BĂźndner Wald
Klima, Wald und Wetter
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Jahrgang 71 | Dezember 2018
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8 Inhalt Titel Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Der zweitbeste Zeitpunkt zum Handeln ist jetzt . . . . . . . . . 8 Der hundertjährige Kalender und andere «Wetter»-Prognosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Waldbrand Misox: Pflanzungen mit Berücksichtigung des Klimawandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Der Rückzug des Lischanagletschers . . . . . . . . . . . . . . 26 Ist der Kanton Graubünden bereit für den Klimawandel? . . . . 32 Testpflanzungen zukunftsfähiger Baumarten . . . . . . . . . . 38 Comic Theo und Heinz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Verjüngung im subalpinen Plenterwald . . . . . . . . . . . . . 44 Bündner Holzhauereimeisterschaften 2018 . . . . . . . . . . . 48 Prost, auf die guten alten Zeiten! . . . . . . . . . . . . . . . . 55 40 Jahre vollen Einsatz für den Trinserwald . . . . . . . . . . . 56 Nachruf Peter Philipp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Nekrolog Nicolin Bischoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 37. Skipostenlauf fürs Forstpersonal . . . . . . . . . . . . . . . 62 Vorschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
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Titelbild: Vor 30 Jahren war dieser Blockgletscher auf der Nordseite des Usser Wissberg zu einem grossen Teil auch über den Sommer mit Firn und Eis bedeckt. (Bild: J. Clavadetscher)
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Mancherorts, wo Gletscher auf dem RĂźckzug sind, ist der Wald auf dem Vormarsch.
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(Bild: J. Clavadetscher)
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Editorial Gardasee, Mitte Oktober 2018, spätsommerliche Lufttemperatur, weit und breit kein Regen in Sicht, Seewasser mit angenehmer Badetemperatur, kurz vor Ende der touristischen Saison. Herrlich! Wirklich herrlich? Na ja, um etwas auszuspannen schon, betrachtet man aber die Niederschlagssituation dieses Jahres, so stimmt dies sehr nachdenklich. Nicht nur in Italien, sondern in weiten Teilen Europas fehlten die Niederschläge und die Wasserreserven wurden regional knapp. Obwohl in gewissen Kreisen immer wieder behauptet wird, dass es solche Situationen schon früher gab, ist es doch auffällig, dass schwindende Wasserreserven, grosse Waldbrandgefahr und Feuerverbote auch bei uns schon fast zum Sommer gehören. Selbst nach einem etwas schneereicheren Winter wäre es eine Illusion zu glauben, man könne in den Bergen im August noch wie früher über ausgedehnte Schneefelder wandern. Kurzfristig mögen wir von einem solchen Schönwettersommer profitieren. Die Tourismusbranche in den Alpen freuts, denn unten im Mittelland kann man sich nicht einmal über Nacht oder im See genügend abkühlen. Doch, kommen die Gäste auch dann noch gerne in die Berge, wenn heute noch unvorstellbare Klimaszenarien näher rücken und Teile der Landschaft einer trockenen oder sogar dürren Steppe gleichen? «Die Natur wird es dann schon wieder richten. Der Regen kam noch immer.» Solche oder ähnliche Aussagen waren in den letzten Monaten zu hören. Ja, der Regen kam nun Ende Oktober. Und wie! Leben wir klimatisch auch mit solchen Wetterextremen noch auf der Sonnenseite? Wie häufig treten diese Situationen künftig auf und was sind die Auswirkungen? Lieben unsere Pflanzen und Tiere die langen Schönwetterphasen ebenso, wie wir sie in den Ferien mögen? Was geschieht, wenn das nicht so ist? Die Forschung beschäftigt sich schon lange und intensiv mit diesen und ähnlichen Fragen. Professor Reto Knutti von der ETH Zürich war in diesem Sommer bei Radio- und Fernsehstationen wie auch bei Printmedien immer wieder ein
gesuchter Interviewpartner. Dies kam bestimmt nicht zufällig. Wie reagiert der Wald auf die grossen Veränderungen, die unserem Klima bevorstehen? Wie reagiert unsere Gesellschaft? Und wie reagiert der Forstdienst? Vielleicht sind wir nun aber schon längst an jenem Punkt angelangt, an dem diese Fragen zur Gesellschaft und dem Forstdienst anders gestellt werden müssen: Wie haben Gesellschaft und Forstdienst zu agieren? Um das Denken der Gesellschaft zu beeinflussen, bleibt uns wahrscheinlich nur eine aktive Öffentlichkeitsarbeit. Wir im Forstdienst müssen wohl eher schnell als irgendwann lernen, flexibler zu werden. Vielleicht müssen wir auch Abschied davon nehmen, der nächsten Generation den Wald so übergeben zu wollen, wie wir ihn kennengelernt haben. Der Wald kann nur mit anderen Baumarten reagieren. Es bleibt ihm keine andere Wahl. Das war schon nach der letzten Eiszeit so. Er wird diesen Kraftakt auch stemmen, aber er braucht Zeit – viel Zeit. Und ob wir diese noch haben, sei hier einfach einmal infrage gestellt. Im Gegensatz zum Wald haben wir selbst die Möglichkeit, mit anderen Baumarten zu agieren. Ganz so einfach ist aber auch dies nicht. Es gibt da noch grosse Faktoren der Unsicherheit. Denn auch für die Forschung ist es nicht einfach, die künftige Klimaentwicklung genau vorherzusagen. Doch, haben wir eine andere Wahl, als unsere Gewohnheiten zu verändern? Wenn Sie das gesamte Editorial gelesen haben, so ackerten Sie sich nun durch elf Fragen ohne Antworten. Einige dieser Fragen kann jeder für sich selbst beantworten, bei anderen erhoffen wir uns Antworten seitens der Forschung und die eine oder andere kann vielleicht sogar mit dem Inhalt dieses Hefts beantwortet werden. Redaktor Jörg Clavadetscher
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Der zweitbeste Zeitpunkt zum Handeln ist jetzt Ein Mittwochmorgen Ende Oktober 2018. Die Menschen fragen mich, ob der für Samstag angekündigte Regen jetzt wirklich kommt. Nicht weil sie nicht gerne Regen haben; nein, sie warten sehnlichst darauf. Die neusten Zahlen für den Herbst stehen noch aus, aber April bis August waren noch nie so trocken in der Schweiz seit Messbeginn 1864. Das gilt bis jetzt auch für den Herbst. Sind das die Folgen des Klimawandels? Reto Knutti
Rekordtiefststände in den Gewässern, Schäden in der Landwirtschaft, extrem hohe Sommertemperaturen in der Schweiz, Rekordhitzewellen und Waldbrände in Skandinavien, Wirbelstürme, die die USA treffen. Ist das die neue Zukunft? Sogar wenn wir das 2-Grad-Klimaziel erreichen, werden grosse Probleme auf uns zukommen, warnt ein neuer Klimabericht der UNO. Das Thema Klima-
Blick von Stetten SH Richtung Süden: Ein Grossteil der Buchen zeigt frühzeitige Laubverfärbungen Anfang August. (Bild: A. Rigling, 11. August 2018)
wandel ist einmal mehr prominent in der Öffentlichkeit. Und trotzdem sind viele verwirrt und fragen sich, welches die Risiken für die Schweiz und ihre Ökosysteme sind und wie wir darauf reagieren sollen. Der Klimawandel ist eine Tatsache Die wichtigsten Grundlagen sind seit Jahrzehnten klar – und werden regelmässig durch neue Messungen und Berechnungen bestätigt. Die weltweite Erwärmung seit vorindustrieller Zeit ist deutlich, und mit ihr schmelzen Meereis, Gletscher und die grossen Eismassen Antarktis und Grönland, der Meeresspiegel steigt. Niederschlag und Abflüsse der Gewässer haben sich verändert, Hitzewellen und Starkniederschläge haben zugenommen. Auch der Einfluss des Menschen ist klar: Wir verursachen mit extrem hoher Sicherheit den grössten Teil der langfristigen Erwärmung durch den Aus stoss von CO² und anderen Treibhausgasen, vor allem durch die Verbrennung von Öl, Gas und Kohle und durch Abholzung. Wir haben die vorindustrielle CO²-Konzentration in der Luft von 280 sogenannten Parts per Million (ppm) auf heute rund 410 ppm erhöht; ein Wert, den es seit mindestens 800 000 Jahren in dieser Höhe nicht gegeben hat. Ohne Intervention werden wir in ein paar Jahrzehnten einen Zustand des Klimas haben, wie es ihn zuletzt vor Millionen Jahren gab, also lange bevor Menschen auf der Erde existierten.
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Grosse Veränderungen auch in der Schweiz Für die Schweiz zeichnen sich als Folge des Klimawandels vier robuste Veränderungen klar ab. So müssen wir mit mehr Hitzetagen und Hitzewellen rechnen und deren Auswirkungen primär auf die Landwirtschaft, Gesundheit, Produktivität und den Heiz- und Kühlbedarf. Von der Hitze sind nicht nur diejenigen betroffen, die draussen arbeiten, vermehrt wird die Hitze auch für die Arbeit in nicht-klimatisierten Räumen zum Problem. Insbesondere wenn die Nächte in den Städten über längere Zeit nicht mehr abkühlen, führt diese zu einem erhöhten Gesundheitsrisiko. Für den Sommer zeichnet sich gleichzeitig ein Trend zu weniger Regen ab. Zwar sind die Schwankungen von Jahr zu Jahr gross, aber der Sommer 2018 könnte ein Vorbote sein für die Sommer, die uns in Zukunft erwarten. Wenig bis kein Regen kombiniert mit einer höheren Verdunstung erhöht die Wahrscheinlichkeit für Dürren in der Landwirtschaft – noch verschlimmert durch die dann gleichzeitig geringen Möglichkeiten zur Bewässerung. Die dritte Veränderung ist eine Zunahme der stärksten Niederschläge; dies wird in der Schweiz wie auch weltweit bereits beobachtet. Dass es dazu kommen wird, wurde schon vor Jahrzehnten vermutet, die Physik dahinter ist seit einem Jahrhundert bekannt. Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen und transportieren, das kennen wir vom Wäschetrockner. Das bedeutet, dass der gleiche Sturm in einer zwei Grad wärmeren Welt etwa 15 Prozent mehr Wasser mit sich bringen wird. Die vierte robuste Änderung betrifft Schnee und Gletscher: Der Rückgang der Schneebedeckung, der Trend einer steigenden Schneefallgrenze und das Abschmelzen der Gletscher werden sich fortsetzen. Ohne Klimaschutz könnten bis Ende Jahrhundert bis zu 90 Prozent des Gletschereises in der Schweiz verschwinden. Nur wenige Skigebiete weit oben wären ohne Massnahmen noch schneesicher, und selbst dem künstlichen Beschneien sind Grenzen gesetzt, wenn es zu warm ist.
Modelle helfen, die Folgen abzuschätzen Als Folge dieser klimatischen Veränderungen ergeben sich veränderte Risiken für Schutzwälder, Permafrost, Felsstürze, die Energieproduktion und die Hydrologie. Ökosysteme und Arten werden sich verschieben. Wo eine Verschiebung unmöglich ist oder nicht schnell genug erfolgt, werden Arten möglicherweise aussterben. Viele dieser Auswirkungen sind noch nicht genau quantifizierbar. Einerseits sind die Prozesse zum Beispiel in Ökosystemen komplex und die biologischen Prozesse lassen sich nicht mit ein paar physikalischen Grundprinzipien erklären. Andererseits spielen auch andere, nicht-klimatische menschliche Einflüsse eine Rolle, zum Beispiel die Landoder Waldnutzung oder der Einsatz von Pestiziden. Hinzu kommt, dass jede Voraussage auf irgendeiner Form von Modell basiert. Ein Modell ist immer ein vereinfachtes Abbild der Realität. Verschiedene plausible Vereinfachungen sind möglich, weshalb sich bei den Voraussagen immer eine Spannbreite möglicher Entwicklungen ergibt. Ein Modell ist also weder richtig noch falsch, es ist höchstens besser oder weniger gut geeignet, um die Realität abzubilden; je besser die Daten sind und je vollständiger die Prozesse verstanden sind und im Modell abgebildet werden, klimatisch oder nicht, desto vertrauenswürdiger sind die Resultate. Minderung und Anpassung sind gleichzeitig nötig Die heutigen Modelle und die Forschung zeigen uns zwei wesentliche Herausforderungen. Um den Klimawandel auf die in Paris vereinbarten Ziele von 1,5 oder 2 Grad zu begrenzen, muss erstens der weltweite CO²-Ausstoss deutlich vor 2100 auf null sinken. Für die Schweiz wäre es sinnvoll, die Erreichung des Ziels «Null Emissionen» bis ins Jahr 2050 anzupeilen, einerseits wegen unserer hohen vergangenen Emissionen, und andererseits wegen der hohen technischen und finanziellen Möglichkeiten. Das erfordert weit grössere Anstrengungen
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Temperatur
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Abweichung von der Normperiode 1981− 2010 2060 RCP8.5 Sommer Mittlere Schätzung
Abweichung von der Normperiode 1981− 2010 2060 RCP8.5 Winter Mittlere Schätzung
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Abweichung von der Normperiode 1981− 2010 2060 RCP8.5 Sommer Mittlere Schätzung
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Temperatur- und Niederschlagsänderung um 2060 gegenüber der Normperiode 1981 bis 2010 für Sommer und Winter und für ein Szenario ohne Klimaschutz.
(Quelle: MeteoSchweiz)
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als bisher geplant – und dies in allen Sektoren: Ver kehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft. Und weil die ganze Welt in die gleiche Richtung gehen muss, ist die Kompensation im Ausland eine kurz sichtige Strategie. Sie mag heute günstig sein, aber jede Investition in alte Infrastruktur im eigenen Land ist langfristig teurer, als wenn man das Pro blem heute anpackt. Die zweite grosse Herausforderung ist die Anpas sung. Sie ist unumgänglich und muss gleichzeitig mit der Minderung der Emissionen angegangen werden. Der Sommer 2018 hat eindrücklich ge zeigt, dass der Klimawandel in vollem Gange ist. Zwar gibt es noch Unsicherheiten, wie gross die Veränderungen genau sein werden, aber das ist kein Hindernis für eine vorausschauende Strategie, welche die Risiken minimiert. Weder zum Finanz markt noch zur Flüchtlings- oder Verkehrspolitik gibt es exakte Voraussagen fürs Jahr 2050 – und trotzdem werden Investitionen getätigt und Mass nahmen getroffen. Dabei geht es darum, eine Strategie zu finden, mit der man unter einer Viel zahl möglicher Entwicklungen gut positioniert ist. Dies gilt genauso für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Eine systematische Analyse der heutigen Verwund barkeit wäre dabei ein erster sinnvoller Schritt. Wer Massnahmen ergreift, mit denen er unter den heu tigen Risiken weniger Schäden hat, der wird auch bei zukünftigen Ereignissen besser aufgestellt sein. Solche Anpassungsmassnahmen sind zum Beispiel robustere Pflanzen, Hochwasserschutz, Frühwarn systeme für Felsbewegungen oder bessere Wetter prognosen und Warnungen bei Hitze oder starken Regenfällen. Mit dem Umsetzen erster Massnahmen werden wir lernen, was sich bewährt und was nicht. Gleichzeitig werden die Klimainformationen im mer genauer. Beides zusammen hilft, die Anpas sungsstrategie Schritt für Schritt anzugleichen und zu optimieren, um bestmöglich gerüstet zu sein.
Entscheide und Investitionen auf Klimaverträglichkeit prüfen Die Klimaforschung arbeitet mit Hochdruck daran, Szenarien für die Klimaänderung in der Schweiz so aufzubereiten, dass sie für den Nutzer einfacher zugänglich und relevanter sind. Die kürzlich vorge stellten Klimaszenarien CH2018 sind ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Sie beinhalten Klima informationen in besserer räumlicher Auflösung (bis auf zwei Kilometer genau) oder Informationen zu Veränderungen in extremen Wetterereignissen wie Hitzetagen, Starkniederschlägen oder Dürren. Für solche Klimaszenarien sind technische Heraus forderungen wie das systematische Erfassen von Messdaten oder das Berechnen und Speichern von Modellsimulation zu meistern. Gleichzeitig muss der Dialog zwischen den Forschenden und den Be nutzern verbessert werden. Die Forschung muss verstehen, was der Anwender braucht, und der Anwender muss verstehen, welche Vorteile er durch die neuen Klimadienstleistungen hat und wie er sie am besten nutzt. Der Griff zum Mobiltelefon für den Wetterbericht ist heute selbstverständlich, die Wetterprognosen sind viel besser als vor zehn Jahren, und von der Privatperson bis zu den Krisenstäben wissen alle, wie sie aufgrund der Wetterinformation entschei den. In einer ähnlichen Art und Weise muss selbst verständlich werden, dass man Entscheide bei der Planung und Investitionen in Infrastruktur in allen Sektoren auf ihre «Klimaverträglichkeit» prüft. Es gilt zu überlegen, welche Variante weniger Klimaund Umweltrisiken beinhaltet und damit langfristig günstiger ist, selbst wenn sie im ersten Moment mehr kostet. Zeit zum Handeln Der Atmosphärenchemiker und Nobelpreisträger Sherwood Rowlands fragte einmal, was denn der Wert von wissenschaftlichen Vorhersagen sei, wenn wir am Schluss nur bereit sind, abzuwarten, bis sie eintreffen. Wir dürfen also nicht den Kopf in
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den Sand stecken und behaupten das Problem existiere nicht, sondern müssen die Herausforde rungen aktiv anpacken, egal ob sie einfach oder schwierig sind. Es gibt in vielen Teilbereichen Lö sungen oder zumindest Entscheidungen, die vor ausschauender sind als andere. Sie zu finden, for dert eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis, die insbesondere die Universitäten und die Meteo Schweiz, als verantwortliche Bundesin stitution für Klimadienstleistungen, aktiv suchen. Entscheide fordern aber auch eine konstruktive und faktenbasierte Diskussion über Interessen gruppen und Parteien hinaus. Keine leichte Aufga be im Zeitalter von Fake News und politischer Po larisierung, besonders in einem emotional und politisch geladenen Thema wie dem Klimawandel. Wer der Sache aber auf den Grund geht, wird ver stehen, dass die Faktenlage in vielen Bereichen klar
ist; schliesslich ist der Messwert auf einem Ther mometer unabhängig davon, ob man politisch rechts oder links steht. Wie man mit den Fakten und neuen Risiken um geht, welches die geeigneten Massnahmen sind, das kann die Wissenschaft allein nicht beantwor ten. Sie hängen von persönlichen Werten, Prioritä ten und Risikobereitschaft ab. Darüber können und müssen wir als Gesellschaft debattieren. Es gibt Lösungen, aber es braucht den politischen Willen, sie umzusetzen. Der beste Zeitpunkt zum Handeln ist lange vorbei, der zweitbeste ist jetzt. Reto Knutti ist Klimatologe und Hochschullehrer. Er ist Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich und war einer der Leitautoren beim Vierten und Fünften Sachstandsbericht des IPCC.
Herblingen SH: Frühzeitige Herbstverfärbung und Laubfall bei Buche, während Eiche und Esche noch vollständig grün sind.
(Bild: A. Rigling, 11. August 2018)
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Der hundertjährige Kalender und andere «Wetter»-Prognosen Wetterprognosen gibts wie Sand am Meer. Jedes Smartphone liefert einem irgendeine Prognose. Die Qualität ist dabei je nach Quelle der Information sehr unterschiedlich. Zu den täglichen Wetterprognosen für die kommenden Tage gesellen sich auch immer wieder Saisonprognosen. Wird der Winter zu warm, gibts viel Schnee oder gibts einen Hitzesommer. Helfen uns der hundertjährige Kalender, die Muotathaler Wetterschmöker oder die hochwissenschaftlichen Prognosen der Wetterdienste etwa bei der Planung der nächsten Geburtstagsparty in fünf Monaten? Nein, aber … Gaudenz Flury
Das Bedürfnis des Menschen, das Wetter vorhersagen zu können, ist wohl fast so alt wie der Mensch selbst. Nur waren die Möglichkeiten früher, gelinde ausgedrückt, bescheiden. Meist hat man, wie heute noch die Muotathaler Wetterschmöcker oder die Hubel-Meteorologen, versucht, die Natur zu beobachten, um dann etwas für die Zukunft abzulesen. Die Natur weiss aber nicht, was kommt. Sie verändert sich nur anhand von aktuellen und vergangenen Einflüssen, unter anderem jenen des Wetters. Die Maisfelder und Wiesen haben sich im Sommer 2018 nicht goldgelb verfärbt, weil sie für die Winter-Tourismus-Industrie einen goldenen Winter vorhersagen wollten. Nein, es war schlicht und einfach zu trocken. Möglicherweise war dieser Umstand dem Erfinder des hundertjährigen Kalenders bewusst. Moritz Knauer hatte im 17. Jahrhundert das Calendarium oeconomicum practicum perpetuum verfasst. Ziel dieses Werkes war, das Wetter in Franken, Deutschland, vorherzusagen und somit die klösterliche Landwirtschaft zu optimieren. Er ging von der Idee aus, die Himmelskörper Mond, Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus und Merkur würden das Wetter entscheidend beeinflussen. Nach dieser Theorie würde es genügen, über einen beliebigen siebenjährigen Zeitraum das Wetter präzise zu beobachten und aufzu-
zeichnen. Das Wetter würde sich dann alle sieben Jahre wiederholen. Diese «Prognosen» wurden von Christoph Hellwig aus Thüringen, einem Bekannten von Knauer, für die Jahre 1701 bis 1800 fortgeschrieben. Erst später bekam das Werk von einem Verleger den Namen hundertjähriger Kalender. Er wird bis zur Gegenwart fortgeschrieben, was aber nicht sonderlich schwer ist, man braucht bloss auf sieben zählen zu können. Natürlich merkte auch der Erfinder des Kalenders, dass es ganz so einfach wohl nicht klappen könnte, darum sollen Kometen, Sonnen- und Mondfinsternisse eine Abweichung zum Kalender zulassen. Praktisch, oder? So hat man fast in jedem Jahr eine Ausrede, falls es nicht klappt. Denn eine Sonnenfinsternis, eine Mondfinsternis oder einen Kometen sieht man fast jedes Jahr. So auch dieses Jahr. Laut hundertjährigem Kalender sollte der Sommer 2018 eher regnerisch und kühl ausfallen. Ich lehne mich nun mal aus dem vergitterten SRF-Meteo-Fenster raus und behaupte: Das hat nicht ganz geklappt. Aber das wissen sie alle, liebe Leserinnen und Leser, nur zu gut. Zum Glück für den «genialen» Kalender kam am 1. April ein Komet der Erde sehr nahe, was auf Dürre und schlechte Ernte hinweisen kann … Aber nicht muss. Auch eine Mondfinsternis gabs. Das heisst, für den Sommer 2018 war laut Kalender alles möglich, praktisch, oder?
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Man weiss heute, weder der hundertjährige Kalender noch irgendwelche Beobachtungen der Natur, noch der Böögg oder andere «möchtegern Vorhersagen» nützen uns irgendetwas für die kommenden Monate, zum Beispiel für die Planung, welche Kulturen am besten angepflanzt werden sollten, oder welcher der beste Tag für die Hochzeit ist. Die Meteo Schweiz, also das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, wagt sich seit einigen Jahren ebenfalls an Saisonprognosen. Doch auch die sind jeweils sehr vage und machen keine detaillierten Aussagen. Es werden nur Angaben zu den Temperaturen gemacht, und auch nur, ob diese eher normal, eher höher oder eher tiefer als normalerweise ausfallen. Für den Sommer 2018 wurde vorhergesagt, dass die Wahrscheinlichkeit für einen zu warmen Sommer deutlich grösser ist als für einen normalen oder zu kalten Sommer. Diese Prognose macht aber keine Aussage dazu, ob der Sommer nass oder trocken wird. Man neigt nun zu sagen, die Prognose der Meteo Schweiz hat doch gepasst. Naja, in der Prognose
Mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp 60 Prozent wird die Periode Dezember bis Februar im Süden wärmer als normal. Die Wahrscheinlichkeit für eine zu kalte Periode November bis Januar liegt bei nur rund 20 Prozent.
(Quelle: Meteo Schweiz)
war aber auch drin, dass der Sommer mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 20 Prozent zu kühl ausfällt. Das heisst, bei 1 von 5 solchen Prognosen,
Eine typische 14-Tage-Trend-Prognose von SRF Meteo. Die ersten 5 Tage gibts um 20 Grad, danach ist vieles möglich.
(Quelle: SRF Meteo)
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darf es auch zu kühl sein. Wäre der Sommer 2018 kühler als normal ausgefallen, wäre die Prognose nicht falsch gewesen. Die Prognosen der Meteo Schweiz sind erst falsch, wenn der Sommer mehrere Male hintereinander zu kühl ausfallen würde, obwohl jeweils nur eine 20-Prozent-Wahrscheinlichkeit für einen zu kühlen Sommer prognostiziert wurde. Trotzdem, diese Saisonprognosen sind im Gegensatz zum hundertjährigen Kalender etwas wert, nämlich beispielsweise für grosse Versicherungen. Es handelt sich bei diesen Prognosen nämlich nicht um Wetterprognosen, sondern um Trends des mittleren Wettergeschehens. Und mit solchen Trends kann eine Versicherung, vor allem eine Rückversicherung, die Prämien besser berechnen. Aber auch die Landwirtschaft kann sich solche Pro-
gnosen zunutze machen. Wird zum Beispiel mit grosser Wahrscheinlichkeit ein zu warmer Sommer vorhergesagt, könnte es sich lohnen, Pflanzen anzubauen, welche höhere Temperaturen besser vertragen. Dies macht in Zeiten des Klimawandels so oder so Sinn. Wie funktioniert eine Saisonprognose? Die Langfristprognosen basieren auf einem sogenannten gekoppelten Ozean-Atmosphäre-LandModell. Damit wird die Entwicklung der Ozeane und der Atmosphäre modelliert, einen grossen Einfluss haben dabei zum Beispiel auch die Bodenfeuchte oder die Schneebedeckung. Das heisst, das aktuelle und vergangene Wetter hat doch einen Einfluss auf die kommenden Wochen und
Die orangen Flächen zeigen, dass das amerikanische Modell einen zu warmen Winter 2018/19 (Dezember/Januar/Februar) erwartet.
(Quelle: NOAA)
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Das Potenzial des Klimaschutzes: Eine umfassende weltweite Senkung des Treibhausgasausstosses würde auch die Erwärmung in der Schweiz stark eindämmen.
(Quelle: Klimaszenarien CH2018)
Monate. Nur, das ganze System ist so hoch komplex, dass es noch lange nicht vollständig verstanden wird, zu viele Faktoren spielen mit. Gerade für Mitteleuropa ist die Prognosegüte relativ tief. Es gibt aber Weltgegenden, da funktionieren solche Prognosen besser, dies gilt vor allem für tropische Regionen und für Gebiete, welche vom Klimaphänomen El Niño betroffen sind. Aber warum um Himmels willen soll eine Ameise im Muotatal mehr von diesen komplexen Zusammenhängen verstehen? Saisonprognosen gibt es nicht nur für die Schweiz, sondern auch europa- bzw. weltweit. Unter anderen rechnet der amerikanische Wetterdienst regelmässig bis acht Monate in die Zukunft. So wird Anfang Oktober 2018 für weite Teile Europas ein etwas zu warmer Frühling 2019 erwartet.
Der Winter 2018/19 (Dezember/Januar/Februar) wird laut amerikanischem Modell auf der Alpennordseite etwas wärmer als üblich.
(Quelle: NOAA)
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Klimaszenarien Weder Meteorologen im TV, noch der hundertjährige Kalender noch irgendeine Meteo-App machen Aussagen über das künftige Klima. Wir Meteorologen hören regelmässig, dass wir nicht immer in der Lage seien, das Wetter für die kommenden Tage vorherzusagen, hätten aber das Gefühl zu wissen, was in 50 oder 100 Jahren passiert. Diese Leute haben aber den Unterschied zwischen Wetter und Klima nicht verstanden. Wetter findet einfach gesagt genau jetzt und hier statt. Das Wetter über ein paar Tage ist die Witterung. Das Klima aber beschreibt das durchschnittliche Wetter über einen sehr langen Zeitraum, im Idealfall mindestens 30 Jahre. Die Klimaprognosen sagen uns also nicht, dass es am 1. August 2050 regnen wird. Die neusten Klimaszenarien für die Schweiz (CH2018) machen folgende Kernaussagen: Die Sommertemperatur nimmt bis Mitte Jahrhundert um 2,5 °C bis 4,5 °C zu, die kräftigsten Niederschlagsereignisse werden um 10 Prozent kräftiger. Es gibt deutlich mehr Hitzetage und der wärmste Tag des Jahres wird um 2 °C bis 5,5 °C heisser. Zudem steigt im Winter die mittlere Nullgradgrenze von heute rund 800 m auf bis zu 1500 m bis Ende Jahrhundert. Mit einem konsequenten Klimaschutz könnten diese Folgen bis Mitte Jahrhundert um die Hälfte reduziert werden.
Ohne Klimaschutz nimmt die Anzahl Tage mit Neuschnee in Davos markant ab. (Quelle: Klimaszenarien CH2018)
Quellen: SRF Meteo, Meteo Schweiz, NOAA, klimaszenarien.ch, Wikipedia Gaudenz Flury arbeitet seit 2012 bei SRF Meteo. Er schloss im 2006 ein Geografiestudium mit Vertiefung in Klimatologie und Atmosphärenphysik ab. Bei SRF Meteo erstellt er Wetterprognosen und moderiert auf SRF1, SRF3, SRF MW, Radio Zürisee und neuerdings auch ab und zu das Mittagsmeteo im TV.
Ohne Klimaschutz nimmt in Chur die Anzahl Tage mit über 30 Grad bis Ende Jahrhundert auf 40 bis gut 80 Tage pro Jahr zu. (Quelle: Klimaszenarien CH2018)
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Weichen stellen Die Rohholzverarbeiter sind weiterhin auf eine wirtschaftlich tragfähige Versorgung mit Nadelholz angewiesen. Der Nutzfunktion des Waldes soll, auch bei der Bestockung von Kalamitätsflächen, eine hohe Priorität gegeben werden. Auf Bundesebene besteht in mehreren Strategien (z.B. Waldoder Ressourcenpolitik Holz) der politische Wille, die inländische Wald- und Holzwirtschaft zu stärken und die Verwendung von Schweizer Holz zu fördern. Aktuell sei hierzu auch die Motion «Zukunft der einheimischen Holzversorgung, -verarbeitung und -verwendung» von Nationalrat Daniel Fässler im Rahmen der Aktualisierung der Ressourcenpolitik Holz erwähnt.
Brettsperrholz (BSP) ist im modernen Holzbau vielseitig einsetzbar. Z.B. im Théatre de Vidy in Lausanne. © Blumer-Lehmann AG, Foto: Ilka Kramer
Weiterverarbeitung von Starkholz Die Herausforderungen liegen aber nicht allein in der Absatzförderung. Nicht nur in der Schweiz, auch in den Nachbarländern hat die Fichte aufgrund von Stürmen, Sommertrockenheit und Käferbefall in tiefen Lagen vermehrt zu kämpfen. Das zeigt das Jahr 2018, das zu einer für die Marktpartner herausfordernden Situation auf dem Auch die Holzbranche selbst un- Rundholzmarkt geführt hat. ternimmt neue Anstrengungen: Zugunsten eines langfristigen Für die Rohholzverarbeiter professionellen Marketings und heisst das, dass sie sich auf steiebensolcher Kommunikation gende Anteile an Fichten - Starkfür den Absatz von Schweizer holz (Schadholz, Vorräte in den Holz-Basisprodukten kooperie- Voralpen und Alpen) und langren künftig Bund, Branchenver- fristig auf die vermehrte Verarbände und Betriebe der Holz- beitung anderer Nadelholzarten kette in der neu geschaffenen – wie Tannen oder Douglasien Organisation «Marketing Schwei- – einstellen müssen. So sind sie zer Holz». Deren Ziel ist es, ein- bereit, entsprechende Investitiozelne Projekte und mehrjährige nen zu leisten, beispielsweise in Kampagnen zu planen und zu weitere Verleimkapazitäten zur finanzieren, damit die Bevölke- Produktion von Brettsperrholz. rung in zehn Jahren viel stärker Doch ohne langfristige Versorauf die Holzherkunft achtet und gungssicherheit ist das nicht sich für Schweizer Holz ent- möglich. scheidet.
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Nadelholzanteile halten Deshalb wendet sich die Task Force Wald + Holz + Energie mit ihren Kernbotschaften an die Waldbesitzer. Sie appelliert, der Produktionsfunktion des Waldes, insbesondere auch in den von Sturm- und Käferschäden betroffenen Beständen, eine hohe Priorität zu geben. In gut erschlossenen, wüchsigen Regionen und wenn die Standorte es zulassen, sollte der Nadelholzanteil gehalten oder sogar vergrössert werden. Denn sollen sowohl die politischen Ziele des Bundes als auch die Ziele des Branchenengagements erreicht werden, müssen die Waldbesitzer jetzt auf eine Wirtschaftswald-taugliche Bestockung achten. Task Force Wald + Holz + Energie Die Task Force Wald + Holz + Energie vereinigt die stofflichen und energetischen Rohholzverarbeiter. Sie setzt sich für eine nachhaltige Nutzung des Schweizer Waldes und eine bessere inländische Versorgung mit dem Rohstoff Holz ein. siehe www.taskforceholz.ch
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Waldbrand Misox: Pflanzungen mit Berücksichtigung des Klimawandels Der Waldbrand vom 27. Dezember 2016 startete bei der Kantonsstrasse zwischen Soazza und Mesocco auf 700 m über Meer und reichte bis 2300 m über Meer (Abbildung 1). Es wurden 120 ha Schutzwald oberhalb der Kantonsstrasse, der Autostrasse A13, der Hochspannungsleitung und einiger Ferienhäuser zerstört. Dank der effizienten Strategie bei den Löscharbeiten war der Schutzwald direkt oberhalb dem Dorf Mesocco nur am Rande betroffen. Monika Frehner, Luca Plozza
Amt für Wald und Naturgefahren Uffizi da guaud e privels da la natira Ufficio foreste e pericoli naturali
führt werden, wo der Boden nicht zu steinig und die Hangneigung möglichst gering sind. Das primäre Ziel der Pflanzungen ist, Baumarten zu pflanzen, die in Zukunft wichtig, aber heute noch wenig vertreten sind. Die Pflanzungen sollten hel-
Pflanzungen im Waldbrandprojekt Gemeinde Mesocco
0
125
250
375 m
1:10 000
Perimeter Waldbrand Pflanzungen eingezäunt
139 000
Das Gelände ist oft sehr steil (Abbildung 2). Der Wildverbiss ist hoch, sogar die Fichte weist Verbissspuren auf. Pflanzungen sind deshalb nur mit mechanischem Schutz gegen Wildverbiss möglich. Sie können nur auf ausgewählten Stellen ausge-
Pflanzungen Einzelschutz
1 4
3
138 000
2
735 000
736 000
737 000
Kartendaten: Basisplan © ALG, 2018
Abbildung 1: Karte mit Umriss der Waldbrandfläche und mit den vier Pflanzflächen.
Planherstellung: AWN, 18.09.2018, mf
(Karte: AWN)
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Abbildung 2: Steiles, steiniges Gelände in Fläche 2, in dem nur an wenigen Stellen mit Einzelschutz gepflanzt werden kann.
fen, dass in Zukunft genügend Samenbäume dieser Baumarten vorhanden sind, sodass Naturverjüngung möglich sein wird. Die Fläche 2 möchte man zudem mit den Pflanzungen punktuell wiederbewalden. Es wurden einige Flächen innerhalb und neben dem Waldbrandgebiet ausgewählt, in denen Pflanzungen vom Gelände her möglich sind (Abbildung 1). Für diese Flächen wurde mithilfe von der in Frehner et al 2018 beschriebenen Methode ge-
(Bild: Luca Plozza)
eignete Baumarten hergeleitet. Dazu wurden jeweils die heutige Höhenstufe und die heutigen Standorts typen angeschaut (Tabelle 1). Danach wurden die für das Klima von der Periode 2070 bis 2099 für mässige und starke Klimaänderung modellierten Höhenstufen und die Standortstypen am gleichen Ort im Ökogramm in der zukünftigen Höhenstufe betrachtet. Für die Pflanzungen wurden Baumarten gesucht, die im zukünftig erwarteten Standortstyp gut gedeihen. Zudem sollten sie
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Fläche 1
Fläche 2
Fläche 3
Fläche 4
Höhe über Meer
1100–1400 m
1100–1250 m
1700–1800 m
1400–1680 m
Höhenstufe heute
Hochmontan, Hauptareal der Tanne
Bis 1140 m Collin ohne Buche, darüber hochmontan mit einzelnen Traubeneichen
subalpin
Hochmontan, Hauptareal der Tanne
Dominierende Standortstypen heute
47, Typischer WollreitgrasTannen-Fichtenwald
47, Typischer Wollreitgras-Tannen-Fichtenwald Auf Felsen 55*, Schneesimsen-Fichtenwald
58V, Typischer Preiselbeer-Fichtenwald
47, Typischer WollreitgrasTannen-Fichtenwald
Höhenstufe nach Modell Periode 2070–2099 bei mässigem und starkem Klimawandel
Collin ohne Buche
Collin ohne Buche
Hochmontan, Hauptareal der Tanne
Collin mit Buche und unter/obermontan
In der Periode 2070– 2099 mehrheitlich erwartete Standortstypen
34F, Schnee simsenWinterlinden wald mit Schwingel
34F, SchneesimsenWinterlindenwald mit Schwingel 42Q Rapunzel-Eichenwald
55*, SchneesimsenFichtenwald
19L, Typischer Goldregen-TannenBuchenwald 3, Typischer Schneesimsen-Buchenwald
Vorgeschlagene Pflanzungen 2018–2021
Winterlinde, Traubeneiche, Kastanie, Tanne, evtl. Kirschbaum
Winter- und Sommerlinde, Traubeneiche, Kastanie
Lärche, Waldföhre. Falls nach 5 Jahren keine Fichtennatur verjüngung, dann auch Fichte
Tanne
Vorgeschlagene experimentelle Pflanzungen 2018–2021
Flaumeiche
das heutige Klima ertragen können. Die Baumarten wurden teilweise bewusst am oberen Rande ihres heute erwarteten möglichen Areals oder sogar darüber gepflanzt, um Erfahrungen zu gewinnen (experimentelle Pflanzungen). Im Frühling 2018 wurden die ersten Pflanzungen ausgeführt. Es war schwierig, Pflanzen mit geeigneten Provenienzen und guter Qualität zu finden. Der Pflanzgarten Tessin empfahl grosse Ballenpflanzen (Abbildung 3). Der Bau der Wildzäune (Abbildung 4) war teuer, rund 90 Franken/m¹ Zaun und 225 Franken/Einzelschutz. Die Pflanzen wurden Anfang Mai 2018 gesetzt. Beim Pflanzen und danach zwei weitere Male wurde bewässert. Das Wasser dazu musste mit dem Heli hertransportiert und nachher zu den Pflanzen getragen werden.
Winterlinde, Traubeneiche, Kastanie, Kirschbaum
Der Rotary Club Wettingen unterstützte den Forstbetrieb Mesocco tatkräftig bei den Pflanzungen und bei der ersten Bewässerung, zudem hat er die Kosten für das Pflanzmaterial (1166 Franken für 70 Stück) und einen Teil der Zäune übernommen. Nach Meteo Schweiz (2018) lagen die Temperaturen bei den Meteo-Stationen San Bernardino und Locarno Monti von April bis September 2018 deutlich über dem Durchschnitt der Jahre 1980 bis 2010. Bei den Niederschlägen entsprachen die Werte bei der Station San Bernardino in den Monaten April, Juli und August etwa dem Durchschnitt der Jahre 1980 bis 2010, in den Monaten Mai, Juni und September lagen sie deutlich darunter. Bei der Station Locarno Monti lagen die Niederschläge von April bis September 2018 immer
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unter dem Durchschnitt der Jahre 1980 bis 2010, teilweise sehr deutlich. Obwohl die Trockenheit von April bis September somit massiv über dem Durchschnitt der Jahre 1980 bis 2010 lag, sind Mitte August nur 2 von 70 Pflanzen tot. Die Eichen haben teilweise Mehltau, einige Spitzen vor allem von Linden (Abbildung 5) und Eichen sind ausgetrocknet. Sommerlinde und Kastanien gedeihen am besten. Beim Einzelschutz werden die Äste teilweise verbissen (Abbildung 6). Die Bodenvegetation ist teilweise schon nach einem Jahr sehr üppig ent-
wickelt. Die Pflege der Pflanzen wird in Zukunft teuer sein.
Abbildung 3: Es wurden grosse Ballenpflanzen verwendet.
(Bild: Eros Savioni)
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Abbildung 4: Pflanzfläche Nr. 2 mit Zaun, im Talgrund die Autostrasse A 13 und Soazza.
(Bild: Luca Plozza)
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Dr. sc. nat. Monika Frehner leitet in Sargans ihr eigenes Forstingenieurbüro und ist an der ETHZ in einer 20 %-Anstellung für die Lehre in Gebirgswaldmanagement beauftragt. Monika Frehner ist bekannt durch ihren Einsatz in der Gebirgswaldpflegegruppe GWG und vielen anderen
8. Teil Südtäler. Hrsg.: Amt für Wald Graubünden, Chur. Ringordner. Meteo Schweiz 2018: https://www.meteoschweiz. admin.ch/home/klima/schweizer-klima-im-detail/ jahresverlauf-an-stationen.html?region=Karte
waldbaulichen Aufträgen und Engagements. Luca Plozza, Forstingenieur ETH, leitet die AWN-Aussenstelle in Roveredo und ist dort für das Spezialgebiet Waldökologie zuständig. In dieser Funktion beschäftigte er sich nach den letzten grossen Waldbränden im Misox intensiv mit den Wiederaufforstungen.
Literaturverzeichnis: Frehner, M.; Brang, P.; Kaufmann, G.; Küchli, C., 2018: Standortkundliche Grundlagen für die Waldbewirtschaftung im Klimawandel. WSL Ber. 66: 43 S. Frey, H. U., Bichsel M., Preiswerk T., 2000: Waldgesellschaften und Waldstandorte Graubündens,
Abbildung 6: Verbissschaden an gepflanzter Winterlinde im Einzelschutz
(Bild: Luca Plozza)
Abbildung 5: Gepflanzte Linde mit Einzelschutz, der Gipfeltrieb ist wegen Trockenheit abgestorben.
Abbildung 7: Gepflanzte Eiche. Die Bodenvegetation ist schon
im ersten Jahr sehr stark entwickelt.
(Bild: Daniele Fontana)
(Bild: Luca Plozza)
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Der Rückzug des Lischanagletschers Vom riesigen Inntalgletscher, welcher bis zu einer Höhen quote von 2600 m ü. M. reichte, gehört der Lischanagletscher auf Gemeindegebiet von Scuol bis auf eine kleine Fläche zu den wenigen Vereisungen des Unterengadins, welche noch nicht der allgemeinen Klimaerwärmung während des letzten Jahrhunderts weichen mussten. Der Rückzug ist aber immer wieder von Wachstumsperioden unterbrochen wor den, um letztmals nach der kleinen Eiszeit zwischen 1650 bis 1850 den letzten Höchststand zu erreichen. In einer aufschlussreichen Publikation hat Maisch diesen für das Jahr 1850 dokumentiert und den Rückzug der Gletscher bis 1973 erfasst. Neueste Untersuchungen der Universität Bern in verschiedenen Gebieten der Schweiz weisen für die letzten 10 000 Jahre darauf hin, dass während mehrerer Zeitabschnitte der Rückzug vieler Gletscher noch aus geprägter war als heute. Lüzza Rauch
Der in Eisbohrkernen rekonstruierte Verlauf der Temperaturen ermöglichte die Abfolge von Kaltund Warmzeiten zu ermitteln. Untersuchungen an Holzstämmen, welche im letzten Jahrhundert von den Eismassen freigegeben wurden, bestätigen eine bedeutend höher verlaufende Waldgrenze. Der Lischanagletscher ist bereits seit 1895 Teil des landesweiten Vermessungsnetzes und weist eine lange Messreihe auf. Fast gleichzeitig erschien auch der topografische Atlas der Schweiz 1891 im Masstab 1:50 000. Beeindruckend ist die damalige Ausdehnung. Die verhältnismässig flache Vergletscherung erstreckte sich vom obersten Teil des Lischanatals über den Bergkamm Richtung Osten bis zu den Bergseen von Rims. Die vereiste Fläche wies damals noch eine stattliche Ausdehnung von 300 Hektaren auf. Trotz der geringen Neigung des Einzugsgebiets und des fehlenden Nährgebiets muss der Gletscher stellenweise auch eine ansehnliche Mächtigkeit aufgewiesen haben. Das terres
trische Längenprofil und heute eisfreie Vorfeld lässt abschätzen, dass der Gletscher im Bereich des kleinen Gletschersees damals einen Höchstwert von immerhin 45 bis 50 Metern erreichte. Ein weiterer Hinweis zur Mächtigkeit der Vereisung liefert der Abbruch des Gletscherrands in den Lischanasee im Jahre 1928, welcher zu einem Hochwasser führte und Verwüstungen im Sesvennatal und in der Nähe der Fraktion S-charl verursachte. Die beiden auf einer Fotografie am Abbruchrand stehenden Personen erlauben, auf eine Eismächtigkeit der Abbruchstelle von 25 bis 28 Meter zu schliessen. Messresultate Von einer Basislinie aus wurde 1895 bis 2005 mit Bussole und Messband nur die horizontale Veränderung des Gletscherrands ermittelt. Erstmals ab 2006 kam die GIS-Messung zur Anwendung. Der Gletscherschwund war während der letzten 150 Jahre immer gewissen Schwankungen unterworfen. In den Zwanzigerjahren und in den Achtziger-
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Massstab 1: 20,000 Gedruckt am 01.10.2018 09:11 https://s.geo.admin.ch/7d59d28a31 www.geo.admin.ch ist ein Portal zur Einsicht von geolokalisierten Informationen, Daten und Diensten, die von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden Haftung: Obwohl die Bundesbehörden mit aller Sorgfalt auf die Richtigkeit der veröffentlichten Informationen achten, kann hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit, Genauigkeit, Aktualität, Zuverlässigkeit und Vollständigkeit dieser Informationen keine Gewährleistung übernommen werden.Copyright, Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft. http://www.disclaimer.admin.ch © swisstopo
Auf dem Kartenausschnitt von 1870 ist die damals stattliche Ausdehnung des Lischanagletschers noch gut zu erkennen.
jahren des zwanzigsten Jahrhunderts ergaben die Messungen bei vielen der landesweit beobachteten Gletscher einen Vorstoss. Diese Tendenz kann während der Beobachtungsperiode beim Lischanagletscher nicht festgestellt werden. Bedingt durch das flache Gletschervorfeld und den noch nicht geschmolzenen Altschnee des westlichen Rands oder bei einer Überdeckung mit Schuttmaterial war es oft schwierig, den genauen Gletscherrand zu bestimmen. Während der Messperiode 1895 bis 2013 beträgt der Rückzug total 484,2 Meter oder durchschnittlich 4,10 Meter pro Jahr. Die folgenden fotografischen Aufnahmen sollen einen Eindruck vermitteln, wie ausgeprägt das Verschwinden eines Gletschers das Landschaftsbild verändert hat.
(Quelle: Bundesamt für Landestopografie, Siegfriedkarte 1870.)
Eine Vermessung der Gletscheroberfläche oder der Gletschermächtigkeit erfolgte nicht. Hingegen findet man im jährlichen Bericht periodisch Hinweise auf die augenscheinlich festgestellte Abnahme der Mächtigkeit des Gletschers, welche den Rückzug entscheidend beeinflusst. Während der ersten zwölfjährigen Messperiode betrug der Rückzug im Durchschnitt 6,20 Meter, obwohl für diese Periode die Temperatur deutlich unter dem gewichteten Mittelwert der Jahre 1961 bis 1990 lag. Hingegen kann der überdurchschnittliche Rückzug der Vierzigerjahre mit der damals herrschenden Hitzeperiode erklärt werden. Während den übrigen Zwischenperioden bis zum Jahre 2001 wies der Rückzug wenig abweichende Werte aus, unabhängig von der Höhe der winterlichen Schneede-
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zuführen. Bereits in den Achtzigerjahren des vorherigen Jahrhunderts bildete das Schmelzwas ser auf der Gletscheroberfläche 30 bis 40 cm tiefe Gräben im Eis, welche bis auf den Boden reichten. Heute bedeckt nur noch eine dünne und kleine Eis fläche den obersten Bereich des Talkessels und ist flächendeckend mit Schuttmaterial überdeckt. Auf dem folgenden Luftbild ist der Rückzug des Glet scherrands seit Messbeginn schematisch darge stellt. Bodenbildung und Vegetation des Gletschervorfelds Sobald der Gletscher sich zurückgezogen hat, be ginnt die Bodenbildung. Entscheidend beeinflusst wird diese durch das Klima, das Relief und das Ausgangsgestein. Vorerst bewirkt die Frostspren gung eine Zerkleinerung der Steine an der Bo denoberfläche. Durch den Eintrag von Säuren kann nun auch die chemische Verwitterung be ginnen. Schon bald ermöglichen der Abbau von ab gestorbenen Pionierpflanzen, Kleintieren und Mikroorganismen die Bildung einer dünnen Hu musschicht, welche die Ansiedlung von Pionier pflanzen erst ermöglichen. Auf dem Vorfeld des Rotmoosferners im Oetztal (A) untersuchten Nagl und Erschbamer den Verlauf der Primärsukzession und publizierten die folgenden Ergebnisse: Der Lischanagletscher im Jahr 1935. (Quelle: Bundesamt für Landestopografie, Aufnahme 1935) Eine ähnliche Perspektive des Lischanagletschers im Jahr 1997.
(Bild: L. Rauch)
cke. Auffallend hingegen war der mit insgesamt 79,90 Meter messende Rückzug der Jahre 2002 und 2003. Dieser weit überdurchschnittliche Rück zug innerhalb von nur zwei Jahren ist einerseits auf die hohen Sommertemperaturen, die Abweichung des gewichteten Temperaturmittels betrug für die sen Zeitabschnitt mehr als ein Grad, und die da mals nur noch geringe Dicke der Eisschicht zurück
3 Jahre eisfrei
40 Jahre eisfrei
Artenzahl pro m2
Bodendeckung in Prozent
18 Pflanzenarten
50 Prozent
3 Pflanzenarten
2 Prozent
Es ist beeindruckend, wie rasch auf dem Gletscher vorfeld die ersten Pionierpflanzen wachsen. Im Rahmen einer Diplomarbeit haben zwei Biolo giestudenten das Lischanagletschervorfeld pflan zensoziologisch kartiert. Die in der Tabelle erstauf geführten Pflanzenarten wuchsen unmittelbar unterhalb des Gletscherrands, die zuletzt aufge führten in einer Entfernung von 200 Metern. Nach einer Zeitspanne von lediglich 50 bis 60 Jahren hat
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sich bereits eine Vegetation mit zwölf verschiedenen Pflanzenarten und mehreren Moosen eingestellt. Gleichzeitig erfolgte auch die Inventarisation, bei gleicher Aufnahmemethode, im Vorfeld des Sesvennagletschers in gleicher Höhenlage und Exposition, aber auf kristallinem Untergrund. Die Pflanzenliste ist hier aber doppelt so lang und vor allem die Bodenbedeckung auffallend höher, ohne diese zu quantifizieren. Offenbar bietet der kristalline Untergrund günstigere Bedingungen für
die Bodenbildung und weist eine höhere Wasserspeicherkapazität auf. Schlussbemerkung Innerhalb einer kurzen Zeitspanne von 150 Jahren ist ein mit einer Oberfläche von immerhin 300 ha aufweisender Gletscher verschwunden. Ob das fehlende Schmelzwasser einen Einfluss für die Speisung der Wasserversorgung der Gemeinde hat, ist nicht abgeklärt. Sicher dürfte das fehlende
Im Jahr 2017 sind oberhalb des Gletschersees nur noch kleine Reststücke des einst recht eindrücklichen Lischanagletschers zu sehen.
(Bild: D. Könz, AWN)
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Luftbild des Lischanagletschers mit eingezeichnetem RĂźckzug der Gletscherzunge und dem entsprechenden Jahr.
(Bild: Nicolo Pitsch)
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Boden: Dolomit
Arabis caerulea
Bläuliche Gänsekresse
Exposition: Nord
Arabis alpina
Alpen-Gänsekresse
Höhe: 1760 m ü. M.
Taraxacum alpinum
Alpen-Löwenzahn
Saxifraga aphylla
Blattloser Steinbrech
Saxifraga oppositifolia
Gegenblättriger Steinbrech Verschiedene Moose
Poa minor
Kleines Rispengras
Linaria alpina
Alpen-Leinkraut
Cerastium uniflorum
Einblütiges Hornkraut
Androsacea helvetica
Schweizer Mannsschild
Sagina saginoides
Alpen-Mastkraut
Saxifraga moschata
Moschus-Steinbrech
Draba tomentosa
Filziges Felsenblümchen
Gletscherwasser inskünftig für den Betrieb der SAC-Lischanahütte zu einem echten Problem werden. Lüzza Rauch ist pensionierter Forstingenieur ETH und arbeitete von 1970 bis 2002 beim heutigen Amt für Wald und Naturgefahren GR. Unter anderem war er während dieser Zeit auch für die jährlichen Messungen am
Literatur ¹ Maisch Max, Die Gletscher Graubündens, 1992 ² Bauder Andreas, Funk-Salami Françoise, Amt für Wald Graubünden 2009 ³ Brandle B., Berger R., Wemli M., Bodenkundliche Gesellschaft der Schweiz, 2018 Nagl F., Erschbamer B., Pflanzliche Sukzession im Gletscherwald
Lischanagletscher zuständig.
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Ist der Kanton Graubünden bereit für den Klimawandel? «Der voranschreitende Klimawandel wird auch im Kanton Graubünden die Rahmenbedingungen für Bevölkerung, Wirtschaft und Umwelt verändern. Es gilt die Risiken, aber auch Chancen, die sich daraus ergeben, zu erkennen und sich darauf einzustellen.» Das schreibt die Regierung einleitend im Regierungsbeschluss aus dem Jahre 2015, in dem die «Klimastrategie Graubünden» definiert wird. Der Beschluss stand am Ende eines mehrjährigen Prozesses, in dem eine umfassende Analyse der möglichen Auswirkungen des Klimawandels getätigt wurde und in dem letztlich zehn Handlungsschwerpunkte definiert wurden. Reto Hefti
Grundlagen für eine kantonale Klimastrategie Mit Regierungsbeschluss vom 2. September 2014 wurden die involvierten Dienststellen und öffentlich-rechtlichen Anstalten beauftragt, unter der Leitung des Amts für Natur und Umwelt (ANU) eine kantonale Klimastrategie auszuarbeiten und der Regierung zu unterbreiten. Begleitet wurden die Arbeiten vom Global Risk Forum Davos, vom Schweizerischen Lawinenforschungsinstitut SLF und von weiteren beauftragten Privaten. In der Folge wurden vier Arbeitspapiere (AP) erarbeitet, die heute die Grundlagen für die kantonale Klimastrategie bilden. Arbeitspapier 1: Klimaanpassung Die Herausforderungen und Handlungsfelder, welche vom Bund für die gesamte Schweiz bereits systematisch zusammengestellt und bewertet worden sind, wurden auf die spezifischen Verhältnisse im Kanton Graubünden angepasst und priorisiert. Die Priorisierung erfolgte dabei analog zur Bundesstrategie anhand von Experteneinschätzungen. Das Arbeitspapier 1 ermittelte 20 prioritär eingestufte Handlungsfelder. Arbeitspapier 2: Klimaschutz Anpassungsmassnahmen sind notwendig, weil sich das Klima ändert und weil diese Veränderun-
gen bis zu einem gewissen Grade irreversibel sind. Um das Mass der Veränderung und damit die Anforderungen an die Anpassung so gering wie möglich zu halten, sollten primär die Ursachen der Klimaveränderung angegangen werden, das heisst, die Emissionen an Treibhausgasen sind nachhaltig zu reduzieren. Damit könnten der Klimawandel verlangsamt und die Erwärmung auf zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit gehalten werden. Arbeitspapier 2 analysiert und priorisiert die Herausforderungen und Handlungsfelder des Klimaschutzes. Via Quantifizierung der Treibhaus gasemissionen konnten zwölf als prioritär angesehene Handlungsfelder bestimmt werden.
Sturm Vaia: Flächenschaden im Schutzwald oberhalb Bergün. Geschätzte Schadholzmenge ca. 20 000 m3.
(alle Abbildungen: zVg AWN)
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Arbeitspapier 3: Risiken und Chancen Im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung werden medial vor allem die damit verbundenen Risiken betont. Ohne den Klimawandel beschönigen zu wollen, sind aber in deren vollständigen Abhandlung auch die Chancen zu berücksichtigen, denn diese sind ebenso vorhanden. Das Arbeitspapier 3 hat den Fokus auf Auswirkungsbereiche, für welche die öffentliche Hand eine besondere Verantwortung trägt. Risiken und Chancen wurden in den Bereichen Gesundheit, Land- und Waldwirtschaft, Energie, Tourismus, Infrastruktur/Gebäude, Wasserwirtschaft und Biodiversität analysiert. Arbeitspapier 4: Synthese der Herausforderungen und Handlungsfelder Der Klimawandel wurde in den vergangenen Jahren wiederholt als Thema in die Bündner Regierungsprogramme integriert; zahlreiche Projekte gepaart mit Aktivitäten zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung wurden bearbeitet. Im Herbst 2014 hat die Regierung der Verwaltung den Auftrag erteilt, eine Klimastrategie zu entwickeln. Die Grundlage zur Kantonalen Klimastrategie bilden die vorangehenden drei ausgearbeiteten Arbeitspapiere zu Risiken und Chancen des Klimawandels, zur Identifikation der Herausforderungen sowie zu den Handlungsfeldern des Klimaschutzes und der Klimaanpassung. Die Klimastrategie – Handlungsschwerpunkte Aus der Analyse der Handlungsfelder mit hoher Priorität hat der Kanton Graubünden folgende
zehn konkrete Handlungsschwerpunkte festgelegt: – Den Energieverbrauch senken und die Ressourceneffizienz steigern. – Die fossilen Energieträger durch erneuerbare ersetzen. – Prävention gegen gesundheitliche Risiken durch Hitze. – Mensch, Tiere und Pflanzen vor neuen Krankheitserregern und Schadorganismen schützen. – Integrales Risikomanagement beim Umgang mit Naturgefahren verstärken. – Eine standortgerechte Produktion und Leistung in der Land- und Waldwirtschaft anstreben. – Touristische Angebote den klimatischen Bedingungen anpassen. – Versorgungssicherheit bezüglich Wasser stärken. – Der Biodiversität Raum für die natürliche Dynamik freihalten. – Den Klimawandel beobachten, dokumentieren und darüber informieren. Zu diesen Handlungsschwerpunkten wurden im Arbeitspapier 4 Ausgangslage, Soll- und Ist-Zustand und konkrete Handlungsfelder formuliert. Das Amt für Wald und Naturgefahren in der kantonalen Klimastrategie Das Amt für Wald und Naturgefahren spielt in folgenden Handlungsschwerpunkten (HS) der Umsetzung der Klimastrategie eine Rolle:
HS 4
Mensch und Natur vor neuen Krankheitserregern und Schadorganismen schützen
Mitarbeit
HS 5
Integrales Risikomanagement beim Umgang mit Naturgefahren verstärken
Lead
HS 6
Eine standortgerechte Produktion und Leistung in der Land- und Waldwirtschaft anstreben
Mitarbeit
HS 9
Der Biodiversität Raum für die natürliche Dynamik freihalten
Mitarbeit
HS 10
Den Klimawandel beobachten, dokumentieren und darüber informieren
Mitarbeit
Der Handlungsschwerpunkt 5 zum Thema Integrales Risikomanagement (Abbildung 1) hat aufgrund seiner Bedeutung im Zusammenhang mit der klimabedingten Entwicklung der Naturgefahren nicht nur Eingang in die Klimastrategie gefunden, sondern bildet auch einen Entwicklungsschwerpunkt im Regierungsprogramm 2017 bis 2020.
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Integrales Risikomanagement bei Naturgefahren
Abbildung 1: Naturgefahrenprozesse und Risiken verändern sich aufgrund des Klimawandels. Mit der Strategie des Integralen Risikomanagements ist das Amt für Wald und Naturgefahren trotz den Veränderungen bestmöglich aufgestellt.
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Entwicklungsschwerpunkte 18/21 Regierungsprogramm 2017 bis 2020 (strategische Absicht) «Die klimabedingte Entwicklung der Naturgefahren wird im Rahmen eines Integralen Risikomanagements analysiert und überwacht (Monitoring). Dabei werden Schutzwaldpflege sowie bauliche, organisatorische und planerische Mass nahmen hinsichtlich ihrer Wirkung optimal abgestimmt.»
Eines steht fest, in Graubünden wird die Zunahme von Massenbewegungen und Hochwasser die Si cherheit von Personen, Siedlungen, Verkehr und Infrastrukturen vermehrt gefährden. Vor allem in Tallagen kann die mögliche Zunahme von Hoch wasser zu einer veränderten Gefährdung führen. Denn wärmere Luft transportiert mehr Feuchtig keit und verursacht damit intensivere Niederschlä ge in kurzer Zeit. Ebenso wird durch die zuneh menden Trockenperioden die Entfachung von Waldbränden gefördert. Langfristig eher zurück gehen dürfte hingegen die Lawinengefahr. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass wir die Klimaerwärmung über die Veränderungen der Naturgefahrenprozesse, deren räumlichem Auftreten sowie deren Variabilität spüren werden. Gleichzeitig führt die höhere Verletzlichkeit (Scha denempfindlichkeit, Störanfälligkeit) und Exposi tion (mehr Verkehr, intensivere Nutzung) zu einem höheren Risiko (Abbildung 1). In einem Umfeld mit steigenden gesellschaftlichen Ansprüchen ist damit das Risikomanagement anspruchsvoller ge worden.
Verwaltungsinterne Organisation Auf Klimafragen Antworten zu finden, verlangt in terdisziplinäres Arbeiten quer über die verschiede nen Departemente und Dienststellen hinaus und hat eine wichtige strategische Bedeutung für unse ren Kanton. So hat sich der Kanton Graubünden für ein koordiniertes Vorgehen entschieden und lässt Fragen zum Klima schwerpunktmässig in die politische Planung einfliessen. Klimaforum – ermöglicht vernetztes Handeln Das Funktionieren einer Departemente und Dienststellen übergreifenden Zusammenarbeit ist auch immer personenbezogen und kann nicht langfristig automatisch vorausgesetzt werden. Wegen der Langfristigkeit der mit dem Klimawan del verbundenen Herausforderungen war es sinn voll, die Bearbeitung der Klimathematik verwal tungsintern mit einem minimalen organisatorischen Rahmen zu versehen, was als Klimaforum bezeich net wird (Abbildung 2). Das Klimaforum setzt sich aus Vertretern der involvierten Dienststellen zu sammen und trifft sich in der Regel einmal im Jahr.
Lenkungsausschuss
ANU AFK AJF
ARE
AWT GVG ALG
Klimaforum
TBA AWN
LBBZ ALT
AEV
HBA GA
AMZ
Klimasekretariat Abbildung 2: Organisationsstruktur zur Umsetzung der Klimastrategie
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Zu seinen Aufgaben gehören die Evaluation der Klimastrategie und bei Bedarf die Möglichkeit, Anträge zur Anpassung der Klimastrategie an die Regierung zu stellen. Lenkungsausschuss Dem Klimaforum steht ein Lenkungsausschuss vor. Er dient als Aufsichtsorgan, wird vom Vorsteher des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements (EKUD) präsidiert und setzt sich aus dem Vorsteher des Bau-, Verkehrs- und Forstdepartements (BVFD) und aus den Leitern der meist betroffenen Dienststellen Amt für Energie und Verkehr (AEV), Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) und Amt für Natur und Umwelt (ANU)
zusammen. Dem Lenkungsausschuss steht das Klimasekretariat zur Seite (Abbildung 2). Reto Hefti ist Kantonsförster und leitet das Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden. Mehr Informationen zur Klimastrategie Graubündens finden Sie auf der kantonalen Homepage des Amts für Natur und Umwelt (www.anu.gr.ch) unter der Rubrik Themen und Klima. www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/ekud/anu/projekte/klima/Klimastrategie/Seiten/massnahmenplan-klima.aspx
Auch der Fornogletscher ist auf dem Rückzug.
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Testpflanzungen zukunftsfähiger Baumarten Treffpunkt ist der Bahnhof Versam-Safien, am 2. Oktober 2018 um 8.15 Uhr. Wir – das sind Peter Brang, Esther Frei und Kathrin Streit von der WSL – steigen aus dem Zug aus und werden sogleich von Christian Buchli, Mitarbeiter beim Amt für Wald und Naturgefahren, begrüsst. Es ist eine Premiere: Erstmals begehen wir mit einem Praxisvertreter mögliche Versuchsflächen für Testpflanzungen und prüfen deren Eignung. Peter Brang, Kathrin Streit, Esther R. Frei
Mit Pflanzungen die Wanderung von Baumarten vorwegnehmen Die Idee von Testpflanzungen ist durch den Klima wandel motiviert. Höhere Temperaturen und tro ckenere Sommer führen dazu, dass sich die für eine Baumart geeigneten Standorte in höhere La gen verschieben. Doch können Baumarten, die ge gen Ende des 21. Jahrhunderts auf einem Standort
als geeignet gelten, bereits heute dort gedeihen? Zur Beantwortung dieser Frage wurde im For schungsprogramm «Wald und Klimawandel» das Projekt «Testpflanzungen zukunftsfähiger Baum arten» gestartet. Die erwartete Migration der Bau marten soll mit Versuchspflanzungen vorwegge nommen werden, die über 30 bis 50 Jahre beobachtet werden. So kann man herausfinden,
Abbildung 1: Drohnenaufnahme einer Versuchsfläche mit gebietsfremden Baumarten bei Mutrux. Die geplanten Testpflanzungen sollen insgesamt und was die Teilflächen pro Baumart betrifft kleiner sein als die hier gezeigte Pflanzung.
(Bild: SRF)
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9 Baumarten des Kernsets
9 Baumarten des Ergänzungssets
Weisstanne (Abies alba) Fichte (Picea abies) Lärche (Larix decidua) WaldfÜhre (Pinus sylvestris) Douglasie (Pseudotsuga menziesii) Bergahorn (Acer pseudoplatanus) Buche (Fagus sylvatica) Traubeneiche (Quercus petraea) Winterlinde (Tilia cordata)
Atlaszeder (Cedrus atlantica) Elsbeere (Sorbus torminalis) Nussbaum (Juglans regia) Kirschbaum (Prunus avium) Schneeballblättriger Ahorn (Acer opalus) Spitzahorn (Acer platanoides) Stieleiche (Quercus robur) Zerreiche (Quercus cerris) Baumhasel (Corylus colurna)
Die 18 fßr die Testpflanzungen gewählten Baumarten, unterteilt in die Arten des Kernsets und des Ergänzungssets.
welche Baumarten auf welchen Standorten gedei hen, und welche Faktoren wirklich begrenzend sind. Der geplante Langzeitversuch zielt auf Baum artenempfehlungen fĂźr die Praxis ab und damit auf die Sicherung der Waldleistungen. Es gibt zwar bereits Versuchspflanzungen im Aus land (zum Beispiel am Atlantik, Orazio et al. 2012) und in der Schweiz. Eine liegt bei Mutrux, Kanton Waadt; hier werden, wie auf vier weiteren Ver suchsflächen in Deutschland und Ă–sterreich, fĂźnf gebietsfremde Baumarten getestet (Brang und NiÂ
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nove 2015; Abbildung 1). Aus den Versuchen der WSL in der Kastanienzone bei Copera (Tessin) wurden Baumartenempfehlungen abgeleitet (Schßtz 1977). Dasselbe gilt fßr die Versuchsauf forstung auf dem Stillberg bei Davos mit BergfÜh ren, Arven und Lärchen (Barbeito et al. 2012). Aus serdem prÜbeln viele FÜrster da und dort mit fßr den Standort neuen Baumarten. Doch es fehlen systematische Versuche, in denen Baumarten und Herkßnfte entlang von grossen Umweltgradienten getestet werden.
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Abbildung 2: Idealisierte Versuchsanordnung fßr eine Testpflanzung in Tieflagen mit acht Baumarten und vier Provenienzen (P1–P4) pro Subplot.
(Bild: zVg WSL)
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Baumarten für die Testpflanzungen Im geplanten Projekt sollen 18 Baumarten getestet werden, die in Schweizer Wäldern im Klimawandel als potenziell zukunftsfähig gelten (Tabelle 1). Diese Baumarten wurden in einem mehrstufigen Konsultationsprozess unter Einbezug der Praxis ausgewählt. Bevorzugt wurden Baumarten mit dem Potenzial, wichtige Waldleistungen zu erbringen, weshalb alle Hauptbaumarten der Schweiz dazugehören. Für die neun Baumarten des sogenannten Kernsets, die in etwa 35 Versuchsflächen gepflanzt werden sollen, wird es möglich sein, das Überleben und das Wachstum entlang von breiten Umweltgradienten zu untersuchen. Baumarten des Ergänzungssets sind für etwa 15 Versuchsflächen vorgesehen, mit geringerer Aussagekraft der Er-
gebnisse. Bestände der bei uns noch wenig bekannten Atlaszeder und Zerreiche zeigen die Abbildungen 3 und 4. Die Baumarten werden in ihrem heutigen Höhenbereich sowie in den ein bis zwei nächst höher gelegenen Höhenstufen getestet. Für jede Baumart werden sieben Provenienzen gepflanzt, in jeder Versuchsfläche vier davon. Die Provenienzen sollen die klimatische Verbreitung einer Baumart gut abdecken, weshalb auch ausländische Provenienzen einbezogen werden. Versuchsdesign der Testpflanzungen Das Versuchsdesign bestimmt die geografische Verteilung aller Testpflanzungen, die Verteilung der Baumarten und Provenienzen auf die Versuchsflächen und das Pflanzschema. Zentral für die
Abbildung 3: Atlaszederbestand mit Naturverjüngung am Mont Ventoux, Frankreich.
(Bild: P. Brang)
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Abbildung 4: Zerreichen-Bestand Poggio Pievano, Toscana, Italien, 570 m ü. M., Überführung eines Niederwaldes in Hochwald.
statistische Aussagekraft sind Wiederholungen (jede Baumart kommt in vielen Versuchsflächen vor), das Zufallsprinzip (der genaue Pflanzort der Baumarten und Provenienzen wird zufällig ge wählt) und grosse Gradienten (jede Baumart ist gleichmässig über den untersuchten Umweltgra dienten verteilt). Insgesamt sind 50 bis 60 Test pflanzungen geplant. Alle Versuchsflächen sollen dasselbe Pflanzschema aufweisen (Abbildung 2). Jede Baumart und Pro venienz kommt in einer Versuchsfläche dreimal vor (man spricht von drei Blöcken). Jeder Block enthält alle Baumarten, jede Baumart ist mit vier Proveni enzen präsent, und jede Provenienz mit neun Ein zelbäumen pro Block. Der Pflanzabstand beträgt in Hochlagen (subalpine und obersubalpine Höhen stufe) 1 Meter, in Tieflagen (kolline bis hochmon tane Höhenstufe) 2 Meter. Die Plots werden durch Zwischenstreifen von zusätzlich 1 Meter bzw.
(Bild: P. Brang)
2 Meter Breite voneinander getrennt (Abbil dung 2). Die Versuchsfläche wird gegen Wild huftiereinfluss gezäunt. Um homogene Lichtver hältnisse zu schaffen, ist ein umfassender Randstreifen von ungefähr einer halben Baumlän ge des Nachbarbestands nötig. Das führt dazu, dass die Schlagflächen gross sein müssen, von ca. 0,3 bis 1,7 Hektaren. Kosten und Nutzen einer Versuchsfläche Einrichtung und Unterhalt einer Testpflanzung mit Zäunung, Pflanzung und Jungwaldpflege kosten einige Zehntausend Franken. Momentan versu chen der Bund und die Kantone, diese Kosten für die mitwirkenden Waldeigentümer im Rahmen der NFA-Programmvereinbarungen auf einen mög lichst geringen Restbetrag zu reduzieren. Im Ge genzug für ihre Mitwirkung erhalten die Wald eigentümer und Forstbetriebe ein gut doku-
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mentiertes, lehrreiches Objekt für die Weiterbil dung und die Öffentlichkeitsarbeit. Sie werden zu dem Teil eines gesamtschweizerischen Netzwerks, welches auf einen zukunftsfähigen Wald hinarbei tet. Der Nutzen der Testpflanzungen liegt auch da rin, dass sie zu vielfältigen Mischbeständen zu kunftsfähiger Baumarten heranwachsen, die sich später natürlich verjüngen. Die kantonalen Forst ämter haben bereits infrage kommende Flächen gesucht; es sind aber noch Nachmeldungen mög lich. Und was hat die Begehung am 2. Oktober in der Surselva ergeben? Von den fünf ins Auge gefass ten Flächen sind zwei sehr gut geeignet; zwei kä men infrage, sind aber kleiner und teils in steilerem Gelände gelegen; und eine ist bezüglich Exposition zu heterogen. Besonders geeignet sind Flächen, die an Jungwaldflächen oder an einen Geländeab fall angrenzen; hier reicht ein schmaler Randstrei fen, was den Flächenbedarf reduziert. Ob die zwei Flächen definitiv gewählt werden, ist offen. Das WSL-Team wird dies erst nach Besichtigung vieler Flächen im Jahr 2019 entscheiden. So können die Testpflanzungen in den Jahren 2020 bis 2022 an gelegt werden. Dieser Beitrag ist eine gekürzte und abgeänderte Version einer «Notiz» in der Schweizerischen Zeit schrift für Forstwesen (Frei et al. 2018). Weitere Informationen zum Projekt «Testpflanzungen zu kunftsfähiger Baumarten» sind verfügbar unter www.testpflanzungen.ch.
Alle drei Autoren arbeiten an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL in Birmensdorf (E-Mail: testpflanzungen@wsl.ch). Peter Brang leitet das Forschungsprogramm Wald und Klimawandel, Kathrin Streit ist zuständig für die Koordination im Programm Wald und Klimawandel und Esther R. Frei ist wissenschaftliche Mitarbeiterin.
Literatur: Barbeito I, Dawes MA, Rixen C, Senn J, Bebi P (2012) Factors driving mortality and growth at treeline: a 30-year-experiment of 92000 conifers. Ecology 93(2): 389 – 401. Brang P, Ninove C (2015) Une plantation expéri mentale comprenant six essences exotiques. Schweiz Z Forstwes 166: 45 – 47. doi: 10.3188/ szf.2015.0040 Frei E, Streit K, Brang P (2018) Testpflanzungen zu kunftsfähiger Baumarten: auf dem Weg zu einem schweizweiten Netzwerk. Schweiz Z Forstwes 169: 347-350. doi: 10.3188/szf.2018.0347 Orazio C, Cordero Montoya R, Di Lucchio L, Cantero A, Diez Casero J et al (2013) Arboretum and demonstration site catalogue REINFFORCE (REsource INFrastructures for monitoring, adapt ing and protecting European Atlantic FORests under Changing climate). Mérignac: Laplante. 96 p. Schütz JP (1977) Enseignements et expériences sur la reconstitution des châtaigneraies, en vingt ans de projet de reboisement expérimentale à Copera (Tessin). Schweiz Z Forstwes 128(6): 398 – 410.
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Comic Theo & Heinz Lead Autor
Untertitel Grundtext
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Verjüngung im subalpinen Plenterwald Das Lichtspiel der Plenterwaldstrukturen führt zu kleinräumig variablen Standortgegebenheiten. Ob die Lichtbedingungen und weitere kleinstandörtliche Faktoren die Präsenz und Absenz von Fichtenund Lärchenverjüngung beeinflussen, wurde im Rahmen einer Bachelorarbeit an der HAFL analysiert. Die Untersuchungen fanden im nach den Prinzipien der Plenterung bewirtschafteten God Tscheppa Verda der Gemeinde S-chanf und einem darin eingerichteten Marteloskop statt. Sara Hildebrand und Kathrin Kühne
Für den nachhaltigen Erhalt der Gebirgsplenterstruktur sollte die Naturverjüngung sichergestellt sein. Nur dadurch bleiben die unbegrenzte Dauer der Strukturen und das Waldklima erhalten, was den Gebirgsplenterwald zum optimalen Schutzwald macht. Auch bietet er mit seiner Strukturvielfalt für viele Pflanzen und Tiere ein besonders geeignetes Habitat (Pro Silva Helvetica 2018). Im God Tscheppa Verda, S-chanf, der seit 1975 nach den Prinzipien der Plenterung bewirtschaftet wird, konnte im östlichen Teil der Vertragsfläche im vergangenen Jahr ein 1 Hektar grosses Martelo skop (genau definierte Fläche, in welcher jeder Baum nummeriert ist und seine ökonomischen und manchmal auch seine ökologischen Werte erfasst sind) eingerichtet werden. Erste Beobachtungen wiesen darauf hin, dass sich nicht nur die Fichte gut verjüngt, sondern – trotz teilweise eher dunkel scheinenden Verhältnissen – auch zahlreiche Lärchen aufkommen. Im Rahmen der Bachelorarbeit an der HAFL (Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften), auf welcher dieser Artikel basiert, wurde die Verjüngungssituation im Nordwest exponierten Marteloskop des God Tscheppa Verda sowie auf 12 Transekten entlang des Höhengradienten in insgesamt 110 Aufnahmeflächen à 1 × 1 Meter erfasst und analysiert. Besonders interessiert haben
dabei die Verfügbarkeit, die Art und der Einfluss des Lichts sowie weitere kleinstandörtliche Faktoren auf die Verjüngung in diesem Plenterbestand der subalpinen und obersubalpinen Höhenstufe. Die Charakterisierung der Verjüngung erfolgte durch die Aufnahme der Baumart, Baumhöhe, des 3-jährlichen Zuwachses und des Verbisses. Weiter wurden folgende Faktoren erfasst: Konkurrenz durch die Kraut- und Strauchschicht, Mikrorelief, Bodenauflage und -typ sowie Totholzart und -zustand. Die Untersuchungsfläche Die Bestockung des Marteloskops besteht zu 83 Prozent aus Fichten, mit vereinzelt beigemischten Lärchen (13 Prozent) und Arven (4 Prozent). Im Marteloskop können die Waldstandorte 57 VM und in Muldenlagen 57 PV gemäss des Bündner Schlüssels beobachtet werden; in den oberhalb eingerichteten Transekten wechselt der Standort ab ca. 1930 m ü. M. zu 59 P. Der mittels einer Vollkluppierung ermittelte Vorrat beträgt 382 Stück/ha mit einer Grundfläche von 40 m²/ ha. Die aktuelle Stammzahlverteilung zeigt einen zu geringen Anteil in den niederen und einen Überhang in den mittleren Durchmesserstufen, um ein nachhaltiges Plentergleichgewicht sicherzustellen.
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Verjüngungszusammensetzung
Fichte
Lärche
Arve
80,94 %
17,42 %
1,64 %
Baumhöhe (Median)
44 cm (SD = 69,35)
34 cm (SD = 39)
24 cm (SD = 56,73)
Sonnenstunden Juni (Median)
3,17 h
3,68 h
n. d.
Direktstrahlung (Median)
16,6 %
21 %
n. d.
Erscheinungsbild der Verjüngung im Plenterbestand Es konnte eine üppige und relativ homogen verteilte Verjüngung, die mehrheitlich im Kollektiv in Lücken vorhanden ist, festgestellt werden (Abbildung 2). Die Fichte dominiert dabei stark; Lärchen und Arven konnten nur in grösseren Lücken beobachtet werden (Tabelle 1 und Abbildung 1). Dass diese Tatsache auch auf dem höher gelegenen Lärchen-Arvenwaldstandort 59 P gilt, mag am ungeeigneten Keimbett mit einem ausgeprägten Calamagrostis-villosa-Teppich und Hochstauden
liegen, welche die Ansamung der Lärche als Rohbodenbesiedlerin erschweren. Die Analyse mithilfe von total 110 Hemisphärenfotografien in den Aufnahmeflächen mit (n = 74) und ohne (n = 36) Verjüngung zeigten, dass hinsichtlich der Standorte mit und ohne Verjüngung kein signifikanter Unterschied in den Lichtbedingungen besteht. Werden die Richtwerte der Literatur hinsichtlich des Lichtangebots für den An- und Aufwuchs herangezogen (Frehner et al. 2005), bestehen an Verjüngungsstandorten für die Fichte mit einem Median von 3,17 Sonnenstunden im Juni
Abbildung 1: Die Verteilung des prozentualen Anteils der Baumhöhen (links) sowie der prozentualen Anteile der einzelnen Höhenklassen (1 = 1 – 10 cm, 2 = 11 – 39 cm, 3 = 40 – 129 cm, 4 = 130 cm bis BHD 8 cm) der aufgenommenen Verjüngung im God Tscheppa Verda
(Bilder und Darstellungen: S. Hildebrand)
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Abbildung 2: Die Verjüngung ist hauptsächlich durch Fichten, teilweise aber auch durch Lärchen und Arven charakterisiert und findet sich im Marteloskop über die ganze Fläche verteilt.
somit geeignete Bedingungen. Für die Lärche liegt der Median bei 3,68 Sonnenstunden im Juni, wodurch der in der Literatur (Frehner et al. 2005) geforderte Richtwert von vier Sonnenstunden nicht erreicht ist. Bei dem Richtwert von vier Sonnenstunden im Juni gedeihen 24 Prozent der Lärchenverjüngung. Interessanterweise vermochte der Grossteil (rund 60 Prozent) der Lärchenverjüngung bei Werten zwischen zwei und vier Sonnenstunden im Juni gleich gut anzusamen. Dass die Ansamung und das Aufkommen der Lärchenverjüngung bereits bei tieferen Werten als den in der Literatur empfohlenen möglich ist, konnte bereits Gremlich (2016) mit ähnlichen Analysen im Unterengadin zeigen. Die Direktstrahlung ist auf den Standorten
mit Lärchenverjüngung etwas höher, unterscheidet sich jedoch nicht signifikant von Standorten mit Fichtenverjüngung. Die statistischen Auswertungen zeigten, dass weder das Licht noch andere Standortfaktoren alleinerklärend für die Präsenz oder Absenz von Verjüngung sind. Vielmehr ist es wohl ein komplexes ökologisches Wirkungsgefüge, welches über das Vorhandensein der Verjüngung entscheidet und sich in verjüngungsgünstige beziehungsweise -feindliche Faktoren unterteilen lässt. Auf der untersuchten Fläche hat sich gezeigt, dass der Anteil an verjüngungshemmendem Wollreitgras als auch an Hochstauden nicht höher sein sollte, als der anderer Bodenbedeckungsarten. Das Vorhandensein
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von alten Stöcken und Totholz zeigte sich als besonders verjüngungsfreundlich und entspricht den Erfahrungen zur Verjüngungsökologie im Gebirgswald. Zur Sicherung der nachhaltigen Verjüngung und der Annäherung ans Plentergleichgewicht sollte in den nächsten 10 bis 15 Jahren ein Eingriff stattfinden, der sich hauptsächlich auf die mittleren Durchmesserstufen konzentriert. Sara Hildebrand absolvierte an der HAFL (Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften) das Studium der Waldwissenschaften. Im Frühling 2019 beginnt sie beim AWN in Ilanz ein Praktikum. Kathrin Kühne arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HAFL in der Fachgruppe für Gebirgswald und Naturgefahren. Sie betreute die Bachelorarbeit im God Tscheppa Verda.
Literatur Frehner, M.; Wasser, B.; Schwitter, R., 2005: Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald. Wegleitung für Pflegemassnahmen in Wäldern mit Schutzfunktion, Vollzug Umwelt. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern, 564 S. Gremlich, M., 2016: Untersuchung von Lärchenverjüngung (Larix decidua) im Unterengadin; Untersuchung des Einflusses von Licht, Krautschicht und organischer Auflage auf das Vorkommen und Wachstum der Lärchenverjüngung im inneralpinen Gebirgswald. Bachelor-Thesis für den BSc in Forstwirtschaft, Berner Fachhochschule (BFH), Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissen schaften (HAFL), Zollikofen, unveröffentlicht, 83 S. Pro Silva Helvetica, Schweizerische Stiftung, 2018. Plenterung. Pro Silva Helvetica, abgerufen am 13. Oktober 2018, http://www.pro-silva-helvetica. ch/jardi_d.php
Originalfoto, welches mit dem Fischaugenobjektiv erstellt wurde.
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Bündner Holzhauerei meisterschaften 2018 6. Oktober 2018, 8 Uhr, in Valchava, Val Müstair: Die höchsten Gipfel des Tals präsentieren sich in herbstlichem Morgenlicht, Motoren heulen auf, Sägeketten pfeifen und die ersten der insgesamt 61 Startenden der diesjährigen Bündner Holzhauereimeisterschaften sind bereit. Während sich drei anwesende WM-Teilnehmer an der Spitze des Tagesklassements ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten, kam auch die Geselligkeit nicht zu kurz und es konnten in gemütlichem Rahmen Kontakte gepflegt werden. Jörg Clavadetscher
Mit dabei an diesem Tag waren auch die beiden viertplatzierten der Holzhauereiweltmeisterschaft 2018 in Lillehammer, Karl Ennemoser (Aktive, Itali en) und natürlich Enrico Netzer (U24) aus Savo gnin sowie weitere WM-Teilnehmer. Die durch wegs stark besetzte Gästekategorie vermittelte dem Wettkampf zusätzliche Spannung und die Topathleten aus unserem Kanton wurden so noch mals zusätzlich gefordert. Obwohl der diesjährige Wettkampf nicht mit der Lehrabschlussfeier kom biniert wurde, nahmen 16 junge Bündner in der Nachwuchskategorie teil. Die erfolgreichsten unter ihnen erzielten sehr gute Resultate und dürften auch bei künftigen Berufswettkämpfen wieder von sich hören lassen. Bei den Aktiven musste Arno Jl lien in Valchava seinen Bündner Meistertitel, den er vor zwei Jahren in Arosa noch verteidigen konn te, abgeben. Enrico Netzer sägte überragend, ver besserte seine erzielte Punktzahl im Vergleich zur WM in Lillehammer trotz 20 Strafpunkten um sat te 58 Punkte und liess sich mit deutlichem Vor sprung zum Bündner Meister 2018 krönen. Die Tagesbesten der beiden Kategorien Lehrlinge (U24) und Aktive qualifizierten sich an diesem Tag für die Schweizer Meisterschaft 2019 in Luzern. Dank des grossartigen Einsatzes von über 50 Schiedsrichtern und Helfern auf dem Wettkampf
Höchste Präzision beim Kombischnitt von Orlando Lerch.
(Bild: L. Conrad)
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Jules Weibel beim Entasten.
platz, im Wettkampfbüro, in der Festwirtschaft und in der Küche konnte ein reibungsloser Wettkampf ausgetragen werden. Es bereitete Freude zu sehen, dass sich auch eine beachtliche Anzahl Forstleute unter dem Motto «dabei sein zählt» am Wettkampf beteiligte. Der Holzhauereiwettkampf ist ja nicht «nur» ein rein sportlicher, sondern auch ein kollegialer und gesellschaftlicher Anlass für das gesamte Forstpersonal. Bei Steinbockfleisch, Spätzli, Wein, Bier, Kaffee und Kuchen konnten Wettkämpfer und Zuschauer an diesem Oktobersamstag manch gemütliche Minute ver-
(Bild: L. Conrad)
bringen oder aber auch angeregte Diskussionen führen. Es ist zu hoffen, dass diese Wettkämpfe auch künftig einen wichtigen forstlichen Treffpunkt im Terminkalender darstellen. Die anwesenden Vertreter des SwissTeams stellten sich am Sonntag, 7. Oktober in verdankenswerter Art und Weise für einen kleinen Show-Wettkampf zur Verfügung. Diese Vorführung stellte am jährlich stattfindenden Erntedankfest in Valchava dann auch einen Höhepunkt dar und wurde von über 500 begeisterten Zuschauern mitverfolgt.
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Die detaillierten Ranglisten der Bündner Holzhauereimeisterschaft 2018 und viele Bilder sind auf der Homepage des Vereins Graubünden Wald zu finden. www.graubuendenwald.ch Das OK bedankt sich herzlichst bei allen Sponsoren, Helferinnen, Helfern, Wettkämpfern und auch bei den interessierten Zuschauern!
Der Kombischnitt von Frederic von Arx passt.
Jörg Clavadetscher ist Revierförster im Forstbetrieb Val Müstair und durfte bei den Bündner Holzhauereimeisterschaften 2018 das Amt des OK-Präsidenten übernehmen.
(Bild: L. Conrad)
In der Funktion des Schiedsrichters gibt Enrico Netzer das
Das Siegerpodest der Aktiven (v. l.): 2. Platz Arno Jllien,
Startkommando.
1. Platz Enrico Netzer, 3. Platz Orlando Lerch. (Bild: A. Conrad)
(Bild: L. Conrad)
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Das Siegerpodest der Lehrlinge (v. l.): 2. Platz Armando Santacaterina, 1. Platz Gian Tschuor, 3. Platz Nicolas Brunies.
(Bild: A. Conrad)
Die gezeigten Leistungen werden genaustens bewertet. Beim Präzisionsschnitt.
(Bild: L. Conrad)
(Bild: L. Conrad)
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Der kompakte Platz liess einen Wettkampf auf zwei Bahnen zu und war Basis für einheitliche Bedingungen. (Bild: L. Conrad)
Das Speaker-Duo kommentierte den Wettkampf kompetent und in spannender Art und bediente das Publikum mit interessanten Informationen.
(Bild: L. Conrad)
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Arno Jllien sägt den Fallkerbgrund.
(Bild: L. Conrad)
Stefano Pellegrini aus Italien beim Start zum Präzisionsschnitt.
(Bild: L. Conrad)
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Zeigen Sie uns Ihr Waldtalent
Wettbewerb Und so können Sie teilnehmen*:
› Ein eigenes Waldbild auf Instagram laden › Das Bild mit dem Hashtag #MultitalentWald markieren
› Das Bild erscheint dann auf Zeigen Sie uns, welches Talent der Bündner
unserer Social Wall (den Link
Wald für Sie hat. Gesucht werden die
dazu finden Sie auf der Webseite
besten Waldbilder, die mit dem Hashtag
www.multitalentwald.ch) und
#MultitalentWald auf Instagram gepostet
kann dort geliked und kom-
werden. Während eines Jahres – von Juli
mentiert werden
2018 bis Juni 2019 – wird jeden Monat eine Fotografin oder ein Fotograf für das WaldTalent-Bild des Monats ausgezeichnet.
Monatlich wird ein Bild zum «Bild des Monats» gekürt und auf der Webseite www.multitalentwald.ch und bei
Mehr zu den verschiedenen
Facebook publiziert. Die Gewinnerin
Talenten des Bündner Waldes
oder der Gewinner erhält ein kleines
erfahren Sie unter
Geschenk.
multitalentwald.ch
*Die Teilnahmebedingungen finden Sie unter www.multitalentwald.ch
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Prost, auf die guten alten Zeiten! Der Kreisförster ist im heutigen Forstdienst nur noch eine nostalgische Figur. Als der Bündner Forstdienst aufgebaut wurde und längst noch nicht jede Gemeinde Graubündens einen Revierförster angestellt hatte, ernannte Kantonsforstinspektor Johann Wilhelm Fortunat Coaz 1852 die ersten zehn Kreisförster. Ihnen waren mehrere Gemeinden mit ihren Revierförstern unterstellt und gleichzeitig waren dadurch alle Gemeinden minimal beförstert. Daraus entwickelten sich jene Forststrukturen, welche wir heute kennen. Nur die Kreisförster wurden mit der Reorganisation des Bündner Forstdienstes am Anfang dieses Jahrhunderts zu Regionalforstingenieuren. Spezialisierungen wurden eingeführt und die alte Rolle des Kreisförsters neu gedacht.
Ein frisch gebrautes Jubiläumsbier bildet den Abschluss zu Ehren von Coaz in diesem Jahr. Es handelt sich um ein Pale-Ale-Bier der Bannwald Brewery aus Igis mit Fläscher Weisstannennadeln. Das Bier kann ab sofort in Igis beim Brauer Brian Amster gekauft werden. Haltbar ist es bis am 18. August 2019 – dem Todestag von Johann Coaz. Prost und Viva Coaz. Mehr Infos zur Brauerei unter www.bannwald.ch Sandro Krättli war nie Kreisförster, aber er trinkt seit seinem 16. Lebensjahr Bier mit Genuss.
Michael Gabathuler und Brian Amster im Fläscher Tann
Das «Kreisförster», Pale-Ale-Bier mit Weisstanne, ist in der
wald bei der Ernte der Waldbierzutat.
Flasche und im frischen Ausschank erhältlich.
(Bilder: S. Krättli)
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40 Jahre vollen Einsatz für den Trinserwald Am 1. Juli 1978 hat Christian Malär (Hitsch) die Stelle als Gemeindeförster in Trin angetreten. Diesen Sommer ging er nun in Pension. 40 Jahre leistete er vollen Einsatz für den Trinserwald. In dieser Zeit haben sich die Rahmenbedingen im und um den Wald rasant verändert. Die Holzpreise haben sich halbiert und die Löhne verdoppelt. Auf den Strassen, die der Wald schützt, fahren doppelt so viele Autos. Die Holzproduktion hat an Bedeutung verloren. Biodiversität, Schutz- und Erholungswald stehen heute im Zentrum. Hitsch hat diese Entwicklungen vorausgesehen und sich laufend den neuen Herausforderungen gestellt. Zudem musste er mit ansehen, wie Stürme (1981, 1986, 2013) und ein grösserer Waldbrand (2010) den Wald versehrten. Dabei bewies er sich als Troubleshooter und war massgeblich an der erfolgreichen Bewältigung der Schadensereignisse beteiligt. Matthias Kalberer
Zusammen mit der Trinser Bevölkerung konnte Hitsch zahlreiche Projekte verwirklichen. Fast alle Trinser haben im Rahmen von Schulprojekten auf der Alp Mora oder an Wald- und Heckentagen viel über die Natur und den Wald gelernt und selbst tatkräftig angepackt – eine Fichte im Schutzwald
gepflanzt oder Waldränder entlang von Trockenwiesen gepflegt. Für dieses Engagement im Bereich der Umweltbildung hat sich die Gemeinde Trin – Forstdienst, Lehrerschaft, Behörden, Spezialisten und begeisterte Freiwillige – den Binding-Preis 2004 verdient. Hitsch war auch von
Christian Malär in Scrausch bei Trin-Digg, einem seiner Lieblingsplätze.
(Bild: Johann Clopath)
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Anfang an am Aufbau des Bergwaldprojekts beteiligt. Das Bergwaldprojekt macht Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit in der ganzen Schweiz und über die Grenzen hinaus. Es scheint jedoch kein Zufall zu sein, dass dessen Zentrum in Trin steht und letztes Jahr neu eröffnet werden konnte. Mit der Bevölkerung im Rücken konnte die forstliche Infrastruktur laufend ausgebaut werden. Die Lawinenverbauungen auf Alp Mora und Steinschlagverbauungen entlang der Verkehrswege wurden laufend unterhalten und erweitert. Neben zahlreichen Rückegassen und Maschinenwegen konnte unter anderem der Oberwaldweg, die Haupterschliessung des Schutzwaldes, als lastwagentaugliche Strasse ausgebaut werden. Zweimal durfte sich Hitsch am Bau eines Forstwerkhofs beteiligen. Nach der Fusion des Forstbetriebs mit den
Flimsern zu Flims Trin Forst wird der vor rund 20 Jahren erstellte Forstwerkhof ausgebaut und mit einem Neubau erweitert. Der Werkhof soll noch dieses Jahr in Betrieb genommen werden. Trin besitzt einen gut funktionierenden Forstbetrieb mit modernen Infrastrukturen. Die Gemeinde ist bestens gerüstet für die kommenden Herausforderungen im und um den Wald. Hitsch, wir danken dir für die 40 Jahre mit vollem Einsatz für den Trinserwald – auf das Erreichte darfst du auch ein «bisschen» stolz sein. Für die Zukunft wünschen wir dir und deiner Familie nur das Allerbeste. Matthias Kalberer ist Regionalforstingenieur beim Amt für Wald und Naturgefahren GR und unter anderem auch für die Gemeinde Trin zuständig.
Das gesamte «Bündner Wald»-Team bedankt sich bei Ihnen für Ihre Lesetreue und wünscht eine frohe und ruhige Weihnachtszeit und alles Gute fürs neue Jahr.
(Bild: J. Clavadetscher)
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In Memoriam Peter Philipp-Fischer 1. Juni 1927 – 4. Januar 2018 Ich begegnete ihm – Revierförster Peter Philipp – zum ersten Mal Anfang der 70er-Jahre an der oberen Waldgrenze unterhalb der Alp Salaz. Etwas schien da nicht in Ordnung zu sein, er war ungeduldig und gestikulierte mit beiden Händen. Ohne grosse Rhetorik kam er auf den Punkt. Das Projekt Wald-Weide-Regelung stand vor dem Abschluss. Aber die Zaunführung im Grenzbereich zur Alp behagte ihm nicht. Zudem eröffnete er mir als zuständiger Sektionschef für das forstliche Bauwesen beim Kanton seine Sicht der Dinge bezogen auf die forstlichen Bauvorhaben in seinem Forstrevier. Eine Kaskade trat er los – er zählte mir Projekte auf in allen Richtungen und Dimensionen – mir wurde ein forstliches Baumenü serviert für beinahe drei Jahrzehnte. Ich befasste mich an diesem Tage mit der Zaunführung und wir kamen einvernehmlich zu einem sichtlich guten Ergebnis. Er war sehr befriedigt. Und alles Weitere in Sachen forstliche Bauten folgte der Reihe nach später. Peder Spinatsch
Peter Philipp wurde am 1. Juni 1927 als Sohn von Revierförster Josef und Annalisa Philipp-Schädler in Untervaz geboren, wo er mit drei Geschwistern aufwuchs und die Volksschule besuchte. Als guter Schüler stand ihm ein Studium offen. Nach zwei Jahren an der Kantonsschule in Chur gab er dieses Vorhaben jedoch auf. Seine Vision war nicht zuletzt dank seinem handwerklichen Geschick die praktische Arbeit, wenn möglich in der freien Natur. Mit 21 Jahren durfte Peter den Forstkurs besuchen. 1950 trat er als Revierförster in die Fussstapfen seines Vaters und übernahm das Forstrevier Untervaz, welches er während 40 Jahren mit Herzblut und viel Engagement führte. Nicht nur dem Waldbau widmete er seine volle Aufmerksamkeit – seine Waldbilder zeugen auch von einem feinen Gespür wie Holzqualität erwirtschaftet werden kann. Das heisst Ökologie und Ökonomie mussten bei ihm im Gleichklang stehen. Er war aber auch
(Bild: Martin Schulthess)
ein gewiefter Techniker. Unter seiner Leitung wurde ein erheblicher Teil der Walderschliessung realisiert, Rüfen und Runsen verbaut und auch die Lawinenverbauung Stelli – welche uns manches Kopfzerbrechen bereitete – konnte erstellt werden. Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Forstdienst konnte die eingangs erwähnte Projektkaskade erheblich reduziert werden. Peter Philipp fühlte sich auch der Allgemeinheit verpflichtet. Er war einige Jahre Mitglied des Grossen Rats. Politisch engagierte er sich vor allem für die Dorfgemeinschaft. Zudem war seine Stimme und Handschrift in etlichen Kommissionen und Vereinen gefragt, so unter anderem bei der Selva und als Präsident des Bündner Forstvereins. Seine Voten waren kurz, prägnant und unmissverständlich – hie und da auch mit einer Prise Witz und trockenem Humor versehen.
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1954 heiratete Peter seine geliebte Käthi Fischer, die ihm drei Söhne und eine Tochter schenkte. Die Familie war sein grosser Stolz, er setzte sich mit grosser Fürsorge und Besonnenheit für deren Wohl ein. Seine Leidenschaft und Begeisterung galt auch der Jagd – diese begleitete ihn sein ganzes Leben. Viele schöne Stunden verbrachte er mit Jagdkollegen, darunter zwei seiner Söhne, oder mit der Familie im Ferienhäuschen auf Pradawald. Auch schwere Schicksalsschläge blieben ihm nicht erspart. Sein Sohn Walter erlag 2004 einem Krebsleiden, vier Jahre später erlitt seine Frau Käthi einen Hirnschlag. Dadurch wurde auch Peters Leben in eine andere Richtung gelenkt. Zudem wurden auch ihm die Tücken des Alters bewusst und muss-
te er – wenn auch mit Ungeduld – feststellen, wie auch seine Kräfte schwanden. Nach einem kurzen Spitalaufenthalt verstarb Peter am 4. Januar 2018. Die grosse Menschenmenge, die am 8. Januar 2018 in Untervaz von Peter Philipp Abschied nahm, zeugte von Dankbarkeit, Respekt und Anerkennung gegenüber einer Persönlichkeit, die mit Weitsicht und Umsicht in weitem Umkreis nachhaltige und bleibende Spuren hinterlassen hat. Er war ein Flims-Laax-Faleraer-Fachmann und ein liebenswerter Freund und Kollege.
Blick von Quarten über den Walensee (SG): Herbstverfärbung verschiedener Laubbäume mehrheitlich auf flachgründigen Standorten.
(Bild: A. Rigling, 15. August 2018)
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Nekrolog Nicolin Bischoff-Gredig 8 avrigl 1924 – 28 mai 2018 1977 durfte ich das Gebirgspraktikum in Ramosch bei Nicolin Bischoff absolvieren und 1980 zusam men mit ihm für das Gebirgswald Projekt GWP der Gebirgskantone und des Bundes arbeiten. Viele offene Gespräche in der «stüvetta» von Nicolin und Antonetta, unzählige Feldbegehungen und gemeinsame Arbeiten haben mich beruflich und persönlich geprägt. Hansjörg Weber
Nach Abschluss des Gymnasiums, Typus B, an der Kantonsschule Chur (1945) studierte Nicolin an der ETH Forstwirtschaft, war Praktikant bei Dr. Ernst Krebs in Winterthur (1948/49) und bei Not Luzi in Ramosch (1949) und erhielt 1950 das Di plom und die Wählbarkeit für eine höhere Forstbe amtung. Noch im selben Jahr wurde er von der Gemeinde Ramosch als Forstingenieur angestellt. Oft hat mir Nicolin erzählt, dass seine Leidenschaf ten eigentlich bei Botanik, Natur und Kultur liegen, dass er sich aber seit Beginn seiner beruflichen Laufbahn praktisch nur mit technischen Arbeiten befassen musste. Es erstaunt daher nicht, dass er oft auf dem Hin- und Rückweg zu den Baustellen botanisierte, Natur und Kulturlandschaft beobach tete und die Freizeit für Nachforschungen auf die sen Gebieten nutzte. 1962 wurden die technischen Verwaltungen von Ramosch und Tschlin aufgelöst und Nicolin Bi schoff wurde als Kreisförster für den Forstkreis 24 Ramosch/Tschlin/Samnaun gewählt. Mit Tschlin und Samnaun haben die technischen Tätigkeiten nochmals zugenommen, waren doch die Aufarbei tung der Folgen des Lawinenwinters 1951 und des Waldbrands von Martina erst am Anfang. Neue technische Anlagen wie die elektrische Verbin dungsleitung Engadin–Tirol oder die Skigebietser schliessung Samnaun bewirkten weitere forstliche technische Massnahmen für die Gewährung der Basiserschliessung und den Schutz der Infrastruk turen. Trotz allem hat sich Nicolin immer genügend
Nicolin Bischoff.
(Bild: zVg)
Zeit genommen für eine gewissenhafte, standort kundlich fundierte Waldpflege. Gegenhangbe trachtungen, generelle Seilkranerschliessungspla nungen und Absteckung der Seillinien vor der Schlaganzeichnung sowie Situationsbeurteilungen nach ausgeführten Massnahmen waren für ihn un abdingbare Voraussetzungen für pflegende und sta bilitätsfördernde Eingriffe in das Ökosystem Wald. 1979 wurde Nicolin Bischoff als Leiter des Gebirgs waldprojekts GWP von Bund und Gebirgskanto nen berufen und war in dieser Funktion bis 1989 tätig. Im Schlussbericht GWP «Begründung und pflegliche Nutzung von Gebirgswäldern» sind die gesammelten Erfahrungen und Resultate zusam mengefasst. In Dankbarkeit wurde die 7. Arbeitsta gung der schweizerischen Gruppe Gebirgswald pflege 1990 in Ramosch Nicolin Bischoff «unserm Lehrer im Wald» gewidmet.
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Interesse, Beobachtungsgabe und eigene Nachforschungen führten zu zahlreichen Publikationen zur Archäologie und Kulturlandschaft des Unterengadins, zur botanisch-floristischen Entwicklung im Unterengadin und über den Schweizerischen Nationalpark. Nicolin war Ehrenmitglied der Forschungskommission des Schweizerischen Nationalparks, erhielt 1989 die Kasthofermedaille der Pro Silva Helvetica, 1991 einen Anerkennungspreis des Kantons Graubünden sowie die Ehrung Mérite
Alpin des Festival international du Film Alpin Les Diablerets und wurde 1993 Ehrenmitglied der Schweizerischen Botanischen Gesellschaft. Wir verlieren mit Nicolin Bischoff einen ausgewiesenen Experten des Gebirgswaldes, aber auch einen Menschen, der andere mit seinem Drang zum offenen Gespräch und seinem guten Einfühlungsvermögen begeistern konnte. Ich werde Nicolin stets in bester Erinnerung behalten.
Thayngen (SH): Frühzeitige Herbstverfärbung und Laubfall bei Buche, Hagebuche, Bergahorn und verschiedenen Sträuchern.
(Bild: A. Rigling, 11. August 2018)
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37. Skipostenlauf fürs Forstpersonal Datum und Ort Samstag, 23. März 2019, Skigebiet Weisse Arena Flims Laax Falera Veranstaltung Riesenslalom und Postenarbeit Zeit 8.15 bis 9.45 Uhr: Startnummernausgabe Talstation Flims beim Eingang zum Arena-Express 9.30 bis 10 Uhr: Besichtigung RS auf der Trainings piste vom Crap Sogn Gion in Richtung Plaun 10.15 Uhr: Start Riesenslalom Ab ungefähr 14.30 Uhr: Rangverkündigung auf Plaun Zugelassene Sportgeräte Alle Arten von Schneesportgeräten – alles, was einem Ski ähnlich sieht. Wettkampfbedingungen Teilnahmeberechtigt sind alle im Bündner Forstdienst oder bei Forstunternehmen tätigen Personen und deren Frauen, Männer, Freunde, Freundinnen, Kinder sowie Mitglieder von Graubünden Wald. Allgemeine Infos Kategorie Damen, Herren, Lehrlinge, Kinder
Anmeldung Mit Anmeldetalon bis 8. März 2019 an: Amt für Wald und Naturgefahren Loëstrasse 14 7000 Chur Tel. 081 257 38 61 E-Mail: info@awn.gr.ch Startgeld Damen und Herren: 15 Franken Lehrlinge: 8 Franken Kinder: gratis Bezahlung des Startgelds sowie der speziellen Tageskarten bei der Startnummernausgabe. Preis für spezielle Tageskarte Erwachsene: 45 Franken Jugendliche 13 bis 17 Jahre und Lehrlinge: 30 Franken (Lehrlingstarif nur bei Vorweisen des Lehrlingsausweises) Kinder von 6 bis 12 Jahre: 15 Franken (ID wegen Kontrollen mitnehmen) – Startnummern- und Ticketausgabe finden beim Eingang zum Arena-Express an der Talstation Flims statt. – Postenarbeit, Verpflegungsstand und Rangverkündigung finden auf der Hochebene Plaun hinter dem Restaurant statt.
Anmeldetalon: 37. Skipostenlauf fürs Forstpersonal Name Vorname Ort Jahrgang Kategorie Sportgerät Ort/Datum Unterschrift Ich brauche eine Tageskarte
Ich habe eine Tageskarte
Bis 8. März 2019 an: Amt für Wald und Naturgefahren, Sekretariat, Loëstrasse 14, 7000 Chur, Telefon 081 257 38 61, E-Mail: info@awn.gr.ch
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Vorschau Bündner Wald Februar 2019 Fotografie im Wald Fotografieren ist nicht gleich fotografieren. Noch vor wenigen Jahren bemühten wir uns bei jedem Foto, ein aussagekräftiges Motiv zu suchen und dass das ausgewählte Objekt dann auch sprichwörtlich im richtigen Licht stand. Heute ist das anders. Auf Ski-, Velo- und Töffhelmen sitzen Kameras, die Erlebtes aufzeichnen können. Was damit gemacht wird, ist mir ehrlich gesagt manchmal ein Rätsel. Die Bearbeitung von Bildern ist im digitalen Zeitalter einfacher und beinahe jedes Bild darf auf seine Ursprünglichkeit angezweifelt werden. Man muss aber nicht einfach alles «a priori» in Frage stellen und schlecht reden. Schöne Bilder dürfen einfach auch Freude bereiten und es braucht trotz allem immer noch ein gutes Auge. Redaktion: Jörg Clavadetscher Vorschau auf die nächsten Nummern: April 2019: Versammlungsnummer «Graubünden Wald» in Maienfeld Redaktion: Mario Lucchinetti Juni 2019: Waldschutz Redaktion: Jörg Clavadetscher Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden und der SELVA. Verleger: Südostschweiz Presse und Print AG,Wald, Südostschweiz CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Christophe ahnhofplatz 1, CH-7302 Herausgegeben von Graubünden Amt fürPrint, Wald und Naturgefahren Graubünden undTrüb, derBSELVA. Landquart, Telefon + 41 (0)Production AG, 81 300 22 44, buendnerwald Redaktoren: Jörg Clava detscher, Revier forestal da Val Müstair, CH-7535 selva-gr.ch CH-7007@Chur Sekretariat: SELVA, Bahnhofplatz 1, Verlag: © Somedia Amanda Feltscher, Valchava, Telefon + 41 (0) 81 858 58 21, forestal-muestair @ bluewin.ch. Sandro Krättli, AWN GR, Sagastägstrasse 96, CH-7220 Schiers, Telefon
CH-7302 Landquart, Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @ selva-gr.ch Redaktoren: Jörg Clavadetscher,
+ 41 (0) 81 300 24 11, sandro.kraettli @ awn.gr.ch.
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