16 minute read

Die Entwicklung der Forsttechnik

Der Bergkanton Graubünden mit seinen ausgedehnten Wäldern bot der Bevölkerung vieles. Als «Lieferant» von Holz, das von alters her mit dem Menschen verbunden ist, ermöglichte der Wald Siedlungen und Bewirtschaftung des Bodens in den abgelegenen und zum Teil abgeschnittenen Tälern. Neben der sehr wirkungsvollen Brandrodung zur Urbarmachung des Bodens waren auch die Werkzeuge für das Fällen von Bau holz für Häuser, Ställe und vieles mehr von grosser Bedeutung.

Jürg Hassler

Advertisement

Am Beispiel der Säge ist die stete Entwicklung der Holznutzung eindrücklich nachzuerzählen. Beile begleiten den Menschen schon seit Jahrtausenden auf dem Weg seiner Entwicklung. Anders die Säge, die sich erst mit der Erfindung des Metalls nach und nach zu einem wichtigen und wirkungsvollen Werkzeug bei der Holznutzung entwickelte. Holz und Mensch, Baum und Mensch, aber auch Wald und Mensch gehören seit Urzeiten zusammen. So bot der Wald dem Menschen Schutz, das

Joss Thöni aus Schiers schärft seine Waldsäge auf etwas ungewohnte, aber sicher praktische Art.

Holz Wärme und Waffen und der Baum Nahrung. Um an diese Produkte zu gelangen, war der Mensch seit alters her gezwungen, das Holz zu bearbeiten oder Bäume zu fällen. Wenn die Werkzeuge aus Stein, vor mehr als 100000 Jahren auch sehr einfach waren, so dienten sie bestens der Holzbearbeitung. Das Prinzip der Fälltechnik mit dem Beil blieb sich über viele 10000 Jahr e gleich. So verwendete man ausschliesslich Beile, Dexel und Äxte in unterschiedlichen Ausführungen zum Fällen und Bearbeiten der Bäume. Es liegt auf der Hand, dass die Säge im eigentlichen Sinn erst erfunden werden konnte, als das Metall in seiner benötigten Härte erfunden war. Dies war deshalb erst in der Bronzezeit der Fall. Äxte und Beile entwickelten sich allerdings schon in der Kupferzeit zu effektiven Werkzeugen, aber auch zu Waffen. Ein wichtiges Kriterium für metallene Werkzeuge war sicher die erleichterte Möglichkeit, diese zu schärfen. Mussten Steinwerkzeuge mit anderen Steinen über längere Zeit nachgeschärft werden, konnte bei metallenen Werkzeugen mit Feilen und Steinen innert kürzerer Zeit ihre Schnittleistung wieder hergestellt werden. Nachweise von ersten Sägen sind auf Abbildungen aus dem alten Ägypten vor ca. 3500 Jahren vor Christus bekannt. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass Sägen bis vor ca. 200 Jahren ausschliesslich in den Werkstätten von Holzbearbeitern, Schreinern, Zimmerleuten, Küfern, Wagner, Bogen- und Armbrustbauern usw. Verwendung fanden. Anders als die Säge waren Beil, Axt und Gertel die Werkzeuge für die Holzernte und die Waldarbeit. Damit wurden Bäume gefällt, Stämme getrennt, Äste von den Stämmen entfernt, aber auch Äste und Reisser als Viehfutter von den Bäumen heruntergeschnitten. So alt die Erfindung der Säge auch ist, so konservativ war ihre Entwicklung bis in die Neuzeit. Auf den Abbildungen in den ersten Quellen bei den Ägyptern sind Sägen zu erkennen, die die bekannte Dreieck- oder Wolfszahnzahnung aufweisen. Dieser Säge- beziehungsweise Zahntyp blieb über

Ein Waldarbeiter mit seiner Hobelzahnsäge im Holzschlag bei Pagig 1948.

Johann Brunner-Walser ca.1950 mit einer Hunziker-Motorsäge.

(Bilder: Sammlung Amt für Wald und Naturgefahren)

mehrere Tausend Jahre gleich und entwickelte sich nicht weiter. Nur das Metall änderte sich. Dieser Sägetyp lässt sich anschliessend beinahe lückenlos über die Römer ins Mittelalter bis in die heutige Zeit weiterverfolgen. Waren die ersten Sägen wie erwähnt aus Bronze, wurden Sägen im Zeitalter der Römer aus dem wesentlich härteren Eisen hergestellt. Somit wurden sie auch wirkungsvoller. Die Verwendung der Sägen mit der Dreieckzahnung auf sogenannten Wald- oder Zweimannsägen für die Waldarbeit ist frühestens seit dem 16. Jahrhundert belegt. Davor sind keine Beweise vorhanden, dass für das Fällen von Bäumen Sägen verwendet wurden. Finanzielle und soziale Strukturen, aber vor allem Traditionen in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Bevölkerung werden wohl auch das Ihre dazu beigetragen haben, dass sich die Säge und damit eine Effizienzsteigerung bei der Waldbewirtschaftung lange Zeit nicht durchsetzen konnte. Obwohl Grundeigentümer und Politik immer wieder darauf gedrängt hatten, beim Fällen und Trennen der Stämme die holzsparenden Sägen und nicht die Axt einzusetzen, gelang dieses Vorhaben erst ab dem Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Dann wurde die Axt an vielen Orten in den Holzschlägen durch die «Waldsäge» abgelöst. Das Fällen und Trennen der Stämme mit der Axt, das sogenannte «Kerbhauen», verursachte je nach Holzart einen Holzverlust bis zu 20 Prozent. Erst im Zeitalter der Industrialisierung und im Laufe der kommerziellen Holznutzung in Amerika wurde Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts die Hobelzahnsäge erfunden (die Geburtsstunden der Seilkräne und -bahnen fanden kurze Zeit später, zu Beginn des 20. Jahrhunderts statt). Die Hobelzahnsäge eroberte nur langsam die Bündner Wälder. Das mag verschiedene Gründe gehabt haben. Zum einen konnte sich der Erwerb einer neuen Säge aus finanziellen und wirtschaftlichen Gründen nicht jeder Waldarbeiter leisten. Zum anderen kann es durchaus sein, dass die neuen, modernen Sägen, die auch eine weitaus grössere Schnittleistung aufwiesen, sich über den Handel nicht so schnell in alle Täler des Kantons

verbreiteten. Bei den Hobelzahnsägen war die Schnittleistung dank der Hobelzähne grösser. Die Hobelzähne waren gleich lang wie die beiden Vorschneidezähne links und rechts und hobelten die Schnittbreite in der Tiefe von circa 1 mm auf dem Schnittgrund heraus. Gleichzeitig räumten sie die Sägespäne aus dem Sägenschnitt. Dass die Sägespäne hinausbefördert werden konnten, ohne dass sie im Schnitt die Säge verklemmten, war zwischen den einzelnen Zähnen genügend Platz vorgesehen. Da es von diesen Hobelzähnen einen bis zwei nach jeden Vorschneiderpaaren hatte, konnte mehr Holz durch jeden Zug auf jeder Seite entfernt werden. Bei einer guten Schnittleistung wurden etwa 4 bis 8 cm lange «Nudeln» aus dem Schnitt befördert. Dies ganz anders mit den alten Sägen mit Dreieckzahnung, bei denen nur Sägemehl entstand. Je nachdem wie harzhaltig das Holz war, musste man die Sägeblätter mit Petroleum bestreichen, damit das Harz nicht auf dem Metall festklebte oder sich wieder vom Sägeblatt löste. Andernfalls war es nicht mehr möglich, in regelmässigen Zügen die Säge durch den Schnitt zu ziehen, denn die Säge blieb stecken. Hobelzahnsägen etablierten sich etwa seit den 1920er-Jahren in Graubünden und wurden schätzungsweise bis in die 1950er-Jahre verwendet. Dann begann der Siegeszug der Motorsägen. Die ersten gebrauchsfähigen, aber nur für vertikale Trennschnitte einsetzbaren Kettensägen wurden schon in den 1920er-Jahren entwickelt und angeboten. Ihr Einsatz war sehr beschränkt und nur für vertikale Trennschnitte an Stämmen die am Boden lagen, einsetzbar. Der Grund für diesen beschränkten Einsatz war der sogenannte Schwimmervergaser, der die Benzinzufuhr in den Brennraum mit einem Schwimmer regelte. Drehte man den Motor aus der Vertikalen, wurde die Zufuhr des Brennstoffs unterbrochen und der Motor stellte ab. Dazu kam, dass die sperrigen und unhandlichen Geräte von zwei Mann bedient werden mussten. Aufgrund der Bedienung und des Gewichts (bis 60 kg) verbreiteten sich diese Modelle verschiedener Hersteller nicht rasend schnell im Gebirgskanton Graubünden, da, wo alles noch weit in den Wald und die Hänge hinauf- oder hinuntergetragen werden musste. Nur nach und nach tauchten einzelne dieser Sägen auf. Sie wurden mehrheitlich auf Holzlagerplätzen verwendet, wenn es darum ging, 4 bis 6m lange Trämel in kürzeres Brenn- oder Papierholz zuzuschneiden. Mit den Motorsägen verschwand auch die Ruhe auf dem Arbeitsplatz Wald. Das Singen der Waldsäge und der Klang der regelmässigen Axthiebe wurden nach und nach durch das Knattern der Motoren verdrängt. Die Waldarbeiterromantik war dann Ende der 1950erund zu Beginn der 1960er-Jahre definitiv Geschichte. Damals begannen die noch heute bekannten Motorsägenhersteller Stihl Husqvarna, Solo, Dolmar, Mc Culloch usw. mit tragbaren, bis 25 kg schweren, Einmannmotorkettensägen auf den Markt und in den Wald zu drängen. Somit hatte nun die Motorsäge die Waldsäge, nur gut 125 Jahre nachdem diese sich endlich bei der Waldarbeit durchgesetzt hatte, wieder verdrängt. Inzwischen hatten sich die Arbeitsverhältnisse bereits etwas verändert und die Waldarbeiter arbeiteten nicht mehr nur als Accordanten, sondern waren nun bei den Gemeinden als Waldarbeiter angestellt. Somit mussten sie ihre Maschinen nicht selber erwerben, da diese durch den Arbeitgeber angeschafft und den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wurden. Auch die Löhne und die Holzpreise entwickelten sich in der Hochkonjunktur der Nachkriegszeit zum Besseren. Dass sich der eine oder andere Berufsmann seine eigene Motorsäge anschaffte, in der Hoffnung, dass sich die Investition durch die höhere Leistung im Holzschlag dann auch auszahle. Mit den höheren Stückzahlen, die verkauft wurden, wurden die Maschinen auch erschwinglicher. Die Innovationen in der Technik, im Gewicht, beim Vibrationsschutz und bei der Lärmbelastung wurden durch den Konkurrenzdruck der Anbieter immer besser. Gleichzeitig wurden die

Motorsägen, durch die Erfahrungen aus Unfällen und besserem Material, auch immer sicherer. So sind heute die zugelassenen Motorsägen um ein Vielfaches leichter und mit Vibrationsschutz, Kettenfangbolzen, Kettenstopp und zum Teil mit Sicherheitsketten ausgerüstet. Die Technik machte ja bekanntlich auch bei der Motorsäge nicht halt. Der Preisdruck und die kontinuierliche Weiterentwicklung in der Holzerntetechnik führten schon zu Beginn der 1980er-Jahre zu den sogenannten Erntemaschinen mit Prozesserköpfen, die den Baum sowohl vom Stock trennten, entasteten und anschliessend in die verschiedenen Sortimente zersägten. Waren am Ende des 20. Jahrhunderts diese Maschinen noch für flaches und wenig geneigtes Gelände konzipiert, sind heute Maschinen im Einsatz, die sich mittels Seilwinden (Traktionswinden) in sehr steilem Gelände bewegen und von den Rückegassen aus das Holz ernten. Handwerkzeug wie die Axt, der Zapi und der Kehrhaken sind grossmehrheitlich aus dem Arbeitsalltag eines Forstwarts verschwunden. Waldsägen, Waldaxt und Handwerkzeuge finden zurzeit nur noch in der Waldpädagogik, in der Umweltbildung, in Handholzereikursen oder an Veranstaltungen für die Bevölkerung (Öffentlichkeitsarbeit der Forstbetriebe) ihren Einsatz. So wenig man früher an einen Joystick gedacht hat, geschweige denn einen bediente, so wenig bedient man sich heute noch der wenigen vielseitigen Holzerwerkzeuge. Gleichzeitig ist auch die Fertigkeit verloren gegangen, mit diesen Werkzeugen umzugehen. Heute kann sich der Berufsmann andere Fähigkeiten aneignen und schlussendlich dem Arbeitsort Wald treu bleiben, um das Produkt Holz in seiner vielfältigen Anwendbarkeit weiterhin für den Endverbraucher aus dem Wald zu bringen.

Jürg Hassler ist Förster und interessiert an der Forstgeschichte.

ANZEIGE

Erosionsschutz für die Ewigkeit

Heinrich Hassler-Gurt, Georg Eggler und Gregor Prantner (v.l.), zersägen (ca.1965 ) mit einer Einmannmotorsäge auf dem Holzlagerplatz unter dem Schulhaus in Maladers Brenn- und Papierholz. (Bild: Sammlung Jürg Hassler)

Massgeschneiderter Erosions- und Steinschlagschutz von SYTEC

Wir übernehmen und verwerten · Grüngut aller Art · Strauch- und Baumschnitt · Neophyten · Kronen- und Astmaterial aus der Forstwirtschaft

Wir empfehlen uns für · Biotoppflege · Wasserrand- und Auenpflege · Heckenpflege · Böschungspflege · Nieder- und Mittelwaldbewirtschaftung

Wir produzieren und liefern · INKoh, die Pflanzenkohle aus Graubünden, «ökologisch-nachhaltig- wirkungsvoll»

Maienfeld | Tel 081 555 80 00 www.inega.swiss

Biomasse sammeln, aufbereiten, veredeln. Janin Eggenberger Leiter Biomasse/Logistik

Für jeden Einsatz haben wir die passende Maschine.

Eco-log 590D mit Traktionswinde Eco-log 550D John Deere 1510E mit Traktionswinde John Deere 1010E John Deere 1490D Hacker Albach Diamant 2000 Skidder John Deere 748U mit Rückekran Bobcat mit Seilwinde und Zubehör

Ihr Spezialist für die vollmechanisierte Holzernte am Hang!

Volktrans GmbH Neulöserweg 5 7205 Zizers Tel: 079 246 52 16 Mail: info@volktrans.ch www.volktrans.ch

Einsatzmöglichkeiten für Traktionshilfswinden in der Holzernte

Seilgestützte Harvester und Forwarder sind als innovatives Holzerntesystem im Übergangsbereich zwischen befahrbarem Gelände und Steilhang mittlerweile weitverbreitet. Die Seilunterstützung soll die Schlupfbildung der Räder unterbinden und ein kontrolliertes Fahren in der Trasse ermöglichen. Somit kann die Holzernte in steilerem Gelände sicherer und pfleglicher durchgeführt werden.

Thomas Holzfeind, Dr. Franz Holzleitner, Dr. Karl Stampfer

Sinkende Deckungsbeiträge in der Holzernte und gleichzeitig hohe Kosten sind eine ständige Herausforderung für die Forstbetriebe. Die kostenintensive Holzernte mittels Seilgerät ist bei der Waldbewirtschaftung in steilem Gelände nach wie vor nicht wegzudenken. Im Übergangsbereich zwischen befahrbarem Gelände und Steilhang besteht seit einigen Jahren jedoch die Möglichkeit, seilgestützte Harvester und Forwarder einzusetzen. Wie sich dieses Holzerntesystem auf die Wirtschaftlichkeit, den Boden und die Arbeitssicherheit auswirkt, wird im Rahmen eines EU-Projekts (www.tech4effect.eu) untersucht.

Verschiedene Arbeitsweisen möglich Grundsätzlich bestimmt die Lage der Forststrasse in Bezug zum Einsatzort die Arbeitsweise. Liegt der Einsatzort unterhalb der Forststrasse, so kann das Traktionshilfsseil direkt oberhalb der Forststrasse an einem geeigneten Anker (Baum beziehungsweise Baumstumpf) befestigt werden. Befinde sich der Einsatzort oberhalb der Forststrasse, so

Abbildung 1: Arbeitsweise bei der seilgestützten Holzernte mit Harvester und Forwarder (links: Harvester arbeitet bergauf– Forwarder rückt bergab; rechts: Harvester arbeitet bergab – Forwarder rückt bergauf).

muss das schwere Traktionshilfsseil zum oberen Trassenende gezogen und dort an einem geeigneten Anker befestigt werden (Abbildung 1). Sofern vorhanden, kann dies mittels einer an der Maschine montierten Hilfswinde mit Kunststoffseil durchgeführt werden. Dabei wird das Kunststoffseil noch an der Forstmaschine mit dem Traktionshilfsseil verbunden und die somit entstandene Schlaufe in eine am Gürtel des Maschinenbedieners befestigte Umlenkrolle gelegt. Nachdem der Maschinenbediener das obere Ende der Rückegasse erreicht hat, montiert er die Umlenkrolle am Anker und zieht mithilfe der funkgesteuerten Hilfswinde das schwere Traktionshilfsseil die Rückegasse hinauf. Dieses wird dann mittels Anschlagmittel (zum Beispiel Rundschlinge etc.) und Schäkel am Anker befestigt (Abbildung 2). Ist die Traktionshilfswinde des Harvesters frontseitig montiert, so kann nur bergauf gearbeitet werden. Befindet sich die Traktionshilfswinde am Heck, so ist ein Arbeiten nur bergab möglich. Beim Forwarder befindet sich die Traktionshilfswinde unter der Ladefläche, wobei ein Arbeiten bergauf als auch bergab möglich ist. Alternativ stehen auch selbstfahrende Traktionshilfswinden zur Verfügung, die sowohl mit dem Harvester als auch mit dem Forwarder kombiniert werden können.

Einsatzgrenze bei 70 Prozent Hangneigung Im Allgemeinen bestimmen die Boden- und Witterungsverhältnisse den Einsatzbereich von Traktionshilfswinden. Um eine Gefährdung von Mensch und Maschine auszuschliessen, sollte ein Einsatz nur bis zu einer Hangneigung erfolgen, bei der im Falle eines Seilrisses oder Ankerversagens noch ein sicherer Stand der Maschine gegen Abrutschen in der Trasse gewährleistet ist. Zur Feststellung der kritischen Hangneigung kommt dem unterstellten Traktionskoeffizient entscheidende Bedeutung zu. Traktionskoeffizienten können beispielsweise nach Hittenbeck (2013) für verschiedene Bodenarten ermittelt werden. Bei trockenen, festen Böden, welche meist einen Traktionskoeffizienten von 0,7 aufweisen, ist eine sichere Befahrung mit einer 32-Tonnen-Maschine bis ca. 70 Prozent Hangneigung durchführbar . Sollten jedoch schlechte Boden- beziehungsweise Witterungsbedingungen vorherrschen (nasse,

A B

Abbildung 2: Hinaufziehen des Traktionshilfsseils mittels Hilfswinde (A) und das Befestigen des Traktionshilfsseils am Ankerbaum (B).

weiche Böden – Traktionskoeffizient < 0,4) kann die Grenze einer sicheren Befahrbarkeit bereits unter 40 Prozent Hangneigung erreicht werden (Visser und Stampfer 2015).

Bessere Traktion schont Boden Erste Untersuchungen zur Spurrinnenbildung (sieben Messungen pro Geländeneigungsstufe ausgehend von der Streuauflage und nach Entfernung des losen Boden- und Astmaterials) zeigen, dass unter guten Bedingungen die Spurrinnentiefe erst ab einer Geländeneigung von 70 Prozent überproportional zunimmt. Diese Ergebnisse unterstützen die zuvor gemachten Überlegungen zur Einsatzgrenze und unterstreichen den positiven Effekt der Traktionsunterstützung auf die Bodenpfleglichkeit Unabhängig von der Geländeneigung führt die Verwendung einer Traktionshilfswinde immer zu einer Reduktion des Schlupfs. Somit kann es durchaus Sinn machen, Traktionshilfswinden aus Gründen der Bodenschonung auch in ebenem Gelände zu verwenden.

Keine auffälligen Spannungsspitzen im Seil Sowohl beim Harvester als auch beim Forwarder konnten bislang keine kritischen Spannungsspitzen festgestellt werden. Lediglich der Wechsel zwischen Fahr- und Kranbewegungen verursacht kleinere Spannungsspitzen. Dies kann wohl auf die nicht perfekte Synchronisation zwischen Trägermaschine und der Traktionshilfswinde zurückgeführt werden. Auch Hindernisse (zum Beispiel Wurzelstöcke) in der Fahrspur, welche zu ungleichmässigen Bewegungen der Maschine führen, können Spannungsspitzen verursachen. Beim Harvester können kleinere Spannungsspitzen ausserdem durch die Fällung eines Baums auf das gespannte Traktionshilfsseil oder während der Aufarbeitung bei direktem Kontakt des Baums mit dem Traktionshilfsseil auftreten. Bei den bisher durchgeführ

Abbildung 3: Seilgestützter Forwarder Komatsu 840TX in steilem Gelände

Abbildung 4: Produktivität des seilgestützten Forwarders in Abhängigkeit von Stückvolumen und Rückedistanz.

(Bilder und Grafiken: A chiv BoKu)

ten Untersuchungen waren die zuvor genannten Spannungsspitzen jedoch vernachlässigbar, da die Mindestbruchkraft des Traktionshilfsseils bei Weitem nicht erreicht wurde (Holzleitner et al. 2018, Mologni et al. 2018).

Geringere Produktivitäten als in befahrbarem Gelände In Abhängigkeit vom Baumvolumen können mit seilgestützten Harvestern Produktivitäten von 5 bis 32 m³/PSH15* erreicht werden (Brandtner 2018). Mit seilgestützten Forwardern können in Abhängigkeit von Stückvolumen, Fuhrenvolumen, Ladedistanz, Geländeneigung und Rückedistanz Produktivitäten von 5 bis 21 m³/PSH15* erreicht werden (Holzfeind et al. 2018) (Abbildung 4). Vergleiche mit anderen Studien zeigen, dass seilgestützte Maschinen ohne Berücksichtigung der Seilmontage etwas geringere Produktivitäten aufweisen als konventionelle Maschinen. Die leicht geringeren Produktivitäten sind wohl auf den Einfluss des Seiles im Arbeitsbereich und auf das steile Gelände zurückzuführen.

Zusätzliche Kosten durch Seilmontage Abgesehen von der leicht geringeren Produktivität gegenüber dem befahrbaren Gelände verursacht die Seilmontage noch zusätzliche Kosten. Untersuchungen zeigen, dass beim seilgestützten Harvester mit einem Zeitbedarf für die Seilmontage von ca. 13 bis 14 Pr ozent der gesamten Arbeitszeit zu rechnen ist (Brandtner 201 8). Die Seilmontage beim Forwarder nimmt mit ca. 9 bis 10 Prozent etwas weniger Zeit in Anspruch, da das Traktionshilfsseil schon durch die freigeschnittene Trasse des Harvesters gezogen werden kann (Holzfeind et al. 201 8). Die durchschnittliche Montagezeit des Traktionshilfsseils beträgt 36,4 Minuten für den Harvester (Brandtner 2018) und 21,6 Minuten für den Forwarder (Holzfeind et al. 201 8). Bei unterstellten Systemkosten für den Harvester von 168,5 €/PSH15* (Brandtner 2018) und 110,7€/PSH15* für den Forwarder (Holzfeind et al. 2018) betragen die Kosten für die Seilmontage somit im Durchschnitt 142 € pro Rückegasse. Bei einem Holzanfall von 30 bis 140 m³ pro Rückegasse können die Kosten für die Seilmontage somit zwischen 1 und 5 €/PSH15* variieren.

Empfehlungen und Vorteile

–  Der Einsatzbereich seilgestützter Harvester und Forwarder umfasst sowohl schwieriges Gelände als auch sensitive Standorte. –  Traktionswindenbasierte Holzerntesysteme sind in ihrem Einsatzbereich gegenüber Seilgeräten ökonomisch überlegen. –  Überfällige Pflegemassnahmen (Du chforstungsrückstände) im Grenzbereich der Befahrbarkeit können dadurch kosteneffizient ealisiert werden. –  Ein Einsatz unter günstigen Boden- und Witterungsverhältnissen ist bis zu 70 Prozent Hangneigung ökologisch vertretbar. –  Die Bedienungsanleitungen der Hersteller oder Inverkehrbringer sind jedenfalls einzuhalten. –  Bodenschäden können durch einen Einsatz mit Seilunterstützung minimiert werden. –  Auch in Beständen mit hohen Böschungswinkeln und stark kupiertem Gelände empfiehlt sich der Einsatz –  Durch motor-manuelles Fällen verursachte Qualitätsverluste (Brüche) können verhindert werden. –  Reduzierte ergonomische Beanspruchung und erhöhte Sicherheit für Arbeiter verglichen mit motor-manuellem Fällen und anschliessendem Rücken mittels Seilgerät. –  Im Vergleich zur Seilnutzung im Baumverfahren verbleiben die Nährstoffe (Nadeln, Äste) im Bestand.

Literatur Brandtner N. 2018. Produktivitätsevaluierung des seilgestützten Harvesters John Deere 1170E. Masterarbeit. Universität für Bodenkultur Wien. 49S. Hittenbeck J. 2013. Estimation of trafficable grades from traction performance of a forwarder. Croat J For Eng. 34(1):71–81. Holzfeind T., Holzleitner F., Stampfer K. 2018: Vollmechanisierte Holzernte mit seilgestütztem Harvester und Forwarder. Kooperationsplattform Forst Holz Papier (FHP). 43S. Holzfeind T., Stampfer K., Holzleitner F., 2018: Productivity, setup time and costs of a winchassisted forwarder. Journal of Forest Research. 23(24):196–203. Holzleitner F., Kastner M., Stampfer K., Höller N., Kanzian C., 2018: Monitoring cable tensile forces of winch-assist harvester and forwarder operations in steep terrain. Forests. 9(2):53. Mologni O., Dyson P., Amishev D., Proto A.R., Zimbalatti G., Cavalli R., Grigolato S., 2018: Tensile Force Monitoring on Large Winch-Assist Forwarders Operating in British Columbia. Croatian Journal of Forest Engineering. 39(2):193–204. Visser R., Stampfer K., 20 15: Expanding groundbased harvesting onto steep terrain: a review. Croatian Journal of Forrest Engineering. 36(2):321–331.

Anschrift der Verfasser Dipl.Ing.Thomas Holzfeind Dipl.Ing.Dr. Franz Holzleitner Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr.Karl Stampfer Institut für Forsttechnik Department für Wald- und Bodenwissenschaften Universität für Bodenkultur Wien, Peter Jordan Strasse 82, A-1190 Wien thomas.holzfeind@boku.ac.at | franz.holzleitner@bou.ac.at | karl.stampfer@boku.ac.at

*Kubikmeter ohne Rinde pro produktive Systemstunde inklusive Unterbrechungen kleiner 15 Minuten

This article is from: