BĂźndner
Wald
Jahrgang 70 | Dezember 2017
Nachhaltigkeit heute
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Inhalt
Nachhaltigkeit heute Editorial.................................................. 4 Nachhaltigkeit – eine forstliche Erfindung.................................................... 5 Von den Förstern lernen............................ 10
Nachhaltigkeit: Das internationale forstliche Konzept................................. 13 Nachhaltigkeit im Bündner Wald........... 18 Einfluss der Erschliessung auf die nachhaltige Schutzwaldpflege................ 23 ForstBAR und Nachhaltigkeit................. 29 Nachhaltigkeit in der Waldbiodiversität.................................. 34
Waldknigge Jungwald........................... 39 Ein neuer Naturschutz für das Anthropozän (Essay).................. 40 Wie viel Licht braucht die Lärchenverjüngung?........................ 50 Schweizer Pionier des ökologischen Nachhaltigkeitsdenkens......................... 55 Comic Theo & Heinz.............................. 57 Tage des Schweizer Holzes.................... 58 23 Förster wurden gefeiert.................... 60 Weltrekord im Steinschlagschutz............ 62 Vorschau «Bündner Wald» Februar 2018........................................ 63
Titelbild: Wachstum und Nutzung – noch immer dient die Forstwirtschaft als Vorbild der Nachhaltigkeit. (Bild: Sandro Krättli) Bild Inhaltsverzeichnis: Nachhhaltigkeit als Schulfach? Davoser Kinder während der Waldtrophy mit dem Ranger André Kindschi. (Bild: Sandro Krättli) Bündner Wald 3
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Editorial
Aus dem letzten Brief von Baden-Powell an die Pfadfinder ist mir eine Passage in Erinnerung geblieben: «Seid zufrieden mit dem, was euch gegeben ist, und macht davon den bestmöglichen Gebrauch. Trachtet danach, jeder Sache eine gute Seite abzugewinnen. Das eigentliche Glück aber findet ihr darin, dass ihr andere glücklich macht. Versucht, die Welt ein bisschen besser zurückzulassen als ihr sie vorgefunden habt.» Seit den 1970er-Jahren wird darauf hingewiesen, dass die Ressourcen unserer Erde endlich sind. Zweifelsohne hat diese Erkenntnis noch nicht gereicht, um eine Trendwende einzuleiten. Viele Wachstumskurven steigen noch immer exponentiell nach oben. Was heute viele Experten propagieren, wird mittlerweile auch Laien schnell klar: So kann es nicht weitergehen – gerade wenn wir an künftige Generationen denken. Der Klimawandel schreitet voran, der noch immer steigende Konsum führt zu Engpässen und Zerstörung. In der Atmosphäre, in den Gewässern aber auch auf dem Land, beispielsweise im Wald. Selbstsicher brüsten wir uns gerne mit unserer langen Nachhaltigkeitstradition. Hemdsärmelig erklären wir jedem Kind: «Wir ernten nur so viel wie nachwächst. Ohne uns wird der Wald dunkel und alt.» So weit, so gut! Einfache Botschaften helfen. Doch unter dieser Mantra liessen wir auch Auswüchse in unserem waldbaulichen Handeln zu. Der Waldpelz hat teilweise Löcher bekommen, die nun nur zögerlich ausheilen. Der traditionelle Naturschutz sieht als Gegengewicht den totalen Schutz von Arten und Lebensräumen. Etabliert hat sich dadurch die Kompensation bei Eingriffen in die Natur. So werden bei einschneidenden Bauwerken – z. B. in den Bergen für die Energieversorgung – als Gegenleistung andere Räume komplett unter Schutz gestellt.
Die Strategie des absoluten Schutzes funk tioniert aber nur bedingt. Wenn die eine Fläche unter die Schutzglocke gerät, suggeriert man auf der Nebenfläche leider oft die volle Freiheit, sei dies noch so schädlich und kurz gegriffen. Solche Deals beissen sich schnell und können natürliche Prozesse im gesamten Raum aushebeln. Gehen wir konkret davon aus, dass dies beispielsweise für eine Staumauer geschieht, müsste man zuerst überlegen, ob der Stromverbrauch unten im Tal reduziert werden kann. Trotz allem bleibe ich Optimist, solche Widersprüche werden vermehrt erkannt. Der einst reizvolle Flirt mit der ökonomischen Rationalisierung wandelt sich wieder vermehrt zu ausgewogenen nachhaltigen Partnerschaften, welche auch soziale und ökologische Aspekte gewichten. Wir sollten als Branche mit Nachhaltigkeitstradition imstande sein, eigene Fehler zu korrigieren und langfristig masszuhalten. Viele liessen sich gar nie anders verleiten und folgten ihrem inneren Kompass. Diese stillen Waldbauer sind die Vorbilder der ursprünglichen Nachhaltigkeit. Sie beweisen, wie man den Wald pflegt, nutzt und schützt – gleichzeitig aber auch attraktiv und zugänglich behält. Verschiedene Begegnungen bestätigen mir, dass jene Forstleute, die versuchen, den Wald ein bisschen besser zurückzulassen als wie sie ihn vorgefunden haben, selbst glücklicher sind und andere glücklicher machen. Glück scheint mir heute ein vernachlässigter Wert bei der Betrachtung der Nachhaltigkeit.
Sandro Krättli, Redaktor Bündner Wald Bahnhofplatz 3B, CH-7302 Landquart sandro.kraettli @ awn.gr.ch
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Nachhaltigkeit – eine forstliche Erfindung Ein deutscher Forstmann zog vor mehr als 300 Jahren die Notbremse, als er forderte, nicht mehr zu ernten, als nachwachsen könne. 1713 definierte Hans Carl von Carlowitz den Begriff Nachhaltigkeit in seinem umfangreichen Werk «Silvicultura Oeconomica». Sein Anliegen dabei war, die durch Übernutzung ausgelaugten und verwüsteten Wälder nach dem 30-jährigen Krieg wieder aufzubauen und dafür Sorge zu tragen, dass derartiger Raubbau künftig unterbleibt. Forstliches Bewirtschaftungsprinzip im Wandel Der eigentliche Begriff Nachhaltigkeit wurde, wie eingangs erwähnt, zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Deutschland formuliert. Noch bevor es überhaupt ein Wort für «Nachhaltigkeit» gab, wurde diese aber bereits praktiziert. Dabei darf nicht vergessen werden, dass der Wald, der heute grösstenteils multifunktional ist, im Bewusstsein der damaligen Menschen eine reine Wirtschaftsfunktion als Rohstofflieferant hatte.
«Slogan und Stempel – Bekenntnis und Markenzeichen» zum 300-Jahr-Jubiläum der Nachhaltigkeit im Jahre 2013 der Deutschen Forstwirtschaft. (Bild: Forstwirtschaft-in-Deutschland.de)
Nachhaltige Bewirtschaftung schliesst moderne Holzerntemethoden keineswegs aus – im Gegenteil. (Bild: Schweizerischer Forstverein, Frenkendorf/ LIGNUM)
Das Prinzip, nicht mehr Holz zu ernten als nachwächst, prägt seither die Forstwirtschaft und wurde zum zentralen Leitprinzip. Die Forstwirtschaft musste sich wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig über Jahrhunderte – unter ständig wechselndem Zeitgeist – zielführend verhalten, stets mit Blick auf die Bedürfnisse kommender Generationen. Grund für den hohen Stellenwert der forstlichen Nachhaltigkeit sind zum einen die langen Regenerationsdauern und geringen Wachstumsraten der Waldbestände, zum anderen der in der Vergangenheit ausgeuferte Holzbedarf. Der Begriff der Nachhaltigkeit hat in den vergangenen drei Jahrhunderten denn auch viele Bezugsgrössen erlebt: Holzerträge, Betriebsvermögen, Reinerträge, Wertschöpfung, Naturproduktivität, Arbeitskräfte, Schutzwirkungen oder Biodiversität. Natürlich hat sich das Verständnis von Nachhaltigkeit über die Jahrhunderte weiterentwickelt, sodass wir heute eine wesentlich komplexere Vorstellung des Begriffs haben, nicht nur im forstlichen Wortgebrauch. Bündner Wald 5
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Das aktuelle Verständnis von Nachhaltigkeit ist aus den grossen weltpolitischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte hervorgegangen. Spätestens seit der Umweltkonferenz 1992 in Rio de Janeiro sprechen wir von der sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit, welche alle Wirtschaftszweige und Lebensbereiche erobert hat. Zur Veranschaulichung der drei Hauptkomponenten wurde der Begriff der Nachhaltigkeit in einem Drei-Säulen-Modell konkretisiert, welches zu einem integrierten Nachhaltigkeitskonzept weiterentwickelt wurde. Das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit Das Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung (oft auch «Drei-Säulen-Prinzip der nachhaltigen Entwicklung» oder «DreiSäulen-Konzept der nachhaltigen Entwicklung» genannt) geht von der Vorstellung aus, dass nachhaltige Entwicklung nur durch das gleichzeitige und gleichberechtigte Umsetzen von umweltbezogenen, wirtschaftlichen und sozialen Zielen erreicht werden kann. Nur auf diese Weise kann die ökologische, ökonomische und soziale Leis-
tungsfähigkeit einer Gesellschaft sicher gestellt und verbessert werden. Die drei Aspekte bedingen dabei einander – die drei Säulen der Nachhaltigkeit stehen miteinander in Wechselwirkung und bedürfen langfristig einer ausgewogenen Koordination. Das einfach darstellbare Drei-Säulen-Modell ist in der Fachwelt aber umstritten. Kritiker bemängeln vor allem, dass es sich schlecht operationalisieren lasse und sich aus ihm kaum praktische Konsequenzen ableiten liessen. Integrierter Nachhaltigkeitsansatz Deshalb wurde das beschriebene Drei-Säulen-Modell bedeutend weiterentwickelt. Zentral dabei ist die Erweiterung um die genannte institutionelle Dimension, um die Operationalisierung, um dimensionsübergreifende Nachhaltigkeitsziele sowie um die Integration von Gerechtigkeitsaspekten. So umfasst das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung heute ökologische, ökonomische, soziale sowie kulturelle Bestandteile zur Sicherung der Generationengerechtigkeit. Um das Drei-Säulen-Modell im Grundsatz beizubehalten, wurde dieses den Erforder-
Das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit (Illustration: fotolia.com) 6
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nissen der genannten integrierten Darstellung angepasst. Hierzu bietet sich die Darstellung in einem Dreiecksdiagramm (vgl. Abb. S. 8) an. Das Diagramm, das auch als Gibbsches Dreieck bekannt ist, bildet ein Gemisch aus drei Komponenten ab (x + y + z = 100 %). In diesem Sinne muss Abschied von der Vorstellung dreier isolierter Säulen genommen werden. Stattdessen sind die Säulen als Dimensionen aufzufassen, denen Nachhaltigkeitsaspekte kontinuierlich zugeordnet werden können. Beispielsweise betrifft die Ökoeffizienz als ökonomischökologisches Konzept zwei Dimensionen gleichermassen (50 % Ökonomie + 50 % Ökologie), während die Biodiversität vorwiegend als ein ökologisch dominiertes Thema (ca. 100 % Ökologie) anzusehen ist. Das zentrale Feld steht für eine Position mit drei etwa gleich grossen Erklärungsbeiträgen. Im integrierenden Nachhaltigkeitsdreieck lassen sich alle möglichen Kombinationen darstellen. Schweizer Wald als Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit? Die heutige Gesellschaft stellt hohe Ansprüche an unseren Wald. Er soll Schutz vor Naturgefahren gewährleisten, Holz liefern, Tieren und Pflanzen einen Lebensraum bieten, der Erholung dienen, für saubere Luft, ein ausgeglichenes Klima und frisches Wasser sorgen. Dabei werden an die Qualität der Waldbewirtschaftung im öffentlichen Wald besonders hohe Anforderungen gestellt. Diese Bedürfnisse und Anforderungen an den Wald müssen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit verantwortungsvoll ausbalanciert werden, um die vielfältigen Funktionen des Walds zu sichern und für nachfolgende Generationen zu erhalten. Da liegt es auf der Hand, dass es nun mehr als 300 Jahre nach der Prägung des Nach-
haltigkeitsbegriffs durch Hans Carl von Carlowitz auch forstlich nicht mehr um die alleinige Nachhaltigkeit der Holznutzung geht. Ökonomie, Ökologie und soziale Ziele der Waldbewirtschaftung sind keine Gegensätze, sondern bedingen sich gegenseitig. In der Schweiz werden die vorgängig genannten Waldleistungen von der Bevölkerung als fast selbstverständlich anerkannt. Global steht es um den Wald allerdings bedeutend schlechter. «Eine naturnahe, nachhaltige Waldbewirtschaftung durch die Waldeigentümer ist Voraussetzung dafür, dass der Wald seine von der Bevölkerung oft als selbstverständlich geforderten Leistungen optimal erfüllen kann», sagt An dreas Götz, Vizedirektor des Bundesamts für Umwelt BAFU. «Da wir schon lange nach diesem Grundsatz arbeiten, darf sich die Schweiz international als vorbildlich bezeichnen.»
Die Ansprüche der Gesellschaft an den Wald steigen, auch betreffend Erholungsnutzung. (Bild: Nikola Zaric) Bündner Wald 7
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Nachhaltigkeit: handfestes Wirtschaftsprinzip oder Modewort? Alle wissen, was «nachhaltig» ist, jeder re det darüber: Das hat was mit Energie und Umwelt zu tun, vielleicht auch mit Ver kehr – oder mit Landwirtschaft und Tier haltung. Aber auch mit der Börse und mit Finanzprodukten – so steht es in der Zei tung. Nachhaltigkeit – mit Sicherheit für jedermann eine gute Sache … oder? Die Probleme bei der Beurteilung von Nach haltigkeit als handfestes Wirtschaftsprinzip beginnen gemäss Prof. Dr. Christian Ammer von der Universität Göttingen schon damit, dass Nachhaltigkeit unterschiedlich definiert wird: Soll Nachhaltigkeit als Prozess oder als Konzept verstanden werden? Wohl eher als Konzept. Einem Prozess unterliegen näm lich vielmehr die Güter und Dienstleistun gen, die nachhaltig bereitgestellt werden sollen. Nachhaltigkeit als Konzept hingegen bedeutet nicht nur zu gewährleisten, dass
Die Schweizer Waldwirtschaft abgebildet im Nachhaltigkeitsdreieck (Gibbsches Dreieck).
die von der Gesellschaft gewollten Güter und Dienstleistungen ressourcenschonend und kontinuierlich zur Verfügung stehen, sondern, eine Ressourcennutzung zu betrei ben, die künftigen Generationen die Mög lichkeit lässt, gleiche oder andere Güter und Dienstleistungen bereitgestellt zu bekom men. Klingt irgendwie kompliziert, ist es aber gar nicht wirklich. Es ist aber von grosser Wich tigkeit, dass die nachhaltig zu erfüllenden Ziele klar definiert werden. Aber die Ziele der Forstwirtschaft per se sind ja schon schwierig zu definieren; ein Sägewerkbesit zer, der vorrangig an einer nachhaltigen Holzproduktion interessiert ist, wird zu ei nem anderen Urteil kommen, als ein Bürger, der zur Sicherung spezieller Tierarten dauer haft eine bestimmte Waldstruktur aufrecht erhalten sehen möchte. Solange über die Ziele, deren Erreichen nachhaltig sicherge stellt werden soll, kein Konsens herrscht, wird man zu unterschiedlichen Lösungsan sätzen kommen. Im Vergleich zu anderen Landnutzungsformen steht die Forstwirt schaft mit Blick auf wesentliche Nachhaltig keitsindikatoren gemäss Einschätzung von Prof. Dr. Christian Ammer aber europaweit sehr gut da. Nachhaltigkeit im Schweizer Wald – mehr Schein als Sein? Das BAFU schrieb noch im Grundlagenbe richt «Holznutzung und Naturschutz» (2005), dass der Schweizer Wald aus wald wirtschaftlicher Sicht nicht nachhaltig auf gebaut sei. Es gibt zu wenig Verjüngung bzw. zu wenig Jungwaldflächen, während der stehende Holzvorrat so hoch ist, wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Diese Situation ist die direkte Folge davon, dass auf dem grössten Teil der Schweizer Waldfläche seit vielen Jahren weniger Holz genutzt wird als
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nachwächst. Raubbau am Schweizer Wald, wie in längst vergangenen Zeiten, ist dank der starken Waldgesetzgebung und des nach wie vor geltenden Kahlschlagverbots nicht möglich. Tatsächlich, die Schweizer Waldwirtschaft steht bezüglich der ökologischen wie der sozialen Komponente zum grössten Teil weit über dem internationalen bzw. europäischen Durchschnitt. Demnach müsste sie im Nachhaltigkeitsdreieck (vgl. Abb. S. 8) auf Feld «sozial-ökologisch» gesetzt werden (IST-Zustand). Dies klingt beruhigend …, aber ist es auch wirklich nachhaltig? Die ökonomische Dimension wurde bei uns in den letzten Jahrzehnten stark vernachlässigt. Ein Wald ist aber per Definition nur dann nachhaltig bewirtschaftet, wenn er seine ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Funktionen regional und national – heute und in Zukunft – erfüllen kann (SOLL-Zustand). Natürlich können die drei Aspekte je nach Standort lokal unterschiedlich gewichtet werden, ohne dass damit das Prinzip der Nachhaltigkeit verletzt wird. Regional sollte das Gleichgewicht über die drei
Dimensionen aber langfristig gewährleistet sein. Handlungsbedarf besteht also nach wie vor, unsere Waldbewirtschaftung in die Mitte des Nachhaltigkeitsdreiecks zu rücken und somit alle Dimensionen der Nachhaltigkeit gleichermassen zu berücksichtigen. Eine zusätzliche und sehr aktuelle forstliche He rausforderung im Zusammenhang mit der Umsetzung des Nachhaltigkeitsbegriffs ist der Klimawandel, insbesondere auch in den Schweizer Berggebieten wie bei uns im Kanton Graubünden. Nachhaltigkeit soll nach wie vor als forstlicher Leitsatz gelebt und nicht nur als Modewort für Marketingzwecke eingesetzt werden.
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Von den Förstern lernen Es ist eine einfache «Milchbüechlirechnung»: Wenn eine Grösse immer schneller wächst – in einem Raum oder auf einer Fläche, die begrenzt ist – dann stösst diese an Grenzen. Es ereignen sich Dinge, deren Folgen schwer abzuschätzen sind. Wenn der Massstab eine Generation ist, wird die «explosive Kraft des exponentiellen Wachstums» nicht bemerkt. Nachhaltige Entwicklung als Gesamtverantwortung Am Beispiel des exponentiellen Wachstums einer Seerose kann dies illustriert werden. Würde die tägliche Verdoppelung der See rosen anhalten, bedeckten die Seerosen be reits am 32. Tag die ganze Fläche des Zürich sees. Nach 41 Tagen wäre die ganze Schweiz mit Seerosen überwachsen. Am Tag 49 die Fläche von ganz Europa und am 55. Tag würden die Seerosen den gesamten Erdball unter sich begraben. Ein anderes, realeres Beispiel ist das Bevölke rungswachstum: Um 1900 lebten 1,7 Milliar den Menschen auf der Erde, 1990 waren es 5,3 Milliarden und nur 15 Jahre später schon 6,5 Milliarden. Heute bevölkern rund 7, 5 Milliarden Menschen die Erde. Exponentiell entwickelt hat sich aber auch unser Wohl stand. Immer mehr Menschen wollen immer mehr. Gesteuert von einer inneren Dynamik der Wirtschaft, die – um Krisen zu vermei den – «exponentiell» wachsen muss. Politiker/-innen, welche – um gewählt zu werden – dafür sorgen, dass Rahmenbedin gungen für eben diese «Marktwirtschaft» geregelt werden, die traditionell auf noch mehr Güter und noch mehr Infrastruktur für Mobilität und Energieproduktion gerichtet ist. Dies wiederum, um der Wirtschaft eine kostengünstige Produktion zu ermöglichen und den Konsumenten eine vermeintlich günstige Güterversorgung, von welcher in
Infografik «Exponentielles Wachstum», erstellt durch Noa Zimmermann, Hintergrundbild von commons.wikimedia.org «Fischringe auf der Wasseroberfläche» (© NZZ Libro, Neue Zürcher Zeitung AG)
unserem Kulturkreis rund ein Drittel als Ab fall weggeworfen wird. Es gibt nur eine Erde und die verfügt über eine begrenzte Fläche, bzw. einen begrenzten Raum mit begrenz ten Ressourcen. Warum weigern wir uns, diesen von niemandem bestrittenen Tat sachen in die Augen zu sehen und Konzepte für deren Überwindung in die Tat umzuset zen? Wir müssen unser Leben auf die lang fristige Bewohnbarkeit unseres Planeten ausrichten. Das sind wir unseren Kindern schuldig. Nachhaltige Waldverjüngung Die «Bibel» der Förster heisst NaiS: «Nach haltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutz wald». Eine Wegleitung für Pflegemassnah
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Grenzen des Wachstums: Standardlauf des Weltmodells. (Grafik: Meadows, D., Die Grenzen des Wachstums, 1972)
men in Wäldern mit Schutzfunktion. Ein Werk von 326 Seiten plus Formularsatz. Es ist kein Zufall, dass der Begriff Nachhaltigkeit seinen Ursprung in der Forstwirtschaft hat. Es war immer wieder die Betroffenheit, welche weitsichtige Persönlichkeiten angesichts übermässiger Abholzung und drohender Rohstoffkrisen dazu bewogen hat, sich mit Lösungen dieses Problems zu beschäftigen. Hans Carl von Carlowitz (1645 – 1714) formulierte in seinem Werk «Sylvicultura oeconomica» erstmals, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmässige Aufforstung, durch Säen und Pflanzen nachwachsen konnte. So ist es nicht erstaunlich, dass sich die Förster mit der Thematik Wald–Wild intensiv auseinandersetzen. Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ist es unverständlich, dass sich in unserem Kanton zwei Ämter nicht dem Oberziel der nachhaltigen Entwicklung des Walds gemeinsam verpflichtet fühlen.
Eine Wildregulierung muss dem Ziel Nachhaltigkeit des Walds, d. h. dessen natürlicher Verjüngungsfähigkeit untergeordnet sein. Lösungsansätze, wie sie im Positionspapier von Graubünden Wald dargelegt werden, können für Entspannung sorgen. Umweltkredite schaden In einem Beitrag vom 19. September 2017 schreibt Paul Donovan, Global Chief Economist UBS Wealth Management: «Die Menschheit wirtschaftet nicht nachhaltig. Sie macht Schulden bei der Umwelt. Wenn etwa der Lebensstandard von morgen verringert wird, um den heutigen Lebensstandard zu erhöhen, handelt es sich um einen Kredit. Umweltkredite entstehen durch einen nicht nachhaltigen Einsatz von ökologischem Kapital. Wir nehmen die Verschlechterung der künftigen Lebensstandards in Kauf, um unseren heutigen Lebensstandard zu erhöhen. Die Umweltkredite stellen heuBündner Wald 11
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te eine Bedrohung der Weltwirtschaft dar. Diese Bedrohung ist ernster als die Risiken, die Finanzkredite in sich bergen», so Donovan. Eine solche These stellten die Wissenschaftler des Club of Rome bereits 1972 und in ihrem «30-Jahre-Update» aus dem Jahr 2006 auf. Die aktualisierten Computerläufe und die Neubewertung der Daten bestätigen, «dass die Nutzung zahlreicher Ressourcen und Umweltgifte bereits die Grenzen des langfristig Zuträglichen überschritten haben». Doch es gibt Lösungen, dem entgegenzuwirken. Beginnen wir uns in unserer täglichen Arbeit damit auseinanderzusetzen, wie es uns die Förster vormachen.
Jede Branche, jede Politikerin und jeder Politiker müsste über eine eigene NaiSL, «Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutz unserer Lebensgrundlagen» verfügen und diese im Sinne der «NaiS-Konzep tion» kompetent umsetzen. Chur, 2. 11. 2017
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Nachhaltigkeit: Das internationale forstliche Konzept Das forstliche Nachhaltigkeitskonzept beschreibt die Handlungsprinzipien zur Nutzung der Ressource Wald. Dabei sollen die wesentlichen Eigenschaften dieser Ressource bewahrt werden. Im Vordergrund stehen etwa die Stabilität, Vitalität und natürliche Regenerationsfähigkeit des Walds ebenso wie die dauerhafte Sicherstellung der gegenwärtigen und künftigen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Funktionen des Walds. Als Schöpfer des forstlichen Nachhaltigkeitsbegriffs gilt Hans Carl von Carlowitz (vgl. etwa Sächsische HansCarl-von-Carlowitz-Gesellschaft 2013). Nachhaltige Waldbewirtschaftung bedeutet einen Schritt von der am Bedarf orientierten Waldnutzung hin zu einer Waldnutzung, «die sich an der Leistungsfähigkeit des Walds ausrichtet» (Janssen 1990: 220). Mit diesem Verständnis lässt sich auch der Bo-
gen zu den Waldökosystemleistungen schlagen. Der Nachhaltigkeitsgedanke ist radikal, denn er verlangt einen momentanen Konsumverzicht zur Sicherstellung der Existenzbasis für die Zukunft (Kurth, 1994: 39). Kriterien und Indikatoren einer nach haltigen Waldbewirtschaftung Sustainable Forest Management SFM (nachhaltige Waldbewirtschaftung) war Gegenstand waldpolitischer Diskussionen seit den 1990er-Jahren. An der UNO-Konferenz für Umwelt und Entwicklung von 1992 in Rio wurden die sogenannten «Forest Principles» verabschiedet. In der Folge führte ein intergovernmentaler Prozess zur Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (Ministerial Conference on the Protection of Forest in Europe MCPFE, seit 2009 Forest Europe genannt). Die MCPFE formulierte
Sieben MCPFE-Kriterien zu Sustainable Forest Management (SFM)
Anzahl Parameter
Kriterium 1: Erhaltung und angemessene Verbesserung der forstlichen Ressourcen und ihr Beitrag zu globalen Kohlenstoffkreisläufen
8 Parameter
Kriterium 2: Erhaltung der Gesundheit und Vitalität forstlicher Ökosysteme
5 Parameter
Kriterium 3: Erhaltung und Förderung der Produktionsfunktionen der Wälder
5 Parameter
Kriterium 4: Erhaltung, Schutz und angemessene Verbesserung der biologischen Diversität in Waldökosystemen
11 Parameter
Kriterium 5: Erhaltung und angemessene Verbesserung der Schutzfunktionen bei der Waldbewirtschaftung
2 Parameter
Kriterium 6: Erhaltung anderer sozioökonomischer Funktionen
13 Parameter
Kriterium 7: Paneuropäische qualitative SFM-Indikatoren (Institutionen und Politikinstrumente)
7 Parameter
Tabelle 1: Überblick über die sieben MCPFE-Kriterien und die entsprechend zugeordneten 51 Parameter zur Erfassung der Entwicklung von Wald und Waldbewirtschaftung (UNECE/FAO, 2016). In der Landesforstinventur wurde dieses Konzept übernommen und mit insgesamt 64 Indikatoren weiterent wickelt (www.lfi.ch). Bündner Wald 13
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Richtlinien, Kriterien und Indikatoren nach haltiger Forstwirtschaft. Seither finden alle drei bis fünf Jahre Nachfolgekonferenzen statt, welche die Überwachung und Siche rung einer nachhaltigen Forstwirtschaft in Europa sichern sollen. Zusätzlich existiert auf Ebene der Vereinten Nationen eine interna tional abgestützte Waldstrategie 2017 bis 2030 (UNFF 2017). Vom Konzept zur Steuerung der nach haltigen Waldentwicklung Das Konzept der nachhaltigen Waldbewirt schaftung (SFM Sustainable Forest Mana gement) ist inzwischen weltweit verbreitet und anerkannt. Über den Zustand der Wäl der wird regelmässig berichtet. Es gibt zahl reiche anstehende Herausforderungen, wel che von Land zu Land variieren. Dazu gehören etwa die Folgen des Klimawandels, Degradation durch Feuer, illegale Holznut zung (Illegal logging), Schäden durch Insek ten und Sturmereignisse, Fragmentierung als Folge der Siedlungsentwicklung, Sicher heit und Gesundheit der Waldarbeitenden
(UNECE / FAO 2017). Wie gerade die Kli maveränderungen zeigen, ist die Waldwirt schaft konfrontiert mit einer Vielzahl an Unsicherheiten und fehlendem Wissen; dies führt zum Nachhaltigkeitsdilemma: An spruch der langfristigen Steuerung in einer Situation der Komplexität und Unsicherheit (Detten und Oesten 2013). Das oben dargelegte SFM-Konzept zeigt noch nicht, inwieweit die Steuerung der Waldwirtschaft den Nachhaltigkeitszielen entspricht. Deshalb befasste sich die Fores try and Timber Section von UNECE / FAO mit der Frage der Fortschrittsmessung (vgl. UNECE / FAO 2016). Dabei wurden die ins gesamt 51 Parameter (vgl. Tabelle 1) unter teilt in 24 Kontext-, 21 Assessment- und sechs sogenannte Backgroundparameter. Für die Beurteilung und Bewertung der nachhaltigen Waldentwicklung dienen pri mär die Assessmentparameter. Für jeden dieser Bewertungsgrössen wurden sodann Schwellenwerte («Thresholds») vorgeschla gen. Werden die Schwellenwerte über schritten, so ist die Nachhaltigkeit bezüglich
Tabelle 2: Erläuterung des MCPFE-Rahmenkonzepts anhand von fünf ausgewählten Parametern. (Quelle: UNECE/FAO, 2016; Fotos: Pan Bern)
Beispiel «Waldflächenveränderung» Zugehöriges Kriterium: Forstliche Ressourcen und ihr Beitrag zu globalen Kohlenstoffkreisläufen (Kriterium 1). Indikator: Waldfläche (Indikator 1.1). Parameter: Jährliche Veränderungsrate Waldfläche der letzten zehn Jahre (in Prozent). Kategorie: Bewertungsparameter. Schwellenwert international: Keine negative Veränderung (keine Wald flächenabnahme). Bewertung für die Schweiz: Zunahme von 0,3 %.
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Beispiel «Waldschäden»: Zugehöriges Kriterium: Erhaltung Gesundheit und Vitalität von forstlichen Ökosystemen (Kriterium 2). Indikator: Waldschäden (Indikator 2.4). Parameter: Anteil biotischer, abiotischer und anthropogen verursachter Waldschäden (in Prozent, letzte zehn Jahre). Kategorie: Bewertungsparameter. Schwellenwert international: Maximal 5% der Waldfläche von Waldschäden betroffen. Bewertung für die Schweiz: 0,89 %. Beispiel «Verhältnis Zuwachs und Nutzung»: Zugehöriges Kriterium: Erhaltung und Förderung der Produktionsfunktionen der Wälder (Kriterium 3). Indikator: Zuwachs und Holznutzung (Indikator 3.1). Parameter: Verhältnis zwischen Holznutzungen und Zuwachs während der letzten zehn Jahre (in Prozent). Kategorie: Bewertungsparameter. Schwellenwert international: Maximal 100 % (keine Übernutzung). Bewertung für die Schweiz: 88,6 %. Beispiel «Baumartenzusammensetzung»: Zugehöriges Kriterium: Erhaltung, Schutz und angemessene Verbesserung der Biodiversität (Kriterium 4). Indikator: Baumartenzusammensetzung (Indikator 4.1). Parameter: Anteil artenreicher Waldbestände an der Gesamtwaldfläche (in Prozent). Kategorie: Bewertungsparameter. Schwellenwert international: Keine negative Veränderung (keine Abnahme artenreicher Waldbestände). Bewertung für die Schweiz: Zunahme von 1,9 %. Bündner Wald 15
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Beispiel «Arbeitssicherheit»: Zugehöriges Kriterium: Erhaltung anderer sozioökonomischer Funktionen und Bedingungen (Kriterium 6). Indikator: Arbeitssicherheit und Gesundheit der Waldarbeitenden (Indikator 6.6). Parameter: Anteil Arbeitsunfälle je 1000 Arbeitskräfte. Kategorie: Bewertungsparameter. Schwellenwert international: Keine Zunahme des Anteils (keine Zunahme der Unfälle je 1000 Arbeitskräfte). Bewertung für die Schweiz: Abnahme um 5,07 %.
Kriterien 1: Erhaltung und Verbesserung der forstlichen Ressourcen und ihr Beitrag zu globalen Kohlenstoffkreisläufen 2: Erhaltung der Gesundheit und Vitalität von forstlichen Ökosystemen 3: Erhaltung und Förderung der Produktionsfunktionen der Wälder (Holz und Nichtholz) 4: Erhaltung, Schutz und angemessene Verbesserung der biologischen Diversität in Forstökosystemen
Abb. 1: Cockpit der nachhaltigen Waldbewirtschaftung am Beispiel der Einschätzung für die Schweiz (Quelle für die
5: Erhaltung und angemessene Verbesserung der Schutzfunktionen bei der Waldbewirtschaftung 6: Erhaltung anderer sozioökonomischer Funktonen und Bedingungen
Zuordnung der Werte: UNECE/ FAO, 2016; Visualisierung: eigene Darstellung).
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Pan-europäische qualitative Indikatoren SFM
Indikatoren/Parameter 1.1
1.1
1.1
1.1
1.2
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1.3
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2.1
2.2
2.3
2.4
2.4
3.1
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3.3
3.4
3.5
4.1
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4.5
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4.7
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4.9
Bewertung der nachhaltigen Waldentwicklung anhand der sieben MCPFE Kriterien und 51 Parameter im Internationalen Projekt SEMAFOR1. Legende:
5.1
5.2
6.1
6.1
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Schwellenwert knapp eingehalten
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Schwellenwert knapp nicht eingehalten
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Schwellenwert gut eingehalten
6.9 6.10 6.11 A.1
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A.4
A.5
A.3
Schwellenwert nicht eingehalten Kontext- oder Backgroundparameter. Keine Daten vorhanden.
Ergänzende Hinweise zu den Parametern, bei denen der internationale Schwellenwert (knapp) nicht eingehalten wur-
de: Der nicht eingehaltene Schwellenwert beim Parameter 4.2, nämlich eine Abnahme des Anteils der Naturverjüngung an der Verjüngung insgesamt um 1 % zwischen LFI2 und LFI3, ist zufällig und statistisch nicht signifikant. Parameter 4.8 beinhaltet den Anteil bedrohter Baumarten; gemäss einer Untersuchung sind drei von 46 Baumarten als bedroht eingestuft, weshalb dieser Wert auch kritisch bewertet wurde. Parameter 4.9 weist auf den international eher tiefen Anteil an streng geschützten Naturwaldreservaten hin. Der Anteil der Naturverjüngung ist in der Schweiz im Vergleich zum Ausland sehr hoch. Parameter 6.3 identifiziert ein Problem der Waldwirtschaft in der Schweiz, nämlich das Defizit bei den Forstbetrieben.
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dieser Grösse nicht mehr gegeben. In der nachfolgenden Tabelle ist diese Systematik anhand von fünf ausgewählten Parametern erläutert. Werden nun die aktuellen Zustände der einzelnen Parameter erfasst und die Ergebnisse in Beziehung zu den zuvor festgelegten Schwellenwerten gesetzt, so ergibt sich ein Gesamtbild zur Einschätzung der Nachhaltigkeit der Ressource Wald und ihrer Bewirtschaftung. Im Rahmen eines Pilotprojekts haben insgesamt 20 europäische Länder, darunter auch die Schweiz, eine entsprechende Einschätzung vorgenommen (vgl. UNECE / FAO 2016 und nachfolgende Abbildung). Gemeinsamer Orientierungsrahmen Die forstliche Nachhaltigkeit bezieht sich stets auf ein Waldgebiet. Die Bezugsebene kann jedoch ganz unterschiedlich sein. Entsprechende Konzepte sind auf einer glo balen oder länderübergreifenden, nationalen (z.B. Waldbericht Schweiz), kantonalen (kantonaler Nachhaltigkeitsbericht Wald) oder betrieblichen, am Waldeigentum orientierten Ebene (Nachhaltigkeitsstrategie eines Forstbetriebs) angesiedelt. Angesichts zunehmender Vielfalt an Ansprüchen und praktischer Lösungsansätze sowie unterschiedlicher Betriebs- und Bewirtschaftungsformen gewinnt ein kohärenter, von allen Waldakteuren getragener gemeinsamer Orientierungsrahmen in Zukunft weiter an Bedeutung. Die Nachhaltigkeit bietet einen solchen Rahmen, indem sie die Vielfalt stärkt, unterschiedliche Inte ressen koordiniert und die übergeordneten Ziele mit der praktischen Umsetzung im Wald verbindet. Literatur Detten, R., Oesten, G., 2013: Nachhaltige Waldwirtschaft – ein Modell für nachhaltige
Entwicklung? In: Natur und Landschaft, Heft 2: 52 – 57. UNECE / FAO, 2016: Pilot project on the System for the Evaluation of the Management of Forests (SEMAFOR). Geneva Timber and Forest Discussion Paper 66. United Nations, New York and Geneva. 150 S. UNECE / FAO, 2017: 70 years. Working together in the service of forests and people. United Nations, New York and Geneva, 53 S. Janssen, G., 1990: Nachhaltige Forstwirtschaft – zukunftsweisende Nutzung naturnaher Ökosysteme: Festvortrag anlässlich der 54. Tagung des Deutschen Forstvereins in Hannover 1990. In: Der Wald, Berlin 41 (1991): 16 – 19. Kurth, H., 1994: Forsteinrichtung. Nachhaltige Regelung des Walds. Deutscher Landschaftsverlag. Berlin GmbH. 592 S. MEA (Millenium Ecosystem Assessment), 2005: Ecosystems and Human Well-Being: A framework for Assessment. Island Press, Washington DC. Sächsische Hans-Carl-von-Carlowitz-Gesellschaft zur Förderung der Nachhaltigkeit, 2013: Die Erfindung der Nachhaltigkeit. Leben, Werk und Wirkung des Hans Carl von Carlowitz. Oekom Verlag, München, 285 S. UNFF, 2017: United Nations Strategic Plan for Forests 2017– 2030. 16 S.
Andreas Bernasconi Pan Bern AG Hirschengraben 24 Postfach, CH - 3001 Bern andreas.bernasconi @ panbern.ch Bündner Wald 17
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Nachhaltigkeit im Bündner Wald Nachhaltigkeit im Wald ist heute zu einer komplexen Angelegenheit geworden. Die Steuerung der nachhaltigen Waldbe wirtschaftung ist dank der vorhandenen Planungsinstrumente gewährleistet. Wie nachhaltig der Bündner Wald aufgebaut ist, kann nicht mit einem Faktor oder einem Satz beantwortet werden. Aus sozialer Sicht hat sich die Situation im letzten Jahrhun dert wesentlich verbessert, aus ökonomi scher Sicht verschlechtert und aus ökologi scher Sicht ist die Situation unterschiedlich. Handlungsbedarf besteht im ökonomischen Bereich vor allem bezüglich Sicherstellung der Finanzierung der öffentlichen Leistun gen, im ökologischen Bereich bei der Wald verjüngung, bei der Waldstruktur und bei der Reaktion auf den Klimawandel. Wann ist eine Waldentwicklung nachhaltig? Auf diese Frage gibt es eine Antwort, die auf breite Zustimmung stösst: Die biologi sche Vielfalt, Produktivität, Verjüngungs fähigkeit und Vitalität des Walds sollen jetzt und in der Zukunft so erhalten werden, dass die nachgefragten ökologischen, wirtschaft lichen und sozialen Funktionen auf lokaler und kantonaler Ebene erfüllt werden kön nen und dadurch weder dem Wald selber noch anderen Ökosystemen ein Schaden zugefügt wird. Was macht aber die Nachhaltigkeit im Wald aus? Wie kann man beurteilen, ob die Waldbewirtschaftung tatsächlich nachhaltig erfolgt? Eine Grundlage dafür sind die sechs «Hel sinki-Kriterien»1, welche die Europäische Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa bereits vor mehr als zwanzig Jah ren verabschiedet hat. Es sind dies die Res
source Wald, die Gesundheit und Vitalität des Walds, die Holzproduktion, die biologi sche Vielfalt, der Schutzwald und die öko nomischen und sozialen Wohlfahrtsfunktio nen. Das Bundesamt für Umwelt 2 schlägt vor, diese Kriterien anhand von 13 Basis indikatoren zu überwachen und zu steuern. Nachhaltigkeit muss sich aber immer auch an der Leistungsfähigkeit des Walds orien tieren (s. a. Artikel v. Bernasconi). Es ist also entscheidend, was wir als Gesellschaft und Waldeigentümer vom Wald erwarten, aber noch viel entscheidender, ob der Wald das Potenzial hat, diese Leistung zu erbringen. Ein nachhaltiges Handeln im Wald beginnt damit, dass man Ansprüche ermittelt, sie aber auch zurückweisen kann. Um den Wald nachhaltig zu bewirtschaften und die Nachhaltigkeit zu beurteilen, brau chen die Behörden, aber auch der einzelne Waldeigentümer geeignete Instrumente. Die wichtigste Basis ist sicher eine Waldge setzgebung, welche sich an der Nachhaltig keit orientiert. Die zentralen Punkte im kan tonalen Waldgesetz sind: − die quantitative und qualitative Walderhaltung − die Erfüllung der Waldfunktionen − der Schutz des Walds vor schädlichen Einwirkungen − die Planungspflicht − die Fördermassnahmen − die Forstorganisation Im Vergleich zu gesellschaftlichen Verände rungen entwickelt sich der Wald sehr lang sam. Die Nachhaltigkeit im Wald ist immer mit langen Zeiträumen verbunden und muss deshalb auch langfristig beurteilt wer den. Ein vorausschauendes Denken und
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MCPFE (1993): Ministerial Conference on the Protection of Forests in Europe, 16 – 17 June 1993 in Helsinki, Documents.
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BAFU (Hrsg., 2012): Nachhaltigkeitskontrolle im Wald. Schlussbericht.
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Entscheiden, d. h. Planen, ist ein wichtiger Faktor des nachhaltigen Handelns. Die Planungsinstrumente spielen eine zentrale Rolle bei der Steuerung und der Kontrolle einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Im WEP geht es um die Ansprüche an den Wald und um die Strategien, wie diese Anliegen dauerhaft erfüllt werden können. Die Ansprüche der Gesellschaft an den Wald müssen ermittelt und mit dem Potenzial des Walds abgeglichen werden. Sie müssen untereinander koordiniert werden, denn der Wald kann oft nicht alle Ansprüche gleichzeitig auf der gleichen Fläche erfüllen. Ein multifunktionaler Wald ist noch immer ein Hauptziel der Waldbewirtschaftung, aber die Kielwassertheorie – dass alle Waldleistungen im Kielwasser der Holznutzung erfüllt werden – ist definitiv gestorben. Im Betriebsplan liegt der Schwerpunkt bei den konkreten Massnahmen. Die waldbaulichen Massnahmen müssen am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und wirkungsorientiert ausgeführt werden. Diese Vorgabe gilt nicht nur für Massnahmen im Schutzwald nach NaiS, sondern ist ein grundsätzliches Prinzip des Handelns im Wald und sollte für alle Massnahmen gelten. Ein wichtiger Aspekt, welcher in der Betriebsplanung berücksichtigt werden sollte, sind die ökonomischen Konsequenzen der vorgesehenen Massnahmen. Ohne eine gesicherte Finanzierung bleiben die geplanten Massnahmen Makulatur. Alle Planungsinstrumente nützen wenig, wenn die entsprechenden Massnahmen nicht richtig ausgeführt werden. Die Anzeichnung und Qualität der Holzschläge resp. Pflegemassnahmen entscheiden also wesentlich, ob die Nachhaltigkeit gelebt oder ob sie eben nur auf dem Papier festgehalten wird. Die Ausführenden auf allen Stufen tragen eine grosse Verantwortung.
Wie geht es dem Bündner Wald ? Ein Bericht zur Nachhaltigkeit Diese einfache Frage kurz und bündig und dennoch differenziert und klar zu beantworten, ist eine Herausforderung. Der Bericht zur Nachhaltigkeit des Bündner Walds versucht diesen Hochseiltanz. In sechs Kapiteln analog den Helsinki-Kriterien wird auf je zwei Seiten für den Laien verständlich jedes Kriterium erläutert und analysiert. Übersichtlich werden zum jeweiligen Thema gesetzte Ziele mit dem aktuellen Stand verglichen und je nach Diskrepanz wird der daraus folgende Handlungsbedarf abgeleitet. Viele Bilder und verständliche Grafiken erlauben, in Kürze einen Überblick zu bekommen, wie es um die Nachhaltigkeit des Bündner Walds steht. Der Bericht wird im ersten Quartal des neuen Jahres publiziert – gedruckt oder auf unserer Homepage digital können Sie sich informieren.
Eine Planung kann angepasst werden, eine falsche oder schlecht ausgeführte Massnahme kann die Nachhaltigkeit im Wald für Jahrzehnte negativ beeinflussen. Eine institutionalisierte Qualitätssicherung ist deshalb ein unabdingbarer Bestandteil nachhaltigen Wirkens. Ein wichtiger Teil des nachhaltigen Handelns ist auch die Überprüfung, ob man sich auf dem richtigen Weg befindet. Dies erfolgt mit einer periodischen Stichprobeninventur (LFI, Waldinventur GR), der laufenden Kontrolle der ausgeführten waldbaulichen Massnahmen in LeiNa und dem betriebswirtschaftlichem Controlling-Netz Bündner Wald 19
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Graubünden, bei dem 35 Forstbetriebe im Kanton mitmachen. Was für ein umfassendes Controlling auf kantonaler Ebene noch fehlt, ist die Erfassung des Zufriedenheitsgrads der Anspruchsgruppen. Eine Aussage wäre insbesondere für die Erholungsfunktion des Walds von Bedeutung. Auf nationaler Ebene finden periodisch Umfragen statt 3, welche aber recht aufwendig sind. Wie nachhaltig ist nun der Bündner Wald oder die Bündner Waldwirtschaft? Dies kann nicht mit einem Nachhaltigkeitsfaktor oder einem Satz beantwortet werden. Grundsätzlich kann man sagen, dass sich – seit es eine geregelte Forstwirtschaft gibt – die Nachhaltigkeit im Wald aus sozialer Sicht laufend verbessert hat. Die Ansprüche an den Wald werden erfasst und geprüft – sodass der Wald sie auch erfüllen kann – koordiniert – sodass die verschiedenen Waldleitungen sich nicht gegenseitig konkurrieren – und behördenverbindlich im WEP festgehalten. Zur sozialen Nachhaltigkeit im Wald gehören auch die Arbeitsbedingungen des im Wald beschäftigten Personals. Diese haben sich gegenüber früher wesentlich verbessert. Aus ökonomischer Sicht ist eher das Gegenteil der Fall. Die Kosten für die Waldpflege steigen kontinuierlich. Bei den Erträgen hat eine starke Verlagerung stattgefunden. Die Erträge aus dem Holzverkauf – während Jahrzehnten die Haupteinnahmequelle der Bündner Gemeinden als Waldeigentümer – haben sich dramatisch vermindert und konnten durch die steigenden Beiträge für die erbrachten öffentlichen Leistungen nicht vollständig kompensiert werden. Dies führt dazu, dass die Waldeigentümer immer 3
Der Entscheid, wohin es gehen soll, ist ein wichtiger Teil einer umfassenden Nachhaltigkeit. (Bild: Remy Steinegger, steineggerpix.com)
mehr Leistungen des Walds selber finanzieren. Die Waldpflege ist damit nur solange gesichert, wie der Waldeigentümer bereit ist, diese Zusatzkosten zu übernehmen. Aus ökonomischer Sicht ergeben sich zwei prioritäre Handlungsfelder. Die Finanzierung der öffentlichen Leistungen des Walds durch Bund und Kanton muss den gestiegenen Ansprüchen angepasst und langfristig sichergestellt werden. Im Kanton Graubünden spielt der Tourismus eine grosse Rolle und umgekehrt sind schöne und zugängliche Wälder ein Pluspunkt für den Tourismus. Die Bedeutung des Walds als Erholungs- und Freizeitgebiet sollte zukünftig besser in Wert gesetzt werden, was sich für die Waldeigentümer auch finanziell positiv auswirken sollte.
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL (2012). Das Verhältnis der Schweizer Bevölkerung zum
Wald.
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Aus ökologischer Sicht ist die Situation zwiespältig. Gewisse Kriterien haben sich positiv entwickelt (Waldfläche, Vorrat, Sta bilität), währendem bei anderen das Ge genteil der Fall ist 4. Der grösste Handlungs bedarf besteht bei der Verjüngung des Walds. 40 % der Schutzwälder sind bezüg lich Verjüngung nicht nachhaltig aufgebaut. Dies ist hauptsächlich auf Wildschäden und zu dichte/dunkle oder zu stark aufgelichtete Wälder zurückzuführen. Durch das Wild ist insbesondere die Verjüngung der Weisstan ne, des Bergahorns und der Waldföhre akut gefährdet. Die Struktur der Bündner Wälder konnte trotz grosser Bemühungen in den letzten Jahren nicht wesentlich verbessert werden. Es sind zu viele einschichtige Be stände vorhanden und die «Alterspyrami de» (Stärkeklassenverteilung) ist ungünstig, da zu wenig junge und zu viel mittelalte Bestände vorhanden sind. Eine weitere grosse Herausforderung für die Zukunft ist der Klimawandel. Auch wenn noch nicht im Detail klar ist, wie sich dieser bezüglich Temperatur und Niederschlag auswirken wird, müssen bereits jetzt Massnahmen ge troffen werden, welche das Risiko eines grösseren «Waldzusammenbruchs» vermin dern. Wirkungsvoll sind hier in erster Linie Massnahmen bei der Verjüngungseinleitung und Jungwaldpflege. Das Baumartenspek trum ist möglichst gross zu behalten und trockenheitsresistentere Baumarten sind zu fördern. Nachhaltigkeit im Wald ist nicht nur eine Aufgabe des Forstdienstes, sondern braucht die Mitwirkung der Waldeigentümer und der Gesellschaft. Alle können und müssen ihren Teil beitragen, wenn die Nachhaltig keit im Wald wirklich umfassend ange 4
Ziele setzen
Waldinventur
WEP
LeiNa Kontrollieren/ Grundlagen
(Massnahmen) Planen Controlling
Holzschlag
BP
Durchführung steuern
Abbildung 1: Nachhaltigkeit und Planungsinstrumente
schaut und gesichert werden soll. Der aktu elle Zustand der Nachhaltigkeit im Bündner Wald zeigt, dass dies zu einem sehr grossen Teil auch wahrgenommen und seit Jahr zehnten recht konsequent umgesetzt wird. Nachhaltige Waldbewirtschaftung heisst nicht Stillstand. Die Nachhaltigkeit ist zwin gend mit den Ansprüchen an den Wald ver knüpft. Diese Anliegen können und werden sich ändern und dementsprechend wird sich auch der Wald entwickeln. Die grösste He rausforderung besteht darin, die sich rasch ändernden gesellschaftlichen Ansprüche mit dem langsam wachsenden Wald in Übereinstimmung zu bringen. Langfristig nachhaltige Lösungen dürfen nicht zulasten kurzfristiger Erfolge geopfert werden.
Riet Gordon Amt für Wald und Naturgefahren GR Loëstrasse 14 CH-7000 Chur riet.gordon @ awn.gr.ch
Die Merkmale der Biodiversität werden im Artikel von Marco Vanoni in dieser «Bündner Wald»-Ausgabe behandelt. (Seite
34 bis 38 in dieser Ausgabe)
Bündner Wald 21
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Einfluss der Erschliessung auf die nachhaltige Schutzwaldpflege In den letzten Jahren wurden im Kanton Graubünden durchschnittlich rund 2400 ha Schutzwald pro Jahr gepflegt. In den nächsten Jahren soll die gepflegte Schutzwaldfläche um rund einen Drittel auf 3200 ha pro Jahr gesteigert werden. Diese Zielsetzungen wurden aus Modellrechnungen und Auswertungen von LeiNa-Daten hergeleitet und sind im neuen Waldentwicklungsplan enthalten, der momentan in der Vernehmlassung ist. Zusätzlich wurde untersucht, welchen Einfluss die Erschliessung auf die Verteilung der ausgeführten Holzschläge im Bündner Schutzwald hat. Wie viel Schutzwald ist jährlich zu pflegen? Basierend auf den regionalen Waldinventuren und gutachtlich festgelegten Bewirtschaftungsregimes, welche die minimal notwendigen Eingriffsabfolgen je nach Höhenstufe grob abbilden sollen, wurde von der Fachstelle für Gebirgswaldpflege (GWP) mit einem einfachen Modell die minimal zu pfle-
gende Schutzwaldfläche für den Kanton Graubünden hergeleitet (Schmid et al. 2017). Das Modell schätzt den minimalen Bedarf aus Sicht der Schutzfunktion und sagt nichts darüber aus, wie viel Holz nachhaltig genutzt werden kann. Der Vergleich dieser Modellergebnisse mit den ausgeführten Massnahmen (LeiNa-Daten 2006 – 2014) ergibt ein erhebliches Flächendefizit. Gemäss Modell sollte die Nutzungsmenge mindestens auf gleichem Niveau bleiben, diese jedoch auf deutlich mehr Fläche verteilt werden. Wird gehäuft in gut erschlossenen Schutzwäldern eingegriffen? In der Schutzwaldpflege steht der Waldzustand und dessen Schutzwirkung im Vordergrund, nicht die entnommene Holzmenge. Gleichzeitig stehen die Forstbetriebe – trotz Abgeltungen von über 6000 Franken/ha Eingriffsfläche – unter permanentem Kostendruck. Dies kann zu einem ökonomischen Anreiz führen, die Massnahmen ge-
Beispiel eines Schutzwaldschlags mit sehr hoher Eingriffsstärke und verhältnismässig geringer Flächenwirkung in der Erschliessungskategorie 2, «bedingt tauglich». (Foto: Sandro Krättli) Bündner Wald 23
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Abbildung 1: Erschliessungsgüte (EG) der Schutzwaldfläche des Kantons Graubünden abzüglich des Jungwaldanteils. LW: Laubwälder; Ta-Bu: Tannen-Buchenwälder; Ta-Fi: hochmontane (Tannen-) Fichtenwälder; sa Fi: subalpine Fichtenwälder; Lä-Ar: Lärchen-Arvenwälder; WaFö: Waldföhrenwälder; BeFö: Bergföhrenwälder.
häuft dort auszuführen, wo die Erntekosten unterdurchschnittlich sind, z. B. aufgrund guter Erschliessung. Längerfristig könnte dieser Anreiz zu verstärkten Pflegedefiziten in den schlecht erschlossenen Wäldern führen und die durchschnittlichen Kosten ansteigen lassen, sobald diese Defizite wieder ausgeglichen werden müssen. Seit Kurzem liegt ein Datensatz vor, der die Erschliessungsgüte der Bündner Wälder abbildet (Bont 2016). Zusammen mit den räumlichen Daten zu den Eingriffen in LeiNa, die nun seit über zehn Jahren erfasst werden, ergibt sich die Möglichkeit zu untersuchen, ob die Erschliessungsgüte einen Einfluss auf die räumliche Verteilung der bisher ausgeführten Massnahmen im Schutzwald hatte. Dies hat die GWP im Auftrag des Amts für Wald und Naturgefahren (AWN) untersucht. LeiNa-Auswertung pro Erschliessungskategorie Die Erschliessungsgüte wurde mittels GISModellierungen ermittelt. Basierend auf der
bestmöglichen Bringungsmethode sowie der Geometrie und Tragfähigkeit des Strassennetzes werden drei Kategorien unterschieden (Details in Bont 2016, Bündner Wald 5/2016): – Güte 1, «gut» erschlossen, erfüllt Anforderungen an den Stand der Technik; – Güte 2, «bedingt tauglich» für eine effiziente Bewirtschaftung; – Güte 3, «schlecht» erschlossen, keine effiziente Bewirtschaftung möglich. Die Karte der Erschliessungsgüte wurde ebenso wie die Lage der zwischen 2006 und 2015 gemäss LeiNa ausgeführten Massnahmen auf den Schutzwaldperimeter von 2012 zugeschnitten. Es wurden nur Massnahmen mit Holzanfall (Normal- und Zwangsnutzungen) berücksichtigt, da wir davon ausgehen, dass die Jungwaldpflege kaum von der Erschliessungsgüte beeinflusst wird. Die gewählten Auswerteeinheiten berücksichtigen die Bündner Waldregionen, die Haupt-Waldhöhenstufen sowie die Er-
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Abbildung 2: Berechnete Wiederkehrdauern der Massnahmen der Produktionsstufe 2 aufgrund der LeiNa-Daten von 2006 bis 2015 (effektiv) und minimale Soll-Wiederkehrdauern basierend auf dem Modell GWP.
schliessungsgütekategorien. Pro Auswerteeinheit wurde eine theoretische Wiederkehrdauer sowie eine mittlere Eingriffsstärke hergeleitet. Aus der Eingriffsstärke und der theoretischen Wiederkehrdauer aller Massnahmen ergibt sich schliesslich für jede Auswerteeinheit die durchschnittliche Nutzungsmenge pro Hektare und Jahr. Als Vergleichsdatensatz dienten einerseits gutachtlich festgelegte minimale Soll-Wiederkehrdauern und -Eingriffsstärken, die pro Auswerteeinheit aus den Bewirtschaftungsregimes hergeleitet wurden. Andererseits wurden die kantonalen Zuwachs- und Mortalitätsdaten aus der Waldinventur Graubünden (AWN 2000 – 2010) auf der Ebene der Höhenstufen verwendet, um die Nutzungsmengen zu beurteilen. Erschliessungsgüte des Bündner Schutzwalds Abzüglich des Jungwalds ergibt sich eine Schutzwaldfläche von gut 101 000 ha, 30 % dieser Fläche gehört zur Erschliessungsgüte 1 «gut» (Abb. 1). Mit 40 % der grösste Anteil entfällt auf die Erschliessungsgüte 2
«bedingt tauglich», gut ein Viertel der Fläche ist nur «schlecht» erschlossen (Güte 3). In den flächenmässig wichtigsten Höhenstufen, den hochmontanen (Tannen-)Fichtenwäldern und den subalpinen Fichtenwäldern, sieht die anteilsmässige Verteilung der Erschliessungsgüten ähnlich aus. Wiederkehrdauer Verglichen mit den minimalen Sollwerten aus dem Modell sind die durchschnittlichen kantonalen Wiederkehrdauern sowie die jenigen der verschiedenen Höhenstufen in den gut erschlossenen Schutzwäldern knapp im Soll, in schlecht erschlossenen Schutzwäldern sollte jedoch rund doppelt so häufig eingegriffen werden (Abb. 2). Insgesamt wird also flächenmässig bisher zu selten eingegriffen. Mit sinkender Erschliessungsgüte sind in allen Höhenstufen längere Wiederkehrdauern zu beobachten. Eingriffsstärke Die durchschnittliche Eingriffsstärke der Normalnutzungen im Schutzwald zwischen 2006 und 2015 betrug 157 m3 / ha, wobei Bündner Wald 25
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Abbildung 3: Durchschnittliche jährliche Nutzungsmenge pro Auswerteeinheit zwischen 2006 und 2015 im Kanton Graubünden verglichen mit dem kantonalen Nettozuwachs (Bruttozuwachs minus Mortalität).
sich die Werte je nach Erschliessungsgüte nur wenig unterscheiden. Von der GWP wurde eine mittlere minimale Eingriffsstärke von rund 90 m3 / ha modelliert. Die realisierte Eingriffsstärke wird also kaum von der Erschliessungsgüte beeinflusst, ist aber deutlich stärker als minimal nötig. Gründe für diese hohe realisierte Eingriffsstärke dürften die Kubikmeterpauschalen des damaligen Subventionssystems sowie weitere betriebsökonomische Anreize sein, die zu dieser Zeit durch die Grosssägerei Domat/ Ems noch verstärkt wurden. Nutzungsmenge Wird die Eingriffsstärke mit der berechneten Wiederkehrdauer verrechnet, ergibt sich für die Zeit von 2006 bis 2015 im Schutzwald eine durchschnittliche jährliche Nutzungsmenge von 2,6 m3 / ha/J. In den gut erschlossenen Wäldern liegt dieser Wert bei 3,4 m3 / ha/J, was einerseits den durchschnittlichen Nettozuwachs um 0,5 m3 / ha/J übersteigt und andererseits 2,3-mal höher als die Nutzungsmenge in den schlecht erschlossenen Wäldern ist (Abb. 3). In fast allen Höhenstufen zeigt sich dasselbe Muster,
wobei insbesondere in den gut und mittelmässig erschlossenen (Tannen-)Fichtenwäldern mehr als der Nettozuwachs genutzt wurde. In den schlecht erschlossenen Wäldern wurde im Durchschnitt bloss rund die Hälfte des Nettozuwachses genutzt. Der Nettozuwachs berechnet sich dabei aus dem Bruttozuwachs abzüglich der natürlichen Mortalität. Gründe für die deutlichen Unterschiede Insgesamt zeigen die untersuchten Daten, dass im vergangenen Jahrzehnt die Erschliessungsgüte einen deutlichen Einfluss auf die Schutzwaldpflege in Graubünden hatte: In den schlecht erschlossenen Schutzwäldern wurde deutlich weniger eingegriffen als in den gut erschlossenen. In den schlecht erschlossenen Wäldern % mehr Schutzwald C (indirekte ist 17 Schutzwirkung mit geringem Risiko) vorhanden als in den gut erschlossenen Wäldern. Die Schutzwaldpriorisierung (Wilhelm et al. 2011) kann die Ergebnisse somit nur geringfügig erklären. Nicht untersucht wurde, ob diese Differenzen auf Unterschiede in den waldbaulichen Dringlichkeiten zu-
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rückzuführen sind. Wir gehen davon aus, dass sie primär Ergebnis ökonomischer Optimierungen sind. Betriebswirtschaftliches Handeln in öffentlichen Forstbetrieben wird von der Politik grundsätzlich gefordert und gefördert. Nachhaltigkeit Aus Sicht der Nachhaltigkeit sind die Resultate problematisch – zumindest, wenn davon ausgegangen wird, dass in den bisher schlecht erschlossenen Gebieten auch mittelfristig keine kostendeckende Schutzwaldpflege möglich sein wird. Die Schutzwirkung muss in allen Schutzwäldern sichergestellt werden, unabhängig davon, wie gut erschlossen diese sind. Das Verhältnis zwischen günstigen und teuren Schutzwaldschlägen sollte daher ausgeglichen bleiben. Die beschriebenen Optimierungen führen dazu, dass sich die Flächen mit waldbaulichem Handlungsbedarf sowie auch die Holznutzungspotenziale in die schlecht er-
schlossenen Wälder verlagern, was zu steigenden Kosten führen dürfte. Handlungsoptionen des Kantons Es ist daher im Interesse aller Beteiligten, die Bewirtschaftung so zu steuern, dass alle Schutzwälder zum richtigen Zeitpunkt gepflegt werden. Um dies sicherzustellen, verfolgt der Kanton Graubünden mehrere Ansätze: – Der vor Kurzem vollzogene Wechsel von Kubikmeter- zu Flächenpauschalen im Beitragssystem soll zu tieferen Eingriffsstärken und mehr Eingriffsfläche führen. Die räumliche Verteilung der Eingriffe je nach Erschliessungsgüte wird damit aber kaum beeinflusst. – Ein weiterer Ansatzpunkt liegt in einer stärkeren Steuerung der Schutzwaldpflege über die betriebliche Planung. Möglichkeiten dazu wären z. B. die Einführung einer obligatorischen mittelfristigen Holzschlagplanung oder die Priorisierung der
Mit den bisherigen Kubikpauschalen wurden teilweise sehr hohe Beiträge pro Hektare Eingriffsfläche ausbezahlt. (Bild: Raphael Schwitter) Bündner Wald 27
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Eingriffe über konkrete Flächenziele (Umfang der zu pflegenden Fläche pro Betriebsklasse). – Eine wirkungsvolle Steuerungsmöglichkeit besteht darin, im Beitragssystem zusätzliche finanzielle Anreize zur Pflege schlecht erschlossener Schutzwälder vorzusehen, da insbesondere in schlecht erschlossenen Wäldern momentan auch inkl. Beiträge oft keine Kostendeckung erreicht wird. – Direkten Einfluss haben Verbesserungen in der Erschliessungssituation. Im Vordergrund stehen dabei Ausbauten bestehender Infrastruktur und nur punktuell Neubauten. Steigender Mittelbedarf Für den Kanton steht ausser Frage, dass die jährlich zu pflegende Schutzwaldfläche um rund einen Drittel gesteigert werden sollte. Die Steigerung hat überproportional in den bisher ungenügend erschlossenen Schutzwäldern zu erfolgen. Gleichzeitig sind die Holzerlöse aktuell auf sehr tiefem Niveau und können damit einen immer kleineren Deckungsbeitrag an die Kosten der Schutzwaldpflege leisten. Um die angestrebten Ziele mittel- und langfristig zu erreichen, werden deshalb zusätzliche finanzielle Mittel benötigt. Unter anderem wird die gegenwärtig mit dem Bund vereinbarte jährliche Eingriffsfläche von 1600 ha als zu niedrig beurteilt. Zudem braucht es weiterhin ein starkes Engagement der Waldeigentümer. Quellen AWN (2000 – 2010) Ergebnisse der Waldinventur Graubünden 1996 – 2009. Chur: Amt für Wald und Naturgefahren des Kantons Graubünden, interne Berichte. Bont L (2016) Wie gut ist der Wald in Graubünden erschlossen? Bündner Wald 5/2016, 14 – 19.
Schmid U, Zürcher S, Schwitter R, Glanzmann L, Gordon R (2017) Wie viel Schutzwaldfläche ist jährlich zu pflegen? Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 168, 2: 104 – 107. Wilhelm C, Meier A, Kalberer M (2011): Neuer Schutzwald Graubünden 2012 Bündner Wald 1/2011, 88 – 95.
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ForstBAR und Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit ist heute eine Modeworthülse vieler Branchen, dabei sind Inhalte und Bedeutung oft unbekannt oder nebensächlich. Meistens wird Nachhaltigkeit mit Verzicht oder Einschränkungen bezüglich Konsum verwendet. Der Begriff stammt jedoch aus den Anfängen der Forstwirtschaft. Lange Zeit, bis vor wenigen Jahrzehnten, musste die Holznutzung in der Schweiz eingeschränkt werden. Inzwischen hat sich die Situation grundlegend verändert, die Pflege der Wälder muss gefördert werden, damit unseren nachfolgenden Generationen ein intakter Wald übergeben werden kann. Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung wird für ökologische, ökonomische und soziale Aspekte verwendet. Die heutige Betrachtung der ökologischen Komponente für Wald und Holz im europäischen Raum befriedigt mehrheitlich nicht. Demgegenüber wird die ökonomische Darstellung grösstenteils positiv aufgenommen. Entstehung der Begriffe Nachhaltigkeit bzw. nachhaltige Entwicklung Der Ursprung des Begriffs Nachhaltigkeit wurde von Hans Carl von Carlowitz für die Forstwirtschaft erstmals schriftlich formuliert und wird bereits seit rund 300 Jahren in diesem Bereich verwendet. Eingeführt wurde er aus existenziellen Gründen, weil erkannt wurde, dass bei gleichbleibendem Holzbedarf der Baustoff und Energieträger Holz in Zukunft fehlen würde. Sogar die Grundlage des Walds ist gefährdet worden. Erosionen und grossflächige Rutschungen waren die Folge. Heute werden von den Waldeigentümern und der Öffentlichkeit grosse Investitionen in den Schutzwald eingesetzt. Diesen erfolgreichen Massnahmen stehen vermehrt die häufig negativen Folgen der Klimaverän derung gegenüber. In der Idealvorstellung der Nachhaltigkeit
muss die Entwicklung nach optimalen ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten als Ziel formuliert und umgesetzt werden. Ökologische Aspekte Mit Zertifizierung von Produkten wird versucht, ökologische (Teil-)Bereiche der Nachhaltigkeit darzustellen. In unserer Waldwirtschaft soll das FSC-Label für Holz als Produkt nachhaltiger Bewirtschaftung stehen. Leider berücksichtigt es die heutigen unsinnigen Transporte nicht. Auch sind national unterschiedliche Definitionen zugelassen. Für unsere Holzprodukte ist dies ein krasser Widerspruch zum Nachhaltigkeitsgedanken. Ein Überdenken der Anwendung dieses Labels würde sich für unsere Holzproduzenten anbieten. Alle Holznutzungen
Der Holzfluss ist ein wesentlicher Faktor für einen ökonomisch funktionierenden Forstbetrieb. Bündner Wald 29
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Kosten und Erlöse in der Waldbewirtschaftung Graubünden. (Quellen: ForstBAR Graubünden)
in der Schweiz werden nur nach strengen Regeln, im Einklang mit der nachhaltigen Bewirtschaftung, durch die Forstämter freigegeben. Eine diesbezügliche Bestätigung würde die Glaubwürdigkeit des FSC-Labels bei Weitem übertreffen. Die forstliche Betriebsabrechnung (ForstBAR) als ökonomischer Spiegel für den Wald Bis fast zum Ende des 20. Jahrhunderts musste die Wertschöpfung aus dem Wald aus wirtschaftlichen Gründen gebremst werden. Heute muss sie unterschiedlich stark gefördert werden. Andernfalls kann in Zukunft unseren nachfolgenden Generationen kein intakter Wald mit der jeweiligen Vorrangfunktion übergeben werden. Der Hiebsatz repräsentiert das nachhaltige Leistungspotenzial des Forstreviers. Das Wesentliche der ökonomischen Nachhaltigkeit ist, langfristig möglichst ausgeglichene wirtschaftliche Erträge zu erzielen, ohne die natürlichen Ressourcen zu reduzieren. In der langjährigen Entwicklung im Bereich der Waldbe wirtschaftung weist das durchschnittliche
Bündner Revier (Verdichtung aller ForstBARReviere) seit mehreren Jahren negative Zahlen aus. Bis auf drei Jahre haben die Reviere im Mittel immer negative Erfolge erzielt. Um die nachhaltigen ökonomischen Aspekte zu überprüfen, ist die Führung einer Betriebsbuchhaltung ideal. Im Vergleich zur Finanzbuchhaltung (Fibu) sind in der Betriebsbuchhaltung (ForstBAR) Abschreibungen und Zinsen enthalten. Deshalb waren die Erfolgszahlen, bis anhin bei den Waldbesitzern, gemäss Finanzbuchhaltung besser. Mit der Umstellung auf das Harmonisierte Rechnungsmodell HRM2 (Fibu), welches für alle Gemeinden in Graubünden ab 2018 obligatorisch wird, werden die Differenzen zur Finanzbuchhaltung in Zukunft kleiner. Neu wird das System der harmonisierten Abschreibungen auf dem Restbuchwert des Verwaltungsvermögens ersetzt durch ein Abschreibungssystem nach Lebensdauer der Anlagegüter, ähnlich wie in der ForstBAR. Die finanzielle Belastung der Forstreviere wird gegenüber dem HRM, welches Anfang der 1980er-Jahre eingeführt wurde, ansteigen. Die ForstBAR
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Holzerlöse und Erntekosten von Liegendverkäufern in Graubünden.
dient hauptsächlich für die Darstellung und Entwicklung der ökonomischen Nachhaltigkeit. In ihr werden Kosten und Erlöse einer Leistung (Produkt oder Dienstleistung) gegenübergestellt. Sie wird als interne Rechnung geführt und dient als Grundlage für Kalkulationen und als Kosten- und Erfolgskontrolle. Der Deckungsbeitrags 1 ist eine der wichtigsten Kennzahlen im Forstbetrieb. Darin sind die Holzerlöse den Holzerntekosten (zweite Produktionsstufe) gegenübergestellt. Er ist eine entscheidende Kennzahl für den betrieblichen Erfolg. Leider wird das Defizit tendenziell immer grösser. Nicht nur in Graubünden ist die Entwicklung negativ. Auch im landesweiten Vergleich entwickeln sich die Zahlen in die gleiche Richtung. Ohne Beiträge der öffentlichen Hand wäre die Bewirtschaftung der Wälder nur noch für finanzstarke Waldeigentümer möglich. Die Holzerlöse werden durch den Holzmarkt und durch das Angebot gesteuert. Die Holzerntekosten sind vor allem abhängig von den Einflussfaktoren Erschliessungsdichte, Gelände und dem Holzernteverfahren. Die Kantone sind von Gesetzes wegen
für den Zustand der Schutzwälder verantwortlich und stellen eine minimale Pflege sicher. Die Waldeigentümer erhalten für die erbrachten Leistungen im Schutzwald Abgeltungen. Dennoch verbleiben für die
Interessierte Revierförster an der jährlichen Betriebsleitertagung in Domat/Ems. (Bilder: Sandro Krättli) Bündner Wald 31
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Waldbesitzer meistens Restkosten. Umso mehr ist ein effizienter Einsatz dieser Mittel unabdingbar. Die Betriebsbuchhaltung liefert dem Betriebsleiter wertvolle Erkenntnisse, indem er einfache Deckungsbeitragsrechnungen für verschiedene Arbeitsver fahren erstellen und so die Abgeltungen noch effizienter einsetzen kann. Die Deckungsbeitragsrechnung soll sich nicht nur auf die zweite Produktionsstufe (Holzernte, Transport, Holzschutz, Aufsicht) beschränken, sondern auch auf andere Bereiche wie die erste Produktionsstufe (Bestands begründung, Jungwaldpflege, Forstschutz, Wildschadenverhütung, Schlagräumung) ausdehnen. Durch Gemeindefusionen oder Zusammenlegung von Revieren hat sich das eigentliche Forstrevier in Graubünden, welches vor allem den Wald bewirtschaftete, immer mehr zum multifunktionalen Dienstleister innerhalb der Gemeinden gewandelt. Ein grosses Potenzial für zusätzliche Kennzahlen sehen wir im Bereich der Werkdienstarbeiten (Bauamt). Mit einfachen Eingaben von Kenngrössen (Strassenlänge, Rasenfläche, Gebäudereinigungsfläche etc.) in der detaillierten Auswertung können interessante Kennzahlen generiert werden. Mit diesen zusätzlichen Angaben von Leistungsmengen, welche in die detaillierte Auswertung integriert werden können, sind noch bessere Aussagen möglich. Ein versierter ForstBAR-Betreuer unterstützt die Betriebe gerne beim Aufbau der Kennzahlen. Mit der ForstBAR können über alle Tätigkeitsbereiche der Forst- und Werkbetriebe Erfolgszahlen über Bereiche und Tätigkeiten dargestellt werden. Die Software ist multifunktional und wird seit Langem nicht nur für die Betriebsbuchhaltung eingesetzt. Dank der Schnittstellen der modernen Buchhaltungs- und Rapportprogramme ist ein Datentransfer innerhalb der Softwares
heute keine Herausforderung mehr. Die ForstBAR wird für Revierkostenverteiler (Fibu), interne Verrechnungen von Werk arbeiten (Fibu), unterjährige Auswertungen (Budgetkontrolle) und als Stundenrapportprogramm benutzt. Im Jahr 2018 kann beim Verband WaldSchweiz die Applikation ForstControl erworben werden, welche es dem Benutzer erlaubt, die Rapporte via Smartphone, Tablet oder Computer zu erfassen. Zusätzlich können Aufträge und Aufgaben an die Mitarbeiter gesendet werden. Die Schnittstelle zur Software ForstBAR ist selbstverständlich gewährleistet. Um Wälder weiter ökonomisch nachhaltig zu bewirtschaften, sind Kennzahlen aus der Betriebsbuchhaltung unabdingbar. Auch wird Benchmarking im Kanton oder in gleich strukturierten Betrieben durch die BAR-Betreuer angeboten. Diese Kennzahlen aus der ForstBAR zeigen dem Betriebsleiter die ökonomischen Stärken und Schwächen in seinem Revier auf. Er kann darauf reagieren und die getroffenen Massnahmen bezüglich Erfolg begründen. Der ökonomische Druck auf die Forstreviere wird mit der Umstellung der Finanzbuchhaltung auf das Harmonisierte Rechnungsmodell 2 steigen. Umso wichtiger ist es, dass der Betriebsleiter die Stärken und Schwächen seines Betriebs kennt.
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Nachhaltigkeit in der Waldbiodiversität Die Betrachtung der Nachhaltigkeit in der Biodiversitätsförderung ist häufig auf den ökonomischen Aspekt der Nachhaltigkeit beschränkt. Dabei umfasst Nachhaltigkeit weitere ökologische und soziale Aspekte, welche sich oft nur bedingt untersuchen lassen. Eine gesamtheitliche Betrachtung der Nachhaltigkeit beim Erhalt und der Förderung der Biodiversität im Wald ist deshalb von grosser Bedeutung. Der Begriff der Nachhaltigkeit hat seine Ursprünge in der Forstwirtschaft und wird bei der Bewirtschaftung der Wälder in der einen oder anderen Form seit Jahrhunderten gelebt. Die ursprüngliche Bedeutung, dass «nicht mehr Holz genutzt wird, als nachwächst», ist heute einer erweiterten Bedeutung gewichen, wonach ökologische, öko-
nomische und soziale Aspekte die Nachhaltigkeit definieren (siehe Brundtland-Bericht 1987). Die nachfolgende Übersicht über die Sicherung und Kontrolle der Nachhaltigkeit in der Biodiversitätsförderung nimmt deshalb Bezug auf diese drei Dimensionen und wirft einen Blick auf die Situa tion in Graubünden. Eine aktuelle Publikation zum Stand Biodiversität (BAFU 2017a) zeigt auf, dass es um die Biodiversität in der Schweiz im Allgemeinen eher schlecht bestellt ist. Der Verlust erfolgt häufig schleichend, da längerfristige Prozesse beteiligt sind und in vielen Fällen keine unmittelbaren Auswirkungen des Verschwindens einer Art sichtbar werden. Umso wichtiger sind geeignete Instrumente, um diesem Verlust entgegenzuwir-
Licht ist ein wichtiger Faktor für biologische Prozesse im Wald. (Bilder: Sandro Krättli) 34
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ken. Um eine Einschätzung zur Biodiversität und deren nachhaltigen Erhalt und Förde rung abgeben zu können, bedarf es jedoch als Erstes einer Umschreibung dieser Be grifflichkeit. Die Biodiversität umfasst die Gesamtheit aller Gene, Arten und Lebens räume und deren Wechselwirkungen un tereinander. Das Biodiversitätsmanagement kann dabei auf die verschiedenen Inhalte unterschiedlich starken Einfluss nehmen. Biodiversitätsförderung ist also nicht ein fach die Unterstützung oder Förderung ei ner speziellen Art, sondern bedingt einen Blick von aussen auf das gesamte System. Das vorhandene Wissen zur Biodiversität und das Verständnis darüber ist dabei in weiten Teilen noch stark auf die Ansprüche des Menschen an das betrachtete Ökosys tem beschränkt. Für die Beurteilung der bio logischen Vielfalt können zum Beispiel ver schiedene Indikatoren beigezogen werden, welche in einem Bericht des BAFU zur Be urteilung der Nachhaltigkeit vorgeschlagen werden (BAFU 2012a); Baumartenzusam mensetzung, Natürlichkeitsgrad und Tot holz sind dabei die wichtigsten messbaren Kriterien. Auf Graubünden bezogen ist die Baumartenvielfalt, aufgrund der unter schiedlichsten Höhenlagen, relativ umfang reich. Auch der stetige Anstieg des Totholz anteils in den letzten Jahrzehnten ist aus dieser Perspektive gesehen erfreulich. Beim Natürlichkeitsgrad hingegen stehen wir vor grösseren Herausforderungen: Neben sehr intensivem Wildverbiss in vielen Regionen tragen auch der Klimawandel oder einge schleppte invasive Organismen dazu bei, dass sich die Situation wohl verschlechtern wird. Bereits vor fünf Jahren hat der Bund die Strategie Biodiversität Schweiz beschlossen (BAFU 2012b) mit dem Oberziel, dass die Biodiversität reichhaltig sei und gegenüber
Veränderungen reaktionsfähig bleibe. Eben falls seien die Biodiversität und ihre Ökosys temleistungen langfristig zu erhalten. Auch die Waldpolitik 2020 (BAFU 2013) legt die Erhaltung und gezielte Verbesserung der Biodiversität im Wald als eines ihrer Ziele fest. Im erst gerade genehmigten und pu blizierten Aktionsplan Strategie Biodiversi tät Schweiz (BAFU 2017b) werden drei Haupt-Aktionsbereiche mit einer Vielzahl von Massnahmen erläutert, wovon einige sich bereits in Umsetzung befinden (z. B. Schaffung und Unterhalt von Waldreserva ten), während andere mittels Pilotprojekten oder erst in einer späteren Phase angegan gen werden sollen (z. B. verbindliche Siche rung besonders wertvoller Biodiversitätsflä chen). Von den strategischen Zielen aus dieser Strategie wiederum ist rund die Hälf te für den Wald von grosser Bedeutung. Für die Anwendung in der Praxis sind die Förderung und der Erhalt der Biodiversität auf einzelne Elemente des gesamten Öko systems fokussiert. Eine Konkretisierung fin det bei der Formulierung von Wirkungszie len statt, die sich auf Waldlebensräume, Waldarten und genetische Vielfalt bezie hen. Abgeleitet davon wurden nationale Handlungsziele formuliert, die sich an die sen Wirkungszielen orientieren. Die BAFUVollzugshilfe «Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen» (Imesch et al. 2015) gibt dazu einen guten Überblick und ordnet die Bedeutung und die Möglichkeiten der Bio diversitätsförderung in den Kontext der Anwendung in der Praxis. Das Zulassen der natürlichen Waldentwicklung und die För derung von Alt- und Totholz sind dabei die beiden wichtigsten Elemente des Prozess schutzes. Daneben ist aber ein Grossteil der Biodiversität auf weiterführendes Manage ment und konkrete Massnahmen angewie sen, welche oft weitreichende und langfris Bündner Wald 35
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tig gesicherte Pflegeeingriffe bedingen. Zu diesen Massnahmenbereichen zählen zum Beispiel die Aufwertung und Erhaltung von ökologisch wertvollen Waldlebensräumen, die Förderung von National Prioritären Arten (NPA) und Lebensräumen (NPL) sowie die Erhaltung der genetischen Vielfalt. Im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit werden also Massnahmen, aber auch das bewusste Nichtstun propagiert. Die Flächen mit einem Nutzungsverzicht werden ab einer Grösse von 5 ha üblicherweise als Naturwaldreservat mit einer Laufzeit von 50 Jahren unter Vertrag genommen. Der Kanton Graubünden ist dabei mit einem Anteil von 2,8 % der Waldfläche auf gutem Weg, wenn das angestrebte Ziel von 5% bis zum Jahr 2030 erreicht werden soll. Neben Naturwaldreservaten werden seit einigen Jahren vermehrt auch kleinere Bestände in der Grösse von einem bis ein paar wenigen Hektaren als sogenannte Altholzinseln sich selbst respektive der natürlichen Entwicklung überlassen. Ein wichtiger Aspekt dieser Altholzinseln ist die Vernetzung von bestehenden Naturwaldreservaten, aber ebenso die längerfristige Sicherung von bestehenden wertvollen Beständen, die unter einem starken Nutzungsdruck stehen können. Für die längerfristige Sicherung von Pflegemassnahmen ist seit vielen Jahren die Einrichtung von Sonderwaldreservaten ein probates Mittel. Mittels Vertrag wird bei einer Laufzeit von mindestens 30 Jahren festgehalten, welche Massnahmen für eine bestimmte Förderkategorie durchzuführen sind. Auch für die Sonderwaldreservate beträgt das angestrebte Ziel 5 % der Waldfläche, wobei nicht zuletzt dank einigen ausgedehnten Auerhuhn-Fördergebieten bereits 4,5 % der Waldfläche als Biodiversitätsflächen unter vertraglich geregelter Bewirtschaftung stehen. Durch diese Sicherung kann eine ge-
wisse Kontinuität auf einer konkreten Fläche sichergestellt werden, um die gesteckten Ziele innert absehbarer Frist zu erreichen und die gewünschte Wirkung zu erzielen. Ein umfassender Überblick über den aktuellen Stand und die verschiedenen Kategorien der Förderung im Kanton Graubünden wurde bereits in der «Bündner Wald»-Ausgabe vom Oktober 2015 dargelegt. Um das kantonale Rahmenkonzept über Naturschutz im Wald an die neueren Erkenntnisse und die stetige Entwicklung im Gebiet der Biodiversitätsförderung anzupassen, befindet sich momentan eine Überprüfung und Neuauflage dieser mittel- bis längerfristigen Strategie in den Startlöchern und wird in den kommenden Jahren schrittweise umgesetzt. Für die umgesetzten Massnahmen einerseits und die Beiträge an die Ausscheidung von Natur- und Sonderwaldreservaten und die Einrichtung von Altholzinseln andererseits, werden aktuell Bundes- und Kantonsmittel im Umfang von jährlich rund 3 Mio. Franken eingesetzt. Die Pauschalbeiträge für die Pflegemassnahmen sind dabei so angesetzt, dass der Waldeigentümer (im Kanton Graubünden sind dies zu rund 85% die politischen Gemeinden) 30 % der anfallenden Restkosten zu tragen hat. In diesem Sinne ist also auch dem ökonomischen Aspekt eine grosse Beachtung zu schenken. Die für die Entrichtung von Beiträgen verbindlichen Projektvorschriften des Amts für Wald und Naturgefahren (AWN) sind so formuliert, dass Massnahmen nur dann eine Beitragsberechtigung erfahren, sofern deren ökologische Wirkung absehbar und so weit wie möglich gesichert ist. Dies passiert unter anderem durch die Bezeichnung der Fördergebiete im kantonalen Waldentwicklungsplan (WEP 2018+), der sich momentan gerade in Revision befindet. Bei der Verteilung der jährlich verfügbaren Mittel, die aufgrund politischer
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Entscheide gewissen Schwankungen unterworfen sind, werden vorgesehene Pflegemassnahmen in Sonderwaldreservaten in der Regel bevorzugt behandelt, wodurch eine längerfristige Umsetzung von Massnahmen sichergestellt sein soll. Alle weiteren Massnahmen ausserhalb von Sonderwaldreservaten, die ebenfalls eine Beitragsberechtigung erfahren, werden zwischen Revierförster und Regionalforstingenieur oder regionalem Naturschutz spezialisten des AWN besprochen und vorgängig bewilligt. Dadurch wird sichergestellt, dass die zur Verfügung stehenden Finanzmittel zielgerichtet eingesetzt werden können, wobei die finanzielle Situation mit zusätzlichen Beiträgen des Bundes für die Periode 2016 bis 2019 im Moment verhältnismässig gut aussieht. Auch die Kantonsmittel sind, zumindest für die kommenden Jahre, im kantonalen Finanzplan vorgesehen. Keine Selbstverständlichkeit sind aber ebenso der Wille und die Beiträge der Waldeigentümer von durchschnittlich 30 % an die anfallenden Kosten der Pflegemassnahmen, welche eine Förderung der Biodiversität erst ermöglichen. Hier ist den Bündner Revierförstern und den Wald eigentümern ein Kränzchen zu winden, da die vorgesehenen jährlichen Pflegemassnahmen die vorhandenen Bundes- und Kantonsmittel oftmals sogar übersteigen. Die Biodiversität als Waldökosystemleistung wird zunehmend wichtiger, auch aus Sicht der Entscheidungsträger und im generellen Verständnis der Bevölkerung, da sie zumindest teilweise als Grundvoraussetzung für weitere Ökosystemleistungen wie Schutz oder Erholung unabdingbar ist. Allerdings ist in vielen Fällen eine Inwertsetzung sehr schwierig oder beinahe unmöglich. Dass die finanzielle Beteiligung an allen diesen Massnahmen überhaupt möglich ist, ist nicht zuletzt dem sozialen Aspekt der Nachhaltig-
Totholz, welches im Wald liegen bleibt, hat einen hohen ökologischen Wert. Bündner Wald 37
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keit zu verdanken. Dass die Biodiversität in unserer Gesellschaft den Stellenwert hat, welchen sie heute einnimmt, ermöglicht erst die Bereitstellung öffentlicher Mittel und den Willen der Gemeinschaft, Biodiversitätsförderung umzusetzen, obwohl in vielen Fällen gar keine unmittelbare Wirkung ersichtlich ist. Die gesellschaftliche Nachhaltigkeit als letzten der drei Aspekte umfasst damit die ethische Verpflichtung, den nachkommenden Generationen dieselben Wahlund Handlungsmöglichkeiten wie heute zu bieten und irreversible Veränderungen so weit wie möglich zu vermeiden. In der heutigen Zeit sind Kenntnisse über die natürlichen Begebenheiten und der menschlichen Steuerungsmöglichkeiten von elementarer Bedeutung. Die Wissensvermittlung und Forschung sind nicht zuletzt deshalb ebenfalls Teil der Massnahmenbereiche aus Sicht des Bundes, was wiederum auch der gesellschaftlichen Akzeptanz der Biodiversität dienlich ist. Eine wichtige Rolle spielen hierbei wiederum die Waldeigentümer und damit die Forstbetriebe, die mit unzähligen kleineren oder grösseren Massnahmen wie Informationstafeln, Waldlehrpfaden oder einfachen Gesprächen mit der interessierten Bevölkerung den Zustand und die umgesetzten Massnahmen erläutern, nicht nur in der Biodiversitätsförderung. Dazu ist auch in der Aus- und Weiterbildung aller im öffentlichen Forstdienst Be teiligten die Sensibilisierung für den hohen Stellenwert der Biodiversität von grosser Bedeutung, vom Forstwart über den Förster bis hin zum Forstingenieur. Auch in Zukunft sind wir auf die Bevöl kerung angewiesen, damit die Akzeptanz der umgesetzten Massnahmen und die beträchtlichen finanziellen Aufwendungen fortgeführt werden können. Dabei kann jeder von uns seinen Beitrag leisten, um unse-
ren nachfolgenden Generationen eine intakte Umwelt zu hinterlassen. Literatur BAFU 2012a: Nachhaltigkeitskontrolle im Wald, Schlussbericht: 69 S. BAFU 2012b: Strategie Biodiversität Schweiz, Umwelt-Diverses Nr. 1060. Bundesamt für Umwelt, Bern: 66 S. BAFU 2013: Waldpolitik 2020. Visionen, Ziele und Massnahmen für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Schweizer Waldes. Bundesamt für Umwelt, Bern: 66 S. BAFU 2017a: Biodiversität in der Schweiz: Zustand und Entwicklung. Ergebnisse des Überwachungssystems im Bereich Biodiversität, Stand 2016. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Zustand Nr. 1630: 60 S. BAFU 2017b: Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz. Bundesamt für Umwelt, Bern: 50 S. Bündner Wald 2015, Jahrgang 68, Ausgabe Oktober: Naturschutzbilanz aus dem Bündner Wald: Diverse Autoren: 64 S. Imesch N., Stadler B., Bolliger M., Schneider O. 2015: Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen. Vollzugshilfe zur Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt im Schweizer Wald. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Vollzug Nr. 1503: 186 S. Weltkommission für Umwelt und Entwicklung 1987: Brundtland-Bericht: Unsere gemeinsame Zukunft.
Marco Vanoni Amt für Wald und Naturgefahren Loëstrasse 14, CH-7000 Chur marco.vanoni @ awn.gr.ch
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Waldknigge Jungwald
(Illustration: Rolf Giger)
Die kontinuierliche, nachhaltige Waldverjüngung sorgt dafür, dass alle Altersstufen im Wald vorhanden sind. So können unsere Kinder und Enkel auch zukünftig von den vielfältigen Produkten und Funktionen des Walds profitieren. Folgende Punkte sind deshalb zu beachten: – Jeder Baum fängt einmal klein an, darum ist auch das Fällen von kleinen Bäumen verboten. – Jede Verletzung schadet dem Baum und ist eine Eintrittspforte für schädliche Pilze und Insekten.
– Umgeknickte und verletzte Bäumchen wachsen nicht mehr schön. – Eingezäunte Jungwaldflächen dürfen nicht betreten werden. Wir wünschen schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Und nicht vergessen: Fällt euren Christbaum nicht einfach im Wald, sondern kauft ihn bitte beim Forstbetrieb. SELVA, Oktober 2017
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Ein neuer Naturschutz für das Anthropozän (Essay) Der Naturschutz erlebt im Moment eine Zeit heftiger Diskussionen zu seinen Grundprinzipien. Das übergeordnete Pro blem lautet: Wie lässt sich die Natur noch schützen und ein grosses Artensterben ver hindern, wenn der Mensch fast alle Flä chen des Planeten nutzt und durch Um weltveränderungen wie Klimawandel stark beeinflusst? Konkret beschäftigen drei Fra gen: 1) Funktioniert die räumliche Tren nung von Naturschutzgebieten einerseits und genutztem Kulturland andererseits noch? 2) Lässt sich vom Menschen gestör te Natur renaturieren, das heisst, wieder in einen ursprünglichen Zustand zurückfüh ren? Und 3) Wie geht man mit der Verän derung der Artenzusammensetzung von Lebensräumen, insbesondere durch die Einwanderung von nicht einheimischen Ar ten (Neophyten und Neozoen), um? Dieser Artikel setzt sich mit aktueller Literatur zu diesen Fragen auseinander und plädiert für differenzierte Lösungen, welche auf den traditionellen Naturschutzkonzepten aufbauen, diese aber für die fundamental neuen Herausforderungen einer vom Men schen geprägten Natur und Landschaft weiterentwickeln. Wir leben auf einem zunehmend vom Menschen geprägten Planeten (Steffen et al 2004, Kueffer 2013). Der Klimawandel ist menschgemacht und mehr als drei Viertel der globalen Landfläche werden durch den Menschen genutzt. Die menschliche Einflussnahme ist mittlerweile so substanziell, dass Wissenschaftler von einem neuen Zeitalter der Erdgeschichte sprechen: dem Anthropozän. Die Folgen der wachsenden Störung der Natur durch den Menschen werden zu einem weiteren Verlust von Biodiversität führen – auch in der Schweiz (für eine Übersicht zur Biodiversitätskrise in der Schweiz siehe Lachat et al 2010, Fischer et
al 2015). Bereits heute ist mehr als ein Drittel der Schweizer Arten bedroht und weitere zehn Prozent sind potenziell gefährdet. 255 Arten sind in der Schweiz bereits ausgestorben. Besonders problematisch ist, dass sich die neuen Störungen wie Klimawandel, Luftschadstoffe oder invasive gebietsfremde Arten im Gegensatz zur intensiven Landnutzung, welche bisher als wichtigster Bedrohungsfaktor galt, an den Grenzen von Schutzgebieten nicht stoppen lassen. Das Grundprinzip des traditionellen Naturschutzes – die Natur in räumlich abgetrennten Naturschutzgebieten vor dem Menschen zu schützen – lässt sich nur noch bedingt umsetzen. Entsprechend werden im Moment heftige Diskussionen zu neuen Visionen des Naturschutzes geführt. Das übergeordnete Problem lautet: Wie lässt sich die Natur noch schützen und ein grosses Artensterben verhindern, wenn der Mensch fast alle Flächen des Planeten nutzt und durch Umweltveränderungen stark beeinflusst? Konkret beschäftigen drei Fragen: 1) Funktioniert die räumliche Trennung von Naturschutzgebieten einerseits und genutztem Kulturland andererseits noch? 2) Lässt sich vom Menschen gestörte Natur renaturieren, d. h., wieder in einen ursprünglichen Zustand zurückführen? Und 3) Wie geht man mit der Veränderung der Artenzusammensetzung von Lebensräumen, insbesondere durch die Einwanderung von nicht einheimischen Arten (Neophyten und Neozoen), um? Die Debatte über einen neuen Naturschutz für einen vom Menschen geprägten Planeten wird in wissenschaftlichen Kreisen seit etwa 15 Jahren zunehmend intensiver geführt (z. B. Higgs 2003, Rosenzweig 2003, Hobbs et al 2006, Davis et al 2011, Hobbs et al 2011, Hobbs et al 2013), wobei zum Beispiel der Umweltaktivist Bill McKibben in seinem Bestseller «The End of Nature»
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Neuartiger Wald in der Nähe von Locarno mit Kampferbaum und Hanfpalme. (Bild: Barbara Allgaier Leuch)
(McKibben 1989) oder Landschaftsarchitekten – in der Schweiz insbesondere Dieter Kienast (Freytag 2016) – ähnliche Fragen bereits in den 1980er-Jahren aufgeworfen haben. Im deutschsprachigen Raum hat die Übersetzung des Buchs «Die neuen Wilden: Wie es mit fremden Tieren und Pflanzen gelingt, die Natur zu retten» des Wissenschaftsjournalisten Fred Pearce die Debatte nun einem breiten Publikum zugänglich gemacht (Pearce 2016). Auf Englisch waren bereits zuvor populärwissenschaftliche Bücher zum Thema wie «Rambunctious Garden. Saving Nature in a Post-Wild World» der Wissenschaftsjournalistin Emma Marris
(2011) oder «Where do camels belong? The Story and Science of Invasive Species» des Botanikers Ken Thompson (2014) erhältlich. Während Pearce (2016) viele der aktuellen Argumente aus der internationalen Diskussion leicht verständlich und gut lesbar präsentiert, vereinfacht er im Interesse der Provokation oft zu stark; insbesondere indem er invasive Arten zu den Rettern der Natur hochstilisiert. In diesem Artikel möchte ich daher einige wichtige Sachverhalte ausgewogener darstellen und ich werde für dif ferenzierte Lösungen plädieren, welche auf den traditionellen Naturschutzkonzepten aufbauen, diese aber für die fundamental Bündner Wald 41
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neuen Herausforderungen einer vom Menschen geprägten Natur und Landschaft weiterentwickeln (Kueffer & Kaiser-Bunbury 2014, Kueffer 2016a, Kueffer 2016b).
Äusserst vielseitige Lebensräume werden im Maggiatal entlang von Auenwäldern und landwirtschaftlichen Nutzflächen gezielt vernetzt. (Bild: Sandro Krättli) 1
Naturschutz inmitten anthropogener Landschaften Die erste Frage nach der räumlichen Trennung von Naturschutz und Landnutzung beschäftigt den Naturschutz verstärkt, seit die UNESCO in den 1980er-Jahren das Konzept der Biosphärenreservate entwickelte. Biosphärenreservate integrieren innerhalb der Parkgrenzen sowohl strenge Naturschutzzonen als auch Zonen nachhaltiger Landnutzung. Inzwischen haben sich auch in der Schweiz verschiedene neue Park typen etabliert, welche zwar streng geschützte Kernzonen haben, aber daneben in einem grossen Teil der Fläche Nutzungen zulassen. 1 Eine moderne Vorstellung von Pärken versteht diese nicht mehr als exklusive Zone für die Natur, sondern als Modellregionen für eine nachhaltige Entwicklung, welche menschliche Landnutzung und Naturschutz verbinden (Hammer et al 2016). Die Regionalentwicklung hat in den neuen Pärken ein Instrument gefunden, um ländliche Randgebiete wirtschaftlich zu fördern. Und der Naturschutz hat erkannt, dass seltene Arten nicht nur in Schutzgebieten, sondern auch in der Kulturlandschaft gefördert werden können und müssen, sei dies im Wald, in der Landwirtschaftszone oder zunehmend auch im Siedlungsgebiet (Abbildung 1; Rosenzweig 2003, Lachat et al 2010, Fischer et al 2015, Klaus & Gattlen 2016, Kueffer 2016a). Für diese Ausweitung des Naturschutzes in die Kultur- und sogar Siedlungslandschaften gibt es zwei zentrale Argumente. Erstens fehlt es insbesondere
www.paerke.ch (5. 9. 2016)
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im Schweizer Mittelland an genügend gros sen Schutzgebieten und ohne zusätzliche Flächen für die Natur werden zunehmend Arten aussterben (Fischer et al 2015). Als Hoffnung bleibt einzig die Koexistenz von Landnutzung und Artenvielfalt. Zweitens sind die Kulturlandschaft und der Siedlungs raum auf Biodiversität angewiesen. Zum Beispiel funktioniert in gros sen Teilen der Agrarlandschaft die Bestäubung nicht mehr. Die Honigbienen und die wilden Bestäuber insekten können dort nicht mehr überleben, weil die Monokulturen ihnen nur während kurzer Zeit im Jahr Blüten als Futter zur Ver fügung stellen. In den wachsenden Agglo merationen fehlen zunehmend Naherho lungsgebiete und Möglichkeiten für die Naturerfahrung (ILF 2016). Dass sich die Grenzen zwischen Schutz gebiet und Kulturlandschaft verwischen, ist inzwischen für viele Naturschützer selbst verständlich geworden. Schutzgebiete bie ten immer mehr Aktivitäten für Natur interessierte an 2 und Naturschutzprojekte findet man in jeder Gemeinde (z. B. Klaus & Gattlen 2016). Doch bleibt bei vielen Na turschützern die Überzeugung, dass der Mensch mitten in wertvoller Natur eigent lich unerwünscht ist. Meiner Meinung nach gilt es, die Verschmelzung von Natur- und Kulturlandschaft verstärkt als Chance statt nur als pragmatischen Kompromiss zu se hen (Kueffer 2016a): Nur so ist es möglich, dass wir Menschen – Kinder und Erwachse ne – täglich Kontakt mit der Natur haben und einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser pflegen können. Dabei gibt es durchaus Risiken. Gewisse empfindliche Ar ten werden nur in strikt geschützten Gebie ten überleben: Es braucht also in Zukunft sowohl mehr Schutzgebiete als auch mehr 2
Natur mitten unter uns (Kueffer & KaiserBunbury 2014). Eine differenziertere Sicht von der Rolle des Menschen in der Natur ist nötig: Manchmal stellt der Mensch eine problematische Störung dar, manchmal ist er ein verantwortungsbewusster Gast und manchmal ist er der dringend nötige Förde rer und Pfleger von Biodiversität. Neuartige Ökosysteme und die Illusion von ursprünglicher Natur Die zweite Frage nach den Möglichkeiten und dem Sinn der Renaturierung von Öko systemen wurde in den letzten etwa zehn Jahren unter Renaturierungsökologen in tensiv diskutiert. Es hat sich der Begriff der «neuartigen Ökosysteme» (auf Englisch «novel ecosystems») etabliert (Hobbs et al 2006). Damit werden Ökosysteme bezeich net, welche durch menschliche Einwirkun gen so stark verändert wurden, dass sie nicht mehr in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden können, sondern in ihrer Neuartigkeit zumindest zum Teil ak zeptiert werden müssen. Mögliche Ursa chen für diese irreversiblen Veränderungen sind zum Beispiel vergangene Landnutzung, Klimawandel, invasive Arten oder Eutro phierung. Die Fläche von neuartigen Öko systemen nimmt zu. Es wird zunehmend erkannt, dass diese Gebiete – obwohl nicht mehr ungestörte Natur – für den Natur schutz sehr wertvoll sein können (Abbil dung 2; Hobbs et al 2013, Kueffer & KaiserBunbury 2014, Kueffer 2016a). In anderen Worten kann man sagen, dass ursprüngliche Natur sogar in Wildnis- oder Schutzgebieten zu einer Illusion wird, weil Klimawandel, Fragmentierung von Lebens räumen und Nährstoffeintrag aus der Luft wertvolle Naturgebiete wie Hochmoore,
Siehe z. B. www.naturzentren.ch (5. 9. 2016)
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Magerwiesen oder Gebirgsökosysteme ge nauso betreffen wie genutzte Gebiete. Wir müssen lernen, diese Gebiete so zu pflegen, dass sie trotz ihrer Neuartigkeit ihre Biodi versität erhalten können. Das kann in vielen Fällen immer noch bedeuten, menschliche Störungen zu reduzieren: Weniger Schad stoffe, weniger invasive Arten oder weniger Störungen durch Freizeitaktivitäten werden für viele seltene Arten noch wichtiger als zuvor. Oft wird das eine kontinuierliche Pflege erfordern, zum Beispiel ein immer wiederkehrendes Jäten von einwandernden Arten, einen stetigen Unterhalt des Regulie rungssystems für den Wasserhaushalt eines Moors oder ein regelmässiges Abtragen von überdüngten Böden auf Magerwiesen standorten. Der Schutz von Relikten ver gangener Natur wird zu einer nie endenden Unterhaltsarbeit, wie wir das auch von der Pflege historischer Kulturgüter wie dem Berner Münster oder den vielen Schlössern in der Schweiz kennen. Das wird neue Fi nanzierungen nötig machen. Manchmal wird diese Pflege so weit gehen, dass man von Naturdesign sprechen kann. Damit ist gemeint, dass eine Naturfläche gezielt neu gestaltet wird, um deren Biodi versität zu fördern und an Veränderungen wie den Klimawandel anzupassen. Wir er schaffen also eine neue Natur, um die Qua litäten der verlorenen Natur zu erhalten. Damit dies gelingt, müssen wir uns von ei ner statischen Vorstellung von Natur lösen. Bei der Schaffung neuer Natur genügt es nicht mehr, nur wie bisher die Störungen des Menschen rückgängig zu machen. Viel mehr sind die sich ergebenden Spielräume zu nutzen, um aus den Elementen der alten Natur eine neuartige, unter den Bedingun gen des Anthropozäns ökologisch funk tionsfähige Natur zu entwickeln. Zum Bei spiel lebten in den Wäldern Europas bis in
die Frühzeit verbreitet Elche, Wisente, Wild pferde, Bären, Wölfe, Luchse, Biber, Nerze, Wildkatzen, Fischotter und Auerochsen. Einige dieser Arten stehen kurz vor dem Aussterben, andere breiten sich selbststän dig wieder aus, weitere werden gefördert, andere wiederum werden in Pilotprojekten in Europa wieder ausgewildert (z. B. Wisen te) und ausgestorbene Arten könnten durch verwandte, noch lebende Arten ersetzt werden (zum Beispiel der Auerochse durch frei laufende Rinder). Gleichzeitig breiten sich gebietsfremde Arten wie der Goldscha kal, die Bisamratte oder die Biberratte (Nu tria) aus und mit dem Klimawandel werden weitere Einwanderer folgen. Welche Säuge tiere zukünftig in unseren Wäldern leben werden, kann nicht mehr nur anhand der ursprünglichen Artenzusammensetzung be antwortet werden. Es ist eine Frage der Wahl und damit der Gestaltung geworden. Dabei gilt es unter anderem, gesellschaftli che Konflikte, unterschiedliche Funktionen von Wäldern und unsere begrenzten Mög lichkeiten der Beeinflussung von Wildtier populationen zu bedenken. In gewissen begrenzten Gebieten ist eine umfassende Naturgestaltung möglich, und es verwischen sich die Grenzen zwischen Schutzgebiet, botanischem Garten, Garten anlage, Wildtierpark und Zoo (Kueffer 2016a). Ein Beispiel dafür ist das Oostvaar dersplassen-Naturreservat etwa 40 Kilome ter östlich von Amsterdam. Im 56 Qua dratkilometer grossen Gebiet, welches vom Meer und von Siedlungsflächen umgeben ist, wurde eine neue Natur geschaffen. Zum Beispiel wurden eine Ponyart als Ersatz für die verschwundenen Wildpferde und eine Rinderart als Ersatz für die ausgestorbenen Auerochsen ausgewildert. Hier ist gezieltes Management einer neuartigen Designnatur möglich. In vielen Gebieten werden wir al
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lerdings akzeptieren müssen, dass wir neu artige Ökosysteme nicht gezielt gestalten können, weil die Mittel zu grossflächigem Management fehlen. Im Unterschied zu ei ner traditionellen Vorstellung des Natur schutzes besteht diese neue Wildnis aber nicht mehr aus ungestörter Natur. Die Spu ren früherer Landnutzung bleiben sichtbar und Klimawandel, Nährstoffeinträge aus der Luft und die Einwanderung von nicht einheimischen Arten verändern die Arten zusammensetzungen und Ökosysteme. Eine neuartige, wilde Natur entsteht (Kuef fer & Kaiser-Bunbury 2014, Kueffer 2016a). Zusammenfassend kann man sagen, dass wir in Zukunft wohl einige Naturschutzflä chen immer intensiver pflegen und gestal ten werden – hier werden wir besonders wertvolle, aber nicht an die neuen Bedin gungen des Anthropozäns angepasste Ar ten und Lebensräume erhalten –, während sich gleichzeitig eine neue Wildnis ausbrei tet mit neuen Arten und neuen ökologi schen Prozessen. Unsere Vorstellungen von Natur und Naturschutz werden durcheinan dergeschüttelt: Früher war die ursprüngli che, am wenigsten vom Menschen beein flusste Natur in Wildnisgebieten zu finden. In Zukunft wird die Wildnis von neuartiger Natur geprägt sein. Reste von ursprüngli cher Natur wird man stattdessen mitten un ter den Menschen finden, weil sie dort dank unserer kontinuierlichen Pflege und Gestal tung in einer völlig neuen Umwelt fortbe stehen werden. Einwanderung von neuen Arten Damit sind wir bei der dritten Frage ange langt, ob nicht einheimische Arten als Neu zugänge unserer Ökosysteme akzeptiert oder als sogenannte invasive Arten be kämpft werden sollen (Abbildung 3). Auch diese Frage wird in der internationalen For
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schung angeregt diskutiert (z. B. Davis et al 2011, Humair et al 2014). Einerseits nimmt durch die Globalisierung die Anzahl einge führter Arten jedes Jahr zu, folglich auch die Anzahl der Schädlinge und Baumkrankhei ten, was zu hohen Kosten führt (Bugmann et al 2014). Andererseits stellt sich wegen des Klimawandels und anderer Umweltver änderungen die Frage, wie stark sich unsere Flora und Fauna verändern muss, um sich an die neuen Umweltbedingungen anzu passen. Die einfache Formel, dass nicht ein heimische Arten (Neobiota) problematisch sind und einheimische nicht, ist nicht mehr allgemeingültig. Einerseits werden wir zunehmend auf nicht einheimische Arten angewiesen sein, wel Bündner Wald 45
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che unter den neuen Klimabedingungen die ökologischen Funktionen der nicht mehr überlebensfähigen einheimischen Arten übernehmen können. Man könnte nicht einheimische Arten als selbst organisierte Anpassung der Natur an die neuen Umweltbedingungen eines vom Menschen geprägten Planeten bezeichnen (Kueffer & KaiserBunbury 2014). Fred Pearce (2016) geht aufgrund dieser Überlegung so weit, nicht einheimische Arten als die Rettung der Natur zu betrachten («Wie es mit fremden Tieren und Pflanzen gelingt, die Natur zu retten»). Nach meiner Einschätzung vereinfacht hier Pearce zu sehr. Nicht einheimische Arten können gewisse Qualitäten von Ökosystemen erhalten, aber andere Qualitäten gehen verloren. Letztlich geht es um eine Wertediskussion: Wollen wir Natur nur noch für bestimmte Ökosystemleistungen erhalten – zum Beispiel für die Holzpro duktion, die Kohlenstoffspeicherung oder den Erosions- und Lawinenschutz –, welche möglicherweise in Zukunft tatsächlich zum Teil durch nicht einheimische Arten besser produziert werden? Oder wollen wir auch weiterhin das Aussterben vieler einheimischer Arten verhindern, indem wir die vielen Verlierer der menschlichen Naturnutzung vor den negativen Folgen dieser Umweltveränderungen – unter anderem vor invasiven Arten – schützen? Ich denke, wir sollten weiterhin beides versuchen: Neuartige Ökosysteme mit ihren neuen, nicht einheimischen Arten besser kennen- und nutzen lernen, aber auch die einheimische Artenvielfalt pflegen (Kueffer 2016a). Andererseits werden auch die Gewinner unter den einheimischen Arten zum Teil zu Problemarten werden. Zum Beispiel breiten sich, gefördert durch den hohen Nährstoff eintrag, bereits heute Allerweltsarten wie Klee, Löwenzahn oder gewisse Gräser in
sensible Ökosysteme wie Magerwiesen oder Hochmoore aus und verdrängen dort ohnehin schon selten gewordene Spezialisten, welche auf diese Lebensräume angewiesen sind. Mit dem Klimawandel werden sich zunehmend Tieflandarten in die Gebirgsökosysteme ausbreiten und dort mög licherweise die durch den Klimawandel besonders stark bedrohte Gebirgsflora und -fauna zusätzlich bedrängen (Pauchard et al 2016). Deshalb werden wir in Zukunft in gewissen sensiblen Ökosystemen auch einige einheimische Arten als Problemarten behandeln müssen. Noch ist nicht klar, wie ein neuer Umgang mit nicht einheimischen und invasiven Arten aussehen wird. Aber einige Grund sätze deuten sich an: 1. Die Unterscheidung zwischen einheimischen und nicht einheimischen Arten wird an Bedeutung verlieren. 2. Die Herausforderung, Problemarten an ihrer Ausbreitung zu hindern, wird zunehmen. Wir werden verstärkt Massnahmen treffen müssen, um gewisse Schadorganismen energisch einzudämmen. 3. Der Pflegeaufwand für Naturschutzflächen wird zunehmen, und dort insbesondere auch die Kontrolle von Problem arten. Dass wir alle Problemarten grossflächig eliminieren können, ist eine Illu sion. In vielen Schutzgebieten wird uns nichts anderes übrig bleiben, als jedes Jahr die immer wieder einwandernden Schadorganismen zu entfernen. Zeit für eine ausgewogene Diskussion Das Buch «Die neuen Wilden» von Fred Pearce ist typisch für die aktuelle, polemische Debatte zum Naturschutz und zum Umgang mit nicht einheimischen Arten. Die Debatte wird nun aber bereits seit über einem Jahrzehnt in diesem Stil geführt. Nun
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Habitatbaum mitten im bewirtschafteten Wald. (Bild: Barbara Allgaier Leuch)
ist es Zeit für eine differenzierte und ausgewogene Herangehensweise (Kueffer & Kaiser-Bunbury 2014, Kueffer 2016a, Kueffer 2016b): Wir sollten lernen, je nach ökologischen Bedingungen, finanziellen Möglichkeiten und gesellschaftlichen Zielsetzungen unterschiedliche Prinzipien und Strategien anzuwenden. Es braucht sowohl Schutzgebiete, wo der Mensch eine untergeordnete Rolle spielt, als auch Naturdesign, wo seltene Arten dank unserer Pflege neue Chancen erhalten. Manche nicht einheimische Arten sind eine ernsthafte Bedrohung für unsere Artenvielfalt und unsere Ökosysteme, andere nicht. Und auch gewisse einheimische Arten können sich in empfindlichen Ökosystemen wie Hochmooren oder Magerwiesen ausbreiten und müssen dort eingedämmt werden. Ein Grundprinzip bleibt sich aber gleich: Wenn es nicht gelingt, massiv mehr Land-
flächen und finanzielle Ressourcen für die Erhaltung einer gut funktionierenden Natur in der Schweiz zur Verfügung zu stellen, werden wir in den nächsten Jahrzehnten viel Biodiversität und damit viele ökologische Leistungen verlieren: zum Beispiel Bestäuber in der Landwirtschaftszone, genügend vielfältige Grünflächen als Erholungsraum im Siedlungsgebiet und artenreiche und genetisch vielfältige Baumbestände, welche eine Anpassung des Walds und der Stadtbäume an den Klimawandel erlauben. Wir können auf artenreiche und gut funk tionierende Ökosysteme nicht verzichten. In vielerlei Hinsicht wird Naturschutz im Anthropozän schwieriger, aber es bietet sich auch eine grosse Chance. Naturschutz ist nicht mehr eine Liebhaberei, sondern geht uns alle an. Ohne unsere Unterstützung verliert die Natur, und ohne gut funktionierende Natur verlieren wir. Deshalb sollten Bündner Wald 47
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wir Naturschutz zu einem Fundament unse rer Gesellschaft machen. Heute spricht jeder Politiker von Wirtschaftswachstum, morgen hoffentlich von Naturwachstum. Ersterscheinung in der Schweizerischen Zeitschrift für Forstwesen 168 (2017) 1: 26 – 31 Literaturverzeichnis BUGMANN H, KUEFFER C, CONEDERA M, EDITORS (2014) Invasive Arten: die neuen Sorgenkinder im Wald. Schweiz Z Forstwes 165: 123–181 (Schwerpunktstrecke). DAVIS MA, CHEW MK, HOBBS RJ, LUGO AE, EWEL JJ ET AL (2011) Don’t judge spe cies on their origins. Nature 474: 153–154. FISCHER M, ALTERMATT F, ARLETTAZ R, BARTHA B, BAUR B ET AL (2015) Zustand der Biodiversität in der Schweiz 2014. Bern: Forum Biodiversität Schweiz. 96 p. FREYTAG A (2016) Dieter Kienast. Stadt und Landschaft lesbar machen. Zürich: gta Verlag. 432 p. HAMMER T, MOSE I, SIEGRIST D, WEIXL BAUMER N, EDITORS (2016) Parks of the future! Protected areas in Europe challen ging regional and global change. München: Oekom. 280 p. HIGGS E (2003) Nature by design: People, natural process, and ecological restoration. Cambridge MA: MIT Press. 341 p. HOBBS RJ, ARICO S, ARONSON J, BARON JS, BRIDGEWATER P ET AL (2006) Novel ecosystems: theoretical and management aspects of the new ecological world order. Glob Ecol Biogeogr 15: 1– 7. HOBBS RJ, HALLETT LM, EHRLICH PR, MOONEY HA (2011) Intervention ecology: applying ecological science in the twenty first century. BioScience 61: 442 – 450. HOBBS RJ, HIGGS E, HALL C (2013) Novel ecosystems. Intervening in the new ecolo
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Christoph Küffer ILF und HSR Oberseestrasse 10, CH - 8640 Rapperswil christoph.kueffer @ hsr.ch
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Wie viel Licht braucht die Lärchenverjüngung? Die Verjüngung der Lärche ist oft gewünscht, aber nicht überall stellt sie sich auch tatsächlich ein. Im Rahmen einer Bachelorarbeit an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) sollte deshalb der Frage nachgegangen werden, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Lärche in den Waldbeständen des Unterengadins erfolgreich verjüngt werden kann.
Abbildung 1: Blick in aufkommende Lärchenund Fichtenverjüngung im Unterengadin. (Bilder Madlaina Gremlich)
Die Lärche hat im Engadin eine grosse forstwirtschaftliche, ökonomische und kulturelle Bedeutung und prägt das Landschaftsbild. Als Lichtbaumart wird sie im Verlaufe der natürlichen Sukzession durch die Fichte oder je nach Höhenlage durch die Arve verdrängt. Natürliche oder anthropogene Störungen führen jedoch dazu, dass sie sich gegen die konkurrenzstärkeren Baumarten behaupten kann. Die starke Verbreitung der Lärche im Engadin ist somit vor allem eine Folge der früheren intensiven Wald- und Weidenutzung. Die Bewirtschaftung hat sich bis heute stark verändert und zu einem Rückgang des Lär-
chenanteils in den Bündner Waldbeständen geführt, insbesondere in der Jungwuchsund Stangenholz-Entwicklungsstufe. Aufgrund der erhöhten Stabilität von Waldbeständen mit Lärche und ihrer wirtschaftlichen und ökologischen Bedeutung wurden in den letzten Jahrzehnten vermehrt Bemühungen unternommen, um einen nachhaltigen Lärchenanteil erhalten zu können. Damit einher gingen auch verschiedene Untersuchungen zu Faktoren, welche die Lärchenverjüngung positiv respektive negativ beeinflussen. Näher beschrieben wurde insbesondere die für die Lärchenverjüngung notwendige Sonnenscheindauer (z. B. Krebs 2001, Mathis & Zürcher 1998). Für den Aufwuchs stabiler Lärchen-Stangenhölzer wurde eine mindestens notwendige tägliche Sonnenscheindauer im Monat Juni von vier bis sechs Stunden ermittelt (Mathis & Zürcher 1998). Diese Werte sind daraufhin in die waldbaulichen Empfehlungen eingegangen. Weil die Schaffung der Lärchenverjüngung auch bei solchen Lichtverhältnissen schwierig war, kam die Vermutung auf, dass noch weitere Faktoren für ihren Erfolg mitentscheidend sind. Dies sind unter anderem die Krautschicht, die organische Auflage, der Boden (Feuchtigkeitsgehalt, allfällige Schürfungen), der Waldstandort, das Klima, die Samenbäume und ihre Mastjahre sowie der Wildeinfluss. Es handelt sich also um ein komplexes Geflecht von möglichen Einflussfaktoren und deren Wechselwirkungen. Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wurde deshalb entschieden, sich in einem ersten Schritt auf die Untersuchung des Lichts, der Krautschicht und der organischen Auflage zu beschränken. Ziel war es, aufgrund der Untersuchung bereits ausgeführter Holzschläge einen Einblick in die Bedingungen zu erhalten, welche das Aufkommen und das Wachstum der Lärchenverjüngung be-
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Abbildung 2: Lage der Transekte entlang des Lichtgradienten in der Bestandslücke. Rot umkreist ist ein Plot von 1 m × 1 m.
einflussen, um darauf aufbauend mögliche vertiefte Analysen zu planen.
Lückenrand, mehr Licht im Zentrum der Lücke – Untersuchungsplots von 1 m × 1 m auf diesen Transekten gelegen – elf Transekte in Chanfuorns, zwei Transekte in Fontana; insgesamt 154 Plots. Pro Plot wurden folgende Faktoren analysiert und festgehalten: – Charakterisierung der Krautschicht (dominierende Arten, Deckungsgrad) – vorhandene Lärchenverjüngung (Höhe, Altersschätzung, Verbissanzeichen) – organischer Auflagehorizont – Untersuchung der Lichtverhältnisse mit der Hemisphären-Fotografie und Auswertung mittels der Software HemiView (1999).
Methodik Die Untersuchungsflächen wurden gutachtlich ausgewählt: Sie enthalten Lärchen-Samenbäume und in der jüngeren Vergangenheit wurde bereits ein Verjüngungsschlag zugunsten der Lärche ausgeführt. Ausgeschlossen wurden Bestände mit künstlicher Schürfung und Gebiete mit einem vermuteten Wildeinfluss, der so stark ist, dass die Verjüngung gänzlich fehlt oder nicht mehr erkennbar ist. Die folgenden zwei Gebiete wurden daraufhin ausgewählt und bearbeitet: – Chanfuorns; ein Nordwest-exponierter Waldbestand gegenüber von Ramosch – Fontana: ein Nord-exponierter Waldbestand oberhalb von Tarasp, westlich des Val Zuort gelegen.
Letztere ermöglicht es, die Sonneneinstrahlung an einem bestimmten Punkt zu ermitteln und halb automatisiert auszuwerten. Die Hemisphären-Fotografie ist eine Weiterentwicklung des seit Längerem bekannten Sonnenkompasses (Abb. 3a). Die Fotografie des Himmels (Abb. 3b) wird mittels der Software so weiterverarbeitet (Abb. 3c), dass am Schluss die Anzahl Sonnenstunden pro Monat und die Lichtintensität ermittelt und als Excel-File ausgegeben wird. Pro Untersuchungsgebiet wurde ausserdem die Waldgesellschaft bestimmt und die Be-
Die Versuchsanordnung im Wald ist in Abbildung 2 schematisch dargestellt: – Transekte parallel zur Hangausrichtung und ca. rechtwinklig zur Lücke des Holzschlags, sodass ein Lichtgradient vorhanden ist; weniger Licht am
Abbildung 3: Beispiel einer SonnenkompassAufnahme (a), sowie der Fotografien mit der Hemisphären-Kamera; bei b im Originalzustand, bei c bereits fertig verarbeitet (u. a. SchwarzWeiss-Zuordnung) und mit dem Raster der Sonnenlaufbahn (grünes Gitter). Bündner Wald 51
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standsgeschichte analysiert (u. a. Art und Alter der Eingriffe in der Vergangenheit). Die verschiedenen Untersuchungsparameter wurden anschliessend mit der StatistikSoftware R ausgewertet und dargestellt.
Abbildung 4: Blick in den untersuchten Bestand Chanfuorns.
Charakteristiken der zwei Untersuchungsgebiete Die zwei Gebiete unterscheiden sich deutlich aufgrund der unterschiedlichen Höhenstufe sowie in Bezug auf ihre Bestandsgeschichte. Die hochmontane Fläche Chanfuorns wird von einem lockeren Rasen aus nickendem Perlgras, Waldwachtelweizen, Waldsimsen sowie einer ausgeprägten Moosschicht dominiert (Abb. 4) und kann dem Standort 54 nach NaiS (typischer Perlgras-Fichtenwald) zugeordnet werden. Die im Rahmen eines Eingriffs 1996 geschaffenen Verjüngungslücken im Bestand sind relativ kleinflächig und mosaikartig verteilt. Der Waldbestand Fontana liegt in der subalpinen Höhenstufe und es handelt sich um einen Alpenlattich-Fichtenwald mit Wollreitgras (57C). Dieser Bestand wird dominiert von einem Wollreitgras-Teppich, der beinahe die gesamten Bestandslücken be-
Abbildung 5: Blick in den untersuchten Bestand Fontana.
deckt. (Abb. 5) Die untersuchte Bestands lücke, welche aus einer Durchforstung im Jahr 2004 hervorgeht, ist flächenmässig grösser als diejenigen in Chanfuorns. Aufgrund der standörtlichen Unterschiede zwischen den zwei Untersuchungsgebieten lag der Schwerpunkt der Auswertungen nicht auf dem Vergleich der zwei Flächen, sondern den unterschiedlichen Bedingungen für die Lärchenverjüngung innerhalb der zwei Gebiete. Lärchenverjüngung mit vielen Variablen In Chanfuorns wurde in 45 der untersuchten 125 Plots Lärchenverjüngung gefunden, in Fontana in acht von 29 Plots. Die Abschätzung des Alters der Verjüngung zeigt auf, dass insbesondere in den Plots von Fontana die allermeisten Lärchen wohl bereits vor dem Holzschlag ansamten, es sich also um sogenannte Vorverjüngung handelt (Abb. 6). Die Verjüngung scheint sich ins besondere nach Mastjahren installieren zu können. Weil bei dieser Bachelorarbeit die Frage im Zentrum stand, welche Bedingungen durch einen Holzschlag geschaffen werden können, um einen positiven Einfluss auf die Verjüngung zu haben, wurden für die weiteren Vergleiche die Vorverjüngung aus den meisten Analysen ausgeschlossen. So verbleiben in Chanfuorns 36 Plots mit Verjüngung und in Fontana zwei. Der Anteil der in den letzten drei Jahren verbissenen Lärchen (inklusive Vorverjüngung) lag in Chanfuorns und Fontana bei ca. 45%. Der Wildeinfluss in beiden Gebieten muss als ziemlich gross eingestuft werden. Dieser Umstand und das sehr anpassungsfähige Wachstum der Lärche nach einem Verbiss führten dazu, dass eine Analyse der Pflanzengrösse und des Wachstums der Lärchen nicht sinnvoll durchführbar waren.
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Abbildung 6: Anzahl Untersuchungsplots mit Lärchenverjüngung nach ihrem geschätzten Alter – grau hinterlegt sind die Altersklassen, die als Vorverjüngung angesehen wurden. Orange eingezeichnet sind die Lärchen-Mastjahre. Das Alter «0» entspricht dem Untersuchungsjahr 2016.
Einfluss des Lichts und weiterer Parameter Der Vergleich der Lichtverhältnisse in Plots mit Lärchenverjüngung mit denjenigen ohne Lärchenverjüngung zeigte, dass kein signifikanter Unterschied besteht. Als Beispiel ist in Abb. 7 die tägliche Sonneneinstrahlung im Monat Juni dargestellt. Werden die Plots mit Lärchenverjüngung im Gebiet Chanfuorns aufgeteilt nach Entwick-
Abbildung 7: Sonneneinstrahlung im Monat Juni (ermittelt anhand der Hemisphären-Fotografie). Vergleich der Werte in Plots mit Lärchenverjüngung und jenen ohne, aufgeteilt auf die beiden Untersuchungsgebiete.
Abbildung 8: Sonneinstrahlung im Monat Juni in den Plots der Untersuchungsfläche Chanfuorns, aufgeteilt auf die Entwicklungsstufe der Lärchen.
lungsstufe in Bezug gesetzt zur ermittelten täglichen Sonneneinstrahlung im Juni, so ist eine leichte Tendenz erkennbar (Abb. 8): Die Plots mit Lärchenaufwuchs wiesen einen eher höheren Juni-Sonneneinstrahlungswert auf als diejenigen mit Lärchenansamung und -anwuchs. Die Faktoren Deckungsgrad der Krautschicht und Mächtigkeit der organischen Auflage erklären die Präsenz und Absenz der Verjüngung in den einzelnen Plots ebenfalls nicht. Quantitativ war im durch das Wollreitgras geprägten Standort Nr. 57C in Fontana weniger Lärchenverjüngung vorhanden als beim Standort 54 in Chanfuorns. Diskussion und Folgerung Vergleicht man die Resultate zur Sonneneinstrahlung im Juni in den Plots mit Lärchenverjüngung mit den Angaben von Mathis und Zürcher, so kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die geforderten vier bis sechs Stunden nicht zwingend notwendig sind, da in der vorliegenden Arbeit Lärchenansamung und -aufwuchs bereits in Flächen mit zwei Stunden Juni-Sonne präsent sind. Allerdings ist zu beachten, dass Mathis und Zürcher Stangenholz untersuchten und zusätzlich eine Stabilitätsbeurteilung durchgeführt haben. Weil sich die Analysen in dieser Bachelorarbeit auf ein Lichtspektrum von knapp zwei bis sieben Stunden beschränkten, kann keine Aussage Bündner Wald 53
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darüber gemacht werden, ob Lärchenverjüngung sogar bei weniger als zwei Stunden Sonneneinstrahlung im Juni aufkommen kann und wie sich die Situation bei mehr als sieben Stunden präsentieren würde. Die Analyse von Wachstum und Alter der vorhandenen Lärchenverjüngung gestaltete sich schwierig, weil sich herausstellte, dass der Wildeinfluss grösser war als zu Beginn gutachterlich eingeschätzt. Für zukünftige Untersuchungen wäre es deshalb sinnvoll, den Wildeinfluss mittels Schutzmassnahmen gänzlich ausklammern zu können. Die Einschätzung, ob die zum aktuellen Zeitpunkt vorhandene Lärchenverjüngung nach dem waldbaulichen Eingriff angesamt hat oder bereits als Vorverjüngung im Bestand vorhanden war, sowie die Analyse der Krautschicht zeigten ausserdem Folgendes auf: Es ist nur mit grossen Unsicherheiten möglich, vom aktuellen Zustand des Bestands auf den Zustand nach dem Holzschlag zurückzuschliessen und somit den Vegetationseinfluss quantifizieren zu können. Dieser Umstand erschwert es, kausale Zusammenhänge zu finden. Ein positiver Einfluss der Mastjahre der Lärche auf den Ansamungserfolg in den hier untersuchten Flächen lässt sich aufgrund der zeitlichen Abfolge vermuten, konnte jedoch nicht mit Sicherheit geklärt werden. Um zukünftig konkrete Empfehlungen für eine erfolgreiche Lärchenverjüngung für die Praxis abgeben zu können, bedarf es weiterer Untersuchungen, insbesondere mit Beobachtungen und Analysen über einen längeren Zeitraum (u. a. Zustand vor dem Holzschlag und Entwicklung nach dem Eingriff), allenfalls auch unter Ausschluss des Wildeinflusses. Die nachhaltige Verjüngung der Lärche bleibt eine waldbaulich anspruchsvolle Aufgabe, gerade wenn im Bestand keine oder
sehr wenig Vorverjüngung vorhanden ist. Die Beurteilung der täglichen Sonneinstrahlung im Juni, welche mit dem Sonnenkompass auf einfache Art und Weise ermittelt werden kann, wird auch zukünftig ein wertvolles Hilfsmittel für die Praxis bleiben. Quellenverzeichnis – Artikel basierend auf der Arbeit von Gremlich, M., 2016: Untersuchung von Lärchenverjüngung (Larix decidua) im Unterengadin; Untersuchung des Einflusses von Licht, Krautschicht und organischer Auflage auf das Vorkommen und Wachstum der Lärchenverjüngung im inneralpinen Gebirgswald. Bachelor-Thesis für den BSc in Forstwirtschaft, Berner Fachhochschule (BFH), Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), Zollikofen, unveröffentlicht, 83 Seiten. – HemiView. User Manual, 1999. Delta-T devices, 85 S., www.delta-t.co.uk. – Krebs B, 2001. Untersuchungen zum Höhenwachstum des Lärchenaufwuchses in Abhängigkeit vom direkten und diffusen Licht im Engadin. Diplomarbeit an der Professur für Waldbau des Departements für Forstwissenschaften der ETH Zürich, unveröffentlicht, 98 S. – Mathis A., Zürcher K., 1998. Stabilität von Fichten- und Lärchenstangenhölzern in Abhängigkeit von der Altholzlückengrösse. Diplomarbeit an der Abteilung für Forstwissenschaften der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, unveröffentlicht, Scuol, 77 S. Madlaina Gremlich HAFL & AWN Islas 244, CH - 7524 Zuoz madlaina.gremlich @ awn.gr.ch
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Schweizer Pionier des ökologischen Nachhaltigkeitsdenkens Als um 1970 Wissenschaftler erstmals zeigten, welche gravierenden ökologischen Probleme sich die Menschheit mit ihrem rasanten industriellen Fortschreiten selbst geschaffen hat, war ein Schweizer zuvorderst dabei: der Ingenieur Ernst Basler. Ein neues Buch stellt Baslers Werdegang vom Bauernbub im Zürcher Weinland bis ins MIT in Boston vor und wirft einen Blick in Gegenwart und Zukunft der Nachhaltigkeit. Basler liess sich auch von den Grundwerten der Forstwirtschaft beeinflussen. Prof. Dr. Leibundgut lud Basler Anfang der 70er-Jahre ein zu einem wegweisenden Seminar an der ETH Zürich. «Ernst Basler gehörte zu den Pionieren einer Bewegung, die das Postulat der Nachhaltigkeit ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückte. Am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston machte Basler 1970 das Thema sogar zum Lehrstoff auf universitärem Niveau. Soweit gesehen, hat er weltweit die erste Vorlesung gehalten, die der belasteten Biosphäre gewidmet war. Er kam zum Schluss, dass konstantes Wirtschaftswachstum in der bisherigen Art für die Menschen nicht Wohlstand, sondern Untergang bedeutet, und brachte nachhaltiges Wirtschaften als Lösung zur Sprache. Auch in der Schweiz gehörte Basler zu den Ersten, die globale Nachhaltigkeitsfragen aufwarfen. Mit Bedauern nahm er wahr, dass ausgerechnet seine eigene Zunft – die Ingenieure – damals kaum ein Bewusstsein für diese Thematik besass. Einen Verbündeten fand er dagegen im Geisteswissenschaftler Karl Schmid, der ihre Relevanz früh begriff und Basler massgeblich unterstützte. Zeitgleich wie der Club of Rome am selben Thema geforscht Ernst Basler agierte zur selben Zeit und am selben Ort wie die Vordenker des Club of
Endliche Erde Thomas Sprecher: Endliche Erde. Ernst Basler – Pionier des ökologischen Nachhaltigkeitsdenkens. Zürich, 2017. 192 S., 19 Ill., NZZ Libro. Fr. 39.–
Rome, jenes Zusammenschlusses von Akademikern, der 1972 mit der Veröffentlichung des Buchs «The Limits to Growth» (Die Grenzen des Wachstums) über Nacht berühmt geworden ist. Die da rin plakativ aufbereitete Erkenntnis lautete: Die Welt und ihre Ressourcen werden dem stetigen Bevölkerungswachstum und der fortschreitenden Industrialisierung bald nicht mehr Bündner Wald 55
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gewachsen sein. Das war für viele völlig neu und löste ein ungeheures Medienecho aus. Noch im selben Jahr erschien Ernst Baslers eigenes Buch «Strategie des Fortschritts». Ohne von der Arbeit des anderen zu wissen, hatten er und der Club of Rome zur selben Zeit zum selben Thema geforscht. Basler veröffentlichte die wesentlichen Teile seiner Erkenntnisse bereits 1970, im Jahr seiner Rückkehr in die Schweiz. Während der Club of Rome auf komplexe Gleichungen setzte und mit hochleistungsfähigen Computern das Ende der Welt berechnete, stützte sich Ernst Basler auf Mittelschulwissen zur Exponentialfunktion und kam über einfache Zusammenhänge zu denselben Ergebnissen.» Bezug zur Forstwirtschaft mit Schlüsselmoment an der ETH Eine Gelegenheit, seine Erkenntnisse zu präsentieren, erhielt Basler von Prof. Dr. Hans Leibundgut, welcher diesen Gedanken sehr nahe stand. So sagte der Forstwissenschaftler Leibundgut: «Die Schaffung und fortwährende Neugestaltung einer gesunden Kulturlandschaft dürfte nur möglich sein, wenn der für den Waldbau dargelegte Nachhaltigkeitsbegriff auf unseren gesamten Lebensraum ausgedehnt und in der überwiegenden Mehrheit des Volkes zur Selbstverständlichkeit wird.» Vom 10. bis 12. November 1970 fand das von Leibundgut initiierte Symposium «Schutz unseres Lebensraums» statt. Der ordentliche Unterricht wurde eingestellt und die Studenten, Assistenten und Doktoren konnten frei am Anlass teilnehmen. Basler hielt damals fest: «Was immer wir unternehmen, wir stellen fest, dass unbeschränktes Wachstum auf beschränktem Raum unverträglich ist mit dem hoffentlich noch stärkeren Wunsch, dass der Mensch für ungezählte Generatio-
nen über eine lebenserhaltende irdische Biosphäre verfügt.» Der damalige ETH-Rektor Karl Schmid hob am Schluss Baslers Beitrag besonders hervor. Ab jetzt müsse man über die «Endlichkeit unserer Ressourcen» und «Unumkehrbarkeit gewisser Prozesse» nachdenken. Dass es ein Geisteswissenschaftler war, der dies merkte und sagte, hat Basler beeindruckt. Ernst Baslers Positionen einst und heute Thomas Sprecher beschreibt in seinem Buch über Ernst Basler, «... wie es dazu kam, dass Ernst Basler die wesentlichen Erkenntnisse des Club of Rome vorweggenommen und welche Resonanz er damit in der Schweiz gefunden hat. Es zeichnet die Entwicklung des damals entstehenden ökologischen Diskurses in Europa und Amerika nach und ordnet Baslers beruflichen und gedanklichen Werdegang in diesen Kontext ein. Der Blick in die Vergangenheit führt von selbst zur Frage, wie sich Ernst Basler heute, nach fast einem halben Jahrhundert, zu seinen damaligen Ideen stellt. Seine Antworten sind differenziert und lassen zugleich erkennen, dass seine damaligen Ansichten und Einsichten oft bestürzend aktuell geblieben sind – was man, in Sorge um den Zustand des Planeten, bedauern muss. Gleichzeitig gibt Basler, gestützt auf seine jahrzehntelange wissenschaftliche wie praktische Beschäftigung mit diesen Themen, sein ökologisches Credo. Dabei geht er über die Diagnose hinaus und versucht auch Ratschläge zu geben, wie es die Menschen vielleicht doch noch fertigbringen, sich mit der Endlichkeit der Erde zu arrangieren, bevor sie diese zerstören.» (Zitate aus der Einleitung von Thomas Sprecher und einzelnen Kapiteln mit forstlichem Bezug). NZZ Libro ergänzt durch Sandro Krättli
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Comic Theo & Heinz
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Tage des Schweizer Holzes Am Freitag und Samstag, 15. / 16. September 2017, fanden landesweit die «Tage des Schweizer Holzes» statt. Das Grossereignis mit über 80 Veranstaltungsorten war in die Kampagne #Woodvetia des Bundesamts für Umwelt BAFU und der gesamten Waldund Holzbranche eingebettet. Die Kampa gne will die Bevölkerung dafür gewinnen, bei Neubauten, Umbauprojekten oder beim Kauf von Möbeln auf Schweizer Holz zu setzen. #Woodvetia Gemäss einer Studie von Marketagent aus dem Jahre 2016 mögen oder lieben rund 97,5 % der Befragten den Schweizer Wald. Zudem wird die Wichtigkeit des Rohstoffs Holz von 97 % als eher wichtig oder sehr wichtig eingestuft. Leider zeigen sich diese Werte aber nicht im Kaufverhalten der Kon sumentinnen und Konsumenten. Entgegen anderer Branchen wird in der Waldwirt schaft in grösseren Zeitdimensionen gear beitet. Der Förster plant für die nachfol
gende Generation. Bäume, die durch ihn gepflegt werden, erntet erst sein Nachfol ger. Und weil es in der Waldwirtschaft so dauert, will die Initiative #Woodvetia die Bevölkerung langfristig und nachhaltig auf die Verwendung von Schweizer Holz sensi bilisieren. Schweizer Holz soll in die Köpfe und Herzen der Bevölkerung gelangen. Cluster Prättigau In allen Landesregionen haben sich insge samt 178 Betriebe und 22 Organisationen zu 27 Aktionen zusammengeschlossen, um an zwei Tagen Schweizer Holz und die da mit verbundenen vielseitigen Tätigkeiten der Öffentlichkeit zu zeigen. Noch nie zuvor hatte sich die Wald- und Holzbranche so flächendeckend und umfassend in Szene gesetzt. Graubünden Holz organisierte in Zusammenarbeit mit Ruwa Holzbau und dem Forstbetrieb Madrisa die «Tage des Schweizer Holzes» im Cluster Prättigau, bei welchem die Besucherinnen und Besucher die Wertschöpfungskette des Schweizer
Der Forstbetrieb Madrisa demonstriert den Start der Holzverarbeitungskette. (Bild: Marietta Kobald) 58
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«Tage des Schweizer Holzes» als Höhepunkt der Woodvetia-Kampagne in Küblis. (Bild: #Woodvetia)
Holzes vom Wald bis zum Schreiner auf eine erlebnisreiche Art und Weise kennenlernen konnten. Die hohe Fertigungstiefe von Ruwa Holzbau, vom Einschnitt des Rundholzes bis zum fertigen Möbel oder Holzhaus, sowie die gute Zusammenarbeit mit dem Forstbetrieb Madrisa machen den Standort zu einem Musterbeispiel regionaler Wertschöpfung. Am Freitagnachmittag fand auf dem Theaterplatz in Chur ein Side-Event statt. Mit einer mobilen Säge wurden Rundhölzer zu Schnittholz und anschliessend zu Hochbeeten weiterverarbeitet. Der Anlass diente dazu, um auf die «Tage des Schweizer Holzes» von Samstag bei der Ruwa in Küblis aufmerksam zu machen. Die rund 400 Besucherinnen und Besucher hatten am Samstag im Cluster Prättigau die besondere Gelegenheit, im Rahmen eines Holzkettenrundgangs den Weg des Holzes von der Ernte im Wald bis zum fertigen Holzobjekt live und räumlich konzentriert zu erleben. Vom Fällen der Bäume über den Einschnitt in der Sägerei bis hin zur Verar beitung des Holzes in der Schreinerei und der Zimmerei wurde die ganze Breite und Tiefe der Produkte entlang der Wertschöpfungskette Holz eindrücklich aufgezeigt. Bei einem Holzkettenwettbewerb mussten die Teilnehmenden Fragen aus verschiedenen
Bereichen der Wertschöpfungskette Holz beantworten. Die Fragen konnten auf dem Rundgang beantwortet werden. Rund 300 Besucherinnen und Besucher machten am Holzkettenwettbewerb mit und hatten somit die Chance, eine Motorsäge, ein Hochbeet, ein Taburettli, ein Ster Brennholz oder ein Büschel für ein 1.-August-Feuer zu gewinnen. Die «Tage des Schweizer Holzes» im Cluster Prättigau waren ein voller Erfolg. Die Or ganisation und die Durchführung dieses Anlasses waren mit sehr grossem Aufwand verbunden, welcher ohne die tatkräftige Unterstützung zahlreicher Helferinnen und Helfer nicht zu bewältigen gewesen wäre. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle Helferinnen und Helfer, die zu diesem durchwegs gelungenen Auftritt einen Beitrag geleistet haben. Ein weiterer Dank geht an die zahlreichen Sponsoren, die den Anlass finanziell oder materiell unterstützt haben.
Christian Felix, Geschäftsführer von Graubünden Holz Graubünden Holz, Bahnhofplatz 1, CH - 7302 Landquart christian.felix @ graubuendenholz.ch www.graubuendenholz.ch
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23 Förster wurden gefeiert Am 6. Oktober 2017 durften 23 Kandidaten im Bildungszentrum Wald in Maienfeld ihr Diplom als Förster HF entgegennehmen. Stiftungsratspräsident und Regierungsrat Mario Cavigelli gratulierte den Absolventen für den geleisteten Einsatz und wünschte ihnen alles Gute für die Zukunft. Nach einer praxisorientierten, zweijährigen Ausbildung und bestandener Diplomprüfung war es so weit: 23 Försterdiplome konnten überreicht werden. Es handelt sich um die vierte Klasse, welche die Ausbildung unter dem Dach der ibW höhere Fachschule Südostschweiz absolviert hat. In der 50-jährigen Geschichte der Försterschule Maienfeld war es bereits der 41. Försterlehrgang,
der nun abgeschlossen wurde. Zusammen mit den frischen Absolventen wurden somit bis heute in der Försterschule bereits 864 Förster und 4 Försterinnen diplomiert. Am 8. Januar 2018 werden voraussichtlich 25 neue Kandidaten zum Lehrgang 2018 / 2019 antreten. Maienfeld, 6. Oktober 2017
Beat Philipp ibW Höhere Fachschule Südostschweiz, Försterschule 2, CH - 7304 Maienfeld Telefon +41 81 403 33 81 beat.philipp @ ibw.ch
Absolventen des Försterlehrgangs 2016/17 im ibW-Bildungszentrum Wald, Maienfeld Name
Vorname
Wohnort
Kanton
Heimatort
Arnold
Andreas
Isenthal
UR
Unterschächen, UR
Assarson
Daniel
Cham
ZG
Cham, ZG
Baggenstos
Thomas
Weggis
LU
Gersau, SZ
Bösch
Ruedi
Wattwil
SG
Nesslau, SG
Corazza
Damiano
Motto (Blenio)
TI
Olivone, TI
Dünser
Matthias
Untervaz
GR
Trimmis, GR
Färber
Claudio
Valens
SG
Tamins, GR Altendorf, SZ
Fleischmann
Andreas
Unteriberg
SZ
Flury
Ken
Bad Ragaz
SG
Jenaz, GR
Galati
Vincenzo
Chur
GR
Mühlehorn, GL
Hefti
Andreas
Lütisburg
SG
Glarus Süd, GL
Hess
Francesco
Gordola
TI
Losone, TI
Jenny
David
Ennenda
GL
Glarus Süd, GL
Lustenberger
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Bonaduz
GR
Grosswangen, LU
Motzer
Kilian
Thal
SG
Appenzell, AI
Müller
Daniel
Gersau
SZ
Gersau, SZ
Pantini
Gianni
Camedo
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Borgnone, TI
Pedrazzini
Martino
Avegno
TI
Campo Vallemaggia, TI
Rohrer
Sebastian
Sachseln
OW
Sachseln, OW
Schönenberger
Nils
Herisau
AR
Urdorf, ZH
Schorta
Adrian
Zernez
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Zernez, GR
Sutter
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Ernetschwil
SG
Alt St. Johann, SG
Von Rotz
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Alpnach Dorf
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Die Abschlussklasse anlässlich der Diplomübergabe in Maienfeld. (Bild: ibW)
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Weltrekord im Steinschlagschutz 103 km/h. Mit lautem Krachen fällt er ins Zentrum des Netzes – das den Einschlag erfolgreich aufhält. Dies bedeutet Weltrekord – die magische Marke von 10 000 Kilojoule Einschlagenergie im Steinschlagschutz ist geknackt. Damit haben die Ingenieure von Geobrugg einen Meilenstein in der Naturgefahrenabwehr gesetzt.
In Walenstadt, St. Gallen, hält am 16. Oktober 2017 eine Steinschlagbarriere der Schweizer Firma Geobrugg die Einschlagenergie von 10 000 Kilojoule – ein neuer Weltrekord. Noch nie wurde ein Schutzsystem live getestet, das derart hohe Kräfte aufhalten kann. Am Nachmittag des 16. Oktober wird auf dem Geobrugg-Testgelände ein 25 -TonnenBetonblock auf ein Steinschlagschutznetz abgeworfen. Das 30 Meter lange und 7 Meter hohe Netz ist senkrecht an einer Felswand installiert. Der Block mit dem Gewicht eines schweren LKW wird in 42 Metern Höhe losgelassen und beschleunigt auf
Fakten und Infos
Zertifiziert und serienreif In den nächsten Monaten wird Geobrugg die neue Barriere gemäss der internationalen Norm ETAG 027 zertifizieren. Unter dem Namen RXE‑10000 ist der Gigant unter den Steinschlagschutzbarrieren ab Frühling 2018 serienreif. Leichtes System mit tiefen Kosten Interessant macht diese Neuentwicklung insbesondere, dass eine Schutzbarriere dieser Grössenordnung herkömmliche Schutzdämme, wie sie beispielsweise vor Verkehrswegen errichtet werden, ersetzen können. Dabei sind diese Systeme aus Stahldrahtnetzen verhältnismässig leicht und kosten in der Anschaffung und in der Installation nur einen Bruchteil von Dämmen, bei denen riesige Mengen an Erdreich bewegt werden müssen.
–G eobrugg stellte bereits 2011 einen Weltrekord für das Auffangvermögen von 8000 Kilojoule auf. – Die Steinschlagschutzbarriere besteht aus mehreren Elementen: Neben dem Netz aus hochfestem Stahldraht (1770 N/mm²) sind dies Stützen, Seile und U-Bremsen. – Der Test erfolgt im Rahmen des GEO-Summit 2017 – einer Konferenz rund um das Thema Naturgefahrenabwehr mit 400 Teilnehmenden aus über 40 Ländern.
Klimaerwärmung erfordert Schutzmassnahmen Der Rekord hat einen ernsten Hintergrund: Durch die Klimaerwärmung häufen sich Starkregenereignisse, weltweit destabilisiert auftauender Permafrost Untergründe. Siedlungen und Verkehrswege in exponierten Lagen sind zunehmend gefährdet. Die ka tastrophalen Überschwemmungen in Südamerika und Bergstürze in der Schweiz in diesem Jahr bezeugen dies auf dramatische Weise. Immer aufwendigere Schutzmassnahmen sind nötig.
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Vorschau «Bündner Wald» Februar 2018 Vogelbeere – im Wert unterschätzt Vor 28 Jahren erschien im «Bündner Wald» ein viel beachteter Artikel mit dem Titel «ökologischer Notstand im Gebirgswald, dargestellt am Beispiel des Vogelbeer baums». Wo stehen wir heute und welche Bedeutung hat die Vogelbeere im Wald und für den Forstdienst. Deklariert wird sie als Nebenbaumart oder Verbissgehölz. Ist sie dadurch bereits abgestempelt als unbedeu tend? Leider sind solche Tendenzen erkenn bar. Höchste Zeit für eine Bilanz und ein Update über die Vielseitigkeit einer Baum art, die wie eine Aussenseiterin an den Rand gedrängt wird. Vorschau auf nächste Nummern: April 2018: Versammlungsnummer – zu Gast auf Schloss Tarasp Redaktion: Jörg Clavadetscher Juni 2018: Coaz, Pionier seiner Zeit (1822 – 1918) Redaktion: Sandro Krättli
Das Redaktionsteam dankt im Namen der Trägerschaft der gesamten Leserschaft für die Treue und wünscht besinnliche Festtage und ein glückliches und erfolgreiches 2018. (Bild: Luzian Ruinatscha)
Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden und der SELVA. Verlag: © Somedia Production AG, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Urs Rutishauser, Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @ selva-gr.ch Redaktoren: Jörg Clavadetscher, forestal-muestair @ bluewin.ch. Sandro Krättli, sandro.kraettli @ awn.gr.ch. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern. Herstellung: Somedia Production, CH-7007 Chur. Erscheint sechsmal jährlich. Auflage: 1700 Exemplare Inserate: Somedia Promotion, Telefon + 41 (0) 81 650 00 70, thusis@somedia.ch Abonnements preise: CHF 60.– (inkl. MwSt. für Mitglieder Verein Graubünden Wald) Abonnemente/Adressände rungen: Telefon + 41 (0) 81 255 54 54, abo @ somedia.ch, www.buendnerwald.ch Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktoren übereinstimmen. Autoren, die zu obenstehenden Themen publizieren möchten, sind herzlich eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion einzureichen.
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