Bild: Keystone, Steffen Schmidt
EN IT I S SE X 7 A IT P R M R V
UNTERNEHMER ZEITUNG
Nr. 6, Juni 2016 22. Jahrgang, Fr. 8.– www.unternehmerzeitung.ch
WELTHANDEL Neue Chancen: Die Schwellenländer kommen aus dem Schlingern, die Weltwirtschaft nimmt Fahrt auf. Mit der richtigen Strategie lassen sich auch die zunehmenden Handelshemnisse überwinden. Seiten 9 – 17
GEBÄUDELABOR Das NEST ist gemacht: Ein neuartiges Forschungshaus soll Innovationen im Bauwesen beschleunigen – eine ewige Baustelle. Seite 22
MOBILITÄT
PIUS BASCHERA, VR-PRÄSIDENT HILTI, IM INTERVIEW
SCHWELLENLÄNDER BLEIBEN ATTRAKTIV AB SEITE 9
Heute noch Trend, morgen schon Teil unseres Lebens? Mobilitätsforscher Thomas Sauter-Servaes über Shared Mobility. Seite 36
VR-PRAXIS Chief Happiness Officer Avieta Zgraggen weiss, was Mitarbeitende wirklich glücklich macht. Seite 48
Wenn jede Sekunde zählt... Auftrag/Rechnung, Lager, Buchhaltung, Lohn sikado.ch/krise
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INHALT
EDITORIAL
Ein Brexit nützt der Schweiz nicht Im Juni werden die Briten darüber abstimmen, ob ihr Land weiterhin der Europäischen Union angehören will. Im Vorfeld ist immer wieder gefragt worden, ob die austrittswilligen Briten sich vielleicht von der Schweiz inspirieren liessen, und ob ein Brexit der Schweiz letztlich nützen könnte. Die Antworten auf die beiden Fragen sind so einfach wie ernüchternd: nein und nein. Die Brexit-Befürworter wollen nicht weg von Brüssel, weil sie die Schweiz so lieben. Ganz im Gegenteil: Sie lieben nichts als ein altmodisches Bild ihres eigenen Landes und merken nicht, dass sie das moderne Britannien beschädigen. Es braucht nicht viel Fantasie: Wenn Grossbritannien die EU verlässt, wird es bald weder gross noch britisch, sondern nur noch englisch sein. Und die Schweiz wird es nicht besser haben in Europa, wenn die EU zwei Jahre damit beschäftigt sein wird, mit London den Scheidungsvertrag auszuhandeln. Es wird für sie geradezu ungemütlich, wenn die britische Krankheit auch noch andere Länder erfassen sollte, von Frankreich – dem kranken Mann Europas – über Kaczynskis Polen hin zu Orbans Ungarn. Vielerorts versprechen kleine Provinz-Putine ihren Wählern, mittels Abschottung reicher und glücklicher zu werden.
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KÖPFE UND KARRIEREN
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PODIUM THEMA: AUSSENHANDEL Das Wachstum geht weiter Auf gutem Fuss mit Fernost Eine klare China-Strategie Welthandel ausgebremst
9 –17 10 12 14 16
EUROPA EU-Skepsis auch im Norden Brexit: Die Kosten eines «Ja»
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EXPORT Autoland fördert Elektrofahrzeuge 22 Freihandel im Gegenwind 23 INNOVATION NEST: Neueröffnetes Gebäudelabor 24 ENERGIE Fünf Sterne für Energieeffizienz
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GELD Privatmarktanlagen lohnen sich Weitsichtige Nachfolgeplanung
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DIGITAL TV für die öffentliche Ausstrahlung 33 Optimiertes Prozessmanagement 34 MOBIL Zukunftsmarkt Shared-Mobility
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MARKETING Orell Füssli künftig Thalia-los
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PIONIERE Die Pionierin am Mikrofon
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MANAGEMENT UZ-Serie: Architektin Tilla Theus Produktkostenoptimierung
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UNTERNEHMEN Die maxon motor AG treibt an
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Dieses Europa der offenen Grenzen ist anspruchsvoll. Alte Sicherheiten gelten nicht mehr. Aber gerade ein Land wie die Schweiz mit ihren effizienten Strukturen und ihren gut ausgebildeten Bewohnern hat in einem offenen Europa mehr Chancen als Risiken. Sie muss die Chancen nur nutzen, statt sich ängstlich hinter Kontingenten und dem Inländervorrang zu verstecken.
VRPRAXIS A.Zgraggen: Zufriedene Mitarbeiter Technologiefonds für Klimafreunde Die Führungsebene wird älter Das Organisationsreglement Lohngleichheit neu definiert
48 50 52 53 54
Ja, eine Welle des nationalen Egoismus ist über Europa gefegt. Es ist Zeit, dass sie wieder abebbt. Die derzeit modischen Populismen gehören in die Mottenkiste der Geschichte.
WEITERBILDUNG Effizientes Sitzungsmanagement
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NETZWERKE Centre Patronal Swiss Venture Club (SVC) Unternehmer Forum Schweiz
58 59 60
EVENTS SwissECS 2016: 13.-14. September
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BÜCHER Theodor Itten: Grössenwahn
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10 FRAGEN AN F. Bencivenga, Benci Brothers
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KAPITALMARKT & IMPRESSUM DAS LETZTE
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Man muss nicht gleich ein gläubiger Anhänger des Neoliberalismus sein. Aber eines ist klar: Wenn Europa – und da gehört die Schweiz nun mal dazu – seinen Wohlstand halten will, dann geht das nur zusammen. Der offene und barrierefreie Austausch von Waren, Kapital, Dienstleistungen und Personen hat diesen Kontinent wohlhabend gemacht, und die Schweiz ganz besonders.
Steffen Klatt editorial@unternehmerzeitung.ch www.unternehmerzeitung.ch
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KÖPFE UND KARRIEREN
PRINCIPAL CONSULTANT Korn Ferry Schweiz hat FLORIAN T. WAGNER zum Principal Consultant befördert. Er stiess 2013 als Senior Consultant zum Personalberatungsunternehmen und war zuvor während mehrerer Jahre bei der Executive Consulting Group tätig. Zwischen 2002 und 2006 war der ehemalige Weltklasse-Langdistanz-Duathlet für Projekte im Corporate HR bei der CS verantwortlich und arbeitete bei der Stadtpolizei Zürich als Polizeipsychologie.
PROGRAMMDIREKTORIN Im November 2016 übernimmt die bisherige SRF-Kulturchefin NATHALIE WAPPLER beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) die Verantwortung für das TV-, Radio- und Online-Programm in den Bereichen Kultur, Jugend, Bildung und Wissen. Wappler stieg 2005 als Redaktorin und Produzentin vom «Kulturplatz» beim Schweizer Fernsehen ein und leitete später die «Sternstunde»-Formate. Wappler studierte Geschichte, Politik und Germanistik.
CREATIVE DIRECTOR Nexum Schweiz holt DANIEL UNGER in die Geschäftsleitung und ernennt ihn zum neuen Creative Director. Unger hat Kommunikationsdesign studiert und verfügt über einen Masterabschluss in Design Culture der ZHdK. Danach war er bei verschiedenen Kommunikations- und Digitalagenturen als Art Director und später als Creative Director im Einsatz. Für seine Tätigkeiten wurde er mehrfach ausgezeichnet.
PRÄSIDENT Die Mitgliederversammlung des Dachverbandes Schweizer Interim Manager (DSIM) wählte CLAUS H. WIDRIG zum neuen Präsidenten des Verbands. Widrig verfügt über langjährige Erfahrung in leitenden Funktionen und ist in verschiedenen nationalen und internationalen Wirtschaftsverbänden tätig. Zudem engagiert er sich seit vielen Jahren als Botschafter für die Swiss Cancer Foundation – Unternehmen im Kampf gegen Krebs.
FACHSPEZIALISTIN INTERNE KOMMUNIKATION Neue Verantwortliche Nachhaltigkeit und Fachspezialistin interne Kommunikation bei Hotelplan Suisse ist MICHÈLE HUNGERBÜHLER, die zuletzt in der Kommunikationsabteilung des Migros-Genossenschaftsbundes in Zürich tätig war. Hungerbühler verfügt über einen Bachelor in Publizistikund Kommunikationswissenschaften der Universität Zürich sowie einen Master in Organisationskommunikation der ZHAW.
DELEGIERTER DES VERWALTUNGSRATS Der promovierte Jurist CHRISTIAN ZÜND wurde vom Verwaltungsrat der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) zum neuen VR-Delegierten gewählt. Zünd, der über ein Anwaltspatent des Kantons Zürich verfügt, ist seit April 2016 CEO des Kaufmännischen Verbands. Von 2005 bis 2015 war er als Generalsekretär bei der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich tätig. Zünd beteiligte sich u. a. am Aufbau des Zürcher Sozialversicherungsgerichts.
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COUNTRY MANAGER SWITZERLAND Der Personalverleih STAFF FINDER AG
erweitert mit GIANNI VALERI seine Geschäftsleitung. Valeri wechselt von Adecco zu STAFF FINDER und tritt dort die neugeschaffene Stelle als Country Manager Switzerland an. Valeri verfügt über langjährige Erfahrung im Business Development und als Führungskraft. 2015 schloss er einen International Executive MBA mit Schwerpunkt General Management an der ZHAW ab.
LEITER ASSET MANAGEMENT Die Credit Suisse hat ERIC VARVEL zum neuen globalen Leiter Asset Management der Division International Wealth Management ernannt. Varvel ist bereits seit 25 Jahren bei der Credit Suisse tätig und war von 2008 bis 2014 auch Mitglied der Geschäftsleitung. Zuletzt war er Leiter Emerging Markets and Sovereign Wealth Funds und Senior Advisor des CEO.
INFO Mitteilungen für diese Rubrik: Text und Foto (300 dpi > 1MB) arbenz@unternehmerzeitung.ch
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Thomas Binggeli
Martin Kolmar
Bea Knecht
Š Thomas Koy
Anitra Eggler
Urs Fueglistaller
28 / OKTOBER 2016
Wilhelm Schmid
Christa Rigozzi
Luciano Marinello
SCHWEIZER KMU-TAG ST GALLEN
Patronat: Schweizerischer Gewerbeverband / economiesuisse / IHK St.Gallen-Appenzell / Kantonaler Gewerbeverband St.Gallen (KGV)
Veranstalter
Hauptsponsoren
Kommunikationspartnerin
Medienpartner
PODIUM
Wie für KMU gemacht EXPORT 4.0 Die vierte industrielle Revolution wird der internationalen Vernetzung der Schweizer Wirtschaft massiven Schub verleihen. Die von der Frankenstärke geplagten KMU haben die besten Karten, dabei ganz vorne mitzumischen. Bereits heute lässt sich der Export mit einfachen Tools digitalisieren. TEXT D A N I E L K Ü N G
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ie westliche Zivilisatunitäten, um von Industrie 4.0 tion hat bereits drei zu profitieren. Im Traditionsindustrielle Revolumarkt Deutschland werden getionen erlebt. Mit Inmäss einer PwC-Studie in den dustrie 4.0 hat die vierte gerade kommenden Jahren 40 Milliarden erst begonnen. Das Internet der Euro in Industrie 4.0-An Dinge hält Einzug in die Fabriken wendungen investiert werden. und macht die herkömmliche Die technologische VorreiternaMassenproduktion obsolet. Die tion USA sowie die Hightechdurchgängige Automatisierung orientierten Märkte Japan, Südkorevolutioniert die gesamte Wertrea und Singapur setzen ebenfalls schöpfungskette und die Art, auf die Digitalisierung ihrer Die Industrie 4.0 eröffnet KMU auch in Bezug auf den Export neue Chancen. wie Unternehmen über Grenzen Industrie. Schweizer KMU mit Bildquelle: Depositphotos.com, 3dmentat hinweg zusammenarbeiten und ihrer Reputation für qualitativ Kunden bedienen. Dies eröffnet hochwertige, präzise Nischenneue Chancen, insbesondere für KMU, die SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM DIGITALEN EXPORT lösungen können hier reüssieren. Industrie zum Beispiel leichter in globalen HerstellerKMU können schrittweise vorgehen und 4.0, das steht fest, wird unser heutiges netzwerken aktiv sein oder ihre Abnehmer mit einfachen Massnahmen beginnen. Verständnis von Export vollständig ummittels 3D-Druck direkt beliefern können, Buchen Sie schon morgen eine Weiterbilkrempeln. Die Produktion wird indi ohne auf Vertriebspartner angewiesen zu dung für geeignete Mitarbeiter oder ernenvidualisiert. Wertschöpfungsketten werden sein. Ihre Flexibilität und Nischenkompenen Sie einen Verantwortlichen, der die zu Netzwerken und Konkurrenten zu Parttenz prädestiniert KMU für die internatioDigitalisierung im Unternehmen vorannern. Im internationalen Geschäft wie im nal vernetzte Welt der vierten industriellen treibt! Nutzen Sie mehr digitale Tools und ganzen Unternehmen müssen wir heute Revolution. Noch nie hat es so viele AnsatzServices, um Ihren Export zukunftsfähiger beginnen, uns dieser werdenden Realität zu punkte für sie gegeben, global zu geschäften zu machen. Hier möchten wir von Switzerstellen. und zu wachsen. land Global Enterprise helfen: Gemeinsam Bereits heute trimmt die schwierige mit Google haben wir die Plattform Export Währungssituation Schweizer KMU auf Digital lanciert, die bei der Online-ReDER AUTOR Agilität und Effizienz. Industrie 4.0 biecherche von Absatzmärkten hilft und viele tet ihnen einen umfangreichen Baukasten Lernvideos zum digitalen Export bietet. Daniel Küng leitet zur Steigerung ihrer Produktivität. Ihre Längerfristig gilt es den Kunden im In- und seit 2004 als CEO die Geschicke von SwitzerInnovationsfähigkeit, ihre hohe industriAusland besser kennen zu lernen, über Branland Global Enterprise elle Wertschöpfung und der breite Techchengrenzen hinaus neue Technologien und (S-GE, ehemals Osec). nologieeinsatz rüsten sie hervorragend für Geschäftsmodelle zu eruieren und das eine Nach Abschluss seines die vierte industrielle Revolution. Doch oder andere Experiment zu wagen. SchliessStudiums an der HSG Kreativität ist gefragt, wenn die klassische lich müssen KMU auch die Beziehungen St. Gallen war Küng ab Definition von «Export» nicht mehr gilt. zu ihren internationalen Geschäftspartnern 1980 für zwei Jahre Denn die grössere Flexibilität und Effizienz überdenken, um die Grundlage für mehr bei Mercedes-Benz do Brasil in São Paulo tätig. 1982 gründete und hat auch Kehrseiten: Geschäftsmodelle Austausch von Daten und Knowhow zu führte er Beratungsgesellschaften in Brasilien stehen gnadenlos auf dem Prüfstand. Marschaffen. Konkurrenten können künftig zu und Portugal, spezialisiert auf grenzübergen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit Partnern werden. schreitende Geschäfte und Unternehmensananders erzielt als heute. Wer nicht mit der siedlungen aus dem Ausland. Küng engagierte vierten industriellen Revolution geht, der MITVERDIENEN AM AUFBAU VON INDUSTRIE 4.0 sich in diversen Handelskammerorganisatiowird gegangen. Das gilt nicht nur für die Insbesondere Technologieunternehmen aus nen und präsidierte die Portugiesisch-Schweizerische Handelskammer. Zulieferer aus MEM und ICT, sondern für dem MEM- oder ICT-Sektor eröffnen sich in alle Branchen. den kommenden Jahren konkrete OpporNr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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THEMA
Bildquelle: Depositphotos.com, 3dmentat
Globalisierung versus Lokalisierung VON S T E F F E N K L A T T
I
n den vergangenen drei Jahrzehnten ist die Richtung eindeutig gewesen: Die Wirtschaft wurde immer globaler und liberaler. Die Globalisierung schien eine Einbahnstrasse zu sein. In den westlichen Ländern wurde geforscht, entwickelt und mit ersten Pilotproduktionen getestet. Die eigentliche Produktion aber wurde zunehmend in Billiglohnländer verlagert, erst nach Osteuropa und dann nach Asien. Diese Länder wuchsen dank dieser Verlagerungen rasant, was wiederum die Globalisierung weiter antrieb. Und mit der Globalisierung wuchs der Welthandel. Heute ist das Bild komplexer. Die Schwellenländer, die bisher die verlängerte Werkbank des Westens gewesen waren, wachsen nicht mehr so schnell. Diejenigen Schwellenländer, die vor allem von der Förderung von Rohstoffen leben, schrumpfen sogar. Dabei läuft der Motor der Globalisierung schon lange im Leerlauf, im Grunde seit der Weltwirtschaftskrise von 2008/09. Nur überlagerten schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme diesen Leerlauf in den westlichen Ländern – die Schweiz als löbliche Ausnahme –, aber vor allem in China. Nun kann sich selbst das zentral gesteuerte China diesen Luxus nicht mehr leisten. Eine Folge: Der Protektionismus nimmt wieder zu. Selbst die Länder der G20, 2009 gerade zur Ankurbelung der Wirtschaft und des
Welthandels gegründet, schotten sich zunehmend ab. Die Schweiz ist leider keine Ausnahme. Aber die Schweizer Unternehmen leiden mehr darunter als ihre Wettbewerber in der EU und in den USA, weil sie keinen eigenen grossen Binnenmarkt haben. Sie müssen nun mit ihrer Produktion zunehmend dorthin gehen, wo ihre Kunden sitzen. Ein Paradoxon: Hat früher die Globalisierung die Verlagerung von Produktion ins Ausland getrieben, so ist es heute der Protektionismus. Das hat Folgen für die exportorientierten Unternehmen. Sie müssen in den verschiedenen Regionen der Welt präsent sein und sich an die jeweiligen Gegebenheiten anpassen. Die eine Lösung für die ganze Welt funktioniert nicht mehr. Wie sich Unternehmen anpassen, zeigt das Beispiel Hilti. Die Trendwende hat aber auch Folgen für die Standortförderung. Früher bestand ihre Aufgabe darin, im Namen der globalisierten Weltwirtschaft ausländische Unternehmen ins Land zu holen. Diese Aufgabe hat sie offiziell immer noch, aber es funktioniert immer weniger. Heute besteht die Aufgabe auch darin – auch wenn man nicht gern darüber spricht –, Schweizer Unternehmen bei ihrem Gang ins Ausland zu begleiten. Genauer gesagt: Es geht nicht mehr so sehr um Verlagerungen in die eine oder andere Richtung, sondern um das Knüpfen der richtigen Beziehungen zu potentiellen Kunden, Lieferanten und Partnern. Wie das gehen kann, zeigt etwa der Kanton Solothurn. Nr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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THEMA
Das Wachstum geht weiter SCHWELLENLÄNDER Der chinesische Wirtschaftsmotor stottert nicht mehr lange. Auch die Verlangsamung in anderen Schwellenländern wird vorübergehen. Warum Pius Baschera, VR-Präsident der Hilti-Gruppe, optimistisch in die Zukunft blickt. INTERVIEW Y V O N N E V O N H U N N I U S
D
er Liechtensteiner Bautechnologie-Konzern Hilti strebt eine ausgeglichene globale Umsatzverteilung an, doch der Ölpreis lässt die Schwellenländer schwächeln. Hilti-Verwaltungsratspräsident Pius Baschera setzt auf Mitarbeitende mit Unternehmergeist. So wie es dank guter Ausrüstung kein schlechtes Wetter gibt, lässt Pius Baschera auch keine schwierige Marktsituation gelten, in der nicht doch Wachstum möglich ist. Wer nahe am Kunden arbeitet, kennt dessen Bedürfnisse – zudem schafft die Digitalisierung die Voraussetzung für viele neue Geschäftsmodelle.
Hilti hat 2015 gerade in den USA ein Umsatzwachstum erzielt – in der Region Asien/Pazifik schrumpfte das ehemals zweistellige Wachstum auf drei Prozent. Eine Trendwende? PIUS BASCHERA Unsere Umsatzverteilung entspricht langfristig derjenigen des globalen Baumarktes. Schon heute wird mehr als die Hälfte des weltweiten Bauvolumens in den Schwellenländern realisiert – in China, Indien, Lateinamerika und dem Mittleren Osten. Dieser Trend setzt sich fort, auch wenn wir einen kurzfristigen Einbruch sehen. Politische Faktoren wie in Russland und vor allem der Ölpreis haben Investitionen gebremst, doch da wird wieder eine Kurskorrektur stattfinden. In diesen Ländern wächst die Bevölkerung, was wichtige Infrastrukturprojekte unvermeidlich macht – im Energie- oder im Transportbereich muss investiert werden. Das wird die Entwicklung des Bauvolumens auch weiterhin stark befeuern.
Also bleibt es bei den Wachstumszielen in Schwellenländern... Ja. Wenn wir mitwachsen wollen, müssen wir den Schwellenländer-Anteil am Gesamtumsatz erhöhen. Dabei waren wir sehr erfolgreich; dieser Umsatzanteil ist gewachsen, derjenige Europas ist geschrumpft. Das bedeutet nicht, dass wir in Europa nicht mehr wachsen, wir wachsen nur weniger rasant. Aber was tun, wenn der chinesische Wachstumsmotor noch länger stottert? China wächst immer noch um jährlich 6.5 Prozent. Welches andere Land kann das vorweisen? China befindet sich in keiner essenziellen Krise. Im Baubereich existiert momentan zwar ein Überangebot an Wohngebäuden, doch das ändert nichts daran, dass in den kommenden Jahren 300 Millionen Menschen vom Land in die städtischen Gebiete wandern werden. China ist nach den USA der zweitgrösste Baumarkt der Welt und für uns hochattraktiv. Das bleibt so, auch wenn das Preisniveau sehr tief und der Wettbewerb äusserst stark ist. Insgesamt sind wir mit der Entwicklung zufrieden: Wir konnten in der Vergangenheit zweistellige Wachstumsraten erreichen und arbeiten profitabel. Nicht zuletzt ist China für uns auch als Produktionsstandort sehr wichtig: Zwei Hilti-Werke produzieren dort Produktgruppen für den weltweiten Markt. Sie erwähnen den Wohngebäude-Markt – konzentriert sich Hilti gerade in China nicht eher auf Infrastruktur? Das stimmt. Wir haben für China Marktsegmente definiert, in denen wir eine gute
Marktposition haben und die wir ausbauen wollen. Erstens im Energiebereich bei Atomkraftwerken, Öl-, Gas- und Solar-Projekten. Zweitens im Transportbereich mit Brücken, Tunnels und Schnellbahnen. Bei diesen langfristigen Projekten sind wir gut unterwegs. Ingenieure von Hilti unterstützen Kraftwerk- oder Transportunternehmen in der Planung, wo wir viel Erfahrung mitbringen. Wir arbeiten auch mit staatlichen Stellen und Universitäten an Regulierungen, welche die Befestigungstechnik in China verbessern sollen. Ein Fokus liegt auf dem Energiesektor – verschiebt der Ölpreis hier die Prioritäten? Das definieren nicht wir, sondern der Markt und die Kunden. Wenn mehr Öl- und Gas-Projekte realisiert werden, dann sind wir zur Stelle – wenn andere Bereiche im Kommen sind, dann wechseln auch wir den Fokus. Wie kann aber ein Konzern wie Hilti gezielt in schwierigen Marktsituationen agieren, statt nur zu reagieren? Eine wichtige Botschaft ist: Wir haben auch Wachstumsmöglichkeiten, wenn es der Wirtschaft eines Landes weniger gut geht. Wir müssen Wege finden, um auch in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation zu wachsen. Wie das? Es ist entscheidend für ein Unternehmen unserer Grösse, dass der Unternehmergeist nicht nur in der Konzernleitung vorhanden ist, sondern auch dezentral gelebt wird. Die Führungspersonen der Länderorganisatio-
«WIR HABEN AUCH WACHSTUMSMÖGLICHKEITEN, WENN ES DER WIRTSCHAFT EINES LANDES WENIGER GUT GEHT.» 10
UnternehmerZeitung | Nr. 6 2016
«SCHON HEUTE WIRD MEHR ALS DIE HÄLFTE DES WELTWEITEN BAUVOLUMENS IN DEN SCHWELLENLÄNDERN REALISIERT. DIESER TREND WIRD SICH – TROTZ KURZZEITIGEM EINBRUCH – FORTSETZEN.»
ZUR PERSON Pius Baschera ist Verwaltungsratspräsident der Hilti Aktiengesellschaft und seit 1979 für Hilti tätig. Der promovierte Maschineningenieur und Betriebswirtschaftler war 13 Jahre lang Vorsitzender der Hilti-Konzernleitung. Heute ist er unter anderem Mitglied des Verwaltungsrats der F. Hoffmann-La Roche Ltd., der Schindler-Gruppe sowie Professor für Unternehmensführung an der ETH Zürich.
nen müssen unternehmerisch handeln können, wenn sie erkennen, dass der Markt sich dreht. Niemand darf auf Lösungen aus der Zentrale warten. Unsere Leute vor Ort sind nahe am Kunden – sie sind es, die einschätzen können, wohin die Reise geht, und dann Anpassungen vornehmen müssen. In einem Weltkonzern kein leichtes Unterfangen . . . Aber genau dieses Denken unterstützen wir schon lange, unter anderem durch mehrtägige Kulturworkshops, die alle 18 Monate für unsere mehr als 23 000 Mitarbeitenden durchgeführt werden. Einer unserer zentralen Werte ist Mut: Die Führungskräfte müssen sich als Unternehmer sehen, Dinge auspro-
Bild: zVg
bieren können, auch mal scheitern und dann aus den Fehlern lernen dürfen. Wir versuchen, dafür auch Freiräume zu schaffen. Sind die Grundwerte klar, ist in diesem Rahmen eigenverantwortliches Handeln für Hilti ein Gewinn. Wenn das nicht gewährleistet ist, steht ein Unternehmen still. Welches Beispiel haben Sie dafür? Das Geschäftsmodell des Hilti-Flottenmanagements ist vor fünfzehn Jahren in der Schweiz entstanden. Ein Geschäftsführer – heute in der Hilti-Konzernleitung – hatte die Idee im Kontakt mit Kunden entwickelt und für die Schweiz realisiert. Heute basieren rund 50 Prozent des Europa-Geschäfts auf diesem Modell, das Unternehmen gegen Gebühr stets einsatzfähige Geräte garantiert. Solche Leute brauchen wir, die Ideen gemeinsam mit Kunden kreieren. Hilti hat mit ON!Track eine Software entwickelt, die das Betriebsmittelmanagement für Unternehmen abwickelt. Hat derlei auch eine Zukunft in den Schwellenländern? Auf jeden Fall! Die Digitalisierung bewegt alle Märkte und gerade diejenigen der
Schwellenländer. Doch anders als bei unseren stark standardisierten physischen Produkten müssen Dienstleistungsangebote noch stärker an regionale Eigenheiten angepasst werden. Eine Aufgabe für die dezentralen Länderorganisationen? Das wäre ein viel zu grosser Aufwand. Vor rund zwölf Jahren haben wir die wichtigsten Geschäftsprozesse global standardisiert und digitalisiert. Der ganze Prozess hat uns einen grossen Transparenzschub, besonders im Bereich der Betriebsmittel, beschert und unsere Produktivität stark erhöht. Darauf basiert beispielsweise auch unser Logistiksystem, von dem das weltweite Angebot der Flottenlösung profitiert. Zudem investieren wir viel, um unser Kundenbeziehungsmanagement digital weiterzuentwickeln. Mithilfe von Big-Data-Ansätzen verwerten wir dabei detaillierte Kundeninformationen. Wir können komplexe Dienstleistungen in all unseren Märkten anbieten, weil wir beides bestens im Blick haben: unsere eigenen Geschäftsprozesse und die Bedürfnisse der Kunden. Nr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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THEMA
Auf gutem Fuss mit Fernost SOLOTHURN-CHINA Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und China haben lange Tradition und gewinnen mehr und mehr an Qualität. Gerade der Kanton Solothurn pflegt intensiven Kontakt und baut auf eine Verbindung in beide Richtungen. Davon profitieren die Firmen der Region. TEXT Y V O N N E V O N H U N N I U S
I
n den 50er-Jahren hat Titoni in Singapur Uhren an chinesische Seeleute verkauft. Kurze Zeit später war der Uhrenhersteller einer von wenigen, die einer chinesischen Delegation einen Fabrikbesuch gewährten. Titoni sitzt seitdem fest im chinesischen Sattel. Das Unternehmen mit Sitz in Grenchen SO setzt heute über sieben eigene Läden und 625 Verkaufspunkte in China die Hälfte seiner Schweizer Produktion in China um. Titoni-CEO Daniel M. Schluep sagt zwar: «Wie so oft im Leben spielte dabei der Zufall die entscheidende Rolle.» Doch das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Unternehmerfamilie Schluep einen guten Riecher hatte für das Potenzial, das im chinesischen Markt steckt. Erst recht nach Inkrafttreten des Freihandelsabkommens Mitte 2014 ist China einer der wichtigsten Aussenhandelspartner der Schweiz. Im Raum Solothurn wird dieser Riecher gepflegt und gefördert. Das ist auch nötig, denn es ist kein Spaziergang, im Reich der Mitte zu arrivieren. ERFAHRUNGSAUSTAUSCH IST ZENTRAL Das betont auch Ruedi Nützi, Direktor der Hochschule für Wirtschaft FHNW: «Wir brauchen einen Austausch über die Erfahrungen der Unternehmen, Erfolge und Misserfolge», so Nützi. Er ist viermal jährlich in China und hat den Eindruck, jedes Mal in ein neues Land zu kommen: «Deshalb muss der Austausch auch kontinuierlich gepflegt werden.» Die Hochschule selbst trägt das Ihrige dazu bei und hat sich als Dreh- und Angelpunkt der China-Aktivitäten in der Region Solothurn etabliert. Seit 20 Jahren herrscht reger Austausch zwischen der Institution und chinesischen Universitäten und Provinzen. Heute hält sie 14 Kooperationen mit sieben chinesischen Provinzen. Einerseits wird in Studien- und Forschungsfragen kooperiert. Andererseits bietet man massgeschneiderte 12
UnternehmerZeitung | Nr. 6 2016
Programme für chinesische Manager an. Nützi sagt: «Bei uns haben in den letzten 20 Jahren über tausend chinesische CEOs Kurse belegt – umgekehrt waren über 600 unserer Studierenden in China.» Dabei setzt der Direktor einen klaren Fokus: «Wir generieren durch die vielen Kontakte China-Knowhow, das wir unseren Studierenden und an Schweizer Firmen weitergeben.» Unter anderem unterhält die Hochschule im Auftrag der 38 Millionen-Provinz Heilongjiang ein Zentrum für Schweizer KMU in dessen Hauptstadt Harbin. «Hier helfen wir Schweizer Unternehmen mit Studien und anderen Dienstleistungen, erfolgreiche Beziehungen in China aufzubauen», sagt Nützi. INITIATIVEN BRINGEN VERNETZUNG Ebenfalls auf Anregung der FHNW hat der Regierungsrat des Kantons Solothurn beschlossen, eine Anlaufstelle China zu errichten, um die wirtschaftlichen Beziehungen mit China zu stärken. Daraus entstand die Plattform Solothurn China Services (SCS), die unter der Federführung der kantonalen Wirtschaftsförderung steht und in der Pilotphase ist. Seit dem 25. April ist denn auch die dafür errichtete Webseite (www.china. so.ch) online. Die Leiterin der Wirtschaftsförderung, Sarah Koch, sagt: «Solothurn China Services bietet ein Dach für die wirtschaftlichen Aktivitäten des Kantons Solothurn mit Fokus auf China. Natürlich unterstützen wir auch direkt mit Dienstleistungen.» Das hilft gerade chinesischen Investoren, die sich immer mehr für den Standort interessieren. Über SCS wird vernetzt und beispielsweise bei der Suche nach einer Lokalität oder bei Bewilligungsverfahren unter die Arme gegriffen. «Es laufen mehrere Projekte, abgeschlossen wurde erst die Ansiedlung der DDW Swiss AG», so Koch. Das Technologie-Unternehmen hat sich für den Standort
Kanton Solothurn entschieden, weil es vom Qualitätsimage und auch von den Stärken im Bereich Biotechnologie profitieren will. Das ist auch ein Hauptfokus der Wirtschaftsförderung – neben der Medtech- und Präzisionsindustrie, welche aus der Uhrenindustrie entstanden sind. Chinesische Investoren auf der Suche nach Gelegenheiten und bereits ansässige chinesische Firmen verdienen besonderes Augenmerk. In der Greater Zurich Area, zu der auch der Kanton Solothurn gehört, haben sich 2015 beispielsweise nicht nur die China Construction Bank, sondern auch das Milliardenunternehmen Fonsun niedergelassen. Chinesische Unternehmen machen bereits zehn Prozent der jährlichen Ansiedlungen aus. GZA -China-Projektverantwortliche Lan Qin sagt: «Damit sich chinesische Führungspersonen auch hier austauschen können, haben wir das Chinese Business Network lanciert und bringen sie bei informellen Veranstaltungen zusammen.» POSITIVE PERSPEKTIVEN Die Aussichten sind gut. Chinas Auslandsinvestitionen legen weiter im zweistelligen Bereich zu. Doch auch die Schweizer Exporteure sind trotz der momentanen Wachstumsdelle der chinesischen Wirtschaft guter Dinge. Laut einer Umfrage der Exportförderungsorganisation Switzerland Global Enterprise (S-GE) sind knapp 60 Prozent der befragten Unternehmen überzeugt, dass sie ihre Umsätze in China weiter steigern können, und wollen auch Investitionen ausbauen. Eines der Unternehmen, die in China gerade volle Fahrt aufnehmen, ist der Babynahrungshersteller Bimbosan mit Sitz in Welschenrohr bei Solothurn. Export-Verantwortlicher Kilian Widmer sagt: «Wir sind erst seit 2012 in China aktiv, doch schon heute ist China für mehr als zehn Prozent
Region mit Weitblick: Die Aare mit der Altstadt von Solothurn und der St. Ursenkathedrale.
unseres Umsatzes verantwortlich – Tendenz steigend.» China ist weltweit der grösste Markt für Babymilchpulver und hier sind auch die Endverbraucherpreise am höchsten. Widmer arbeitete früher für S-GE und eine Schweizer Milchproduktefirma direkt in
Bild: Swiss-image.ch/Markus Buehler-Rasom
China und weiss, dass es nicht reicht, nur auf Swissness zu setzen: «Schweizer Qualität ist wichtig, doch wir punkten auch mit der eigenen Unternehmenserfahrung, mit unseren innovativen Produkten sowie damit, dass wir ein etablierter Brand sind und in der
Schweiz zu den Marktführern gehören». Wie Titoni-Geschäftsführer Daniel M. Schluep sieht auch Widmer nur kurzfristig Turbulenzen im chinesischen Markt. Langfristig sind beide davon überzeugt, dass sich ein positiver Trend durchsetzten wird.
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*5 Jahre/160 000 km auf alle NISSAN Nutzfahrzeug-Modelle, mit Ausnahme des NISSAN e-NV200: 5 Jahre/100 000 km auf elektrofahrzeugspezifische Bauteile, 3 Jahre/100 000 km auf alle anderen Fahrzeugkomponenten. Es gilt jeweils das zuerst Erreichte. Gültig für Neufahrzeuge und Immatrikulationen ab 1. September 2015. Aktuelle Angebote und Einzelheiten erhalten Sie bei Ihrem NISSAN Händler vor Ort oder auf www.nissan.ch bzw. www.van-of-the-year.com. **Es gelten die Leasingkonditionen der RCI Finance SA, 8902 Urdorf: km-Leistung/Jahr: 10 000 km, 3.97% effekt. Jahreszins, Ratenschutzversicherung inklusive. Die obligat. Vollkaskoversicherung für einen Leasingvertrag ist nicht inbegriffen. Eine Kreditvergabe ist verboten, falls sie zur Überschuldung der Kunden führt. Das Angebot richtet sich nur an Gewerbetreibende, zzgl. MwSt. Gültig bis zum 30.06.2016 oder auf Widerruf.
DIE NISSAN NUTZFAHRZEUGE. NISSAN. STOLZER PARTNER DER UEFA CHAMPIONS LEAGUE.
THEMA
Mehr als ein Absatzmarkt KULTURSCHOCK Das Freihandelsabkommen hat die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und der Schweiz auf ein tragfähiges Fundament gestellt. Es ist ein Anfang, weitere Anstrengungen sind notwendig. Chinakenner Ruedi Nützi plädiert für eine klare China-Strategie und betont die Notwendigkeit von Beziehungsarbeit. INTERVIEW Y V O N N E V O N H U N N I U S
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uedi Nützi gehört zu den besten Chinakennern der Schweiz. Im April nahm er als Experte an einer Delegation von Bundesrat Johann Schneider-Ammann nach China teil. Der Direktor der Hochschule für Wirtschaft FHNW fordert eine klare Schweizer China-Strategie und mehr Erfahrungsaustausch. China muss als Innovationspartner akzeptiert werden. Wie bewerten Sie die Schweizer Chancen in China angesichts des abgekühlten Wachstums? RUEDI NÜTZI Die Grundvoraussetzungen für wirtschaftliche Beziehungen zu China sind immer noch exzellent. Der Ruf der Schweiz ist ausgezeichnet. China wächst mit 6.5 Prozent und besitzt Währungsreserven gigantischen Ausmasses. Zudem hat das Land 1.3 Milliarden Konsumenten und eine Infrastruktur, die weit besser ausgebaut ist als beispielsweise in Indien. Es ist eine Chance, aber auch eine grosse Herausforderung, mit China Geschäfte zu machen. Die Zusammenarbeit ist schwierig und wird immer schwieriger. Hat das Freihandelsabkommen nicht Hürden abgebaut? Die Chinesen betrachten das Freihandelsabkommen eher als Prozess, während Schweizer davon ausgehen, dass jetzt alle Tore offen stehen. Das stimmt aber nicht. Man muss dem Abkommen erst noch einiges abringen. Und die Beziehungsarbeit fängt eigentlich jetzt erst richtig an. Hier prallen Kulturen zusammen.
Kooperation Basel-Shanghai ins Leben gerufen und diese prominent vertreten. Das ist wichtig. Zudem haben wir angestossen, dass im Kanton Solothurn eine Anlaufstelle China aufgebaut wird, die als Drehkreuz für chinesische Anfragen fungiert. Was könnte man davon lernen? In der Schweiz muss besser verstanden werden, wie China tickt. Wer mit einer chinesischen Firma zu tun hat, der hat es immer mit dem Staat zu tun. Das ist mit Partnerunternehmen beispielsweise in Deutschland ganz anders. Diesem Staatsfokus muss etwas entgegengesetzt werden. Deshalb sollte die Schweiz politisch zulegen und eine klare China-Strategie verfolgen.
ZUR PERSON Ruedi Nützi ist Direktor der Hochschule für Wirtschaft FHNW in Olten und Mitglied der Delegation Internationale Beziehungen von swissuniversities. Zudem arbeitet er als Dozent, Berater und Trainer im Bereich Führung und Kommunikation. Unter anderem erhielt er für sein Engagement im Bildungsbereich 2014 den Friendship Award, die höchste Auszeichnung, die China ausländischen Experten verleiht. Bild: zVg
Was meinen Sie damit? Wenn chinesische Unternehmen sich in der Schweiz engagieren, dann haben sie klare Vorstellungen und eine fixe Agenda vor Augen. In der Schweiz hingegen kann man noch kaum von einer gut abgesteckten Strategie sprechen. Positiv hervorzuheben wäre vielleicht Basel. Das Stadtpräsidium hat die
Aber die Schweiz ist subsidiär organisiert... Wenn wir uns die Individualität von Kantonen leisten wollen, braucht es auch ein Mindestmass an Austausch. Unternehmen und Kantone müssen über ihre Erfahrungen in China sprechen – über Erfolge, aber auch Misserfolge. Es gibt viele Schweizer Unternehmen, die einen harten Weg in China gehen mussten, bis sie sich etablieren konnten. Es braucht keine neue Organisation, sondern Erfahrungswissen darüber, wie der chinesische Markt läuft. Ich bin viermal jährlich in China und habe den Eindruck, jedes Mal in ein neues Land zu kommen – deshalb muss der Austausch auch kontinuierlich gepflegt werden. Welche Fehler unterlaufen Schweizern im ChinaGeschäft denn am häufigsten?
«ES BRAUCHT KEINE NEUE ORGANISATION, SONDERN ERFAHRUNGSWISSEN DARÜBER, WIE DER CHINESISCHE MARKT LÄUFT.» 14
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Bild: Depositphotos, sepavone
«DIE CHINESEN BETRACHTEN DAS TTIP EHER ALS PROZESS, WÄHREND SCHWEIZER DAVON AUSGEHEN, DASS JETZT ALLE TORE OFFEN STEHEN.» Einer der Fehler ist, dass man die eigenen Wertvorstellungen automatisch überträgt. So geht man bei Vertragsabschluss in der Schweiz von Rechtssicherheit aus – in China ist das anders. Eine Wendung kann auch dann kommen, wenn etwas mit Papieren bestätigt wurde. Zudem wird China nicht selten als Absatzmarkt unterschätzt. Erstens ist China sehr gross – zum Vergleich: Die Schweiz entspricht der Grösse einer mittelgrossen chinesischen Stadt. Das Land beherbergt demnach viele unterschiedliche Kulturen, die berücksichtigt werden müssen. Zweitens ist China in manchen Bereichen innovativer als Westeuropa.
Welche Konsequenz wäre daraus zu ziehen? China ist weit mehr als ein Absatzmarkt für die vermeintlich besten Schweizer Produkte. Man sollte China eher als einen Innovationspartner sehen. Es lohnt sich, mit dortigen Firmen zusammenzuarbeiten, neue Produkte zu entwickeln und gemeinsam auf den Markt zu bringen. Wie kann dieses Denken gefördert werden? Ein Weg läuft über unsere Absolventinnen und Absolventen. Das ist meine Passion. Studierende unserer Hochschule sollen lernen, stolz auf die Schweiz zu sein und selbst-
bewusst aufzutreten. Doch durch ihr China-Wissen können sie auch eine konstruktive Haltung einnehmen. Es ist wichtig, weder pessimistisch noch misstrauisch, aber auch nicht euphorisch zu sein. Woher kommt das Wissen zu China an Ihrer Hochschule? Wir bauen seit zwanzig Jahren ein intensives Netz aus. Heute gibt es bei uns insgesamt 14 Kooperationen mit sieben chinesischen Provinzen. Die Beziehungen laufen über zwei Ebenen: Einerseits kooperieren wir in Studien- und Forschungsfragen. Andererseits bieten wir massgeschneiderte Programme für chinesische Manager an. Bei uns haben in den Nr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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THEMA
letzten 20 Jahren über tausend chinesische CEO Kurse zwischen drei Wochen und vier Monaten belegt – umgekehrt waren über 600 unserer Studierenden in China. Durch die vielen Kontakte generieren wir aktuelles China-Knowhow, das wir auch an Schweizer Firmen weitergeben. Wie geschieht das konkret? Wir bilden Menschen aus, die ihr Wissen in Unternehmen einbringen und – wie wir wissen – gute Chancen auf dem ArbeitsAnzeige
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markt haben. Zudem verfügen wir über ein Netzwerk aus hunderten chinesischer Firmen, die wir mit Schweizer Partnern zusammenbringen können. Unter anderem organisieren wir ein KMU-Forum China, um den Austausch anzuregen. Auch unterhalten wir im Auftrag der 38 Millionen-Provinz Heilongjiang ein Zentrum für Schweizer KMU in dessen Hauptstadt Harbin. Hier helfen wir Unternehmen mit Studien und anderen Dienstleistungen, erfolgreiche Beziehungen in China aufzubauen.
Welthandel ausgebremst HANDELSPOLITIK Lange Zeit schien es ein Naturgesetz zu sein, dass die Globalisierung zunimmt und der Welthandel wächst. Doch seit zwei Jahren stagniert der Welthandel, in einigen Regionen der Welt – vor allem in den Schwellenländern Asiens und den USA – nehmen die Exporte sogar ab. Ein wichtiger Grund: der zunehmende Protektionismus. TEXT S T E F F E N K L A T T
S
imon Evenett ist so etwas wie der Chronist des Protektionismus. Der Professor am Schweizerischen Institut für Aussenwirtschaft und angewandte Wirtschaftsforschung an der Universität St. Gallen koordiniert den Global Trade Alert. Das Projekt beobachtet seit 2009 die protektionistischen Massnahmen weltweit. Eine Datenbank fasst so gut wie alle diese Massnahmen zusammen. Durch sie erfährt man, welches Land welche Massnahmen erlassen hat und gegen welche anderen Länder diese gerichtet sind.
PROTEKTIONISMUS ÜBERFLÜGELT LIBERALISIERUNG Der Befund Evenetts: Die Zahl der protektionistischen Massnahmen übersteigt während des gesamten Beobachtungszeitraums die Massnahmen zur Liberalisierung des Welthandels. Dabei zählt Evenett nicht nur die klassischen, offen diskriminierenden Mittel wie Strafzölle oder Forderungen nach einem bestimmten Anteil von lokaler Produktion zum Protektionismus. Auch Regelungen wie die Beschränkung des freien Personenverkehrs – Stichwort Masseneinwanderungsinitiative – gehören aus seiner Sicht dazu. «Im 21. Jahrhundert sind die grenzüberschreitenden Beziehungen viel komplexer», beobachtet Evenett. Es gehe nicht mehr nur um Waren, sondern auch um Personen und um Investitionen. «Das alles wird von den Regierungen politisch beeinflusst» – nicht immer positiv. WELTHANDEL STAGNIERT Das hat Folgen: Der Protektionismus bremst – wenn auch nicht als Einziger – den Welthandel. Seit zwei Jahren wächst der Welthandel überhaupt nicht mehr. In einigen Regionen der Welt, vor allem den Schwellenländern Asiens, in Japan und den USA, fallen die Exporte bereits. Die Stagnation muss nicht das letzte Wort sein: Es gibt erste Anzeichen dafür, dass der Welthandel zumindest im März auch geschrumpft ist. Der stagnierende oder gar schrumpfende Welthandel verstärkt wiederum die protektionistischen Tendenzen: «Die Regierungen versuchen den Marktanteil ihrer Unternehmen zu erhöhen», so Evenett. Seit 2015 wächst die Zahl der protektionistischen Massnahmen daher sogar beschleunigt. Evenett ist überzeugt: «Der Protektionismus nimmt zu.» UNTERNEHMEN PRODUZIEREN VOR ORT Die Firmen reagieren entsprechend. «Viele Unternehmen überlegen nun, wo sie produzieren sollen.» Und viele produzierten nun in der Nähe ihrer Kunden – um den protektionistischen Massnahmen zu entgehen. Evenett verweist auf Jeffrey Immelt. Der Chef von General Electric (GE), eines der umsatzstärksten Unternehmen der Welt, hatte Mitte Mai in einer Rede an der New York University diesen Trend zur «Localisation» in einer Rede am Beispiel seines eigenen Unternehmens erläutert. GE habe weltweit 420 Fabriken. «Früher hatten wir einen einzelnen Standort, um Lokomotiven zu bauen. Heute verfügen wir über zahlreiche Standorte, um den Zugang zu den lokalen Märkten sicherzustellen», sagt Immelt. «Eine Strategie der Lokaliserung kann nicht durch protektionistische
Politik ausgebremst werden», so der amerikanische Spitzenmanager. Möglich werde das durch die Digitalisierung, neue Materialien und Technologien. «Unser Ziel ist es, das herzustellen, was wir wollen, und wo wir wollen.» Dabei versuche GE, sich gegen das «Versagen» der Regierungen zu schützen. SCHWEIZ BRAUCHT OFFENE MÄRKTE Die Lokalisierung der Produktion mag Unternehmen wie GE helfen, protektionistischen Massnahmen auszuweichen. Aber die Volks-
wirtschaften insgesamt bezahlen dafür einen Preis. «Das führt in eine Welt mit viel weniger Wettbewerb und damit viel weniger Anreiz zu Innovation», sagt Evenett Für ein kleines Land wie die Schweiz ist der Trend zum Protektionismus doppelt gefährlich. «Die Schweiz braucht den Zugang zu den Märkten.» Umso fragwürdiger sei es, wenn sie sich selbst abschottet. Heute sei sie extrem attraktiv für Kapital und Talente. «Es wäre ein Fehler, von diesem Modell abzurücken, das die Schweiz so erfolgreich gemacht hat.»
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EUROPA
EU-Skepsis auch im Norden EXIT-STIMMUNG In Schweden würde die Mehrheit in einem Referendum gegen einen EU-Verbleib stimmen, sollte Grossbritannien aussteigen. Zum Meinungsumschwung beigetragen hat vermutlich die stark kritisierte EU-Flüchtlingspolitik. Auch in Dänemark liebäugeln die Rechtspopulisten – allen voran die rechtspopulistische Dänische Volkspartei – erstmals mit einem Austritt. TEXT A N D R É A N W A R , S T O C K H O L M
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ie anstehende Volksabstimmung der Briten über einen möglichen EU-Austritt hat auch in den EUNationen Schweden und Dänemark deutliche Spuren hinterlassen. In Schwedens Bevölkerung ist die Zustimmung zur eigenen EU-Mitgliedschaft innerhalb eines halben Jahres erdrutschartig gefallen. EIN DRITTEL IST UNSICHER Eine grosse Umfrage des öffentlich-rechtlichen schwedischen Fernsehens SVT hat ergeben: Nur noch 39 Prozent der Schweden finden es «eine gute Idee», dass ihr Land in der EU ist. Das sind 20 Prozent weniger als im Herbst, als noch 59 Prozent die EUMitgliedschaft befürworteten. 21 Prozent halten die EU-Mitgliedschaft Schwedens für eine «schlechte Idee». Der grosse Rest des Volkes ist sich nicht sicher. Bei einem 18
UnternehmerZeitung | Nr. 6 2016
konkreten Referendum zum EU-Verbleib würden derzeit dennoch 44 Prozent für eine Fortsetzung der Mitgliedschaft stimmen, 32 Prozent dagegen. Bei einem Referendum nach einem britischen EU-Nein jedoch würde mit 36 Prozent eine Mehrheit für einen Austritt Schwedens stimmen und nur 32 Prozent für einen Verbleib in der Union. Allerdings sind sich gemäss Umfrage auch in diesem Szenario 32 Prozent der Wähler unsicher. EIN GRUND IST DIE FLÜCHTLINGSKRISE Staatswissenschaftler vermuten, dass der Meinungsumschwung auch mit der Flüchtlingskrise zu tun hat, bei der die EU versagt habe. Schweden hat gemessen an seiner Einwohnerzahl noch vor Deutschland am meisten Flüchtlinge aufgenommen, während andere EU-Länder sich verbarrika-
dierten. Das wurde auch immer wieder von den Spitzenpolitikern des Landes kritisiert. «Die Mitbürger hören auf ihre Volksvertreter und in Schweden gab es von diesen viel Kritik an der EU-Flüchtlingspolitik», sagt Politologe Göran von Sydow vom schwedischen Institut für europapolitische Studien. «Die Meinungswerte zeigen vor allem, dass die Unsicherheit im Volk bezüglich der EU markant gestiegen ist, die meisten sind aber noch nicht zur Nein-Seite gewechselt. Zumindest vorerst nicht», so von Sydow. Ein EU-Austritt Schwedens scheint demnach zwar unwahrscheinlich, aber völlig ausschliessen könne man langfristig nichts. Fast alle Parteien im schwedischen Parlament stehen zwar fest hinter der EU. Aber das taten sie auch beim Referendum zur Einführung des Euros 2003, und die Bürger wählten dennoch das Festhalten an der Krone.
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SCHWEDEN UND DÄNEN AUF BRITEN-KURS «Mit einem EU-Austritt Grossbritanniens würde Schweden, aber auch Dänemark, den einzigen grossen Alliierten verlieren, der auch eine eigene Währung hat und auch ansonsten eine sehr ähnliche EU-Politik führt, wie wir Skandinavier», sagt von Sydow. Schweden, mit seinen rund zehn Millionen Einwohnern eher ein kleines EU-Land, trifft sowohl in der Währungspolitik als auch in der Landwirtschaftspolitik, dem EU-Budget, beim Binnenmarkt als auch dem freien Handel stets sehr ähnliche Entscheidungen wie die stimmenstarken Briten. Ähnliches gilt auch für das mit 5.7 Millionen Einwohnern noch kleinere Dänemark. Dies legt ein Bericht der Nichtregierungsorganisation VoteWatch Europe nahe. Von allen Abstimmungen zur Europapolitik wählten Schweden und Dänemark zu 89 Prozent beziehungsweise 88 Prozent die gleichen Alternativen wie die Briten. DISKUSSION IN DÄNEMARK In Dänemark hat die rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DF) ihre ohnehin schon EU-skeptischen Positionen verschärft. Bislang hat die DF zumindest die EUMitgliedschaft Dänemarks an sich unterstützt. Damit könnte bei einem Nein der Briten Schluss sein. «Dann müssen wir erwägen, ob Dänemark weiterhin EU-Mitglied sein soll. Wenn ein Land, mit dem wir zusammen in die EU gegangen sind, austritt, müssen auch wir überlegen, wo wir stehen», sagte der EU-Abgeordnete der DF, Kenneth Kristensen Berth. Die anderen Parteien stehen weiterhin vorbehaltlos zur EU.
Wo Schweden ist, kann Dänemark nicht weit sein: Nachdem sich gemäss Umfrage lediglich 39 Prozent der Schweden für einen Verbleib in der EU aussprechen, haben nun auch dänische Rechtspopulisten ihre Positionen verschärft. (Im Bild: Die Öresundbrücke, die Dänemark mit Schweden verbindet). Bild: Depositphotos.com, gabrielalupu
EUROPA
Die Kosten eines «Ja» BREXIT Ein Austritt Grossbritanniens aus der EU dürfte den Finanzplatz 17 Milliarden Pfund kosten, warnt eine Studie. Auch andere Studien deuten auf hohe Kosten hin. Doch immer mehr Unternehmer können sich einen Austritt aus der EU vorstellen.
mutlich nur um 1.9 Prozent wachsen – und damit um 0.3 Prozent langsamer, als der IWF noch im Januar prognostiziert hatte. Hierfür sei jedoch nicht alleine die Gefahr eines Brexits verantwortlich, auch internationale Faktoren spielten eine Rolle. Der IWF warnte jedoch davor, dass die Unsicherheit nach einem Votum für einen Austritt aus der EU zu langwierigen Verhandlungen führen würde. Das könnte Auswirkungen auf Investitionen haben.
TEXT S A S C H A Z A S T I R A L , L O N D O N
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n wenigen Tagen werden die Briten darüber abstimmen, ob Grossbritannien in der EU bleiben wird. Woche für Woche erscheinen derzeit Studien, die sich mit den Folgen eines solchen Austritts beschäftigen. Einer am Dienstag veröffentlichten Studie zufolge würde ein «Brexit» den Finanzsektor 17 Milliarden Pfund oder 24 Milliarden Franken kosten. Dem Bericht der Beratungsfirma JWG zufolge würde ein Brexit die Unternehmen in Grossbritannien nicht von Bürokratie entlasten, wie das Befürworter eines Austritts derzeit immer wieder angeben. Denn ein Grossteil der Regulierungen würde sich ändern. Die Kosten für Anpassungen an diese geänderten Regulierungen würde Firmen bis 2026 insgesamt 17 Millionen Pfund kosten. Die «Gewinner» wären im kommenden Jahrzehnt Berater, Anwälte und Technologieanbieter, heisst es in dem Bericht. AUS FÜR 96 PROZENT EU-GASTARBEITER Forscher der Universität Oxford kamen vor wenigen Tagen in einer «hypothetischen Analyse» zu dem Schluss, dass ein Brexit sich vor allem auf den Niedriglohnsektor in Grossbritannien auswirken würde. Würden EU-Bürger, die in solchen Niedriglohnjobs arbeiten, bei der Vergabe von Arbeitserlaubnissen denselben Kriterien unterworfen wie Nicht-EU-Bürger, könnten 96 Prozent von ihnen nicht in Grossbritannien arbeiten. Der Einzelhandel, Hotels und die Gastronomie beschäftigen derzeit die meisten EU-Ausländer in Grossbritannien. 20
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Vom Regen in die Traufe? Der Brexit könnte die Briten teuer zu stehen kommen. Bild: Depositphotos.com, tupungato
Im April kam das Finanzministerium in London in einer Studie zu dem Schluss, dass nach einem Brexit die Wirtschaft bis 2030 um sechs Prozent schrumpfen könnte. Jede britische Familie würde im Jahr 4300 Pfund – dies entspricht 6000 Franken – an Einkommen verlieren, erklärte Schatzkanzler George Osborne. Er wirbt derzeit an der Seite von Premierminister David Cameron für einen Verbleib innerhalb der EU. Befürworter eines Austritts verwarfen Osbornes Bericht als Angstmache. WÄHRUNGSFONDS WARNT EUROPA Ebenfalls im April warnte der Internationale Währungsfonds (IWF) vor den Folgen eines Brexit, der Europa wirtschaftlich und politisch stark beschädigen könnte. Nach einem Wachstum von 2.2 Prozent in 2015 würde Grossbritannien in diesem Jahr ver-
AUCH BEFÜRWORTER HABEN STUDIEN Die Befürworter eines EU-Austritts reagieren auf solche Studien dünnhäutig. Der Chef der rechtsgerichteten United Kingdom Independence Party (UKIP), Nigel Farage, der derzeit intensiv für einen Austritt aus der EU wirbt, erklärte, das «Establishment» versuche mit solchen Berichten seine eigenen Interessen zu verteidigen. «Der IWF ist von den Architekten des scheiternden EU-Projekts entführt worden, also will er natürlich, dass Grossbritannien in der EU bleibt»,
erklärte Farage. Auch die Brexit-Befürworter ziehen nun immer häufiger Studien heran, um für ihre Positionen zu werben. Und diese sind zunehmend ausländerfeindlich: Der Tory-Politiker und frühere Minister Iain Duncan Smith zitierte erst diese Woche einen Bericht der britischen Zentralbank, wonach eine Zunahme der Zahl von Einwanderern um zehn Prozent zu einer Senkung des Gehaltsniveaus um zwei Prozent führen würde. Doch ein Austritt des Landes würde nicht nur die Briten viel kosten. Auch die EU macht sich bereits Gedanken, wie sie auf den Verlust des Nettozahlers reagieren müsste. Entweder müssten die anderen Nettozahler mehr einzahlen oder die Empfängerländer weniger erhalten – oder beides. Völlig offen freilich wären die politischen Kosten eines britischen Austritts.
CLEANTECH
Klima-Chance für Finanzplatz KLIMASCHUTZ Der Finanzplatz Liechtenstein war der Schweiz schon beim Abschied vom Bankgeheimnis einen Schritt voraus. Auch bei der Entwicklung marktwirtschaftlicher Instrumente für den Klimaschutz ist er mit der LIFE Klimastiftung früh gestartet. Mit dem Pariser Klimaabkommen ergeben sich neue Chancen. TE XT S T E F F E N K L A T T , V A D U Z
Nachhaltige Vermögensverwaltung: Heute noch Trend, morgen schon Standard?
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dolf Real sieht in den Fortschritten der internationalen Klimapolitik Chancen für den Finanzplatz Liechtenstein: «Das Klimaabkommen von Paris hat erstmals die Finanzindustrie miteinbezogen», sagte der Stiftungsratsvizepräsident der LIFE Klimastiftung Liechtenstein und Präsident des Liechtensteinischen Bankenverbandes an einer LIFE -Veranstaltung im Mai in Vaduz. Liechtenstein ist bereits 2008 vorangegangen, als die Regierung, der Bankenverband und die Universität die LIFE Klimastiftung gegründet haben. «Wir wollen Impulse zur Entwicklung marktwirtschaftlicher Instrumente im Bereich Klimaschutz geben», so Real. NEUE INDUSTRIELLE REVOLUTION NÖTIG Der Berner Klimaforscher Thomas Stocker, Hauptautor des fünften Weltklimaberichts, wies auf die Risiken und die Chancen des Klimawandels hin. Wenn die Welt die Erwärmung auch nur auf zwei Grad im Vergleich zum Beginn der industriellen Revolu-
tion begrenzen wolle – und der Klimagipfel von Paris im Dezember war sogar ehrgeiziger –, dann sei das CO2-Budget bereits 2035 aufgebraucht, sollte der heutige Ausstoss ungebrochen weitergehen. Trifft die Welt jedoch überhaupt keine Massnahmen zur Einschränkungen des CO2-Ausstosses, steige die Temperatur allein in diesem Jahrhundert um vier Grad an. Bereits im vergangenen Jahrhundert sei sie um 0.8 Grad gestiegen. Das treffe viele Regionen der Welt hart: «Eine Anpassung an den Klimawandel wird dann in vielen Regionen nur noch durch Migration möglich», ist Stocker überzeugt. Um den Klimawandel zu bremsen, brauche es deshalb eine vierte industrielle Revolution, so der Forscher vom Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern. Diese muss die fossilen Energieträger aus dem Wirtschaftskreislauf hinausdrängen. Wie jede industrielle Revolution bringe sie intelligentere Produkte hervor, neue Stellen, mehr Lebensqualität und andere Werte. «Es gibt Chancen, diese industrielle Revolution zu bewältigen.» Gerade Länder wie die
Bild: Depositphotos.com, weerapat
Schweiz und Liechtenstein mit ihrem hohen Bildungsgrad seien prädestiniert, diese Chancen zu ergreifen. NACHHALTIGE VERMÖGENSVERWALTUNG WIRD STANDARD Das sieht auch Burkhard Varnholt so, Co-Chief Investment Officer der Bank Julius Bär. Derzeit bilde sich eine neue Weltordnung heraus: «Diejenigen Staaten, Unternehmen und Investoren, welche die Nachhaltigkeit am besten verstehen und umsetzen, werden gewinnen.» Nachhaltige Vermögensverwaltung sei einer der Trends in diesem Paradigmenwechsel, so sehr, dass in zehn Jahren wohl niemand mehr darüber sprechen werde. Nachhaltige Vermögensverwaltung werde dann Standard sein. Adolf Real zieht für Liechtenstein eine positive Zwischenbilanz. «Die Banken in Liechtenstein sind sehr aktiv bei der Umsetzung der Nachhaltigkeit», sagt er. «Wir sind auf dem Weg, die Richtung stimmt, auch wenn wir noch nicht da sind, wo wir hinkommen wollen.
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EXPORT
Deutschland fördert E-Autos ELEKTROFAHRZEUGE Deutschland will mit Kaufprämien seinen Rückstand bei der Elektromobilität aufholen. An der Finanzierung aus Steuergeldern gibt es innerhalb der Regierungsfraktionen Kritik. Doch Deutschland fürchtet, bei der Elektromobilität international den Anschluss zu verlieren. TEXT S T E F A N U H L M A N N , B E R L I N
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ahrelang wurde gestritten, jetzt soll es schnell gehen. Das deutsche Kabinett in Berlin hat im Mai Prämien für den Kauf von Elektroautos beschlossen. Bald sollen erste Käufer in den Genuss der Prämie kommen. «Wenn Sie eine wollen, kaufen Sie schnell», empfiehlt Finanzminister Wolfgang Schäuble. BUND UND HERSTELLER TEILEN SICH KOSTEN Lange hatte sich wenig getan in Sachen Förderung von Stromautos im Autoland Deutschland. Am Ende richtete es dann ein Gipfel von Regierung und Chefs der Autoriesen Volkswagen (VW), Daimler und BMW im Kanzleramt. Wer ein reines Elektroauto kauft, soll 4 000 Euro (4 400 Franken) Zuschuss bekommen. Bei einem Plug-In-Hybrid gibt es 3 000 Euro. Das Auto darf nicht mehr als 60 000 Euro kosten – ein Schuss vor den Bug des kalifornischen Konkurrenten Tesla. Die Kosten von 1.2 Milliarden Euro teilen sich Bund und Hersteller. Schäuble macht neben den 600 Millionen Euro für die Kaufprämien noch 300 Millionen Euro für den Aufbau von 15 000 Ladestationen locker. Weitere 100 Millionen Euro sollen in die Anschaffung von E-Autos durch Ministerien und Behörden fliessen. Dort gibt es kaum strombetriebene Wagen, nur beim Verkehrsministerium mit 40 Prozent Anteil. Elektroautos sind in Deutschland bislang Ladenhüter. In China, den USA, aber auch in Grossbritannien, Frankreich und Norwegen fahren mehr Stromer. Seit 2010 gilt das Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutsche Strassen zu bringen. Bislang sind nur 33 000 Elektroautos und 19 000 Plug-InHybride unterwegs. Die Autos sind teuer, haben zu wenig Reichweite und Ladestationen sind rar. Das Förderprogramm reicht für
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etwa 400 000 Wagen. Die Bundesregierung hofft, dass der Markt dann selbst anspringt. Ob die Millionenschwelle 2020 erreicht werden kann, liess Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel offen. DEUTSCHLAND WILL ANSCHLUSS HALTEN Geändert hat sich jedoch die Begründung, Elektroautos zu fördern. 2010 stand der Beitrag zum Klimaschutz im Vordergrund. Heute ist es die Sorge, dass die deutschen Autohersteller – laut Gabriel eine «zentrale Leitindustrie» – international den Anschluss verlieren. Es gehe um die «Neuerfindung» der individuellen Mobilität. Diese Herausforderung müssten die deutschen Produzenten offensiv annehmen. Man kann den Satz auch als Kritik lesen, dass VW, Daimler und BMW den Trend verschlafen haben. Verkehrsminister Alexander Dobrindt mahnte, es sei nicht klar, ob die Topunternehmen von heute es auch in zehn Jahren noch seien. Zwar haben auch die deutschen Hersteller Elektroautos im Angebot. Doch das Marktsegment dominieren andere. Das meistverkaufte Elektroauto in Deutschland ist der Nissan Leaf. Der amerikanische Hersteller Tesla glänzt mit viel grösseren Reichweiten und kann sich vor Bestellungen für das neue Modell 3 kaum retten. KRITIK AN KAUFPRÄMIE Eigentlich bräuchte man die Steuergelder in Wolfsburg, Stuttgart und München nicht. VW, Daimler und BMW setzten 2015 zusammen 450 Milliarden Euro um und machten 36 Milliarden Euro Betriebsgewinn. Deshalb trifft die Kaufprämie auch in grossen Teilen der Regierungsfraktionen auf Vorbehalte. Warum sollten Geringverdiener mit ihren Steuern Geschenke für eine blühende
Industrie bezahlen, lautete eine viel gestellte Frage. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen verwies darauf, dass sich vor allem Gutverdienende die Prämie sichern werden. Während in Deutschland die Förderung von E-Autos anläuft, fahren andere Länder sie schon wieder zurück, etwa Dänemark und Norwegen. Dort führten massive Vergünstigungen bei den Steuern, bei Autobahn- und Fährgebühren oder beim Parken zu einem E-Boom. Jeder sechste Neuwagen in Norwegen war 2015 ein Elektroauto. Besonders gefragt war übrigens ein deutsches Auto, ein e-Golf von VW.
Die Präsidentschaftskandidaten beider Parteien werben lieber für das Pazifik-Abkommen statt für das TTIP. Bildquelle: Depositphotos.com, tonsnoe
Förderprogramm: Käufer von batteriebetriebenen Autos sollen einen Zuschuss von 4 000 Euro bekommen. Bildquelle:depositphotos.com, brebca
Freihandel im Gegenwind TTIP US-Präsident Obama wirbt für das transatlantische Freihandelsabkommen. Doch auch in den USA ist die Zustimmung niedrig. TEXT J O H N D Y E R , B O S T O N
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s läuft nicht gut bei den Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen der EU und den USA. In Europa waren die Kritik von Greenpeace am TTIP und vor allem die detaillierten Informationen der letzte Schlag gegen das geplante Abkommen. Darauf musste auch Washington reagieren. Die von Greenpeace in deutschen und anderen Medien veröffentlichten rund 250 Seiten an Verhandlungsunterlagen würden falsch interpretiert, versichert Matthew McAlvanah von der US-Verhandlungsdelegation. «Die Interpretationen der Texte scheinen bestenfalls irreführend und schlimmstenfalls komplett falsch», sagte er. «TTIP wird unsere strengen Standards im Verbraucherschutz, Gesundheitswesen und Umweltschutz bewahren und nicht untergraben.» SIERRA CLUB: KLIMAWANDEL KOMMT NICHT VOR TTIP-Gegner sehen das ganz anders, auch in den USA selbst. Die führende amerikanische Umweltgruppe Sierra Club wies darauf hin, dass in den veröffentlichten Unterlagen der Begriff «Klimawandel» nicht vorkomme. Stattdessen räumten sie Konzernen weitreichende Rechte ein, welche die auf Reduzierung der Schadstoffemissionen gerichtete Klimapolitik unterliefen. «Dieses transatlantische Freihandelsabkommen geht in die falsche Richtung», meinte Ilana Solomon vom Sierra Club. Diese Texte legen nahe, dass die amerikanischen Verhandlungsführer die Erdgasexporte – die in den USA dank der Fracking-Methode jetzt anstehen – als Verhandlungsmasse unter anderen Aspekten in die Gespräche einbringen. «Die USA sollten führend in der Klimapolitik sein und nicht Handelsabkommen nutzen, um den Unternehmen mit Nutzung schmutziger Energie zu erlauben, noch mehr zu verschmutzen», führte Solomon weiter aus. Und sie verwies dabei auch auf das unterschriebene, aber noch nicht vom US-Kongress ratifizierte Freihandelsabkommen der USA mit den
Pazifikanrainern (TPP). «Das nun Veröffentlichte zusammen mit dem Text der Transpazifischen Partnerschaft zeigt die dringende Notwendigkeit eines neuen Handelsmodells, das die Arbeiterfamilien und Gemeinden schützt.» STREIT UM ELEKTRONISCHE KOMMUNIKATION Für die Schutzorganisation für digitale Rechte «Electronic Frontier Foundation» in San Francisco zeigten die durchgesickerten Texte deutlich: Bei Fragen der Telekommunikation, des elektronischen Handels und des geistigen Eigentums offenbart sich die gegensätzliche Position der amerikanischen und europäischen Unterhändler. Bisher sind sich demnach beide Seiten einig, die Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation zu erhalten und den Handel nicht zu beschränken. Aber die Stiftung erklärt, diese Vereinbarungen könnten vor Gericht enden, weil die Europäer damit der Kontrolle der Amerikaner unterliegen würden. Die Europäer verlangen eine Lizenz für die Verbreitung digitaler Inhalte in den EU-Staaten. Die Amerikaner lehnen dies ab. SCHUTZ GEISTIGEN EIGENTUMS Laut der «Electronic Frontier Stiftung» ist auch der Umgang mit dem geistigen Eigentum noch ungeklärt. Der US-Kongress hat die Unterhändler aufgefordert, das geistige Eigentum amerikanischer Firmen länger zu schützen, als es die Europäer zugestehen wollen. Dasselbe Zerwürfnis gibt es bei der Frage der Dauer von Patentrechten auf Medikamente. Die Stiftung nimmt an, dass beide Seiten Grosskonzerne als Stichwortgeber bei diesen Fragen haben und nicht den Sachverstand etwa von Fachanwälten. «Solange beide Seiten von TTIP nicht signifikante Änderungen in ihrer Verhandlungsführung akzeptieren, können wir nicht erwarten, dass dieses Abkommen den gegenwärtigen Bedürfnissen der Nutzer, Verfasser und Entwickler entspricht», heisst es in der Erklärung. Jedenfalls kann TTIP-Leaks das Vertrauen in das Abkommen in den USA und in Europa weiter verringern. Nach einer Umfrage der YOUGov/Bertelsmann Stiftung im April – vor den Veröffentlichungen also unterstützen nur 15 Prozent der Amerikaner und 17 Prozent der Deutschen das TTIP-Abkommen. Nr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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INNOVATION
Das NEST ist gemacht GEBÄUDELABOR Eine Brutstätte auf Betonplatten soll Innovationen im Bauwesen beschleunigen. Unter dem Dach von NEST arbeiten über 90 Partner aus Forschung, Wirtschaft und Politik am Haus der Zukunft. Am 23. Mai wurde das weltweit einzigartige Forschungshaus feierlich eröffnet. Es wird eine ewige Baustelle bleiben. TEXT D E L I A B A C H M A N N
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chaffen, sparen, sesshaft werden: Den Traum vom Eigenheim erfüllt man sich nicht leichtfertig. Für viele ist es die Investition ihres Lebens, denn mit dem Haus kommt für gewöhnlich eine hohe Hypothek. Da viel auf dem Spiel steht, agieren die Bauherren eher konservativ – sie sind nicht bereit, hohe oder überhaupt Risiken einzugehen. Bauliche Neuerungen, die sich in der Praxis noch nicht bewährt haben, sind solch ein Risiko. Die Haltung der Bauherren ist zwar verständlich, aber nicht eben innovationsfördernd. Die Baubranche hat folglich Mühe, Innovationen vom Labor auf den Markt zu bringen. Dabei wären Bedarf und Potenzial durchaus vorhanden: So verursachen Gebäude rund 40 Prozent des Endenergiebedarfs der Schweiz, zehn Tonnen Baumaterial werden pro Person und Jahr verbaut. Die Forschungs- und Demonstrationsplattform NEST («Next Evolution in Sustainable Building Technologies») soll nun den Weg zur Marktreife verkürzen: Neuartige und nachhaltige Projekte werden hier unter realen Bedingungen gebaut, bewohnt, genutzt und wissenschaftlich begleitet. Der Werkplatz Schweiz soll gestärkt werden, der Wissenstransfer in die eigene Wirtschaft stattfinden. ZUR PERSON
Reto Largo ist seit drei Jahren NEST-Geschäftsführer bei der Empa. Zuvor arbeitete er für die ETH Zürich, wo er für den Aufbau von «Climate-KIC», einer europäischen Innovationsagentur im Cleantech-Bereich, verantwortlich war.
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UnternehmerZeitung | Nr. 6 2016
«GEMEINSAM AN DER ZUKUNFT BAUEN» Vor drei Jahren trat Reto Largo die Stelle als NEST-Geschäftsführer an, um die Vison seines Vorgesetzten, Empa-Vizedirektor Peter Richner, umzusetzen: Ein modulares, flexibles Forschungshaus. Genau genommen sei NEST ein «vertikales Quartier», präzisiert Reto Largo. Ein Betonskelett, der «Backbone», bildet das zentrale Rückgrat des Bauwerks. Durch Isolierung werden die einzelnen Einheiten thermisch vom Backbone getrennt und damit zu eigentlichen «Häusern» im «Quartier». Nun ist NEST Wirklichkeit. Für die Zukunft bauen heisst nachhaltig bauen. Largo betont, dass damit nicht nur die
ökologische, sondern auch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Nachhaltigkeit gemeint ist. So bietet NEST zwar Raum für Experimente, nicht aber für Spielereien: «Alle Produkte, die hier entwickelt werden, sollen eins zu eins in der realen Welt eingesetzt werden können.» Die Rahmenbedingungen des Marktes –Energiepreis, CO2-Preis – bestimmen das Potenzial, Neues an den Markt zu bringen: «Ich sehe viele Ideen, die nicht umgesetzt werden können, weil Energie nach wie vor zu günstig ist.» Gerade wegen diesen Widrigkeiten ist das NEST-Team um Largo auf der Suche nach neuen Ideen und Partnern, welche diese aktiv vorantreiben wollen: «Wir müssen etwas bewegen und
umsetzen.» Neben aktivem Engagement sind auch gewisse Gegenleistungen und Sonderkonditionen gefragt, um die Kosten zu senken. Als Partner kommen alle Firmen, unabhängig von deren Grösse und Finanzkraft in Frage. Kleinere Firmen testen häufig ein einziges Produkt innerhalb einer Unit, grössere haben die Kapazität, als Hauptpartner bei der Konzeption einer Unit mitzuwirken. An einer Unit ist eine Vielzahl von Partnern aus Forschung und Wirtschaft beteiligt. Der daraus resultierende Austausch ist ganz im Sinne des NEST-Teams: «Wir sind ein Enabler, der Leute zusammenbringt.» NEST-RÜCKGRAT – DAS BLEIBENDE ELEMENT Drei auskragende Betonplattformen, angeordnet um einen zentralen Atrium- und Erschliessungskern, bilden das Grundgerüst des neuen Gebäudes. Es bleibt während der geplanten Nutzungsdauer des NEST s von mindestens zwanzig Jahren unverändert bestehen. Die Haustechnik versorgt die wechselnden Einheiten in den Extremitäten über 15 Schnittstellen mit Wasser, Wärme und Elektrizität. Was sich im NEST einnistet und funktioniert, wird nach Aussen auf den Markt getragen: Prototypen für das Haus der Zukunft. Die architektonischen Anforderungen an das weltweit einzigartige Projekt waren entsprechend hoch.
So könnte NEST dereinst aussehen: Das Gebäudelabor auf dem Empa-Gelände in Dübendorf bietet Raum für Experimente im Bau- und Energiebereich. Visualisierung: Empa, Gramazio Kohler Architects
Der Auftrag, ein Gebäude zu entwerfen, das die Durchführung von bautechnologischen Experimenten erlaubt, aber auch als Gästehaus für Besucher und Forscher fungiert, ging an das Architekturbüro Gramazio & Kohler. Während dem Bau hat sich insbesondere die Verknüpfung des Bau- und des Innovationsprozesses als herausfordernd erwiesen: «Der Bau geht davon aus, dass sich nichts ändert. Im Innovationsprozess tauchen dagegen immer wieder Störungen auf. Die zentrale Frage war: Wie schaffen wir es, eine flexible Infrastruktur zu bauen, die es uns erlaubt immer wieder neue Sachen zu machen?», erzählt Largo. Eine weitere, jedoch für Largo nicht sonderlich überraschende Herausforderung, stellte eine Einsprache aus der Nachbarschaft dar, die den Bau um rund ein Jahr verzögerte: «Die Einsprache ist sowas wie die fünfte Landessprache der Schweiz.» Insgesamt hat der Bau des Backbones die Träger der öffentlichen Hand* 20 Millionen Franken gekostet. Pro Einheit kommen je nach Grösse und Eigenleistung der Wirtschaftspartner nochmals ein bis zwei Millionen Franken an Kosten dazu. ERSTE NEST-BEWOHNER UND NACHZÜGLER Zwei Einheiten – «Meet2Create» und «Vision Wood» – sind bezugsbereit, sechs befinden sich noch in Planung (siehe Kasten): «Meet2Create», eine Bürolandschaft mit drei klimatisch und energetisch speziell konzipierten Räumen, dient als Labor für die mobile und flexible Arbeitswelt der Zukunft. Hauptforschungspartnerin von «Meet2Create» war die Hochschule Luzern (HSLU). Eine Besonderheit der Unit ist ein Drehbalkon, mit dem man sich aus dem Büro an die frische Luft schwingen kann. Genutzt und getestet werden die Räume von Mitarbeitenden der
HSLU, der Empa und der verschiedenen Wirtschaftspartner – auch Reto Largo gehört zu den Testpersonen. Ein altbewährter Werkstoff wird neu entdeckt: «Vision Wood» ist eine Wohneinheit, die Raum für Holzinnovationen bietet. Lösungen für ökologisches Bauen sollen mit ansprechendem Design verknüpft, das Anwendungsspektrum von Holz verbreitert, neue Funktionen entdeckt und Eigenschaften verbessert werden. Anders als bei der «Meet2Create»-Unit wurde «Vision Wood» weitgehend vorgefertigt angeliefert. Der Einbau und Anschluss der sieben «Vision Wood»-Module im NEST dauerte lediglich einen knappen Monat. Eine «strategische Programmierung» im Vorfeld habe dafür gesorgt, dass es thematisch keine grösseren Überschneidungen zwischen den Units gibt, erzählt Largo: «Bevor wir auf potentielle Partner zugegangen sind, um zu schauen, ob Energie und Potential für ein Thema vorhanden ist, haben wir im Team diskutiert, wo NEST etwas bewegen will.» Wie lange die Einheiten im NEST bleiben dürfen, stehe nicht eindeutig fest, sagt Largo: «Solange eine gewisse Forschungs- und Innovationsdynamik da ist und es Platz hat, soll eine Unit im NEST bleiben.» Klar ist, dass immer wieder Platz für Neues geschaffen werden müsse: «Schliesslich wissen wir nicht, welche Fragen und Themen in fünf Jahren aktuell sind.» So wird das NEST seine Schöpfer auch nach der Eröffnung noch lange auf Trab halten. * Zu den grössten Trägern zählt der ETH-Rat, das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), das Bundesamt für Energie (BFE), der Kanton Zürich, die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), deren Schwesterinstitut Eawag für Wasserforschung sowie die Ernst-Göhner-Stiftung.
FÜNF UNITS IN PLANUNG SOLARES FITNESS & WELLNESS Stromproduktion mit Körpereinsatz, Wellness mit Solarenergie. Ziel ist die nachhaltige Erfüllung eines wachsenden gesellschaftlichen Bedürfnisses. Realisiert vom Schweizerisch-Liechtensteinischen Gebäudetechnikverband suissetec, wird die Unit voraussichtlich Ende 2016 in Betrieb genommen. HILO Das Plus-Energie-Haus der ETH – ein zweigeschossiges Penthouse – soll 2017 in Betrieb genommen werden. Getestet werden Ultra-Leichtbau-Konstruktionen für Boden und Dach sowie eine intelligente Solarfassade. Hilo bietet akademischen
Gästen Wohn- und Arbeitsraum. URBAN MINING Abfall als Rohstoff: Die Unit Urban Mining will die Stoffkreisläufe schliessen. Dafür sollen im Bau recycelte und recycelbare Materialien verwendet werden. Die Einheit wird voraussichtlich 2017 in Betrieb genommen. DIGITALE FABRIKATION Die nahtlose Verbindung des physischen Bauprozesses mit digitalen Technologien ermöglicht die Umsetzung von bisher ungeahnten Architekturen. Gebäude können effizienter und nachhaltiger gebaut werden. Partner sind das NCCR Digital Fabrication sowie die
ETH Zürich. Die Unit wird voraussichtlich 2018 in Betrieb genommen. SOLACE Der Umgang mit Licht ist eine Lücke, die in der Klimatechnikbranche bislang aussen vor gelassen wurde. Die SolAce-Fassade wird mit Technologien ausgestattet werden, die Licht energetisch nutzbar machen und dieses auf eine komfortsteigernde Art und Weise ins Gebäudeinnere lenken. Gesucht werden Strategien zur Steuerung komplexer Fassaden, die gespickt mit Hochleistungssensoren und Mikrospiegeln sind. Im Jahr 2017 soll SolAce einsatzbereit sein.
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ENERGIE
5 Sterne für Energieeffizienz THE DOLDER GRAND Durch die Zusammenarbeit mit der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) bietet das Dolder Grand seinen Gästen nicht nur einen ausgezeichneten Service, sondern leistet auch einen wertvollen Beitrag für die Umwelt. Im Vergleich zum Jahr 2000 hat das Dolder Grand seinen durchschnittlichen CO2 -Ausstoss gar halbieren können. TEXT A N N I N A H A L L E R
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ast schlossartig thront das Hotel Dolder Grand hoch über Zürich. Das erstmals 1899 eröffnete Hotel bietet seinen Gästen seit jeher Service und Ambiente der Extraklasse. In seiner über 115-jährigen Geschichte wurde es von Politikern, Stars und Royals aus aller Welt mit Besuchen beehrt. Michail Gorbatschow, Sophia Loren und Prince Charles sind nur drei von zahlreichen illustren Gästen, die das Dolder Grand schon beherbergen durfte. 2008 wurde das Luxushotel nach mehrjährigem Umbau wiedereröffnet und erstrahlt seither in neuem Glanz. LUXUS VERSUS ENERGIEEFFIZIENZ Ist bei so viel Glanz und Luxus eine energieeffiziente Bewirtschaftung überhaupt möglich? «Wir bekommen öfter das Vorurteil zu hören, dass ein Luxushotel und Energiespa-
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ren nicht zusammenpassen», meint Patrick Stäheli, Director of Engineering der Dolder Hotel AG. Das entspreche aber nicht der Realität. Die Wirtschaftlichkeit des gesamten Betriebs sei besonders nach der Renovation deutlich mehr gestiegen als der Energieverbrauch. «Das deute ich als wesentlichen Erfolg für unser Haus», sagt Stäheli. Das Erlebnis des Gastes steht nach wie vor an erster Stelle. Erst wenn der Gast seinen Aufenthalt zu vollster Zufriedenheit gestalten kann, kann auch das Dolder Grand von einem Erfolg sprechen. Dem stimmt auch
Thomas Pesenti, der für den Betrieb zuständige Berater der EnAW, zu: «Manchmal ist es eine Herausforderung für das technische Personal, gewisse Massnahmen umzusetzen. Der Kundenwunsch steht schliesslich über allem.»
Luxus und Energiesparen schliessen sich nicht aus. Das Dolder Grand macht es vor. Bilder: zVg
Patrick Stäheli, Director of Engineering der Dolder Hotel AG: «Wir wollen aus unseren Fehlern lernen und von Anfang an energieeffizient planen.»
POTENZIAL VOLL AUSSCHÖPFEN Die Massnahmen erarbeitet das Dolder Grand seit 2013 in Zusammenarbeit mit der EnAW im KMU-Modell. Bereits 2005 stieg die Dolder Hotel AG als Teilnehmerin der EnAW ein, damals noch im Energie-Modell. Nach einer Neubewertung wechselte man zum KMU-Modell: «Nun sind wir sehr zufrieden. Das neue Modell passt ideal zu unseren Bedürfnissen», meint Stäheli. Im ersten Massnahmenpaket mit einem Zeithorizont von 2014 bis 2016 sind insgesamt 15 kleinere und grössere Massnahmen
aufgeführt. Ein nicht unbedeutender Teil des Massnahmenpakets betrifft die Erdsondenwärmenpumpe. 2005 wurden 70 Erdsonden 150 Meter tief in die Erde versenkt. Die Erdspeichertechnik dient der Kühlung im Sommer und der Heizung im Winter. «Man hat das Erdsondenfeld normal eingebaut, aber scheinbar nie nachgeprüft, ob auch alles einwandfrei funktioniert», so Stäheli. Nach einer gewissen Zeit habe man tatsächlich Mängel festgestellt. Der Energieverbrauch war nicht ablesbar, was die Handhabung einer energieeffizienten Führung der Haustechnik stark erschwerte. Aus diesem Grund war es Stäheli ein Anliegen, als erstes ein Ablese- respektive Zählsystem einzurichten. Das erleichtere auch die Arbeit für die EnAW, da mit konkreten Zahlen und Werten gearbeitet werden könne. «Aufgrund der anhaltenden Probleme wird zudem die Wärmepumpe bereits in diesem Jahr ersetzt», ergänzt Pesenti. AUF DEM VORMARSCH MIT LED Energieintensive Bereiche sind insbesondere die Klimatisierung, die Beleuchtung und die Küche. Zahlreiche Massnahmen drehen sich daher beispielsweise um die Verbesserung der Leuchtmittel. Wo möglich werden statt herkömmlicher Leuchtmittel neu LED eingesetzt. Mit einem Ersatz der Aussenleuchten, der Wandleuchten im Hauptgebäude sowie der Deckenspots im Poolbereich können jährlich bis zu 150 Megawattstunden Energie eingespart werden. Diese Einsparung allein entspricht dem ungefähren durchschnittlichen Verbrauch
ENERGIESPARTIPPS FÜR HOTELIERS BEHALTEN SIE DEN ÜBERBLICK Viele Systeme in Hotels sind auf Weihnachten und Neujahr ausgerichtet. Sie sind deshalb vielfach überdimensioniert, nicht optimal eingestellt und befinden sich im Dauerbetrieb. Optimieren bedeutet, zuerst die bestehenden Anlagen bedarfsgerecht zu bewirtschaften und anschliessend den Ersatz von alten Anlagen im Rahmen eines Gesamtkonzepts zu planen. STELLEN SIE AUF LED UM Mit neuester LED-Technik können Sie (im Vergleich zu herkömmlichen Leuchtmitteln) Ihre Beleuchtungskosten um 80 Prozent senken, ohne dabei die Atmosphäre Ihres Betriebs zu beeinträchtigen. PASSEN SIE DIE LÜFTUNGEN AN Nicht nur mit dem Rauchverbot haben sich die Anforderungen an die Lüftungen von Räumlichkeiten grundlegend geändert – viele sind heute überdimensioniert. Mit kleinsten Anpassungen reduzieren Sie die Luftmengen sowie Betriebszeiten und sparen damit sowohl Strom als auch Heizkosten.
ENAW ENERGIE-AGENTUR DER WIRTSCHAFT Die EnAW bietet ihren Teilnehmern einen Rund-um-Service im Bereich EnergieManagement mit von Behörden anerkannten Produkten, Dienstleistungen und ISO-50001-konformen Tools. In der Umsetzung setzt sie auf wirtschaftliche Effizienzmassnahmen, die den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoss jedes Unternehmens senken. Die EnAW ist eine Non-Profit-Organisation von der Wirtschaft für die Wirtschaft. www.enaw.ch
von 20 Einfamilienhäusern pro Jahr. Des Weiteren soll durch den Einsatz von Präsenzmeldern bei Gäste- und Mitarbeiterparkplätzen bis Ende 2016 dort Energie eingespart werden, wo sie nicht gebraucht wird. Die Leuchtdauer in schwach frequentierten Zonen wird so auf das nötige Minimum gesenkt. Insgesamt können mit den vereinbarten Massnahmen 2016 im Vergleich zum Jahr 2012 rund 500 Megawattstunden Energie und 125 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Das Dolder Grand profitiert dabei auch von der Rückerstattung der CO2-Abgabe. «Die Rückerstattung deckt unseren Teilnahmebeitrag für die EnAW gleich wieder. Nur schon aus diesem Grund lohnt sich die Teilnahme für uns. Ausserdem können wir so gleich in neue Massnahmen investieren, die wir mit der EnAW ausarbeiten», sagt Stäheli. ZUKUNFTSPROJEKT DOLDER WALDHAUS «Leider wurden bei der Planung des Neubaus nicht immer alle möglichen Lösungen in Betracht gezogen. Aus diesem Grund wollen wir beim Dolder Waldhaus aus diesen Fehlern lernen und von Anfang an energieeffizient planen», so Stäheli. Er spricht vom Zukunftsprojekt Dolder Waldhaus, das Ende 2016 in Gang gesetzt werden soll. Das heutige Gebäude befindet sich noch zu einem grossen Teil im Originalzustand. Deshalb entsprechen die haustechnischen Anlagen weder betrieblichen noch energetischen Ansprüchen. Die Dolder Hotel AG sieht Handlungsbedarf und möchte das heutige Gebäude bis 2018 durch einen Neubau ersetzen. Und zwar von Anfang an mit energieeffizienten Lösungen. «Mit der jetzigen Unterstützung durch die EnAW können wir die Energieeffizienz beim Dolder Waldhaus schon in der Planungsphase berücksichtigen. Die EnAW hat uns viele Türen zu starken Partnern öffnen können», resümiert Stäheli. Nr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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GELD
Fast zu gut, um wahr zu sein PRIVATMARKTANLAGEN Attraktiv wären Private-Equity-Anlagen selbst dann noch, wenn sie künftig nur noch halb so rentabel wären wie in der Vergangenheit. Allerdings müssen Privatanleger die Filetstücke dieser Anlageklasse den Institutionellen überlassen. Doch auch so lohnt sich der Einstieg. TEXT F R E D Y G I L G E N
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ird Geld anlegen endgültig zur Mission impossible? Sowohl private als auch institutionelle Anleger sind im Verlauf der letzten Monate immer ratloser geworden. Aktien und Immobilien scheinen weiterhin als zu hoch bewertet, das Absturzrisiko wirkt entsprechend gross. Bei Festverzinslichen wandert der Zins Kommastelle um Kommastelle hinter die Null. Immer häufiger müssen die Halter solcher Papiere drauflegen. Gold und Rohstoffe sind heuer zwar flott vorangekommen, erscheinen vielen Privatanlegern aber als zu schwankungsanfällig. Sie trauen den Preissteigerungen noch nicht so recht. DIE ALTERNATIVEN SIND HOCH IM KURS Es erstaunt deshalb nicht, dass sich die Investoren wieder häufiger bei den sogenannt alternativen Anlagen wie Derivaten, Hedgefonds oder Cat-Bonds umschauen. Besonders ins Auge gestochen sind ihnen in jüngster Zeit aber Private-Equity-Investitionen (PE), winken hier doch fast schon irreale zweistellige Renditen. Die wundersamen Fakten lassen sich schwarz auf weiss nachlesen: Im rollenden Mehrjahres28
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vergleich erreichten PE-Anlagen über die letzten zwanzig Jahre Renditen von stolzen 15 bis 20 Prozent. Pro Jahr, wohlverstanden. An den Aktienmärkten waren in dieser Zeit rund neun Prozent zu holen. Auch in den letzten drei Jahren hat diese vor allem für institutionelle Investoren konzipierte Anlageklasse glänzend abgeschnitten. Geschmack gefunden an dieser Anlagekategorie haben demnach vor allem Pensionskassen, Versicherungen und ganz speziell Family Offices. Diese setzen nach Angaben des Finanzdienstleistungsunternehmens Complementa schon bis zu zehn Prozent auf Private Equity. Bei Pensionskassen liegt der PE-Anteil weltweit bei vier bis sechs Prozent, die meisten helvetischen Kassen sind deutlich zurückhaltender. Sie setzen im Durchschnitt erst zu rund einem Prozent auf diese Anlageform. AUSSERBÖRSLICH SCHLÄGT BÖRSLICH Klar ist aber, dass bei diesen Performancezahlen auch Privatanleger der Hafer stechen müsste. Doch die Hürden für sie sind hoch und vielfältig: «Direkte Investitionen in privat gehaltene Firmen setzen einen relativ hohen Kapitalbedarf voraus, der die Mög-
Wer in Private-EquityAnlagen investiert, benötigt Geld und Geduld auf Vorrat: Nach drei bis acht Jahren zeigt sich, ob die Investition gewinnbringend war.
lichkeiten der meisten Privaten bei weitem übersteigt», sagt Rainer Ender, Managing Director des Zürcher PE-Dienstleistungsunternehmens Adveq. Die Mindestinvestitionssumme beträgt in der Regel zwischen drei bis zehn Millionen Franken. Die hohen Beträge liegen in der Natur der Sache: Private Equity bedeutet nämlich nichts anderes als Geldanlagen in nicht börsenkotierte Unternehmen. Man spricht auch von ausserbörslichem Eigenkapital im Gegensatz zum börslichen Eigenkapital – Aktien also, die an einer Börse kotiert sind. Die Mittel, die über PE-Investoren in solche Unternehmen fliessen, werden in der Regel zur Entwicklung von neuen Produkten und Technologien, zur Aufstockung des Betriebskapitals oder zur Finanzierung von Übernahmen verwendet. Sehr häufig stellen die Investoren dabei nicht nur Kapital zur Verfügung, sondern unterstützen auch das Management auf vielfältige Art und Weise. Ziel ist es, am Ende des Investitionszeitraums von üblicherweise drei bis acht Jahren einen Gewinn zu erwirtschaften, etwa durch den Verkauf der Beteiligung oder durch den Börsengang des Unternehmens. Das bedeutet aber auch, dass das Kapital jahrelang gebunden ist. Ein guter Teil der
VIEL RÜCKENWIND FÜR PE-ANLAGEVEHIKEL
Avadis Private Equity Welt IV Castle Private Equity AG Partners Group Listed Investments SICAV - Listed Private Equity USD iShares Listed Private Equity UCITS ETF Partners Group Listed Investments SICAV - Listed Private Equity P Lyxor UCITS ETF Privex D-EUR Avadis Private Equity Welt III SEB Listed Private Equity Fund C Avadis Private Equity Welt VI PowerShares Global Listed Private Equity UCITS ETF Kotierte Aktien mit Private Equity-Bezug Partners Group Private Equity N
Anbieter Avadis LGT CS Black Rock CS Lyxor Avadis SEB Avadis Invesco
Valor 1960608 4885474 1902992 3007862 1902991 2857843 1318429 4605619 3097785 3567555
Kurs 150.772 15.5 141.34 16.24 150.22 6.21 91.679 215.18 126. 634 8.25
Währung CHF CHF USD USD EUR EUR CHF EUR CHF EUR
Performance (in %) 1 Jahr 3 Jahre 9.62 65.43 12.32 37.9 1.14 18.69 -2.79 11.61 -0.74 17.5 1.38 14.17 24.29 57.85 -12.57 3.76 4.18 31.1 -3.71 12.29
5 Jahre 161.69 125.66 40.21 41.82 38.91 49.00 136.85 46.25 80.45 33.18
Für Private geeignet nein ja ja ja ja ja nein ja nein ja
2460882 608992
397.25 67.00
CHF CHF
38.20 11.20
137.40 38.20
ja ja
68.20 24.10
Quelle: SIX, Cash
Bildquelle: Depositphotos.com, BrianAJackson
hohen Rendite ist somit eine Illiquiditätsprämie. Ein anderer Teil resultiert daraus, dass verschiedene Unternehmensphasen wie die Startphase oder Turnarounds abgedeckt werden, die lukrative Marktchancen bieten. Zudem wird auch in kleinere Unternehmen investiert, die auf den öffentlichen Märkten nur wenig abgedeckt sind.
STRATEGIEN FÜR PRIVATE-EQUITY-ANLAGEN VENTURE CAPITAL: Bei dieser Hauptkategorie von Private Equity handelt es sich um privates Risikokapital, das zur Finanzierung von jungen Firmen mit hohem Wachstumspotenzial (Startups) eingesetzt wird. Die Erträge sind am Anfang des Lebenszyklus noch nicht absehbar. Entsprechend hoch ist das Risiko. Ein Totalverlust lässt sich hier nicht ausschliessen. Dafür weist das Venture Capital auch das stärkste Renditepotenzial auf. BUYOUT: Kauf von Schuld- und Beteiligungstiteln zur Kontrollübernahme eines Unternehmens. Bei einem sogenannten Management-Buy-Out (MBO) wird das Unternehmen oder Teile davon durch die Führungskräfte übernommen. Um Finanzierungslücken zu schliessen, beteiligen sich oft Private-Equity-Gesellschaften an solchen Deals. Wird das Unternehmen an die Börse gebracht, wie im April der Rheintaler Vakuumventilhersteller VAT, winken schöne Gewinne. SPEZIALSITUATIONEN: Firmen mit Problemen oder bereits überschuldeten Firmen wird unter die Arme gegriffen. Oder Sekundärmarktfonds erwerben bereits laufende Private Equity Investments zu einem günstigeren Preis.
LANGE HALTEDAUER, HOHE KAPITALINTENSIVITÄT Welche Strategie aber auch gewählt wird: PE ist eine Anlageklasse mit einem langfristigen Anlagehorizont: «Sie ist zudem ein wenig liquides Anlageinstrument und bedingt eine aufwendige Administration», betont Ivana Reiss, Geschäftsführerin der Avadis Anlagestiftung. Trotz all dieser Hindernisse: der Zutritt ins aktuelle anlegerische Nirwana steht grundsätzlich auch Privaten offen. Nämlich via Anlagefonds oder ETF, die in PE oder PE-Fonds investieren. Mit acht Titeln ist das Angebot in der Schweiz allerdings noch
mager. Es gilt ausserdem zu beachten, dass die Liquidität dieser Instrumente oft gering ist. Dafür sind die Kosten dieser Produkte oft beachtlich. Der grösste Nachteil ist aber der sachbedingte hohe Discount auf dem inneren Wert. Untersuchungen zeigen, dass börsennotierte Fonds je nach Anlagestrategie im
Durchschnitt um mehrere Prozent pro Jahr schlechter abschneiden als nicht börsennotierte Produkte. Als Folge der Börsenkotierung geht mit andern Worten ein Teil des Reizes von PE-Anlagen umgehend wieder verloren. In den letzten Jahren spielten diese Bremseffekte aber kaum eine Rolle: Viele dieser Anlagevehikel sind im Fünfjahresvergleich um hohe zweistellige Zuwachsraten gestiegen (siehe Tabelle). MEHRPERFORMANCE WIRD BESTEHEN BLEIBEN Die Pensionskasse der Manor-Warenhausgruppe, die seit 18 Jahren auf Private Equity setzt, hat mit ihren PE-Anlagen seither im Schnitt rund drei Prozent Mehrperformance gegenüber dem MSCI-Weltaktienindex erzielt. Und dies nach Abzug aller Kosten. «Wir haben die Fondbeteiligungen durch alle Marktphasen durchgezogen und deshalb das Entgelt für die lange Haltedauer und die Illiquidität der Anlageklasse kassiert», betont PK-Leiter Martin Roth. Er geht auch in Zukunft von rund drei Prozent Mehrperformance gegenüber Aktienanlagen aus. Adveq-Chef Rainer Ender rechnet gar mit einem Plus von rund vier Prozentpunkten. Nr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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GELD
Auf den letzten Drücker NACHFOLGEPLANUNG Gefragt ist echte Weitsicht. Denn Nachfolgeprobleme bei Unternehmen können nicht von heute auf morgen gelöst werden. Verschiedene Studien zeigen, dass fünf und mehr Jahre Vorbereitung für ein gutes Ergebnis die Regel sind. TEXT F R E D Y G I L G E N
Die Nachfolge will sorgfältig geplant sein, denn: Nur rund ein Drittel der Unternehmen überleben den «Generationen-Transfer».
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ommt Zeit, kommt Rat. Die oft bewährte Methode, ein Problem einfach auszusitzen, ist bei Nachfolgeproblemen in Unternehmen fehl am Platz. Im Gegenteil: Man kann diese Angelegenheit eigentlich gar nicht früh genug in Angriff nehmen. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist es wichtig, die betroffenen Firmen möglichst frühzeitig zu identifizieren. So können sie rechtzeitig von Übergabeberatern kontaktiert und proaktiv unterstützt werden. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn die Inhaber dieser Unternehmen nicht oder nicht ausreichend für das Thema sensibilisiert oder aus emotionalen Gründen noch nicht bereit sind, von ihrem Lebenswerk loszulassen. BIS ZU 70 000 UNTERNEHMEN BETROFFEN Aktuell sind in unserem Land je nach Stu-
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die 50 000 bis 70 000 Unternehmen mit bis zu einer Million Arbeitnehmenden ernsthaft und dringlich mit diesem Problem konfrontiert. Diese Unternehmen müssen ihre Nachfolge in den nächsten fünf Jahren unbedingt lösen. Denn im Schnitt dauert die Übergabe eines Unternehmens an den Nachfolger in der Schweiz immerhin rund fünf Jahre, wie das Wirtschaftsinformationsunternehmen Bisnode D&B ermittelt hat. Nicht selten betragen die Vorlaufzeiten sogar zehn Jahre und mehr. Deswegen sollte sich ein Unternehmer allerspätestens im Alter von 60 Jahren um seine Nachfolge kümmern, erklärt Bisnode D&B. Bedenklich: Rund 30 Prozent aller Unternehmen können nicht übertragen werden, weil sich der Inhaber nicht oder zu spät um seine Nachfolge gekümmert hat. Das kann
zur Liquidation des Unternehmens führen. Arbeitsplätze, Knowhow und Kapital gehen so völlig unnötig verloren. Andere Studien zeigen, dass nur rund ein Drittel der Unternehmen den Transfer von der ersten auf die zweite Generation und von der zweiten auf die dritte Generation überlebt. Der häufigste Grund für das Scheitern einer Nachfolgregelung – wen wunderts – sind Streitigkeiten zwischen den Familienangehörigen. Deshalb raten Fachleute dringend, dass nicht nur die direkt Betroffenen bei der Nachfolgeplanung miteinbezogen werden, sondern die ganze Familie. «Dies gilt explizit auch für die Familie des Nachfolgers. Für diese bedeutet die Nachfolge den Wechsel zu neuen Lebensbedingungen», unterstreicht der Berner Professor Andreas Hack. Der neue Status
mentiert der Berner Professor. Es gehe eben nicht nur um die rein rechtliche Übertragung des Unternehmens, zum Beispiel durch die Erstellung eines Erbvertrages oder die Vorbereitung von Verkaufsverträgen, sondern ebensosehr um die Weitergabe der Managementverantwortung und auch um heikle steuerliche Fragen. Schliesslich soll die steuerliche Belastung durch die Übergabe nicht in die Höhe schnellen. Die Nachfolgesituation bietet erhebliche Chancen und Risiken. Das neue Management kann beispielsweise neue Ideen und eine höhere Bereitschaft zum unternehmerischen Handeln einbringen. Zu den grössten Risiken zählen dagegen, wenn sich die Wünsche und Bedürfnisse des Übernehmenden, des Übergebenden sowie des Unternehmens nicht decken. Es ist wichtig, dass unterschiedliche Auffassungen nicht tabuisiert und unter den Teppich gekehrt werden. Denn Probleme wie diese sind häufig das Resultat einer mangelhaften Kommunikation.
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als (Mit)Unternehmer sei ja in der Regel mit höheren Risiken, auch für die Familie, und mit einer höheren Arbeits- und Zeitbelastung verbunden. AM SCHNELLSTEN MIT MANAGEMENT-BUY-IN Falls eine Übergabe zustande kommt, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Die Weitergabe des Unternehmens innerhalb der Familie oder die Übergabe an eine familienexterne Person. Die wichtigsten Übertragungsformen sind der Family-Buy-Out (FBO), der Management Buy-Out (MBO) sowie der Management-Buy-In (MBI). Bei Letzterem wird die Unternehmensleitung an ein externes Management übertragen. Es ist auch die schnellste Übertragungsmöglichkeit. Im Durchschnitt dauert ein MBI vom Erstkontakt bis zur definiti-
ven Übergabe gerade einmal 1.6 Jahre. Bei einem MBO sind es 3.3 Jahre und beim FBO sogar 6.6 Jahre. Nach Angaben von Bisnode D&B erfolgt die Firmenweitergabe in unserem Land zu je 40 Prozent durch ein FBO und durch ein MBI. Via Management-BuyOut werden dagegen nur 20 Prozent der Firmen übertragen. SCHWIERIGER ALS MAN DENKT Immer wieder wird die Komplexität des Nachfolgeproblems schlicht unterschätzt. Eine oft von Unternehmern gehörte Meinung lautet zum Beispiel: «So kompliziert kann es ja gar nicht sein. Ich gehe bei Gelegenheit einfach einmal zum Notar und überschreibe meinem Sohn den Betrieb.» «Ob die Kontinuität des Unternehmens so gesichert werden kann, ist aber mehr als fraglich», kom-
HILFE VON VIELEN SEITEN Immerhin: Bei der Lösung seines Nachfolgeproblems ist der Unternehmer nicht ganz allein. Die betroffenen (Haus-)Banken und die jeweiligen Geschäftspartner, aber auch die Mitarbeiter haben alle ein Interesse daran, dass eine Übergabe nicht scheitert. Besonders von Bankenseite her darf der Unternehmer also mit einiger Unterstützung rechnen. Hilfe gibt es auch von den Hochschulen, unter anderem von der Universität Bern. Zu den Schwerpunktthemen des Instituts für Organisation und Personal zählt die Nachfolgereglung im Familienbetrieb. Mit welchen Verfahren kann der richtige Nachfolger gefunden werden, wenn sich innerhalb der Familie niemand findet? Solche und ähnliche Fragen hat der neue Institutsdirektor Andreas Hack auf seinem Forschungsprogramm. Mitte 2013 wurde zudem das Succession Center als unabhängige Webseite ins Leben gerufen. Betrieben wird es durch die Centralize GmbH. Diese Firma hat es vor zwei Jahren im Rahmen der SwissUpStart Challenge der Fachhochschule Nordwestschweiz auf den zweiten Rang geschafft. Nach eigenen Angaben verfügt das Succession Center über das grösste Verzeichnis an Nachfolge-Spezialisten. Die Vision des Centers ist es, beim Problem der Nachfolge umfassende Hilfestellung zu leisten. Dies, indem Unternehmer rechtzeitig mit potenziellen Nachfolgern zusammengeführt werden – automatisch und preiswert. Zudem werden den Benutzern Nachfolge-Spezialisten, Veranstaltungen und Publikationen vorgestellt. Nr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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PROMOTION
ÜBER DIE AXA WINTERTHUR
Cyberversicherung für KMU Cloud-Computing, E-Commerce, Open-Source-Systeme: Geschäftsprozesse laufen zunehmend digital ab. Diese Entwicklung erleichtert den Arbeitsalltag, eröffnet aber Computerviren und schädlicher Software neue Möglichkeiten. Gerade kleinere Unternehmen sind ein attraktives Ziel für Cyberkriminelle. Die AXA Winterthur bietet mit der Cyberversicherung Abhilfe.
Hackerangriffe, Viren, Schadsoftware und Datenklau – die Zahl der Cyberangriffe ist in den letzten Jahren stark angestiegen; Netzwerkrisiken zählen mittlerweile zu den grössten Bedrohungen für Unternehmen. Laut der Studie «Cyber Risk: Risikomanagement und Versicherbarkeit» der Universität St. Gallen waren im vergangenen Jahr mehr als 90 Prozent aller Unternehmen Ziel von Hackerangriffen. Kleinere und mittlere Unternehmen fühlen sich Umfragen zufolge kaum davon betroffen, doch
sie wägen sich zu Unrecht in Sicherheit: Gerade weil sie die Risiken mangelnder IT-Sicherheit häufig unterschätzen und dadurch unzureichend geschützt sind, bilden sie ein attraktives Ziel für Cyberkriminelle. VOLLUMFÄNGLICHER SCHADENSERVICE Wenn die IT eines Unternehmens Lücken aufweist, kann das nicht nur für die Firma selbst, sondern auch für ihre Kunden weitreichende Konsequenzen haben: Daten können
PRÄVENTIONSTIPPS – DAS SOLLTEN KMU BEACHTEN Mit ein paar einfachen Tipps können sich Unternehmen vor Übergriffen schützen: – Führen Sie regelmässig Updates und automatisierte Backups der Betriebssysteme (Windows, Mac OS X) durch. – Verwenden Sie eine Netzwerk-Firewall für Ihr Firmennetzwerk. – Eine Personal Firewall und ein Virenschutz mit automatischer Aktualisierung auf dem PC schützt Ihr Netzwerk zusätzlich. – Machen Sie Passwortvorgaben wie z. B. mindestens acht Zeichen mit Ziffern, Buchstaben und Sonderzeichen sowie eine Pflicht zum regelmässigen Ändern des Passwortes. – Achten Sie darauf, dass normale Benutzer nicht mit Administratoren-Rechten ausgestattet sind.
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– Verschlüsseln Sie sensible Daten bei Versand oder Speicherung auf mobilen Datenträgern (Laptop, USB-Stick). – Verwenden Sie eine Webapplication-Firewall und lassen Sie einen technischen Sicherheitscheck (Penetrationstest) durchführen. – Führen Sie regelmässig ein Backup Ihrer Daten durch und verwahren Sie dieses an einem anderen Standort. Ein feuer- und diebstahlsicheres Behältnis schützt Ihre Daten zusätzlich. – Vermeiden Sie, dass Ihre Mitarbeitenden selbständig Software installieren oder ungeprüfte Dokumente und unsichere Datenformate öffnen.
Rund zwei Millionen Kunden vertrauen der AXA Winterthur. Sie setzen auf ihre Erfahrung und Beratung in der Personen-, Sach-, Haftpflicht- und Lebensversicherung sowie der beruflichen Vorsorge. Der führende Schweizer Versicherer ist ein dynamisches Unternehmen mit einer ambitionierten Vision: Den Kunden Freiräume über die finanzielle Sicherheit hinaus zu schaffen und so ein unbeschwertes Leben zu ermöglichen – mit einfachen, digitalen Prozessen und innovativen Produkten und Dienstleistungen rund um wichtige Lebensbereiche wie Mobilität, Wohnen oder Unternehmertum. Dafür setzen sich die rund 4000 Mitarbeitenden sowie die rund 2600 Kolleginnen und Kollegen in den 277 Generalagenturen und Agenturen Tag für Tag ein. Die AXA Winterthur gehört zur AXA Gruppe und erzielte 2015 ein Geschäftsvolumen von 11.1 Milliarden Franken.
durch Manipulation unbrauchbar gemacht oder gar gelöscht werden, Online-Bestellungen verlorengehen, eine Schadsoftware die Systeme blockieren. Im schlimmsten Fall droht ein direkter Ertragsausfall. Die Cyberversicherung der AXA Winterthur ist exklusiv auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten und bietet umfassende Leistungen. Konkret übernimmt die AXA Winterthur im Schadenfall folgende Kosten: – Wiederherstellungskosten von Betriebssystemen und Anwenderprogrammen – Wiederherstellungskosten von Daten – Entschädigung bei Betriebsunterbruch – Haftpflichtansprüche Dritter und Abwehr ungerechtfertigter Ansprüche Darüber hinaus bietet die AXA Winterthur gemeinsam mit einem externen Partner Präventionsmassnahmen zu Sonderkonditionen. Denn gute Prävention und ein effizientes Risikomanagement können die Wahrscheinlichkeit und das Ausmass eines Cyberschadens erheblich senken. Im Paket inbegriffen sind ein kostenloser Basis-Sicherheitscheck, die Analyse eingesetzter Hard- und Software sowie die Beratung zu technischen und organisatorischen Präventionsmassnahmen und deren Umsetzung.
DIGITAL
T V in der Bar VON V I C K A M A L O C A
In meiner Bar sollen Gäste die Spiele der Fussball-EM live mitverfolgen können. Was muss ich beachten?
S
tehen grosse Sportanlässe an, beschäftigen sich viele Betreiber von Bars, Cafés und Restaurants mit der Frage, wie sie ihren Gästen beste Unterhaltung bieten. Was viele nicht wissen: Für die öffentliche Ausstrahlung des TV-Programms gelten besondere Richtlinien. Dazu gehört etwa die Ausstrahlung im Gästebereich, aber auch im
Pausenraum für Mitarbeitende, der Kantine, im Büro und Empfangsbereich. TV-Angebote mit Live Pause, Replay- und Aufnahme-Funktion, wie wir sie von zu Hause her kennen, dürfen hier aus urheberrechtlichen Gründen nicht zum Einsatz kommen. Eine entsprechende Klausel ist in der Regel in den jeweiligen AGBs des Anbieters zu finden.
Grund ein TV-Angebot speziell für Geschäftskunden entwickelt, das eine abwechslungsreiche Unterhaltung ermöglicht. Schliesslich stossen nebst der Fussball-EM zahlreiche weitere Anlässe auf breites Interesse: Das können regionale Events, das nationale Schwing- und Älperfest oder gar die Olympischen Sommerspiele in Rio sein. Angesichts dieser Auswahl lohnt es sich, über eine langfristige TV-Lösung nachzudenken.
STETS UNTERHALTEN TV-Angebote für die kommerzielle, gewerbliche Nutzung sind in der Schweiz rar. Swisscom etwa hat aus diesem
KOMBI-ANGEBOTE Für die Ausstrahlung von TV in Ihrer Bar benötigen Sie eine TV-Box und Screens. Die Empfangsgeräte melden
Sie wie gewohnt bei der Billag an. Für Bildschirme respektive Projektionsflächen, deren Diagonale mehr als drei Meter misst, brauchen Sie darüber hinaus eine Bewilligung der Suisa. Je nach Angebot kann es sein, dass die TV-Lösung des Anbieters an andere Produkte gekoppelt ist, etwa einen leistungsfähigen Internetanschluss. Und: Mit den sogenannten Kombi-Angeboten haben Sie gleich alles, was Sie für eine zukunftsorientierte ITund Kommunikationsinfrastruktur benötigen: IP-Telefonie, Internet, TV und inkludierte Serviceleistungen. Sie beziehen alles aus einer Hand, können sich opti-
mal auf Ihre Gäste konzentrieren und gemeinsame TV-Erlebnisse schaffen. VICKA MALOCA
Die Autorin ist KMUBeraterin bei Swisscom und beantwortet Fragen zur Informations- und Kommunikationstechnologie. Sie haben eine Frage? Schreiben Sie unserer KMU-Beraterin unter www.swisscom.ch/kmuratgeber
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DIGITAL
Bestmögliche Verzahnung ABLAUFOPTIMIERUNG Ein gutes Prozessmanagement sorgt dafür, dass die unzähligen Rädchen eines Unternehmens reibungslos ineinander greifen. Schon heute ist es in vielen Betrieben ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensführung geworden – und wird dies künftig noch in viel stärkerem Ausmass sein. TEXT R A I N E R T E L E S K O U N D R O L A N D H Ä N N I
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ie Restrukturierung von Prozessen, ihre Optimierung und Dokumentation beschäftigt in den Unternehmen viele Fachabteilungen und die IT. Dennoch ist das Knowhow über die Abläufe des Prozessmanagements in vielen Firmen noch immer erstaunlich gering. Es werden regelmässig veraltete Modellierungsnotationen eingesetzt und es gibt oft keine Abstimmung zwischen Business und IT. Prozessmanagement wird vielerorts noch unter dem Reifegrad beziehungsweise dem Zielaspekt der «Dokumentation» betrieben, mit dem sich aber keine Effizienzverbesserung erzielen lässt. Eine moderne, in die Zukunft gerichtete Prozessmanagement-Architektur unterstützt dagegen alle Phasen eines Vorgehensmodells. In der Planungsphase geht es darum, Strategie und Modellierung der Abläufe zu analysieren. Dabei wird bestimmt, welche Produkte und Prozesse das Unternehmen anbieten möchte und wie der entsprechende Prozess dazu aussieht. In der Umsetzungsphase wird festgelegt, mit welchen IT-Tools und mit welcher Organisationsform die Prozesse in der Firma «abgebildet» werden. Im Anschluss ist entscheidend, wie die Prozesse effektiv ausgeführt werden. Zuletzt erfolgt die Analyse und Bewertung der Prozessleistung anhand von konkreten Messungen. PLANEN UND MODELLIEREN NACH MASS Bei der Modellierung zeichnet sich ab, dass die BPMN 2.0 (Business Process Model and Notation) – so wie die UML 2 in der IT – als «lingua franca» für die Modellierung der Fachseite eingesetzt werden wird. Die Toolunterstützung ist jetzt schon extrem breit, auf dem Markt ist alles verfügbar – von der leichtgewichtigen Modellierung im Browser bis hin zu komplexen Desktopanwendungen mit integrierten Auswertungs- und Analysefunktionen.
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AUSFÜHRUNG IN DER «WORKFLOW ENGINE» Beim «human-centric BPMS» geht es vorrangig um Workflow-Management-Systeme: Die von der Fachseite modellierten Prozesse werden so geformt, dass sie zur Ausführung in einer Workflow Engine verwendet werden können. Gateways werden zum Beispiel so modelliert, dass sie vom Computer eindeutig interpretiert werden können. Die Workflow Engine teilt die Ausführung der Aktivitäten
Eine gut geölte Maschine: Im Idealfall sorgt Prozessmanagement dafür, dass Unternehmensabläufe reibungslos vonstatten gehen. Bild: Depositphotos.com; buchachonphoto
den einzelnen Rollen und Personen zu und überwacht den Gesamtablauf. Workflow Engines gibt es als Open Source- oder als kommerzielle Lösungen. So etwa Produkte zur Ausführung von BPMN-2.0-Prozessen auf der Basis eines Java-Applikationsservers. Die OMG (Object Management Group) hat in der letzten Zeit die Standards für die Modellierung vorangetrieben. Neben der BPMN 2.0, welche die Modellierung von gutstruk-
turierten Prozessen unterstützt, wurden in jüngster Zeit die CMMN (Case Management Model and Notation) und DMN (Decision Model and Notation) herausgebracht. Die CMMN unterstützt die Modellierung bei komplexen und wissensintensiven Tätigkeiten beziehungsweise Fällen, bei denen der Fallbearbeiter auf Grund von eintretenden Ereignissen oder dem spezifischen Zustand des zugrundeliegenden Falls geeignete Tätigkeiten durchführt, deren Reihenfolge im Vorfeld nicht exakt definiert werden kann. Dazu gehören die Management-Strategie, frühe Phasen des Projektmanagements und Analyseprozesse, zum Beispiel im Marketingbereich. Die DMN ist eine Sprache zur Beschreibung von «Business Rules». Dabei wird das Geschäftswissen in Entscheidungstabellen formuliert, die in einem BPMN-Prozess integriert werden. Diese Trilogie BPMNCMMN-DMN ermöglicht nun auch die Ausführung komplexer unstrukturierter Prozesse in einer Workflow Engine. Dafür gibt es schon Softwarelösungen auf dem Markt. Neben dem «human-centric-BPMS» gibt es noch das «integration-centric BPMS», bei
dem vorrangig Maschinen mit Maschinen kommunizieren, etwa im Bereich des Supply Chain Managements. ANALYSE UND BEWERTUNG Mit einem Workflow-Management-System ist schon ein wesentlicher Schritt für die Analyse und Bewertung getan. Die Protokollierung vieler Masse – wie Durchlaufzeit, Pfaddurchlaufe, erfolgreiche Prozesse – erfolgt bei den meisten Tools automatisch und ermöglicht einen ersten Einstieg in die Analyse und Bewertung. Mit dem Business Activity Monitoring (BAM) gibt es ein neues Hype-Thema im Prozessmanagement. Dabei werden die Daten der einzelnen Prozessdurchläufe in Dashboards kundengerecht aufbereitet und dienen damit als Basis für die weitere Prozessverbesserung. KUNDENORIENTIERUNG ALS VORAUSSETZUNG Gut veranschaulichen lässt sich dies anhand des Beispiels eines Kunden eines Kreditkartenunternehmens während des Kundenlebenszyklus. Eine optimale Begleitung der Kundenbeziehung erfordert viele zielgerichtete Auswertungen von Kundendaten, damit sie zu einer hochwirksamen Ertragskraft und einem nachhaltigen Wachstum führen kann. Das Prozessmanagement fungiert sozusagen als Begleiter in diesem Prozess. Erst das Vorhandensein wichtiger Daten entlang der Kundenbeziehung ermöglicht die optimale Kundenpflege im CRM. Wenn sich die Investitionen eines Unternehmens im Kundenwert spiegeln sollen, dann muss sich ein effizientes CRM in allererster Priorität am Customer Lifetime Value (CLV) orientieren. Das ist der Deckungsbeitrag, den der Kunde im Verlauf seiner Customer Lifetime für das Unternehmen realisiert oder realisieren könnte, da es sich ja um ein Prognosemodell handelt. Wenn wir also davon ausgehen, dass Investitionen dort zu tätigen, beziehungsweise Ressourcen dort einzusetzen sind, wo sie den höchsten Ertrag generieren, müssen wir stets zwei Faktoren im Auge behalten: den Kundenwert per se und die Position des Kunden im Lebenszyklus. Ein optimales Prozessmanagement respektive CRM System kann uns genau diese Daten liefern. Bei Neukunden liegt es im Interesse des Kreditkartenunternehmens, deren Karteneinsatz möglichst zu forcieren, um rasch resultatswirksame Deckungsbeiträge zu erwirtschaften. Deshalb erkundigt sich das Finanzunternehmen unmittelbar nach der Zustellung der Karte beim Kunden, bei der Kundin, ob Karte und Pin für den Karteneinsatz vorhanden sind, klärt allfällige Fragen und stimuliert den ersten Karteneinsatz. Dadurch wird der
Zeitpunkt der Kundenaktivität, die sich auf den Deckungsbeitrag auswirkt, vorverlegt. Die Ansprache kann nach Kundenwert differenziert werden, das heisst Premiumkunden können zum Beispiel persönlich kontaktiert werden. POTENZIAL OPTIMAL AUSNUTZEN Bei Bestandskunden geht es um die Ausschöpfung des durchschnittlich pro Kunde berechneten CLV: Die Karteninhaber werden über erweiterte Möglichkeiten des Karteneinsatzes informiert und dazu animiert, bestimmte zusätzliche Services – im Idealfall kostenpflichtige – zu aktivieren. Vor allem bei Kunden mit einem hohen CLV, die ihre Karten nicht mehr einsetzen oder sie gekündigt haben, geht es darum, die Kündigung zu vermeiden oder eine bereits erfolgte Kündigung rückgängig zu machen. Zu diesem Zweck werden präzise Daten aus dem CRM respektive aus dem Prozessmanagementsystem benötigt. In jedem der geschilderten Fälle wird es also darum gehen, das Investment dem Potenzial der möglichen CLV-Ausschöpfung gegenüberzustellen. Damit das gelingen kann, müssen Kundenprofile in den Systemen definiert und mit entsprechenden Kampagnen verknüpft werden. Dazu werden in einem Data Ware House (DWH) kundenindividuelle Verhaltensmerkmale erfasst und ausgewertet. Die systematische Bewertung der Kampagnenerfolge in der relevanten Kundengruppe hilft, zukünftige Strategien bezüglich der Kundenansprache in der jeweiligen Zyklus-Phase zu optimieren, um eine werthaltige Beziehung aufzubauen oder zu erhalten. Mit den heute verfügbaren Technologien, Systemen und Methoden der Analyse sowie Best Practices zahlreicher Branchen verfügen Unternehmen über einen spannenden Ansatz zur Generierung eines nachhaltigen Wachstums. DIE AUTOREN
Prof. Dr. Rainer Telesko ist Professor für Geschäftsprozessmanagement und Software Engineering an der Hochschule für Wirtschaft FHNW. Prof. Roland Hänni ist Professor für Marketing an der Hochschule für Wirtschaft FHNW.
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MOBIL
Unterwegs in Nachbars Auto SHARED MOBILITY Teilen liegt im Trend, Besitz verliert an Bedeutung. Nun hat die Sharing Economy auch den Mobilitätsbereich erfasst. Gut so, findet Mobilitätsforscher Thomas Sauter-Servaes, dem die Ineffizienzen im Individualverkehr schon lange ein Dorn im Auge sind. INTERVIEW A N O U K A R B E N Z U N D D E L I A B A C H M A N N
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ir teilen gerne – erst recht, wenn dabei noch etwas herausspringt. Dass bei dieser Form des Teilens ökonomische und nicht soziale Motive dominieren, steckt bereits im Begriff der «Sharing Economy». Ihr Erfolg – getrieben durch die Digitalisierung, welche entsprechende Plattformen erst ermöglicht – erstaunt nicht. Das Teilen von Dingen und Dienstleistungen stellt eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten dar. Ein Autobesitzer etwa stemmt hohe Kosten – unabhängig davon, ob er sein Fahrzeug auch fährt. Indem er es anderen zur Mitbenutzung zur Verfügung stellt, muss er die Fixkosten nicht alleine tragen und erwirtschaftet im Idealfall gar einen Zusatzverdienst. Der Nutzer des Sharing-Angebots kann seinerseits auf eine teure Anschaffung verzichten und dennoch Auto fahren. Studierende des ZHAW-Studiengangs Verkehrssysteme haben sich mit den jungen und dynamischen Shared Mobility-Märkten in sieben europäischen Städten befasst, Anbieter ausfindig gemacht und Preise verglichen (siehe Kasten Seite 38). Betreut wurden sie dabei von Thomas Sauter-Servaes, der den Studiengang leitet. Der Sharing Economy wird ein hohes Wachstumspotenzial attestiert. Warum ist sie für die Marktteilnehmenden so attraktiv? THOMAS SAUTER-SERVAES Weil es sehr einfach ist. Die Digitalisierung hat den Markt transformiert und den Plattform-Kapitalismus ins Leben gerufen. Als Plattform kann ich sehr schnell wachsen, weil ich kaum Investitionen tätigen muss. Ich muss keine teuren Maschinen kaufen, sondern kann direkt an den Start gehen. Uber beispielsweise vermittelt Taxifahrten, ohne ein einziges Taxi zu besitzen. Dasselbe bei Sharoo: Die Fahrzeuge sind im Privatbesitz. Ich als Plattform vermittle nur das Angebot anderer. Je mehr Private ich gewinnen kann, desto besser kann ich ein Angebot machen, ohne selbst zu investieren. 36
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Warum sollte jemand sein Auto mit anderen teilen wollen? Weil sein Auto sonst zu 95 Prozent der Zeit rumsteht, und weil er etwas daran verdient. Schauen Sie sich Airbnb an: Da stellt jemand die eigene Wohnung Dritten zur Verfügung, um Geld zu verdienen. Bevor ich fremde Leute in meine eigene Wohnung lasse, lasse ich sie doch eher in mein Auto, oder? Airbnb vermietet inzwischen ähnlich viele Zimmer wie die grösste globale Hotelkette – das ist ein riesiger Markt. Genau das schwappt jetzt in den Mobilitätsbereich über. Ist die Nutzung von Shared Mobility-Angeboten auch nachhaltiger? Der Wechsel vom Besitzen zum reinen Nutzen hat für den Durchschnittsnutzer schon einen Spareffekt – ökonomisch wie ökologisch. Das bedingt aber, dass ich einen Teil der Mobilität, die ich zuvor mit dem Auto bewältigt habe, mit anderen Verkehrsmitteln wie dem Fahrrad oder ÖV mache. Sharing ist potentiell nachhaltiger, weil es diesen Automatismus bricht, dass ich immer das Auto nehme – unabhängig davon, ob mein Ziel einen oder zehn Kilometer entfernt ist. Dieses Nutzen ohne Nachzudenken macht das Auto ja so schön einfach und sexy. Dennoch: Sharing ist nicht automatisch nachhaltiger oder umweltfreundlicher. Wenn ich das eingesparte Geld nehme, um nach Bali zu fliegen, ist der ganze Spareffekt weg. Ist diese Bequemlichkeit der Grund dafür, dass viele noch zögern, auf Shared Mobility-Angebote umzusteigen? Ja, denn wir handeln gerne routiniert. Als Autofahrer muss ich mich nicht mit Fahrplänen und Umsteigemöglichkeiten auseinandersetzen. In Zukunft wird es aber Apps geben, die Mobility-as-a-Service anbieten. Diese bündeln die verschiedenen Mobilitätsangebote – ÖV, Bikesharing, Carsharing – und teilen dem Nutzer mit, mit welchen Verkehrsmitteln er am einfachsten und
schnellsten von A nach B kommt. Derzeit ist vor allem das Abrechnen noch ein Problem. Würde sich ein solcher Wechsel auch für jene lohnen, die heute ausschliesslich mit dem ÖV unterwegs sind? Die Gefahr besteht, dass der ÖV mit der Verbreitung von Shared Mobility-Angeboten teilweise verdrängt wird. Wenn Zugang und Abrechnung von Shared Mobility-Angeboten einfach und der Preis attraktiv ist, warum soll ich dann noch auf den Bus warten? Würde sich Shared Mobility auch für Unternehmen rechnen? Es gibt bereits Unternehmen, die ihre Fahrzeuge den Mitarbeitenden nicht mehr privat zur Verfügung stellen, sondern einen Sharing-Pool bilden. Nach wie vor ist das Automobil aber eines der grössten underused assets überhaupt: 23 Stunden am Tag steht es nur herum. So ineffizient würde kein Fabrikchef seine Maschinen auslasten. Wenn es ums Auto geht, wird selten rational gerechnet. Das Dienstfahrzeug ist häufig noch Lohnbestandteil – ein Statussymbol, das zeigt, was ich bin im Unternehmen. Wenn dem Dienstfahrzeug im Unternehmen eine wichtige Rolle als Statussymbol zukommt, dann wird ein Sharing-Pool für dieses doch kaum in Frage kommen? Das ist jetzt die Frage. In Deutschland gibt es die Bahncard100 – Harald Schmidt hat sie die Black Mamba genannt, weil sie überall «zu-beisst», sprich gültig ist. Kann man nicht auch ein solches Mobilitätsticket basteln, das ÖV, Bike- und Carsharing nahtlos verbindet und das Auto als Statussymbol ablöst? Bisher hat man Mobilität als ein Spiel mit Artefakten, mit Fahrzeugen und mit Besitz gedacht. In Zukunft wird das viel stärker in Richtung Service gehen – Mobilität wird neu gedacht werden. Die Peer-to-Peer-Angebote – Privatfahrzeuge,
SHAROO Richtpreise der Peer-to-Peer-Plattform sharoo ist ein 2013 gegründetes Startup, eine Online-Plattform für privates Carsharing in der Deutsch- und der Westschweiz. Daran beteiligt sind die Migros-Tochter m-way AG, die Schweizerische Mobiliar Holding AG, die AMAG sowie die Mobility Genossenschaft. Wer sein Auto über die Plattform vermieten möchte, bestimmt selber, wer es wann und zu welchem Preis nutzen kann. Im Sinne einer Orientierungshilfe gibt sharoo aber Richtpreise an: 6 Franken pro Stunde 60 Franken pro Tag 300 Franken pro Woche 40 Rappen pro Kilometer (ab 50 Kilometern)
Vom gesamten Mietpreis zieht sharoo eine Kommission ab, die je nach Abonnement 15 oder 30 Prozent beträgt. Versichert sind die Mieter im Normalfall über eine Versicherungslösung, die sharoo zusammen mit der Mobiliar entwickelt hat. Sie beinhaltet die Vollkasko-Versicherung, die Motorhaftpflichtversicherung, die Deckung des Selbstbehalts und des Bonusverlusts aus der Motorhaftversicherung sowie die «24h Car Assistance». Drittversicherungen sind möglich, wenn der Vermieter eine Versicherung hat, welche die gewerbsmässige Vermietung abdeckt, und wenn Leistungen und Schutz für die Mieter ausreichend gedeckt sind. Bildquellen: zVg
welche über Plattformen wie sharoo angeboten werden – wurden von der Studie nicht berücksichtigt, sollen künftig aber intensiver betrachtet werden. Wächst dieses Segment stärker als andere Sharing-Angebote? Ja, man kann feststellen, dass diese Plattform-Ökonomie stark im Kommen ist und zwar in allen Bereichen. In der Schweiz gibt es 16 Millionen Plätze in privaten Fahrzeugen, diesen stehen 600 000 Plätze im ÖV gegenüber. Wird nur ein einziges Prozent dieser Fahrzeuge geteilt, haben wir auf einen Schlag zusätzlich einen Viertel
der Kapazität des heutigen ÖV zusätzlich im Markt – ein riesiges Geschäftspotential. Das könnte ich mit einem professionellen Carsharing nicht aufziehen. Zudem ist der Markteinstieg relativ einfach: Die Plattform vermittelt Angebot und Nachfrage, bietet ein Bewertungssystem und Sicherheit. So brauchen sich die Marktteilnehmenden nicht um Versicherungsfragen zu kümmern. Wäre es möglich, solche Peer-to-Peer-Angebote in eine Mobility-as-a-Service-Lösung einzubinden? Ja, letztlich können sich solche Plattfor-
men überlegen, mit der SBB einen Vertrag zu machen und Kilometerkontingente einzukaufen, die sie dann weiterverkaufen. Wie sie das machen, ist der SBB egal. Spotify macht ja nichts anderes. Flatrates wie es sie bei Spotify gibt, wird es auch im Mobilitätsbereich geben. Wie die Abrechnung im Hintergrund verläuft, zeichnet die Intelligenz dieser Plattform aus. Der Nutzer hat den Vorteil, dass er aus einer Hand kaufen kann – egal wo. Auch die Swisscom, die Post oder Google könnten eine solche Plattform betreiben. Mit Google Maps kann ich heute schon herausNr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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finden, wie ich von A nach B komme. Der nächste Schritt wäre, dass ich bei Google ein Ticket für die gesamte Strecke kaufe. In Zürich gibt es mit Mobility genau einen Carsharing-Anbieter, ein Bikesharing-Anbieter fehlt gänzlich. Besteht ein Unterangebot auf dem Markt? Warum es in Zürich keinen Bikesharing-Anbieter gibt, liegt daran, dass die Stadt eine Ausschreibung gemacht hat und jemand gegen den Gewinner rechtliche Mittel eingelegt hat. Solche Ausschreibungen gibt es auch in anderen europäischen Städten, beispielsweise in Hamburg oder Paris. Die Stadt baut Bikesharing-Stationen auf, die dann von einem einzigen Anbieter betrieben werden sollen. Der Wettbewerb soll also im Vorfeld und nicht im Markt selber stattfinden. Beim Carsharing ist der Markteinstieg sehr schwer, weil es mit Mobility schon einen sehr guten Anbieter gibt, der Parkplätze an zentralen Lagen besetzen konnte.
« MOBILITÄT WIRD NEU GEDACHT WERDEN »
Dr. Thomas Sauter-Servaes ist Mobilitätsforscher. Er leitet den Studiengang Verkehrssysteme an der ZHAW School of Engineering und berät mit seinem Büro mobilecar Unternehmen bei der Entwicklung innovativer Mobilitätsangebote. Bild: zVg
DIE SHARED MOBILITY-STUDIE DER ZHAW Shared Mobility ist eine Boombranche, laufend werden neue Angebote bekannt. Zeit für eine Bestandsaufnahme, dachten sich 15 Studierende des ZHAW-Studiengangs Verkehrssysteme. Die Studie markiert den Auftakt für eine regelmässige Marktbeobachtung und soll in den nächsten Semestern mit wechselnden Schwerpunkten wiederholt werden. Langfristig soll daraus ein Trendbarometer zur Shared Mobility in Europa entstehen. Berücksichtigt wurden Angebote aus sieben europäischen Städten: Barcelona, Berlin, Kopenhagen, London, Paris, Wien und Zürich. Die Macher der Studie nahmen die Nutzerperspektive ein, um Daten für verschiedene
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Reisefälle zu ermitteln. Ihr Ziel bestand darin, Preise und Verfügbarkeiten anhand von typischen und möglichst unterschiedlichen Nutzerprofilen zu analysieren. Im Bereich Carsharing werden mit dem «Touristenpaar», dem «Wocheneinkäufer» und der «Vielnutzerin» drei verschiedene Nutzergruppen verglichen. Beim Bikesharing sind es zwei: die «Touristin» und der «Vielnutzer». Die einzelnen Shared Mobility-Angebote einer Stadt werden nochmals entsprechend ihrem Modell kategorisiert: Generell können drei verschiedene Sharing-Systeme unterschieden werden, die sich auf dem Markt etabliert haben. Das älteste System «Round-Trip-Service»
ist aus logistischer Sicht das einfachste: Das Fahrzeug wird am selben Ort zurückgegeben, wo es abgeholt wurde. Beim «One-WayService» kann das Fahrzeug an einer beliebigen Station abgeholt und zurückgegeben werden. Auf dem Bikesharing-Markt haben sich ausschliesslich «One-WayService»-Systeme durchgesetzt. Für den Nutzer am bequemsten ist das «Free-Floating-Service»-System: Es gibt keine fixen Stationen, Ausleihe und Rückgabe finden frei innerhalb eines definierten Gebietes statt.
Mehr zur Studie und deren Ergebnisse auf: blog.zhaw.ch/verkehrssysteme
Welche Kräfte treiben den Sharing-Markt, welche wirken eher entschleunigend? Generell ist die Wirtschaft derzeit noch auf Menge und Umsatz gepolt. Wäre sie auf den Verleih und nicht den Verkauf von Dingen ausgerichtet, würden Aspekte wie Haltbarkeit und Qualität in den Vordergrund rücken. Bohrmaschinen beispielsweise werden während ihrer ganzen Lebensdauer durchschnittlich nur während zwölf Minuten genutzt. Obwohl hier Teilen aus volkswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht sinnvoller wäre als Kaufen, wird es nicht gemacht – der Hersteller würde Geld verlieren. Von dieser Seite gibt es zurzeit also noch nicht viel Interesse am Sharing-Markt. Trotzdem: Die Automobilhersteller haben festgestellt, dass der Trend in diese Richtung geht und sie mitspielen müssen. Rückendeckung erhalten die Alteingesessenen der Branche von der Politik, die einen Verlust von Arbeitsplätzen befürchtet. Was könnte die Politik denn konkret tun? Sie könnte zum Beispiel sagen, dass die Stellplätze auf der Strasse entsprechend ihrem Wert bepreist werden. Fläche für Automobile wird extrem günstig rausgegeben. Beschliesst die Stadt, die Kosten für die Fläche jährlich um zehn Prozent zu steigern, bis der Preis ihrem Wert entspricht, werden sich die Leute überlegen, ob sie sich in zehn Jahren noch einen Parkplatz leisten können und wollen. Das Problem dabei ist: Man tut den Leuten weh. Beschliesse ich jemandem etwas wegzunehmen, dann ist das sehr unpopulär, und als Politiker will ich schliesslich wiedergewählt werden.
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Im Juni 2016:
steht mit seinem Angebot dermassen zwischen den Fronten der alten analogen und neuen digitalen Welt. Spätestens jetzt wird klar, es geht um die altehrwürdige Orell Füssli. Ausschlag für die Wahl zur Marke des Monats hat eine Meldung gegeben, die schon länger als Gerücht kursierte: Die Orell Füssli Buchhandlungen verzichten in Zukunft auf die Marke «Thalia», die erst vor drei Jahren im Zuge des Joint Ventures Orell Füssli Thalia AG eingeführt wurde. Der Fokus auf Orell Füssli führt dazu, dass statt wie bislang nur 13 neu 27 Fi-
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lialen landauf, landab mit der starken Marke Orell Füssli auftreten. Orell Füssli ist so etwas wie der Inbegriff für Buchhandlungen. In einem rückläufigen Markt ist Konzentration ein wichtiges Mittel. Die damalige Einführung von Thalia als zusätzliche Marke hat einiges gekostet und vielerorts für Kopfschütteln gesorgt. Umso deutlicher fiel die Zustimmung aus, als Orell Füssli diesen Frühling ihre Single Brand-Strategie bekannt gab. Gemäss Marketing-
leiterin Coralie Klaus Boeker im «Schweizer Buchhandel» hat Orell Füssli diesen strategischen Markenentscheid minutiös vorbereitet. «Hintergrund dazu bilden Marktforschungen und Erhebungen.» Gegen seriöse Abklärungen, die emotionale Markenentscheide rational absichern, ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Bekannte und beliebte Marken werden zu oft zu schnell abgeschossen. Man kann sich fragen, warum Orell Füssli die Zweitmarke Thalia überhaupt eingeführt und damit die bekannteste Schweizer Marke im Buchhandel geschwächt hat. Der Rückblick lohnt sich nicht, denn Thalia ist Geschichte und jene Buchliebhaber, die das
Haptische und das analoge Schmökern lieben, können sich wieder an ihrer Marke orientieren: Wo Orell Füssli drauf steht, sind Bücher drin. Und die liebe Thalia ist und bleibt die Muse der komischen Dichtung und Unterhaltung. STEFAN VOGLER
Der Autor berichtet über die aktuelle Markenführung einer grossen oder kleinen, globalen, nationalen oder lokalen, altbewährten, aufgefrischten oder neuen Marke. www.markenexperte.ch
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Ihre Frauensendungen haben viel zum Selbstbewusstsein der kommenden Frauengeneration beigetragen: Trudi Weder-Greiner in der Kinderstunde und mit Martha Cecile Thut, Adèle Althaus und Gertrud Müller in ihrer Sendung: «Gespräche unter vier Frauen». Bilder: SRF/Hans Tschirren
Eine Stimme, die Gehör fand TRUDI WEDER-GREINER Als Programmschaffende des Landessenders Beromünster prägte sie in den 1940er-/1950er-Jahren die Radiowelt entscheidend mit und wurde insbesondere für die weibliche und junge Bevölkerung zu einer vertrauten Stimme. TEXT A N O U K A R B E N Z
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rudi Weder-Greiner verlieh Generationen von Hörerinnen und Hörern eine Stimme. Viele erinnern sich bis heute gerne an ihre Frauen- und Kindersendungen. Neben ihrer Radiotätigkeit war sie Journalistin und Redaktorin für verschiedene Printmedien, Drehbuchautorin, eine begehrte Vortragsreferentin und auch Verlegerin. EINE STIMME FÜR FRAUEN UND KINDER Trudi Greiner war die erste fest angestellte Frau des Landessenders Beromünster. Verantwortlich war sie für typisch «weibliche Domänen»: Themen für Frauen, Jugendliche und Kinder. Als sie zum Radio Bern stiess, einem kleinen, familiären Betrieb mit 17 Mitarbeitenden, hatte der zweite Weltkrieg gerade erst begonnen. Soldaten standen vor dem Studio Wache, ein Gemüsegarten im Zeichen der Anbauschlacht wurde gleich 40
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daneben angebaut und gepflegt. Während der Kriegszeit war die Mehrbelastung der Frau ein zentrales Thema. Trudi Greiner wollte ihnen deshalb praktische Tipps geben. Persönliche politische Ansichten in die Sendung aufzunehmen, kam jedoch nicht in Frage. Daran hielt sich Trudi streng: Obwohl sie sich unter anderem im von ihr gegründeten Berner Frauenclub für Frauenrechte einsetzte, lag ihr der Feminismus fern. In den Frauenstunden behandelte sie Themen, die denn auch typisch weiblich waren: Haushalt, Garten, Kleider, Kultur sowie Beruf und Familie. Eine vertraute Stimme wurde Trudi Greiner auch für viele jüngere Zuhörer, die sie auch aktiv in ihre Sendungen miteinband. Im Studio Bern stellte sie eine Gruppe von 10 bis 16-jährigen Mädchen und Buben zusammen, die sie für bestimmte Sendungen einspannen konnte. Sie wusste
auch die junge Leserschaft zu begeistern: Nach ihrer Heirat mit Alfred Weder brachte sie innerhalb des gemeinsamen Verlags mit ihrem Mann die Aviatik-Jugendzeitschrift «Cockpit» heraus. 12 Franken pro Jahr kostete die Zeitschrift, womit sie auch ein jugendliches Portemonnaie nicht allzu stark belastete – obendrauf gab es einen Gutschein für einen Rundflug zu einem reduzierten Preis dazu. «COCKPIT» FESSELT EINE GANZE GENERATION Das Thema war geschickt gewählt: Die rasante Entwicklung der Luft- und Raumfahrt, die bis in die 60er-Jahre andauerte, brachte einen enormen Flugzeug-Hype mit sich. Die Swissair stieg zur nationalen Ikone auf, Pilot und Stewardess wurden zu Traumberufen. Wie bereits beim Radio war es ihr wichtig, dass die Jugendlichen in das Magazin miteinbezogen wurden. Diese
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AUF EINEN BLICK 12. 10. 1911 Trudi Greiner wird in Bern geboren 1933 Diplom Sekundarlehrerin
DAS RADIO VERÄNDERT SICH Trudi Weder-Greiner hat ein grosses Stück Radiogeschichte miterlebt und auch mitgeschrieben. Sie verfasste Hör1939 Dr. phil. Trudi Greiner beginnt ihr Volontariat in der spiele, führte Interviews und Bund-Redaktion. radiofonische Briefwechsel Ab 1939 Verantwortung für Frauen- und Kinderstunden beim durch, gestaltete literarische Radio Bern, vormittags weiterhin beim Bund tätig. Portraits und ermutigte Kinder 1942 Trudi gerät ins Visier des Schweizer Staatsschutzes, und Jugendliche zur Mitarbeit da ihr Vater «eingekaufter Deutscher» sei. am Mikrofon. Sie erlebte die 1946 Gründung des Berner Frauenclubs Zeit, als die Arbeitsbedingun27.10.1957 Trudi Greiner heiratet Alfred Weder und zieht mit ihrem gen beim Radio noch erschwert Mann in den Kanton Waadt. waren und bei Aussenaufnah1957 Trudi tritt nach 18-jähriger Tätigkeit bei Radio Bern men Plattenschneidgeräte zurück. verwendet wurden, die im 1959 Gründung des Verlags World Traffic Editions, in dem Reportagewagen eingebaut u. a. die Aviatik-Jugendzeitschrift «Cockpit» erscheint. waren. Diese erlaubten damals 1966 – 1969 Verschiedene Reihen im Maxi-Verlag in Vevey, den sie nur Aufzeichnungen von drei zusammen mit ihrem Mann führte. bis vier Minuten, weshalb 1967 Trudi wird erste Westschweizer Korrespondentin von oft gleich mehrere davon in Radio Bern. Betrieb waren. Ein Kabel von 1977 – 1984 Mitglied im Gemeindeparlament von Chardonne VD, wo sie bis zu ihrem Tod (2002) gelebt hat. 30 Meter Länge verband den Aufnahmeort und das Mikrofon mit dem Reportagewagen. Mit den Jahren veränderte sich das Radio und wurde vom schrieben beispielsweise Beiträge Fernsehen als Leitmedium über ihren ersten Rundflug. Bald verdrängt. Die neue «Aggresschon wurden erste Cockpit-Clubs sivität» und Oberflächlichkeit gegründet. Vom 11. bis 19. Oktober des Journalismus störte Trudi 1962 fand die erste Internationale Weder-Greiner. Ihre SendunBuch- und Zeitschriftenausstellung gen mussten immer kürzer der Luft- und Raumfahrt, die Ibavia, werden. Umgekehrt wurde statt. Mehrere Zeitschriften berichauch sie kritisiert: Zu oft lese teten darüber, darunter auch der sie ab, sie wirke etwas bieder Tages-Anzeiger. Es blieb jedoch die und ihre hohe und eintönige erste und einzige Ausstellung der Stimme sei fürs Radio gar nicht Cockpit-Geschichte. Für Aufsehen geeignet. Die Pionierin am Mikrofon: sorgte auch ein Cockpit-Treffen im Trudi fühlte sich immer Trudi Weder-Greiner, April 1963 am Flughafen Kloten, unwohler in der DeutschAutor: Thomas Feitknecht. bei dem unglaubliche 825 Teilnehschweiz. Nach ihrer Heirat Verlag Neue Zürcher mer zusammenkamen. Die Tageszogen Alfred und Trudi WeZeitung. www.nzz-libro.ch schau widmete dem Treffen gar der-Greiner deshalb in die ISBN 978-3-03810-107-9 einen Beitrag in der Hauptausgabe. Westschweiz nach Chardonne Zu Trudis persönlichen Highlights im Kanton Waadt, die zu ihrer während der «Cockpit-Zeit» gehörte ein HeliWahlheimat wurde. Trudi integrierte sich kopterflug des Gletscherpiloten Hermann rasch, auch politisch: Im Jahr ihrer PensioGeiger, den sie beim Flug nach Vaduz begleinierung kandidierte sie 1973 für das Gemeinten durfte. deparlament. Sie wurde gewählt, und vier Am Ende reichte die Abonnentenzahl Jahre später bei den Liberalen für eine zweite dann doch nicht, um das Magazin über WasLegislaturperiode wiedergewählt. Sie setzte ser zu halten. Gleichzeitig stiegen die Drucksich vor allem für Umweltanliegen ein, kosten erheblich. 1961 übernahm der Sauerbefürwortete zum Beispiel eine Glassammelländer-Verlag in Aarau die Zeitschrift, für die stelle, was zu der Zeit noch keine SelbstverTrudi weiterhin regelmässig Artikel beisteuständlichkeit war. Noch lange nach ihrer erte. Im Rückblick wird «Cockpit» trotz des Pensionierung blieb sie journalistisch aktiv finanziellen Fiaskos von vielen ehemaligen und schrieb regelmässig Aufträge für den Lesern und Luftfahrt-Experten als Erfolg Schweizer Feuilleton-Dienst (SFD). Endlich gewertet. Sie fütterte die Wissensbegierde konnte sie sich ihren Lieblingsthemen widaller Flugzeugbegeisterten und sorgte damit men; der Literatur, der Kunst, der Musik und auch für genug Piloten-Nachwuchs. dem Theater. 1934 – 1939 Da die wirtschaftliche Lage in den 30er-Jahren prekär war und viele Männer arbeitslos waren, fand Trudi Greiner unmöglich eine Stelle. Sie setzt ihr Studium an der Universität Bern fort.
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Mit Ecken und Kanten FRAUEN IM MANAGEMENT Sie baut neu und baut um – eine minutiöse Suche nach der Seele eines Gebäudes und seines Standortes steht jeweils am Anfang eines Projekts. Ihre Kernkompetenz ist das Bauen in einem anspruchsvollen Kontext. Aber eine Stararchitektin will sie nicht sein: Tilla Theus, ein Porträt. TEXT D E L I A B A C H M A N N
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ls Kind baute sie ihren Puppen in der elterlichen Churer Wohnung Häuser aus Tüchern und Drähten. Ob sich bereits damals der Berufsweg als Architektin abzeichnete? Erfolgreich verlief er ohne jeden Zweifel. Zum Beispiel mit dem repräsentativen Hauptsitz der FIFA, dem Widder Hotel in Zürich, das mit Echtheit den Luxus modern interpretiert, oder dem Gipfelrestaurant, das wie eine sportliche Kappe auf dem Aroser Weisshorn sitzt. Effekthascherei ist Tilla Theus fremd. Architektur soll Liebe auf den zweiten Blick sein: «Ich möchte, dass man sich mit unseren Gebäuden auseinandersetzt.» Gefalle Architektur auf Anhieb, sei sie zu zeitbezogen. Frank Gehry baue so «fantastisch» wie Zaha Hadid. Doch Tilla Theus spricht eine andere Sprache: «Ich möchte meine Bauten in ein Umfeld einfügen, es spannungsvoll bereichern und nicht dominieren.» EIN DENKWÜRDIGER START Der Beginn des Studiums stand unter keinem gutem Stern: Tilla Theus erinnert sich lebhaft an den Tag, als sie der grossstädtischen Eleganz vermeintlich angemessen in roten Stöckelschuhen nach Zürich fuhr, um sich an der ETH das Anmeldeformular zu besorgen. Im Korridor rutschte sie vor einer kräftigen männlichen Erscheinung aus, die Tilla Theus irritierend duzte, ihr auf die Beine half und sie in übertriebener Hilfsbereitschaft ins beeindruckende Büro des nicht minder beeindruckenden Architekturvorstehers, Professor Charles-Edouard Geisendorf, brachte: «Ein langes Büro, schmal, eine Fensterachse, sechs Meter Höhe auf drei Meter Breite, etwa acht Meter Länge. Er stand im Gegenlicht, gross wie eine Kerze, senkrecht axial vor dem einzigen Fenster – eine imposante Erscheinung.» Professor Geisendorf wiederum, als ob der Schreck nicht schon gross genug gewesen wäre, fragte die junge Dame zu deren Verlegenheit in bohrendem Französisch nach den Namen bekannter Architekten. 42
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Tilla Theus gestand ehrlich ihr Unwissen ein, schaffte mit dieser Offenheit den Rückzug und konnte sich gegen den Willen ihres Vaters, der seine Tochter lieber als Apothekerin gesehen hätte, als Architekturstudentin einschreiben. Einer ihrer verehrten Lehrer wurde die duzende männliche Erscheinung, bei der es sich um Jacques Schader handelte. Der unerwartet denkwürdige Start erwies sich als kein schlechtes Omen. HINDERNISLAUF ZUR SELBSTSTÄNDIGKEIT Tilla Theus stand das anstrengende Studium durch und hielt gegenüber dem Vater Wort, wenn schon Architektur, dann eisern bis zum Abschluss. Mit dem Diplom und einem Stipendium für ein Zusatzstudium in der Tasche war zunächst eine Reise in die USA oder nach Japan geplant. Das Glück wollte es anders. Tilla Theus gewann einen Wettbewerb für die Planung und Ausführung eines Altersheims mit Alterswohnungen und Altbauten in Mollis. Nicht New York oder Tokio wurde zum Traumziel, sondern der Kanton Glarus und mit ihm die berufliche Selbständigkeit: «Gleich am Tag nach Diplomübergabe habe ich das Türschild an meiner Studentenbude umgedreht und beschriftet mit Büro dipl. Arch. ETH Tilla Theus.» Mit der Autonomie nahm es allerdings ein rasches Ende. Nicht wegen der Heirat als solcher, keineswegs, sondern wegen des alten Eherechts. Nach dessen Bestimmungen benötigte Tilla Theus in finanziellen Angelegenheiten die Zustimmung ihres Mannes. Das wäre für den Acht-Millionen-Auftrag in Mollis, einschliesslich der Bauführung, zum schikanösen Hindernis geworden. Das konnte die vor der ersten Bewährungsprobe stehende Architektin nicht hinnehmen. Beherzt sprach Tilla Theus beim zuständigen Glarner Regierungsrat vor, erläuterte ihm aus prinzipiellen und ganz praktischen Gründen die Notwendigkeit der Gleichberechtigung und erwirkte in der Tat eine Ausnahmebewilligung, um das Altersheim mit allen Befugnissen realisieren zu können.
PERFEKTION ALS ETHISCHE VERANTWORTUNG Das war vor gut vier Dezennien. Mollis wurde zum Fundament einer ausgreifenden und markanten architektonischen Tätigkeit mit Neubauten und Umbauten für private und öffentliche Eigentümer, mit Wohn- und Geschäftshäusern, mit Hotels und Restaurants (siehe Kasten). Aus der Erfahrung heraus spezialisierte sich Tilla Theus aufs Bauen in städtebaulich anspruchsvollem Kontext, auf denkmalgeschützte Objekte, auf Innenarchitektur und Raumdesign und die Optimierung von Nutzflächen. Visionen, Raumgefühl und Sorgfalt charakterisieren die Architektur von Tilla Theus. Die Voraussetzung fürs Gelingen sieht Tilla Theus in der geradezu detektivischen Erforschung eines Gebäudes und seines Umfeldes, um deren Stärken und Schwächen bis in die Seele hinein zu entdecken und zu begreifen. Verpasste Perfektion sei eine verpasste Chance. Dieser AUSGEWÄHLTE WERKE Die hier erwähnten Projekte sind eine knappe Auswahl 1988 – 1995/2015 Widder Hotel mit Boucherie AuGust, Zürich 1996 – 2000 Altbau Schweizer Rück, Zürich, Totalsanierung 1992 – 2004 Jelmoli City Zürich: Hofeinbau Zara, 2003 – 2005 FIFA Headquarter, Zürich, Neubau im Siedlungskörper 2003 – 2008 Wohnsiedlung Frauentalweg, Zürich, Neubau im Siedlungskörper 2006 – 2012 Bergrestaurant Weisshorngipfel, Arosa, Neubau auf dem Berggipfel 2011 – 2013 Sihlporte, Zürich, Erneuerung Büround Geschäftshaus 2011 – 2013 Mammertsberg, Freidorf, Um- und Anbau Gasthaus Mammertsberg 2004 – 2014 Haus zum Rechberg, Zürich, Instandsetzung 2011 – 2016 Gebäudeensemble Kirchenweg 2/4/8, Zürich, Neuinterpretation einer Ikone der 60er-Jahre vom Bürogebäude zum Wohnhaus 2012 – 2018 Büro- und Geschäftshaus Bahnhofstrasse 53, Zürich, Totalsanierung
Bild: Christian Scholz
Anspruch gründet in ihrer ethischen Auffassung, dass der Pflicht nur dann Genüge getan wird, wenn allen an einem Bau Beteiligten das Maximum des Denkbaren und Leistbaren gelingt, um ein gesamthaft positives Fazit ziehen können: Mit der klugen Verwendung der finanziellen Mittel, mit der dem Gebäude auf lange Dauer wieder verliehenen Würde, der grossen praktischen Tauglichkeit und einer die Sinne berührenden Ästhetik. Der Bewegungsspielraum wurde im Laufe der Jahre aus wirtschaftlichen Interessen und wegen der dichteren Reglementierung enger. Es braucht ein Mehr an Überzeugungsarbeit und einen sehr frühen Einbezug aller Mitbeteiligten und aller Mitbetroffenen. Das architektonische Arbeiten ist um die Disziplin des fundierten und geduldigen Argumentierens erweitert worden. Unverändert blieb die Leidenschaft für den Beruf. Tilla Theus vollzog seine Veränderungen mit und behauptete ihren Platz als Architektin mit eigener Handschrift. Das belegen die kürzlich abgeschlossenen und noch der Fertigstellung harrenden Projekte wie die Geschäftshäuser bei der Zürcher Sihlporte und in der Bahnhofstrasse oder – ebenfalls in Zürich – das Barockpalais Rechberg, der Umbau der Ikone von Häfeli, Moser, Steiger und die Restaurants Clipper und AuGust sowie der Mammertsberg über dem thurgauischen Bodensee. Die Frage, ob sie sich als Stararchitektin fühle, verneint Tilla Theus: «Wenn ich als gute Architektin beurteilt werde, freut es mich. Ein Star bin ich nicht. Turbo würde ich mir noch gefallen lassen.» AUCH FÜR DIE ZUKUNFT GERÜSTET Die Kraft kommt massgeblich aus dem kompetenten Team, dem je nach Projektgrösse zwischen 14 und 18 Mitarbeiter angehören: «Sind wir weniger, können wir keine Grossprojekte machen. Sind wir mehr, kann ich nicht so führen, wie ich möchte.» Viele sind seit Jahren dabei. Die Verantwortung verteile sich auf mitdenkende und die Herausforderung schätzende Köpfe. Da drängt es sich auf, das Wunschprojekt kennen zu wollen. «Die schönste Aufgabe ist immer die aktuelle. Ihr gilt mein voller Einsatz. Reizvoll wäre ein Museum, weil unser Büro noch nie eines baute – und faszinierend ein Hotel, weil wir damit viel Erfahrung sammelten.»Von den Vorhaben, die an ihrem Büro vorbeigingen, bedauert sie eines ganz besonders – einen Harem in Dubai: «Als die Auftraggeber merkten, dass ich eine Frau bin, hörten wir nichts mehr. Dabei hätte ich den schönsten Harem gebaut.» Weiter schlimm sei das nicht; die Tilla Theus und Partner AG verfüge über genügend Ideen und Potenzial für Bauten zum Nutzen einer breiteren Öffentlichkeit.
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Bild: Depositphotos.com, ginasanders
Wo den Rotstift ansetzen? KOSTENWAHRHEIT Branchenspezifisches Wissen, gepaart mit innovativen Softwarelösungen, können Hersteller in der Fertigungsindustrie bei der Produktkostenkalkulation und –optimierung unterstützen sowie Effizienz und Gewinn steigern. TEXT M I C H A E L P R E I S S
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eit der Freigabe des Frankenkurses und angesichts globaler Wirtschaftsturbulenzen von China bis Brasilien wird in Industrie und Handel wieder kräftig gespart. Produktkostensenkungen stehen dabei ganz oben auf der Prioritätenliste. Deren Umsetzung erfordert aber, dass die Firmen ihre Kosten kennen und somit wissen, wo sie den Rotstift ansetzen sollen. Doch wie viele Firmen können ihre Produktkosten, bestehend aus Eigenfertigung und Zukaufteilen, im Detail modellieren? Auch im digitalen Zeitalter arbeiten zahlreiche KMU noch immer mit Excel-Dateien, um sich eine Übersicht über verschiedene Szenarien der Maschinen-, Material-, Personal-, Transport- oder Gemeinkosten zu verschaffen. Das ist nicht mehr zeitgemäss und bei einer hohen Zahl von Produkten oder Produktvarianten, globaler Beschaffung und mehreren Produktionsstätten fehleranfällig, zeitraubend und schwierig. ALTERNATIVEN ZU DEN ARBEITSMAPPEN Einfacher geht es mit innovativen Softwarelösungen, die für Transparenz sorgen und zeitnah aufzeigen, wo und wie ein Unternehmen die Stellschrauben weiter anziehen 44
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CHECKLISTE FÜR DIE SOFTWARE-BESCHAFFUNG Bei der Auswahl einer kosteneffizienten Produktkosten-Kalkulations- und Optimierungslösung sollten folgende Fragen an Software-Anbieter gestellt werden: – Handelt es sich um eine Standardlösung? – Welche Erfahrungen hat der Softwareanbieter in diesem Bereich? – Handelt es sich beim Anbieter um ein Softwarehaus oder einen Spezialisten für Produktkostenoptimierung? – Ermöglicht der Aufbau und
die Benutzerführung ein schnelles Erlernen und Anwenden der Applikation durch alle involvierten Funktionen (Kostenkalkulation, Entwicklung, Einkauf, Fertigung)? – Ist die Kalkulation vollumfänglich transparent und einsehbar? – Gibt es schnelle Erfolge («Quick-Wins»), die in einer Testphase belegt werden können? – Welche Inhalte sind in der Datenbank hinterlegt? – Gibt es Vorlagen für Kalkula-
sollte, um kosteneffizienter zu wirtschaften. Transparente Produktkosten sind zudem eine notwendige Voraussetzung für eine zielgerichtete und erfolgreiche Anpassung der Produktfunktionen an die wirklichen Bedürfnisse des Kunden sowie die Sicherstellung einer kostenoptimierten Produktgestaltung und einer schlanken Produktion. IT-Tools können diese Optimierungen
tionen und «Helferlein» für die Ermittlung der Fertigungsparameter der wichtigsten Fertigungstechnologien (z. B. Zykluszeit und Tonnage für Kunststoff-Spritzguss)? – Verfügt die Software über standardisierte Schnittstellen? – Übernimmt der Anbieter das Hosting der Softwarelösung? – Wird ein Training und ein globales Helpdesk angeboten? – Kann die Lösung im produktiven Echtbetrieb bei einem bestehenden Kunden angeschaut werden?
unterstützen, das Durchspielen verschiedener Produktions- und Beschaffungsvarianten dokumentieren und auf diese Weise den Prozess der kontinuierlichen Verbesserungen effektiv begleiten. Firmen können mit Hilfe solcher Applikationen ihre Kosten im Durchschnitt bis zu 30 Prozent senken und damit ihren Ertrag steigern. Die Erhöhung des Anteils an Zukaufmaterialien brachte
dem Hersteller eines Motorenträgers gar eine 40-prozentige Kosteneinsparung ein. Indem ein Motorenträger-Hersteller den Anteil an Zukaufmaterialien erhöhte, konnte er seine Kosten um 40 Prozent senken. Eine Optimierung des Designs brachte eine Kostensenkung von weiteren 20 Prozent. OPTIMIERUNGSGRUNDLAGE KOSTENWAHRHEIT Basis für eine Optimierung der Produktkosten ist eine systematische Analyse bestehender Kosten. Gute Software-Tools ermöglichen eine unternehmensweit einheitliche, standort- und abteilungsübergreifende Kalkulation der Produktkosten. In die Berechnungen fliessen verschiedene Kostenfaktoren ein: Die Materialart etwa, die Fertigungstechnologie oder aber die benötigten Arbeitskräfte. Durch einfache Schnittstellen zum firmeneigenen Enterprise-Resource-Planning (ERP)-System können kostenrelevante Informationen – Preisinformationen von zugelieferten Teilen aus dem Einkaufssystem beispielsweise oder Angebote und IstWerte auf Basis von Fertigungsaufträgen – in die Berechnungen einfliessen. Bei kostenrelevanten Änderungen wird die Berechnung angepasst. Dadurch erhält ein Unternehmen die Möglichkeit, Kostenoptimierungen und Fertigungsszenarien in Echtzeit zu kalkulieren. ÜBER SCHNITTSTELLEN VERBUNDEN Obwohl die Softwarelösungen auf dem Markt gute Datenbanken mit Referenzwerten für Materialien-, Maschinen- und Standortdaten anbieten, ist eine effiziente Verknüpfung mit den unternehmenseigenen Daten notwen-
dig, um das Potenzial richtig ausschöpfen zu können. Eine anwenderfreundliche Benutzeroberfläche spart nicht nur Zeit, sondern erhöht auch die Zuverlässigkeit der Kalkulationen. Zusätzlich kann eine Integration in das Lieferantenportal dazu genutzt werden, um vom Lieferanten nicht nur Angebote inklusive Kostenaufbruch, sondern komplette Kostenmodelle anzufordern. Die ermittelten Zielkosten können anschliessend mit den aktuellen Kosten verglichen und technische sowie kommerzielle Einsparpotenziale im Bereich Produktkonstruktion, Fertigung und Einkauf aufgezeigt werden. Gute Software-Tools ermöglichen das Durchspielen verschiedener Herstellungsvarianten mit unterschiedlichen Einkaufs- und Transportszenarien. Sobald die Optimierung abgeschlossen ist und neue Ist-Kosten erreicht sind, werden diese wieder in das ERP-System eingespielt und das Kostenmodell im Product-Lifecycle-Management (PLM)-System verwaltet. ZEITNAHE ERGEBNISSE – SCHNELL REAGIERT Mit geeigneter IT-Unterstützung stehen Ergebnisse von Kostenanalysen zeitnah zur Verfügung. Sie sind transparent und leicht reproduzierbar. Kostentreiber können schnell identifiziert werden. Das Unternehmen hat alle Kostenveränderungen im Griff und damit mehr Planungssicherheit. Beim Einsetzen eines Zielpreises abzüglich des Gewinns, den das Unternehmen realisieren möchte, ergeben sich die maximal akzeptierten Kosten, die im Optimierungsprozess als Leitplanken fungieren. Verbesserungen können in den meisten
Fällen durch faktenbasierte Verhandlungen von Einkaufspreisen und -umfängen, eine Perfektionierung der Produktkonstruktion, schlanke Fertigungsprozesse, richtige Make-or-buy-Entscheidungen und eine Lieferantenqualifikation erzielt werden. Die durch ein Produktkosten-Kalkulationstool geschaffene Kostentransparenz führt gemeinhin zu einem besseren, bereichsübergreifenden Kostenverständnis und motiviert die Mitarbeitenden, sich stärker team-, strategie- und zielorientiert zu verhalten. Eine unternehmensinterne transparente Kommunikation der Kosten ist hierfür Voraussetzung. Gefordert ist auch ein gewisses Feingefühl, um Akzeptanz und Verständnis bei den Mitarbeitenden zu schaffen.
DER AUTOR Dr. Michael Preiss ist Inhaber der GBC Solutions AG mit Sitz in Cham. Das Beratungsunternehmen unterstützt Grossfirmen und KMU bei der Analyse und Umsetzung von Einsparpotenzialen in der Beschaffung und Produktion. Zudem bietet die GBC praxiserprobte Softwarelösungen wie das PCC-Tool mit einer umfangreichen Datenbank zur Produktkostenkalkulation und -optimierung. Dabei begleitet sie die Integration in firmeneigene IT-Systeme und liefert regelmässig kostenlose Updates.
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Vom Mars in die Welt MAXON MOTOR AG Sei es eine Pumpe, ein Roboter oder eine Kamera, ob im Auto, Flugzeug oder im OP-Saal: Ohne das entsprechende Antriebssystem läuft nichts. Die maxon motor AG, Herstellerin von präzisen Antriebssystemen, bringt diese verschiedenen Anwendungen in Gang. Herzstück der Motoren ist eine eisenlose Rautenwicklung. Der Kleinste ist gerademal vier Millimeter gross. TEXT A N O U K A R B E N Z
Die drei Mars-Rover (v. u. l. n. r.): Erstling «Sojourner», der mit 11 maxon DC-Motoren ausgerüstet ist, einer der beiden Zwillingsroboter; «Spirit», mit 39 DC-Antrieben, sowie der Mars-Rover «Curiosity» mit der Encoder-Technologie von maxon, der im August 2012 auf dem Mars landete. Bild: zVg
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m 4. Juli 1997 sitzen Millionen von Zuschauern gebannt vor ihren Fernsehgeräten, als der US-amerikanische Mars-Lander «Pathfinder» den Boden des Mars berührt. Wenig später fährt «Sojourner», der erste erfolgreiche Mars-Rover, über die sandige Landschaft des Roten Planeten, um ihn bis ans Ende seiner Tage nach den «Bausteinen des Lebens» abzusuchen. In Sachseln im Kanton Obwalden bei der maxon motor AG ist die Spannung vor den zwei aufgestellten Mattscheiben zum Zerreissen gespannt. Hier wurden die elf Antriebsmotoren für das 10.5 Kilogramm schwere Mars-Fahrzeug, das nach der US-amerikanischen Freiheitskämpferin Sojourner Truth benannt wurde, entwickelt und produziert. Über mehrere Jahre hinweg hatte man an den Motoren getüftelt, bis sie schliesslich den Anforderungen, welche die Umweltbedingungen auf dem Mars an das Fahrzeug stellten, gerecht wurden: Temperaturen von bis zu minus 120 Grad, Staub, Dreck, Stürme, harter Untergrund und Schläge während mindestens drei Monaten. 46
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Auf die erfolgreiche Landung und den gelungenen Start von Sojourner folgt Erleichterung: Voller Freude und Stolz fallen sich die rund 500 Mitarbeitenden in die Arme. Ein unvergesslicher Moment in der Geschichte der maxon motor AG. TECHNOLOGISCHE GESCHICHTE MITSCHREIBEN Wie bedeutend diese Zeit für maxon motor und das ganze Team war, steht dem CEO des Anbieters präziser Kleinstantriebe, Eugen Elmiger, noch heute ins Gesicht geschrieben: «Das ist, wie wenn man sich zum ersten Mal verliebt hat. Zu wissen, dass wir ein Teil davon waren, ist einfach grossartig», erinnert sich Elmiger an den historischen Moment und strahlt vor Begeisterung. Treibende Kraft des Unternehmens war zu diesem Zeitpunkt noch Jürgen Mayer, Anfang 2011 übernahm Eugen Elmiger das Ruder als CEO. «Wir sind hier zwar ein bisschen fernab der Welt», sagt Elmiger und zeigt nach draussen zu den Obwaldner Bergen, Wiesen und Kühen, «doch genau wegen solcher Momente kommen die Leute gerne zu uns. Wenn man Teil
Eugen Elmiger, CEO der maxon motor AG.
Bilder: zVg
einer Marsmission ist oder die Möglichkeit hat, technologische Innovationen mitzuentwickeln, kann man seine Leidenschaft voll ausleben und Teil von etwas Grossem oder Revolutionärem sein.» Heute, fast 20 Jahre später, haben maxonMotoren bereits mehrere Rover auf dem Mars angetrieben oder Raumsonden der ESA oder JAXA zu Kometen gelenkt. Darunter die beiden Zwillingsroboter «Spirit» und «Oppor-
Der eisenlose Rotor mit der rautenförmigen Wicklung erhöht den Wirkungsgrad gegenüber herkömmlichen DC-Motoren um fast das Doppelte. Bild: zVg/ Jet Propulsion Laboratory (JPL)
MAXON MOTOR AG: FACTS AND FIGURES Branche: Elektrotechnik Kerngeschäft: Antriebstechnik Gründung: 5. Dezember 1961. Die damalige «Interelectric AG» fungiert als Produktionsstätte des Elektrokonzerns Braun aus Frankfurt, für deren Rasierer sie Scherfolien herstellt. 1999 wird aus Interelectric die maxon motor AG. Sitz: Sachseln, Schweiz Produktionsstandorte: Sachseln, Sexau (Deutschland), Veszprém (Ungarn) und Cheonan (Korea) Geschäftsleitung: Eugen Elmiger (CEO), Karl-Walter Braun (VR-Präsident) Mitarbeitende: 2173 Vertriebsnetz: In 40 Länder (weltweit) Produkte: Präzise Gleichstrommotoren (bürstenlose und bürstenbehaftete DC Motoren), dazu passende Planeten-, Stirnrad- und Spezialgetriebe, Sensoren und pulverspritzgegossene Keramikteile, Steuerungen Hauptmärkte: Medizintechnik, Industrieautomation, Sicherheitstechnik, Mess- und Prüftechnik, Kommunikation, Automobilindustrie, Consumer-Anwendungen sowie die Luftund Raumfahrt Umsatz: 378.6 Millionen Franken (Stand 2014) Preise: Innovationspreis der Zentralschweizerischen Handelskammer 1999 und 2010 sowie den Aerosuisse Award
tunity» sowie den 900 Kilogramm schweren Nasa-Rover «Curiosity», der 2012 auf dem Mars landete. Am 14. März 2016 startete ein Raumsondenprojekt (ExoMars) der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) in Zusammenarbeit mit der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos. Zusätzlich zur Sonde, die im März auf den Mars geschickt wurde, soll 2020 ein weiterer Mars-Rover, ausgestattet mit Präzisionsantrieben von maxon, auf den Nachbarplaneten geschickt werden, der Gesteinsproben aus zwei Metern Tiefe herausholen kann. «ERSATZTEILLAGER» FÜR MENSCHEN Nicht nur in der Raum- und Luftfahrt ist maxon vertreten; tatsächlich ist die Medizintechnik der umsatzstärkste Markt für den Motorenhersteller. Sein Anteil am Gesamtumsatz beträgt 40 Prozent. maxon ist führend bei den Insulinpumpen: Fünf der grössten Hersteller weltweit setzen auf ihre Mikromotoren. Mit dem technologischen Fortschritt kämen in der Medizin viele aufregende, neue Anwendungsmöglichkeiten
für die Antriebssysteme in Frage: «Wir steuern ein «Ersatzteillager» für Menschen an. Hier sind wir dabei, intensiv zu forschen und quasi ganze Menschen zu produzieren. Der Film «I, Robot» ist da gar nicht so weit weg», sagt Elmiger und lacht. Tatsächlich ist es schon heute möglich, künstliche Herzen, einzelne Finger oder Augen zu implantieren. Kleinstes Stück ist ein vier Millimeter grosser Motor einer Blutpumpe, die in die Aorta implantiert wird und das Herz entlasten soll. Weitere Anwendungsgebiete sind die Automobilindustrie, die Mess- und Prüftechnik, die Sicherheitstechnik, die Industrieautomation und die Robotik. Zudem finden sich auch in der Kommunikation und in Consumer-Anwendungen maxon-Motoren, beispielsweise in Tätowiermaschinen, Spiegelreflexkameras oder Teleskopen. Kernstück aller Motoren ist ein eisenloses Antriebskonzept mit Rautenwicklung (siehe Bild). Der Vorteil dieser Wicklung ist ein hoher Wirkungsgrad von 90 Prozent, wodurch der Motor sehr viel leistungsfähiger ist und eine hohe Beschleunigung möglich wird, da er
sehr viel leichter als konventionelle Motoren ist. Seine Regeleigenschaften erlauben zudem eine lineare Ansteuerung: Bei einem Volt sind es 1000 Umdrehungen, bei zwei Volt 2000 Umdrehungen usw. Sein Nachteil: Das Wickeln der Motoren ist sehr zeit- und arbeitsintensiv, da das Meiste noch von Hand gemacht werden muss. Eine Herausforderung stellen auch die zum Teil hohen Material- und Produktionskosten dar – Qualität hat bekanntlich seinen Preis. Hinzu kommt eine Null-Fehler-Toleranz, denn: «Wenn man es mit medizinischen Geräten oder mit Fahrzeugen zu tun hat, wo Sicherheit an erster Stelle steht, dürfen wir uns keine Fehler erlauben. Stellen Sie sich vor, ein Mars-Rover landet und die Motoren funktionieren nicht!» MAXON MISCHT E-BIKE-MARKT AUF Nicht nur die Höhepunkte, auch schwierigere Zeiten schweissen ein Team zusammen: 2009 blickte das Unternehmen aufgrund der Bankenkrise auf ein schwieriges Geschäftsjahr zurück. Und auch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses traf maxon, die 80 Prozent ihrer Produkte exportiert, hart. In solchen Zeiten fordere Elmiger seinen Mitarbeitenden etwas mehr ab: «Ich bat sie darum, täglich eine halbe Stunde länger zu arbeiten. Es haben alle mitgemacht, restlos.» Für Elmiger sei dies die Bestätigung dafür gewesen, dass er etwas richtig mache. «Ich hatte eine Riesen-Freude. Ende Jahr, als wir es geschafft haben und die Zahlen stimmten, haben wir allen Mitarbeitenden 500 Franken zurückgegeben. Die Leute merken, dass es ein Geben und ein Nehmen ist. Heute stehen wir umso solider im Markt.» Eugen Elmiger ist der persönliche Kontakt mit seinen Mitarbeitenden wichtig. Nach wie vor engagiert er sich in verschiedenen Projekten. Unter anderem ist er verantwortlich für die neue Geschäftseinheit für Mechatronik, Maxon Advanced Robotics and Systems (MARS), in Giswil. Seit November 2015 werden dort Elektromotoren für Mountainbiker entwickelt, die an jedes beliebige Fahrrad angebracht werden können und in der Lage sind, in nur drei Sekunden von 0 auf 30 Kilometer pro Stunde zu beschleunigen. Selbst ein leidenschaftlicher Mountainbiker und Rennvelofahrer, testete Elmiger den Motor gleich selber und nutzt BIKEDRIVE heute regelmässig. «Zurzeit sind wir am Aufbau des Vertriebsnetzes in der ganzen Schweiz.» Bereits 35 Fahrradhändler bieten BIKEDRIVE an. Events mit dem ehemaligen Mountainbike-Weltmeister Albert Iten, die im Laufe dieses Jahres stattfinden werden, sollen nun die breite Masse auf das neue Antriebssystem aufmerksam machen. Nr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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VRPRAXIS
Glücksfee fürs Arbeitsklima MITARBEITERZUFRIEDENHEIT Beim Aufbau von Google Schweiz war Avieta Zgraggen als erste Frau und an vorderster Front mit dabei. Heute ist sie als Chief Happiness Officer tätig – mit einer klaren Mission: Mitarbeitende sollen (wieder) Freude an ihrer Arbeit finden. Wie dies gelingt, verrät sie im Interview. INTERVIEW I V A N A L E I S E D E R
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st der Arbeitsplatz ansprechend und die Atmosphäre angenehm, mindert das den Drang, pünktlich um fünf aus dem Büro zu stürmen. Wird die geleistete Arbeit anerkannt, macht man gerne auch mal mehr als das Minimum und «minütelet» nicht. Häufig sind es die kleinsten Gesten des täglichen Gebens und Nehmens, die den grössten Effekt auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben. Dass sich diese auch positiv auf das Unternehmen als Ganzes auswirkt, ist bekannt – und wird dennoch häufig unterschätzt. Sie sind als Chief Happiness Officer tätig. Was muss man sich darunter vorstellen? AVIETA ZGRAGGEN Es geht darum, den Mitarbeitenden die Freude an der Arbeit zurückzugeben. Ich kümmere mich darum, dass sie sich auf den Arbeitstag und ihre Teamkollegen freuen können. Dies wirkt sich nicht nur für die Mitarbeitenden positiv aus, sondern auch für die Unternehmen: So sind glückliche Mitarbeitende auch leistungsfähiger. Laut einer aktuellen Gallup-Studie machen 70 Prozent der Arbeitnehmenden nur «Dienst nach Vorschrift», 17 Prozent haben bereits «innerlich» gekündigt. Wie lässt sich dies erklären? Viele Mitarbeitende fühlen sich nicht als Teil eines Unternehmens, das man gemeinsam prägt und weiterbringt. Sie sehen sich vielmehr als eine Art Maschine, die nach Vorschrift zu funktionieren hat und nach Ablaufdatum ersetzt wird. Die ganzen kostenbedingten Umstrukturierungen führen zudem zu Unsicherheiten und lassen keinen Raum für Inputs oder Anregungen. Dabei wäre es sehr wichtig, eine konstruktive Feedbackkultur zu leben. Welche Kriterien erfüllt ein idealer Arbeitgeber? Er schafft ein Umfeld, in dem die Mitarbeitenden ihr Potenzial sowie ihre Individualität ausschöpfen können. Er legt zudem Wert auf den persönlichen Kontakt von Mensch zu Mensch und beugt so der über alle Branchen hinweg grassierenden E-Mailitis vor. 48
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Welche Rolle spielen Bewertungsplattformen wie Kununu oder Glassdoor für Ihre Arbeit? Was halten Sie von diesen? Solche Online-Plattformen bieten Stellensuchenden einen ersten Überblick über die Firma, so wie z. B. die Bewertungen auf Tripadvisor für Reisende eine Hilfestellung sein können. Das «Zwischenmenschliche» können diese Plattformen jedoch nicht ersetzen. Man darf nicht vergessen, dass sie nur einen kleinen Einblick in das Unternehmen ermöglichen und dieser dann noch höchst subjektiv ist. Die Bewertungen stammen ja meist von wenigen Mitarbeitenden aus verschiedenen Positionen. Letztlich kommt es auf die individuell zu besetzende Stelle an, auf das Team, mit dem man zusammenarbeiten wird und auf seinen direkten Vorgesetzten. Ich rate daher sowohl Kandidaten als auch Unternehmen, eine Probewoche oder einen Probemonat auszuhandeln, damit beide einen umfassenderen Eindruck voneinander gewinnen können. Was können speziell KMU tun, um die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden zu erhöhen? Achtsam gegenüber den Mitarbeitenden sein, sie als Menschen wahrnehmen. Ihnen Respekt entgegenbringen, indem man ihnen zuhört. Ihnen zeigen, dass man sie ernst nimmt und ihnen die Möglichkeit bieten, Feedback und Inputs einzubringen. Es sind kleine Handlungen, die das Alltagsleben eines Mitarbeiters bereichern, wie z. B. eine herzliche Begrüssung, ein Lob oder einfach ein Gespräch in der Kaffeepause. Während sich in den USA die Position des Chief Happiness Officers längst etabliert hat, hinkt die Schweiz diesbezüglich hinterher. Warum ist das Ihrer Ansicht nach so? Meistens braucht es Zeit, bis Trends in der Schweiz «ankommen». Egal ob in der Mode, im Food-Bereich oder im Geschäftsumfeld: Die Schweiz agiert immer zuerst als Beobachter. Dies ist grundsätzlich positiv, denn nicht jeder Trend führt zum Erfolg. Wichtig ist aber, dass Unternehmen auch hierzulande
versuchen, einen Schritt in diese Richtung zu gehen: Sich Gedanken darüber zu machen, wie man mit Mitarbeitenden umgehen soll. In der Schweiz ist man diesbezüglich insbesondere im Startup-Umfeld schon etwas weiter. Meiner Erfahrung zufolge ist es gerade dieses junge, technologisch geprägte Umfeld, das Wert auf Happiness im Arbeitsalltag legt. Google Schweiz wurde unlängst zum beliebtesten Arbeitgeber in der Kategorie Grossunternehmen auserkoren. Sie selber haben mitgeholfen, Google Schweiz aufzubauen. Was können andere Unternehmen von Google in Sachen Mitarbeiterzufriedenheit lernen? Bei Google steht die Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeitenden an vorderster Stelle. Bereits zu meiner Zeit haben wir beispielsweise einzelne Mitarbeiter ausgezeichnet, die etwas Tolles auf die Beine gestellt haben oder sich für etwas eingesetzt haben. Eine persönliche Anerkennung bewirkt viel mehr, als man meint. Und es braucht kein grosses Budget dafür. Google bietet den Mitarbeitenden auch in Sachen Office-Infrastruktur sehr viel. Die Arbeitsplätze sind auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zugeschnitten, mit viel Licht, Pflanzen und diversen Begegnungszonen für den gemeinsamen Austausch. Es wird zudem Wert darauf gelegt, dass sie Familie und Beruf unter einen Hut bringen können. Die Familie eines Mitarbeiters ist genauso Teil des Unternehmens wie der Mitarbeiter selbst. All diese Dinge tragen dazu bei, dass Google-Mitarbeitende gerne arbeiten gehen. Nun werden aber genau Unternehmen wie Google, die Ihren Mitarbeitenden auf der Arbeit fast schon ein zweites Zuhause bieten, häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie dies aus rein wirtschaftlichen Überlegungen täten – damit die Mitarbeitenden möglichst lange im Büro bleiben bzw. überdurchschnittlich viel arbeiten. Was sagen Sie dazu? Klar arbeitet man auch länger, wenn einem so viel geboten und ermöglicht wird. Das Arbeiten empfindet man dann nicht mehr
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als ein Müssen, sondern als Freude. Daher ist man auch gewillt, etwas mehr beizutragen als üblich – was dem Arbeitgeber natürlich zugutekommt. Ein guter Arbeitgeber sollte die Mitarbeitenden wenn nötig jedoch auch coachen, etwa um sie vor einer zu hohen Arbeitsbelastung zu schützen. Um eine gesunde Balance zwischen Arbeits- und Privatleben aufrechterhalten zu können, helfen klare Grenzen. Moderne, verantwortungsvolle Unternehmen pflegen und fördern ihre Mitarbeitenden. Faktisch halten immer noch mehr Männer als Frauen Führungspositionen inne – was können männliche Führungskräfte von Managerinnen wie Ihnen lernen? Frauen und Männer können voneinander profitieren und lernen. Ich sehe mich als Impulsgeberin, als jemanden, der neue Wege der Betrachtungsweise öffnet und der beratend zur Seite steht, wenn es um die Umsetzung neuer Vorhaben geht. Mit allen Sinnen wahrnehmen und danach agieren, das möchte ich sowohl männlichen wie auch weiblichen Führungskräften mitgeben. Geld allein macht bekanntlich nicht glücklich. Welchen Anteil hat das Salär eines Mitarbeitenden an seiner Motivation? Welche nicht-monetären Faktoren haben einen Einfluss darauf, ob Mitarbeitende motiviert sind? Natürlich braucht jeder von uns Geld, um die monatlichen Rechnungen bezahlen zu können. Wie man in verschiedenen Umfragen und Studien aber festgestellt hat und ich selbst auch beobachtet habe, machen zum Beispiel Boni nur kurzfristig glücklich. Was viel mehr zählt, sind zwischenmenschliche Gesten sowie Zeit füreinander zu haben. Was macht Sie persönlich glücklich? Wenn ich meine Kinder anschaue und sehe, dass es ihnen gut geht. Und wenn ich in meinem Umfeld Positives bewirken kann. Achtsamkeit leben und respektvoll mit Menschen umgehen, dies ist mein Beitrag für eine bessere Welt.
ZUR PERSON Avieta Zgraggen ist als Chief Happiness Officer tätig und berät Unternehmen in allen Aspekten rund um das Thema Happiness Culture. Als erste Frau hat sie mitgeholfen, Google Schweiz aufzubauen. Die bei Google Schweiz gesammelten Erfahrungen hat sie anschliessend in verschiedensten Branchen und Unternehmen eingebracht, bevor sie sich Ende 2015 selbständig gemacht hat. www.avieta.ch
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VRPRAXIS
KMU als Klimaschützer BUNDESBÜRGSCHAFTEN Der Technologiefonds ist ein Instrument der Schweizer Klimapolitik und basiert auf dem CO2-Gesetz. Der im November 2014 geschaffene Technologiefonds vergibt Darlehensbürgschaften im Umfang von bis zu drei Millionen Franken an KMU, die mit innovativen Produkten einen Beitrag an den Klimaschutz leisten. TEXT S I M O N E R I E D E L R I L E Y
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er Technologiefonds verhindert, dass gute Ideen und erfolgsversprechende Innovationen am fehlenden Geld scheitern. Operativ gestartet ist er im Januar 2015. Seither
vergab das Bundesamt für Umwelt (BAFU) 14 Darlehensbürgschaften in Höhe von insgesamt 14.6 Millionen Franken. Weiteren sechs Unternehmen hat das BAFU bereits eine Bürgschaft zugesichert. Ausgeschöpft
ist der Fonds deshalb noch lange nicht: Der maximale Verpflichtungskredit beträgt 150 Millionen Franken und könnte vom Parlament bei Bedarf auf 500 Millionen Franken erhöht werden. Das Geld stammt aus den
GEFÖRDERT DURCH DEN BUND Von 14 Unternehmen stammen sechs aus dem Förderbereich «Schonung natürlicher Ressourcen», sprich fast die Hälfte: Bei Aqua-4D Water Solutions ist es die natürliche Ressource Wasser, die geschont wird. Das Gerät soll Wasser mithilfe von elektromagnetischen Impulsen reinigen können. Mit der Bürgschaft wird die Durchführung von Validierungsprojekten massgeblich unterstützt. Die FluidSolids AG produziert einen biologisch abbaubaren Verbundwerkstoff aus den Industrieabfällen nachwachsender Rohstoffe – in vielen Fällen eine echte Alternative zu erdölbasierten Kunststoffen. Das Darlehen ermöglicht die Entwicklung von Maschinen und die Anmeldung von Patenten. Innovative Lösungen für die Abgasreinigung und Wärmerückgewinnung in Holz(heiz)-kraftwerken bietet die IS SaveEnergy AG. Die Energieausbeute wird bei gleichem Ressourceneinsatz signifikant erhöht. Das Darle-
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hen wird für die Produktentwicklung und die Vermarktung im EU-Raum eingesetzt. In eine ähnliche Richtung geht die Joulia SA mit ihrem innovativen Wärmerückgewinnungsmodul für Duschen, welches dem abfliessenden Duschwasser Energie zur Erwärmung des zufliessenden Kaltwassers entzieht. Mit dem gewährten Darlehen treibt die Firma die Kommerzialisierung und Industrialisierung des Produktes voran. Die Sorba Absorber GmbH produziert Torfersatzstoffe aus Rückständen der Körnermaisproduktion mit tiefem Salzgehalt, einer feinen Struktur und einer hohen Resistenz gegen Pilzangriffe. Durch das Bürgschaftsdarlehen kann die Firma ihre Produktion ausweiten und damit den negativen Folgen des Torfverbrauchs entgegenwirken. Die neuste Bürgschaftsnehmerin, die Urban Farmers AG, ist ein Komplettlösungsanbieter von Aquaponicsystemen auf Dächern in urbaner Umgebung. Damit ermöglicht sie die Produktion von Gemüse
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im Wasser ohne Nährboden. Die Bürgschaft des Technologiefonds erleichtert ihr die Projektentwicklung im In- und Ausland. DIE CO2-BILANZ POLIEREN Im Förderbereich «Reduktion von Treibhausgasemissionen» gibt es bislang fünf Bürgschaftsnehmer: Die Eaternity AG hat eine Software-Applikation entwickelt, die gestützt auf eine eigens entwickelte Datenbank, die Menge an Treibhausgas ermittelt, welche durch die Herstellung von Restaurant-Menüs emittiert wird. Das Unternehmen nutzt das Darlehen, um die Automatisierung voranzutreiben und in die Individualgastronomie einzusteigen. Die Explosion Power AG beschäftigt sich mit Shock Puls Generatoren (SPG). Ihr Reinigungsverfahren mit SPG-Anlagen stellt gegenüber den konventionellen Verfahren eine energetische Verbesserung dar. Die Bürgschaftsnehmerin nutzt das Darlehen, um in den Marktbereich der Grosskesselanlagen vorzu-
dringen. Die SmarterBetterCities AG entwickelte eine Software zur Stadtplanung, die den Einfluss von Gebäudehüllen und Materialien auf die CO2-Bilanz simuliert und optimiert. Das Darlehen wird für die Weiterentwicklung der Software-Plattform und Cloud-Infrastruktur genutzt. Die Talbot New Energy AG entwickelte eine innovative Technologie zur Steigerung der Energieeffizienz in Industriebetrieben bei der Nutzung von Niederdruckdampf und Abdampf. Mit der Bürgschaft soll ein europaweites Vertriebsnetz aufgebaut werden. Die Ymatron AG bietet cloud-basierte Sensorlösungen für die Abfall- und Wertstoffentsorgung. Das Darlehen unterstützt Markt- und Ressourcenaufbau und treibt die Prozess-Automatisierung voran. DIE KRAFT DER SONNE NUTZEN Nur zwei Unternehmen zählt der Förderbereich «Förderung erneuerbarer Energien»: Die Designergy SA entwickelt
und vermarktet industriell vorgefertigte, voll integrierte Fotovoltaik-Dachmodule, die neben der Stromproduktion auch die Funktion der Wärme- und Feuchtigkeitsisolation wahrnehmen. Die Bürgschaft des BAFU ermöglicht der Firma einen raschen Eintritt in den Schweizer Markt. Das Produkt der Ennos GmbH ist eine solarbetriebene Wasserpumpe, die auf die landwirtschaftliche Kleinbewässerung und Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländern ausgerichtet ist. Die Darlehensbürgschaft stiftet einen wertvollen Beitrag zum Ausbau der Produktionsund Vertriebskapazität. SPARSAM IM VERBRAUCH Das einzige Unternehmen im Förderbereich «effiziente Nutzung elektrischer Energie» ist die Misurio AG. Sie entwickelt Softwarelösungen zur Optimierung von energiewirtschaftlichen Entscheidungen von Energieversorgungsunternehmen – zum Beispiel den Bau von Reglern für Kraftwerke.
Erträgen der CO2-Abgabe – die gesetzliche Grundlage des Fonds ist das CO2-Gesetz, das Herzstück der Schweizer Klimapolitik. Die Anzahl der gestellten Gesuche nimmt von Monat zu Monat weiter zu. Wer ein Stück des Förderkuchens – die Grösse der Bürgschaften variiert zwischen 50 000 und drei Millionen Franken – ergattern möchte, hat jedoch einige Voraussetzungen zu erfüllen. FOKUS AUF DIE KOMMERZIALISIERUNG Eine erste Voraussetzung besteht darin, dass das gesuchstellende Unternehmen einem der vier Förderbereiche – Reduktion von Treibhausgasemissionen, effiziente Nutzung elektrischer Energie, Förderung
INFO Gesuche um eine Bundesbürgschaft können jederzeit eingereicht werden unter www.technologiefonds.ch.
erneuerbarer Energien oder Schonung natürlicher Ressourcen – zugeordnet werden kann. Das neuartige Produkt oder Verfahren muss zudem gute Chancen haben, sich am Markt durchzusetzen. Im Idealfall hat die Firma bereits erste Umsätze generiert. Im Minimum ist ein marktfähiger Prototyp in der Schweiz vorhanden. Grund für diese Voraussetzungen ist der Fokus des Technologiefonds auf die Kommerzialisierungsphase. Damit setzt er dort an, wo es in der bestehenden Förderungspalette eine Finanzierungslücke beziehungsweise eine noch wenig unterstützte Entwicklungsphase gibt. Zu den weiteren Voraussetzungen gehört die Kreditwürdigkeit der Gesuchstellerin. Diese ist gegeben, wenn die Annahmen im Businessplan plausibel und realistisch sind und das Management eine angemessene Erfahrung und Ausbildung vorweisen kann. Bei Illiquidität oder Überschuldung kann keine Bürgschaft Bildquelle: Depositphotos.com, Ruslan_Khismatov
gewährt werden. Ein Schweizer Sitz der Gesuchstellerin und der Darlehensgeberin ist ebenfalls Bedingung. Auch soll ein angemessener Anteil der Wertschöpfung in der Schweiz erwirtschaftet werden. Wer wissen möchte, wie seine Chancen auf die Bewilligung eines Gesuches stehen, kann sich auf der Webseite des Technologiefonds selber testen. VOM GESUCH ZUR BÜRGSCHAFT Für die Umsetzung und Führung des Technologiefonds ist das Bundesamt für Umwelt (BAFU) zuständig. Für die Prüfung der Gesuche beauftragte das BAFU jedoch eine externe Geschäftsstelle. Nach abgeschlossener Prüfung – ein mehrstufiger Prozess – stellt diese einen Antrag an ein Bürgschaftskomitee, welches sich aus Vertretern des Bundes und der Privatwirtschaft zusammensetzt. Dieses formuliert eine finale Empfehlung, die Letztentscheidung bleibt beim BAFU. Wird die Bürgschaft bewilligt, haben die Gesuchstellerinnen 90 Tage Zeit, um die Kreditverträge mit der Darlehensgeberin abzuschliessen. Ist die Förderungs- und Kreditwürdigkeit eines Gesuchs nicht gegeben, kann ein negativer Entscheid in jedem Schritt des Prüfungsprozesses gefällt werden. Gewährt werden Bürgschaften mit einer Laufzeit von maximal zehn Jahren. Zudem darf sich die Höhe der Bürgschaft auf maximal 60 Prozent des gesamten Finanzierungsbedarfs eines Vorhabens belaufen. Der Bürgschaftsnehmer bezahlt zudem eine jährliche Gebühr von 0.9 Prozent des Bürgschaftsbetrags. FÜR SIE WURDE BEREITS GEBÜRGT Die 14 Unternehmen, welche die Bürgschaft bereits in der Tasche haben, kommen aus allen vier Förderbereichen und weisen verschiedene unternehmerische Reifegrade auf. Wer sie sind, welchen Beitrag sie fürs Klima leisten und wofür sie das durch die Bürgschaft ermöglichte Darlehen verwenden – diese Fragen werden in Form von Kurzportraits, gegliedert nach den vier Förderbereichen, beantwortet (siehe Kasten).
DIE AUTORIN Simone Riedel Riley ist Leiterin der Geschäftsstelle des Technologiefonds und für die Investmentgesellschaft Emerald Technology Ventures tätig. Zusammen mit der South Pole Group bildet die Emerald Technology Ventures die Geschäftsstelle.
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70 und etwas weiser? GRAUE EMINENZEN Die Führungscrews in kotierten Unternehmen werden immer älter. Dies zeigen Umfragen von Rekrutierungsfirmen aus den USA und der Schweiz*. Der CEO einer grossen Rückversicherung empfiehlt die Anhebung des Pensionsalters auf 70 Jahre. Was bedeutet dies für die «Demographie des Unternehmens»? TEXT C H R I S T O P H H I L B E R
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ie Rekrutierungsfirmen begründen die Entwicklung mit der Einsicht, dass die Erfahrung mit steigendem Alter an Qualität gewinnt und Unternehmen zunehmend darauf setzen. Ob dieselbe Einsicht auch bei Spezialisten und Mitarbeitenden angebracht wäre? Ist die Weisheit der Erfahrung auf Managementebene wichtiger als auf Stufe Fachkraft? Eine Studie dazu ist mir nicht bekannt und die allgemeine Diskussion zur Arbeitslosigkeit mit 50+, mittlerweile sogar 45+, deutet darauf hin, dass man diese Studie lieber nicht machen möchte. Die Versicherer (PK) begründen ihre Forderung mit dem demografischen Wandel, also mit der grösser werdenden Altersgruppe 65+, der Fitness dieser Gruppe und der damit verbundenen höheren Lebenserwartung – und der gefährlichen Strapazierung der PK-Fonds. Die logische Konsequenz beider Aussagen könnte sein: Die aktuellen Verwaltungsräte bleiben fünf Jahre länger im Amt. Gemäss Schilling Report 2015 bedeutet dies die Zunahme des Durchschnittsalters der Verwaltungsräte von 59 auf 64 Jahre – wohlgemerkt Durchschnittsalter. Daraus lässt sich ableiten, dass auch die GL-Mitglieder fünf Jahre länger im Dienst bleiben dürften, um danach die frei werdenden Plätze der abtretenden Verwaltungsräte zu besetzen. Das wiederum hat Folgen für die Führungsstufen unterhalb der Geschäftsleitung: Aufstiege werden durch die nun verstopfte Aufstiegspipeline ebenfalls blockiert. Zum Glück zeigt die Demografie, dass weniger Junge nachdrängen und auch Führungskraft werden könnten. Zum Glück? Die Ebene der Fachkräfte würde ungeduldig, gewinnt aber dank dem längeren Verbleib in der Expertenrolle an Erfahrung, was dann hoffentlich auch gewürdigt wird.
Kulturen und Märkte wäre die Folge. Eigentlich super, wird intensive Auslanderfahrung für Spitzenpositionen doch vorausgesetzt. Doch kommen sie zur richtigen Zeit auch wieder zurück? NEUE UNTERNEHMENSMODELLE: Grosse Firmen werden kartellrechtlich kritisch, sind führungstechnisch eher schwierig und aus volkswirtschaftlicher Sicht vermehrt systemrelevant. Warum also nicht wieder hin zu kleineren, agileren, übersichtlicheren Unternehmenseinheiten? Das würde den Bedarf an Führungspersönlichkeiten in die Höhe treiben. Der Nebeneffekt: Sie können näher am Business agieren und unternehmerischer in der Verantwortung stehen. Auch könnten die veränderten Erwartungen der Generation Y an das Arbeitsumfeld berücksichtigt werden. DIGITALISIERUNG: Eine andere Lösung könnte die Digitalisierung bringen, welche uns zwingt, die klassischen, organisatorischen Modi Operandi zu überdenken. Wo «ältere Erfahrung» gegenüber der «jüngeren» an Gewicht verliert, öffnet sich die Nachfolgepipeline.
WÜRDE DAS RENTENALTER UM 5 JAHRE ERHÖHT, STÜNDEN 5 JAHRE MEHR ZEIT AN, VERDRÄNGTES NACHZUHOLEN – FÜR VIELE VIELLEICHT BERUHIGEND.
OPTIONEN Sicherlich gibt es erfolgreiche und weniger erfolgreiche Ansätze, um dieser Entwicklung organisch Einhalt zu gebieten. Was halten Sie von den nachfolgenden? ALTERSBESCHRÄNKUNG AUF FÜHRUNGSEBENEN: Verwaltungsräte waren und Geschäftsleitungsmitglieder sind in der Regel in den höchsten Salärbändern zu finden. Liessen sie sich freiwillig nach heutigem Modell pensionieren, würde eine blockierte Nachfolgepipeline verhindert. Gleichzeitig würde sich diese Gruppe voll auf den Konsum konzentrieren können, da sie zur vermögenderen Gesellschaftsschicht zählt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie aus einem Mangel an finanziellen Mitteln im hohen Alter in der Sozialhilfe landen, ist doch sehr gering. JUNGE SAMMELN ERFAHRUNG IM AUSLAND: Sind die Führungspositionen besetzt, könnten High-Potential-Mitarbeiter ihre Karriere vermehrt im Ausland fortsetzen. Ein noch besseres Verständnis für andere 52
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FAZIT Man soll die makroökonomischen Entwicklungen in jedem Fall positiv ausnützen und nicht als Gefahr sehen oder ignorieren. Einen Vorteil sieht der Schreibende im Anstieg des Rentenalters auch für die KMU: Viele driften auf die Regelung ihrer Nachfolge zu und geraten bald in Verzug. Würde das Rentenalter um fünf Jahre erhöht, stünden fünf Jahre mehr Zeit an, Verdrängtes nachzuholen – für viele vielleicht beruhigend. *Quelle: Sonntagszeitung 8.5.2016 / Schilling Report 2016
CHRISTOPH HILBER Der Autor ist Betriebswirtschafter und seit 8 Jahren Headhunter mit seiner eigenen Firma P-Connect Executive Search & Recruiting mit Fokus auf Industrie (MEM), Informatik, Telekom und Positionen VR, GL/Kader www.p-connect.ch/neuigkeiten und Spezialisten. Vorgängig war er in leitenden Linienfunktionen bei NCR/AT&T, diAx und Siemens.
VRPRAXIS
TYPISCHE INHALTE In der Regel finden sich folgende Inhalte in einem Organisationsreglement: – Organisationsstruktur sowie eine Aufzählung der Organe und der vom Reglement betroffenen Stellen – Konstituierung und Funktionsweise der Organe und Stellen – Sitzungen und Protokollführung – Präsenz- und Beschlussquoren – Umschreibung und Abgrenzung der Aufgaben sowie Kompetenzen – Zeichnungsberechtigungen – Regelung über die Berichterstattung und Kommunikation – Umgang mit Interessenkollisionen und Ausstandsregelungen – Auskunfts- und Einsichtsrechte – Geheimhaltungs- und Rückgabepflichten – Konkurrenzverbote – Entschädigungsgrundsätze
Will der VR die Geschäftsführung an einzelne Mitglieder oder Dritte delegieren, muss er ein Organisationsreglement erlassen.
Bildquelle: Depositphotos.com, belchonock
Dokumente schaffen Klarheit ORGANISATIONSREGLEMENT Der Erlass organisatorischer Rahmenbedingungen ist auch ohne entsprechende gesetzliche Verpflichtungein ein sinnvolles Instrument der Führung und der Best Practice. TEXT S T E F A N I E M E I E R - G U B S E R
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ie Festlegung der Organisation gehört zu den unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrats. Obliegt die Geschäftsführung nicht jedem einzelnen VR-Mitglied, sondern einzelnen Mitgliedern (VR-Delegierte) oder Dritten (Direktoren), muss der Verwaltungsrat von Gesetzes wegen ein Organisationsreglement erlassen. Dieses regelt im Wesentlichen Konstituierung, Funktion und Beschlussfassung der einzelnen Organe auf oberster Unternehmensebene, ihre Aufgaben, Kompetenzen, Rechte und Pflichten sowie ihre Vertretungsbefugnis. Das Organisationsreglement ist jedoch mehr als eine formaljuristische Pflichtübung. Es ist ein Instrument der Best Practice und sorgt als Führungsinstrument auch in den gesetzlich nicht vorgeschriebenen Fällen für Effizienz, Transparenz, Verbindlichkeit und Klarheit. Darüber hinaus dient es der Minimierung von Haftungsrisiken des Verwaltungsrats. Aufgrund der Vielfalt von Gesellschaften ist es nicht möglich, ein für alle Gesellschaften anwendbares Organisationsreglement zu entwerfen. Vielmehr muss das Organisationsreglement durch Konkretisierung der
jeweiligen Statuten den konkreten Verhältnissen und individuellen Anforderungen der einzelnen Gesellschaft genügen. SO SCHLANK WIE MÖGLICH Das Organisationsreglement weist Handlungs- und Entscheidungskompetenzen klar zu und schafft damit eine wichtige Grundlage für eine Best Practice im Unternehmen. Es gibt die vom Verwaltungsrat beschlossene Unternehmensorganisation wider und sollte die Komplexität der effektiven Organisation nicht übersteigen. Mit anderen Worten: Es sollte so schlank wie möglich und so komplex wie nötig sein. Vor allem aber soll es praktisch umgesetzt werden. Das Organisationsreglement kann ergänzt werden durch ein Organigramm, ein Funktionendiagramm, einen Führungskalender, ein Anforderungsprofil oder weitere auf ihm basierende Reglemente. INKRAFTSETZUNG, ÜBERPRÜFUNG UND ANPASSUNG Zwar ist das Organisationsreglement auf eine gewisse Dauer ausgelegt, dennoch sollten Organisation und Reglement periodisch überprüft, hinterfragt und wenn nötig den tatsächlichen Verhältnissen angepasst wer-
den. Die Anpassung erfolgt durch entsprechenden Beschluss des Verwaltungsrats, der auch das Datum der Inkraftsetzung festlegt und – sofern vorhanden – das frühere Organisationsreglement ausser Kraft setzt. Für die rechtsgültige Delegation der Geschäftsführung braucht es eine entsprechende statutarische Ermächtigung des Verwaltungsrats, für welche die Generalversammlung zwingend zuständig ist. Sobald die entsprechende Statutenbestimmung verankert und der Verwaltungsrat zur Delegation der Geschäftsführung berechtigt ist, kann und muss er im Rahmen seiner Aufgaben die Organisationsform festlegen.
DIE AUTORIN
Stefanie Meier-Gubser ist Geschäftsführerin des Schweizerischen Instituts für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder (sivg).
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Lohnkontrollen – jetzt?! LOHNGLEICHHEIT Der Bund will das geltende Gleichstellungsgesetz (GIG) revidieren. Das Ziel: Den Verfassungsgrundsatz der Lohngleichheit in der Wirtschaftswelt besser durchzusetzen. Die Pläne des Bundes sind aber umstritten. TEXT I N È S D E B O E L
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unächst die gute Nachricht für alle KMU: Nicht alle Unternehmen werden von den Lohnanalysen und Kontrollen betroffen sein. Die geplanten Massnahmen werden aus praktischen Gründen erst für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden gelten – mit einem gemischten Mitarbeiter-Anteil von mindestens zehn Frauen und zehn Männern. Dies bedeutet, dass mit dieser Mindestgrösse rund zwei Prozent der Unternehmen und 54 Prozent der Beschäftigten in der Schweiz von den Massnahmen betroffen sein werden. Für den Rest der Angestellten bleibt hingegen alles beim Alten. Sie werden nicht von den direkten Massnahmen zur Beseitigung der Lohndiskriminierung profitieren. DIE GEPLANTE REVISION Die geplante Revision des Gleichstellungsgesetzes (GIG) soll in erster Linie Lohntransparenz schaffen. Konkret vorgesehen ist, dass die Unternehmen alle vier Jahre zwingend eine Lohnanalyse durchführen müssen. Deren Durchführung soll anschliessend durch Dritte kontrolliert werden. Diese externe Kontrolle kann wahlweise einem Revisionsunternehmen, einer staatlich anerkannten Selbstregulierungsbehörde oder den Sozialpartnern übertragen werden. Dabei soll nicht das Ergebnis selbst geprüft werden, sondern nur, ob die Lohnanalyse
korrekt durchgeführt wurde. Eine Meldepflicht ist hingegen nicht vorgesehen. Stattdessen schlägt der Bundesrat in einer Variante vor, dass die Kontrollstelle dann eine Meldepflicht hat, wenn ein Unternehmen keine Lohnanalyse durchgeführt hat oder deren Durchführung nicht kontrollieren liess. In solchen Fällen soll eine schwarze Liste für fehlbare Unternehmen Abhilfe schaffen. POSITION DES BUNDES Für den Bund steht fest: Die geplante Veränderung des GIG ist notwendig, da der in der Verfassung festgeschriebene Grundsatz der Lohngleichheit von Mann und Frau, nämlich der Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit, auch dreissig Jahre nach dessen Verankerung in der Bundesverfassung noch immer nicht umgesetzt ist. Bereits im Herbst 2014 hatte der Bundesrat explizit festgehalten, dass freiwillige Lösungen alleine nicht genügen, um den verfassungsrechtlichen Anspruch auf gleichen Lohn umzusetzen. Auch ein von den Dachverbänden der schweizerischen Arbeitgeberund Arbeitnehmerorganisationen – mit Unterstützung des Bundes – durchgeführter Lohngleichheitsdialog hinsichtlich der Eliminierung oder zumindest einer wesentlichen Verringerung der Lohndiskriminierung hat nicht den erhofften Erfolg gebracht.
Beseitigung der Lohnungleichheit, doch geht er ihnen zu wenig weit: Insbesondere müsse die Vorlage verbindlich umgesetzt werden. Nach Ansicht der Gewerkschaften braucht es effiziente Kontrollen in den Betrieben und harte Sanktionsmöglichkeiten für Betriebe, die das Gesetz nicht einhalten. Ebenso müssten diskriminierende Löhne zwingend angepasst werden. Die Wirtschaft lehnt die geplante Änderung kategorisch ab. Der Arbeitgeberverband (SAV) und der Gewerbeverband (SGV) sehen in den staatlichen Massnahmen einen unverhältnismässigen und bürokratischen Eingriff in den flexiblen Arbeitsmarkt und die unternehmerische Freiheit. Es würden zusätzliche Kosten für die Unternehmen entstehen, die sich nicht mit der direkten Wertschöpfung des Unternehmens vereinbaren liessen. Unberechtigt sei der Vorwurf des Bundesrates schon deshalb, weil die Unternehmen in den letzten Jahren viele Initiativen zur Optimierung der Arbeitsbedingungen ergriffen hätten. Bei diesen bisher freiwilligen Massnahmen handelte es sich um Lohnanalysen, die sich auf Funktionsbeschreibungen stützen. Damit, so der SAV, zeigten die Unternehmen, dass Lohndiskriminierung bereits mit den bestehenden Instrumenten verhindert werde und sie den notwendigen Beitrag für die Gleichstellung von Mann und Frau leisteten.
SOZIALPARTNER UNEINS Dass nur grössere Unternehmen systematische Kontrollen durchführen müssen, ist unter den Sozialpartnern sehr umstritten. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und die Arbeitnehmer-Dachorganisation Travail.Suisse befürworten zwar ausdrücklich den bundesrätlichen Vorstoss zur
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Unternehmen sollen in Zukunft verpflichtet werden, regelmässig Lohnanalysen durchzuführen. Eine externe Stelle soll diese dann kontrollieren.
RECHT
Ein gesundes Gleichgewicht GESUNDHEIT Die Schweiz braucht ein zukunftsfähiges Arbeitsrecht. Der Gesundheitsschutz muss Teil der gelebten Führungsarbeit sein, und die Arbeitnehmenden müssen ihre persönliche Gesundheitsbilanz ausgewogen halten. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer müssen umdenken. TEXT M A R I U S K L A U S E R
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n den letzten Jahrzehnten hat sich die Arbeitswelt massiv verändert – örtliche und zeitliche Flexibilität sind wichtiger geworden. Die vom Bundesrat per 1. Januar 2016 in Kraft gesetzten neuen Regelungen zur Arbeitszeiterfassung führen indessen zu einer Verschärfung der Arbeitsmarktpraxis: Anstelle der bisherigen toleranten Praxis wird nun eine strikte Einhaltung des Arbeitsgesetzes gefordert und von den Arbeitsinspektoraten kontrolliert – wie zum Beispiel die wöchentliche Höchstarbeitszeit oder die tägliche minimale Ruhezeit. Bewährte Lebens- und Arbeitsformen, beispielsweise die Vertrauensarbeitszeit, werden dadurch eingeschränkt oder verunmöglicht. ALLES EINE FRAGE DER BALANCE Als Grund für diese Verschärfung wird zumeist der Gesundheitsschutz genannt. Dem geltenden Arbeitsgesetz fehlt jedoch der reale Bezug zur heutigen mobilen, digitalisierten und engagierten Wissensgesellschaft. Gerade beim Gesundheitsschutz wird oftmals nicht auf dem aktuellsten Stand der Forschung argumentiert und es werden falsche Schlüsse gezogen. Dabei fallen Aussagen wie: «mehr als 45 Stunden arbeiten macht krank» oder: «wer gestresst ist, wird krank». Solche pauschalen Aussagen übersehen: Krankheitsgefährdet ist, wer über längere Zeit die Balance zwischen Energiespendern – Ressourcen, wie zum Beispiel die Befriedigung über ein Arbeitsresultat oder ein gutes Arbeitsklima – und Energiefressern, respektive Belastungen wie beispielsweise ein überfordernder Auftrag oder eine unklare Priorisierung, nicht sicherstellt. STRESS IST NICHT IMMER NEGATIV Die gleiche Arbeitssituation kann bei zwei Menschen unterschiedlich wirken, beim einen löst sie positiven Stress (Eustress) – ein Energiespender – aus und beim anderen negativen Stress (Disstress) – Energiefres-
zusammen gleich gross sind wie die Energiefresser aus Beruflichem und Ausserberuflichem.
Eine ausgeglichene Gesundheitsbilanz ist Sache des Einzelnen. Bild: Depositphotos
DIE SECHS GESUNDHEITSREGELN Die beste Burnout-Prävention ist die Einhaltung folgender Empfehlungen: – Solide persönliche Arbeitsmethodik – Adäquate digitale Medienkompetenz – Intakte Freundschaften – Mindestens 20 Minuten pro Tag an der frischen Luft – Mindestens 20 Minuten pro Tag Sport
GESUNDHEITSSCHUTZ ALS FÜHRUNGSAUFGABE Arbeitgeber im Dienstleistungsbereich sind sich bewusst, dass Wissensarbeiter die Basis ihres Geschäfts bilden. Sie investieren daher viel in die Aus- und Weiterbildung dieser Personen. Der Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden liegt im direkten Firmeninteresse. Wirksamer Gesundheitsschutz erfolgt daher nicht als Alibiübung mittels Handbuch oder einer Stabstelle, sondern ist Teil der verantwortungsvollen Führungsarbeit. Führungskräfte und Fachspezialisten empfinden flexible Arbeitszeiten zumeist als Energiespender und sie sind in der Lage, ihre persönliche Gesundheitsbilanz ausgewogen zu halten. Die Weiterentwicklung des Arbeitsgesetzes hat dem Rechnung zu tragen, indem für leitende Mitarbeitende und Fachspezialisten im Dienstleistungssektor die Möglichkeit geschaffen wird, dass sie ihre Arbeitszeit weiterhin selbständig bestimmen können, womit auch Jahresarbeitszeitmodelle offiziell erlaubt wären.
– Mindestens 20 Minuten etwas machen, das einem ausgesprochen Freude bereitet
DER AUTOR ser. Personen mit hoher Autonomie in der Arbeitsgestaltung und der Einteilung ihrer Arbeitszeiten sowie in Bezug auf Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten, schöpfen viel Energie aus ihrem Beruf, was ihnen wiederum hilft, mit Belastungssituationen erfolgreich umzugehen. Es ist jedoch wichtig, dass auf längere Belastungsspitzen auch Erholungsphasen folgen. Die Gesundheit eines Menschen hängt nicht nur von der Arbeit, sondern von allen Lebensbereichen ab. Die persönliche Gesundheitsbilanz ist dann ausgeglichen, wenn die Energiespender aus Beruflichem und Ausserberuflichem
Marius Klauser, 40, Dr. oec. HSG, ist seit Mitte 2011 als Direktor und CEO von EXPERTsuisse (vormals Treuhand-Kammer) verantwortlich für die Bildung, Unterstützung und Vertretung von eidg. dipl. Wirtschaftsprüfern, Steuerexperten und Treuhandexperten. Zuvor war er in der Geschäftsleitung eines führenden Unternehmens im Bereich der Managemententwicklung und -beratung tätig. Marius Klauser ist verheiratet, hat zwei Kinder und wohnt in der Region Zürich.
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WEITERBILDUNG
Gut vorbereitet, effizient durchgeführt, sorgfältig nachbereitet – das A und O des Sitzungsmanagements.
Mit Tempo durch die Traktanden SITZUNGSMANAGEMENT Die Effizienz von Sitzungen lässt in der Praxis vielfach zu wünschen übrig. Ein gezieltes Sitzungsmanagement ermöglicht effiziente und konstruktive Meetings. TEXT S T E F A N F R I T Z
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ie Qualität einer Sitzung wird von harten und weichen Faktoren beeinflusst. Dabei spielen insbesondere die weichen Faktoren, die mit der Unternehmenskultur zusammenhängen, eine zentrale Rolle. Denn da, wo ein wenig respektvoller und desinteressierter Umgang zum Alltag gehört, kann man an Sitzungen wohl kaum wertschätzende, offene Teamarbeit erwarten. Gleichzeitig sind Sitzungen auch ein starker Multiplikator zur Entwicklung der Unternehmenskultur, denn hier wird praktische Führung vorgelebt. In Sitzungen kann man schnell erkennen, ob die Leitwerte von Führungskräften auch in die Tat umgesetzt werden. In vielen Unternehmen wird zu wenig erkannt, dass die Führung von Sitzungen die gewünschte Unternehmenskultur unterstützt oder aber untergräbt.
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DIE DREI PHASEN EINER SITZUNG Vom zeitlichen Ablauf her kann eine Sitzung in drei Phasen unterteilt werden: Vorbereitung, Durchführung und Nachbearbeitung. Auf den ersten Blick erscheint diese Aufteilung trivial. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass diese Phasen verschiedene Anforderungen an die Beteiligten stellen und jede Phase für das Gelingen einer Sitzung ausschlaggebend sein kann. Während der VORBEREITUNG bestimmt die Sitzungsleitung die Teilnehmenden, den Rahmen sowie die Inhalte der Sitzung und legt die angestrebten Resultate fest. Es handelt sich um einen Führungsakt der Planung, der Schwergewichtbildung und der Vorwegnahme. In der Regel kann er alleine erledigt werden. Aus diesem Grund gibt es in dieser Phase, die das Fundament für die Sitzungsleitung in der Durchführungsphase liefert, viele Freiheiten. In der Phase der DURCHFÜHRUNG einer
Bild: depositphotos.com, pressmaster
ZEHN TIPPS – Nur Sitzungen abhalten, die der Organisation einen definierten Nutzen bringen – Pro Sitzung ein Schwerpunktthema festlegen – Operative und strategische Themen nicht an der gleichen Sitzung behandeln – Pro Besprechungspunkt Ziele schriftlich definieren – Pro Besprechungspunkt Zeit budgetieren – Das Ende der Sitzung bei der Einladung zeitlich festlegen – Sinnvolle Chargen am Anfang der Sitzung verteilen, um Raum für Übersicht und Führung zu schaffen – Das Protokoll mit einer separaten Pendenzenliste ergänzen – Nach der Sitzung gemäss dieser Pendenzenliste führen (kontrollieren, unterstützen, korrigieren) – Regelmässig den «Sitzungsdschungel» in der Organisation durchforsten
Sitzung ist die Ausgangslage eine andere. Gefragt ist eine komplexe und dynamische Führungsleistung. Die Sitzungsleitung muss die von ihr definierten Inhalte im Austausch mit den anderen Teilnehmern bearbeiten und dafür sorgen, dass die gesetzten Ziele erreicht werden und der Zeitrahmen eingehalten wird. Dieser Führungsakt unterliegt der Einwirkung der anderen Teilnehmer. Die Sitzungsleitung befindet sich zudem in einer anspruchsvollen Doppelfunktion, da sie einerseits die Sitzung leiten, sich andererseits aber auch als Teilnehmer einbringen soll. Die NACHBEARBEITUNG – das sogenannte Follow-up – ist wieder anders strukturiert. Meistens sind Aufgaben verteilt oder an Teilnehmende delegiert worden. Der Sitzungsleitung obliegt nun die Überwachung der Umsetzung. Die Grundlagen dafür bilden meist das Protokoll und die Pendenzenliste der Sitzung. Das Wichtigste dabei ist, dafür
zu sorgen, dass das Beschlossene tatsächlich und termingerecht umgesetzt wird. Alle drei Phasen können von der Sitzungsleitung bewusst gestaltet werden. Vier Kernprozesse in den drei Phasen einer Sitzung sind streng genommen nicht delegierbar: das Vorbereiten, die Führung der Sitzung, das Fassen von Beschlüssen und das Erteilen von Aufträgen. Das heisst keinesfalls, dass sich nicht alle Teilnehmenden daran beteiligen könnten oder sollten. Allein die Verantwortung für diese Prozesse ist Sache der Sitzungsleitung. Übrige Aufgaben, wie zum Beispiel die Protokollführung, Zeitüberwachung oder Visualisierungsverantwortung, sollten rechtzeitig delegiert werden. THEMEN GEZIELT AUSWÄHLEN Am besten sammeln Sie längerfristig Ideen und Themen, die an der Sitzung besprochen werden sollten. Bei der konkreten Vorbereitung gibt es wichtige Fragen zu beantworten: Was ist der Schwerpunkt beziehungsweise das Hauptziel der Sitzung? In Bezug auf die einzelnen Themen sollte man sich fragen: Warum soll es behandelt werden? Eine klare Zielsetzung ist entscheidend. Und: Was passiert, wenn es nicht behandelt wird? Durch die Beantwortung dieser Fragen wird eine Selektion stattfinden, bei der viele Punkte weggelassen werden können. Haben Sie Mut zur Konzentration. Es gilt: Weniger ist mehr. Vieles kann schriftlich oder bilateral erledigt werden, wodurch Zeit für wertvolle Gespräche über andere Sitzungspunkte oder generell für andere Arbeiten gewonnen werden kann. Weisen Sie strategische und operative Themen generell verschiedenen Sitzungen zu. Nehmen Sie die wichtigen Themen an den Anfang und
TYPISCHE PROBLEME – Späte oder unpräzise Einladungen – Ungenügende Vorbereitung – Fehlende Zielsetzungen – Mangelhafte Entscheidungsgrundlagen – Zeitplan wird nicht eingehalten – Vereinbarungen werden nicht eingehalten – Ungenügende Disziplin (Unpünktlichkeit, Ablenkung durch Handys, Tuscheln etc.) – Fehlende Sachlichkeit (Aggression, Selbstdarstellung, Machtkämpfe etc.) – Ungünstige Atmosphäre (Räumlichkeiten, Möblierung, Hilfsmittel, Beleuchtung etc.) – Unklarheit am Ende darüber, was erreicht wurde und was nun zu tun ist
Informationstraktanden wenn möglich an den Schluss der Sitzung. Nach der Auswahl der Besprechungspunkte sind folgende Überlegungen und Entscheidungen wichtig: – Die Formulierung des Hauptziels beziehungsweise des Schwerpunktthemas – Das Festlegen der Behandlungsreihenfolge der Traktanden – Das Festlegen des methodischen Vorgehens pro Besprechungspunkt – Das Festlegen allfälliger Referenten respektive Spezialisten – Die Auswahl der Teilnehmenden und das Festlegen deren zeitlichen Präsenz – Das Verschicken der Einladungen mit Vorbereitungsaufträgen, allenfalls auch mit Vorbereitungsunterlagen – Überlegungen in Bezug auf Start und Ende der Sitzung Wichtig ist, dass man sich zwingt, für jeden Besprechungspunkt auf der Traktandenliste das Ziel zu formulieren und ein Zeitbudget festzulegen.
AUF DREI EBENEN AKTIV SEIN Nun geht es ans Eingemachte. Die Sitzung findet live statt und Sie bekommen für alles, was passiert, keine zweite Chance. Die leitende Person ist für zahlreiche und unterschiedlichste Aufgaben verantwortlich, die von einer Person gleichzeitig gar nicht zu bewältigen sind: Auf der PROZESSEBENE muss die leitende Person die Diskussion moderieren, geeignete Hilfsmittel und Methoden einsetzen und die Zeit im Griff haben. Sie muss sicherstellen, dass sinngemäss protokolliert wird und dass man den roten Faden nicht verliert. Auf der SACHEBENE wird die leitende Person in aller Regel mitreden und mitbestimmen wollen beziehungsweise müssen. Oftmals ist die leitende Person auch die oder der Vorgesetzte der Gruppe und für das erarbeitete Ergebnis verantwortlich. Auf der BEZIEHUNGSEBENE braucht es höchste Aufmerksamkeit und Sozialkompetenz, damit alle Teilnehmenden ausgewogen zur Geltung kommen, sich einbringen, sachlich und engagiert mitarbeiten und nicht vom Thema abschweifen.
DER AUTOR
Stefan Fritz ist Inhaber der FRITZ AG Strategie und Führungsberatung und Mitglied der Netzwerke Höschgasse Consultants und Executive Coach.
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NETZWERKE
Nachts sind alle Katzen grau NACHTARBEIT Aus arbeitsrechtlicher Sicht dauert die Nacht von 23 Uhr bis 6 Uhr. Während dieser Zeit ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern verboten, Ausnahmen sind jedoch möglich. Für die Nachtarbeit gelten einige Besonderheiten. VON S T E F A N I E M E I E R - G U B S E R
D
ie Nacht dauert von Gesetzes wegen von 23 Uhr bis 6 Uhr, allerdings können Beginn und Ende der Nachtarbeit mit Zustimmung der Arbeitnehmer um maximal eine Stunde vor- oder nachverschoben werden, sodass die betriebliche Nachtarbeit beispielsweise von 22 Uhr bis 5 Uhr dauert. Bei Nachtarbeit darf die Arbeitszeit für den einzelnen Arbeitnehmer
grundsätzlich maximal neun Stunden betragen und inklusive Pausen eine Dauer von zehn Stunden nicht überschreiten.
genen Ausnahmebestimmungen der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz (z. B. für Spitäler, Bäckereien oder Tankstellenshops).
NACHTARBEITSVERBOT Für dem Arbeitsgesetz unterstellte Arbeitnehmende ist Nachtarbeit verboten. Ausnahmen bedürfen einer Bewilligung – sei es auf Gesuch hin von der zuständigen Behörde oder aufgrund einer der branchenbezo-
LOHN- ODER ZEITZUSCHLAG Vorübergehende Nachtarbeit (max. 24 Nächte pro Arbeitnehmer und Kalenderjahr) muss mit einem Lohnzuschlag von mindestens 25 Prozent entschädigt werden. Arbeitet der Arbeitnehmer pro Kalenderjahr 25 Nächte und
mehr, leistet er regelmässige Nachtarbeit und hat Anspruch auf die zeitliche Kompensation von zehn Prozent innerhalb eines Jahres. Betrifft die Nachtarbeit regelmässig höchstens eine Randstunde, kann der Zeitzuschlag auch als Lohnzuschlag bezahlt werden.
gen Anspruch auf medizinische Untersuchung und Beratung zulasten der Arbeitgeberin. Für Arbeitnehmer, die nachts regelmässig in erhöhtem Ausmass belastende oder gefährliche Tätigkeiten verrichten, ist die Untersuchung obligatorisch. STEFANIE MEIER-GUBSER Die Autorin ist lic. iur. und Fürsprecherin bei Centre Patronal, Kapellenstrasse 13, Postfach 3001 Bern, +41 58 796 99 09, +41 58 796 99 03, smeier@centrepatronal.ch, www.centrepa www.centrepatronal.ch p tronal.ch
GESUNDHEITSSCHUTZ Arbeitnehmer, die regelmässige Nachtarbeit verrichten, haben auf Verlan-
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event
VR-Workshops 2016 • Stolpersteine auf dem Weg zu Best Prac ce • Governance Herausforderungen in Familienunternehmen • Wie Vergütung die Unternehmenskultur prägt Mi woch, 1. Juni 2016, 14h30 Kursaal Bern, Kornhausstrasse 3, 3000 Bern 25 Details und Anmeldung: www.sivg.ch/events
NETZWERKE
Wir und Europa STANDORTBESTIMMUNG Die Rolle der Schweiz in Europa beschäftigt uns heute mehr denn je. Geographisch sind wir das Herzstück Europas, politisch eine Exklave innerhalb der EU und global gesehen ein nicht unwichtiger Wirtschaftsplayer. Doch wie lange geht diese Rechnung noch auf? TEXT R A H E L B A L M E R
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ie Globalisierung der Wirtschaftswelt und wachsende gesellschaftliche Herausforderungen zwingen uns, über unsere Beziehungen zum Rest der Welt und speziell über den Austausch mit Europa nachzudenken. Aus diesem Grund haben die beiden Organisationen StrategieDialog21 (SD21) und Swiss Venture Club (SVC) die Bevölkerung dazu aufgerufen, ihren Wunsch und ein Szenario für die Zukunft kundzutun.
DIE LÖSUNGSANSÄTZE Von einer illustrativen Wanderausstellung zu Schweiz – Europa, zur Realisierung einer Internet-Plattform «Erzähl mir dein Europa» über den Aufbau von iEmbassy-Onlinebotschaften bis hin zur Initiative, dass ausländische Bürger mit Wohnsitz in der Schweiz aktiv als Botschafter für die Schweiz im Ausland eingesetzt werAm 28. Juni 2016 wird unter den zehn Vorschlägen aus der Bevölkerung der beste den – waren dem Ideenreichauserkoren und im Sommer den grossen Parteien präsentiert. Bilder: zVg tum keine Grenzen gesetzt. DIE ZEHN BESTEN BÜRGERIDEEN Wir freuen uns, am 28. Juni je Eine hochkarätige Jury hat die zehn besten Politik, Wirtschaft und Wissenschaft live zu fünf deutsch- und französischsprachigen ProWünsche ausgewählt und gibt damit zehn präsentieren. Sieben Parlamentarier und 150 jekten eine Plattform bieten zu dürfen! Personen die Chance, ihre Ideen am DiensGäste werden da sein. Der exklusive Event www.wunsch-schloss.ch tag 28. Juni 2016 vor einem Publikum aus wird via Livestream übertragen.
Eine Plattform für Visionäre Centre Patronal, Presenting Partner von «Wunsch-Schloss», freut sich auf kreative Lösungsansätze.
Stellenwert der Privatwirtschaft – aber auch deren Verantwortung – ins richtige Licht zu rücken. Denn um die Standortvorteile der Schweiz wie liberales Warum engagieren Sie sich Arbeits- und Vertragswiederum für die Initiative recht, Eigenverantwor«Wunsch-Schloss»? tung, Sozialpartnerschaft Sie ist eine innovative sowie Rechtssicherheit zu Plattform für den wichtierhalten, ist Engagement gen Dialog zwischen Wirt- gefragt. Deshalb passen schaft, Politik und Gesell- «Wunsch-Schloss» und schaft. Auch das Centre Centre Patronal bestens Patronal will mit seinen zusammen. Dienstleistungen und Publikationen Wirtschaft, Was hat Sie bei der letztmaPolitik und Gesellschaft ligen Durchführung nachhalverbinden. Dies um den tig beeindruckt?
Die Atmosphäre auf dem Schlossberg Thun war sehr inspirierend. Es herrschte eine Art Aufbruchstimmung. Alle waren bereit, sich auch auf neue, ungewohnte und teilweise utopisch anmutende Ideen einzulassen. Die vorgetragenen Wünsche lösten spontane Diskussionen zwischen den Speakern, Wirtschaftsvertretern, Politikern und Besuchern aus. Das Ziel, den Dialog zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
Wunschdenken. Innovationskraft und Offenheit der Wirtschaft sind zwei Stärken unseres Landes. Als kleine und rohstoffarme Wirtschaft muss die Schweiz in diesen Bereichen stets im HochgeschwindigkeitsMartin Kuonen, Direktor Centre zug unterwegs sein und Patronal Bern. darf nicht auf Stufe Regionalzug zurückfallen. anzukurbeln, erfüllte Die Schweiz braucht eine sich dadurch quasi von Politik, die sich an den alleine. realen Bedürfnissen der Unternehmen orientiert. Welchen Wunsch würden Sichern wir deshalb mit Sie einreichen? den bilateralen Verträgen Statt einen einzigen bestehende und öffnen Wunsch zu äussern, wir mit neuen Freihanspreche ich lieber von delsabkommen neue meinem generellen Marktzugänge.
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Ein notwendiges Update ALTERSREFORM 2020 Im März 2015 wurde die von Alain Berset lancierte Reform der Altersvorsorge vom Ständerat angenommen. Kommenden Herbst wird nun auch der Nationalrat darüber debattieren. Vorab ein Überblick zur Entwicklung der verschiedenen Bestandteile unserer Sozialversicherungen. TEXT R A F A E L L Ö T S C H E R
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estandteile der Sozialpolitik sind weit mehr als Sozialversicherungen und Sozialhilfe. Die Soziale Sicherheit ist der wichtigste Eckpfeiler einer funktionierenden Gesellschaft und Wirtschaft und deckt Themen wie Arbeitsmarkt, Beschäftigung, Bildung, Gesundheit, Wohnungsmarkt oder Steuerrecht ab. Bis 1950 verfügte die Schweiz nur über eine obligatorische Unfallversicherung sowie über eine minimal ausgestattete Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) – ergänzt durch relativ starke private
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Sicherungssysteme wie die Pensionskassen oder die Krankenkassen. Die staatliche Invalidenversicherung (IV) kam erst 1960 hinzu, eine obligatorische Arbeitslosenversicherung (ALV) 1977, das Krankenkassen-Obligatorium 1996 und die staatliche Mutterschaftsversicherung erst im Jahr 2005. Nun steht der Schweiz eine umfassende Reform der Altersvorsorge bevor. Im März 2015 hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) die von Bundesrat Alain Berset lancierte «Reform der Altersvorsorge 2020» angenom-
men. Der Ständerat hat daraufhin die Empfehlungen der SGK-SR diskutiert und seinerseits «Fine-tuning» betrieben. In der Folge ist nun die SGK des Nationalrates (SGK-NR) im Februar 2016 ebenfalls einstimmig auf die Vorlage der Reform der Altersvorsorge eingetreten. Die Ergebnisse daraus werden Mitte August 2016 vorliegen. Spannend wird nun die Herbstsession 2016, wo der Nationalrat darüber debattieren wird. Nach Abschluss dieser Debatte erfolgt schliesslich die Differenzbereinigung mit Einigungskonferenz und der Schlussabstimmung. Abschliessend
ALTERSREFORM 2020 AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung) – Erhöhung AHV-Beitragssatz um 0.3 Prozent – Der Rentenbezug ist flexibel zwischen 62 und 70 Jahren möglich – Wer freiwillig über das offizielle einheitliche Rentenalter 65 weiter arbeitet, kann in Zukunft seine Rente bis zur Maximalrente aufbessern und Beitragslücken schliessen. Der heute gültige Rentnerfreibetrag von 1 400 Franken pro Monat bzw. 16 800 Franken pro Jahr fällt hingegen weg. – Das Rentenalter der Frauen soll auf Alter 65 angehoben werden.
Die Umsetzung dieser Anpassung erfolgt schrittweise. BVG (Berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge) – Der Mindestumwandlungssatz zur Berechnung der Renten im BVG wird von 6.8 Prozent auf 6 Prozent gesenkt. Um das bisherige Rentenniveau trotz der Senkung des Umwandlungssatzes zu erhalten, hat der Bundesrat eine Reihe von Ausgleichsmassnahmen innerhalb der beruflichen Vorsorge vorgesehen. Dazu gehören unter anderem die Streichung des Koordinationsabzuges, die Anpassung der Altersgutschriften sowie Zuschüsse während 25 Jahren
(Vorschlag Ständerat 15 Jahre) aus dem Sicherheitsfonds zu Gunsten der Übergangsgeneration. – Im BVG soll der Koordinationsabzug leicht gesenkt, jedoch nicht abgeschafft werden. Die Altersgutschriftensätze für 35bis 54-Jährige werden um 1 Prozent erhöht. Beiträge an die Pensionskasse müssen künftig ab 20 Jahren und nicht erst ab 24 Jahren entrichtet werden, was zur Bildung von zusätzlichem Alterskapital führt. – Die Eintrittsschwelle für das obligatorische BVG bleibt unverändert. Für Teilzeitbeschäftigte ist eine separate Lösung vorgesehen. Bild: Depositphotos.com, stevanovicigor
entscheiden wird das Volk im Rahmen einer Abstimmung – voraussichtlich im Jahre 2018. Die Einführung ist auf das Jahr 2020 vorgesehen. STAATLICHE VORSORGE: DIE ERSTE SÄULE AHV Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) wurde 1948 als obligatorische Versicherung zur Altersvorsorge eingeführt. Erstaunlich ist, dass die AHV-Beitragssätze für Unselbständigerwerbende bei der AHV bereits seit Juli 1973 konstant 8.4 Prozent des Bruttolohnes ausmachen. Bei den Selbstän-
digerwerbenden wird seit 1979 der Satz von 7.8 Prozent für die Berechnung der AHV-Beiträge angewendet. IV Die Invalidenversicherung (IV) wurde 1960 als obligatorische Versicherung für die gesamte Bevölkerung eingeführt. Der Beitragssatz liegt seit 1995 bei 1.4 Prozent. EO Die Erwerbsersatzordnung (EO) vergütet Personen, die Militärdienst, Zivilschutz oder Zivildienst leisten. Seit dem 1. Juli 2005 leistet die EO überdies den Erwerbsersatz bei Mutterschaft (MSE) für erwerbstätige Frauen. Per 1. Januar 2016 wurde der Bei-
tragssatz für die EO (Erwerbsersatzordnung und Mutterschaftsentschädigung) von 0.5 auf 0.45 Prozent reduziert. Gemäss Bundesrat sind aktuell genügend Reserven vorhanden, was diese Senkung – befristet auf fünf Jahre – erlauben würde. ALV 1976 wurde die Arbeitslosenversicherung (ALV) als obligatorische Versicherung eingeführt. Diese Versicherung deckt die Risiken der Arbeitslosigkeit ab. Dazu gehören unter anderem auch Massnahmen wie Kurzarbeits-, Schlechtwetter- und Insolvenzentschädigungen. Im Rahmen der vierten Nr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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Revision der ALV wurden 2011 wichtige Massnahmen eingeführt, um die aufgelaufen Schulden der ALV von 7.4 Milliarden Franken abzubauen. So wurde der Solidaritätsbeitrag, welcher auf dem nicht versicherten Einkommensteil erhoben wird, von zwei auf 2.2 Prozent erhöht. Mit Wirkung per 1.Januar 2014 wurde die Plafonierung der Beitragsbelastung (Solidaritätsplafond) von 315 000 Franken aufgehoben. Dadurch sollen die Schulden der ALV bereits nach 15 statt 20 Jahren reduziert sein, sofern die Arbeitslosenquote in der gleichen Zeit durchschnittlich 3.2 Prozent beträgt. Dieser Wert wurde damals erreicht. Doch: 2015 stieg die Arbeitslosenquote leicht auf 3.3 Prozent, im April 2016 lag sie bei 3.5 Prozent. Im Einklang mit der (wirtschaftlichen) Entwicklung und dem Erhalt von Reserven stieg deshalb die auf den 1. Januar 2016 in Kraft getretene Erhöhung des höchstversicherten Lohnes bei der Arbeitslosenversicherung von bisher 126 000 Franken auf neu 148 200 Franken pro Jahr. FAMZG Am 1. Januar 2009 trat das Bundesgesetz über die Familienzulagen (FamZG) in Kraft. Dieses neue Familienzulagengesetz definiert für alle Kantone erstmals minimale
TAGUNG RECHNUNGSWESEN Wann: 7. September 2016 Wo: Lake Side Zürich Was: Das Jahrestreffen der Fachleute aus Buchführung und Rechnungslegung. Ausgewiesene Fachspezialisten erarbeiten mit Ihnen zusammen Lösungswege zu schwierigen Buchhaltungsfragen. Zudem werden Sie über die wichtigsten Neuerungen sowie den aktuellen Stand in der Gesetzgebung Rechnungslegung informiert. TAGUNG RECHTSFRAGEN IM TREUHANDWESEN Wann: 8. September 2016 Wo: Lake Side Zürich Was: Verträge zwischen Eigentümern eines Unternehmens und dem Unternehmen können viele Risiken verbergen. Dazu gehören auch Aktionärsbindungs-/Mandatsverträge und Organisationsreglemente. Ebenso prägt das Arbeitsrecht den Unternehmeralltag. In einem Tag erfahren Sie Wichtiges und Wissenswertes inkl. den Hinweisen auf neue Gerichtsentscheide. Die Themen Immobilien und Steuern runden die praxisbezogene Weiterbildung ab. Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.unternehmerforum.ch
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UnternehmerZeitung | Nr. 6 2016
Zulagen von 200 Franken für Kinder bis 16 Jahre sowie 250 Franken für Kinder im Alter von 16 bis 25 in Ausbildung. Diese Familienzulagen werden an alle Arbeitnehmenden, Nichterwerbstätigen sowie seit 2013 auch an alle Selbständigerwerbenden ausgerichtet. Am 1. Januar 2011 wurde im Rahmen dieser Vereinheitlichung – unter dem Motto «jedem Kind eine Zulage» – das elektronische nationale Familienzulagen-Register eingeführt. Bereits ein halbes Jahr nach Einführung konnte der Bund eine positive Zwischenbilanz ziehen, in dem ungerechtfertigte Zahlungen im Umfang von 4.85 Millionen Franken identifiziert wurden. Das Geld wurde zurückgefordert. Weitere ähnliche «Kontrollsysteme» sind zurzeit im Aufbau, insbesondere was die Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU im Rahmen der bilateralen Verträge betrifft. BERUFLICHE VORSORGE: DIE ZWEITE SÄULE UVG Die Unfallversicherung (UV) hat ihre Wurzeln im auslaufenden 19. Jahrhundert mit der Einführung des Fabrikgesetzes. Damit haftete der Patron für Berufsunfälle seiner Arbeitnehmenden. 1890 wurde eine Verfassungsgrundlage für die UV geschaffen. In einer Referendumsabstimmung wurde 1912 das Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (KUVG) angenommen (i.e. Gründungsjahr SUVA). Nach Berichten einer Expertenkommission in den 1970er-Jahren wurde die Unfallversicherung von der Krankenversicherung losgelöst. In der Folge trat per 1. Januar 1984 das Unfallversicherungsgesetz (UVG) und per 1. Januar 1996 das Krankenversicherungsgesetz (KVG) in Kraft. Analog der ALV wurde auch im UVG per 1. Januar 2016 der höchstversicherte Lohn (Obergrenze) von 126 000 auf 148 200 Franken pro Jahr angepasst. Mit der neuen Obergrenze werden ab 1. Januar 2016 rund 95 Prozent der Versicherten zum vollen Lohn versichert sein. National- und Ständerat genehmigten am 25. September 2015 in der Schlussabstimmung die erste Revision des UVG. Das Inkrafttreten ist auf den 1. Januar 2017 vorgesehen. Das revidierte Unfallversicherungsgesetz bringt einige Anpassungen und bereinigt Punkte, welche in der Praxis schon häufig für Diskussionen und Probleme sorgten. So beginnt künftig der Versicherungsschutz bereits am ersten Tag eines Arbeitsverhältnisses, auch wenn dieser beispielsweise auf ein Wochenende fällt. Der Versicherungsschutz endet neu am 31. Tag (bisher am 30. Tag) nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mit dieser Verlängerung der Nachdeckungsfrist wird unmissverständlich der ganze Folgemonat abgedeckt. Die Abre-
deversicherung kann neu für sechs Monate (bisher 180 Tage) abgeschlossen werden. BVG Die berufliche Vorsorge ist seit 1985 im Bundesgesetz über die berufliche Alters, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) geregelt. Sie ist für Arbeitnehmende ab dem 1. Januar nach Vollendung des 17. Altersjahres mit einem Jahresgehalt über 21150 Franken für die Risiken «Tod und Invalidität» sowie ab dem 1. Januar nach Vollendung des 24. Altersjahres für das Alterssparen obligatorisch. Die Höhe der Leistungen wird entweder aufgrund des geäufneten Sparkapitals (Altersgutschriften) bestimmt (Beitragsprimat) oder aufgrund eines Anteils am versicherten Lohn (Leistungsprimat). Der Mindestzinssatz in der obligatorischen beruflichen Vorsorge wurde per 1. Januar 2016 vom Bundesrat den wirtschaftlichen Tatsachen entsprechend von 1.75 auf 1.25 Prozent reduziert. Die Tiefzinspolitik der Notenbanken hat die Rendite der Bundesobligationen auf rekordtiefe Werte sinken lassen: Die Verzinsung einer 7-jährigen Bundesobligation lag im April 2016 bei –0.52 Prozent. FAZIT Die verschiedenen Sozialversicherungszweige der ersten und zweiten Säule sind während über 100 Jahren gewachsen. Der Koordinationsaufwand zwischen ihnen ist enorm, weshalb es Sinn macht, mit der Altersreform 2020 die erste und zweite Säule gemeinsam einer Revision zu unterziehen. Nur mit einem nachhaltigen System bei der Sozialen Sicherheit sind Existenzsicherung und Sozialer Frieden auch in volkswirtschaftlich schwierigen Zeiten gewährleistet. Klar ist: Jede und jeder muss (s)einen Beitrag zum Gelingen der Altersreform 2020 leisten. Ein Scheitern würde den wichtigsten Eckpfeiler unserer Wirtschaft dramatisch in Schieflage bringen. Es gilt Sorge zu tragen zu diesem wichtigen Standortvorteil, um den uns viele Länder beneiden.
DER AUTOR Rafael Lötscher ist stellvertretender Niederlassungsleiter der BDO in Zug, der führenden Wirtschaftsprüfungs-, Treuhand- und Beratungsgesellschaften der Schweiz. Zudem leitet er die Fachgruppe Sozialversicherungen der BDO AG. Tel.: +41 757 50 00 rafael.loetscher@bdo.ch
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Einreichungsschluss der Projekte: 15. Juli 2016 Veröffentlichung Shortlist: 15. August Preisverleihung: Donnerstag, 18. September Details, Teilnahmebestimmung und Anmeldung: www.Award-CC.com
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Mit Blick auf morgen SWISSECS 2016 Vom 13. bis 14. September stellen die Teilnehmenden der Energie- und Klimakonferenz SwissECS die Zukunft ins Zentrum: Das Konferenzthema «Building Tomorrow» ist auch als Aufforderung zu verstehen. TEXT D E L I A B A C H M A N N
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andel, Wende und ein Wettlauf gegen die Zeit: Während Gletscher und Polarkappen weiter und immer schneller schmelzen, wird mit Hochdruck an innovativen und dringend benötigten Lösungen gearbeitet. Es ist viel passiert in den letzten Jahren: Die Meeresspiegel sind gestiegen, der Ölpreis gefallen, erneuerbare Energien wurden
gefördert und Klimaabkommen beschlossen. Sichtbar sind die Ergebnisse dieser und weiterer Entwicklungen allerdings erst teilweise. Deshalb wirft die führende Konferenz für Energieund Klimafragen in der Schweiz einen Blick auf die Welt von morgen. VIELSEITIGES PROGRAMM 35 Speaker aus dem Inund Ausland und ver-
schiedensten Disziplinen präsentieren innovative Lösungen für Klimaschutz und Energieeffizienz. Bereits bekannt ist, dass Billy Parish – Gründer und CEO von Mosaic – über seine Mission, die Art und Weise der Finanzierung im Energiebereich fundamental zu verändern, sprechen wird. Die US-Firma ist führend bei der Vergabe von Kredi-
SWISS ENERGY AND CLIMATE SUMMIT 2016 An der SwissECS treffen Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft auf innovative KMU und Jungunternehmen. Die 750 Teilnehmenden erwartet auch dieses Jahr ein abwechslungsreiches Programm: Keynotes, Podien, Show-Cases, Breakout Sessions sowie die Ausstellung «New Solution Expo» zeigen Antworten und Lösungen zu aktuellen Energie- und Klimafragen. Das detaillierte Programm wird im Juni bekanntgegeben. Unterstützt wird der SwissECS von Gebäudeversicherung Bern (GVB), UBS, BKW AG und ABB. Main-Partner des Anlasses sind Swisscom, das Bundesamt für Energie BFE sowie das Bundesamt für Umwelt BAFU. Datum: 13. und 14. September 2016 Ort: Allegro/Kursaal Bern, Kornhausstrasse 3, 3000 Bern Preis: 890 Franken (Konferenz inkl. Dinner) Anmeldung: www.swissecs.ch
ten für Solarsysteme an Hausbesitzer und bringt diese über eine Online-Plattform mit Investoren zusammen. Die Ausstellung «New Solution Expo» ist auch dieses Jahr wieder fester Bestandteil und eine der
Hauptattraktionen der Konferenz. Sie gibt insgesamt 18 innovativen Unternehmen aus der Energie- und Klimabranche die Möglichkeit, ihre Produkte, Dienstleistungen oder Technologien zu präsentieren.
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WEITERBILDUNGSVERANSTALTUNGEN 2016 Tagung Rechnungswesen 7. September 2016 – Lake Side Zürich
Forum Treuhand Digital 6. Oktober 2016 – Lake Side Zürich
Alle wichtigen Fragen, Trends und Stolpersteine von Buchführung, Rechnungslegung und weiteren aktuellen Themen werden beleuchtet und mit praxisnahen Lösungsansätzen dokumentiert.
Die digitale Revolution wird die Dienstleistungs- und Treuhandbranche fundamental verändern. Gehören Sie zu den Gewinnern. Unsere Referierenden zeigen Ihnen auf wie.
Tagung Rechtsfragen im Treuhandwesen 8. September 2016 – Lake Side Zürich
Fachkongress Steuern 20./21. Oktober 2016 – Grand Resort Bad Ragaz
Aktualitäten und Wissensvertiefung in verschiedenen Rechtsthemen, welche im Treuhandalltag immer wieder zu Fragen und Unsicherheiten führen wie zum Beispiel Güter- und Erbrecht, Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht oder Immobilienrecht.
Das Jahrestreffen der Steuerfachleute aus der KMU-Treuhandbranche. Halbtages-Workshops mit 2–3 Workshopleitenden, die verschiedene Sichtweisen vertreten und mit Referaten über aktuelle Steuerfragen.
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Refresher 10./11. November 2016 – Palace Hotel Luzern
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Davos Kongress Treuhand 22./23. September 2016 – InterContinental Davos Das Jahrestreffen von engagierten Treuhandfachleuten. Workshops und Referate zu verschiedenen aktuellen und brisanten Themen bringen Sie im Praxisalltag weiter.
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Unternehmer Forum Schweiz AG Zellerstrasse 58, 8038 Zürich Telefon 043 399 78 85 Telefax 043 399 78 80 info@unternehmerforum.ch
BÜCHER
König der eigenen Welt SELBSTÜBERSCHÄTZUNG Die Flucht vor der Realität treibt viele Betroffene in Scheinwelten, in denen sie einer – oftmals zerstörerischen – «Inflation des Ichs» ausgesetzt sind. Psychotherapeut Theodor Itten zeigt auf, wie wir Grössenwahn erkennen und uns gegen ihn stellen können. TEXT A N O U K A R B E N Z
Bildquelle: depositphotos.com/cranach2
S
chein oder sein, das ist hier die Frage: Der harte Aufprall auf den Boden der Realität, die Resignation angesichts des zugeschütteten Weges zur Selbstverwirklichung oder ganz einfach die Banalität des Alltags treibt viele Menschen in ihr «eigenes Königreich». Verweilen sie, kann das Machtstreben und die Selbstverliebtheit im Grössenwahn enden. In seinem neu veröffentlichten Buch: «Grössenwahn. Ursachen und Folgen der Selbstüberschätzung.», geht Theodor Itten dem Geltungsdrang auf den Grund. Die Identifizierung und Charakterisierung des Grössenwahns in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft soll Antworten auf Fragen der Ursache, des Zwecks und der Folgen liefern.
Verbreitung findet, sind vielfältig: Neben der genannten Lebensphase eines jeden Jugendlichen auf Identitätssuche könne er auch eine Folge der Suche nach Bewunderung und Anerkennung in einer auf das Individuum ausgerichteten Gemeinschaft sein. Letzteres werde von den sozialen Medien stark gefördert. Und auch die Wirtschaft nutzt dies aus, denn Narzissmus ist lukrativ. Als Hauptursache nennt Itten jedoch ein schlecht entwickeltes Selbstwertgefühl aufgrund von «seelischen Wunden» aus der Kindheit, wobei der Grössenwahn als «psychosozialer Rettungsballon» aus einem Minderwertigkeitskomplex heraus diene.
VON HITLER ÜBER SEPP BLATTER BIS ZU KANYE WEST Besonders viele GrössenwahnWERDEN WIR IMMER GRÖSSENsinnige tummeln sich laut TheoWAHNSINNIGER? dor Itten auf Führungs- und Gleich zu Beginn des Buches Managementebene. Er geht sogar betont Itten, dass Grössenwahn so weit zu behaupten, die gesamte nicht nur negativ gewertet werMenschheitsgeschichte sei von den könne. Besonders in den Selbsttäuschung und GrössenJugendjahren eines Individu- Grössenwahn. Orell Füssli wahn durchzogen: «Unsere Geums sei er «eine stärkende seeli- Verlag, April 2016. sellschaften, ja unsere ganze sche Kraft der Entdeckungs- und 224 Seiten, Evolution kann als ein giganEroberungslust.» Als Erwach- 26.90 Franken. tisches Netzwerk von Lügen, sener blicke man dann zurück ISBN: 978-3-280-05590-8 (...) Täuschungen, (...) Trug und und erkenne die Tatsachen Verschleierungen aufgefasst des Lebens. Itten kleidet eine Definition werden.» Er nennt Beispiele aus sämtliFreuds in eigene Worte: Grössenwahn sei, chen Bereichen: Finanzwelt (UBS-Skanwenn jemand aus der Wirklichkeit «erotidal), Musik- und Kunstwelt (Kanye West, siert» hochspringe und an einer «verflixten» Eric Clapton, Salvador Dalí), Politik (Hitler, Himmelsleiter hängenbleibe. Jemand verWladimir Putin, Hillary Clinton, Erdogan), folge zwar das richtige Ziel, gehe aber den Wirtschaft (Steve Jobs, Travis Kalanick), falschen Weg. Die Ursachen des GrössenWissenschaft (VW-Skandal), Religion (IS) wahns, der aus Sicht des Autors immer mehr und Sport (Sepp Blatter). Sein Fazit: Wir 66
UnternehmerZeitung | Nr. 6 2016
können den wissenschaftlichen Experten, den Ministern und auch Frau Merkel – die ebenfalls zur Überheblichkeit neige – nicht mehr Vertrauen. Ein längeres Interview mit der Hamburger Fussballlegende Uwe Seeler – von Itten als «Prototyp eines Sportlers und Menschen ohne Grössenwahn-Allüren» bezeichnet –, das im Kontext der Fragestellung zuerst deplatziert und irrelevant erscheint, lässt den Autor zum Schluss kommen, dass Anerkennung, Ehrlichkeit und Zugehörigkeitsgefühl das beste Rezept gegen jeglichen Grössenwahn sind. Der Autor ermutigt uns, Mut zur Wissenslücke zu haben und zu unseren eigenen Fähigkeiten und Mängeln zu stehen. Man solle sich so akzeptieren, wie man ist, aber dafür keinen Orden erwarten. ZWISCHEN EINTAUCHEN UND UNTERGEHEN Ein Mangel an Beispielen kann Theodor Itten bestimmt nicht nachgesagt werden. Keine Spur von langweiligen Theoretisierungen, dafür gut recherchierte und variierte Beispiele zum Thema und eine bildreiche Sprache, die zum Lesen animiert. Philosophen, Soziologen, Psychotherapeuten und Berufsbildner zieht Itten als Experten zum Thema herbei, wobei anzufügen ist, dass nicht alle Interviewfragen der Beantwortung der Fragestellungen dienlich sind. Teilweise verliert sich der Autor auf Kosten eines roten Fadens in eigenen Wahrnehmungen und Erlebnissen, gewisse Wiederholungen ziehen das Buch in die Länge. Trotzdem: Es ist ein eindrücklicher Diskurs zum Thema entstanden, in dem sich Theodor Itten auf eine breite Palette von Autoren und Quellen bezieht und bedeutende Ereignisse verschiedenster zeitlicher Etappen ins Auge fasst.
10 FRAGEN AN
Auf schicken Sohlen FLAVIANO BENCIVENGA Gründer von Navyboot und Benci Brothers
Bild: zVg
Warum sind Sie Unternehmer geworden? Durch das Unternehmertum kann ich meine Ideen verwirklichen und meiner Leidenschaft nachgehen, ohne allzu grosse Einschränkungen zu erfahren. Ich habe die Freiheit, Entscheidungen zu treffen und Visionen umzusetzen, ohne von jemandem blockiert zu werden. Wenn nichts unmöglich wäre, was wäre Ihr Traumjob? Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bin einer der Glücklichen, der seinen Traumjob ausüben darf. Ich bin mit Leidenschaft dabei und geniesse meinen Arbeitsalltag, wobei dieser gar nicht unbedingt alltäglich und vorhersehbar ist – auch ein Grund, warum ich meinen Job liebe. Was mögen Sie nicht an Ihrer Branche? Leider ist der Preisdruck in den letzten Jahren immer stärker geworden. Die Branche hat sich so entwickelt, dass es ständig Rabatte und Ausverkäufe gibt. Dies steigert den Druck und das Konkurrenzverhalten im Einzelhandel, was ich bedenklich finde. Zum Glück merkt man momentan aber auch, dass gute Qualität und Service bei vielen Leuten wieder stark an Bedeutung gewinnen. An welches Ereignis in Ihrer Karriere erinnern Sie sich am liebsten? Es gibt viele. Was mir aber besonders viel Freude bereitet, sind bereichernde Reisen und spannende Bekanntschaften. Ich liebe neue Eindrücke und Erlebnisse, die einen herausfordern und es einem erlauben, seinen Horizont zu erweitern. Was war Ihr grösster Fehlentscheid? Ich kann hier keinen bestimmten hervorheben. Man trifft immer mal Fehlentscheide und dies sein ganzes Leben lang. So ärgerlich es im ersten Moment natürlich ist, sind Fehlentscheide unverzichtbar für die persönliche Weiterentwicklung und auch für das unternehmerische Handeln. Wichtig ist, dass wir uns nicht beirren lassen, daraus lernen und daran wachsen. Welche Persönlichkeit hätten Sie schon immer gerne einmal getroffen? Den amerikanischen Schauspieler Steve
ZUR PERSON Unternehmen: Benci Brothers (Gründung 2011). Hochwertige Damenund Herrenschuhe im zeitlosen Stil, hinter denen Leidenschaft und ein authentisches Handwerk steht. Das gesamte Sortiment des Schweizer Unternehmens wird in traditionellen Werkstätten und Manufakturen im Aargau und Italien gefertigt. Goodyear Welted und Swiss Made lauten entsprechend zwei der Kernlinien, die in den Flagship-Stores in Zürich sowie über ausgewählte Detailhandelsgeschäfte erhältlich sind. Position: Inhaber und Geschäftsführer Benci Brothers Werdegang: Verschiedene Weiterbildungen in den Bereichen Marketing und Wirtschaft Ausbildung: Lehre als technischer Zeichner Liebste Hobbies: Motorrad fahren
McQueen und den italienischen Sänger Pino Daniele. Worüber können Sie sich ärgern? Aufdringlichkeit und schlechtes Benehmen. Wie erholen Sie sich vom Stress? Beim Motorradfahren bekomme ich den Kopf frei. Ich kann Gedanken ziehen lassen und fühle mich danach wieder voller Energie. Was zeichnet die Schweizer Wirtschaft aus? Zuverlässigkeit, Genauigkeit und eine hohe Qualität. Was wünschen Sie sich für die Schweiz? Wir führen in der Schweiz ein sehr privilegiertes Leben und es fehlt uns hier an nichts. Dafür können wir sehr dankbar sein. Ich wünsche mir, dass wir auch in Zukunft Sicherheit und Freiheit geniessen können. Nr. 6 2016 | UnternehmerZeitung
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KAPITALMARKT
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ANGEBOTE REHATECHNIKFIRMA VOR GLOBALEM WACHSTUMSSCHUB (4090) Erfolgreiche Rehatechnikfirma (EBIT 13 Prozent) lanciert revolutionäre Innovation auf dem Weltmarkt. Das Medizinprodukt ist bereits entwickelt, befindet sich in der dritten Prototypenphase und wird von TÜV, FDA etc. als Medizinprodukt zugelassen. Erste Exklusiv-Vertriebsverträge (USA/ AUS /D etc.) mit Mindestabnahmemengen sind bereits abgeschlossen (garantierter Mindestumsatz aus Presales-Phase: 1 Million). Sämtliche Kosten für Entwicklung und Zulassung wurden bereits getilgt, lediglich das Kapital für das möglicherweise spektakuläre Wachstum muss vorfinanziert werden. Gesucht wird ein Teilhaber oder ein Investor, der in der Lage ist, das Wachstumskapital langfristig sicherzustellen. Das Engagement ist langfristig, da sich bereits weitere Produkte in der Pipeline befinden. FABRIKATION ELEKTRISCHER KLEINTEILE (4081) Das 45-jährige Schweizer Unternehmen ist in der Herstellung von elektrotechnischen Artikeln tätig und
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ist auf der Suche nach einer geeigneten Nachfolge. Die Produkte werden zu 98 Prozent in Europa vertrieben, ein längjähriger Kundenstamm ist vorhanden. Die Fabrikationsräumlichkeiten können mit dem langfristigen Mietvertrag übernommen werden. Im Kaufpreis von 3 900 000 Franken sind ca. 1 000 000 Franken aktuelles Produktionsmaterial und ca. 2 000 000 Franken Fertigungsanlagen und Einrichtungen enthalten. Tiefe Lohnkosten, bedingt jedoch Mitarbeit des Firmeninhabers. Ideal für Elektriker, Elektroniker, Feinmechaniker, Elektroingenieure etc. oder Angliederung an Produktionsfirma respektive Vertriebsfirma ähnlicher Produkte. TEILHABER: NAMHAFTES ÜBERSETZUNGSBÜRO (4080) Nach Jahrzenten erfolgreicher Tätigkeit im Übersetzungsgeschäft beschäftigt sich der Inhaber nun mit der Nachfolge. Mit verstärkten personellen und vertriebsseitigen Ressourcen kann auf dem bestehenden Fundament aufgebaut und könenn neue Umsatzgrössen erreicht werden. Investitionssumme: je nach Beteiligungshöhe 100 000 bis 200 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: OF06066
TAUCHSPORTZENTRUM, SHOP. TAUCHSCHULE (4079) Seit 2009 organisch gewachsen, ist die Firma heute ein markanter Player im Tauchsportmarkt. Die hervorragende Lage, die professionelle Einrichtung und der feste Kundenstamm sind die Basis des Erfolgs. Investitionssumme: 75 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: CB08046 EXKLUSIVER MARKENSCHUH-VERTRIEB SCHWEIZ (4078) Der Inhaber sucht aus Altersgründen einen Nachfolger. Als Startup sicherte er sich die exklusiven Vertriebsrechte einer bekannten und hochwertigen Schuhmarke für die Schweiz. Er konnte bereits einige Händler gewinnen und das Entwicklungspotential steigt steil nach oben. Investitionssumme: 300 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: KB21036 TEILHABER: FITNESS- UND GESUNDHEITSPRAXIS (4077) Nach 27 Jahren erfolgreicher Tätigkeit im Fitness-, Gesundheits- und Ernährungsbereich möchte die Inhaberin sich langsam zurückziehen. Das Alleinstellungsmerkmal sind Fitnessgeräte, die sich von Grund auf von allen anderen
Fitnessstudios unterscheiden. In den vielen Jahren schaffte es die Firma, zum führenden Anbieter in diesem Segment aufzusteigen und ist national bekannt und regional gut positioniert. Investitionssumme: 100 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: TC20036 BETTEN- UND SCHLAFSTUDIO IN DER SÜDOSTSCHWEIZ (4076) Der Inhaber erreicht in Bälde das Pensionsalter und bereitet sich bereits jetzt darauf vor, die Nachfolge für seinen Betrieb zu regeln. Als sichere Existenz betreibt er das erfolgreiche Einzelhandelsgeschäft bereits seit mehr als 20 Jahren. Der treue Kundenstamm und das Angebotsprofil bieten eine ideale Ausgangslage für die sichere Übernahme des Unternehmens und der Erweiterung des Angebotsspektrums. Investitionssumme: 350 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: EC19036 GARAGENBETRIEB MIT MARKENVERTRETUNG (4106) Der Inhaber erreicht das Pensionsalter und bereitet sich jetzt darauf vor, die Nachfolge für seinen Betrieb zu regeln. Den Besitzern gelang es, sich durch besten Kundenservice Kundenbeziehungen aufzubauen und zu vertiefen, sowie auch grosse Firmenkunden zu gewinnen. Die ausgezeichnete Lage und die top-motivierten Mitarbeitenden gewähren einen reibungslosen Betrieb. Der Geschäftsführer steht dem Käufer auf Wunsch auch nach der Übernahme beratend
zur Seite. Investitionssumme: 420 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: GS24065 BÜROGROSSHANDEL: RENTABEL, STANDORTUNABHÄNGIG (4105) Bürobedarfgrosshandel und Versand mit eigener Produktion und mit jahrzehntelanger treuer Kundschaft sucht altersbedingt eine/n Nachfolger/ in. Die gute Ertragslage bietet eine sichere Existenz für ein bis zwei Personen und kann weiter ausgebaut werden. Das Unternehmen kann standortunabhängig betrieben werden. Investitionssumme: 550 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: BN26085 BODENLEGERFIRMA IN ZWEITER GENERATION (4104) Bodenlegerfirma mit langjähriger, treuer Kundschaft im Berner Oberland sucht eine/n Nachfolger/in. Der grosse Kundenstamm und die zentrale Lage der Firma bieten eine ideale Ausgangslage für Aufträge aus dieser Grossregion. Die Firma ist eine feste Grösse im einheimischen Markt. Das Schwergewicht liegt auf Bodenbelagsarbeiten für grössere Objekte aber auch für Privataufträge. Der Geschäftsführer steht dem Käufer auf Wunsch auch nach der Übernahme beratend zur Seite. So können Knowhow und Kundenstamm optimal auf den neuen Eigner übertragen werden. Investitionssumme: 380 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: CU10085
IMPRESSUM UNTERNEHMERZEITUNG 22. Jahrgang, Die UnternehmerZeitung erscheint zehnmal jährlich im Verlag SWISS BUSINESSPRESS SA, Zürcherstrasse 20, CH-8952 Schlieren, Zürich; Telefon 044 306 47 00, Fax 044 306 47 11, www.unternehmerzeitung.ch, info@unternehmerzeitung.ch HERAUSGEBER Remo Kuhn, kuhn@unternehmerzeitung.ch REDAKTION Steffen Klatt, klatt@unternehmerzeitung.ch; Delia Bachmann, bachmann@unternehmerzeitung.ch; Silvan Buholzer, buholzer@unternehmerzeitung.ch; Inés de Boel, deboel@unternehmerzeitung.ch; Anouk Arbenz, arbenz@unternehmerzeitung.ch LAYOUT UND PRODUKTION Bruno Strupler, strupler@ unternehmerzeitung.ch MITARBEIT AN DIESER AUSGABE Daniel Küng, Yvonne von Hunnius, André Anwar, Sascha Zastiral, Stefan Uhlmann, John Dyer, Annina Haller, Fredy Gilgen, Vicka Maloca, Rainer Telesko, Roland Hänni, Stefan Vogler, Michael Preiss, Ivana Leiseder, Simone Riedel Riley, Christoph Hilber, Stefanie Meier-Gubser, Marius Klauser, Stefan Fritz, Rahel Balmer, Rafael Lötscher, Ruedi Stricker ANZEIGENLEITUNG Felix Keller, keller@unternehmerzeitung.ch, Telefon 044 306 47 00 DRUCKUNTERLAGEN www.swissbusinesspress.ch/kundendaten ABONNEMENTS UnternehmerZeitung, Postfach, 8952 Schlieren Zürich, abo@unternehmerzeitung.ch, Einzelverkaufspreis: Fr. 8.– JAHRES-ABONNEMENT Fr. 64.– Inland; WEMF-beglaubigte Auflage 2015: 27647 Exemplare, davon verkauft: 7012 DRUCK Swissprinters AG Brühlstrasse 5, CH-4800 Zofingen NACHDRUCK Nur mit Genehmigung der Redaktion und Quellenangabe © UnternehmerZeitung gestattet. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. DIE UNTERNEHMER ZEITUNG IST MEDIENPARTNER VON Swiss Venture Club/SVC Unternehmerpreis, Schweizer Unternehmerverband, sivg Schweiz. Institut für Verwaltungsräte, SVSM Schweiz. Vereinigung für Standort-Management, SwissCleantech.ch, UnternehmerForum Schweiz, Schweizer KMU-Tag, KMUSwissEvent, Switzerland Global Enterprise, EnAW Energie-Agentur der Wirtschaft, ICT Berufsbildung Schweiz, Suisse EMEX, Award Corporate Communications®, Fachhochschulen Nordwestschweiz FHNW IM VERLAG SWISS BUSINESSPRESS SA ERSCHEINT AUSSERDEM ZÜRCHER KMU, das Zürcher Unternehmer-Magazin
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UnternehmerZeitung | Nr. 6 2016
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DIGITALMARKETINGUNTERNEHMEN ZU VERKAUFEN (4103) Kaufpreisamortisation innert fünf Jahren. Zudem: – Sehr fairer Kaufpreis – Konstant steigende Umsatzund Gewinnentwicklung – langjähriger Kundenstamm – Keine anstehenden Investitionen – Sehr guter Dienstleistungsmix – Hohe Kundenzufriedenheit – Eingemieteter Betrieb ohne Leasingverbindlichkeiten – Sehr gute Wachstumschancen – Die Unternehmung geniesst einen hervorragenden Ruf ASSET DEAL STAHL- UND MASCHINENBAU (4099) Unsere Mandantin, ein Stahlund Maschinenbauunternehmen im Raum Thurgau, möchte aufgrund fehlender familieninterner Nachfolge den Geschäftsbereich veräussern. Das Unternehmen tritt als klassischer Zulieferbetrieb für mittlere und grössere Industrieunternehmen auf. Es beschäftigt rund 25 Mitarbeitende und erwirtschaftet jährlich einen Umsatz von rund vier Millionen Franken. Die Produktion umfasst das Herstellen und Verarbeiten von Stahl- und Maschinenkonstruktionen; die Mechanische Bearbeitung von übergrossen Werkstücken, Oberflächenbehandlung sowie Schlosserarbeiten. Die Infrastruktur weist einen guten und gepflegten Standard auf. Die Liegenschaft kann gemietet werden. Langjährige Mitarbeitende sind Garanten für die hohe Qualität der Dienstleistungen.
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Wir suchen einen kapitalkräftigen Käufer als Nachfolger. Ziel ist es, eine geeignete externe Nachfolgelösung für dieses traditionsreiche Unternehmen realisieren zu können. Interessenten erhalten nach Erbringung einer unterzeichneten Vertraulichkeitserklärung, Lebenslauf und einem Kapitalnachweis von mindestens zwei Millionen Franken weitere Detailinfos. Bitte vollständige Adressdaten offenlegen. GESUCHE UNTERNEHMEN IM BEREICH KÄLTE- UND KLIMATECHNIK (4091) Gesucht ist ein weiteres Unternehmen im Bereich Kälte- und Klimatechnik. Käufer ist ein renommiertes KMU in diesem Bereich. Ideal wäre ein kleineres bis mittleres Unternehmen in der Schweiz, um sich geographisch oder fachlich zu erweitern. Das Unternehmen sollte 10 – 30 Mitarbeitende umfassen und einen Umsatz von mindestens. 0.5 Millionen Franken aufweisen.
solide, wiederkehrende Einnahmen (Courtagen) vorhanden sind und eine gute Kundenbeziehung besteht, sodass ein problemloser Übergang gewährleistet werden kann. INDUSTRIELLES KMU GESUCHT (4084) Industrielles KMU mit technologisch anspruchsvollen Produkten gesucht. Unser Mandant, ein erfahrener Executive aus dem internationalen industriellen Umfeld, verfügt über eine technische, universitäre Ausbildung. In seiner 25-jährigen, erfolgreichen Laufbahn trug er die Verantwortung über die Produktentwicklung, das Produktmarketing, den internationalen Vertrieb bis hin zu einer unternehmerischen Gesamtverantwortung einer international ausgerichteten Business Unit in einem anspruchsvollen Technologischen Umfeld. Gesucht ist eine Nachfolgeregelung bzw. ein
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INVESTOR/ DARLEHEN FÜR GESCHÄFTSENTWICKLUNG (3534) Als Gesamtanbieter in einem sehr interessanten Wachstumsmarkt mit einer stetigen Umsatzsteigerung in den vergangenen fünf Jahren, suchen wir einen Investor oder Darlehensgeber, um den Markt in der Schweiz noch grossräumiger auszubauen. Besonderes: Alleinige Markenrechte für den Gesamtvertrieb in der Schweiz.
Netzwerk und Horizont erweitern mit KMU SWISS 14.06.2016 KMU SWISS Stammtisch; «Wahlfreiheit in der Pensionskasse (1e-Lösungen)», Individualisierte Vorsorge ab CHF 126 900 in Koordination mit der bestehenden Basisvorsorge, Attraktiv für die Steuer- und Vorsorgeoptimierung (z.B. Einkauf Beitragsjahre), Ausfinanzierung vorzeitige Pensionierung, Wertschriftenlösungen auf Stufe Vorsorgenehmer
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Auch im 2016 bieten wir wieder ein breites Spektrum an Weiterbildungsprogrammen an.
KREATIVES KMU IM BEREICH HOLZVERARBEITUNG (3957) Kreativer und engagierter Ingenieur, Produktmanager und Allrounder sucht KMU im Bereich Holzverarbeitung zur Geschäftsübernahme und nachhaltigen Weiterführung. Mit meinem breiten beruflichen und fachlichen Wissen kann ich Holzverarbeitung, Metallbau, Systemtechnik und Automation zusammenbringen und mit dem KMU neue innovative Produkte am Markt anbieten und verkaufen.
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VERSICHERUNGSBROKER/ MAKLER/ VERTRIEB (4085) Käufer ist ein erfahrenes Versicherungsberatungsunternehmen mit langjähriger Expertise, gutem Ruf im Markt, eigenem Marktauftritt und Zugang zu allen relevanten Versicherungsgesellschaften. Gesucht werden Versicherungsbroker zur Übernahme, die ihren Bestand vor allem im Firmenkundenbereich haben (KMU-Versicherungen, BVG, KTG etc.). Wichtig ist, dass
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Management Buy eines industriellen KMU mit technologisch anspruchsvollen Produkten (Messtechnik, Optische Systeme, Automatisierungskomponenten,Steuerungen, Sicherheitstechnik, Komponenten für Sicherheitslösungen, Überwachung von Produktion oder Umwelt, Laserbasierte Messtechnik, Sensoren) für Industrie, Pharma, Chemie und andere B2B-Branchen. Idealerweise verfügt die Firma über die Bereiche Produktentwicklung,Produktion und Vertrieb mit Wachstumspotential durch Internationalisierung oder Ausweitung der Produktpalette. Das Unternehmen sollte einen Umsatz von ca. fünf bis 20 Millionen Franken aufweisen und zwischen 20 bis 100 Mitarbeitende haben. Von der geographischen Lage her wäre die Deutschschweiz oder Süddeutschland optimal. Preisrahmen: (unverbindlich) 2.5 Millionen Franken.
21.06.2016 KMU SWISS Stammtisch; «Erfolgreiche Software Produkte durch Impact Mapping», Jemals das Gefühl gehabt, eine nicht passende Software entwickelt zu haben? Eine Software, die kaum durch die Kunden verwendet wurde?, «Software That Fits» ist das Ethos der Skyscraper Software GmbH. Wir bemühen uns, Software-Produkte zu erstellen welche die passenden Produkte sind. Unser Entwicklungsprozess basiert auf den Prinzipien der Lean Software-Entwicklung. Und jede Produktentwicklung beginnt mit der gleichen Weise: mit einer Impact Map.In dieses Referat zeigen wir Ihnen wie unseres Entwicklungprozess aussieht und wie wir Impact Mapping verwenden um erfolgreiche Software Produkte zu entwickeln. KMU SWISS GOLFTURNIERE Ausscheidungsturniere 2016: 22.06.2016: Kyburg 16.07.2016: Montreux 04.07.2016: Obere Alp 08.08.2016: Bad Ragaz 14.07.2016: Montana Crans sur Sierre 17.08.2016: Rickenbach 15.07.2016: Leuk Finale 2016: 02.09.: Reservation für Finale La Largue (F) Weitere und detaillierte Informationen finden Sie unter www.kmuswiss.ch
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Experten für sprachliche Neutralität Ihre Aufgabe besteht unter Anderem in der Bekämpfung folgender Phänomene: – VERBALDSCHIHADISTEN > Satiriker, die sich mangels Beherrschung einer nützlichen Fähigkeit über zivilisatorische Errungenschaften lustig machen. Diese Hetzer > Kommentatoren, Psychopathen > psychisch Provozierten, Konformisten > Sozialkompatiblen, Sexisten > chromosomenorientierten Kritiker, Rassisten > ethnisch Interessierten, Homo- und Heterohasser > partiell Empathiereduzierten, Gleichstellungsfanatiker > Sozialhomogenitätsförderer, Kriegsgurgeln > Landesverteidiger, Geschichtsleugner > Alternativhistoriker, Kulturterroristen > Grundbedürfniszentrierten und weiterer genetischer Sondermüll > evolutionäre Spezialprodukte sind so rasch wie möglich auszumerzen > einer adäquaten Sonderbehandlung zuzuführen. – P R O F E S S I O N E L L E G E H I R N W Ä S C H E R > Medien. Diese Mafiabrut > Branche lässt sich mittels Schmiergeldern > Insertionsaufträgen dazu bringen, Konkurrenten oder politische Gegner zu diffamieren. Als Recherchejournalisten auftretende Kontaminatoren des geistigen Klimas > Leute kennen keine Loyalität – weder gegenüber den Abzockern in den Hinterhöfen der Geldmafia > Management von Banken und Versicherungsgesellschaften noch gegenüber den Subventionssaugern im Primärsektor > Bauern. Ihre Agitatoren > Lobbyisten erpressen > erbitten in Bern Schutzgelder > Unterstützungsbeiträge und beauftragen ihre Geldwäscher > Treuhänder, die Beute > Einnahmen als Presseförderung zu verbuchen. Es bleibt zu hoffen, dass die Gesellschaft bald vom Dreck > intellektuellen Exkrementen > dieser Individuen erlöst wird. – NEOLIBERALE BLUTSAUGER > Unternehmer. Getrieben von unersättlicher Gier > kreativem Tatendrang, plündern > nutzen sie die natürlichen Ressourcen und ersetzen nach und nach ihre Sklaven > Mitarbeitenden durch Maschinen. Sozialdarwinismus > marktwirtschaftliches Denken als Grundmotiv durchzieht diese Schweinerei > wertschöpfende Veranstaltung in ihrer ganzen Bandbreite – vom Schlepperwesen > Transportgewerbe über den organisierten Tiermord > Fleischproduktion bis zur Migrantenzucht > Integrationsindustrie. Im Interesse einer ausgewogenen Zusammensetzung des Teams sind Sie kaukasischer Abstammung, transsexuell und Mitglied eines Schützenvereins. Bewerbungen aus der Blutgruppe B mit Rettungsschwimmerausweis werden bevorzugt.
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