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Gerettete Landschaft 8/9 Meldungen aus Bayern
GERETTETE LANDSCHAFT
Die Mündung der Tiroler Achen in den Chiemsee ist das einzige Binnendelta dieser Größe und Ausprägung in Mitteleuropa. Obwohl seit 1954 unter Naturschutz, wollte die bayerische Staatsregierung in den 1970er Jahren eine Autobahn durch das Gebiet bauen. Der BUND Naturschutz kaufte drei Sperrgrundstücke und konnte die Zerstörung des Deltas letztlich verhindern. Wertvolle Lebensräume blieben dadurch erhalten, darunter auch Moorwiesen mit dem größten Vorkommen der Sibirischen Schwertlilie in Mitteleuropa.
6000 FÜR EINE ANDERE POLITIK
Etwa 6000 Menschen haben am 25. Juni unter dem Motto »Gerecht geht anders« in München gegen die Politik der G7Staaten demonstriert.
Trotz brütender Hitze zogen sie von der Theresienwiese durch die Ludwigsvorstadt, um für ihre Vorstellungen von einer gerechteren Welt zu werben. Aufgerufen hatte ein breites Bündnis von Verbänden und Organisationen, darunter auch der BN, Attac, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Greenpeace und die Welthungerhilfe. Gemeinsam forderten die Demonstrant*innen ein entschlossenes Vorgehen gegen den Klimawandel, die Zerstörung der Natur, Hunger, Armut und Ungleichheit. Außerdem forderten sie eine aktive Friedenspolitik. Der BNLandesbeauftragte Martin Geilhufe sagte, politische Entscheidungen konterkarierten die internationalen Klimaschutz und Nachhaltigkeitsziele. Er kritisierte die substanzlose Diskussion um eine verlängerte Nutzung der Atomenergie.
ERFOLG IM GLYPHOSAT-STREIT
Der BUND Naturschutz ist sehr erfreut darüber, dass die Käserei Goldsteig ihren milchliefernden Betrieben nun doch weiterhin den Einsatz von Glyphosat verbietet.
Im Frühling hatte das Chamer Unternehmen überraschend das seit vier Jahren geltende Glyphosatverbot gekippt. Nach deutlicher Kritik von Verbrauchern, Medien, Umweltverbänden, aber auch Lieferanten der Käserei hat Goldsteig seine Entscheidung im April wieder zurückgezogen. »Der Druck war offensichtlich zu groß – und das ist gut so!«, kommentierte der BNVorsitzende Richard Mergner die Entscheidung. Hier zeige sich, dass die Verbraucher ein deutliches Gespür dafür hätten, was gut für Mensch und Natur sei und was nicht. Das gefährliche Pflanzenschutzmittel Glyphosat habe in der Landwirtschaft nichts zu suchen. »Ich hoffe, dass dieses Signal auch bei denjenigen ankommt, die die nach wie vor auf dieses Gift setzen.«
Foto: AdobeStock/Dusan Kostic
HERDENSCHUTZ STATT ABSCHUSS
Den Vorstoß der Bayerischen Staatsregierung vom Juni diesen Jahres, den Wolf weniger streng zu schützen, lehnt der BN als wirkungslos ab.
»Die Staatsregierung nährt die falsche Hoffnung, mit dem Gewehr anstelle von Herdenschutzmaßnahmen ließen sich Weidetiere verlässlich schützen,« erklärt der BNWolfsexperte Uwe Friedel.
Der bayerische Wolfsbestand ist zudem viel zu klein, um an eine Bejagung nach dem Vorbild Schwedens in den nächsten Jahren auch nur zu denken. Die Entnahme einzelner Wölfe als Ultima Ratio des Wolfsmanagements ist bereits
Foto: Regina Reiter
Die stellvertretende BNVorsitzende Beate Rutkowski (2. vo. re.) besuchte gemeinsam mit Gisela Sengl, Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung der Grünen im Landtag, einen Almbauernbetrieb.
jetzt möglich und wird vom BUND Naturschutz mitgetragen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt seien.
Um wie von Umweltminister Thorsten Glauber gefordert die harte Arbeit der Weidetierhalter*innen für den Erhalt der Kulturlandschaft zu würdigen, muss die Staatsregierung auch die laufenden Kosten des Herdenschutzes fördern. »Ohne Zweifel ist der Herdenschutz in Steillagen besonders erschwert und nicht überall umsetzbar«, so Friedel weiter. »Gerade deswegen brauchen wir bestmögliche Rahmenbedingungen für den Herdenschutz, um die Zusatzbelastung zu reduzieren.«
Ökologische Landwirtschaft voranzubringen war ein Ziel des Volksbegehrens. Passiert ist seitdem aber zu wenig.
WENIG FORTSCHRITTE SEIT VOLKSBEGEHREN
Den staatlichen Artenschutzbemühungen stellte der BN am dritten Jahrestag des Volksbegehrens »Rettet die Bienen« ein negatives Zeugnis aus.
Es gebe keinerlei nachvollziehbare Bilanzen dafür, ob und wie sich die Situation der Arten in Bayern seit dem erfolgreichen Volksbegehren Artenvielfalt und dem zugehörigen Begleitgesetz vom 17. Juli 2019 tatsächlich verbessert habe, so der BNVorsitzende Richard Mergner. »Von ›Artenschutz pur‹ zu reden, ist wirklich der blanke Hohn im Angesicht von massivem Flächenverbrauch, von Abschussforderungen für Fischotter und Wolf und der Blockade ökologischer Verbesserungen in der Agrarpolitik.«
Ausgerechnet beim so wichtigen Biotopverbund gebe es die größten Defizite, kritisierte die BNArtenschutzexpertin Christine Margraf. »Es wurde kein einziger Biotopverbund neu geschaffen, der direkt im Zusammenhang mit dem Volksbegehren steht. Es werden lediglich bereits bestehende Flächen rechnerisch aufaddiert, um die Ziele auf dem Papier zu erreichen.« Auch beim Ökolandbau brauche es stärkere Bemühungen. Wenn der Biolandbau weiterhin wie in den vergangenen drei Jahre wachse, erreiche die Ökofläche 2030 lediglich einen Anteil von 17,5 statt der beschlossenen 30 Prozent.
DEUTLICH WENIGER AMPHIBIEN
Die ersten Ergebnisse der diesjährigen Amphibienwanderung sind alarmierend: Bei einer aktuellen Umfrage berichtete eine Reihe von BN-Orts- und Kreisgruppen von einem starken, teils sogar sehr starken Rückgang der an den Schutzzäunen eingesammelten Frösche, Kröten und Molche.
Um diesem Trend entgegenzuwirken, müssen vor allem Amphibienlebensräume erhalten werden, fordert der BUND Naturschutz. Außerdem müsse die ökologische Landwirtschaft weiter ausgebaut werden, weil vor allem der Pestizideinsatz und der Mangel an Insekten den Tieren zu schaffen mache. Uferrandstreifen und die Verbesserung des Biotopverbundes trügen ebenfalls dazu bei, Bayerns Amphi
Foto: Thomas Stephan
bienbestände fit für eine Zukunft zu machen, in der zunehmend trockene Frühjahre und Sommer zu erwarten sind. Aber auch von der Wiederherstellung der natürlichen Auendynamik an bayerischen Flüssen in Verbindung mit natürlichem Hochwasserschutz würden Amphibien stark profitieren.
MITMACHEN! BAYERNWEITER RADENTSCHEID
Zum Weltfahrradtag am 3. Juni 2022 hat ein Bündnis aus Verbänden und Parteien einen bayernweiten Radentscheid gestartet.
Durch das Volksbegehren soll im Freistaat endlich der fehlende Rahmen für eine echte Förderung des Radverkehrs geschaffen werden. Denn obwohl sich die Bayerische Staatsregierung 2017 das Ziel gesetzt hat, den Radverkehrsanteil bis 2025 von zehn auf 20 Prozent zu verdoppeln, hat dieser bisher nur um einen Prozentpunkt zugenommen. Und auch bei der Umsetzung der erfolgreichen kommunalen Radentscheide geht zu wenig voran, weil Geld und Personal fehlen und überholte Gesetze rasche Verbesserungen verhindern. All dies will der Radentscheid Bayern mit einem Radgesetz ändern, das Staatsregierung und Kommunen verpflichtet, umweltfreundliche Mobilität praktisch umzusetzen. Start der Unterschriftensammlung war am 16. Juni.