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Faustregeln für die Verfahrenswahl

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Motorsägen Dok

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Von der Theorie in die Praxis – Faustregeln für die Verfahrenswahl

Es ist nicht nur Aufgabe der Förster und Försterinnen, die waldbaulichen Ziele zu erfüllen, sondern auch für deren Umsetzung das richtige Holzernteverfahren zu wählen. An der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf werden angehende Förster und Försterinnen im Studiengang Forstingenieurwesen praxisnah auf diese Aufgabe vorbereitet.

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Johannes Jakob

Fast jede Försterin und jeder Förster in Bayern hat an der Hochschule Weihenstephan studiert. Der Bachelorstudiengang Forstingenieurwesen existiert seit nunmehr zwölf Jahren an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Die Vorlesungen werden durch zahlreiche praxisnahe Übungen ergänzt. Zudem finden fächerübergreifende Exkursionen zu Waldstandorten in Süddeutschland fast jedes Semester und zusätzlich im europäischen Ausland statt. Besonders wichtig ist dabei der Austausch mit Personen aus der Praxis wie Förstern, Forstunternehmern, Behörden wie Forstämtern und Forschungseinrichtungen (Rothe & Vogl 2011). Während des Studiums beschäftigen sich die Studierenden systematisch mit unterschiedlichen Holzernteverfahren, der Planung und Umsetzung von Holzerntemassnahmen, der Maschinenkostenkalkulation und der Holzerntelogistik. Eine zentrale Aufgabe der zukünftigen Försterinnen und Förster ist es nämlich, sich für das geeignete Holzernteverfahren zu entscheiden. Ziel dieses Beitrags ist es, die Faustregeln für die Verfahrenswahl, die man im Studium lernt, zu erläutern. Den aussenstehenden Praktikerinnen und Praktikern soll damit ein kleiner Einblick in die forstliche Ausbildung an der Hochschule Weihenstephan gewährt werden. Die Vielzahl der bestehenden Holzernteverfahren lassen sich nach bestimmten Kriterien systematisch einteilen. Die Einteilung hier wurde nach der Hangneigung gewählt. So werden im Folgenden Faustregeln für die Verfahrenswahl in ebenen Lagen (< 25 Prozent), im Hangübergangsgelände (25 Prozent bis maximal 55 Prozent) und in nicht befahrbaren Lagen (> 55 Prozent) erläutert. Bewusst wurde darauf verzichtet, Holzernteverfahren detailliert zu beschreiben oder gar zu vergleichen.

Ebene Lagen (<25 Prozent) Im Flachland sind bis zu einer Hangneigung von ca. 25 Prozent sowohl motormanuelle, teilmechanisierte als auch vollmechanisierte Verfahren möglich. Während im Kleinst- und Kleinprivatwald oftmals noch motormanuelle Verfahren durch den Eigentümer selbst durchgeführt werden, kommen bei entsprechend grösseren Entnahmemengen und Bearbeitungsflächen in der Regel teil- und vollmechanisierte Verfahren zum Einsatz. Für eine effiziente und kostendeckende Durchforstung werden im Flachland Harvester und Forwarder eingesetzt. Bei entsprechendem Rückegassenabstand und Kranreichweite ist dies vollmechanisiert möglich. Auf das Zufällen durch einen Waldarbeiter kann verzichtet werden. Die eingesetzten Maschinen bringen mehrere Tonnen auf die Waage. Der Königstiger allein 28 Tonnen und ein Forwarder mit Zuladung fast 40 Tonnen. Es ist daher sehr wichtig, eine gute und wirkungsvolle Erschliessung zu haben, um Bestand und Boden zu schonen. Die folgenden Grundsätze für die Erschliessung haben sich bewährt:

Hangübergangsgelände (> 25 Prozent bis 55 Prozent) Der Bereich zwischen 25 Prozent und maximal 55 Prozent wird als Hangübergangsgelände bezeichnet. Traktionsseilwinden erhöhen die mögliche Hangneigung unter Berücksichtigung der Abrutschsicherheit, verringern die Hangabtriebskraft und ermöglichen das Befahren im Hangübergangsgelände mit konventionellen Maschinen wie dem Harvester und Forwarder. Die untere Grenze von 25 Prozent ist die bodenökologische Grenzneigung, bei der Scherschäden durch die Reifen der Forstmaschinen vermieden werden können. Die obere Grenze ist die absolute Grenzneigung, bei der sichergestellt wird, dass etwa ein voll beladener Forwarder beim Reissen des Traktionsseils dennoch sicher steht und nicht rutscht. Die Festlegung der oberen und unteren Grenze ist jedoch stark abhängig von Bodenwassergehalt und Skelettanteil und daher nicht allgemein gültig. Je feuchter der Boden

Grundsätze der Feinerschliessung

–keine flächige Befahrun –bestandesübergreifende und systematische Feinerschliessung –Berücksichtigung standörtlicher, naturschutzfachlicher und kultureller Besonderheiten zum Beispiel Quellen, Altholzinseln und Bodendenkmäler –dauerhafte Kennzeichnung und Dokumentation der Rückegassen (evtl. Einmessen mit GPS) –Rückegassen sind dauerhaft befahrbar zu halten –Vermeidung von Grundbruch –vorhandene Feinerschliessung bestmöglich in das neue systematische Erschliessungsnetz integrieren und je geringer der Skelettanteil, desto kleiner sind die bodenökologische und absolute Grenzneigung (Jacke & Hittenbeck 2010). Durch den Einsatz von Traktionsseilwinden wird der Einsatzbereich von konventionellen Harvester und Forwarder auf stärker geneigte Hänge erweitert.

Nicht befahrbare Lagen (> 55 Prozent) Zwar können mit Traktionsseilwinden die absolute Grenzneigung nach oben verschoben und damit der Einsatz von Harvester und Forwarder mit Radantrieb und Kettenantrieb auf Hänge ausgeweitet werden, dennoch besteht eine Grenze bei 55 Prozent Hangneigung. Auch bei Blocküberlagerung und feuchten bzw. nassen Böden können jene Maschinen nicht eingesetzt werden. Auf solchen Flächen und im Mittel - und hauptsächlich Hochgebirge werden Seilkrananlagen eingesetzt. Auf die Vielzahl der Seilkrananlagen neben Besonderheiten wie Yarder und Gebirgsharvester wird in diesem Beitrag nicht eingegangen. Eine gute Hilfestellung für die Verfahrenswahl bieten die Grenzkennziffern der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Bayern.

Fazit Checklisten, Faustregeln und Zahlen geben eine gute Hilfestellung in der Praxis. Insbesondere helfen sie Neulingen und Berufseinsteigern bei der Wahl des Holzernteverfahrens. Aber auch der erfahrene Routinier greift darauf zurück. Dennoch gilt: keine Regel ohne Ausnahme. In Einzelfällen ist es etwa sinnvoller, die bestehende Erschliessung

Tabelle 1: Grenzkennziffern der LWF ( Raab 2002) Verfahren Untergrenze Holzanfall Bergaufbringung 0,35fm/lfm Min.70fm/ Trasse Bergabbringung 0,5fm/lfm Min.130fm/ Trasse Langstrecke 1fm/lfm

mit Rückegassen zu übernehmen und keine neue zu erarbeiten, auch wenn die alte weder systematisch noch gut ist. Ausserdem sollten zuständige Försterinnen und Förster berücksichtigen, welche Maschinen vor Ort verfügbar sind und bei zukünftigen Eingriffen verfügbar sein werden, um die Feinerschliessung an die Grösse der Maschinen und das Holzernteverfahren anzupassen. Für forstliches Fachpersonal ist es unerlässlich, die Faustregeln für die Wahl des Holzernteverfahrens zu kennen und bei jeder Hiebsplanung zu berücksichtigen. Durch die ständige Weiterentwicklung der Technik und der Verfahren gilt es einzelfallweise zu entscheiden, welches Verfahren am besten geeignet ist, die bisherigen Holzerntemassnahmen zu bewerten und gegebenenfalls die angewandten Holzernteverfahren zu hinterfragen und zu optimieren.

Johannes Jakob ist Absolvent im Studiengang Forstingenieurwesen der Hochschule Weihenstephan. Während seines Berufspraktikums am Amt für Wald und Naturgefahren in Graubünden lernt er nicht nur neue Faustregeln für den forstlichen Alltag, sondern überprüft die gelernten aus dem Studium auf Plausibilität.

Literatur Jacke, H., & Hittenbeck, J. (2010). Potential for energetic optimization under forest machine carriages. Forst und Holz, 65(2), 10–17. Raab, S. (2002). Aktuelle Holzernteverfahren am Hang. Bayer. Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Rothe, A. & Vogl, R. (2011). Forstliche Ausbildung an der HSWT. LWF aktuell, (83), 7–9.

Heilkopter im Einsatz

Meistens ist der Holztransport mit dem Helikopter eine wertvolle Ergänzung zu anderen Rückemethoden. Was Effizienz und Bestandesschonung anbelangt, ist der Helikopter nicht zu übertreffen.

Gabriel Richner / Dani Brägger

Damit die Rotationszeit verkürzt werden kann ist eine Gute Planung im Vorfeld entscheidend. Der Abladeplatz sollte dafür genügend gross bemessen sein.

(Bild: Vincenzo Galati, Forst Trin-Flims)

Werden Nutzungen geplant, kann der Helikopter grossflächig oder sehr spezifisch eingreifen. Sei es zugunsten der Naturverjüngung, zur Schonung von Bestand und Boden oder wenn der nachhaltige Waldbau oberste Priorität hat. Mit dem Helikopter erreichen Sie diese Ziele. Ein Holzschlag kann äusserst schonend und objektbezogen ausgeführt werden. Zuzugsdistanz und Fällrichtung spielen keine Rolle, denn der Helikopter fliegt zum Holz. Wer kennt das nicht? Ereignisse wie die Stürme «Burglind» oder «Vaia» haben erhebliche Schäden im Wald angerichtet. Zwangsnutzungen wie Sturmholz, Streuschäden, Käferholz sind die Folge. Diese können flächendeckend sein oder nur einzeln verteilt. Um dem Borkenkäfer möglichst wenig Brutmaterial zu überlassen, muss das Holz schnell aus dem Wald gebracht werden. In diesem Fall kann der Helikopter seine Stärke ausspielen. Schnell, effizient und schonend wird das Holz aus den Wäldern geflogen. Feinerschliessungen sind nicht nötig, topografische Hindernisse werden überflogen und die Bodenbeschaffenheit spielt keine Rolle. Mit dem Helikopter fliegt das Holz auf dem Luftweg weiter und kommt sauber und in langer Form zum Abladeplatz. Wenn Bäume aus Platz- oder Sicherheitsgründen nicht mehr gefällt werden können, liegt die Lösung in der Luft. Mit dem stehenden Abtransport werden die Bäume sicher und effizient entfernt. Ausser Sägemehl bleibt eigentlich nichts zurück. Dieses Verfahren ist eine schnelle und vor allem sanfte Eingriffsmethode – sei es bei Häusern, Strassen, oder im Waldbestand. Spezialfälle werden ent

Vor jedem Einsatz wird der Tankplatz und der Abladeplatz, durch den Projektleiter besichtigt.

fernt, der Nebenbestand geschont. Weiter können Sperrungen von Strassen und Wegen sehr kurz gehalten werden.

Rotex Helicopter AG Die Firma Rotex Helicopter AG mit Sitz in Balzers FL und Kägiswil OW betreibt drei K-Max-Helikopter mit einer Nutzlast von je 2700 kg. Zu jedem Helikopter gehört eine Crew von fünf bis sechs Leuten. Für die Betankung steht pro Helikopter ein Tanklastwagen zur Verfügung. Im Weiteren bietet die Rotex den Exklusivservice von JCB–Helitrac’s an. Ist der K-Max am Holzfliegen, gehört der Helitrac zur Rotex-Dienstleistung, wodurch der Helikopter effizienter und die Arbeit auf dem Platz sicherer wird. Durch das gestapelte Holz ist auch eine optimale Weiterverarbeitung gewährleistet. Heute arbeiten bei der Rotex Helicopter AG rund 45 Personen. Wir blicken auf über 20 Jahre Erfahrung im Bereich Unterlastflüge mit dem Helikopter zurück. Seit der Gründung haben wir den Fokus immer auf die Transportfliege ei gesetzt. Zu unseren Kernaufgaben gehört der Holztransport «Logging». In der Nebensaison ist die Spezialholzerei – die Stehendbaumentnahme – ein wichtiges Standbein geworden. Mit dem K-Max-Helikopter, welcher auffallend leise daherkommt und verhältnismässig wenig Abwind erzeugt, fliegen wir bis 550 Tonnen Holz an einem Tag. Regelmässig kommt unsere selbst entwickelte Holzzange zum Zug. Diese ist in Europa einmalig und kann vielfältig eingesetzt werden. Sei es bei verkeiltem Schwemmholz am Brückenpfeiler, Holz

Im Heliport in Balzers verschafft sich der Projektleiter D.Brägger den Überblick über das Einsatzgebiet.

in Bachläufen, Lawinen oder Rutschgebieten. Damit sich das Personal nicht im Gefahrenbereich aufhalten muss, wird die Holzzange «Grapple» sehr geschätzt. Mithilfe dieser hydraulischen Zange kann der Pilot, welcher diese vom Cockpit aus steuert, die Lasten von oben ansteuern, packen und ausfliegen. Dies alles selbstständig und ohne Gefahr für Personen. Nebst den forstlichen Arbeiten gibt es natürlich noch viele zusätzliche Transportflüge. So transportieren wir beispielsweise Seilwinden, Gittermasten, Bagger usw. Bei Montageflügen sind wir in den Bergen und Städten anzutreffen, sei es auf Gebirgsbaustellen, in Skigebieten oder bei Flügen von Kälteanlagen mitten in der Stadt. Nutzen Sie die langjährige Erfahrung unserer kompetenten Mitarbeiter. Gemeinsam finden wir Lösungen für Ihr Projekt. Bei uns erhalten Sie alle Leistungen aus einer Hand – von der Beratung bis zur Vollendung des Auftrags.

Dani Brägger und Gabriel Richner arbeiten als Projektleiter bei der Firma Rotex Helicopter AG.

Jede Baustelle wird vor Ort durch den Projektleiter besichtigt, damit bei Einsatz möglichst kein Leerläufe entstehen. (Bilder: Mario Lucchinetti)

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