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Bündner

Wald

Jahrgang 70 | Oktober 2017

Vernetzung Bund – Kanton – Betriebe

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Inhalt

Vernetzung Bund – Kanton – Betriebe Editorial.................................................. 4 Bedeutung einer leistungsfähigen Waldwirtschaft für den Bund................... 5 Forstliche Strukturen und Gemeindereform................................... 10 Strukturanpassungen – ohne Hast und professionell................................... 13 Förderung optimaler Betriebsstrukturen und -prozesse....................................... 16 Erfahrungsbericht aus neuen Forstbetriebsreorganisationen................ 21 Forstliche Betriebsstrukturen aus der Sicht eines Gemeindepräsidenten........... 27 Erfahrungen aus Forstbetriebsfusionen................................................ 32 Comic................................................... 38

SELVA: neue Beratungsstelle für betriebswirtschaftliche Fragen............... 40 Das betriebswirtschaftliche ControllingNetz Graubünden.................................. 44 Erfassung der Eingriffsflächen in LeiNa – Stand und Ausblick.................... 48 Holzschlaganzeichnung mit der DP-II-Kluppe......................................... 51 Die Douglasie – Potenziale, Risiken und Invasivität...................................... 53 Lehr- und Fachbuch für unternehmerische Entscheidungsprozesse............ 58 Waldknigge – Waldarbeiten................... 60 Neuer Schutz vor Steinschlag: volle Sicherheit mit wenig Material................ 61 Vorschau «Bündner Wald» Dezember 2017.................................... 63

Titelbild: Für erfolgreiche Umstrukturierungen bedarf es einer offenen Auslegeordnung aller Fakten. (Bild: H. Mannhart, AWN) Bild Inhaltsverzeichnis: Das ideale Ernteverfahren muss für jeden Holzschlag individuell evaluiert werden. (Bild: J. Clavadetscher) Bündner Wald 5/2017 3

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Editorial

Dass die Entwicklungen in den Forstbetrieben auch für Bund und Kanton von Bedeutung sind, beweisen die immer wieder neu initiierten Projekte zugunsten neuer Analysen und Erfahrungsberichte aus den bereits «reformierten» Forstbetrieben. Es ist «Chur» und «Bern» nicht einfach egal, wie draussen im Wald «gewurstelt» wird. War das früher anders? Wie es zur Zeit von Johann Coaz war, werden wir Mitte des nächsten Jahres erfahren (Bündner Wald Juni 2018). In der jüngeren Vergangenheit war es wohl doch nicht so viel anders, als wir denken. Vielleicht vermittelt einfach auch die Geschwindigkeit, mit welcher heute Informationen in Umlauf gebracht werden können, das Gefühl, dass sich plötzlich alle vielmehr für die Arbeit in den Forstbetrieben interessieren. Das wirkliche Erfolgsrezept, nach welchem alle und überall zu Werke gehen können oder sollen, ist offenbar noch nicht gefunden. Auch heute sind sich Fachleute einig, dass unter anderem auch die lokalen Unterschiede von Waldstruktur, Bewirtschaftung, Politik, Topografie, Naturgefahren und sogar der Kultur für die erfolgreiche Ausrichtung eines Betriebs beachtet werden müssen. Führen konsequente Spezialisierung und Aufgabentrennung am einen Ort zum Erfolg, so kann sich im anderen Betrieb die Diversifizierung als Überlebensstrategie entpuppen. Wie in anderen Bereichen, steht und fällt der Erfolg auch in unserer Branche mit den Köpfen, die schlussendlich miteinander zusammenarbeiten. Sobald mehrere Förster in die Betriebsleitung eingebunden sind, ist es unumgänglich, dass sie sich nicht nur gegen aussen, sondern vor allem auch im Team vom (eventuell sogar egoistisch denkenden) Einzelkämpfer hin zum Teamplayer mausern. Gegenseitiges Vertrauen und die Einsicht, dass auch andere fachliche Kom-

petenzen haben, ermöglichen offene Gespräche und führen meist zu besseren Lösungen. Je besser der betriebsinterne Informationsfluss funktioniert, umso geringer ist der «Reibungswiderstand» an den Berührungspunkten der Zusammenarbeit. Mitarbeiter haben oft das (durchaus berechtigte) Bedürfnis über betriebs- und gemeindeinterne Entscheide etwas früher informiert zu werden als die Presse. Einsatzwille und Verständnis können so mit wenig Aufwand gefördert werden. Ganz nebenbei erhalten die Mitarbeiter dank einer gestärkten Informationsgrundlage die Möglichkeit, Missverständnisse ausserhalb des Betriebs zu klären und destruktiven Informationen aktiv zu entgegnen. Trotz des legitimen Wunschs, dass Entscheide seitens der Mitarbeiter mitgetragen werden, muss die persönliche Meinung des Einzelnen respektiert werden und er soll diese auch mit gutem Gewissen vertreten dürfen. Nach der erfolgten Reorganisation, und auch währenddessen, werden die Verantwortlichen oft nach Schlüsselfaktoren befragt. Es werden immer wieder die unterschiedlichsten Argumente und Faktoren ins Feld geführt, weshalb man auf einen erfolgreichen Weg schwenken konnte. Einer dieser Faktoren scheint aber überall eine ganz zentrale Rolle zu spielen: Eine aktive und offene Kommunikation. Das wissen alle. Lasst es uns tun und uns immer wieder da­ ran erinnern!

Jörg Clavadetscher, Redaktor Bündner Wald Ruinas, CH-7535 Valchava forestal-muestair@bluewin.ch

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Bedeutung einer leistungsfähigen Waldwirtschaft für den Bund Die Waldwirtschaft übernimmt eine wichti­ ge Rolle als Waldbewirtschafter und Dienst­ leister für die gewünschten oder bestellten Leistungen für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit stellt dabei eine Grundvor­ aussetzung für die nachhaltige Waldbewirt­ schaftung in Form einer effektiven und effizienten Leistungserbringung dar. Im Zentrum der zukünftigen Stossrichtungen steht eine Waldwirtschaft mit eigenver­ antwortlichen Waldeigentümerinnen und Waldeigentümern sowie professionellen und leistungsfähigen Forstbetrieben und Forstunternehmen. Mit einem ökonomi­ schen Denken und Handeln bei betriebli­ chen und hoheitlichen Aufgaben sind alle Akteure für eine erfolgreiche Zukunft der Waldbewirtschaftung gleichermassen ver­ antwortlich. Ausgangslage Die Schweizer Waldwirtschaft ist international für den hohen Standard einer ökologisch wirkungsvollen und sozial verantwortungsvollen Waldbewirtschaftung und der Erbringung der geforderten Wirkungen und Leistungen des Waldes bekannt. Daneben hat aber in den letzten Jahren das Thema der ökonomischen Dimension der Nachhaltigkeit an Bedeutung gewonnen. Die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen wie sinkende Holzpreise, anhaltend hohe Kosten, abnehmende finanzielle Ressourcen von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie steigende Bedürfnisse der Bevölkerung bringen die bisherige Wirtschaftsweise im Wald an ihre Grenzen. Heute vermag die Waldwirtschaft die Realisierung von wirtschaftlichen, gesellschaftlichen sowie politischen Anforderungen kaum mehr aus eigenen finanziellen Mitteln zu finanzieren. In der Waldbewirtschaftung fallen die aktuel-

len wirtschaftlichen Ergebnisse aller Vorrangfunktionen (Wirtschaftswald, Schutzwald, Erholungswald und Natur- und Landschaftswald) negativ aus. Das heutige System ist somit nur begrenzt in der Lage, die eigenen Ziele (z.  B. Betriebsergebnis, Dienstleistungen, leistungsfähige Mitarbeiter etc.) und die gemeinwirtschaftlichen (z. B. Schutz vor Naturgefahren, Biodiversität etc.) und privatwirtschaftlichen Leistungen (z. B. Holzproduktion) langfristig eigenständig zu finanzieren. In der Folge ist die Erfüllung der öffentlichen Interessen an der langfristigen Sicherstellung aller Waldfunktionen durch die kritische Ausgangslage in der ökonomischen Dimension der Nachhaltigkeit infrage zu stellen. Viele sehr gut aufgestellte Forstbetriebe beweisen jedoch, dass unsere Waldwirtschaft auch sehr erfolgreich sein kann. Die Waldwirtschaft in der Schweiz hat daher ein eigentlich grösseres Potenzial, welches es zu nutzen gilt! Ziele, Aufgabe und Rolle des Bundes Die Waldwirtschaft übernimmt die Rolle als Waldbewirtschafter und Dienstleister für die gewünschten oder bestellten Leistungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat. Professionelle und leistungsfähige Waldeigentümer, Forstbetriebe und Forstunternehmen sind dabei eine unabdingbare Voraussetzung für die effektive und effiziente Erbringung konkurrenzfähiger Produkte und Leistungen. Die Ausgangslage, dass die Schweizer Waldwirtschaft defizitär wirtschaftet, gibt an sich noch keinen Anlass für den Staat, direkt aktiv zu werden. Bund, Kantone und politische Gemeinden haben für die Erfüllung politisch gewollter öffentlicher Aufgaben wie die Sicherstellung der Waldfunktionen zu sorgen. Das wichtigste Kriterium zur Wahl der Art der Aufgabenerfüllung ist die Effizienz und die Effektivität Bündner Wald 5/2017 5

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in der Zielerreichung. Dabei hat sich die Verbundaufgabe zwischen Bund, Kanton und Waldeigentum in der Umsetzung des Schweizer Waldgesetzes durchaus bewährt. In der Rolle als Leistungsbesteller und -einkäufer hat der Staat den Grundsatz zu verfolgen, dass die öffentlichen Gelder auf eine wirtschaftliche und wirkungsvolle Art eingesetzt werden. Dabei soll mit beschränkten öffentlichen Mitteln unter ökonomischen Grundsätzen eine optimale Wirkung in Bezug auf die von der Öffentlichkeit geforderten Leistungen des Waldes erreicht werden können. Der Bund hat somit ein legitimes Interesse an der Förderung einer leistungsfähigen Waldwirtschaft. Ökonomisches Denken und Handeln im Wald In den letzten Jahren hat sich trotz angespannter wirtschaftlicher Lage und schwie-

rigen Rahmenbedingungen die Diskussion der Ökonomie im Wald zu wenig verändert. Noch immer wird die Ökonomie gedanklich primär mit der reinen Holzproduktion verbunden und die aktuelle Problematik wird oft bei den schwierigen Marktbedingungen gesucht. Wichtig scheint der Wechsel hin zu einer integraleren Sichtweise und einem gemeinsamen Verständnis für die Ökonomie im Kontext von Wald, Waldwirtschaft und der Waldbewirtschaftung. Die Nachhaltigkeit beinhaltet als eine von drei Dimensionen auch die Ökonomie, welche beispielsweise folgende Themen betrachtet: – Innovation und Investition – wirtschaftliches Wachstum – Effizienz, Effektivität und Wirtschaftlichkeit – Risikomanagement – Produktion und zukunftsfähige Arbeitsplätze

Waldränder mit niederen und mittelhohen Sträuchern und Laubbäumen in Kombination mit freigehaltenen Blössen werten den Lebensraum auf. (Bild: Michael Husistein) 6

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Seilpärke, wie hier am Pilatus, ziehen ein neues Publikum in den Wald. (Bild: Franca Pedrazzetti)

Eine nachhaltige Wirtschaftsweise hängt sehr eng mit den beiden anderen Dimensio­ nen zusammen. Die ökonomische Dimen­ sion hat Verbindungen zur ökologischen Dimension, etwa in Bezug auf sparsameren Umgang mit Ressourcen und Energie sowie mit der sozialen Dimension, etwa durch Schaffung und Sicherung von zukunftsfähi­ gen Arbeitsplätzen oder der Arbeitssicher­ heit. Die Sicherstellung der ökonomischen Dimension der Nachhaltigkeit ist mit dieser Sichtweise eine zentrale Grundvorausset­ zung für alle nicht verzichtbaren Leistungen der Waldbewirtschaftung zugunsten von Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft. Unter diesem Aspekt soll die Ökonomie in Zu­ kunft bestmöglich als Querschnittsaufgabe in sämtliche Beratungs- und Vollzugsmass­ nahmen integriert werden.

Möglicher zukünftiger Ansatz? Im Rahmen dieser kurzen Analyse der Aus­ gangslage, der bisherigen Massnahmen des Bundes und der Ziele der Waldpolitik 2020 (BAFU 2013) prüft das BAFU zurzeit folgen­ de Stossrichtungen: 1. Optimierung der Strukturen und Prozesse Der gesetzliche Auftrag zur Förderung der Waldwirtschaft liegt nicht im Erhalt der Strukturen, sondern vielmehr in der Förde­ rung einer leistungsfähigen und innovativen Waldwirtschaft mit Massnahmen zur Struk­ turverbesserung. Im Rahmen von Ziel sechs der Waldpolitik 2020 ergreift der Bund Massnahmen, um die wirtschaftliche Leis­ tungsfähigkeit der Schweizer Waldwirt­ schaft sowie die eigentumsübergreifende Bündner Wald 5/2017 7

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Zusammenarbeit zu verbessern. Der Bund schliesst mit den Kantonen Programmvereinbarungen zur Optimierung der Bewirtschaftungsstrukturen und -prozesse ab. Weiter sollen innovative, umsetzungsorientierte Projekte unterstützt werden. 2. Verstärkung der Sensibilisierung und Beratung für ein ökonomisches Denken und Handeln Waldeigentümer, Forstbetriebsleiter, Forstdienste und weitere relevante Akteure sind für die Bedeutung eines ökonomischen Denkens und Handelns im Wald zu sensibilisieren und in die Verantwortung zu nehmen. Durch die heutige Führungspraxis mit häufig fehlenden Betriebszielen und automatischer Defizitdeckung fehlen aber meist Anreize für eine laufende Verbesserung von Strukturen und Prozessen. Die Waldeigentümer sowie deren Vertreter sollen zu einer professionellen Ausübung ihrer Rolle und Aufgabe befähigt werden. Dabei sollen im Rahmen der Beratung durch betriebliche und hoheitliche Akteure ökonomische Überlegungen miteinbezogen werden. 3. Aufbau von Kompetenzen Wichtig für die professionelle Leitung forstlicher Strukturen ist die Managementkompetenz. Das Wissen, die Fähigkeiten und die Motivation der Schlüsselakteure soll ausgebaut werden. Dabei sollen sie basierend auf ihren Rollen befähigt werden, die von ihnen verlangten Aufgaben und die entsprechende Verantwortung zu übernehmen. Inhaltlich geht es darum, die Kompetenzen der professionellen Akteure auf Ebene Hoheit und Betrieb durch eine bedarfsgerechte Aus- und Weiterbildung zu stärken. Die Wissenschaft und die Bildungsorganisationen sind hier bezüglich der Angebote und der Qualität gefordert. Weiter sind für die

Praxis passende Angebote für den Wissensaustausch und Wissenstransfer zu ökonomischen Themen zu schaffen. 4. Prüfung und Anpassungsvorschläge von Regulierung und Förderpolitik Um einen effizienten und wirksamen Ressourceneinsatz sicherzustellen, sind die bestehenden Regulierungen und Förderinstrumente auf ihre Wirkung in Bezug auf die Stärkung einer leistungsfähigen Waldwirtschaft zu überprüfen und bei Bedarf weiterzuentwickeln. Die Subventionspolitik im Geltungsbereich des Waldgesetzes soll über alle Ebenen (Bund, Kanton und Waldeigentümer) bestmöglich auf leistungs- und wirkungsorientierte Programmvereinbarungen ausgerichtet werden. Ziel ist es, dass die zukünftigen normativen Rahmenbedingungen und Förderinstrumente neben der Zielerreichung der öffentlichen Interessen eine möglichst geringe Marktverzerrung verursachen. Dabei soll die gemeinwirtschaftliche die privatwirtschaftliche Leistungserbringung möglichst wenig tangieren. Gleiches gilt für die Verbundaufgabe zwischen Kanton und Waldeigentümern. 5. Optimierung des waldökonomischen Monitorings Das waldökonomische Monitoring hat mit der Forststatistik (FSv), dem forstlichen Testbetriebsnetz der Schweiz (TBN) und der forstlichen Gesamtrechnung (FGR) eine solide Grundlage für die Analyse und Interpretation der Struktur und Wirtschaftlichkeit der Schweizer Waldwirtschaft. Die heutigen Daten erlauben aber nur eine begrenzte Aussagekraft bei detaillierten Analysen von Zusammenhängen zwischen naturalen und finanziellen Kennzahlen. Auf der Basis von spezifischen Kennzahlen pro Waldfunktion könnten Wechselwirkungen zwischen der

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Art der Massnahme und den wirtschaftlichen Auswirkungen analysiert werden. Diese Informationen stellen eine Grundlage für die Formulierung, Umsetzung und Kontrolle einer zukünftigen Ausgestaltung von Förderinstrumenten dar. Voraussetzungen Im Zentrum dieser Massnahmen stehen die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer mit ihren Wäldern und Betrieben, doch bedingt diese zukünftige Ausrichtung ein Umdenken aller beteiligten Akteure. Einerseits soll die Waldwirtschaft den vorhandenen Spielraum für eine effiziente Erbringung der Leistungen bestmöglich nutzen. Andererseits sollen hoheitliche Systeme und Instrumente bestmöglich auf die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Staat ausgerichtet und dadurch bestmögliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Als Grundvoraussetzung ist auf hoheitlicher und betrieblicher Ebene das ökonomische Know-how gemäss den jeweiligen Aufgabenbereichen zu stärken. Weiter liegt es an den Akteuren der Waldwirtschaft, die entsprechenden Managementkompetenzen aufzubauen und die öffentlichen Vorgaben sowie die Ziele der Waldeigentümer im Rahmen einer individuellen Strategie effizient und innovativ umzusetzen. Um eine Verbesserung in dieser vielschichtigen Problematik herbeizuführen, ist Mut zu Veränderungen und neuen Ansätzen gefragt. Durch konsequentes unternehmerisches Denken und Handeln kann die ganze Waldwirtschaft mit ihren Betrieben als eigenständiges Multiproduktunternehmen durchaus wettbewerbsfähig werden und als effizienter Dienstleister im Angebot von Waldleistungen und Holz auftreten. Auf Basis gemeinsamer Massnahmen der Waldeigentümer und mit konstruktiver Unter-

Einsatz von leistungsfähigen Holzerntesystemen am Beispiel des Gebirgsharvsters im Seilgelände. (Bild: M. Husistein)

stützung durch Bund und Kantone soll die Schweizer Waldwirtschaft wieder als erfolgreiche und leistungsfähige Branche im internationalen Umfeld auftreten. Literaturverzeichnis BAFU (Hrsg.) 2013. Waldpolitik 2020. Visionen, Ziele und Massnahmen für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Schweizer Waldes. Bundesamt für Umwelt, Bern, 66 S. Michael Husistein BAFU, Abteilung Wald CH-3003 Bern michael.husistein @ bafu.admin.ch

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Forstliche Strukturen und Gemeindereform Der Bereich Forst ist für eine Gemeinde von wesentlicher Bedeutung. Über 90 Prozent der Waldfläche im Kanton Graubünden ge­ hört den Gemeinden. Holz ist beinahe die einzige Ressource, welche die Gemeinden direkt für den Markt produzieren. Während vieler Jahrzehnte korrelierte die Waldfläche mit der Finanzlage der Gemeinde. Wald be­ deutete Reichtum. In jüngerer Vergangen­ heit hat sich gezeigt, dass eine rationelle Bewältigung der Waldarbeiten zusehends an Bedeutung gewann, um nicht zur Belas­ tung zu werden. Im Regierungsprogramm 2013 – 2016 stellte die Förderung einer wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstruktur in der Waldwirtschaft einen Entwicklungs­

schwerpunkt dar. Anfang 2013 trat das re­ vidierte kantonale Waldgesetz in Kraft, welches die Voraussetzungen schuf, damit grössere Forstreviere, Bewirtschaftungs­ gemeinschaften sowie Massnahmen zur Verbesserung der Bewirtschaftungsbedin­ gungen unterstützt und gefördert werden können. Die während Jahrzehnten statische Einteilung in Forstreviere erfuhr in jüngster Zeit eine Dynamik: Betrug die Anzahl Forstreviere im Jahr 2012 noch 107, reduzierte sie sich auf 68 auf das Jahr 2016. Hintergrund bildeten die Gemeindefusionen und die Zusammenschlüsse von Forstbetrieben. Ebenso eindrücklich ist die Entwicklung der

Gemeindereform in Graubünden Gr

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Stand Juli 2017

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Amt für Gemeinden

Stand der Gemeindereform in Graubünden im Juli 2017. (Bild: zVg. AfG) 10

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Anzahl Gemeinden: Seit dem Jahr 2008 sind 31 Fusionsprojekte vom jeweiligen Souverän teilweise mit überaus deutlichen Mehrheiten angenommen worden. Die Anzahl Gemeinden sank von damals 203 auf noch aktuell 112 (Stand 1. 1. 2017). In unserem Kanton finden seit einigen Jahren intensive Auseinandersetzungen über die bestehenden und künftigen staatlichen Strukturen statt. Auf der politischen Ebene wurden im Februar 2011 durch Regierung und Parlament klare strategische Weichenstellungen vorgenommen: Mittelfristig, d. h. bis im Jahr 2020, soll es in unserem Kanton zwischen 50 und 100 Gemeinden geben, längerfristig unter 50. Daraus ist ersichtlich, dass das kantonale Handeln auf dieses strategische Ziel auszurichten ist. Ziel der kantonalen Reformbestrebungen ist die Stärkung des Föderalismus durch autonome Gemeinden. Nur dadurch ist es möglich, einer schleichenden Zentralisierung entgegenzuwirken. Die nationale Denkfabrik Avenir Suisse fand in ihrer jüngsten Studie «Strukturwandel im Schweizer Berggebiet» dazu deutliche und lobende Worte für unseren Kanton. Damit der wirtschaftliche Strukturwandel gemeistert werden könne, brauche es die Bündelung der Kräfte und die Überwindung kleinteiliger Strukturen. Und hier schliesst sich der Kreis: Aus Sicht des Kantons sollte eine optimale Gemeinde elementare Aufgaben wie die Gemeindeverwaltung, die Volksschule, die Feuerwehr oder den Forst-/Werkbetrieb selbstständig,

d. h. möglichst ohne interkommunale Zusammenarbeit (IKZ), erfüllen können. Jede Form der IKZ schränkt nämlich die Autonomie der einzelnen Gemeinde ein. Neben der Tatsache, dass dadurch ein beträchtlicher Teil der finanziellen Mittel zweckgebunden ist, entziehen sich in der Regel die politischen und strategischen Entscheide weit­ gehend der Gemeindeführung und dem Stimmvolk. Die Gemeindezusammenschlüsse ziehen, wie oben gesehen, die Reduktion von Forstrevieren und den Zusammenschluss von Forstbetrieben nach sich. Das Wünschbare ist jedoch manchmal dem politisch Machbaren unterzuordnen. So werden auch unabhängig von Gemeinde­ fusionen Reorganisationen der Forstbetriebe angestrebt. Hier ist unbedingt auf mög­ liche und sinnvolle Entwicklungen bei künftigen Gemeindefusionen zu achten. Starke, d. h. autonome Gemeinden können nur dann entstehen, wenn möglichst alle Sektoralpolitiken aufeinander abgestimmt dieselben Ziele unterstützen.

Thomas Kollegger Leiter Amt für Gemeinden Grabenstrasse 1, CH - 7001 Chur thomas.kollegger @ afg.gr.ch

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Strukturanpassungen – ohne Hast und professionell Sabine Leisinger, Leiterin des Bereichs zentrale Dienste beim Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden, richtete für den «Bündner Wald» drei Fragen an den Kantonsförster Reto Hefti: Sabine Leisinger: Wie ist die grund­sätzliche Haltung des Amtsleiters gegenüber den Strukturanpassungen in den Forstbetrieben? Reto Hefti: Die Kantone haben die gesetzliche Pflicht, das Ihre für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung beizutragen und dazu gehört – neben der ökologischen und sozialen – auch die ökonomische Nachhaltigkeit. Beim Vollzug dieses Gesetzesauftrags sind die Kantone deshalb darauf angewiesen, dass auf der Fläche genügend, aber vor allem auch leistungsfähige Bewirtschafter vorhanden sind. Sie haben somit ein legitimes Interesse an einer ökonomisch nachhaltigen Waldwirtschaft bzw. an Bewirtschaftern, die ihren Wald langfristig profitabel bewirtschaften können. Die Hauptaufgabe der Kantone ist dabei die Schaffung von guten Rahmenbedingungen und mit eingeschlossen die betrieblichen Strukturen. Unser Grosser Rat hat zum Thema der «Gebietsreform» klar entschieden, dass das Bottom-up-Prinzip angewendet werden soll. Die Gemeinden besitzen im Bereich Strukturanpassungen den Lead, werden aber vom Kanton intensiv unterstützt. In Graubünden gehört der Wald zu über 85 % den politischen Gemeinden. Die Strukturen der Forstbetriebe sind so eng mit den strukturellen Veränderungen bzw. Prozessen in den Gemeinden verbunden. Es können nicht nur grosse Betriebe wirtschaftlich produzieren. Forstbetriebe müssen entsprechend ihrer Aufgaben organisiert und mit Ressourcen ausgestattet sein.

Reto Hefti, Bündner Kantonsförster.

Die Anforderungen an die Bündner Forstbetriebe sind gestiegen. Es ist nicht nur die durchschnittliche grössere Führungsspanne und der administrative Aufwand, auch neuen Aufgaben (Bsp. Schutz vor Naturgefahren) und den gestiegenen Ansprüchen der Gesellschaft (Bsp. Erholung und Biodiversität) müssen die Betriebe gerecht werden. In nicht immer einfachen Reorganisationsprozessen mit Offenheit und Innovation für die Betriebe individuell richtige Lösungen zu suchen, ist deshalb Herausforderung und Ziel zugleich. Bündner Wald 5/2017 13

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Mit der Wahl und Umsetzung von neuen Strukturen ist es aber nicht getan. Grund­ sätzlich haben heute alle Organisationen – auch die Verwaltung – ihre Strukturen perio­disch zu überprüfen und jeweils den geänderten Bedürfnissen anzupassen. Welches ist die Rolle des AWN bzw. seiner Mitarbeiter bei Reorganisationen? Durch unsere dezentrale Organisation ei­ nerseits und durch unsere fachliche Spezia­ lisierung anderseits sind wir in der Lage, strukturelle Prozesse in ihren Ansätzen zu erfassen und zu begleiten. Wir haben Re­ gionalleiter mit ihren regionalen Spezialis­ ten für Forstbetriebe und die Fachkompe­ tenz der Zentrale. Unsere Aufgabe ist es, zu

helfen, wo es sinnvoll und unsere Aufgabe ist. Wir verfügen mittlerweile über einen gut assortierten Werkzeugkasten, der Hilfe zur Selbsthilfe leisten soll. Wichtig ist es aber auch beispielsweise nach erfolgten Fusionen bzw. Strukturanpassun­ gen die Betriebe weiter zu betreuen. Nach dem Vollzug des Entscheids bezüglich der Anpassung von Strukturen tauchen viele grosse und kleine Fragen in der Umsetzung auf. Hier fehlen in den Forstbetrieben viel­ fach die Zeit und meist auch die Fachkom­ petenz. Da müssen wir einspringen, sei es durch die Vermittlung von Hilfe – wir haben dazu ja der SELVA ein mehrjähriges Bera­ tungsmandat gegeben – oder durch direkte Hilfeleistung.

Der Einsatz geeigneter Maschinen erhöht nicht nur die Produktivität, sondern auch die Arbeitssicherheit bei der Holzernte. (Bilder: zVg AWN) 14

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Der fachlichen Weiterbildung der Betriebsleiter kommt eine grosse Bedeutung zu. Einige müssen auf ihre neuen, verantwortungsvolleren Aufgaben besser vorbereitet werden. Wir sind diesbezüglich auf ein zeitnahes und fachlich versiertes Angebot des Bildungszentrums Wald in Maienfeld angewiesen, das sich bereits in den Startlöchern befindet. Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Seit ich vor über 33 Jahren in den kantonalen Forstdienst eingetreten bin, hat mich die ökonomische Komponente der Tätigkeit im Wald stark beschäftigt. Mit Beginn der 80er-Jahre wurde der Wald zunehmend zur Hypothek – im ökonomischen Sinne –, die mit öffentlichen Mittel bedient werden musste. Dabei galt und gilt immer noch sicherzustellen, dass jeder Franken Steuergeld möglichst effizient eingesetzt wird. Ich erinnere mich, wie die Regierung 1985 die Unterstützung der BAR durch den Kanton, vertreten durch das damalige Forstinspektorat, genehmigte. Zu wenige nutzten das sehr gute Instrument! Der Blick in den Spiegel war vielleicht zu schmerzvoll oder der Glaube an die eigenen Möglichkeiten, die betriebliche Situation zu verbessern, zu klein. Immer, wenn sich der Kanton in kommunale Prozesse einmischt, ist die Wirkung der Massnahmen zu kontrollieren und muss bei Bedarf auch dokumentiert werden. Ich möchte sicher sein, dass unser Einsatz an Geld und Zeit richtig ist und am richtigen Ort wirkt. Das kantonale Testnetz – das Betriebswirtschaftliche Controlling-Netz (BCN) –, basierend auf dem Schweizer Netz (TBN), wird uns in den nächsten Jahren Antworten auf die wichtigsten Fragen dazu geben. Es ist eine Realität, dass sich die kommunalen Betriebe – zu denen der jeweilige Forst-

betrieb auch gehört – in den grossen Gemeinden des Gebirgskantons Graubünden nach den aktuellen, diversen Bedürfnissen organisieren und nicht nach den spezifisch forstlichen. Das bedeutet, dass der Forstbetrieb dann vielfach Teil einer grossen Organisation wird. Wir sprechen dann von gemischten Betrieben. Ich betrachte die damit verbundene Diversifikation des Personals nicht als Risiko, sondern als Chance. Wir werden immer hoch qualifizierte Forstwarte brauchen, die – eingebettet in leistungsfähige und vielseitige Organisationen – ihr grosses Potenzial einsetzen können, je nach ihren persönlichen Fähigkeiten. Ich wünsche mir, dass der zurzeit laufende Prozess der Strukturanpassungen genauso fortgesetzt wird: ohne Hast, professionell und mit den Mitarbeitern im Fokus!

Sabine Leisinger Amt für Wald und Naturgefahren GR

Loestrasse 14, CH-7000 Chur sabine.leisinger @ awn.gr.ch Bündner Wald 5/2017 15

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Förderung optimaler Betriebsstrukturen und -prozesse Der Bund fördert seit 2008 im Rahmen der NFA-Programmvereinbarung «Waldwirtschaft» die Verbesserung der Betriebsstrukturen. In den ersten beiden NFA-Perioden (2008 – 11 und 2012 – 15) konnten dabei ausschliesslich betriebliche Zusammenarbeitsformen, welche eine Mindestmenge an genutztem Holz aufweisen mussten (10 0000 m3 in der ersten NFA-Periode, 5000 m3 in der zweiten NFA-Periode), unterstützt werden. In den letzten acht Jahren wurden 19 Betriebsfusionen erfolgreich abgeschlossen. Sechs Projekte scheiterten im politischen Prozess. Mit der neuen Programmvereinbarung 2016 – 19 haben die Kantone wesentlich mehr Spielraum erhalten. Der Bund gab grundsätzlich nur die Optimierung der Bewirtschaftungsstrukturen und -prozesse als Ziel vor. Die Kantone können im Grundsatz selber wählen, welche Strategien und Massnahmen sie ergreifen wollen, um dieses Ziel zu erreichen. Voraussetzung ist, dass die Massnahmen in ein Konzept eingebettet sind. Das AWN hat, nachdem die Vorgaben des Bundes klar waren, umgehend mit der Erarbeitung eines Konzepts begonnen. An der Ausarbeitung waren Betriebsleiter, die SELVA und die Betriebsspezialisten des AWN beteiligt. Die aus dem Konzept abgeleiteten Projektvorschriften «Optimale Betriebsstrukturen und -prozesse» wurden auf den 1. Mai 2016 in Kraft gesetzt. Der Kanton Graubünden war einer der ersten mit einem vom Bund anerkannten Konzept. Die Rahmenbedingungen Im Kanton Graubünden sind die Forstbetriebe grösstenteils den Gemeinden oder gemeindeübergreifenden Revierverbänden angegliedert. Die Forstbetriebe im Kanton sind – was Grösse, Einsatz von eigenem Per-

sonal, finanziellen Spielraum und Organisationsform betrifft – sehr heterogen. Wie ein Forstbetrieb aussieht, ist oft weniger durch wirtschaftliche Rahmenbedingungen bestimmt, sondern eher von der politischen Situation in der Gemeinde resp. den Revierträgerschaften abhängig. Die strategische Führung durch die Waldeigentümer ist nicht sehr ausgeprägt. Die Leitung der Betriebe liegt zu fast 100 % bei Revierförstern. Einzelne grössere Betriebe werden durch Forstingenieure FH geführt. Die Mehrzahl der Betriebe sind kombinierte Forst-/Werkbetriebe, reine Forstbetriebe gibt es nur wenige. Das betriebswirtschaftliche Verhalten ist stark budgetorientiert. Eine Betriebsbuchhaltung wird von etwas mehr als 50 % der Betriebe geführt. Dank den Betriebsfusionen steigt der Anteil leicht. Sehr unterschiedlich ist auch der Unternehmereinsatz, welcher zwischen 0 % und 100 % liegt. Im Durchschnitt aller Betriebe entspricht der Kostenanteil der Unternehmerleistungen in der zweiten Produktionsstufe den angestrebten 60 %. Die betriebliche Zusammenarbeit wird stark durch gemeindepolitische Entscheide gesteuert. Betriebswirtschaftliche Gründe werden mitberücksichtigt, sie sind aber nicht unbedingt der Auslöser. Fusionen und Reorganisationen gelingen nur, wenn die politischen Entscheidungsträger in der Gemeinde und die Bevölkerung hinter dem Vorhaben stehen. Um Reorganisationen auch betriebswirtschaftlich erfolgreich abzuschliessen, müssen neben den politischen Aspekten auch die betriebswirtschaftlichen entsprechend berücksichtigt werden. Der Betriebsleiter ist die wichtigste Person, wenn es um betriebswirtschaftliche Entscheidungen im Betrieb geht. Er muss dementsprechend für solche Aufgaben sensibilisiert sein und muss betriebswirtschaftlich

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gut ausgebildet und auf dem aktuellen Stand des Wissens gehalten werden. Forstbetriebsleiter sind aber in der Regel Generalisten. Auch mit einer guten Ausbildung und regelmässiger Weiterbildung können nicht immer alle betriebswirtschaftlichen Fragen einfach gelöst werden. Für solche wäre eine spezialisierte Anlaufstelle sinnvoll, an welcher sich die Betriebsleiter rasch und unkompliziert Hilfe holen könnten. Das betriebswirtschaftliche Controlling in den Betrieben ist verbesserungsfähig. Dabei sollten die Betriebe nicht nur zur Führung einer Betriebsbuchhaltung motiviert werden, sondern auch darin, diese entsprechend auszuwerten und die Ergebnisse laufend in die Betriebsführung umzusetzen. Auf Ebene Kanton muss die Wirkung der getroffenen (strategischen) Massnahmen ebenfalls überprüft werden können, um rechtzeitig allfällig notwendige Korrekturen anzubringen. Die Instrumente dafür sind vorhanden. Bei allem Optimierungspotenzial muss aber stets auch berücksichtigt werden, dass es neben den wirtschaftlichen Faktoren auch noch waldbauliche und insbesondere soziale Aspekte zu berücksichtigen gilt. Insbesondere die Erhaltung von dezentralen Arbeitsplätzen ist im Kanton Graubünden ein wichtiges übergeordnetes politisches Ziel. Das Konzept Der eingesetzten Arbeitsgruppe war rasch klar, dass betriebswirtschaftliche Verbesserungen nicht nur mit der Schaffung von Grossbetrieben erreicht werden können, sondern dass eine Kombination von verschiedenen Fördermassnahmen erforderlich ist. Das Bündner Förderungskonzept basiert auf folgenden fünf Säulen: – den Betriebsfusionen/-kooperationen

–d er Verbesserung innerbetrieblicher Prozesse – der Verbesserung der betriebswirtschaft­ lichen Kenntnisse der Betriebsleiter – einer betriebswirtschaftlichen Beratung – einem betriebswirtschaftlichen Controlling Alle fünf Säulen beruhen auf einer Hilfe zur Selbsthilfe. Das AWN hat nicht die Absicht, den Betrieben etwas vorzuschreiben und sich in operative Entscheide einzumischen. Ziel ist es, die Waldeigentümer in ihren Bemühungen, die betriebswirtschaftliche Situation zu verbessern, zu unterstützen. Betriebsfusionen oder -kooperationen Betriebsfusionen oder Betriebskooperationen sind eine sehr wirkungsvolle Massnahme zur Verbesserung der Betriebsstrukturen und sie werden dementsprechend weiterhin unterstützt. Es ist jedoch anzunehmen, dass

Zusammenarbeit lohnt sich im Kleinen, aber auch im Grossen. (Bild: Felix Voneschen, AWN) Bündner Wald 5/2017 17

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ihre Zahl in den nächsten Jahren eher zurückgehen wird. Im Zentrum der Unterstützung steht die Beratung durch einen neutralen, speziell für diese Aufgabe durch das AWN angestellten anerkannten Betriebsleiter mit grosser praktischer Erfahrung. Die Forstbetriebe können sich während des gesamten Prozesses betreuen lassen. Die Beratung beginnt oft bevor der offizielle Prozess startet, denn Waldeigentümer und Betriebsleiter wollen sich beispielsweise über den Ablauf einer Fusion/ Zusammenarbeit, dessen Wirkung oder über die bisherigen Erfahrungen informieren. Die Aufgaben des Betreuers sind in jedem Projekt wieder etwas unterschiedlich. In der Regel wirkt der Betreuer im Prozess aber als Moderator, liefert unzählige Informationen, unterbreitet Lösungsansätze und schaut, dass der rote Faden nicht verloren geht. Er führt sehr viele Gespräche mit den Beteiligten, sei es im Team oder individuell. Es ist aber nicht seine Aufgabe, den Betrieb selber zu analysieren, fixfertige Lösungen zu erarbeiten und Entscheidungen zu treffen.

Prozesse müssen laufend überprüft und den sich ändernden Rahmenbedingungen angepasst werden. (Bildmontage: I. Scherrer, AWN)

Mit dem Start des neuen Betriebs ist die Beratungsfunktion aber nicht zu Ende. Der neue Betrieb ist in der Regel grösser, hat komplexere Führungsstrukturen und mehr Personal. Die Anforderungen an die Betriebsführung steigen. In den ersten Jahren nach der Fusion sind deshalb viele Betriebsleiter froh, wenn sie sich bei Bedarf weiterhin an einen Coach wenden können, den sie bereits aus dem Fusionsprozess kennen. Die Leistungen des Beraters werden den Forstbetrieben bewusst nicht gratis zur Verfügung gestellt. Den Betrieben müssen sie etwas wert sein. Neben der Beratung erhalten die Betriebe einen finanziellen Beitrag an das Fusionsprojekt. Dieser ist auf die Grösse des Zusammenschlusses abgestuft und die Auszahlung ist von der Erreichung der im Voraus festgelegten Ziele abhängig. Wichtig ist aber, dass die erste Tranche ausbezahlt wird, auch wenn das Projekt scheitern sollte. Der finanzielle Beitrag dient dazu, dass sich die Betriebe externe Hilfe leisten können, wie z. B. für die Analyse des Betriebs, die Redaktion des Geschäftsplans oder weitere Arbeiten, welche der Betrieb aus Zeitgründen nicht selber ausführen kann. Verbesserung innerbetrieblicher Prozesse Betriebswirtschaftliche Fragen sollten nicht nur während Fusionsprozessen gestellt werden, sondern sind Teil einer modernen Betriebsführung. Ein grosses Verbesserungspotenzial liegt also darin, in bestehenden Betrieben die innerbetrieblichen Prozesse periodisch zu analysieren und bei Bedarf zu optimieren. Dieser Bereich wird tendenziell an Bedeutung gewinnen. Voraussetzung für eine Unterstützung ist, dass die Betriebsprozesse optimiert und/ oder das betriebswirtschaftliche Ergebnis

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verbessert wird. Eine für den Kanton Grau­ bünden wichtige Voraussetzung ist, dass die Reorganisation nicht zu einer Trennung der hoheitlichen und betrieblichen Aufgaben führen darf. Die Unterstützung wird in Form eines finan­ ziellen Beitrags geleistet. Dieser orientiert sich an den ausgewiesenen Projektkosten. Auch hier werden die Beiträge in Abhängig­ keit der Zielerreichung ausbezahlt. Betriebswirtschaftliche Beratung Für viele forstliche Bereiche gibt es unter­ dessen Fachstellen, an welche sich die Pra­ xis mit konkreten Anliegen wenden kann, so z. B. die Fachstelle Gebirgswaldpflege für waldbauliche Fragen oder die Fachstelle für forstliche Bautechnik (FOBATEC). Im be­ triebswirtschaftlichen Bereich ist etwas Ähnliches noch nicht vorhanden. Die Be­ triebsleiter müssen sich selber zu helfen wis­ sen und die kompetenten Auskunftsperso­ nen selber suchen. Mit der Schaffung einer zentralen Anlaufstelle für betriebswirt­ schaftliche Beratung wird dieses Manko behoben. Die Beratung ist für alle Füh­ rungspersonen des Forstbetriebs zugäng­ lich, also nicht nur für Forstbetriebsleiter, sondern z. B. auch für die Waldfachchefs der Gemeinden. Die Beratungsstelle wurde bewusst nicht dem AWN angegliedert, sondern wird mit einem Leistungsauftrag durch den Verband der Waldeigentümer Graubündens SELVA betrieben. Vom AWN wurden folgende Rahmenbedingungen vorgegeben: 1. D ie Beratung ist auf betriebs­ wirtschaftlich relevante Führungs­ prozesse beschränkt. 2. Es muss eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet werden, welche rasch eine erste Auskunft geben kann.

Diese Beratung muss für den Nutzniesser kostenlos sein. 3. Bei Bedarf muss ein Netzwerk von Spezialisten zur Verfügung stehen, welche innerhalb von einigen Tagen die Anfrage bearbeiten können. Für diese Leistung werden 50 % der Kosten entschädigt. 4. Die Erarbeitung von fertigen Lösungen ist nicht Teil des Beratungsauftrags. 5. Die Beratung im Rahmen von Fusionsund Kooperationsprojekten und bei der Verbesserung der innerbetrieblichen Prozesse erfolgt durch den Berater des AWN und nicht über die Beratungs­ stelle der SELVA. Im Rahmen des Leistungsauftrags ist es nun Aufgabe der SELVA, die Beratungsstelle be­ kannt zu machen und ihr zum Erfolg zu ver­ helfen. Betriebswirtschaftliche Weiterbildung Die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse der Betriebsleiter sind zu verbessern und die Sensibilität für betriebswirtschaftliche Fra­ gen ist zu fördern. Für die betriebswirt­ schaftliche Ausbildung sind die Försterschu­ len und die Fachhochschule verantwortlich. Die Weiterbildung muss aber aktiv gefördert werden. Im Rahmen der Programmverein­ barungen werden Weiterbildungskurse der Betriebsleiter finanziell unterstützt. Notwen­ dig ist aber auch ein bedarfsgerechtes Ange­ bot an Weiterbildungskursen. Das Bildungs­ zentrum Wald hat zusammen mit einer Gruppe Betriebsleiter aus verschiedenen Ge­ birgskantonen ein Konzept für ein Weiterbil­ dungsprogramm im betriebswirtschaftlichen Bereich erarbeitet, welches in den nächsten Jahren umgesetzt werden sollte. Für die Betriebsleiter ist es zudem entschei­ dend, dass der Betrieb die notwendige Zeit Bündner Wald 5/2017 19

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für Weiterbildungen zur Verfügung stellen kann. Für dieses Problem konnte im Rahmen der Programmvereinbarung noch keine Lösung gefunden werden. Es ist aber unbestritten, dass in grösseren Betrieben die Stellvertretungen besser geregelt werden können und somit Absenzen für Weiterbildungen besser bewältigt werden können. Betriebswirtschaftliches Controlling Controlling im Sinne von Steuern des Betriebs ist eine der zentralen Aufgaben der Betriebsführung. Ein solches Controlling ist in den Forstbetrieben noch nicht sehr verbreitet. Mit der ForstBAR würde ein geeignetes Instrument zur Verfügung stehen, welches viele für das Controlling notwendige Informationen liefern würde. Das AWN hat viele Jahre lang die ForstBAR in den Forstbetrieben aktiv gefördert, sei es finanzieller Art oder mit Dienstleistungen. Die Wiederaufnahme einer direkten Unterstützung wurde durch die Arbeitsgruppe, welche das Konzept erarbeitet hat, verworfen. Die Betriebe sollen selber entscheiden, ob, in welcher Art und Weise und mit welchen Instrumenten sie ein betriebliches Controlling aufbauen möchten. Fusionierte oder reorganisierte Betriebe, welche Leistungen aus der Programmvereinbarung bezogen haben, sind verpflichtet, während vier Jahren eine Betriebsbuchhaltung zu führen. Das AWN selber steht in der Verantwortung, erstens die getroffenen Fördermassnahmen auf ihre Wirkung periodisch zu kontrollieren und zweitens, die betriebswirtschaftliche Entwicklung der Forstbetriebe laufend zu überprüfen. Dies erfolgt mit dem Aufbau eines kantonalen Netzes an Testbetrieben, welche ihre (anonymisierten) betrieblichen Daten aus der ForstBAR für kantonale Auswertungen zur Verfügung stellen. Weitere Details zum betrieblichen

Controlling-Netz Graubünden (BCN-GR) finden sich im Artikel von Dominic Schilling in der vorliegenden Ausgabe des «Bündner Walds». Fazit und Ausblick Das Programm «Optimale Betriebsstrukturen und -prozesse» läuft nun seit mehr als einem Jahr. Das Angebot des AWN wird – mit Ausnahme der Betriebsfusionen resp. -kooperationen – noch nicht so stark nachgefragt, wie das AWN es erwartet hat. Ob es am Angebot liegt oder ob die betriebswirtschaftliche Situation der Forstbetriebe es nicht nötig macht, die Angebote zu nutzen, ist nach einem Jahr schwierig zu beurteilen. Spätestens vor der nächsten NFAVereinbarung mit dem Bund muss jedoch eine Bilanz gezogen werden. Ein nachhaltiges Handeln ist seit mehr als 300 Jahren die zentrale forstliche Norm. Dem AWN ist es ein grosses Anliegen, dass neben den ökologischen und sozialen Aspekten auch der ökonomische Teil der nachhaltigen Waldbewirtschaftung ernst genommen wird. Es wird sich deshalb weiterhin bemühen, die wirtschaftliche Situation der Forstbetriebe zu verbessern. Vom Bund wird erwartet, dass es das Programm «Optimale Betriebsstrukturen und -prozesse» über 2019 hinaus weiterführt und dass es ermöglicht, die Fördermassnahmen den jeweiligen kantonalen Gegebenheiten anzupassen.

Riet Gordon Amt für Wald und Naturgefahren Loestrasse 14, CH-7000 Chur riet.gordon @ awn.gr.ch

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Erfahrungsbericht aus neuen Forstbetriebsreorganisationen In den letzten Jahren mussten sich verschiedene Forstbetriebe der grossen Herausforderung einer Reorganisation stellen. Verbesserte Betriebsstrukturen, Diversifizierung der Aufgabenbereiche, Maschinengemeinschaften und viele weitere innovative Lösungen sollen die Forstbetriebe wieder stärken. Bis in rund zwei Jahren wird die grösste Welle der Umstrukturierungen der Forstbetriebe im Kanton Graubünden vorbei sein – ein guter Moment, um als Forstbetriebsberater des AWN einen Rückblick zu wagen. Ein Reorganisationsprozess ist meist komplex und begleitet von grossen Erwartungen und Vorstellungen der involvierten Parteien wie Betriebspersonal, Behörden und Politiker. Dabei stellen sich viele offene Fragen. Was sind bei einer Umstrukturierung die wichtigsten Punkte? Wo lauern die grössten Gefahren, welche den Prozess negativ beeinflussen? Wen soll man informieren? Dieser Erfahrungsbericht gibt Einblick hinter die Kulissen von Reorganisationsprozessen und soll in Kürze aufzeigen, was eine Fusion von zwei oder mehreren Forstbetrieben bedeutet, wie man den Prozess angeht und welche Fettnäpfchen am besten auszulassen sind. Vorgehensstrategie Meine Erfahrungen als Berater aus den zahlreichen begleiteten Reorganisationen haben gezeigt, dass es nicht nur eine Einzige und die Reorganisationslösung gibt. Die Strukturen und Betriebsformen der Forstbetriebe in Graubünden sind so unterschiedlich gegliedert, dass jede einzelne Kooperation als eigenes Projekt angegangen und bearbeitet werden muss. Bei aller Ungleichheit der Organisationsformen von Forstbetrieben im Kanton Graubünden, so gibt es doch allgemeingültige

wichtige Eckpfeiler, welche eine Erfolg versprechende Reorganisation stützen und die zuerst zu klären sind. Um welchen Reorganisations­prozess geht es? Steht eine Analyse eines Einzelbetriebs bevor oder allgemein eine betriebsinterne Umstrukturierung? Sind aufgrund der Eigeninitiative von Forstbetrieben oder durch politische Entscheide die Herausforderungen von Betriebsfusionen oder -kooperationen anzunehmen? Ist die Reorganisation durch die Fusion mehrerer Gemeinden ausgelöst worden? Welche Betriebs- und Rechtsform wird gewählt? Im Falle von Betriebsfusionen oder -kooperationen zweier oder mehrerer Betriebe muss sich die Projektgruppe zuerst der Frage der anzusteuernden Betriebs- und Rechtsform stellen. Aus den verschiedenen Varianten wie Überbetriebliche Zusammenarbeit, ein Kopfbetrieb mit Kooperationsvertrag oder ein Zweckverband (Gemeindeverbände) wird oft die öffentlich-rechtliche Anstalt gewählt. Die weitere Möglichkeit der Aktiengesellschaft (AG) ist im Kanton Graubünden im Forstbereich wenig vertreten da 85 % der Waldeigentümer im Kanton Graubünden Gemeinden sind. Was ist eine ideale Betriebsgrösse? Die Bündner Forstbetriebe sind unterschiedlich strukturiert. Es gibt reine Forstbetriebe, gemischte Forst-Werk-Betriebe, Betriebe mit ständiger Forstgruppe und Betriebe, die ausschliesslich mit Forstunternehmungen arbeiten. Dies macht es schwierig, von einer idealen Normgrösse zu sprechen. Je nach Gegebenheiten können auch kleinere BeBündner Wald 5/2017 21

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Gemeinde

Waldfläche ha

Hiebsatz Tfm gemäss LV

Förster (Total Stellenprozente)

Ilanz/Glion

5702

13 332

3 (300 %)

–R einer Forstbetrieb – Betreuung der Gemeinden Andiast/ Waltensburg

Scuol

8199

13 156

3 (280 %)

– F orstbetrieb mit diversen Aufgaben im Werk- und

Funktionen

Tourismusbereich leine Sägerei –K Surses

5226

14 564

3 (300 %)

– F orstbetrieb mit diversen Aufgaben im Werk- und Tourismusbereich – Sägereibetrieb

triebseinheiten sehr produktiv und wirtschaftlich produzieren. Gemischte Betriebe kommen in Graubünden oft vor, da der Besitz von Wald, Werk und Liegenschaften bei der politischen Gemeinde liegt und diese eine Lösung mit einem Betrieb wünscht. Dennoch können anhand von drei Beispielen mögliche ideale Betriebsgrössen aufgezeigt werden. Die drei neuen Reviere sind durch die Gemeindefusionen Ilanz/Glion, Scuol und Surses entstanden. Vorbehalte und Ängste Mit den Begriffen Umstrukturierung, Reorganisation oder Fusion gehen beim betroffenen Personal meist Ängste, Unsicherheit und Ungewissheit einher. Insbesondere Gedanken zu Personalkürzungen stehen dabei im Zentrum. In den Randregionen des Kantons wurde der Projektkommission vermehrt als Ziel vorgegeben, keine Personalentlassungen vorzunehmen. Angesichts der Tatsache, dass Personalkosten einen grossen Teil des Gesamtbudgets ausmachen und grundsätzlich bei Umstrukturierungen Kosten eingespart werden sollen, ist dies meist ein kleines Kunstwerk.

Mit der Diversifikationsstrategie konnte dieser Wunsch jedoch öfters erfüllt werden. So wurden beispielsweise den Förstern ergänzend zu ihren hoheitlichen Aufgaben die Betriebsleitung des neuen Betriebs oder kommunale Projekte und Spezialaufgaben übertragen. Forstwarte konnten ganz oder teilweise in den Bereichen Werk und Tourismus eingesetzt werden und älteren Forstmitarbeitenden konnten körperlich leichtere Arbeiten angeboten werden. So zeigt sich bei den meisten Betrieben die Tendenz der Stundenverschiebung von der Waldwirtschaft in die Dienstleistungen. Die Betriebsfinanzen des Forstbereichs haben weniger Gewicht und können in schwierigeren Zeiten durch andere Bereiche aufgefangen oder mindestens abgefedert werden. Nicht nur der Arbeitsinhalt ist von wesentlicher Bedeutung, um motiviertes Betriebspersonal während und auch nach der Reorganisation stellen zu können. Es ist ebenso wichtig, die Mitarbeitenden frühzeitig über die geplanten Veränderungen und den Stand des Prozesses immer wieder zu informieren. So kann verhindert werden, dass Gerüchte und Unwahrheiten eine Plattform

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Mobilseilkran des Rinch da machinas intercumünal (RMI) im Unterengadin. (Biald: zVg AWN)

bekommen und die Arbeitsstimmung bereits sinkt, bevor der Prozess beendet ist. Regelmässige Informationen wirken beruhigend und zeigen den Mitarbeitenden, dass sie berücksichtigt werden. Innovation und Offenheit für Neues Ein innovativer Geist und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, sind bei allen Arten von Reorganisationsprozessen gefragt. Ein gutes Beispiel für eine mögliche Zusammenarbeit und für ein kostensenkendes Budget sind Maschinengemeinschaften, wie das folgende Beispiel zeigt: Rinch da maschinas intercumünal (RMI) Engiadina Bassa Erfreulicherweise entstand aus den zwei neu reorganisierten Forstbetrieben Scuol und Zernez eine Forstmaschinengemein-

schaft. Diese beiden Betriebe haben sich unter dem Namen einer selbstständig öffentlich-rechtlichen Anstalt zusammengeschlossen, um künftig sämtliche grösseren Maschinenanschaffungen gemeinsam zu tätigen. Die Spezialmaschinen können so zweckmässiger eingesetzt und optimaler ausgelastet werden. Zudem werden bei Neuanschaffungen die Kosten auf beide Betriebe aufgeteilt. Dies wiederum ermöglicht es dem Betrieb, einfacher technisch auf neuestem Stand zu sein und zu bleiben. Damit eine Maschinengemeinschaft wie die RMI Engiadina Bassa gut funktioniert, sind sorgfältig durchdachte Einsatzpläne mit Überlegungen, wann welche Arbeit ausgeführt und welche Maschinen dazu ver­ wendet werden, sowie eine Vereinbarung zwischen den beteiligten Betrieben grundlegend. Bündner Wald 5/2017 23

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Allgemeine Erkenntnisse aus Reorganisationen zu beachtende Punkte

häufigste Fehler mit negativen Auswirkungen

Leistungsauftrag und Leitbild

klare fachliche und politische und realistische Vorgaben

zu viele unrealistische Ziele

Planung

– gründliche Analyse – Variantenvergleich – Kompetenzregelung

ngenaue Planung –u und Analyse – kein Variantenvergleich

Hände weg von den KO-Kriterien

– k eine Regelung der Kompetenzen (Betriebslei­ tung, Bereichsleiter)

(Holzverkauf, Budgetver­ fügung, Personalrekrutie­ rung) Geschäftsplan

ist ein Muss! sorgfältig ausarbeiten!

keinen Geschäftsplan erarbeiten

Standortwahl

– l ogistisch eine vernünftige Wahl zum Infrastruktur­ standort (Werkhof, Büro, Recyclingplätze) treffen

– S tandort unter allen Umständen in der eigenen Gemeinde behalten

Personal

– E inbezug der Mitarbei­ tenden in der Startphase – Mitglied der Geschäfts­ leitung sorgfältig

Mitarbeiter werden nicht oder zu spät in den Prozess integriert

überlegen berlegungen zur Wahl –Ü des Betriebs­leiters: Ausbildung, Erfahrung, Alter, Charakter etc. – Stellvertreterregelung

Weiterbildung der Mitarbeitenden bei zusätzlichen und neuen Aufgaben

werden bei gemischtem Werkbetrieb mit zusätzli­ chen anderen Aufgaben – spontane Entscheide – nicht grundsätzlich überlegter Entscheid – über die Wahl des Betriebsleiters sowie die Entscheidung, ob dieser Mitglied der Geschäftslei­ tung ist

bestimmen

Weiterbildung

ersonalabbau kann –P einfacher verhindert

itarbeiter werden –M auf die neuen Aufgaben nicht vorbereitet – Betriebsleiter/Mitarbeiter werden für die neuen Funktionen nicht oder nur teilweise weitergebildet

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Personelles und Kompetenzen Bei Gemeindefusionen mit dem Geschäftsleitungsmodel stellt sich oft die Frage, ob es zwingend und notwendig ist, dass der Bereichsleiter Forst auch Mitglied der kommunalen Geschäftsleitung wird. Aus meiner eigenen Erfahrung ist für mich die Mitgliedschaft in der Geschäftsleitung bei einer Reorganisation nicht matchentscheidend. Als wesentlichen Nachteil sehe ich, dass in den wöchentlichen teils mühsamen und lange andauernden Sitzungen in der Geschäftsleitung vielmals nichts oder nur sehr wenig zum Forstbereich besprochen wird. Diese Zeit könnte im Spezialgebiet Wald wertvoller eingesetzt werden. Viel wichtiger ist, dass der Bereichsleiter Forst eine laufende und klare Kommunikation mit dem Vertreter in der Geschäftsleitung führt. Beide Seiten sollten einander über wichtige laufende Geschäfte sowie über anstehende Entscheide informieren. Im Falle eines wichtigen Geschäfts aus dem Forstbereich wäre zum Beispiel auch denkbar, dass der Bereichsleiter Forst eine GL-Sitzung besucht, in welcher er spezifisch darüber informiert. Diese Entscheidung hängt aber spezifisch von der Organisation und dem zur Verfügung stehenden Personal ab. Zusammenfassend darf festgestellt werden, dass über die vergangenen Jahre die positiven Veränderungen bei Reorganisationen überwogen. Der Förster hat sich vom «Einzelkämpfer» zum Teamplayer gewandelt. Die Verantwortung des Betriebs kann durch die Aufteilung der Bereiche und der Spezialarbeiten auf mehrere Schultern verteilt werden und durch gute Stellvertreterregelungen darf der Förster auch mal an Wochenenden und in den Ferien das Handy abschalten. Die Infrastrukturen (Werkhof, Maschinen und Geräte) konnten bei den meisten Reorganisationen den neuen Gege-

Der Autor in Kürze Heiri Mannhart hat mehrere Reorganisationen selber hautnah miterlebt und begleitet. Seit über vier Jahren steht er den Forstbetrieben und Gemeinden als Berater des AWN zur Verfügung, wenn es darum geht, die Strukturen der Forst­betriebe wieder aufzufrischen, damit der Betrieb längerfristig bestehen kann. Durch seine langjährige Erfahrung als ehemaliger Revierförster und Betriebsleiter des reorganisierten Betriebs Crest Ault in Bonaduz konnte er das breite Fachwissen vertiefen und mit seinem grossen Erfahrungsschatz als Berater und viel Fingerspitzengefühl Reorganisationsprozesse in die richtige Richtung zu lenken.

benheiten angepasst werden. So dürften letztlich nicht nur die Waldbesitzer von den wirtschaftlichen Vorteilen, sondern das Forstpersonal auch von interessanten und vielseitigeren Arbeitsplätzen in neuen, grösseren Strukturen und Betrieben profitieren.

Heiri Mannhart Amt für Wald und Naturgefahren GR

Loestrasse 14, CH-7000 Chur heinrich.mannhart @ awn.gr.ch Bündner Wald 5/2017 25

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Forstliche Betriebsstrukturen aus der Sicht eines Gemeindepräsidenten

Gemeindepräsident Emil Müller bei seiner Ansprache anlässlich der Taufe des neuen Tanklöschfahrzeugs der Gemeinde Zernez. (Bild: zVg Cumün da Zernez)

Die Gemeinde Zernez hat seit 1. Januar 2015 mit den ehemaligen Gemeinden Lavin und Susch fusioniert. Der Mischbetrieb Zernez besteht aus einem Forst- und Infrastruktur- sowie Immobilienbereich. Emil Müller ist der erste Gemeindepräsident der fusionierten Gemeinde Zernez. Er schildert anhand von ein paar Fragen, was hinter einer Gemeindefusion steckt, wo die Stolpersteine liegen, und was er sich vom Kanton wünscht. BüWa: Bund und Kanton unterstützen mit verschiedenen Instrumenten die Optimierung von forstlichen Betriebsstrukturen. Man kann geteilter Meinung sein, ob solche Bestrebungen sinnvoll bzw. Aufgaben des Staats sind. Wie ist Ihre persönliche Meinung dazu? Emil Müller: Ich glaube, es ist sehr sinnvoll, dass man die Betriebe durchleuchtet und reorganisiert. Der Steuerfranken soll schliesslich so effizient wie möglich eingesetzt wer-

den, sei dies auf Bundes-, Kantons- oder Gemeindeebene. Die Unterstützung des Kantons ist aber auch wichtig, da nicht alle Gemeinden dieselben finanziellen Möglichkeiten haben. Eine Fusion ist und bleibt aber eine Herausforderung für alle. Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit der neuen Organisation (z. B. Aufteilung der Arbeiten, Kompetenzregelungen, Verteilung der Verantwortung)? Sind alle zufrieden? Die alten Mitarbeiter in die neue Gemeinde zu integrieren, war sehr schwierig. So mussten wir zuerst alle einzeln einschätzen und analysieren, um uns ein Bild von der Person machen zu können. In einem Gespräch miteinander wurden die gegenseitigen Erwartungen und Ziele besprochen und festgelegt. Vor allem auf Stufe Geschäftsleitung haben wir uns überlegt, welche Aufgaben weiterdelegiert werden können oder an welchen Stellen es einen Vorarbeiter gibt, welBündner Wald 5/2017 27

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cher gerne mehr Verantwortung übernehmen will und belastbar ist. Teilweise passierten hier Fehleinschätzungen; nicht alle hielten dem grösseren Druck stand und nicht alle konnten mit mehr Verantwortung umgehen. Heute ist die Restrukturierung fortgeschritten, aber sicher noch nicht fertig. Richtig fertig wird es auch nie sein. Das Hinterfragen der Strukturen, Aufgabenverteilungen und Arbeitsprozesse gehört immer wieder dazu. Zeitgemässe Anpassungen wird es immer wieder geben. Grundsätzlich sind wir aber heute gut aufgestellt. Was würden sie aufgrund der gemachten Erfahrungen einer Gemeinde empfehlen, welche eine solche Reorganisation noch vor sich hat? Welches sind die neuralgischen Punkte? Da sind zwei Schlagworte wichtig Zeit und Kommunikation! Wenn es möglich ist, muss genug Zeit eingeplant werden. Es ist von Vorteil, möglichst früh mit dem Beurteilen des Personals zu beginnen und sich dabei mit den Fragen «Wer hat welches Entwicklungspotenzial?» und «Wer ist wo einsetzbar?» zu beschäftigen. Ein zweiter Punkt ist dann klar die Kommunikation zur geplanten Fusion mit dem Personal. Die Information sollte nicht zu früh sein, aber wenn diese einmal begonnen hat, dann sollte sehr regelmässig kommuniziert werden. Die Unsicherheit beim Personal wächst schnell, da sich alle fragen, wie es weitergeht. Rückblickend würde ich sagen, dass wir nicht schlecht kommuniziert haben; aber es hätte wohl etwas mehr sein können. Ein Zuviel gibt es hier fast nicht. Seit Anfang dieses Jahres hat die Gemeinde Zernez das Organigramm neu aufgestellt. Dies, eine kurze Zeit nachdem die Reorganisation durch die Gemeindefusion stattge-

funden hat. Was war ausschlaggebend für diesen Wechsel so kurz nach der Fusion? Der Grund für die Reorganisation kurz nach der Fusion war die Fusion selber. Zuerst haben wir mit dem bestehenden Personal die Fusion durchgezogen. Einige Mitarbeitende haben genau die gleiche Arbeit wie vorher und andere haben zum Beispiel neu mehr Verantwortung. Zu diesem Zeitpunkt war ich enorm froh, dass der Leiter des Forstbetriebs Alfred Barbüda «in den sauren Apfel» gebissen hat und die Leitung der Betriebe (Forst, Werkbetrieb/Infrastrukturen, Bauamt/Liegenschaften) übernahm und gleichzeitig weiterhin als Forstbetriebsleiter tätig war. Ich bin ihm sehr dankbar dafür! Es braucht eine erste Zeit der Eingewöhnung, bis sich herauskristallisiert, wo und für was man jemanden braucht. Ich wollte nicht schnell und unüberlegt neue Leute einstellen. Die Situation, dass der Forstbetriebsleiter auch der Leiter aller Betriebe und Mitglied der Geschäftsleitung ist, war nicht optimal. Nun haben wir mit Fadri Guler einen neuen Leiter der Betriebe, der auch Mitglied der Geschäftsleitung ist, jedoch keinen Betrieb führt. Anfang Mai hat er die Verantwortung der Betriebe übernommen. Welche Rolle soll das Amt für Wald und Naturgefahren in einem solchen Prozess einnehmen? Ich war extrem froh, dass wir mit Heiri Mannhart einen externen Berater zur Verfügung hatten, der uns bei der Fusion begleitet und unterstützt hat. Das ist enorm wichtig – sonst klappt es nicht. Die Prozessänderungen zu begründen, ist einfacher, wenn von aussen her argumentiert werden kann. Dies wird eher angenommen und akzeptiert. Denn langjährige Mitarbeitende zu überzeugen und neu zu motivieren, ist

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sonst fast nicht möglich. Heiri Mannhart ist anerkannt und wird akzeptiert, da er durch seine Erfahrungen bei Fusionen und als Betriebsleiter viel Know-how mitbringt. Zudem neigt man selber schnell dazu, betriebsblind zu werden, sich an gewisse Abläufe zu gewöhnen und diese auch als optimal zu beurteilen. Die Arbeit von Heiri Mannhart war deshalb sehr wertvoll. Hätten Sie einen Wunsch frei bezüglich des Netzwerks Bund-Kanton-Betriebe, welcher wäre das? Momentan habe ich aus zwei Gründen keine grossen Wünsche: Wir sind in der glücklichen Lage, ein sehr gutes Netzwerk zu haben. Die Zusammenarbeit mit dem Kanton, vor allem mit den Regionalforstingenieuren, aber auch mit dem Tiefbauamt, ist wichtig. Wir sind sehr zufrieden. Vielleicht könnte ich mir wünschen, dass die Beiträge zum Beispiel im Bereich der Schutzund Jungwaldpflege beibehalten werden. Wir sind eine Gemeinde, die viel Schutzwald hat und ohne diese Unterstützung wäre es nicht möglich, den Wald ange­ messen zu pflegen. Weil der Schutzwald auch Kantonsstrassen, Eisenbahnlinien usw. schützt, ist es richtig und wichtig, dass diese Beiträge beibehalten werden. Ist die Gemeinde Zernez gemäss aktuellem Geschäftsplan auf dem richtigen Weg? Können die gesetzten Ziele erreicht werden? Die übergeordneten Ziele sind geblieben und wir sind auf gutem Wege. Aber natürlich haben wir noch lange nicht all unsere Zielsetzungen erreicht. Wir sind personell am Anschlag. Alle leisten massiv Überstunden und teilweise sind Überlastungssymptome vorhanden – deshalb hatte ich kürzlich eine Krisensitzung. Wir haben beschlossen, uns auf die Arbeiten zu konzentrieren, die

begonnen wurden, und nichts Neues anzureissen. Für den Forstbetrieb ist auch klar, dass dieser nicht unbedingt Gewinn absetzen muss. Jetzt ist der Schwerpunkt auf den Strukturen, und dass diese zum Laufen kommen, auch wenn es etwas kostet. Wie wichtig ist die Öffentlichkeitsarbeit in Zeiten des Umbruchs und wie sieht diese bei euch konkret aus? Ein aktiver Informationsfluss mit den betroffenen Mitarbeitenden sowie mit der Bevölkerung ist enorm wichtig. Um möglichst viele Leute zu erreichen, versuchen wir über verschiedene Kanäle zu informieren – zum Beispiel öffentliches Protokoll der Beschlüsse des Gemeindevorstands. Im Weiteren bin ich zweimal jährlich an Stammtischen mit verschiedenen Gruppen: Tourismusstammtisch, 65+-Stammtisch, Stammtische mit der Jugend, dem Gewerbe und der Landwirtschaft sowie mit Präsidenten aller Vereine. Bei diesen Gelegenheiten wird diskutiert, ausgetauscht und gefragt. Trotz allem ist es nicht möglich, alle Leute zu erreichen. Es gibt immer solche, die nur das herausfiltern, was sie hören möchten. Ich kann mich aber nicht beklagen, sehr vieles ist sehr gut gegangen. Das sieht man an der Jahresrechnung. Beim Budget sind wir mit unseren Einschätzungen richtig gelegen und konnten mit der Jahresrechnung ziemlich genau eine Punktlandung verzeichnen. Das ist ein Zeugnis, welches der Bevölkerung zeigt, dass wir in der Gemeinde gut geplant haben und richtige Einschätzungen und Annahmen getroffen haben. Dies bringt uns Vertrauen – und ich glaube auch, dass dieses schon etwas gestiegen ist. Wurde die Kontinuität im Personal beibehalten oder gab es aufgrund der strukturellen Veränderungen eine grosse Fluktuation? Bündner Wald 5/2017 29

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Gemeindepräsident Emil Müller (3. v. l.) präsentiert den Mitarbeitern der technischen Betriebe Zernez ihren neuen Betriebsleiter Fadri Guler (2. v. l.). (Bild: A.Denoth)

Es gab niemanden, der oder die sich gegen die Fusion auflehnte. Wir hatten nur natürli­ che Fluktuationen wie zum Beispiel Lehr­ linge oder Abgänge aus persönlichen Gründen. Bei den Lehrlingen haben wir be­ schlossen, dass diese nach Ausbildungsab­ schluss eine andere Stelle suchen müssen, damit sie noch etwas anderes kennenlernen als den Lehrbetrieb. Der Begriff Diversifikation löst bei manchen Forstmitarbeitenden eher Angst als Freude aus. Angst, nicht mehr auf dem gelernten Beruf arbeiten zu können und Angst, dass der Forstbereich an Bedeutung und Gewicht verliert – welche Erfahrungen haben sie diesbezüglich gemacht? Für den Förster ist dies vielleicht etwas Neu­ es. Die Mitarbeitenden hier in der Gemein­ de Zernez waren es sich bereits gewohnt, für diverse Arbeiten eingesetzt zu werden (Kunstschneeproduktion, Loipenunterhalt, Wald, Strassen, technischer Unterhalt, Na­

tureisbahn, Kunsteisbahn usw.). Ebenso die Gemeindearbeiter in Susch und Lavin – sie alle waren bereits Allrounder. Die Diversifikation bringt aber auch den Vorteil, dass es die Arbeitsplätze interessant macht. Vor allem für ältere Mitarbeiter, wel­ che 30 Jahre im Forst gearbeitet haben und die körperlich am Anschlag laufen. Sie wer­ den zum Beispiel im Winter für andere Ar­ beiten eingesetzt. So können wir die Leute behalten und sie gesundheitlich etwas scho­ nen. In der Forstgruppe arbeitet man aber immer noch ca. 60 % auf dem Forst und zu rund 40 % in anderen Bereichen. Nebst Gemeindefusionen sind auch andere Arten der Zusammenarbeit möglich, wie dies zum Beispiel die Forstmaschinengemeinschaft RMI zeigt. Welche Erfahrungen konnten dabei gemacht werden? Was sind Vor- bzw. Nachteile einer solchen Gemeinschaft?

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Zuerst muss ich bei dieser Frage vorweg­ nehmen, dass wir keine Konkurrenz zu den Forstunternehmen sind oder sein wollen. Wir wollen als Gemeindebetrieb auf einem zeitgemässen Stand sein, um für die Lehr­ lingsausbildung ein moderner und interes­ santer Arbeitgeber zu sein. So können die Lernenden später gut und auf neuestem Stand der Technik ausgebildet zum Forstun­ ternehmen wechseln. Der klare Vorteil einer Forstmaschinen­ gemeinschaft ist die bessere und effizientere Auslastung der Maschinen. Da wir diversifi­ ziert sind und nicht mehr nur Forstarbeiten machen, müssen wir diese Maschinen auf­ teilen. Teure Maschinen zu kaufen und zu unterhalten, ist so einfacher möglich. Dabei ist die Planung und das Einhalten der Termi­ ne das Wichtigste. Bei einer Schlechtwetter­ periode kann es vorkommen, dass auf einen Schlag verzichtet werden muss. Denn die Gesamtplanung kann nicht ständig geändert werden. Eine Verschiebung von zwei bis drei Tagen geht gut, aber ganze Wochen sind nicht möglich. Allenfalls muss der Forstun­ ternehmer kommen und uns unterstützen. Auch bei einem Unwetter ruft man die Forstunternehmer, weil unsere Leute dann oft damit beschäftig sind, einzelne Bäume wegzutransportieren. Zudem ist es wichtig, dass ein Verantwortli­ cher für den Unterhalt und den Betrieb ei­ ner Maschine verantwortlich ist. Was wir noch nicht wissen, ist, wie es weitergeht, wenn die jetzt noch neuen Maschinen älter werden. Dann wird sich zeigen, ob wir die Maschinen über längere Zeit so gut unter­ halten konnten, wie wir das wollen. Die neuen Maschinen haben bei den Mitar­ beitern einen Motivationsschub gegeben. Wir können nun mit den Forstunternehmen mithalten – wir sind ebenso modern ausge­ rüstet.

Und nun zu einem Blick in die Zukunft. Ist die neue Reorganisation nachhaltig? Veränderungen wird es immer wieder ge­ ben und das ist auch wichtig. Die Prozesse und Strukturen müssen immer wieder hin­ terfragt werden und für Anpassungen muss man bereit sein. Ich bin aber überzeugt, dass wir nachhaltig organisiert sind. Nun, nach zwei bis drei Jahren nach der Fu­ sion, ist es an der Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen, und sich zu fragen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Ich denke, dass das auch für den Kanton ein interessanter Punkt wäre, nach ein paar Jahren die Fusio­ nen rückblickend nochmals unter die Lupe zu nehmen, um zu sehen, was sich bewährt hat und was eben nicht. Wie sieht der Forstbetrieb Zernez in 10 bis 15 Jahren aus? Und welche Wünsche haben Sie für die Zukunft? Unser Ziel ist nicht, dass es nur Gewinn gibt, sondern unser Ziel ist, so gut wie möglich abzuschliessen und nicht viel Defizit zu ha­ ben. Wir müssen einfach weiterhin einen guten Job machen. Wir hoffen, so in die Zu­ kunft gehen zu können. Bei den Wünschen ist es ganz einfach. Ich wünsche mir Unfallfreiheit im Forstbereich – das ist das wichtigste Ziel. Ich wünsche mir auch, dass wir im Forstbereich weiterhin holzen dürfen und dass dies weiterhin fi­ nanziell möglich ist. So kann der Förster weiterhin in seinem schönen Beruf tätig sein.

Sabine Leisinger Amt für Wald und Naturgefahren Zentrale Dienste

Loëstrasse 14, CH-7001 Chur sabine.leisinger @ awn.gr.ch Bündner Wald 5/2017 31

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Erfahrungen aus Forstbetriebsfusionen

Mattiu Cathomen, Betriebsleiter beim Revierforstamt Tamins. (Bild: Karin Sax)

BüWa: Bund und Kanton unterstützen mit verschiedenen Instrumenten die Optimierung von forstlichen Betriebsstrukturen. Man kann geteilter Meinung sein, ob solche Bestrebungen sinnvoll bzw. Aufgabe vom Staat sind. Wie ist eure persönliche Meinung dazu? Mattiu Cathomen (MC): Ich finde eine Unterstützung durch Bund und Kanton sehr sinnvoll, um Projekte anzustossen und so einer möglichen Optimierung eine Chance zu geben. Der Wunsch nach Veränderung soll aber aus den Betrieben oder vom Waldbesitzer kommen. Neben der finanziellen sehe ich die fachliche Unterstützung als wichtigen Bestandteil. Ein Beitrag in der Startphase darf nicht der Hauptgrund sein, um ein Projekt anzutreiben. Pascal Murbach (PM): Die Beiträge des Staats bzw. des Kantons an diese Aufgabe sind sicher bei allen Betrieben sehr nützlich

und willkommen. Die Bestrebung zur Betriebsverbesserung ist ein Vorteil, wenn Gegebenheiten wie Betriebsgrösse, topografische Verhältnisse, Siedlungsstruktur und Infrastruktur in sinnvoller Art und Weise darin berücksichtigt werden können. Auch können verschiedene Betriebszweige (Pflege der Schutz-, Nutz- und Wirtschaftswälder, Holzverkauf, Maschinenpool, Personalpool ...) besser bewirtschaftet und betreut werden. Es muss darauf geachtet werden, dass die neue Struktur nicht zu gross wird. Die Aufgaben, welche auf einen neuen zusammengeführten Betrieb zukommen, sind nicht zu unterschätzen. Die beste Voraussetzung ist ein Zusammenschluss der politischen Seite. So können eventuelle Leistungsvereinbarungen oder ähnliche Varianten der Zusammenarbeit von Beginn an ausgeschlossen und ein gewisses Konfliktpotenzial vermieden werden.

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Gemäss Projektvorschriften müssen Betriebe, welche von den Fördermassnahmen profitieren, verschiedene Planungsdokumente abliefern, um die Gelder vollständig auslösen zu können. Wurden diese Projektschritte jeweils aus betrieblicher wie auch aus politischer Sicht als sinnvoll betrachtet? MC: Während des politischen Prozesses waren Geschäftsplan wie Holzschlagplanung wichtige Unterlagen für die Argumentation. Den Geschäftsplan haben wir nach den Vorgaben erstellt. Da wir einen Zusammenschluss von Forst- und Werkbetrieb anstrebten, kam der kommunale Teil etwas zu kurz. Hier wäre wichtig, die lokalen Bedürfnisse sowie die Knacknüsse, in unserem Fall der Werkhofstandort, noch stärker zu thematisieren.

PM: Die Fördermassnahmen sind aus Sicht des Betriebs zweigeteilt. Der sogenannte «Geschäftsplan» ist ein gutes Hilfsinstrument, um aufzuzeigen, wie sich der Betrieb in Zukunft entwickeln könnte. Natürlich genügt es nicht, nur den Bericht zu verfassen – er sollte auch wirklich Bestandteil der Betriebsführung sein und nach ein paar Jahren aktualisiert werden. Ebenso kann die Planung der Holzschläge und Pflegemassnahmen für die nächsten vier Jahre durchaus einen positiven Effekt haben. Da wir aber in der Forstwirtschaft mit verschiedenen externen Faktoren (Wind, Schnee, Käfer, Euro ...) konfrontiert sind, kann diese Planung sehr rasch auf den Kopf gestellt werden. Dieser Holzschlag- und Pflegepool kann dann ein Vorteil sein, wenn aus ir-

Qualität D – in unseren Gebirgswäldern steht nicht nur erstklassiges Holz. (Bild: Mattiu Cathomen)

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gendwelchen Gründen, ein Holzschlag vor­ gezogen werden müsste. Wie sich dies handhaben lässt, wird sich in unserem jungen Betrieb in den nächsten zwei bis drei Jahren zeigen. Aus politischer Sicht hat dieser Förderungsbeitrag einen kleineren Effekt. Es ist gut, wenn die Perso­ nen, welche in der Gemeinde zu entschei­ den haben, einen Einblick erhalten, wie die einzelnen Sparten vor und nach einer Fusi­ on aussehen bez. in Zukunft funktionieren sollten. Was waren eure positiven Erfahrungen im Reorganisationsprozess? Welches die negativen Erfahrungen, welche man vielleicht auch hätte vermeiden können? MC: Als positiv sehe ich die intensive Aus­ einandersetzung mit sich selbst und dem eigenen Betrieb, bezüglich spezifischer The­ men wie z. B. die Mehrwertsteuer aber auch die gute Zusammenarbeit mit den Fachper­ sonen vom Amt für Wald und Naturgefah­ ren sowie weiteren Fachleuten. Die gröss­ ten Schwierigkeiten hatten wir mit der Festlegung des Standorts für den Werkhof. Ebenfalls hat unser Prozess, verursacht durch die Standortsuche sowie durch Wech­ sel in den politischen Gremien und in der Projektgruppe, zu lange gedauert. PM: Eine wichtige und positive Erfahrung aus Sicht des Betriebs ist, dass die leitenden Personen bereits in der Vorbereitungsphase immer wieder in die Gespräche miteinbezo­ gen wurden. Es sollte nicht sein, dass be­ triebliche Entscheidungen, ohne Rückspra­ che mit den später ausführenden Organen, gefällt werden. Die Reorganisation ist ein zeitaufwendiger Prozess. Deshalb müssen die politischen und strategischen Ziele möglichst früh be­ kannt sein, um nicht Gefahr zu laufen, sich später im Kreis zu drehen.

Der Informationsfluss zwischen allen Betei­ ligten (Vorstand, Geschäftsleitung, Leiter Forst bzw. Werk) sollte stets aufrechterhal­ ten bleiben und auch so ausgeführt werden. Ein negativer Punkt ist der zum Teil ungenü­ gende Informationsaustausch. Dies führt zu einer schlechten Stimmung beim Betriebs­ personal und es wird falsch gehandelt, was durch einen besseren Informationsfluss ver­ hindert werden kann. Die Phase bis zur Projektumsetzung kann sehr reibungslos, aber auch unerwartet harzig verlaufen. Die Phase der Projektumsetzung scheint besonders für die Direktbetroffenen eine intensive Zeit zu sein. Was sind die Erfahrungen aus der Phase der Umsetzung? Gab es böse Überraschungen? Oder stellten sich die erwarteten Verbesserungen sofort ein? MC: Wie bereits erwähnt, hat unsere Pro­ jektphase viel zu lange gedauert. Wir waren fast dreieinhalb Jahre damit beschäftigt. Die Suche nach einem neuen Standort für den Werkhof hat sehr viel Zeit in Anspruch ge­ nommen und viele Ressourcen verbraucht. In Betracht gezogene Standorte scheiterten an gewissen Killerkriterien wie Naturgefah­ ren, Eigentum oder Fruchtfolgeflächen. Zum Schluss haben wir den jetzigen Werk­ hofstandort in Tamins als neuen Standort des Betriebs definiert. Ausserdem hatten wir einige Wechsel in den Gemeindevorstän­ den, was den Prozess auch nicht beschleu­ nigt hat. PM: Wie oben erwähnt, sollten bei der Um­ setzung die einzelnen Ressortleiter in der Phase der Umsetzung miteinbezogen wer­ den. Der Betriebsleiter versucht die Mass­ nahmen so rasch wie möglich umzusetzen. Dies kann bei einzelnen Punkten wie zum Beispiel im Zusammenführen des Personals im eigenen Ressort gut funktionieren.

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Für einen neuen Forstbetrieb ist die Planung sowie die Kommunikation das A und O, um einen reibungslosen Ablauf der anfallenden Arbeiten zu bewältigen. (Bild: Pascal Murbach)

Wichtig war in unserem Betrieb, dass das Personal den Start der reorganisierten Struktur so wenig wie möglich merkt, was aber nicht immer ganz so einfach ist. Ein Lernprozess, welcher nach der Projekt­ umsetzung stattfindet, braucht eine lange Zeit und ist nicht innert einem oder zwei Jahren abgeschlossen. Wenn die Vorbereitungsphase von den Lei­ tern der Ressorts gut mitbegleitet wird, tau­ chen später in der Umsetzung weniger Überraschungen auf. Und sollte dies ge­ schehen, ist es wichtig, die Entscheidungen zur Verbesserung des Problems stets zu überwachen, zu kontrollieren und gegebe­ nenfalls auch unangenehme Entscheidun­ gen zu tätigen. Welche Rolle sollen Mitarbeitende des Amts für Wald und Naturgefahren in einem solchen Prozess einnehmen?

MC: Die Fachpersonen vom AWN sollen unterstützend mit Wissen und Informatio­ nen zur Seite stehen. Dieser Prozess muss in den Gemeinden und Betrieben wachsen. Es kann ein Projekt gefährden, wenn vonsei­ ten Kanton zu viel Druck aufkommt und die Gemeindevertreter sich überrumpelt fühlen. Wir wurden durch die Fachpersonen beim AWN sehr gut beraten und unterstützt. PM: Die Mitarbeiter des Amts für Wald und Naturgefahren sollten in jedem Fall in die Prozesse miteinbezogen werden. Sie haben in den politischen Entscheidungen einen sehr starken Stellenwert. Diese Position muss aus fachlicher Sicht stets präsent sein und führt so in der Umsetzungsphase zu weniger Diskussionsstoff. Da der Kanton die Eingriffe in unsere Wälder begleiten muss/ will, sollte sich dieser auch in den neuen Strukturen starkmachen. Es darf nicht sein, dass uns das Amt für Wald und Naturgefah­ Bündner Wald 5/2017 35

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Pascal Murbach leitet den Forst- und Sägerei­betrieb Surses. (Bild: zVg Forstbetrieb Surses)

ren kontrolliert und überwacht, gleichzeitig aber den Betrieben die politischen Entscheidungen überlässt. So kann zum Beispiel die Kompetenzregelung bezüglich Holzschlägen aus fachlicher Sicht stärker begleitet und später umgesetzt werden. Schlimm ist es, wenn seitens AWN die Aussage kommt: «Dies ist eine politische Entscheidung» und später bei den jährlichen Gesprächen zwischen Betriebsleiter und RFI einzelne Punkte vielleicht zu mangelnder Handlung und Ausführung seitens Betrieb führen. Und dies nur, weil die fachliche Seite einzelne Punkte zu wenig gewichtete oder evtl. keine Vorgaben machte. Neben einem Projektteam, welches einen Optimierungsprozess von der Grundidee bis zur Umsetzung begleitet, gibt es verschiedene Personen, die direkt von solchen Prozessen betroffen sind. Oft ist es schwierig, alle Betroffenen gebührend in die Pro-

zesse einzubinden. Was waren für euch diesbezüglich die nennenswerten Herausforderungen? MC: Der Einbezug der Mitarbeiter ist sehr wichtig und mitentscheidend. Gerade die Mitarbeiter werden oft von der Bevölkerung angesprochen. Ebenfalls ist es wichtig, dass die politischen Gremien laufend über den Stand der Dinge informiert werden. PM: Die Personen, welche indirekt von der Reorganisation betroffen waren, wurden stets informiert. Wir als Forst- und Sägereibetrieb haben dies so gelöst, dass der Leiter des Ressorts jede Information mit seinen Kollegen besprochen und ausdiskutiert hat. Natürlich ist es schwierig, alle Anliegen zu berücksichtigen. Wichtig aus Sicht des Leiters ist, die relevanten und wichtigen Informationen in die Projektgruppe einzubringen. Eine wichtige Rolle spielt auch hier die Politik. Wir als ausführendes Organ können noch lange eine Idee haben, aber wenn die-

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se nicht ins Schema der Politik passt, hat man fast keine Chance, dies später umset­ zen zu können. Die Forstleute sind innova­ tiv, lösungsorientiert und handeln stets marktwirtschaftlich. Dieses Fachwissen und dieses Engagement sollten im Projektteam mehr Ansehen bekommen. Naturgemäss ist es nach einer Welle von Reorganisationen eher schwieriger, zusätzliche Betriebe zu solchen Schritten zu motivieren. Was wäre deine Botschaft für solche Betriebe? MC: Schwierige Frage! Betriebsleiter und/ oder auch Behördenmitglieder, welche eine Reorganisation anstreben möchten, sollten intern, in den eigenen Gremien, Einigkeit und Unterstützung spüren. Ansonsten lässt man lieber die Finger davon ... PM: Meiner Meinung nach haben die Reor­ ganisationen Vorteile sowie Nachteile. Da die meisten noch nicht fusionierten Betriebe meist «Einzelgänger» sind, hat eine Reorga­ nisation mehr Vorteile. Es macht Spass und Freude mit gleichgesinnten Forstleuten die ganze Thematik Forst zu diskutieren und zu­ sammen nach Lösungen zu suchen. Weiter ist die stetige Stellvertretung sichergestellt. Der Erfahrungsaustausch zwischen den ein­ zelnen Mitarbeitenden ist ein grosser Vor­ teil. Diese Mitarbeiter können sich in einem Spezialfach stark vertiefen und somit das Wissen weiter verstärken. Leider gibt es auch negative Punkte. Als Be­ triebsleiter ist der administrative Aufwand stark angestiegen und die Abläufe sind zum Teil komplexer. Diese Problematik sollte bei einem neu organisierten Betrieb nicht auf­ tauchen. Der Förster muss zum Teil Kom­ petenzen, welche er vorher gehabt hat, abgeben. Dies kann zu Beginn eines reorga­ nisierten Betriebs zu starken Meinungs­ schwankungen führen. Es ist mir bewusst,

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dass der Förster ein Allrounder ist. Leider wird er aber nach einer Fusion oft abge­ stuft. Bemerkbar macht sich dies, wenn die Bevölkerung den Förster um Rat fragt und dieser keine Antwort geben kann, sondern die Aufgabe an eine andere zuständige Per­ son weiterleiten muss.

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SELVA: neue Beratungsstelle für betriebswirtschaftliche Fragen Als Meilenstein im Sinne des neuen Auftritts als Verband der Waldeigentümer Graubünden sowie der neuen Verbandsstrategie konnte die SELVA die «forstliche Betriebsberatung» in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wald und Naturgefahren im Frühjahr 2017 konkretisieren. Seither tritt sie als kompetente Beratungsstelle für alle forst­ betriebswirtschaftlichen Fragen auf und zeichnet für Aufbau und Betrieb einer entsprechenden Beratungsplattform verantwortlich. Der Startschuss für die betriebswirtschaftliche Beratung für leitende Forstfachleute und behördliche Entscheidungsträger fiel im Anschluss an die SELVA-GV 2017. Gerne nutzt die SELVA die Gelegenheit und informiert hier im «Bündner Wald» vertieft darüber. Ausgangslage Bund und Kanton haben grosses Interesse an effizient aufgestellten Forstbetrieben, welche zugunsten der Gesellschaft unzählige wertvolle Dienstleistungen erbringen. In ihren Förderprogrammen unterstützen sie deshalb das Schaffen optimierter Betriebsstrukturen und Betriebsprozesse bei öffentlich-rechtlichen Forstbetrieben. Im Rahmen der NFA-Programmvereinbarung «Waldbewirtschaftung 2016 – 19» hat sich der Kanton verpflichtet, die forstlichen Betriebsstrukturen und Prozesse zu optimieren. Hierfür hat das AWN ein Konzept erarbeitet und vier Hauptmassnahmen definiert. Eine dieser Massnahmen ist, eine Beratungsstelle für betriebswirtschaftliche Fragen für Forstbetriebsleiter, leitende Angestellte wie auch für betroffene Gemeindevertreter (v.  a. Fachbereichsverantwortliche Wald) aufzubauen. In den rückwirkend per 1. Januar 2016 in Kraft gesetzten Projektvorschriften «optimale Betriebsstrukturen und -prozesse» hat

das Amt für Wald und Naturgefahren die Ausgangslage dazu folgendermassen umschrieben: «Das Umfeld der Wald- und Holzwirtschaft hat sich in den letzten Jahren sehr schnell und stark verändert. Der regionale und überregionale Holzmarkt wurde durch einen europäischen oder globalen Markt abgelöst. Zudem führen die globalen Trends zu raschen Veränderungen im Käuferverhalten. Spezialisierung und Arbeitsteilung sind für die Branche wichtiger denn je. Die eingetretenen Veränderungen sind auch in Graubünden für die Forstbetriebe spürbar.» Forstliche Betriebsberatung durch die SELVA Das Amt für Wald und Naturgefahren hat die SELVA mit der vorgängig genannten Aufgabe betraut. Die SELVA tritt seither als kompetente Beratungsstelle für betriebswirtschaftliche Fragen auf und zeichnet für den Aufbau und Betrieb einer entsprechenden Beratungsplattform verantwortlich. Die Beratung soll für sämtliche betriebswirtschaftlichen Bereiche, welche in direktem Zusammenhang mit der Betriebsführung bzw. -leitung stehen, erfolgen. Dabei wird der Fokus auf Führungsprozesse und Leistungsaufgaben gelegt. Beraten werden können dabei Betriebsleiter, leitende Angestellte wie auch interessierte Gemeindevertreter (v.  a. Fachbereichsverantwortliche Wald). Eine Beratung erfolgt grundsätzlich punktuell und auf eine konkrete Anfrage durch den Nutzniesser. Um sich für eine Beratung anzumelden, nehmen Sie doch Kontakt mit der SELVA-Geschäftsführung auf. Die unterstützte betriebswirtschaftliche Beratung fokussiert sich auf Führungsprozesse und Leitungsaufgaben. Diverse Themenbereiche werden über die forstliche Betriebsberatung abgedeckt, entweder durch die

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Erstberatung und/oder ein Spezialistennetzwerk. Insbesondere die technischen Themenbereiche sind aber nur Teil der forstlichen Betriebsberatung, wenn es konkret um betriebswirtschaftliche Fragen geht.

Struktur und Organisation Strategie-/Zielentwicklung, Betriebsoptimierung, Betriebsbuchhaltung, Rechnungs- und Steuerwesen, Betriebsanalyse, Projektmanagement, Qualitätsmanagement, Betriebsund Büroorganisation etc. Technik Betriebseinrichtung, Branchensoftware, Information-/Kommunikationstechnologien, Verfahrensplanung, Logistik, Zusammen­ arbeit innerhalb der Holzkette, Holzförderung/-vermarktung, Holzenergie, Zertifizierung etc. Weitere forstbetriebliche Leistungen Tourismus, Freizeit im Wald, Öffentlichkeitsarbeit, nachhaltige Waldentwicklung, Berufs-/Weiterbildung (Entwicklung Forstpersonal) etc.

SELVA

als vom AWN beauftragte Anlaufstelle, Kontakt über Geschäftsführung

Dokumentation und Erfolgsnachweis durch SELVA + Spezialisten

Beratungsthemen Die unterstützte betriebswirtschaftliche Beratung fokussiert sich wie bereits erwähnt auf Führungsprozesse und Leitungsaufgaben. Die durch die forstliche Betriebsberatung abgedeckten Themenbereiche gestalten sich erdenklich breit, die Voraussetzung ist aber immer der konkrete Bezug zu betriebswirtschaftlichen Fragen. Die Begleitung des Prozesses, die Erarbeitung von Lösungen, der Variantenvergleich und die Entscheidungsfindung sind dabei in keinem Fall Teil der Beratung. Die folgenden Themenbereiche sind eine erste Eingrenzung und können laufend ergänzt und/oder angepasst werden:

Fortsbetrieb

- Betriebsleiter und leitendes Personal - Fachverantwortliche(r) der Gemeinde

Direktberatung durch SELVAGeschäftsführung *

Weitervermittlung durch SELVA an Spezialisten **

Erstberatung kostenlos Arbeitsumfang Spezialist: max. 1 Tag ohne Rücksprache mit der SELVA

mehr Arbeitsaufwand nur in Rücksprache mit der SELVA

Der beschriebene Ablauf der forstlichen Betriebsberatung. (Bild: SELVA)

Beratungsablauf Wie bereits erwähnt, erfolgt eine Beratung grundsätzlich punktuell und auf eine konkrete Anfrage durch den Nutzniesser. Der vorgesehene Beratungsablauf ist in der Abbildung (oben links) dargestellt. Direkt- und Erstberatung Die SELVA, konkret die Geschäftsführung der SELVA, übernimmt die Rolle der fachlichen Anlauf- und Beratungsstelle für eine kostenlose Direkt- und Erstberatung. Die Anlaufstelle berät dank angesammeltem Wissen und sich aufbauender Erfahrung selber, kanalisiert Anfragen, zeigt Vorgehensweisen auf und vermittelt. Die SELVA verschafft sich dabei den Überblick zum Beratermarkt und vermittelt für weiterführende Fragestellungen und Lösungserarbeitungen bei Bedarf entsprechende Fachpersonen. Die Erstberatung über die SELVA als Anlaufstelle ist für den Nutzniesser kostenlos und wird im Verlauf von maximal zehn ArbeitsBündner Wald 5/2017 41

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tagen direkt durch die SELVA-Geschäftsstelle angepackt und weiterverfolgt. Über den aktuellen Stand der Abklärungen und den entsprechenden Zeitplan wird der Nutzniesser laufend informiert. Weitervermittlung an Spezialisten Für weiterführende Fragestellungen und für Lösungserarbeitungen werden entsprechende Fachpersonen (sogenannte Spezialisten) konsultiert und beauftragt. Die SELVA verschafft sich dabei den Überblick zum Beratermarkt und kanalisiert Anfragen bei Bedarf. Spezialisten sind i. d. R. private Dienstleister, erfahrene Forstpraktiker, Fachpersonal von Ämtern, anderen Verbände, Fachstellen und Institutionen, aber auch spezialisierte Betriebsleiter und Forstfachleute. Ist der Beizug von Spezialisten notwendig, werden die Leistungen gemäss Projektvorschriften durch das AWN mit max. 50 % der

Beratungskosten vergütet. Die SELVA übernimmt als Anlaufstelle auch die Rolle der Abrechnungsstelle. Jede Beratungsanfrage muss zwingend über die SELVA erfolgen. Die Spezialisten werden durch die SELVA innerhalb von zehn Werktagen nach Anfrage vermittelt und ein entsprechender Auftrag wird vergeben. Der Beratungszeitraum wird jeweils je nach Anliegen zwischen Spezialist und Nutzniesser selbst ausgemacht. Über den aktuellen Stand der Abklärungen wird auch die Anlaufstelle durch den Spezialisten ständig informiert. Schaffung eines Wissenspools Im Rahmen aktiver Mitarbeit für das Projekt «Erfahrungsschatz von Praktikern» im Forschungsprogramm Wald und Klimawandel hat sich die SELVA im 2015 intensiv mit dem Begriff «Praxiswissen» auseinandergesetzt. Der «Erfahrungsschatz von Praktikern»

Erfahrungsschatz der Praktiker = Praxiswissen

Explizites Wissen

Implizites Wissen

Wissen, welches man aufschreiben und genau beschreiben kann, ohne etwas zeigen oder erfahren zu müssen. Dieses Wissen kann durch beliebige Medien kommuniziert und gelernt werden.

Implizites Wissen basiert auf eigenen Erfahrungen und Beobachtungen, welche nur zum Teil aufgeschrieben werden können. Es ist damit nur schwer verbalisierbar, objektivierbar, formalisierbar oder technisierbar. Implizites Wissen kann nur durch Zeigen von Beispielen und oft nur an Leute, welche ähnliche Erfahrungen gemacht haben, kommuniziert werden.

Praxiswissen ist gleichzusetzen mit dem Erfahrungsschatz von Praktikern. (Quelle: Schlussbericht des Projekts «Erfahrungsschatz von Praktikern», Mai 2015) 42

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wurde dabei mit dem Begriff «Praxiswissen» gleichgesetzt, welches sowohl explizites wie auch implizites Wissen umfasst. Die Schwierigkeit dabei ist, das Praxiswissen zugänglich und besser nutzbar zu machen und festzustellen, wo die Grenzen der Nutzung dieses Wissens liegen. Auch bei der Erstberatung im Rahmen der forstlichen Betriebsberatung geht es um die Erfassung von solchem Wissen. Lernen ist ein Prozess, welcher auch der Ansammlung von forstbetrieblichem Wissen und Know-how sowie der Schaffung eines Wissenspools an der SELVA-Geschäfts­ stelle zugrunde liegt. Mit dem sich ansammelnden Wissen und Erfahrungen, Dokumentationen und Erfolgsnachweisen der behandelten Fälle, wird ein Wissenspool geschaffen. Dieser kann intern zu Beratungszwecken angezapft werden. Zudem werden zur externen bzw. allgemeinen Information bestimmte Fragestellungen aufbereitet und publiziert. Die Geschäftsstelle der SELVA entscheidet dabei eigenständig, welche Infos in anonymisierter Form auf der Homepage veröffentlicht werden und welche intern gesammelt und dokumentiert werden.

Jegliche Art einer Beratung wird angemessen dokumentiert. Dazu gehört auch die Meldung und Erfassung der aufgrund der Beratung getroffenen Massnahmen durch den Forstbetrieb sowie ein Erfolgsnachweis. All diese Informationen fliessen in den genannten Wissenspool, welcher somit ständig wächst. Gelungener Start Seit dem Startschuss nach der SELVA-GV sind bereits einige Anfragen bei der SELVA eingegangen, welche erfolgreich angepackt wurden und bereits abgeschlossen werden. Diverse Gespräche zum Thema wurden inzwischen geführt – mit Betriebsleitern ebenso wie mit Behördenvertretern und Waldfachverantwortlichen. Die SELVA freut sich über das grosse Interesse und auf weitere konkrete Anfragen forstbetriebswirtschaftlicher Natur. Nina Gansner SELVA Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart info @ selva-gr.ch

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Das betriebswirtschaftliche Controlling-Netz Graubünden Controlling umfasst Aufgaben der Kontrolle, Planung, Lenkung und Steuerung wirtschaftlicher Prozesse und ist damit ein wichtiger Teilbereich der Unternehmensführung. Mit dem Aufbau eines eigenen betriebswirtschaftlichen Controlling-Netzes (BCNGR) verfolgt das AWN das Ziel, erstens die in der Programmvereinbarung «Optimale Betriebsstrukturen und -prozesse» getroffenen Fördermassnahmen auf ihre Wirkung periodisch zu kontrollieren und zweitens, die betriebswirtschaftliche Entwicklung der Forstbetriebe laufend zu überprüfen. Je rascher und genauer die Informationen aus dem BCN zur Verfügung stehen, desto rascher und gezielter können bei Bedarf die Fördermassnahmen angepasst werden. Damit wird sichergestellt, dass die öffentlichen Mittel effizient und mit möglichst grosser Wirkung eingesetzt werden. Aufbau BCN Das Controlling ist heutzutage kaum mehr aus der Unternehmensführung wegzudenken, da der steigende Konkurrenzdruck in vielen Branchen eine flexible Anpassung an sich ständig ändernde Gegebenheiten voraussetzt, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens aufrechtzuerhalten. Auf Betriebsebene verfolgt ein fundiertes Controlling nämlich nicht nur den Zweck, die Erreichung der finanziellen Ziele zu überwachen, sondern auch die entsprechenden Massnahmen aus den laufenden Geschäftstätigkeiten abzuleiten. Das Controlling dient also über die einfache Kontrolle der betriebswirtschaftlichen Kennzahlen hinaus als Planungsinstrument und ermöglicht das Steuern der betrieblichen Prozesse zur nachhaltigen Zielerreichung. Um eine hohe Aussagekraft des Controllings zu garantieren, braucht es ein klar definiertes Er-

fassungs- und Kennzahlensystem, welches möglichst langfristig unverändert bleibt. Bund und Kanton verfolgen die gleichen Ziele für die Abbildung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Forstbetriebe. Der Bund kann für die Steuerung der Programmvereinbarung auf die Zahlen des forstwirtschaftlichen Testbetriebsnetztes (TBN) der Schweiz zurückgreifen. Aus dem Kanton Graubünden sind im TBN-Schweiz 18 Betriebe integriert, für verlässliche Kennziffern über den Kanton ist dies zu wenig. Für das BCN-GR muss ein wesentlich dichteres Stichprobennetz aufgebaut werden, welches auf den 18 Bündner TBN-Betrieben aufbaut. Diese 18 Betriebe wurden in enger Zusammenarbeit mit WaldSchweiz um ihre Partizipation gebeten, da WaldSchweiz im Auftrag des BAFU für die Koordination und Zusammentragung der TBN-Daten verantwortlich ist. Mit diesem Vorgehen sollen Synergien genutzt werden, indem einerseits auf das langjährige Know-how der Melde­ betriebe gebaut wird und andererseits die getätigten Meldungen ohne grossen Mehraufwand für TBN und BCN genutzt werden können. Um das Stichprobennetz zu verdichten und damit die Aussagekraft des BCN zu steigern, wurden weitere 17 Bündner Forstbetriebe nach folgenden Auswahlkriterien angefragt: Die Betriebe verfügen über eine eigene Regiegruppe, nutzen bereits die Betriebsabrechnungssoftware ForstBAR und sind so gross wie möglich. Das BCN ist mit 35 Meldebetrieben aus statistischer Sicht nicht repräsentativ, deckt aber mehr als die Hälfte der 67 Bündner Forstbetriebe ab und weist eine beinahe doppelt so hohe Erfassungsdichte auf wie das TBN-CH. Die Betreuung der Betriebe soll weiterhin durch private Büros sichergestellt werden, wobei der Betrieb seinen Betreuer frei wählen kann.

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Für die Entschädigung der Meldebetriebe wurde das gleiche System wie für das TBNCH angewandt, welches auf der Waldfläche und der genutzten Holzmenge der Betriebe basiert. Die Ansätze wurden vom BAFU festgelegt, wobei die Auszahlungen in einer Bandbreite zwischen einem minimal und maximal möglichen Betrag erfolgen. Das AWN hat diese Bandbreite noch etwas erhöht mit dem Ziel, dass sämtliche Betriebe gleichermassen entschädigt werden. Auf diese Weise erhält auch ein bestehender Meldebetrieb, welcher bereits durch WaldSchweiz finanziert wird, einen zusätzlichen Beitrag für die Datennutzungsrechte, welcher der Finanzierungslücke zwischen BAFU und dem AWN entspricht. Die Entschädigung der Betriebe sowie die erwarteten Leistungen sind vertraglich fest-

gehalten und können jeweils per Ende Jahr mit einer halbjährigen Frist gekündigt werden. Durch die zusätzlichen Beiträge rechnet das AWN mit einer langjährigen Aufrechterhaltung des vorgestellten Erfassungssystems und damit auch mit einem aussagekräftigen Controlling. Erwartete Resultate Für ein aussagekräftiges Controlling braucht es ein klar definiertes Erfassungs- und Kennzahlensystem, wobei das Erfassungssystem bereits erläutert wurde. Um ein Kennzahlensystem zu definieren, welches mehrjährige Vergleiche der wirtschaftlichen Situation der GR-Forstbetriebe unterstützt und die Wirkung der Fördermassnahmen abbildet, wurde auf die bestehenden Auswertungen des TBN-CH durch die HAFL zurückgegriffen

Übersicht über die Bündner Forstreviere, Stand Juli 2017. (Bild: zVg AWN) Bündner Wald 5/2017 45

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(Bürgi, Thomas, & Pauli, 2015). WaldSchweiz wurde als Vertragspartner des AWN mit der jährlichen Auswertung der definierten Kennzahlen beauftragt, wobei die ersten Resultate im Sommer 2018 erwartet werden. Die Resultate werden in verdichteter Form erstellt, sodass keine Rückschlüsse auf den Einzelbetrieb möglich sind. Die ab 2018 zur Verfügung stehenden Kennzahlen werden im ersten Jahr noch keine Aussage über die kantonale Entwicklung ermöglichen. Um ein aussagekräftiges Controlling durchzuführen, ist es notwendig, mindestens drei aufeinanderfolgende Jahre miteinander zu vergleichen. Anhand dieser Auswertungen soll eine klare Aussage über die Entwicklung der Bündner Forstbetriebe gemacht und daraus die Effektivität der Fördermassnahmen abgeleitet werden können. Um eine möglichst genaue Aussage der Auswertungen zu bewirken, wird eine einheitliche und seriöse Rapportierung gemäss den vorgegebenen Kennzahlen vorausgesetzt. Ebenfalls erhofft sich das AWN, mit diesem Vorgehen die Bedeutung und den Nutzen einer durchdachten Betriebsabrechnung am Beispiel der ForstBAR aufzuzeigen. Die BAR soll als Führungsinstrument verstanden und auch entsprechend genutzt werden. Zu diesem Zweck soll eine enge Zusammenarbeit mit den Bündner BAR-Betreuern angestrebt und den Betriebsleitern die Möglichkeit zur individuellen Weiterbildung gegeben werden. Ausblick Da die Aussagekraft eines Controllings stark von der langjährigen Konsistenz des Erfassungs- und Kennzahlensystems abhängt, besteht aufseiten AWN die Absicht, das BCN so lange als möglich auf freiwilliger Basis weiterzuführen. Während der bis 2019

dauernden NFA-Periode soll also eine kontinuierliche Datenerfassung erfolgen, welche zum Abschluss der Periode zusammengefasst wird. Das AWN verfolgt die klare Absicht einer langfristigen Weiterführung des BCN-GR auch wenn nicht bekannt ist, welche Bundesgelder nach dem Abschluss der NFA-Periode gesprochen werden. Dabei ist eine möglichst einheitliche Erfassung von zentraler Bedeutung. Hier fällt den privaten Ingenieurbüros, welche über eine betriebswirtschaftliche Kernkompetenz verfügen, eine grosse Bedeutung zu. Sie können einen signifikanten Beitrag leisten, um eine hohe Datenqualität zu gewährleisten. Daher ist es auch wünschenswert, dass mehr Büros mit besagten Kernkompetenzen zur Verfügung stehen. Die Bedeutung des betriebswirtschaftlichen Controllings anhand einer Betriebsbuchhaltung soll für die Betriebe erkennbar werden. Es ist wünschenswert, dass dies auch ohne Beiträge von Bund und Kanton in der Betriebsführung eingesetzt wird, dabei ist es von untergeordneter Bedeutung, ob mit ForstBAR oder mit einer anderen forstlich geeigneten Betriebsbuchhaltung gearbeitet wird. Literatur: Bürgi, P., Thomas, M., & Pauli, B. (2015). Forstwirtschaftliches Testbetriebsnetz der Schweiz. Ergebnisse der Jahre 2011  –  2013.

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Erfassung der Eingriffsflächen in LeiNa – Stand und Ausblick Seit der Einführung von LeiNa im Jahr 2006 müssen die Förster des Kantons Graubünden alle waldbaulichen Eingriffe in LeiNa erfassen. Dazu gehören auch die Digitalisierung der Lage und die Ausdehnung der Eingriffsfläche in LeiNa-GIS. Die Genauigkeit der Erfassung war bisher nicht zentral. Abweichungen in der Lage und Ausdehnung wurden toleriert, da das Beitragssystem sich nicht auf die Fläche abstützte, sondern auf die genutzte Holz­ menge. Zudem kann es in Wäldern, die topo­grafisch und von der Waldstruktur her homogen sind, schnell passieren, dass eine Fläche bis zu 100 m neben ihrer wirklichen Lage eingezeichnet wird. Im Jahr 2017 wurde das Beitragssystem für die NFA-Programmvereinbarungen Schutz­ wald, Biodiversität und Waldwirtschaft auf Flächenpauschalen umgestellt. Damit erhält die genaue Erfassung der Eingriffsflächen eine wesentlich grössere Bedeutung als bis­ her. Die Lage und die beeinflusste Fläche sollten mit einer Genauigkeit von rund +/− 5 m erfasst werden. Das neu geplante LeiNa-GIS erfüllt die technischen Vorausset­ zungen, um Flächen in dieser Genauigkeit zu erfassen. Wie kann man aber sicherstellen, dass die Lage und die Ausdehnung der Fläche richtig erfasst werden? Die seit einigen Jahren we­ sentlich verbesserte GPS-Technik macht es möglich. Die Idee ist, die umhüllende Man­ tellinie der behandelten Fläche mit GPS zu erfassen. Die GPS-Erfassung ist heute kein grosses Problem mehr. Diese kann mit sehr teuren und genauen Geräten oder günsti­ gen und einfach zu bedienenden FreizeitGPS-Geräten erfolgen. Möglich wäre dies aber auch mit einem in allen Smartphones integrierten GPS oder neuerdings mit einer mit GPS ­ ausgerüsteten Kluppe (Firma Fo­ mea GmbH, siehe nachfolgenden Artikel ab

Seite 51). Je nach verwendetem GPS-Gerät variieren Genauigkeit und Zeitaufwand für die Erfassung der Fläche sehr stark. Je teurer und grösser der Zeitaufwand, desto ge­nauer die Messungen. Der Zeitaufwand für die Er­ fassung kann zudem wesentlich reduziert werden, wenn die Fläche nicht erst nach dem Schlag oder der Anzeichnung nochmals abgelaufen werden muss, sondern der Rand während der Anzeichnung erfasst werden kann. Die effizienteste Methode besteht momentan darin, die Lage der angezeichne­ Bäume zu erfassen. Bei einer ten (Rand-)  einzelnen (raschen) Punktmessung ist die Wahrscheinlichkeit aber gross, dass erhebli­ che Abweichungen von der wirklichen Posi­ tion auftreten. Deshalb ist es sinnvoll, alle Bäume einer Anzeichnung zu erfassen und nicht nur die Randbäume. Ausreisser am Rand lassen sich so viel rascher erkennen. Das nachträgliche Ablaufen der Eingriffsflä­ che mit GPS ist eine weitere Möglichkeit, welche bezüglich Genauigkeit der Daten wahrscheinlich ähnliche Resultate liefert wie die Punktmessung. Der Zeitaufwand ist aber wesentlich grösser, falls die Messung nicht mit der Anzeichnung kombiniert wer­ den kann. Sind alle Daten mit GPS-Messun­ gen erfasst, müssen sie in LeiNa integriert werden können. In einem ersten Schritt werden die Daten vom GPS-Gerät über das Internet in eine Datenbank eingelesen, auf welche das GISKompetenzzentrum Zugriff hat. Für die Fo­ mea-Kluppe wurde diese Datenbank durch die Herstellerfirma bereitgestellt. Sind die eingelesenen GPS-Daten durch den Förster freigegeben, werden die Daten über eine Schnittstelle (RESTful-Webservice) au­ tomatisch einmal pro Nacht auf die kanto­ nalen Geodaten-Server übernommen. Wegen der Genauigkeit der GPS-Messin­ strumente in der Grössenordnung von we­

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Einzelbäume (GPS-Punkte) und daraus digitalisierte Eingriffsfläche. (Bild: Andreas Stucki, Luftbild: Bundesamt für Landestopografie swisstopo)

nigen Metern kann es vorkommen, dass in dicht bewaldetem Gebiet mehrere Bäume in den GPS-Daten identische Positionen aufweisen. Beim Import der GPS-Daten in die Datenbank der Webumgebung des Kantons Graubünden werden GPS-Punkte mit identischen Koordinatenpaaren nur einmal eingelesen, da für die Erfassung der Eingriffsflächen im LeiNa identische GPS-Punkte keinen Mehrwert bilden. Damit werden unnötige Einträge vermieden. GPS-Daten ­ werden üblicherweise im globalen Koordinatensystem WGS84 in Längen- und Breitengrade erfasst. Beim Import in die räumliche Datenbank werden die Daten ins Schweizer Koordinatensystem (  CH1903 / LV03 ) transformiert.

Die übernommenen Daten werden in LeiNa-GIS dargestellt und können dort einund ausgeblendet werden. Mit den Punkten als Hintergrund kann der Förster die definitive Ummantelungslinie der Eingriffsfläche in der gewünschten Genauigkeit digitalisieren. Auf eine automatische Erstellung der umhüllenden Fläche der Einzelbäume wurde bewusst verzichtet. Dem Förster fallen Randbäume mit falschen Koordinaten sofort auf, bei einer automatischen Gene­ rierung müssten dafür komplizierte GISBerechnungen durchgeführt werden. Die Verfügbarkeit der Punktdaten in LeiNa-GIS kann zeitlich terminiert werden. Die einzelnen GPS-Punkte werden nach einer definierten Anzahl Tage automatisch wieder Bündner Wald 5/2017 49

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vom Geodaten-Server entfernt. Spätestens mit der Inbetriebnahme des neuen LeiNaGIS wird die Schnittstelle zur Fomea-Kluppe aktiviert. Als Alternative haben verschiedene Kantone und das BAFU in Zusammenarbeit mit der HAFL vor, eine bestehende App anzupassen oder eine eigene App für iPhoneund Android-Smartphones entwickeln zu lassen. Diese App würde für verschiedene Zwecke benutzt werden können (z. B. auch für die Erfassung von Habitatbäumen). Die GPS-Daten müssten von der App aus auf eine vom AWN / GIS - Kompetenzzentrum zur Verfügung gestellte zentrale Datenbank übertragen werden können. Diese Daten würden dann ebenfalls im LeiNa-GPS-

Datensatz sichtbar sein. Wann eine solche App zur Verfügung steht, ist jedoch noch offen. Riet Gordon Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden

Loestrasse 14, CH - 7000 Chur riet.gordon @ awn.gr.ch

Christian Gschwend Amt für Landwirtschaft und Geoinformation

Grabenstrasse 8, CH - 7001 Chur christian.gschwend @ alg.gr.ch

Bringungsmittel: Helikopter vs. Seilkran – bläst das Subventionssystem zusätzlichen Schub in die Hubschrauberturbinen? (Bild: S. Krättli) 50

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Holzschlaganzeichnung mit der DP-II-Kluppe Die elektronische Kluppe DP II kann über ein Mini-GPS-Modul, das auf die serielle Schnittstelle aufgesetzt wird, die GPS-Position pro Baum zum Datensatz speichern. Die FOMEA GmbH hat ihren Sitz in Grabs (SG), wurde 2009 gegründet und hat sich auf die forstliche Messtechnik spezialisiert. In der Messtechnik arbeitet die FOMEA GmbH eng mit der schwedischen Firma Haglöf zusammen und vermarktet die gesamte Pro-duktpalette von Haglöf in der Schweiz, Österreich und Italien. Zusammen mit der PC-Software der Firma Ess’wär Informatik, WINFOX_C und seilkranPROjekt stehen professionelle Lösungen bereit. Im Winter 2016/17 wurde beim Forstamt Flims ein Testlauf gestartet. Dabei wurde WINFOX_C und ein Messprogramm für Eingriffsflächen auf der DP II in Kombination mit einem miniaturisierten (45 × 30 × 25 mm) GPS-Modul getestet. Das GPS arbeitet mit den RUS-Glonass und US-Satelliten. Das Modul ist stromlos und wird bei der Elektronikeinheit auf die seitliche RS232-Schnittstelle gesetzt. Es erreicht eine Genauigkeit von rund fünf Meter. Die Funktion GPS wird über eine Einstellung in der

Software der DP II aktiviert. Auf der DP II können unterschiedliche Tabellen und Tarife geführt werden. Das Messprogramm ist einfach und logisch aufgebaut. Bei der BHD-Messung wird die aktuelle Koordinate im Format WGS84 eingeblendet und mit den Baumdaten Baumart, Tarif, Nutzungsart, Partie und Kubatur gespeichert. Unterschiedliche Tarife pro Baumart, einmal eingestellt, zeigt die Software automatisch den entsprechenden Tarif. Ebenso können Wegstrecken oder einzelne Messpunkte (z. B. Neophyten) mit einem speziellen Programm erfasst werden. Die Standard-Messprogramme der DP II sind Liegendholz, Stehendholz, Mantelmessung, Inventur und GPS. Diese können kundenspezifisch freigeschaltet werden. Die Daten werden im Format WFX(WINFOX_C), WFP(System Latschbacher), CSV oder TXT mit der Funktion plug and play ausgelesen. Die DP II in Kombination mit dem GPS-Modul und WINFOX_C ist die wirtschaftlichste Lösung zur Dokumentation von Eingriffsflächen. WINFOX_C ist den PC starten, anmelden und mit der neusten Version arbeiten. Eine kostengünstige und auf die Bedürfnisse der

Einfachste Positionsbestimmung bei der Stehendaufnahme. (Bild: zVg. FOMEA) Bündner Wald 5/2017 51

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Förster zugeschnittene Cloud-Lösung, die alle Messmethoden der DP-II-Kluppe verarbeitet. Das Anzeichnungsprotokoll zeigt die Stärkeklassenverteilung und Kubatur pro Baumart als übersichtliche Tabelle. Praxis­ orientierte Funktionen wie Datenexport in Fremdformate, Abfuhrkontrolle (Frächter meldet in Echtzeit via Webseite oder Smartphone), Online-Datentransfer von Eingriffsflächen zu LeiNa, Kartierung und Dokumentation der Bestandesentwicklung bis

hin zur Fakturierung. Eine rundum gelungene Lösung mit dem besten Preis-LeistungsVerhältnis.

Urs Giger FOMEA GmbH Büntlistrasse 32, CH-9472 Grabs, SG info @ fomea.ch

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Die Douglasie – Potenziale, Risiken und Invasivität Die Douglasie (Pseudotsuga menziesii) ist in Deutschland die forstwirtschaftlich wichtigste eingeführte Baumart. Ihre Bedeutung wird angesichts der klimatischen Veränderungen sehr wahrscheinlich weiter zunehmen. Gleichzeitig steht die Baumart als potenziell invasive Art in der Kritik. Daher wird hier eine knappe Situationsbeschreibung des Potenzials und der Risiken des Douglasienanbaus in Deutschland gezogen und auf weiteren Forschungsbedarf hingewiesen. Bundesweit trägt die Douglasie lediglich mit 2% zur Gesamtwaldfläche in Deutschland bei (BMEL 2014). Dies entspricht nicht einmal der Reduktion der Waldfläche der Fichte über den letzten Inventurzeitraum der % der Gesamtwaldfläche von BWI (2,3  2002 nach 2012). Die Douglasie wird als eine wichtige Ersatzbaumart für die Fichte gesehen, da sie als weniger anfällig gegenüber Trockenstress und biotischen Schädlingen gilt, im Durchschnitt produktiver ist, und ihr Holz am Markt besser honoriert wird als das der Fichte. Auch wenn die Douglasie bisher nur auf einem geringen Teil der Waldfläche angebaut worden ist, so sind der Stand des Wissens über diese Baumart, ihre waldbauliche Behandlung und ihre Verwendungsmöglichkeiten deutlich besser als für viele einheimische Baumarten, die einen ähnlichen oder geringeren Teil der Waldfläche einnehmen. Der gute Wissensstand ist der Tatsache geschuldet, dass die Douglasie die wichtigste Wirtschaftsbaumart in ihrem ausgedehnten Herkunftsgebiet im westlichen Nordamerika ist (Lavender und Hermann 2014) und sie ausser in Mitteleuropa noch in vielen anderen Ländern (z. B. Neuseeland, Chile) erfolgreich kultiviert worden ist. Auch in Deutschland hat sie eine vergleichsweise lange Anbaugeschichte (Nyssen et al. 2016),

in deren Verlauf viele systematische Versuche zum jetzigen Wissensstand beigetragen haben. Aufgrund der langjährigen Beforschung der Art haben wir gesicherte Erkenntnisse über die Eignung unterschiedlicher Herkünfte, geeignete Bestandesdichten und Durchforstungskonzepte und die Wertleistung unterschiedlich behandelter Douglasienbestände (siehe Übersicht in Spellmann et al. 2015). Auch zu den biotischen und abiotischen Risiken des Douglasienanbaus liegen sehr viele forschungs­ basierte a. dazu geführt Erkenntnisse vor, die u.  haben, dass in Deutschland nur noch die Küstenherkünfte der Douglasie angebaut werden, um Schäden durch die Rostige Douglasienschütte (Rhabdocline pseudotsugae) zu vermeiden (Stephan 1981). Im Bereich der abiotischen Risiken liegen noch grössere Unsicherheiten, wie jüngere Forschungsergebnisse zur Sturmfestigkeit und zur Ausbildung des Wurzelsystems natürlich verjüngter Pflanzen gezeigt haben. Auf den Versuchsflächen der forstlichen Versuchsanstalt Baden-Württembergs erwies sich die Douglasie nicht als sturmfester als die Fichte (Albrecht et al. 2013). Natürlich verjüngte Douglasien, die der Konkurrenz des Altholzschirms oder einer sehr dichten Nachbarschaft ausgesetzt sind, entwickeln nur ein sehr reduziertes Wurzelsystem, sodass die langfristige Stabilität eingeschränkt sein kann (Kuehne et al. 2015). Diese Risiken des Anbaus der Douglasie sind durch waldbauliche Steuerung kontrollierbar. Invasivitätsbeurteilung der Douglasie Eine weitere grosse Unsicherheit besteht bezüglich der potenziellen Invasivität der Douglasie. Die Baumart wurde in einem Bericht des Bundesamts für Naturschutz (BfN) (Nehring et al. 2013) als invasive Baumart eingestuft (Schwarze Liste – ManagementBündner Wald 5/2017 53

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Abb. 1: Douglasien-Natur­verjüngung in einem Hainsimsen-Traubeneichenwald (Luzulo-Quercetum) im Südschwarzwald Baden-Württembergs. (Bild: M.-B. Winter)

liste). Diese Klassifizierung wurde von Forstwissenschaftlern kritisiert, weil der Aspekt der Steuerungsmöglichkeit ihrer Ausbreitung in dieser Einschätzung nicht berücksichtigt wurde (Spellmann et al., 2015). Dieser Dissens wurde durch Gespräche beigelegt und man einigte sich auf eine Kompromissformel mit gemeinsamen Empfehlungen für den Anbau eingeführter Baum­arten (Ammer et al., 2016). In Bezug auf die Douglasie stimmte man überein, dass der Anbau für die Mehrheit der Waldstandorte in Deutschland keine erhebliche Gefährdung der Biodiversität darstellt. Auf bestimmten Sonderstandorten sollte die Baumart jedoch nicht angebaut werden bzw. die Naturverjüngung mechanisch entfernt und Pufferzonen zu geschützten Biotopen eingehalten werden.

Ein grundsätzliches Problem des vom BfN praktizierten Verfahrens der Invasivitätsbewertung ist eine für das gesamte Bundesgebiet pauschalisierende Bewertung ohne konkreten Flächenbezug: Z.  B. wird eine eingeführte Pflanzenart als «invasiv» klassifiziert, wenn diese sich in einem einzigen natürlichen Ökosystem ausbreitet und dort zu Beeinträchtigungen führt, selbst wenn dieses Ökosystem nur eine sehr geringe Fläche besetzt und die Art in allen anderen Ökosystemen kein invasives Verhalten aufzeigt. Dies widerspricht dem in der Forstwirtschaft etablierten Ansatz einer auf standörtlicher Grundlage differenzierten Planung und Bewirtschaftung. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass dieses sehr grobe Verfahren des BfN in der Forstwirtschaft für Irritationen sorgt.

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Titel

Bundeswaldinventur

Waldstrukturaufnahme

Waldbiotopkartierung

Berichtsjahr

2002

2012

1994 – 2010

2005 – 2015

Bezugsfläche insgesamt (ha)

1 323 119

1 323 958

4298

81 795

Erfasste Fläche mit natürlicher Dougl.-Verjüngung [ha]

2112

4346

71

165,9

Anteil der Waldfläche mit natür­ licher Dougl.-Verjüngung (%)

0,2

0,3

1,7

0,2

Tab. 1: Vorkommen von Douglasien-Naturverjüngung in Baden-Württemberg gemäss den drei ausgewerteten Inventursystemen; die Zahlen der Bundeswaldinventur und Waldstrukturaufnahme sind entsprechend der Repräsentationsfläche der Probeflächen hochgerechnet. (Bild: zVg Uni Freiburg i. Br.)

Daher ist eine Differenzierung hinsichtlich des tatsächlichen Ausmasses der Ausbreitung einer potenziell invasiven (Baum-)Art mit diesem Ansatz nicht möglich. Um entsprechende Aussagen treffen zu können, benötigt man Inventurdaten, die das Vorkommen und die natürliche Ausbreitung eingeführter Arten über die ganze Bandbreite von Waldökosystemen widerspiegeln. Naturverjüngung der Douglasie in verschiedenen Waldökosystemen in Baden-Württemberg Um eine solche kontextbezogene Bewertung beispielhaft durchzuführen, wurden alle gegenwärtig vorliegenden Daten über die Naturverjüngung der Douglasie in den Wäldern Baden-Württembergs zusammengeführt (Bindewald und Michiels, 2016). Die hierfür genutzten Inventursysteme (i) Bundeswaldinventur, (ii) Waldstrukturaufnahme in Bannwäldern und (iii) Waldbiotopkartierung decken eine breite Palette an Waldökosystemen ab: forstwirtschaftlich genutzte Wälder, rechtlich gesicherte unbewirtschaftete Wälder (Bannwälder) und seltene geschützte Waldbiotope. Aus der Analyse der drei Inventurdatensätze geht hervor, dass die Douglasie sich in den Wäldern Baden-Württemberg gegenwärtig nur

in geringem Umfang natürlich verjüngt (Tab. 1), nach der Bundeswaldinventur (2012) in Buchenwaldgesellschaften oft deutlich geringer als betrieblich erwünscht (siehe auch Steinmetz und Bauhus 2016). Die Douglasien-Naturverjüngung trat hier % der Gesamtfläche der Bunur auf 0,2  chenbestände auf. Selbst in den Douglasien­ beständen wiesen nur 4 % der Flächen Naturverjüngung auf. Auch in Bannwäldern findet sich Naturverjüngung insgesamt selten (1,7 %) und wenn, dann vorwiegend in den von Douglasien bestimmten Bestandestypen (auf 23 % der gesamten Fläche der Douglasienbestände). Dies zeigt anschaulich, dass die Douglasie sich überwiegend unter dem eigenen Schirm verjüngt. Auch machen die Untersuchungen deutlich, dass aktuell nur wenige geschützte Waldbiotope durch die eingeführte Baumart gefährdet sind (Abb. 2): Die Douglasie zeigt eine unerwünschte Verjüngung hauptsächlich auf Felsstandorten aus saurem Gestein sowie in trockenen, bodensauren Hainsim1) und sen-Traubeneichenwäldern (Abb.  Drahtschmielen-Bergahorn-Blockwäldern. Unter den speziellen Bedingungen dieser Lebensräume kann die Douglasie als invasiv angesehen werden. Letzteres Biotop umfasst lichte Wälder auf Blockhalden basenarmer Gesteine und gehört in BadenBündner Wald 5/2017 55

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2000

0,1 %

Fläche mit DouglasienNaturverjüngung Waldbiotopfläche

1500 1000

0,1 % ~0 %

10,6 %

500

5,7 % 25,8 %

5,4 %

3,3 %

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Waldfläche [ha]

Abb. 2 Naturverjüngung der Douglasie in seltenen, naturnahen Waldlebensräumen in Baden-Württemberg. Die Flächenanteile der Naturverjüngung (in %) bezieht sich auf die Fläche je Waldbiotoptyp (Waldbiotopkartierung, Stand 2015). Anmerkung: Der Hainsimsen-Buchenwald wird nur in jenen Wuchsgebieten durch die Waldbiotopkartierung erfasst, in denen er regional selten ist. (Bild: zVg. Uni Freiburg i.Br.)

Württemberg regional zu den seltensten und kleinflächigsten Waldbiotoptypen. Geringe Kronenüberschirmung und fehlende Strauch­schicht und somit eine hohe Lichtverfügbarkeit zählen zu den wichtigsten Merkmalen dieses Biotoptyps, wodurch geeignete Bedingungen für eine erfolgreiche Naturverjüngung der Douglasie, aber auch jeder anderen lichtbedürftigen (gesellschafts-untypischen) Baumart geboten werden. Da die Douglasien-Naturverjüngung insgesamt nur in einem geringen Anteil der geschützten Waldbiotope (d. h. 98,8 ha in Baden-Württemberg) verzeichnet wurde, erscheint eine erfolgreiche waldbauliche und betriebliche Steuerung dieser Baumart durchaus möglich (z.  B. durch geeignete Pufferzonen und Biotoppflege). Differenzierte Auswertungen von systematisch erhobenen Inventurdaten leisten einen

wichtigen Beitrag für die Invasivitätsbewertung einer eingeführten Baumart. Durch weitere, ähnliche Auswertungen unterschiedlicher Waldinventuren kann das Management eingeführter Baumarten und der Schutz wertvoller Biotope weiter verbessert werden. Eine weitere noch ungeklärte Frage besteht hinsichtlich des Einflusses der Douglasie auf die Biodiversität. Um diesen einzuschätzen, sind die häufig angestellten Vergleiche von Arten und Artengruppen in Douglasienbeständen oder an einzelnen Bäumen mit Beständen und Einzelbäumen anderer Baum­ arten wenig hilfreich. Dass sich diese bis zu einem gewissen Grad unterscheiden, ist vorhersagbar. Stattdessen benötigen wir Information dazu, wie sich ein bestimmter Anteil von Douglasien in gemischten Beständen oder auf Landschaftsebene auf Populationen von im Bestand gefährdeten

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Waldarten auswirkt. Dazu liegen bisher keine Informationen vor. Literatur Lavender, D. P., Hermann, R. K. (2014). Douglas-fir: The Genus Pseudotsuga. Corvallis, OR: Forest Research Publications Office, Oregon State University. Albrecht, A. T., Kohnle, U., Hanewinkel, M., and Bauhus, J. (2013) Storm damage of Douglas-fir unexpectedly high compared to Norway spruce. Annals of Forest Sciences 70, 195 – 207 Ammer C., Bolte A., Herberg A., Höltermann A., Krüss A., Krug A., nehring S., Schmidt O., Spellmann H., Vor T. (2016) Vertreter von Forstwissenschaft und Naturschutz legen gemeinsame Empfehlungen für den Anbau eingeführter Waldbaumarten vor – Gemeinsames Papier des DVFFA und des BfN. Bindewald A., Michiels H.-G. (2016) Quantifying invasiveness of Douglas fir on the basis of natural regeneration in south-western Germany. In: Frank Krumm and Lucie Vítková (Hrsg.) Introduced tree species in European forests: opportunities and challenges. European Forest Institute, S. 330 – 343 Kuehne, C., Karrié, C., Forrester, D.I., Kohnle, U., Bauhus, J. (2015) Root system development in naturally regenerated Douglasfir saplings as influenced by canopy closure and crowding. Journal of Forest Science 61, 406 – 415 Nehring S., Kowarik I., Rabitsch W., Essl F. (2013) Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefässpflanzen. In: BfN Skripten, p. 202. Essl, Franz ed. Bonn – Bad Godesberg: Bundesamt für Naturschutz. Nyssen, B., Schmidt, U.E., Nyssen, B., Muys, B., Van der Lei, P.B., Pyttel, P. (2016): The

history of ontroduced tree species in Europe in a nutshell. In: Frank Krumm and Lucie Vítková (Hrsg.) Introduced tree species in European forests: opportunities and challenges. European Forest Institute, S. 44 – 56 Spellmann H., Weller A., Brang P., Michiels H.-G., Bolte A. (2015) Douglasie (Pseudotsuga menziesii (Mirb.) Franco). In: Vor, T., Spellmann, H., Bolte, A., Ammer, C. (Hrsg.) Potenziale und Risiken eingeführter Baumarten – Baumartenportraits mit naturschutzfachlicher Bewertung. Göttingen: Universitätsverlag Göttingen, S. 187 – 217 Steinmetz, A. und Bauhus, J. (2016) Naturverjüngung der Douglasie im Stadtwald Freiburg – invasiv? AFZ/Der Wald, 71. Jg., 8, 25 – 28 Stephan, B. R. (1981) Douglasienschütte. Merkblätter der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg 2, 8 S.

Anja Bindewald FVA Baden-Württemberg D-79085 Freiburg i. Br anja.bindewald @ forst.bwl.de

Hans-Gerhard Michiels FVA Baden-Württemberg D-79100 Freiburg i. Br. hans-gerhard.michiels @  forst.bwl.de

Jürgen Bauhus Universität Freiburg D-79085 Freiburg i. Br. juergen.bauhus @  waldbau.uni-freiburg.de

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Lehr- und Fachbuch für unternehmerische Entscheidungsprozesse Die Anforderungen an das ökonomische und betriebswirtschaftliche Wissen der Führungskräfte in der Wald- und Holzwirtschaft sind enorm gestiegen. Daher erhält das 2009 erschienene Buch gerade jetzt seine besondere Bedeutung und schliesst eine Lücke in der Fachbuchliteratur. Wie alle Unternehmungen, die heute im Wettbewerb um Absatzmärkte und Ressourcen stehen, agieren die Betriebe der Wald- und Holzwirtschaft in einem dynamischen und in vielen

Unternehmerisches Handeln in der Wald- und Holzwirtschaft – Betriebswirtschaft­ liche Grundlagen und Managementprozesse. (Bild: dbv Verlag)

Aspekten nur schwer einschätzbaren gesamtwirtschaftlichen Umfeld. Technologische Innovationen, der Wertewandel in unseren modernen Gesellschaften sowie eine sich ständig verändernde Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen sind wichtige Einflussfaktoren. Gleiches gilt für eine vergrösserte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gegenüber dem Umgang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen, für Veränderungen in der Steuer-, Abgaben- und Subventionspolitik oder in Bezug auf die Erweiterung der Europäischen Union (z. B. Europäische Holzhandelsregulierung), internationale Krisen sowie kurz- und langfristig zu erwartende Veränderungen des Klimas. Derartige Aspekte und Einflüsse wirken sich auf die Geschäftstätigkeit von Betrieben aus und bringen Chancen und Risiken für deren Zukunft mit sich. Das vorliegende Lehr- und Fachbuch für Hochschulen und die Praxis der Wald- und Holzwirtschaft trägt diesen Anforderungen Rechnung, indem Grundlagen und methodische Hilfsmittel betriebswirtschaftlichen Handelns in ihrer Breite und Vielfalt dargestellt werden. Ausgangspunkt ist ein prozess- und akteurbezogener Ansatz, der die gesamte Wertschöpfungskette der Wald- und Holzwirtschaft umfasst. Die einzelnen Kapitel stehen in einem klaren Bezug zueinander und werden durch detaillierte Teilgliederungen erschlossen. Gleichzeitig ermöglichen Aufbau und Struktur des Textes sowie ein umfangreiches Schlagwortregister auch eine gezielte, selektive Lektüre zu spezifischen Themen. Eine Vertiefung einzelner Sachgebiete kann anhand der umfangreichen Hinweise zu betriebswirtschaftlichen Grundlagentexten bzw. zur Spezialliteratur erfolgen. Das Werk bereitet das gesamte betriebswirtschaftliche Wissen für alle auf, die in der

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Branche Wald- und Holzwirtschaft kaufmännisch tätig sind. Dabei geht es nicht nur um das Grundlagenwissen des Wirtschaftens und die praxisbezogene Darstellung von Waldentwicklung und Waldnutzung. Vielmehr geht das Werk über den Charakter eines reinen Lehrbuchs hinaus und beleuchtet die komplexen Prozesse für das ökonomische Handeln. Damit wird es zu einem unentbehrlichen Nachschlagewerk für die Branche. Die besondere Bedeutung des Werks ist auch darin zu sehen, dass es als Gemeinschaftswerk von fünf Autoren entstand, die über Länder- und Hochschulgrenzen hinweg zusammengefunden haben. Der fachliche Inhalt basiert auf den Kenntnissen und Erfahrungen der Autoren. Sie haben in unterschiedlicher Weise wissenschaftliches Know-how, Erfahrungen in Forschung und Lehre an Universitäten und Fachhochschulen, Erfahrungen mit der Waldwirtschaft Deutschlands, Österreichs und der Schweiz sowie internationale Beratungserfahrung und Industriepraxis inner- und ausserhalb der Wald- und Holzwirtschaft eingebracht. Ziele – Vermittlung betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge und sektorspezifischer Rahmenbedingungen der Wald- und Holzwirtschaft – Darstellung der Grundlagen, Methoden und Techniken unternehmerischer

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Entscheidungen mit Beispielen aus der Praxis Entwicklung analytischer Fähigkeiten für zu lösende Zielkonflikte in Entscheidungsprozessen Förderung kreativer und bewertender Fähigkeiten bei der Entwicklung eigener Lösungen und der Umsetzung von Entscheidungen Entwicklung der Sozialkompetenz von Führungskräften Verweise auf aktuelle Grundlagenund Spezialliteratur

Leitlinien – Kundenorientierung als unternehmerische Grundeinstellung – Prozessorientierte und unternehmensübergreifende Steuerung von Güter-, Finanz- und Informationsflüssen als Voraussetzung für Leistungsfähigkeit, Effizienz und Wettbewerb – Innovation als Grundlage der Unternehmensentwicklung und Sicherung der wirtschaftlichen Existenz in einem dynamischen Umfeld Alfred Kammerhofer BAFU Sektion Holzwirtschaft & Waldwirtschaft CH-3003 Bern alfred.kammerhofer @ bafu.admin.ch

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Waldknigge Waldarbeiten

Eine Absperrung bedeutet Lebensgefahr! (Illustration: Rolf Giger)

Damit der Wald alle seine Funktionen erfüllen kann, wird er von Forstfachleuten gezielt gepflegt und bewirtschaftet. Neben den Aufgaben zur Waldpflege und Bewirtschaftung erfüllt der Forstdienst auch hoheitliche Aufgaben und ist für den Vollzug des Waldgesetztes verantwortlich. Die professionelle Waldarbeit darf durch Waldbesucher nicht behindert oder beeinträchtigt werden. Darum muss man Folgendes berücksichtigen: – Forstliche Absperrungen sind stets zu respektieren, sie dienen der Sicherheit und erleichtern den Forstleuten die Arbeit. – Eine Absperrung bedeutet Lebensgefahr! Also nicht betreten! – Den Anweisungen des Forstpersonals ist immer Folge zu leisten. – Ein Warndreieck bedeutet, dass der Durchgang erlaubt ist, aber auch, dass Vorsicht geboten ist.

–B äume fällen ist äusserst gefährlich und für Unbefugte verboten. Darum werden Bäume nur von Profis gefällt. – Der Wald und seine Bäume, aber auch aufgestapeltes Holz haben immer einen Eigentümer. Bäume fällen, Holz verschleppen oder mitnehmen bedeutet Sachbeschädigung oder Entwendung fremden Eigentums und kann geahndet werden. – Holzstapel aller Art sind keine Spielplätze und sollten darum aus Sicherheitsgründen nicht bestiegen werden. SELVA, August 2017 SELVA Bahnhofplatz 1 CH-7302 Landquart info @ selva-gr.ch

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Neuer Schutz vor Steinschlag: volle Sicherheit mit wenig Material Gemeinsam mit dem Dynamic Test Center hat die Drahtseilfirma Jakob AG ein neues Produkt entwickelt: den WebTree. Das Netzkonstrukt schützt mit wenig Material effektiv vor Steinschlag. Für den Aufbau des WebTrees halten sich Monteure nur kurz im Gefahrengebiet auf. Die neu entwickelte Steinschlagbarriere WebTree vernichtet die Energie von aufprallenden Steinen durch das Zusammenspiel von Netz, Stahlbau und einer patentierten Seilbremse. Das Spezialnetz fängt selbst kleine Steine sicher auf. Für das modulare Netzkonstrukt sind nur wenige Erdanker nötig. Daher müssen sich Monteure nur kurzzeitig im Gefahrengebiet aufhalten, um den WebTree zu installieren: In 45 Minuten befestigen sie bis zu 45 Meter WebTree-Barriere. Die einzelnen Module werden in einer sicheren Umgebung vormontiert und mit einem Hubschrauber zum Installationsort geflogen. Der WebTree kommt ohne zusätzliches Auflegenetz aus, was den Materialeinsatz minimiert und finanzielle Vorteile bringt. Modularer Aufbau Der WebTree besteht aus einem vier Meter hohen und fünf Meter breiten Spezialnetz. Dieses schliesst an einer Stahlrohrkonstruktion an, die im Boden verankert wird. Wie der Name verrät, ähnelt der WebTree (englisch für WebBaum) einem Baum, optisch wie funktional: Bäume sind ein natürlicher, effizienter Steinschlagschutz. Aneinandergereiht lassen sich mit mehreren WebTrees beliebig lange Schutzbarrieren einrichten – dies mit wenigen Bohrankern, welche den WebTrees sicheren Rückhalt im Boden verschaffen. Dank der kurzen Montagezeit lässt sich der WebTree auch temporär einsetzen, beispielsweise als vorübergehender Baustellen-

schutz oder zur Sicherung eines Wanderwegs. Im Sommer schützt er die Wanderer vor Steinschlag und vor dem Winter wird er einfach und rasch abgebaut, damit er nicht durch Lawinen beschädigt wird. Der modulare Aufbau hat weitere Vorteile: Beschädigte oder zerstörte Elemente sind in kurzer Zeit und ohne grossen Aufwand ausgetauscht. Damit ist die nötige Sicherheit schnell und kostengünstig wieder gewährleistet.

Ein Zwischennetz wird mit dem Helikopter eingeflogen und in kurzer Zeit montiert. Bündner Wald 5/2017 61

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Eine fertig monierte WebTree-Steinschlagschutzbarriere. (Bilder: zVg Jakob AG)

Erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Industrie und Forschung Volle Sicherheit mit optimiertem Material­ einsatz – dies war eines der Ziele bei der Entwicklung des WebTrees. Die eidgenössi­ sche Kommission für Technologie und Inno­ vation KTI hat die Jakob AG bei der Ent­ wicklung unterstützt. Am Dynamic Test Center (DTC) im schweizerischen Vauffelin wurde der WebTree ausgiebig getestet. Mittels FEM-Berechnungen und Anprall­ tests stellt das Entwicklungsteam sicher, dass Netz, Stahlbau und Seilbremse auftre­ tenden Kräften bis 500 kJ erfolgreich stand­ halten. Das Entwicklungsteam vereint Erfahrung, Praxis und Know-how. Dank dieser Zusam­ menarbeit ist ein einzigartiges Sicherungs­ system entstanden, welches mit einer gerin­

gen Anzahl an Erdankern auskommt, sich durch einen minimalen Materialeinsatz aus­ zeichnet und trotzdem die volle Sicherheit garantiert. Dieses neuartige Produkt ist nach ETAG 027, Kategorie A, zugelassen. Die Jakob AG freut sich, ihre langjährige Er­ fahrung mit Drahtseilkonstruktionen nun auch im Bereich Steinschlagschutz nutzen zu können. Weitere Informationen: www.Jakob.com

Urs Schneider Leiter Seil- und Hebetechnik Jakob AG, CH-3555 Trubschachen urs.schneider @ jakob.ch

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Vorschau «Bündner Wald» Dezember 2017 Nachhaltigkeit heute Den Gedanken der Nachhaltigkeit kennen wir seit über 300 Jahren. Heute ist die Nachhaltigkeit in aller Munde. Dies schlicht deswegen, weil das Bewusstsein gestiegen ist, dass nur mit nachhaltigen Systemen das Leben auf dem Raumschiff Erde langfristig angenehm bleibt. Dieser Grundsatz ist in den letzten 40 Jahren zum zentralen Wert für künftige Entwicklungen geworden – sei es im ökologischen, ökonomischen oder sozialen Kontext. Dabei lohnt es sich, hier und jetzt auch wieder auf die Ursprünge der Nachhaltigkeit zu schauen, nämlich in den Wald. Sind wir nachhaltig und wie ist dies überhaupt messbar? Verfolgen wir die richtigen Ziele und sind wir als Branche noch das viel zitierte Vorbild?

Vorschau auf die nächsten Nummern: Februar 2018: Vogelbeere – im Wert unterschätzt Redaktion: Sandro Krättli April 2018: Versammlungsnummer – zu Gast auf Schloss Tarasp Redaktion: Jörg Clavadetscher Juni 2018: Coaz, Pionier seiner Zeit (1822 – 1918) Redaktion: Sandro Krättli

Redaktion: Sandro Krättli

Herausgegeben vonvon Graubünden Wald, Amt für Wald Graubünden undGraubünden der SELVA. Herausgegeben Graubünden Wald, Amt und für Naturgefahren Wald und Naturgefahren und der SELVA. Verleger: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Christophe Trüb, Verlag: © Somedia Production AG, CH-7007 Chur Print, Sekretariat: SELVA, Urs Rutishauser, ­Bahnhof­Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @  selva-gr.ch Redaktoren: Jörg Clava­

platz 1, CH-7302 Landquart, Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @  selva-gr.ch Redak-

detscher, Revier forestal da Val Müstair, CH-7535 Valchava, Telefon + 41 (0) 81 858 58 21, forestal-muestair @ bluewin.ch.

toren: Jörg Clava­detscher, forestal-muestair @ bluewin.ch. Sandro Krättli, sandro.kraettli @ awn.gr.ch.

Sandro Krättli, AWN GR, Sagastägstrasse 96, CH-7220 Schiers, Telefon + 41 (0) 81 300 24 11, sandro.kraettli @ awn.gr.ch.

Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern. ­Her-

Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern Druckvorstufe (Satz, Lithos, Belich-

stellung: SomediaPresse Production, Chur. Erscheint sechsmal Auflage: 1700 : Südostschweiz tung)  und PrintCH-7007 AG, Südostschweiz Print, Antonin Friberg jährlich. Druck: Südostschweiz PresseExemplare und Print AG, Inserate: Somedia Promotion, Telefon + 41 1,(0) 81 650Chur, 00 70, thusis@somedia.ch Abonnements­ Süd­ ostschweiz Print, Postfach 508, Kasernenstrasse CH-7007 Telefon + 41 (0) 81 255 51 11, Fax + 41 (0) 81 255 52 89. Erscheint jährlich. 1700 Exemplare Inserate: Südostschweiz Publicitas AG, Neudorfstrasse 17, preise: CHF 60.– sechsmal (inkl. MwSt. fürAuflage Mitglieder Verein Graubünden Wald) Abonnemente/Adressände­ CH-7430 Telefon (0) 81 650 70, abo  Fax + 41 (0) 81 650 00www.buendnerwald.ch 74, thusis@so-publicitas.ch ­Abonnementspreise: rungen: Thusis, Telefon + 41 + 41 (0) 81 255 540054, somedia.ch,

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