutzung der Wälder durch die Mönche des Klosters Certosa. Köhlerei, mit selektiver Nutzung der Buche, war hier ebenso präsent wie die Lieferung grosser Holzmengen für die Glasund Kristallproduktion und die Flösserei bis zur eigenen Sägerei des Klosters. Das Parkgebiet umfasst den gesamten ehemaligen Klosterwald, den Wald zweier Gemeinden und einzelne Privatwaldparzellen. Für dessen Bewirtschaftung ist die Parkverwaltung zuständig. Forstingenieur Riccardo Lussignoli erklärte uns die Prinzipien der naturnahen Waldpflege und die Massnahmen zur Überführung ehemaliger Buchen- und Kastanien-Niederwälder in naturnahe Bestockungen. Der Park dient auch als forstliches Experimentierfeld für den naturnahen Waldbau. Professor Renzo Motta führte uns durch waldbauliche Versuchsflächen, welche den Studierenden der Universität Torino und der forstlichen Praxis als Demonstrationsfläche für den naturnahen Waldbau dienen und ebenso für das Monitoring verwendet ­werden. Unsere Aufmerksamkeit richtete sich ausserdem auf die Samenbank der Südwestalpen mit Sitz bei der Parkverwaltung in Chiusa di Pesio. Ziele sind die Erhaltung gefährdeter Pflanzenarten und die Propaga­ tion von Nutzpflanzen.

Noli an der ligurischen Küste (Bild: Ruedi Zuber)

lungen mit historischer Vergangenheit, mittelalterlichem südländischem Charme und ist Anziehungspunkt vieler Touristen. Noli hat eine bewegte Geschichte. Während Jahrhunderten musste es sich gegen Überfälle der Sarazenen verteidigen und nahm auch an einem Kreuzzug teil. Es stieg nicht nur zu einer Seemacht und zu einer SeereRebbau-Landschaft bei Barolo (Bild: Ruedi Zuber)

Abstecher an die ligurische Küste Die landschaftliche Vielfalt erlebten wir auf der Fahrt durch die liebliche Hügellandschaft, durch Wälder und den nordwestlichen Ausläufer des Apennins bis an die Küste Liguriens. Das Städtchen Noli, dem unser Besuch galt, steht stellvertretend für mehrere SiedBündner Wald 1 /2013 57

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publik auf, sondern wurde auch Bischofssitz. Zu bewundern sind heute die romanische Kirche San Paragorio, die Stadtkirche, der mittelalterliche Ortskern sowie Überreste der Ringmauer und einige Wohntürme, welche der Überwachung dienten. Barolo, Barbaresco und Co. Nach einem Spaziergang durch das Dorf Barolo besuchten wir ein Weingut in La Morra. Die Weingegend der Langhe ist weltbekannt für gepflegte Rebberge und exzellente Qualitätsweine. Allerdings wird auch hier manchmal etwas mehr für berühmte Namen ausgegeben. Geschichtlich haben sich einige Höfe aus ursprünglichen Wachtürmen heraus entwickelt. Kleinen Festungsdörfern gleich,

dienten sie einst der Verteidigung gegen die eindringenden und plündernden Sarazenen und Ungaren. Rationalisierung, Wegzug der jungen Generation in die Städte und genossenschaftliche Kelterung prägen heute die Weinproduktion. Das Piemont mit den einzigartigen Rebbau-Landschaften Langhe-Roero und Monferrato kandidiert für die Aufnahme ins UNESCO-Weltkulturerbe.

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Ein Arbeitsverfahren mit Zukunft Die Kosten der voll mechanisierten Ernteverfahren sind im Vergleich zum Seilkran einiges tiefer. Oft ist mit dem Seilkran eine kostendeckende Holzernte gar nicht erst möglich. Wir sind nun seit 15 Jahren in der voll mechanisierten Holzernte tätig. Da auch im Mittelland viel Holz an steilen und schwer zugänglichen Lagen steht, haben wir ein Verfahren angeschafft, das auch hier die voll mechanisierte Holzernte ermöglicht. Für dieses Verfahren wurden auf den Vollernter Eco-log 590D sowie den Forwarder John Deere 1410D die KWF-geprüften Windeneinheiten von Herzog Alpine aufgebaut. Diese verfügen über 0 – 10 Tonnen Zugkraft für die Bergfahrt sowie 0 – 10 Tonnen Bremskraft für die Talfahrt. Die Seilkapazität geht bis 350 m beim Forwarder sowie 280 m beim Harvester. So ausgerüstet ist es nun möglich, in Steillagen eine sichere, voll mechanisierte Holzernte anzubieten, wo bis anhin nur der Seilkran zum Einsatz kam. Technisch betrachtet wird bei der Traktionswinde ein Anteil der Vortriebsleistung der Räder auf das Seil verlagert. Der Radantrieb der Maschine wird so entlastet. Dadurch entstehen weniger Erosionsschäden am Boden. Als Grenzwert wird oft von 50 % Steigung gesprochen, dies entspringt jedoch mehr der forstlichen Erfahrung als der Maschinentechnik. Grundsätzlich muss es möglich sein, dass die Maschine bei guten Bodenverhältnissen auch ohne Seil stehen kann. Natürlich können auch steilere Hanglagen befahren werden, dies ist jedoch abhängig von der Bodenbeschaffenheit, den allgemeinen Geländeverhältnissen und nicht zuletzt vom Können des Maschinisten. Wie alle Ernteverfahren hat auch dieses seine sinnvollen Einsatzschwerpunkte und seine Einsatzgrenzen. Grundsätzlich gibt es für Hanglagen von 40 bis 70 % Steigung kaum ein Erntesystem, das effizienter ist. Das Arbeitsver-

Der Vollernter Eco-log 590D mit Traktionswinde im Einsatz (Bild: VOLKtrans)

fahren läuft im Detail folgendermassen ab: Zuerst wird ein Ankerbaum oberhalb der Gasse gesucht. Der Harvester verankert sich dort und arbeitet sich die Gasse hinunter. Zusätzlich besitzt der Vollernter noch eine Zuzugswinde. Mit ihr ist es möglich, Holz ausserhalb des Kranbereiches zuzuziehen. Auch kann das Holz bergwärts überzogen werden. Bestand und Verjüngungen werden so geschont. Ist die Maschine mit einer Gasse fertig, zieht sie sich wieder nach oben und bearbeitet die nächste Gasse. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil zur Arbeit ohne Winde mit Boogibändern. Durch die Möglichkeit, wieder bergauf zu fahren, erspart man sich lange Fahrten mit der Maschine über Forststrassen zurück zum oberen Ende der Rückegasse. Durch die schnelle und einfache Installation ist es nun auch möglich, feinere Durchforstungseingriffe kostengünstig durchzuführen.

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Korrigenda

«Bündner Wald», Ausgabe Dezember 2012, Artikel «Rotwild-Überwinterungs­ konzepte in Österreich» Auf Seite 22 sind im letzten Abschnitt Vergleichszahlen (Graubünden, Salzburg, Tirol, Vorarlberg) aufgeführt. Diese Vergleichszahlen beziehen sich nicht auf die Rotwilddichten, sondern auf die Rotwild-Abschussdichten. Der Text lautet also richtigerweise: Nach jahrzehntelanger Zunahme waren die Rotwild-Abschussdichten z. B. Anfang der Neunzigerjahre in Graubünden mit rund

neun Stück pro 1000 ha Rotwildgebiet ohne nennenswerte Fütterung höher als z. B. in Tirol, Vorarlberg oder Salzburg wo trotz relativ intensiver Fütterung eine Abschussdichte von rund acht Stück pro 1000 ha oder weniger gegeben war. Der Einfluss der Winterfütterung ist also zu relativieren. Der Abschusshöhe kommt offenbar wesentlich höhere Bedeutung hinsichtlich der Rotwilddichte zu als der Fütterung. Die Redakion, gemäss Angaben des Autors Friedrich Völk

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27 Jahre im Dienst der Sicherheit lungen und Referate gehalten und Informationsmittel der Suva mitgestaltet. Um das für sein Spezialgebiet Seilkrane notwendige Fachwissen zu pflegen und weiterzuentwickeln, wirkte Hans Sonderegger 25 Jahre als Kursleiter für Seilkrane. Zudem arbeitete er intensiv mit dem Bildungszentrum Wald in Maienfeld zusammen als Referent, Aufsichtsorgan und Berater. Er betreute seine Kunden in der Forstwirtschaft, öffentlichen Verwaltung und im Gartenbau fair, kompetent, zuvorkommend und ergebnisorientiert – ganz den Verhaltensgrundsätzen der Suva entsprechend.

Als Kursleiter des Seilkrankurses knüpfte Hans Sonderegger während eines Vierteljahrhunderts wertvolle Kontakte mit jungen Forstleuten. (Bild: Suva)

Viel hat sich bei der Forstarbeit seit dem Jahr 1986 verändert – Verbesserungen in der Arbeitsweise und der Arbeitssicherheit, aber auch strukturelle Anpassungen. In den Wäldern der Ostschweizer Kantone bahnt sich auf März 2013 eine weitere Änderung an: Nach 27 Jahren im Dienst der Arbeitssicherheit bei der Suva wird Hans Sonderegger in seinen wohlverdienten Ruhestand treten und den Stab an seinen Nachfolger Luca Giacometti übergeben. Hans Sonderegger hat sich in all diesen Jahren stark für sichere Arbeitsplätze engagiert, unzählige Betriebe kontrolliert und beraten, aus Unfällen die nötigen Erkenntnisse für die Prävention gewonnen, Schu-

Nachfolger in den Startlöchern Zukünftiger Ansprechpartner der Suva für Fragen der Arbeitssicherheit in Bündner Forstbetrieben wird Luca Giacometti sein. Als ausgebildeter Förster hat dieser bereits in den letzten Jahren die italienischsprachigen Kunden in der Süd- und Ostschweiz betreut. Sowohl Hans Sonderegger als auch Luca Giacometti sind bei der Prävention von Forstunfällen und auch beim Erarbeiten der «Zehn lebenswichtigen Regeln für die Waldarbeit» massgeblich beteiligt gewesen. Zukünftig wird Luca Giacometti die Bündner Betriebe der Forstwirtschaft im gleichen Sinn weiter betreuen. Hans Sonderegger danken wir für die geleisteten wertvollen Dienste und wünschen ihm alles Gute für die Zukunft.

Philipp Ritter Suva, Arbeitssicherheit, Bereich Holz und Gemeinwesen Rösslimattstrasse 39, 6002 Luzern philipp.ritter@suva.ch

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Vorschau «Bündner Wald» April 2013 «Zu Gast in Haldenstein» Dieses Jahr jährt sich einer der grössten Waldbrände Graubündens zum 70. Mal. 1943 entfachte militärisches Übungsfeuer einen Brand, welchem grosse Teile der Haldensteiner Waldungen zum Opfer fielen. Man kann nur erahnen, unter welchen widrigen Umständen die Löschtruppen gegen die übermächtigen Feuerwalzen ankämpften. Erst eintretender Regen konnte das Feuer damals stoppen. Aufforstungen und Waldbauprojekte folgten. Heute ist vor allem das waldbauliche Erbe sichtbar, welches aus langjährigem forstlichem Wirken entstand. Denken wir daran, wenn wir uns am 31. Mai zur Jahresversammlung von Graubünden Wald treffen und den nächsten «Bündner Wald» mit viel Besonderem aus Haldenstein in den Händen halten. Redaktion: Sandro Krättli

Vorschau auf die nächsten Nummern: Juni 2013: Holzverarbeitung in- und ausserhalb des Kantons GR Redaktion: Jörg Clavadetscher August 2013: Wald und Landwirtschaft Redaktion: Sandro Krättli Voranzeige GV der SELVA : Am 1. Mai 2013 in Savognin Voranzeige Schutzwaldtagung der ARGEAlpenländischer Forstvereine vom 27./28. Juni 2013 in Bad Reichenhall: Graubünden Wald organisiert eine Reise an die Tagung. Die Ausschreibung folgt. Tagungsinformationen finden Sie unter http://www.forstverein.de/landesforstvereine/bayern/veranstaltungen

Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden und der SELVA. Verleger: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Christophe Trüb, ­Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @  selva-gr.ch Redaktoren: Jörg Clava­ detscher, Revier forestal da Val Müstair, CH-7535 Valchava, Telefon + 41 (0) 81 858 58 21, forestal-muestair @ bluewin.ch. Sandro Krättli, AWN GR, Sagastägstrasse 96, CH-7220 Schiers, Telefon + 41 (0) 81 300 24 11, sandro.kraettli @ awn.gr.ch. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern Druckvorstufe (Satz, Lithos, Belichtung) : Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, Antonin Friberg Druck: Südostschweiz Presse und Print AG, Süd­ostschweiz Print, Postfach 508, Kasernenstrasse 1, CH-7007 Chur, Telefon + 41 (0) 81 255 51 11, Fax + 41 (0) 81 255 52 89. Erscheint sechsmal jährlich. Auflage 1700 Exemplare Inserate: Südostschweiz Publicitas AG, Neudorfstrasse 17, CH-7430 Thusis, Telefon + 41 (0) 81 650 00 70, Fax + 41 (0) 81 650 00 74, thusis@so-publicitas.ch ­Abonnementspreise: CHF 60.– (für Mitglieder Verein Graubünden Wald) Abonnemente/Adressänderungen: Südostschweiz Presse und Print AG, ­Südostschweiz Presse, Postfach 508, Administration, Kasernenstrasse 1, CH-7007 Chur, Telefon + 41 (0) 81 255 50 50, www.buendnerwald.ch Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktoren übereinstimmen. Autoren, die zu obenstehenden Themen publizieren möchten, sind herzlich eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion einzureichen.

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