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EN IT I S SE X 8 A IT P R M R V
UNTERNEHMER ZEITUNG
Nr. 3, März 2016 22. Jahrgang, Fr. 8.– www.unternehmerzeitung.ch
EIN NETZ VON STÄDTEN Die Schweiz wächst weiter – allerdings nach innen: Aus dem Mittellandsbrei zwischen Genfersee und Bodensee entsteht eine ausdifferenzierte Metropolregion. Seiten 9 – 15
WIRTSCHAFT Warum ist die Jugend überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen? Ein Interview mit Ursula Renold von der KOF. Seite 24
ZUKUNFTSMOBILITÄT
METROPOLE SCHWEIZ AB SEITE 9
Permamobil, Profit Center und Mikroeigenheim – das Auto der Zukunft ist eine Chance – auch für den öffentlichen Raum. Seite 40
VR-PRAXIS Susanne Ruoff führt die Post ins digitale Zeitalter – eine Gratwanderung. Seite 58
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EDITORIAL
Das Pendel schlägt zurück Die Börsen scheinen verrückt zu spielen, nicht erst in diesem Jahr, sondern schon im vergangenen. Die Anleger ziehen sich offenbar panisch aus Aktien zurück, die Kurse fallen auf Mehrjahrestiefs. Nun gehören Aufregung und Dramatik zur Börse, seit es sie gibt. Tatsächlich aber spiegelt sie einen Wandel wider, der sich nun schon seit zwei Jahren in der Weltwirtschaft abzeichnet: Die Gewichte verschieben sich wieder weg von den Schwellenländern hin zu den Industrieländern. Die Schwellenländer hatten nach der Wirtschaftskrise von 2008 und 2009 die Schwäche der Industrieländer genutzt und – meist mit Schulden – ihre eigene Wirtschaft angetrieben. Insbesondere China schien beweisen zu wollen, dass es gegen die Krisen der Welt immun ist. Das trieb die Rohstoffpreise in die Höhe, wovon wiederum andere Schwellenländer profitierten. Doch auch in China ist das schuldengetriebene Wachstum an ein Ende gekommen. Es wird lange dauern, bis all die leeren neuen Städte, Eisenbahnstrecken, Fabriken produktiv genutzt werden können. China dürfte für viele Jahre als Wachstumstreiber ausfallen. Damit werden auch die Rohstoffpreise lange niedrig bleiben – schlechte Nachrichten für Rohstoffländer wie Russland. Die Industrieländer dagegen haben seit 2008 einen Teil ihrer Hausaufgaben gemacht. Allen voran Europa hat den Trend schuldengetriebenen Wachstums gebrochen, der nach dem Zweiten Weltkrieg begonnen hatte. Deutschland als Lokomotive hat den Binnenkonsum als Wirtschaftsmotor entdeckt. Grosse Teile Europas wie auch die USA bauen ihre Energiewirtschaft um, deren Grundstruktur noch aus dem 19. Jahrhundert stammt. Die USA wenden sich zudem der Reparatur ihrer maroden Infrastruktur zu. Viele Industrieländer setzen auf Innovation, wie sie nur in freien Ländern möglich ist – die Digitalisierung steht erst am Anfang. Die Schweiz hat dank der Einwanderung eine Art Sonderkonjunktur erlebt. Diese läuft jetzt politisch gewollt aus. Aber auch sie muss sich keine Sorgen machen, selbst wenn einige Branchen leiden. Das Licht wird noch lange nicht ausgeknipst. Wenn die Börsenkurse jetzt wieder sinken, muss das keine schlechte Nachricht sein. Der Gesamtwert aller Unternehmen kann sich nicht innerhalb von nur drei Jahren verdoppeln, wie dies der SMI zwischen 2012 und 2015 glauben machen wollte. Vielleicht kommt jetzt schlicht wieder die Zeit der Realwirtschaft. Vielleicht sollten wir unseren Blick wieder weg von den Zahlen und auf die dahinter liegenden Werte richten.
Steffen Klatt editorial@unternehmerzeitung.ch www.unternehmerzeitung.ch
INHALT
4 KÖPFE UND KARRIEREN 7 PODIUM 9 –15 THEMA: METROPOLE SCHWEIZ EUROPA Plädoyer für eine offene Schweiz 16 EXPORT Freihandelszone Pazifik Südostasien rückt zusammen
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INNOVATION recapp IT AG: Sprachtechnologie
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CLEANTECH 30 Jahre Tschernobyl
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WIRTSCHAFT Jugendarbeitslosigkeit
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ENERGIE Energie sparen leicht gemacht Gebäudepark auf Sparflamme
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GELD Attraktive Auslandimmobilien Zustupf für Klimafreunde Geldsegen für Junggründer
30 32 33
DIGITAL Performance-Killer Intranet Big Data und Business Analytics IT-Ratgeber: Flexibel im Festnetz
34 36 38
MOBIL Brennstoffzellen-Fahrzeuge Cart City statt Smart City Meilensammeln per Kreditkarte
39 40 42
MARKETING Spatz: Ausgeflogen Pop-up-Verkauf
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MANAGEMENT UZ-Serie: Nadja Lang
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UNTERNEHMEN SkyWork Airlines AG
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PIONIERE Plakatkünstler: Martin Peikert
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VRPRAXIS Susanne Ruoff, Schweizerische Post VR-Kultur: Erfolgreiche Teams Optimale VR-Komposition Grenzen interner Ermittlungen
58 62 63 64
WEITERBILDUNG Karriereplanung
66
NETZWERKE Unternehmer Forum Schweiz Centre Patronal
68 70
EVENTS DSIM: Manager auf Zeit Swiss Economic Forum 2016
72 73
BÜCHER Humanitäre Hilfe Schweiz
74
10 FRAGEN AN Marco Baumann, Rausch AG
75
KAPITALMARKT & IMPRESSUM DAS LETZTE
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Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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KÖPFE UND KARRIEREN
GESCHÄFTSFÜHRUNG Die Leitung der Randstad (Schweiz) AG übernimmt neu TACO DE VRIES. De Vries war als Operational Director für die Bereiche Staffing in der Westschweiz sowie Inhouse Services in der Schweiz zuständig. Seine Karriere begann als Commercial Manager in Holland. Von 2011-2014 war er Vice President bei Randstad Japan, wo er eine Schlüsselrolle bei der erfolgreichen Fusion zweier Unternehmen spielte.
PRÄSIDENTIN STIFTUNGSRAT Die Ernährungsberaterin
GESCHÄFTSFÜHRUNG Der neue Chef des Swisscom- und Sunrise-Rivalen Salt heisst ANDREAS SCHÖNENBERGER. Als Präsident von smama (the swiss mobile association) und Verwaltungsrat bei Mobilezone hat er bereits umfassende Kenntnisse in diesem Business gesammelt. Der ehemalige Country Manager von Google Schweiz promovierte in Theoretischer Physik an der ETH Zürich und hält einen MBA der London Business School.
LEITERIN MARKETING Die Marketingleitung bei der Betty Bossi AG übernimmt neu ISABELLE ZEHNDER, die über eine 10-jährige Erfahrung im internationalen Handel und Management aufweist. Ab 2013 war sie Leiterin Business Development der Magazine der Globus AG und dabei unter anderem für die Entwicklung und den Aufbau neuer Geschäftsfelder zuständig. Isabelle Zehnder besitzt einen Master of Law and Executive MBA der Universität St. Gallen.
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BEATRICE CONRAD FREY
wird neue Stiftungspräsidentin der SV Stiftung. Als ehemalige EliteRennfahrerin berät sie unter anderem Spitzensportler in ihrer Ernährungsberatungspraxis im Kanton Bern. Daneben lehrt sie als Fachdozentin an zwei Bildungszentren im Gesundheitsbereich. Von 2001 bis 2013 präsidierte sie den Schweizerischen Verband der Ernährungsberater/innen (SVDE).
UnternehmerZeitung | Nr. 3 2016
GESCHÄFTSFÜHRUNG Der neue Geschäftsführer der MULTIVAC Tochtergesellschaft in der Schweiz heisst MARTIN ZIMMERLI. Vor seinem Einstieg im Unternehmen war Zimmerli Geschäftsführer der EAO Schweiz AG und seit 2012 in Personalunion auch COO der HMI Systems. Zimmerli verfügt über einen Executive Master in Business Engineering Management der FHNW und ist eidg. diplomierter Verkaufsleiter.
CHIEF FINANCIAL OFFICER Seit Oktober 2015 ist MARTIN KELLER neuer CFO der Schulthess Maschinen AG und Mitglied der Geschäftsleitung. Keller bringt langjährige Erfahrung in produzierenden Industrieunternehmen mit. Er ist dipl. Betriebsökonom HWV und IFRS/ IAS Accountant und war zuletzt in gleicher Position bei der Medizintechnikfirma Hocoma tätig. Zuvor arbeitete er in leitenden Positionen, unter anderem beim Technologieunternehmen Seitz oder der Hälg Building Services Group.
SENIOR SALES MANAGER Der börsennotierte Investmentmanager Jupiter Asset Management gewinnt PETER RITLER als neuen Senior Sales Manager. Damit ist er ab sofort für den Wholesale-Geschäftsbereich in der deutschsprachigen Schweiz verantwortlich. Ritler verfügt über mehrjährige Erfahrung im Asset Management und war zuletzt als Senior Sales Manager bei Vanguard Investment Switzerland mit dem Ausbau des Geschäftsbereichs betraut.
GESCHÄFTSFÜHRERIN Der Krankenversicherer CSS hat PHILOMENA COLATRELLA zum CEO des Unternehmens ernannt. Colatrella kam 1999 zum Versicherer und war als Leiterin Recht & Compliance für Rechtsfragen zuständig. Ab 2012 war sie Generalsekretärin und Konzernleitungsmitglied der CSS Gruppe und amtete als Stellvertreterin von Georg Portmann. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Universität Freiburg.
INFO Mitteilungen für diese Rubrik: Text und Foto (300 dpi > 1MB): arbenz@swissnews.ch
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PODIUM
Zersiedelt und zugebaut RAUMPLANUNG Mit verschiedenen Voten – Zweitwohnungsinitiative, Kulturlandinitiative Kanton Zürich, Revision des Raumplanungsgesetzes – brachte der Schweizer Souverän in den vergangenen Jahren zum Ausdruck, dass ihn die unaufhaltsame Ausdehnung des Siedlungsgebietes schmerzt. Dabei handelt es sich um weit mehr als nur Phantomschmerzen. TEXT H A N S - G E O R G B Ä C H T O L D
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on 1985 bis 2010 sind unsere Siedlungen um 23 Prozent (rund 600 km2) oder alle zwei Stunden um ein Fussballfeld gewachsen. Dieses disperse Wachstum können wir uns sowohl volkswirtschaftlich als auch ressourcentechnisch schlicht und einfach nicht mehr leisten. Viel zu gross ist der damit einhergehende infrastrukturelle Aufwand sowie der Verbrauch an Boden, an Energie und anderen Ressourcen. NÄHER ZUSAMMENRÜCKEN In einem städtischen Quartier braucht es pro Einwohner zwei Laufmeter Erschliessungsstrasse und jährliche Unterhaltskosten von 54 Franken. In einem dispers überbauten Quartier liegt der Bedarf pro Einwohner bei 17 Laufmetern mit jährlichen Unterhaltskosten von 472 Franken. Der Bevölkerung muss deutlich gemacht werden, dass – sofern das Problem mit den richtigen städtebaulichen, infrastrukturellen und architektonischen Ansätzen und der richtigen raumplanerischen Strategie angegangen wird – kein Grund zur Sorge besteht. Was es unweigerlich braucht, ist der Wille, unser Wohnglück nicht mehr nur auf der grünen Wiese, sondern vermehrt auch im dörflichen oder städtischen Umfeld zu suchen und die Bereitschaft aller, näher zusammenzurücken sowie an und in unseren bestehenden Weilern, Dörfern und Städten weiter zu bauen. Anders wird es nicht gehen. Parallel ist es an der Planungs- und Bauwirtschaft, die hierzu nötigen, überzeugenden baulichen Lösungen zu liefern. Sie muss das Mehr an Dichte attraktiv gestalten, mit ihr neue Lebensraumqualitäten verwirklichen und neue Identitäten stiften. Wie das konkret aussehen könnte, zeigen einzelne, vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) mit der Auszeichnung «Umsicht» gewürdigte Werke. Ich denke da zum Beispiel an die Wohnsiedlung Werdwies in Zürich, an die Sanierung
Das war einmal: In Zukunft werden wir unser Wohnglück abseits der grünen Wiese finden müssen, wollen wir die wachsende Zersiedelung aufhalten. Bild: depositphotos.com
des Hochhauses Weberstrasse in Winterthur oder auch an die Werkerweiterung der Fensterfabrik Baumgartner in Hagendorn. LEBENSRAUM DER ZUKUNFT Beschäftigen müssen wir uns nicht nur mit dem Hier und Jetzt, sondern auch mit der Zukunft. Und weil hierzu eine Vorstellung der Zukunft dienlich wäre – je genauer diese Vorstellung ist, umso präziser und hochwertiger lässt sich die Planungs- und Bautätigkeit heute schon darauf ausrichten – hat der SIA gemeinsam mit der ETH Zürich das Forschungsprojekt «Die Schweiz 2050 – Bauwerk und Lebensraum für die 10-Millionen Schweiz» initiiert. Hervorragende Fachleute aus der Planungs- und Baubranche entwickeln in den nächsten fünf Jahren, gemeinsam mit Forschenden der ETH Zürich – geplant ist auch die Integration der EPF Lausanne und der Accademia di architettura in Mendrisio – mögliche Zukunftsszenarien für die räumliche Gestaltung des Lebensraumes Schweiz. Mittels Fallstudien,
sogenannten «Bohrungen», werden unter Berücksichtigung aktueller wie zukünftiger Herausforderungen mögliche Entwicklungsszenarien für die Schweiz bis ins Jahr 2050 entwickelt. Szenarien, die als Grundlage für eine ganzheitliche Raumstrategie dienen werden, und die wertvolle Informationen liefern, um schon heute für zukünftige Generationen Lebensraumqualität zu bauen. Nicht zu vergessen: Diese Erkenntnisse fliessen in Lehre und Ausbildung ein. Bei all dem müssen wir uns aber immer wieder vergegenwärtigen, dass Qualität ein immaterielles Gut ist. Wie andere Werte ist sie deshalb stets im Wandel. Was heute noch als Qualität empfunden wird, kann morgen schon anders sein. Ihr Stellenwert und ihre Wertschätzung müssen deshalb stets aufs Neue ergründet werden. Den entsprechenden Sondierungsprozess in Gang zu halten, ist, neben der Entwicklung von hochwertigen architektonischen und ingenieurtechnischen Lösungen, die zentrale soziokulturelle Aufgabe der Architekten und Ingenieure auf dem Weg zu einer besseren Raumplanung.
DER AUTOR Hans-Georg Bächtold ist diplomierter Forstingenieur und Raumplaner der ETH Zürich und seit 2009 Geschäftsführer des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA. Er leitete erfolgreich das Büro Oekogeo AG in Schaffhausen und sass dort auch im Kantonsparlament. 1998 wurde er Kantonsplaner des Kantons Basel-Landschaft und leitete das Amt für Raumplanung mit den Planungsabteilungen, dem Natur- und Landschaftsschutz, der Denkmalpflege sowie der Abteilung öffentlicher Verkehr.
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AKTUELL
Schwacher Euro, starker Franken EUROPA FORUM LUZERN Am 2. Mai öffnet das Kultur- und Kongresszentrum Luzern seine Tore für die 30. Ausgabe des internationalen Europa Forums Luzern. TEXT D E L I A B A C H M A N N
Das diesjährige Frühlingsforum steht ganz im Zeichen des Euros. Bild: Switzerland Tourism, Christof Sonderegger
S
eit Finanz- und Schuldenkrise den Euro ins Rollen brachten, befindet sich dieser auf Talfahrt. Mit der Aufgabe des Franken-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Januar 2015 bekam auch die Schweizer Wirtschaft die Auswirkungen der Euroschwäche unmittelbar zu spüren.
DIE GROSSEN UNBEKANNTEN Eröffnet wird das Europa Forum Luzern mit dem anmeldepflichtigen Wirtschaftssymposium zu den drei grossen Themen «Der Euro und Europa», «Europa aktuell» und «Die CH und der Euro». Mit Jürgen Stark, ehemaliger Chefökonom der EZB, Jacques de Watteville,
Chefunterhändler in den EU-Verhandlungen, Josef Ackermann, ehemaliger CEO der Deutschen Bank oder Adrian Pfenniger, CEO der Trisa, treffen hochkarätige Referenten und Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft aufeinander, um drängende Fragen wie die Zukunft der Eurozone, den Umgang
Schweizer Unternehmen mit der Währungsherausforderung oder die Entwicklung der Schweizer Geldpolitik zu diskutieren. EZB UND SNB IM GESPRÄCH Auf das Wirtschaftssymposium folgt die öffentliche Veranstaltung des Forums, welche von Bundespräsident und
Wirtschaftsminister Johann Schneider-Amman eröffnet wird. Als Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank wird Sabine Lautenschläger zum Thema «Der Euro, Idee und Wirklichkeit» referieren. SNB-Präsident Thomas Jordan spricht seinerseits über den Euro und die schweizerische Geldpolitik. In einer abschliessenden Diskussionsrunde mit den Referenten werden sich die beiden Zentralbankdirektoren gegenüberstehen. Letzter Programmpunkt und krönender Abschluss des Europa Forums bildet das VIP Networking-Dinner. www.europaforum.ch info@europaforum.ch
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Jahre Europa Forum Luzern
Frühjahr 2. Mai 2016 KKL Luzern
HERAUSFORDERUNG
U R O Johann N. Schneider-Ammann Bundespräsident, Vorsteher WBF
Thomas J. Jordan Präsident des Direktoriums der SNB
Adrian Pfenniger CEO TRISA, VR-Präsident TRISA Holding
Franziska A. Tschudi Sauber CEO WICOR Holding
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Hauptpartner
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Netzwerkpartner
Moneycab Die Volkswirtschaft Persönlich UnternehmerZeitung
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THEMA
Die Schweiz wächst nach innen VON S T E F F E N K L A T T
D
ie Schweiz ist in den vergangenen zehn Jahren so schnell gewachsen wie kaum ein anderes Land Europas. Praktisch überall zwischen dem Genfersee und dem Bodensee wurde gebaut. Das Tempo hat sich inzwischen zwar verlangsamt – es kommen weniger Zuwanderer in die Schweiz und moderne Büroflächen gibt es nun mehr als genug – eine harte Bremsung bleibt der Bauwirtschaft aber erspart. Kann die Schweiz noch weiter wachsen? Wird es nicht irgendwann zu eng? Fragt man die Experten, sind die Antworten eindeutig: Sie kann weiterwachsen, es wird nicht zu eng. Das Wachstum muss nur intelligent organisiert werden. Das ist bereits der Fall, wie ein Blick nach Zürich zeigt. Die Europa-Allee muss man nicht mögen. Aber sie zeigt, wie auf alten Gleisanlagen Arbeitsplätze und Wohnraum
für tausende Menschen entstehen kann. Man muss auch Zürich-Altstetten nicht mögen – vor zwei Jahrzehnten noch ein wenig geliebter Arbeiterbezirk –, aber hier haben die Banken neue, modernere Büros gebaut, die Platz in der Innenstadt freimachen. Und es geht weiter in die Agglomeration: Ob das Limmattal oder das Glattal – auf Industriebrachen und leeren Grundstücken entstehen neue Büro- und Wohngebäude. Anders als im Aufschwung der Nachkriegszeit wächst die Schweiz nicht mehr auf die grüne Wiese hinaus, sondern nach innen auf brachliegende oder umgenutzte Leerflächen. Damit bekommen ehemals gesichtslose Agglomerationsgemeinden eine neue Dynamik. Aus dem Mittellandsbrei entsteht ein Netz von mittleren und kleinen Städten. Möglich wird das durch Entscheidungen, die mehr als drei Jahrzehnte zurückliegen: die Einführung des Taktfahrplans und
den Ausbau des städtischen Nahverkehrs zu S-Bahnsystemen. Das hat in Zürich begonnen, inzwischen will jede grössere Region ein eigenes S-Bahnnetz. Im Grunde genommen sind auch die überregionalen Züge nur bequemere S-Bahnen. Die Schweiz ist ein Netz von Städten geworden, mit viel Grünfläche zwischen den «Stadtvierteln». Jede dieser Städte und Gemeinden im Netz kann weitgehend selbst entscheiden, welche Rolle sie spielen will, wie viel Wohnraum oder Bürofläche sie schafft. Die eine mag sich sperren, die andere öffnet sich. Eigentlich gibt es in dieser dezentralen Stadtlandschaft Schweiz nur eine Gefahr: Wenn die Infrastruktur zu stark zentralisiert wird, dann wird es an den zentralen Knotenpunkten knacken. In und um den Hauptbahnhof Zürich ist das der Fall. Vielleicht hat sich die SBB mit der milliardenteuren Durchmesserlinie doch keinen Gefallen getan.
Mit «The Circle» entsteht in Gehdistanz zum Flughafen Zürich auf 180 000 Quadratmetern Nutzfläche eine «Innenstadt im Kleinformat». Bild: zVg/The Circle
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THEMA
Mieterfreundlicher Büromarkt TRENDWENDE Der Raum Zürich bietet den grössten Büromarkt der Schweiz. Dabei hat die Dynamik der letzten Jahre mehr Flexibilität gebracht. Neue Bauprojekte, sanierte Flächen in Zentrumslagen und innovative Mietlösungen bieten Chancen für Mieter. TEXT Y V O N N E V O N H U N N I U S
I
n den Büromarkt der Region Zürich ist Bewegung gekommen – eine gute Nachricht für alle Unternehmen, die auf der Suche nach einem neuen Standort sind. Im beliebten Zürcher Seefeld-Quartier hat beispielsweise das US-Unternehmen Axiom Law rasch passende Büros zur Miete gefunden. Axiom-General Manager Marc Morant sagt: «Sowohl die Lage beim Bahnhof Stadelhofen als auch die Atmosphäre sind perfekt für uns.» Als Anbieter von softwareunterstützten Rechtsdienstleistungen hatte Axiom Law 2014 beschlossen, auch physisch in die Nähe seiner grossen Schweizer Kunden im Finanzbereich zu rücken. Der Immobilienmarkt erleichtert solche Entscheidungen, weiss UBS-Immobilien-Experte Claudio Saputelli: «Wer etwa sein Headquarter nach Zürich verlegen will, ist heute in einer viel besseren Lage als noch
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vor wenigen Jahren.» Es gibt eine grosse Auswahl im Bestand, in entstehenden Neubauten und an Projekten in den Startlöchern. Laut dem Credit-Suisse-Immobilienanalysten Fredy Hasenmaile ist dabei ein Mietermarkt entstanden. Er sagt: «Die Mieter sind in der guten Position, auch Zusatzwünsche anbringen zu können.» MIETEN WERDEN GÜNSTIGER Das ist ein Paradigmenwechsel in dieser wirtschaftlich starken Region. Lange Zeit galten die Gesetze eines knappen Marktes. Ein Ende gesetzt hat dem nicht zuletzt der Effekt des starken Anlagedrucks, der einen regelrechten Bauboom bei Büroimmobilien auslöste. Laut Fredy Hasenmaile sind seit dem Höhepunkt im Jahr 2012 die Zürcher Büromieten bereits um knapp zehn Prozent gesunken. Und dies spiegelt noch nicht die
zusätzlichen als marktüblich geltenden Zugeständnisse wider. Die tatsächlichen Mieten dürften nochmals einige Prozentpunkte unter den offiziellen Mieten liegen. Dabei sanken die Zürcher Spitzenmieten auch an zentralster Lage, dem sogenannten Central Business District (CBD). Grund dafür waren mitunter Standortverlagerungen. Fast alle grossen Dienstleistungsfirmen wie Credit Suisse, UBS, Zurich, Swisscom, UPC Cablecom oder auch Allianz hat es in neue Räumlichkeiten ausserhalb der Innenstadt gezogen. Dort konnten sie Mitarbeiter konzentrieren und von flexibleren Bürostrukturen profitieren. So kamen Flächen im Herzen Zürichs auf den Markt, die über Jahrzehnte belegt waren. Besonders Kanzleien oder Beratungsunternehmen haben die Gunst der Stunde genutzt und sich eingemietet. In vielen Fällen wurden lang fällige Sanierungen
durchgeführt. Es gibt zwar immer noch gute Gelegenheiten, doch Experten wie Hasenmaile sind überzeugt: Diese Standortverlagerungen sind grösstenteils abgeschlossen – der Leerstand in der City hat seinen Zenit überschritten. DER MIETER HAT DIE WAHL In der Region Zürich generell sieht das anders aus. Allein in den ersten zehn Monaten 2015 stieg die angebotene Bürofläche um 2 Prozent auf 5.2 Prozent des Bestands. Insgesamt sind dies gemäss dem JLL-Büromarktbericht 2016 knapp 400 000 Quadratmeter. Insbesondere in Zürich Nord steht viel Raum zur Verfügung. Die Analysten von JLL erwarten, dass der Vermietungsmarkt in der Region noch für längere Zeit mieterfreundlich bleibt, denn bis 2020 könnten noch bis zu 300 000 Quadratmeter an neuen Büroflächen entstehen. Neu hinzukommen werden ab 2019 auch 45000 Quadratmeter Bürofläche in Gehdistanz zu den Terminals des Flughafens Zürich. Dort entsteht gerade im Rahmen des grössten Hochbauprojekts der Schweiz die Dienstleistungsdestination The Circle. Einige
Insgesamt 75 000 Quadratmeter Bürofläche werden auf dem «The Circle»-Gelände in zwei Etappen gebaut. Die Dienstleistungsdestination bündelt Business, Medizin, Kultur, Bildung, Unterhaltung etc. in einem grossen Gebäudekomplex.
Flächen sind bereits in festen Händen. In den Verhandlungen für die noch freien Flächen erwarten die potenziellen Mieter oft kommerzielle Anreize wie beispielsweise mietfreie Zeiten. Das bestätigt Flughafen-Mediensprecherin Raffaela Stelzer. Sie sagt: «In einem mieterfreundlichen Markt müssen Vermieter flexibel in der Angebotsausgestaltung sein.» Willkommen sei oft auch eine Vorfinanzierung der Kosten, die der Mieter noch selbst in den Ausbau investiere. FLEXIBILITÄT UND PLANUNGSSICHERHEIT Albert Schweizer sieht das Entgegenkommen der Vermieter stetig wachsen, um nicht zuletzt Unternehmen einer neuen Generation ein angemessenes Zuhause zu bieten. Schweizer ist Standortförderer und Liegenschaftsverantwortlicher der Stadt Schlieren, die wenige S-Bahnstationen vom Hauptbahnhof Zürich entfernt liegt. Hier werden nicht nur Staffelmieten wieder modern. «Gefragt sind ausgebaute Räumlichkeiten mitunter mit Pauschalangeboten, bei denen auch Leistungen wie Reinigungsdienste inkludiert sind», sagt er. Gerade innovative Startups bräuchten Flexibilität und Planungssicherheit gleichzeitig, um Räume individuell einteilen oder sich später vergrössern zu können. Diese Option hat es etwa dem Finanztechnologieunternehmen Contovista ermöglicht, am selben Standort in Schlieren zu bleiben und dabei kräftig zu wachsen. Contovista begann 2013 mit 45 Quadratmetern Bürofläche, ist
mittlerweile bei 380 Quadratmetern angelangt und hätte weitere Möglichkeiten zu expandieren. INNOVATIONEN MISCHEN DEN MARKT AUF Dabei haben in diesen Zeiten innovative Lösungen Hochkonjunktur, die beiden Seiten Vorteile versprechen. Das Schweizer Start-up daycrunch beispielsweise vermietet auf Stundenbasis perfekt eingerichtete Arbeitsplätze an Standorten wie dem exklusiven Limmatquai in Zürich. Diese werden in momentan leerstehenden Büroräumen eingerichtet und helfen nicht zuletzt, Leerstand effizienter zu nutzen. Mitgründer Vishal Mallick sagt: «Eines Tages sollen alle Bürogebäude einen öffentlichen Zugang und daycrunch-Räumlichkeiten besitzen.» Unter anderem die Immobiliengesellschaft PSP Swiss Property nutzt das System. Auf der anderen Seite stehen schweizweit rund 500 Einzelunternehmen, KMU-Vertreter oder Grossunternehmen, die sich bei Bedarf kurzfristig einmieten. Immobilien-Experte Hasenmaile ist überzeugt: «Flexible Modelle haben eine grosse Zukunft.» Nicht zuletzt aufgrund des Zürcher Grossmieters Google nimmt der Büromarkt immer mehr eine international ausgerichtete, neue Unternehmergeneration ins Visier. Und an der Basis wird es nicht scheitern. Laut Hasenmaile bekommt man im internationalen Vergleich in der Schweiz hohe Qualität. Er sagt: «Der Swiss Finish gilt auch für Büroflächen.»
Bild: zVg/The Circle
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THEMA
Mittelland als Metropolregion RAUMENTWICKLUNG Zwischen Biel und Zürich hat es Platz für eine weitere Million Einwohner. Räumen wie dem dynamisch wachsenden Limmattal kommt dabei aufgrund seiner erheblichen Reserven an Siedlungsfläche nationale Bedeutung zu. IN TERVIEW S T E F F E N K L A T T
D
ie Schweiz kann weiter wachsen und dabei sogar noch an Lebensqualität dazugewinnen. Voraussetzung dafür sei, dass mit Qualität und Augenmass geplant werde, sagt ETH-Professor Bernd Scholl. Mit dem polyzentrischen Netz von Städten und Orten und einem effizienten öffentlichen Verkehrssystem als Rückgrat verfüge die Schweiz über eine grosse Stärke, auf die sie sich besinnen soll. Dann kann die Schweiz mit anderen Metropolregionen Europas bestens mithalten – auch wirtschaftlich.
In den vergangenen Jahren wurde in der Schweiz sehr viel gebaut. Geht das so weiter? BERND SCHOLL Die jetzigen Prognosen gehen von einem Wachstum der Bevölkerung von 80 000 bis 100 000 Menschen im Jahr aus. Dieser Zuwachs geht vor allem auf die Zuwanderung zurück – und die ist sehr schwer prognostizierbar. Die Raumplanung muss mit einem solchen Zuwachs umgehen können, genauso wie mit einer weniger stark wachsenden oder sogar stagnierenden Bevölkerung. In der Nachkriegszeit, als die Schweiz ebenso schnell und schneller gewachsen ist, da wuchs sie in die Fläche. Lässt sich das wiederholen? Natürlich kann man in die Fläche gehen, sie ist prinzipiell bebaubar. Das revidierte Raumplanungsgesetz ist aber darauf ausgerichtet, dass zunächst die inneren Reserven der bestehenden Siedlungen ausgenutzt werden müssen. Es geht um die Siedlungsentwicklung nach innen, manche sagen: Transformation des Bestandes. Man will gesellschaftliche Probleme nicht mehr über Flächenverbrauch lösen. Denn dieser Flächenverbrauch hat viele Siedlungsgebiete mit niedriger Siedlungsdichte entstehen lassen, die in vielen Fällen nur mit dem Auto ökonomisch erschlossen werden können. Solche Entwicklungen haben weitreichende negative Auswirkungen, nicht nur auf die Umwelt. Bei der Innenentwicklung dagegen können zur Erschliessung oftmals bereits bestehende Infrastrukturen des öffentlichen 12
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ZUR PERSON Bernd Scholl, Jahrgang 1953, ist seit 2006 Professor für Raumentwicklung am Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Vorher war er Leiter des Instituts für Städtebau und Landesplanung an der Universität Karlsruhe. Er war als Experte in der Raumplanung unter anderem in Frankfurt am Main, Luxemburg, Mailand, Budapest und Österreich tätig.
Verkehrs genutzt werden. Die Siedlungen werden an den Bahnhöfen und Haltestellen dichter gemacht als an den Rändern. Dies schafft bessere Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Nutzung der Infrastruktur. Werden nicht auch neue Probleme geschaffen, wenn mehr Leute auf der gleichen Fläche leben? Siedlungsentwicklung nach innen heisst, die Reserven innerhalb des weitgehend überbauten Gebiets zu nutzen und den Gebäudebestand zu erneuern. Dies kann und soll dazu führen, dass das bereits bebaute Gebiet besser genutzt wird. Dabei ist es zentral, dass die Diskussionen um die geeignete «Dichte» vor Ort geführt werden und die lokalen Besonderheiten berücksichtigt werden. Wenn es zu dicht wird, kann es sein, dass die Verkehrsinfrastruktur und andere Infrastrukturen die zusätzlichen Einwohner nicht mehr fassen können – man muss sie dann ausbauen. Dabei geht es auch um Schulen und Kindergärten. Und: Wenn mehr Einwohner auf gleicher Fläche wohnen, braucht es auch mehr Freiräume. Innenentwicklung muss mit Qualität und Augenmass betrieben werden.
Zeigt Zürich, wie Infrastrukturen an ihre Grenzen kommen, etwa beim Verkehr? Das ist so. Man muss erkennen, wo die Schwellenwerte für den Ausbau einer bestimmten Infrastruktur liegen. Wenn man die Schwellenwerte der Kapazität überschreitet, wird die Infrastruktur permanent überlastet. Nehmen Sie Zürich: Wenn man eine U-Bahn bauen würde – was auch im Unterhalt sehr teuer wäre –, dann erreichte man in Bezug auf die Leistungsfähigkeit des Systems einen Quantensprung. Dieser würde ganz neue bauliche Möglichkeiten für das Wachstum der Stadt eröffnen. Die Frage ist nur, ob man das will. Das Erscheinungsbild der Stadt würde sich wahrscheinlich sehr verändern. Heute geht die Attraktivität Schweizer Städte, auch Zürichs, davon aus, dass sie auf begrenzter Fläche einen sehr menschlichen Massstab bieten. Der Ausweg für Zürich scheint im Ausbau der Agglomeration zu liegen, etwa des Glattals und des Limmattals. Ist das der Königsweg? Das ist so. Das Limmattal ist aus unserer Sicht ein Raum von nationaler Bedeutung. Warum? Das Limmattal hat erhebliche Reserven an Siedlungsfläche. Wir sprechen von vier bis sechs Millionen Quadratmetern Geschossfläche. Das bietet 80 000 bis 100000 Menschen Wohnraum. Also eine knappe Verdopplung der heutigen Einwohnerzahl . . . Ja. Natürlich wird nicht jede Fläche bebaut werden. Aber das Limmattal ist der Hauptzugang zum wichtigsten Wirtschaftsraum der Schweiz. Das braucht einen sorgsamen Abgleich zwischen der Siedlungsentwicklung und der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur. Regionen wie das Limmattal und das Glattal haben dennoch endliche Siedlungsflächen. Deshalb müssen Sie in einem noch grösseren Zusammenhang denken: Wenn Sie den
Raum zwischen Biel und Zürich nehmen, den zentralen Teil des Mittellandes, dann hat es dort Reserven für eine Million Einwohner. Besteht damit die Gefahr des grossen Mittellandeinheitsbreis von Biel bis Zürich? Nein, das muss überhaupt nicht damit einhergehen. Wenn die Gemeinden des Mittellands ihre Reserven mit Augenmass und Qualität entwickeln, kann sich die Situation sogar verbessern. Warum besser, wenn dort mehr Menschen leben? Weil die Reserven dort bereits bestehen. Damit können anderswo Einzonungen neuer Flächen oder zu hohe Konzentrationen vermieden werden: Lieber an vielen Orten wenig Zuwachs statt an wenig Orten zu viel Zuwachs. Also auch eine klarere Abgrenzung zwischen Siedlung und Nicht-Siedlung? Genau. Die Siedlungsreserven dafür sind vorhanden. Ausserdem ist der öffentliche Verkehr
Die Autobahn im Süden, der Bahnhof im Norden: Die Grossüberbauung «Richti-Areal» verleiht der Glatttal-Gemeinde Wallisellen einen urbanen Charakter und ist ein Paradebeispiel für die Siedlungsentwicklung nach innen.
im Mittelland bereits gut ausgebaut, er kann aber noch verbessert werden. Deshalb ist das zentrale Mittelland ein sehr interessanter Raum für unsere Entwicklung. Ein Beispiel: Im Raum Solothurn gab es vor ein paar Jahren eine Industriebrache; früher war dort eine Zellulosefabrik gewesen. Das sind über 100 Hektar. Wir haben ein Testplanungsverfahren durchgeführt, um verschiedene Ideen zu testen. Dabei kam heraus, dass der Teil südlich der Aare – Luterbach – gewerblich genutzt werden sollte. Auf der nördlichen Seite, Rietholz, wurde eine gemischte Nutzung einschliesslich der Wohnnutzung vorgesehen. Als wir die Testplanung durchführten, konnten wir uns nicht vorstellen, dass eine grosse amerikanische Unternehmung kommen würde... . . . Biogen . . . …genau, die europaweit einen neuen Produktionsstandort gesucht hatte und nun Luterbach auswählen würde. Ein Grund für ihren Entscheid: Die planerische Vorarbeit gab Planungssicherheit; für ein Unternehmen ist das ein sehr hohes Gut. Die Nähe zu Zürich war ein anderer Grund. . . . aus amerikanischer Sicht nahe bei Zürich . . . Unternehmen treffen solche Standortentscheide in einem viel grösseren Massstab. Nehmen Sie Berlin: Dort brauchen Sie von einem Ende der Stadt ans andere auch mehr als eine Stunde. Das ist in der Metropolregion Zürich nicht anders.
Zwischen Biel und Zürich gibt es fünf bis sechs Kantone mit Dutzenden Gemeinden, jede hat ihr eigenes Baureglement. Wann ist man da fertig mit Planungen? Am St. Nimmerleinstag? Das muss nicht so sein. Die Abstimmung zwischen den Gemeinden und den Kantonen ist bereits durch die kantonale Richtplanung geregelt. Der Planungsprozess in der Gemeinde für die Änderung eines Zonenreglements dauert zwei, drei Jahre, falls Revisionen vorgenommen werden. Wir aber sprechen über bereits rechtskräftig vorhandene Siedungsreserven. Da kann man heute schon bauen. Kann man die Metropolregion Zürich überhaupt mit Grossstädten wie Berlin vergleichen? Sie müssen sogar. Berlin hat drei Millionen Einwohner, München zwei, das RheinMaingebiet drei bis fünf Millionen. Und wie viel Einwohner hat die grösste Stadt der Schweiz? 395 000. Genau, das ist Zürich. Wenn wir mit den leistungsfähigen Metropolregionen im Ausland Schritt halten wollen, auch wirtschaftlich gesehen, wir aber solche grossen Städte nicht haben – und nicht haben wollen –, dann müssen wir uns anders organisieren. Und das tun wir. Die Grundidee der Schweizer Raumplanung ist ein Netz von Städten und Orten mit dem Rückgrat eines sehr leistungsfähigen öffentlichen Verkehrs.
Bild: zVg/Allreal/Goran Potkonjak
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THEMA
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Das Taktsystem vernetzt sie bis hinein in die Berge. Der Raum zwischen Genfersee und Bodensee entspricht von der Grösse her einer leistungsfähigen europäischen Metropolregion. Müssen sich die einzelnen Städte in diesem Städtenetz funktional spezialisieren? Die Schweizer Städte ergänzen einander und stehen gleichzeitig in gesunder Konkurrenz. Das hat man bei Biogen gesehen: Eigentlich wäre der Raum Basel für das Unternehmen prädestiniert gewesen. Solothurn hatte aber die Hausaufgaben gemacht. Initiative und Unternehmertum können einer Region zum Vorteil gereichen. Was macht eine lebendige Stadt aus? Oft ist das, was nicht gebaut worden ist, ebenso wichtig wie das, was dann gebaut wurde. In Zürich gab es Planungen für Autobahnen vor dem Hauptbahnhof, Überlegungen für Hochhäuser an der Limmat und für Bauten auf dem See. Es ist kein Zufall, dass dies nicht gemacht wurde. Es ist auch kein Zufall, dass die Seeufer zugänglich sind – ein sehr schönes Ergebnis der Landi 1939. Auch die mittelalterlichen Kerne der Städte und die Gründerzeitviertel haben einen menschlichen Massstab, den wir pflegen sollten. Wenn die Agglomeration Zürich heute vor allem im Glattal und im Limmattal wächst: Sollten dort auch solche Zentren angelegt werden, wie es heute die Zürcher Altstadt ist? Dietikon versucht so etwas mit dem Projekt von Hans Kollhoff. Kann das funktionieren? Davon bin ich überzeugt. Die Limmattalbahn wird ein Katalysator für die städtebauliche Entwicklung sein. Es muss mit Qualität dichter gebaut werden. Das Limmattal kann damit zu einem Labor für die Schweiz werden. Für mich ist das ein ganz spannender Raum. Es wird sich dort, in einen dynamisch wachsenden Raum, zeigen, ob wir zu Lösungen kommen, die von den Menschen auch akzeptiert werden. Ist die Schweiz mit ihren Problemen einzigartig oder gibt es anderswo ähnliche Regionen? Die Schweiz ist dank der direkten Demokratie dasjenige Land, das sorgsamer als andere mit der knappen Ressource Land umgeht. Denn am Ende entscheidet das Volk. Das verpflichtet Planer, Politiker und Bauherren. Ich habe auch in Deutschland, Luxemburg oder Österreich gearbeitet. Das Bewusstsein für die Begrenztheit der Fläche ist dort noch nicht so weit verbreitet. Die Schweiz kann daher andere dazu ermuntern, mit Qualität und Augenmass mit dieser knappen Ressource umzugehen. 14
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Wachstum mit Fingerspitzengefühl SIEDLUNGSENTWICKLUNG Die Schweizer Agglomerationen wachsen, gedeihen und zuweilen wuchern sie auch. Hier wohnen Pendler, hier ist aber auch viel Potenzial für Ansiedlungen. Ihr Erfolg hängt dabei stark vom Fingerspitzengefühl in Punkto Mobilität, Kooperationen und Landschaft ab. TEXT Y V O N N E V O N H U N N I U S
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u den Stosszeiten herrscht ein Gedränge, sodass Passagiere kaum mehr Platz auf dem Perron finden. Die Rede ist nicht vom Hauptbahnhof einer Schweizer Metropole, sondern vom Bahnhof Lenzburg AG, von wo aus die Städte Basel, Bern, Zürich oder Luzern in nicht mehr als einer Stunde zu erreichen sind. In Lenzburg bezogen vor wenigen Monaten die ersten Mieter ihre Flächen auf dem ehemaligen Areal der Lebensmittelfirma Hero. Dort entwickelt und realisiert die Totalunternehmung Losinger Marazzi das neue nachhaltige Quartier Im Lenz. Entstehen werden mehr als 500 Wohnungen und auf rund 20 000 Quadratmetern Büro- und Gewerbefläche rund 800 neue Arbeitsplätze. Hero hat in Lenzburg neu gebaut. Noch zählt die Stadt weniger als 10 000 Einwohnende, doch das Bevölkerungswachstum lässt sie über Hochhäuser nachdenken. Die Agglomerationen in der Schweiz wachsen in die Höhe und Breite. «Viele Regionen des Mittellands entwickeln sich dynamischer als die
Städte», sagt der Experte Marco Pütz von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. RASANTES WACHSTUM In Kernstädten wie Zürich und den rund 50 Agglomerationen leben heute drei Viertel der Schweizer Bevölkerung. Zwischen 2005 und 2030 sollen die Kernstädte um sechs Prozent wachsen, während die Agglomerationsgemeinden einen Sprung von 25 Prozent machen. Ein gutes Beispiel dafür ist auch die 10 000-Seelen-Gemeinde Risch ZG, die ihre Hochhausstudie schon verfasst hat. Ein 16-stöckiges Exemplar steht dank
Roche Diagnostics bereits im Ortsteil Rotkreuz. Die SBB-Haltestelle liegt ideal an der Strecke Zürich-Luzern, der Autobahnanschluss Rotkreuz wurde aufgrund der rasanten Siedlungsentwicklung erst vor wenigen Jahren erweitert. Und wie in Lenzburg wird aus einem ehemaligen Industrieareal ein komplett neues Quartier: Das Suurstoffi soll Raum für 1500 Bewohner und über 2500 Arbeitsplätze bieten. Dabei bezieht sogar die Hochschule Luzern dort einen Campus und wechselt somit den Kanton. NEUE RÄUME ÜBER GRENZEN HINWEG Agglomerationen machen laut Marco Pütz keinen Halt an kantonalen Grenzen. Was die Gemeinden verbindet, sind die Verkehrswege. Pütz war an einem Projekt beteiligt, das dieses Phänomen für die Region nördlich des Zürichsees untersucht hat. Die Forscher haben das Gebiet nach der S-Bahn-Linie S5 benannt, die es durchzieht – die S5-Stadt reicht von der Zürcher Stadtgrenze rund 50 Kilometer ins Land und schliesst Uster und Rapperswil Jona ein. Pütz sagt: «Durch den Bau der S-Bahn-Linie vor 25 Jahren wurde beispielsweise das Zürcher Oberland viel besser mit der Stadt Zürich, Rapperswil (SG) und Pfäffikon (SZ) verbunden.» Die Region erhielt einen massgeblichen Schub. Bräuchte man lediglich eine gute Verkehrsverbindung, wäre Standortpolitik einfach. Zu einfach, sagt der Zürcher Architekt Martin Schneider, der das S5-Projekt geleitet hat: «Das kommt der Henne-Ei-Problematik recht nahe. Im Fall der S5-Stadt war die Linie zum einen Entwicklungsgrundlage, zum anderen aber auch Resultat des beste-
henden Potenzials», so Schneider. Eines sei aber sicher: Bessere Mobilität unterstütze die Bildung von Agglomerationen. Nicht zuletzt aufgrund der Pendler. Schneider sagt: «Mobilität schafft Stabilität. Wenn beispielsweise mein Arbeitgeber umzieht, kann ich wohnen bleiben, wo ich bin.» KAMPF UM MOBILITÄT So kämpfen denn auch die Agglo-Vertreter um Mobilität. Nach dem letzten SBB-Fahrplanwechsel im Dezember beschwerte sich der Aargauer FDP-Grossrat Lukas Pfisterer, der Aargau werde von der SBB als Eisenbahn-Provinz behandelt, weil gute Direktverbindungen aufgegeben wurden. Erfolgreich waren die Kantone Aargau und Zürich mit dem anerkannten Agglomerationsprojekt der Limmattalbahn, das von beiden Kantonen und vom Bund finanziert wird. Die Limmattalbahn passierte im letzten November die Abstimmung im Kanton Zürich, wurde vom betroffenen Bezirk jedoch abgelehnt. Von Seiten des SVP-Vertreters Hans Geiger hiess es: «Wir wollen nicht noch mehr Menschen und Verkehr im Limmattal.» Derlei Gegenstimmen hatte es auch im Vorfeld des Baus der Glattalbahn gegeben – dennoch wurde sie gebaut und hat sich gelohnt. Jeder in die Glattalbahn investierte Franken der öffentlichen Hand soll 25 Franken Investitionen von Privaten ausgelöst haben. VERDICHTEN STATT DICHTESTRESS Aber hat Geiger Recht und droht der ultimative Dichtestress in den Agglos? Die Experten winken ab. Allein in der Stadt New York käme die komplette Schweizer Bevölkerung
auf rund zwei Dritteln der Fläche des Kantons Zürich unter. Marco Pütz sagt: «Wir haben stattdessen ein Zersiedelungsproblem, da die Gemeinden zu viele Bauzonen auf der grünen Wiese entwickelt und zu viele Ausnahmen ausserhalb der Bauzone bewilligt haben.» Dieser Zersiedelung müssen die Agglomerationen seit dem revidierten Raumplanungsgesetz von 2014 Einhalt gebieten. Die Siedlungen dürfen nur noch in den bestehenden Bauzonen wachsen. Das bedeutet eine Verdichtung nach innen, aber nicht zwingend Hochhäuser für Lenzburg und Rotkreuz. Architekt Martin Schneider sieht viele Optionen: «Dreigeschossige Wohnbauten aus der Nachkriegszeit werden etwa durch siebengeschossige ersetzt.» Eine zweite Etappe des Raumplanungsgesetzes steckt gerade noch fest, doch ein Botschaftsentwurf soll dem Bundesrat Mitte 2017 zum Entscheid vorliegen. ATTRAKTIVITÄT IM INNEREN SCHAFFEN Auch wenn es zuweilen bei der Kooperation noch harzt, ist in den Regionen und beim Bund die Rolle von Siedlungs- und Verkehrspolitik für die Agglomerationen unumstritten. Dabei dürfte letztlich gerade die Region gewinnen, die den Sog der Grossstadt nicht unterschätzt. Eine gute ÖV-Anbindung bringt Menschen in die Agglo hinein, aber auch aus der Agglo heraus. Die grossen Städte könnten leicht Potenzial entziehen. Gewappnet ist, wer sexy bleibt: Etwa innovativ mit Industriebrachen umgeht, auf einen guten Nutzungsmix achtet und clever verdichtet, statt den Landschaftsschutz der Zersiedlung zu opfern.
Wohnen und Arbeiten an einem Ort: Auf dem Suurstoffi-Areal in Risch Rotkreuz entsteht ein integriertes und verkehrsfreies Quartier, das dereinst Raum für 1500 Bewohner und über 2500 Arbeitsplätze bietet. Bild: zVg/Zug Estates AG
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EUROPA
Schweiz muss offen bleiben FRANKENSTÄRKE Schweizer Unternehmen haben sich im globalen Wettbewerb überraschend gut geschlagen. Doch Konsequenzen wie die Auslagerung von Arbeitsplätzen oder der Verkauf von unrentablen Unternehmensteilen werden jetzt erst sichtbar. INTERVIEW S T E F F E N K L A T T
D
ie Schweizer Wirtschaft macht eine Transformation durch. Industrielle Massenfertigung hat hier einen schweren Stand, sagt Andreas Gerber, Leiter des KMU-Geschäfts bei der Credit Suisse. Innovationsgetriebe Branchen hätten dagegen auch weiterhin eine Zukunft. Dazu brauche es aber auch ein Umdenken in der Politik: weniger Regulierung, weniger Populismus, mehr Flexibilität und zielführende Kompromisse.
Die Frankenstärke ist seit einem Jahr wieder ein wichtiges Thema für die Schweizer Wirtschaft. Wie sieht es bei den KMU aus, mit denen Sie zu tun haben? ANDREAS GERBER Die Schweizer KMU sind sehr robust und sehr liquide. Die Jahresresultate, die wir gesehen haben, zeigen ein überraschend positives Bild. Jedoch sind die Konsequenzen für den Produktionsstandort Schweiz jetzt sichtbar. Wenn wir in der Industrie und in der Fertigung bisher 10 000 Arbeitsplätze verloren haben, dann wird sich die Situation in den kommenden Monaten noch akzentuieren. Die Auslagerung von Arbeitsplätzen oder der Verkauf von Teilen, die nicht mehr rentabel betrieben werden können, beginnt eigentlich erst jetzt. Die Unternehmen packen die Herausforderung an, treffen jedoch auch ungemütliche Entscheidungen: Sie werden vermehrt auslagern, Preise noch härter verhandeln, Bereiche verkaufen oder aber auf Automatisation und Innovation setzen. Die Frage ist aber, was diese Entwicklung für den Werkplatz Schweiz bedeutet. Und da bin ich nicht so optimistisch. Die Kostendifferenz allein zu Deutschland beträgt 20 bis 25 Prozent. In der Schweiz dürften ganze Berufsbilder gefährdet sein. Das heisst, die Zahlen der Schweizer Unternehmen bleiben gut, aber gearbeitet wird anderswo? Genau. Wenn immer mehr Produktionsjobs ins Ausland verlagert werden, könnte dies hierzulande soziale Folgen haben, denn 16
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damit gehen oft repetitive Tätigkeiten für in der Regel eher mässig Ausgebildete verloren: Welche Perspektiven haben diese Leute? Bundesrat Schneider-Ammann und andere sprechen von einer schleichenden Deindustrialisierung. Trifft das zu? Das ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Aber die industrielle Fertigung hat in der Schweiz einen sehr schweren Stand. Wenn sie keine klare Differenzierung im Produkt, im entsprechenden Verfahren oder der Dienstleistung haben, sind Schweizer Hersteller zu teuer. Daher kann ich die Aussage sehr gut nachvollziehen, auch wenn man die Deindustrialisierung heute noch nicht sieht. Denken Sie aber zum Beispiel an den Stellenabbau bei Alstom: Wir werden im Laufe des Jahres mit grosser Wahrscheinlichkeit noch weitere solche Beispiele sehen. Andere Unternehmen wie etwa Roche investieren. Welche Branchen sind von einem Abbau betroffen, welche weniger? In Industrien wie der Pharmabranche mit ihren Innovationen und der hohen Wertschöpfung sind Schweizer Qualitäten gefragt. Dort profitieren wir auch vom hohen Ausbildungsniveau der Schweiz. Dagegen verlieren wir laufend an Wettbewerbsfähigkeit, wo mechanische Fertigung und Massenproduktion zusammenkommen. Das ist nicht erst seit einem Jahr so. Wir haben ein hohes Lohnniveau. Hinzu kommt eine Regulierungsdichte etwa bei den Bauvorschriften. In Osteuropa zum Beispiel sind sowohl die Löhne niedriger als auch das Regulierungsniveau. Müssen sich die Politiker an der Nase fassen, die heute die Deindustrialisierung beklagen? Es braucht Regulierung, keine Frage. Aber wir haben heute einen Trend zur Überregulierung. Dahinter steht die Idee, dass Probleme mit neuen Regeln gelöst werden können. So ist es aber nicht. Jede neue Regel schafft neue Probleme. Die Politik muss den
Mut haben, auf Regulierung zu verzichten und Regulierung auch wieder abzuschaffen. Die Schweiz ist bisher erfolgreich gewesen dank wenig Regulierung, viel Vertrauen und gesundem Menschenverstand. Wo sehen Sie Beispiele für die Überregulierung? Nehmen Sie das Arbeitsrecht, in dem die Schweiz lange vorbildlich gewesen ist und auf Flexibilität gesetzt hat. Es geht auch um die Prüfungsdauer und den Umfang der Prüfung für Gesuche hinsichtlich baulicher Investitionen. Wir dürfen die Unternehmerfreundlichkeit über eine zunehmende Regulierung auf dem Werkplatz Schweiz nicht weiter einschränken. Die industrielle Fertigung leidet in der Schweiz. Wächst auch anderes nach? Wir haben heute sicher ein besseres Umfeld für junge Menschen, die ihren Traum vom Unternehmertum verwirklichen wollen. Ich denke an die Eidgenössische Technische Hochschule in Lausanne, an den Jurasüdfuss, wo es viele Spezialisten für die Präzisionstechnik gibt und ich denke an den Technopark an der ETH in Zürich. Aber mir geht das persönlich zu wenig schnell. Das zeigt sich auch beim geplanten Innovationspark in Dübendorf: Dort steht noch nichts, obwohl die wirtschaftliche und gesellschaftliche Dynamik laufend zunimmt. Politik und Wirtschaft machen dort zu wenig Tempo. Das könnte eine Art Silicon Valley der Schweiz sein, wo innovative Leute zusammenkommen und Innovationen entwickeln, die Geld anziehen.
Foto: zVg
Solche Leuchttürme sind das eine. Das Wachstum vollzieht sich aber vor allem in den tausenden KMU. Wie sieht es dort aus? In einigen Branchen wie IT, Pharma oder Healthcare passiert viel. Diese Branchen sind vor allem in den urbanen Zentren angesiedelt. Es ist auch nicht so, dass die gut ausgebildeten Leute in der Schweiz keine Stelle finden würden – im Gegenteil. Es findet eine Transformation hin zu mehr Dienstleistung, Forschung und Entwicklung statt. Aber zum Erfolgsrezept gehört auch die Industrie – und gerade da leiden die Firmen. Vergessen Sie auch nicht: Neue Firmen und neue Stellen wachsen nur langsam heran. Viele Startups
scheitern wieder. Und wenn neue Stellen aufgebaut werden, dann hilft das nicht unbedingt denen, die in der Industrie ihre Arbeit verloren haben. Wiederholen sich damit die 90er-Jahre, als fast die ganze Textilindustrie nach Osteuropa verlagert wurde? Interessant, dass Sie das Beispiel nennen. Ich komme aus der Textilindustrie und habe das damals hautnah erlebt. Ich hoffe nicht, dass es so weit kommt. Eine fast vollständige Auslagerung der industriellen Fertigung wäre der schlimmste anzunehmende Fall. Ein Land kann nicht allein mit Dienstleistungen Erfolg haben. Droht das der Schweiz? Wir haben gute Karten in der Hand, dass die Entwicklung und das Management in der Schweiz bleiben. Die Schweiz hat viele innovative Unternehmen und Unternehmer. Wenn es dann vom Prototyp in die Massenproduktion geht, dann geht das in der Schweiz nur hochautomatisiert – sonst muss man ins Ausland gehen. Wie wichtig sind Automatisierung und Innovation für die Schweiz? Sie sind hochrelevant. Wenn die Schweizer Industrie aufhört, innovativ zu sein, und aufhört, ihre Prozesse zu optimieren – bis hin zur Automatisierung –, dann wird sie aufhören zu bestehen. Was wir heute sehen, eine konkurrenzfähige Industrielandschaft, ist ein Ergebnis von Innovation und einer laufenden Erhöhung der Effizienz. Überlebt die Schweizer Industrie also dank einer Innovationskultur? Das ist ja das Erstaunliche an der Schweizer Industrie: Hier gibt es viele Unternehmen, die Weltmarktführer in ihrem Bereich sind. Die Unternehmer sind ständig damit beschäftigt, bessere Lösungen zu finden. Diese Offenheit, auch für ZUR PERSON Andreas Gerber ist Leiter des KMU-Geschäfts Schweiz der Credit Suisse. Gerber, der an der Fachhochschule Bern und an der Swiss Banking School in Zürich studiert hat, ist seit über 25 Jahren für die Credit Suisse tätig. Am Europa Forum Luzern am 2. Mai wird er über den Euro und die Herausforderungen für die KMU referieren.
andere Kulturen, ist ein Kennzeichen von Unternehmern in der Schweiz. Das muss man pflegen. Ist diese Offenheit heute gefährdet? Man darf nicht vergessen, dass viele der Unternehmen in der Schweiz von Ausländern gegründet worden sind, denken Sie zum Beispiel an Nestlé und ABB. Die Gründer kamen in dieses sehr liberale Land, um ihre Ideen zu verwirklichen. Heute sehe ich zwei Tendenzen: Auf der einen Seite gibt es Ängste, dass die Schweiz in der Abhängigkeit vom Ausland Werte verliert. Auf der anderen Seite gibt es das Wissen, dass die Offenheit eine Stärke der Schweiz ist. In den Abstimmungen halten sich die «ängstliche Schweiz» und die «offene Schweiz» die Waage. Wie kommt man aus diesem Patt heraus? Man muss mehr miteinander sprechen, mehr Verständnis füreinander aufbringen, weniger in Extremvarianten und weniger populistisch denken. Es braucht gute, zielgerichtete Kompromisse. In der kleinen Schweiz ist das möglich. Lieber weniger politische Entscheidungen, die dann aber richtig umgesetzt werden. Ich persönlich vermisse auch einen strategischen Plan für die Schweiz. Sie haben von einer Transformation der Schweizer Wirtschaft gesprochen. Sehen Sie das auch in Ihrer Geschäftstätigkeit? Die Schweiz hat nie eine Kreditknappheit gehabt, anders als die Länder um uns herum. Wir haben einen starken Konkurrenzkampf in der Kreditwirtschaft. Das ist gut für die Unternehmen. Die Unternehmen haben in den letzten Jahren sehr viel Liquidität geschaffen, um ihre Unabhängigkeit zu sichern. Die Kreditvergabe wächst langsam, aber kontinuierlich. Und Stabilität bei den Krediten heisst Stagnation. Die Credit Suisse Schweiz wird ein eigenes Unternehmen werden. Was ändert sich für die Unternehmen, Ihre Kunden? Wir haben heute schon einen starken Fokus auf die Schweiz. Das wird bisher manchmal unterschätzt. Mit einer eigenen Rechtseinheit können wir uns noch mehr auf die Schweiz konzentrieren. Die Bedeutung der Schweizer Wirtschaft für die Credit Suisse wächst und das ist gut für die Unternehmen. Gleichzeitig wird die neue Rechtseinheit Credit Suisse (Schweiz) AG den Kunden die gleichen hochqualitativen Dienstleistungen, das gesamte Produktangebot und die umfassende Kompetenz unserer globalen Bank zugänglich machen. Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung 17
EXPORT
Freihandelszone Pazifik TRANSPAZIFISCHE PARTNERSCHAFT TTP Das Freihandelsabkommen zwischen den USA und den wichtigsten Pazifik-Anrainern ist unterschrieben. Es schafft die grösste Freihandelszone der Welt. Aber noch muss es von den Teilnehmerländern ratifiziert werden. Der Widerstand ist gross, besonders in den USA. TEXT J O H N D Y E R , B O S T O N
Kanada
USA Japan
China Mexiko
Vietnam
TPP IN ZAHLEN Malaysia Brunei
Singapur
Australien Neuseeland
Die zwölf TPP-Staaten haben ein gemeinsames Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 28 Billionen Dollar (27.9 Billionen Franken), wie das Peterson Institut für Weltwirtschaft in Washington angibt. Die jährlichen Einnahmen der USA steigen durch TPP dementsprechend um 131 Milliarden Dollar oder 0.5 Prozent des amerikanischen BIP. Die USA profitieren laut Peterson Institut am meisten, allerdings würden pro Jahr 53700 Arbeitsplätze durch die Konkurrenz mit Billiglohnländern wie Vietnam verloren gehen. Die Entlassenen kämen aber woanders unter, möglicherweise mit verändertem Einkommen. Zu den zwölf TTP-Staaten gehören Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur, die USA und Vietnam.
Peru
Chile
Mit der TPP würde ein Wirtschaftsblock geschaffen, der den Einfluss Pekings in der Pazifikregion zurückzudrängen vermag.
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as Abkommen über die Transpazifische Partnerschaft TPP ist auf gutem Weg. Die USA und elf andere asiatische und südamerikanische Staaten am Pazifik haben Anfang Februar das Freihandelsabkommen im neuseeländischen Auckland unterschrieben. Es umfasst 40 Prozent der Weltwirtschaft, auch wenn China nicht dabei ist. Die USA wollten das so, um den Einfluss Pekings in der Pazifikregion zurückzudrängen.
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Ob und wann TPP in Kraft treten wird, ist allerdings offen. Denn vor allem in den USA, dem wichtigsten Partner, gibt es Widerstand aus allen Kongressparteien. Die Ratifizierung könnte bis nach der Präsidentschaftswahl im November verschleppt werden. CHINA AUSBREMSEN Präsident Barack Obama bemühte sich in einer nach der Unterzeichnung veröffentlichten Erklärung, die Vorteile von TPP
Infografik: Silvan Buholzer
herauszustreichen. «Gegenwärtig untergraben die Regeln des globalen Handels zu oft unsere Werte und bringen Nachteile für unsere Arbeiter und unsere Wirtschaft», sagte Obama, der TPP gern als einen Meilenstein in der Erfolgsgeschichte seiner Präsidentschaft sehen würde. «TPP wird das ändern. Es beseitigt mehr als 18000 Steuern und Abgaben, die verschiedene Länder auf Produkte Made in America erheben.» TPP schaffe einen Wirtschaftsblock, der sich
der Herausforderung durch die Dominanz Chinas in der Region stelle. «TPP erlaubt Amerika – und nicht Ländern wie China – die Regeln auf der Strasse in das 21. Jahrhundert zu schreiben.» Für eine dynamische Region wie den asiatisch-pazifischen Raum sei das besonders wichtig. KRITIK VON RECHTS UND LINKS In den Vereinigten Staaten aber scheinen die Kritiker in der Mehrheit zu sein. «Die Unterzeichnung von TPP ist Theater und die Schauspieler sind nicht sehr überzeugend», kommentierte Evan Greer von der parteiunabhängigen Denkfabrik «Fight for the Future». Jeder wisse, dass die wahre Auseinandersetzung erst im US-Kongress stattfinden wird, «wo es entschiedene Opposition beider Parteien gegen dieses unpopuläre und undemokratische Abkommen gibt.» Die politische Rechte sieht durch TPP Amerikas Souveränität untergraben, weil internationalen Bürokraten zu viel Mitspracherecht in der US-Wirtschaft eingeräumt wird. «Unsere Führer haben schreckliche Abkommen ausgehandelt, die das Land ausbluten lassen», sagte Donald Trump, Bewerber um die republikanische Präsidentschaftskandidatur. TPP sei ein schrecklich einseitiger Vertrag, der andere Länder auf Kosten der USA reich mache. Die politische Linke, die sich normalerweise so weit wie möglich von Trump distanziert, hat diese Worte aufgegriffen. «Die TPP ist die Fortführung unserer katastrophalen Handelspolitik, die Industriestädte überall in diesem Land zerstört hat», schrieb Senator Bernie Sanders, der gerne als Kandidat der Demokraten bei der Präsidentschaftswahl am 8. November ins Rennen gehen möchte. Linke Kritiker wie Sanders bemängeln, dass das Abkommen den Unternehmen zu viel Macht gebe, den Arbeitnehmern schade und zu wenig Schutzbestimmungen für die Arbeitswelt und die Umwelt enthalte. DER KONGRESS LÄSST SICH ZEIT Bevor die Vorwahlkampfphase für die Präsidentschaftswahl begann, sah es im Kongress so aus, als wollten die Republikaner TPP trotz der Widerstände in den eigenen Reihen durchbringen. Sie haben im Abgeordnetenhaus und im Senat die Mehrheit. Aber die Wahlerfolge von Donald Trump und Ted Cruz vom regierungskritischen Tea Party-Flügel in Iowa lassen umdenken. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mike McConnell aus Kentucky und der Sprecher des Abgeordnetenhauses Paul Ryan, Republikaner aus Wisconsin, wollen die TPP-Ratifizierung bis nach der Wahl im November hinausschieben. «Es gibt da eine Menge an Mängeln», sagte McConnell. Und es brauche Zeit, diese zu beseitigen.
Am 22. November wurde die Gründung der Wirtschaftsgemeinschaft AEC beschlossen – rund zwei Monate später trat sie in Kraft. Foto: zVg/asean.org
Südostasien rückt zusammen WIRTSCHAFTSRAUM Anfang Jahr ist der offizielle Startschuss für die südostasiatische Wirtschaftsgemeinschaft AEC gefallen. Doch bis die sich schnell entwickelnde Region ein echter Binnenmarkt wird, ist es ein weiter Weg. Zumal die teilnehmenden Länder sehr unterschiedlich strukturiert sind. TEXT F R E D E R I C S P O H R , B A N G K O K
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ür die zehn Mitglieder der ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) – Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam – ist der 31. Januar 2015 ein historisches Datum: Die südostasiatische Wirtschaftsgemeinschaft AEC (ASEAN Economic Community) tritt formal in Kraft. Seit mehr als einem Jahrzehnt haben die Staaten darauf hingearbeitet, einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu formen. MEILENSTEIN IN DER GESCHICHTE Nun ist er da – zumindest auf dem Papier. Denn faktisch ändert sich nicht viel. Unter anderem sollen länderübergreifend die Abschlüsse von acht Berufsgruppen anerkannt werden und weitere Zölle fallen, von denen es in der Region ohnehin kaum noch welche gibt. Der malaysische Regierungschef Najib Razak nennt den Beginn trotzdem einen «Meilenstein» in der Geschichte Südostasiens. Auch andere Regierungen feiern die Symbolik des Tages, denn theoretisch könnte er der Startschuss für etwas Grosses werden. Insgesamt leben in der Wirtschaftszone rund 625 Millionen Menschen. Die Wirtschaftsleistung ist schon jetzt fast so hoch wie die Grossbritanniens – allerdings mit einer jährlichen Wachstumsrate von rund fünf Prozent. Zu den Teilnehmern gehören aufstrebende Länder wie Vietnam oder die Philippinen. VIELE PROBLEME BLEIBEN Doch von einem echten Binnenmarkt sind
die Staaten noch weit entfernt. Es bleiben viele nicht-tarifäre Handelshemmnisse: Durch Produktnormen und andere Regeln schotten sich die Länder weiter ab. Das Generalsekretariat der Staatengemeinschaft listet rund 3900 dieser Hürden auf. Auch der Austausch von Dienstleistungen ist stark eingeschränkt. Noch hat jedes Land auch individuelle Handelsregelungen mit Drittstaaten. Die Deutsche Aussenhandelskammer verweist darauf, dass die AEC hauptsächlich für Produzenten vor Ort interessant sei, und weniger für Unternehmen, die Waren einfach nur exportieren wollen. Noch halten sich die Deutschen zurück: Nur etwa zwei Prozent aller deutschen Direktinvestitionen fliessen dem Beratungsunternehmen Ernst & Young zufolge in die AEC. Amerikaner und Japaner sind deutlich aktiver. STAATEN GEBEN KEINE MACHT AB Vielleicht sind die Zweifel auch berechtigt. Es wird schwierig, die noch bestehenden Barrieren zwischen den Staaten aufzubrechen. «Ohne Sanktionierungsmöglichkeiten und mangels einer schlagkräftigen Verwaltung kann die ASEAN-Staatengemeinschaft Widerstände kaum überwinden», urteilt das Beratungsunternehmen Capital Economics. Hinzu kommt, dass die Staaten höchst unterschiedlich sind: Singapur gehört zu den reichsten Staaten der Erde, Myanmar zu den ärmsten. Problematisch ist auch, dass insbesondere Indonesien, das wirtschaftlich wichtigste Land, eine traditionell protektionistische Handelspolitik verfolgt – und immer wieder auf die Bremse drückt. Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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INNOVATION
Kaum gesagt, schon gelesen SPRACHTECHNOLOGIE Die recapp IT AG hat eine Software entwickelt, die mehrsprachige Konversationen automatisch transkribiert. Im Anschluss können Dokumente nach Sprecher, Thema oder bestimmten Wörtern durchsucht werden. TEXT A N O U K A R B E N Z
David Imseng, Geschäftsführer der recapp IT AG, und sein Cloud-Dienstleister, mit dem sich jede Rede im Grossen Rat auf bestimmte Wörter durchsuchen lässt. Bild: zVg/photoval.ch
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rüh schon weckte die Spracherkennung grosse Hoffnungen. In den 1960er-Jahren begann man zum ersten Mal an Spracherkennungssystemen zu forschen. Aufgrund der begrenzten technischen Möglichkeiten blieben die Erfolge jedoch aus. Erst in den 1980er-Jahren war es auf der Grundlage von statistischen Auswertungen möglich, Homophone, also gleichlautende Wörter wie zum Beispiel «malen» und «mahlen», zu unterscheiden. Vom ersten massentaugliche Spracherkennungssystem der IBM (1993) bis zu Apples «Siri» (2010) war viel passiert: Hohe Rechenleistungen und künstliche Intelligenzen eröffneten neue Möglichkeiten, was die Verarbeitung von gesprochener Sprache, Dialogsysteme, Text Mining oder auch die automatische Übersetzung anbelangte. Sprecherunabhängige Spracherkennungssysteme machten eine Erkennung möglich, ohne dass der Sprecher zuvor mit dem Programm trainieren musste. Der Walliser David Imseng und sein Team, bestehend aus zwei Software-Entwicklern, einem Spracherkennungsspezia-
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listen und seiner Frau Erika, die Business Developer und VR-Präsidentin ist, gingen einen Schritt weiter: Sie haben eine Spracherkennungssoftware entwickelt, die das Potential hat, sich schnell an neue Sprachen und Dialekte anzupassen. Dabei kommen sie bereits mit sehr wenigen Daten aus. Ihr Startup, die recapp IT AG, gewann letztes Jahr den Language Technology Innovate Award und setzt seine Technologie seit 2013 im Grossen Rat des Kantons Wallis ein. VON REMEETING ZUR RECAPP IT AG David Imseng besitzt einen Doktor der Informatik der ETH Lausanne und gehört weltweit zu den führenden Forschern im Bereich der multilingualen Spracherkennung. Imseng forschte am Idiap, einem unabhängigen Forschungsinstitut für künstliche Intelligenz in Martigny, als das Walliser Parlament 2009 auf das Institut aufmerksam wurde. Das Parlament suchte nach einer Möglichkeit, das Abtippen der Parlamentsreden in Französisch und Deutsch zu vereinfachen. Im Rahmen eines Projektes wurde am Idiap ein funktionierender Prototyp entwickelt. David
Imseng ergriff die Chance und entwickelte den Prototypen mit dem recapp-Team zu einem Produkt weiter. Dieses wurde nach einer längeren Testphase im März 2015 offiziell im Grossen Rat eingeführt. Ein wichtiger Schritt für das Startup, das nicht so richtig vorankam: «Damals war ich etwas frustriert, weil die Technologie da und auch publik geworden war, wir aber businesstechnisch einfach nicht vom Fleck kamen.» Anfangs wollten das Team mit «ReMeeting» den Einsatz von Spracherkennung in Business Meetings vorantreiben. «Die Marktsituation im Geschäftsbereich ist jedoch schwierig. Wenige sind bereit, sich aufnehmen zu lassen», erklärt Imseng. Zudem seien Geschäftssitzungen auch technisch gesehen anspruchsvoll, da an einer Sitzung bis zu 20 Personen teilnähmen und diese einander immer wieder ins Wort fielen. Das vorgängige Ziel sei es deshalb, erst einmal Vertrauen in die Technologie zu schaffen. SEKRETÄRINNEN MÜSSEN NICHT ZITTERN Das Feedback im Grossen Rat sei sehr positiv ausgefallen. Es werde enorm viel Zeit
Rates seit 2009 auf Schlüsselwörter und Themen durchsuchen. Gibt man beispielsweise «Wolf» ein, werden sämtliche Videos aufgelistet, in denen das Wort vorkommt. In einem zweiten Schritt kann man sich das Video noch einmal anschauen oder direkt zur Stelle springen, an der vom Wolf die Rede ist. Die Videos können auch auf Facebook, Twitter und Co. geteilt respektive veröffentlicht werden: «Im letzten Herbst, als die Wahlen stattfanden, gab es innovative Abgeordnete, die ihre Reden auf Facebook geteilt haben. Damit können sie genau aufzeigen, was sie wann versprochen haben. Das sorgt für die notwendige Transparenz einer Demokratie.»
gespart: «Letztes Jahr wurde das Protokoll der November-Session zum ersten Mal vor Beginn der Dezember-Session fertig.» Man befürchtete erst, dass die Sekretärinnen argwöhnisch und mit der Software überfordert sein würden: «Ich war positiv überrascht. Einige sind ja nicht mehr die Jüngsten und für diese war das ganz schön eine Umstellung. Ich erlebte die Sekretärinnen aber als interessiert und offen gegenüber dem Programm.» Es soll ihnen das Leben erleichtern und sie nicht ersetzen. Die Tonaufnahme wird automatisch transkribiert und in einer Cloud mit privatem Zugang gespeichert. Die Transkription wird in Segmente unterteilt, welche die Sekretärin den entsprechenden Rednern zuordnet. Mit Pedalen kann sie die Tonaufnahme starten und stoppen. Im Durchschnitt muss sie eines von zehn Wörtern korrigieren. Punkte werden automatisch gesetzt, Sprachwechsel sogar innerhalb eines Satzes erkannt. Sobald sie das Dokument freigibt, kann dieses von jedem Mitglied eingesehen, bearbeitet und geteilt werden. Auf der öffentlichen Webseite vs.recapp. ch lassen sich sämtliche Reden des Grossen
STOLPER- UND MEILENSTEINE Parlamente seien für recapp als Geschäftsfeld besonders interessant. Im Gegensatz zur Businesswelt seien sich Parlamentarier daran gewöhnt, ja begrüssen es sogar, aufgezeichnet zu werden. Zudem werden diese jeweils für vier Jahre gewählt – das heisst, das System hat viel Zeit, sich an den Sprecher zu gewöhnen und damit die Erkennungsrate zu steigern. Diese kann mit recapp bis zu 95 Prozent erreichen. Neben dem Wallis haben auch schon andere Kantone Interesse bekundet: «Wir sind im Gespräch mit einigen Kantonen. Das Bedürfnis ist auf jeden Fall vorhanden», so Imseng. Er fügt jedoch an: «Es ist immer eine gewisse Skepsis da. In der Regel sind sie dann aber schnell überzeugt, wenn sie sehen, dass es wirklich funktioniert.» Unterstützung erhält recapp unter anderem von der Stiftung TheArk, die Startups Arbeitsplätze und einen Coach zur Verfügung stellt. Darüber hinaus ermöglicht sie recapp den Zugang zu einem riesigen Netzwerk und damit zu Investoren. Auch im Medienbereich und im Justizwesen sind Pilotprojekte im Gang: Im Bereich Medien wird recapp zusammen mit anderen Partnern aus der Industrie und dem Forschungsinstitut Idiap an einem Projekt, das von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) getragen wird, arbeiten. Das Ziel des Projekts ist das Auffinden von Schlüsselwörtern in Audio- und Videoaufnahmen in Schweizer Dialekt. In einem anderen Projekt sollen polizeiliche Einvernahmen transkribiert werden. Datenschutzrichtlinien und andere Regulierungen erschweren jedoch oftmals die Arbeit in diesem Bereich. GRENZEN DER SPRACHERKENNUNG Die sprecherunabhängige Spracherkennung erreicht dann ihr Limit, wenn stets neue Wörter gebraucht werden, die das Wörterbuch noch nicht kennt. Diese können zwar laufend hinzugefügt werden, was jedoch wenig
nützt, wenn sie nur einmalig vorkommen. Neben der Größe des Wörterbuches spielt auch die Qualität der akustischen Aufnahme eine entscheidende Rolle. Die Erkennungsgenauigkeit ist höher, wenn das Mikrofon direkt vor dem Mund angebracht ist. Recapp arbeitet momentan daran, dass trotz Distanz zum Mikrofon eine Erkennung stattfindet. Eine andere Herausforderung sind die Dialekte: «Es geht bei der Spracherkennung immer darum, wie viele Daten man zur Verfügung hat, um das System zu trainieren. Der Dialekt ist eine Knacknuss, weil es keine standardisierte Schreibform und daher auch nicht viele Daten gibt.» Da viele andere Parlamente in der Schweiz, wie beispielsweise im Kanton Bern oder Zürich, in Mundart debattierten, sei dies ein Problem, das recapp unbedingt noch dieses Jahr lösen wolle. Partner des KTI Projektes seien dabei eine grosse Hilfe, da sie die nötigen Daten dazu liefern können. Im kommenden März will das Startup eine neue Version herausbringen, die insbesondere in Bezug auf die Präsentation des Spracherkennungsoutputs eine Verbesserung darstellen soll – zum Beispiel, wenn es um das automatische Setzen von Satzzeichen und Paragraphen geht. TELEFONGESPRÄCHE SPEICHERN UND VERWALTEN Imsengs Interesse für die Sprachtechnologie erwachte während seines Studiums: «Ich fand es sehr interessant, dass man in ein Telefon spricht und das Gesagte in einem anderen Medium und vielleicht sogar in einer anderen Sprache wieder herauskommt.» Den Schritt in die maschinelle Übersetzung traut sich recapp selbst noch nicht zu: «Eine Fehlübersetzung kann schnell Reklamationen mit sich bringen. Da betreibt man ein Feld, wo ein Mensch gebraucht wird, weil interpretiert werden muss.» Bevor übersetzt werden könne, müsse das Gesagte mithilfe künstlicher Intelligenz erst einmal zusammengefasst werden. David Imseng hat eine andere Vision, eine Art «Verwaltung von Telefongesprächen», ähnlich einem Emailprogramm: «Wenn ich Geschäftskontakte habe, weiss ich genau, mit wem ich was kommuniziert habe. Ich kann meine Emails in meinem Posteingang verwalten und via Suchfunktion wiederfinden. Dasselbe möchte ich mit Telefongesprächen machen können. Ich möchte diese aufnehmen, speichern und wie Emails indexieren.» Um diesen Traum wahr werden zu lassen, müsse man jedoch zuerst den Stolperstein «Dialekt» beseitigen und Geschäftsleute dazu bringen, sich aufnehmen zu lassen: «Die Leute müssen ihre Angst vor dem «Big Brother» verlieren.» Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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CLEANTECH
Erschreckend hohe Tumorraten NUKLEARKATASTROPHE Im April jährt sich der SuperGAU von Tschernobyl zum 30. Mal. Das wahre Ausmass der Katastrophe zeigt sich erst jetzt. Auch in der Natur. Der hier veröffentlichte Artikel ist ein gekürzter Auszug aus dem neuen Buch «Die strahlende Wahrheit. Vom Wesen der Atomkraft». TEXT U ND BILD U R S F I T Z E Der dänische Rauchschwalben-Spezialist Anders Møller findet an jedem zwanzigsten Vogel einen Tumor.
Die extrem hohe Strahlung an vielen Stellen in der Sperrzone verschont auch das Genom der Bäume nicht. Viele zeigen bizarre Deformationen. Bilder: zVg
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er Evolutionsbiologe Anders Pape Møller vom Centre National du Recherche Scientifique in Paris sitzt im Schatten eines Apfelbaumes, nur einen Steinwurf entfernt vom Checkpoint zur Sperrzone, die den Katastrophenreaktor von Tschernobyl mit einem Radius von 30 Kilometer umgibt. Dort kann schon ein Tippfehler in den einzureichenden Dokumenten genügen, um den Zutritt zu verweigern. Dann helfen nur noch Kaffee oder Zigaretten als Schmiermittel. Eine alte Frau radelt in Zeitlupe vorbei, ein junger Mann stellt sein plärrendes Radio auf die maximale Lautstärke, um sich dann an einem verrosteten Handwagen zu schaffen zu machen. Eine Schar Enten sucht auf einem weiten, ummauerten Hof nach Futter. Es sind die letzten Nutztiere in dieser Kolchose. Ställe, Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser, ein Verladekran, ein paar rostige Traktoren – all das ist dem Zerfall preisgegeben. RAUCHSCHWALBEN LEIDEN AN KREBS Møller reist seit 1993 jeden Sommer für ein paar Wochen nach Tschernobyl. Für den Dänen ist es ein einzigartiges Freiluftlabor. Er ist einer der weltweit führenden Experten für Rauchschwalben. Zehntausende hat er in seinem Forscherleben eingefangen, untersucht, beringt und wieder freigelassen, in der Hoffnung sie eines Tages wieder zu sehen, um Rückschlüsse auf ihre Entwicklung zu ziehen. Rauchschwalben legen zwi-
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schen ihren Sommer- und Winterquartieren Zehntausende Kilometer zurück. Sie sind typische Kulturfolger. In Viehställen nisten sie besonders gerne, denn dort findet sich ihre Leibspeise, kleine Fluginsekten, zuhauf. Die Vögel mit den an einen Frack erinnernden, langen Schwanzfedern sind mit rund 20 Gramm wahre Fliegengewichte, pfeilschnell und wendig. Møller fängt sie mit einem handelsüblichen Fischernetz, das er vor den offenen Eingang eines verlassenen Stalles spannt. In dem Gebäude, wo einst Hunderte Kühe gehalten wurden, nisten sie. Mit ruhiger Hand befreit er die zierlichen, im Netz hängengebliebenen Vögel aus ihrer ungemütlichen Lage und steckt sie in Stoffsäcklein. Unter dem Apfelbaum werden Møller und sein Mitarbeiter zu Erbsenzählern. Es gilt, eine ganze Reihe von Parametern, vom Geschlecht über Gewicht bis zur Schwanzlänge, zu erfassen und auf ein Formular zu übertragen. An einem Vogel lässt sich eine stecknadelgrosse Kugel am Bauch ertasten: Ein Tumor. «Ich habe in Dänemark Zehntausende Rauchschwalben untersucht und dabei keinen einzigen Tumor gefunden. Hier leidet einer von 20 Vögeln an solchen Geschwülsten.» Diese extrem hohe Tumorrate ist eines einer ganzen Reihe von Indizien, die nur einen Schluss zulassen: Die radioaktive Strahlung setzt den Rauchschwalben in einem erschreckenden Ausmass zu. Etwa bei der Fruchtbarkeit der Männchen: Je höher die Strahlung, desto geringer die Zeugungsfähigkeit der Männchen. Schon bei mittleren Strahlendosen sind viele unfruchtbar. Sichtbare Zeichen der Strahlenschäden sind Verfärbungen des Federkleides und deformierte Schwanzfedern. ARTENVIELFALT IST GESCHRUMPFT Sein Forscherkollege, der Biologe Tymothy Mousseau von der Universität South Carolina in Columbia in den USA, hatte Ende der 90er-Jahre aus wissenschaftlichem Interesse in Tschernobyl kleinere Studien zu den Folgen der Verstrahlung gemacht. «In den am BUCH ZUR ATOMKRAFT Der (gekürzte) Beitrag stammt aus dem Buch «Die strahlende Wahrheit. Vom Wesen der Atomkraft» der Autoren Martin Arnold und Urs Fitze. Es behandelt neben den atomaren Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima auch die Risiken atomarer Strahlung, die Wirtschaftlichkeit von Atomkraftwerken, deren Rückbau und die Endlagerung atomarer Abfälle und wirft einen Blick in die Energiezukunft. Das Buch ist im Verlag Rüffer und Rub erschienen und kostet 37.90 Franken.
In der 30 Kilometer-Sperrzone rund um das AKW Tschernobyl wachsen Bäume aus und über den verlassenen Häusern. 120 000 Menschen wurden umgesiedelt.
stärksten kontaminierten Gebieten gab es viel weniger Kleinnager, man hörte kaum Vogelstimmen und man sah keine Spinnennetze. Wir wollten herausfinden, ob das nur dort so ist. Und so haben wir ein Beobachtungsnetz aufgezogen, das auch weniger oder gar nicht kontaminierte Areale in der Sperrzone erfasst, um Vergleiche anstellen zu können.» Die Resultate seien eindeutig gewesen, sagt Mousseau: «Die Artenvielfalt der Vögel hat sich in den stark kontaminierten Gebieten halbiert, deren Zahl ist auf ein Drittel geschrumpft.» Doch schon bei deutlich niedrigerer Strahlung, im Bereich jener, die für Angestellte in Atomkraftwerken noch als zulässig erachtet wird, sind die Rückgänge hoch. Betroffen seien alle Lebewesen. Als er vor zehn Jahren ausserhalb der Sperrzone nach Fruchtfliegen gesucht habe, sei er kaum fündig geworden. Dann habe es ihm gedämmert. Nicht nur die Fruchtfliegen waren weg, es gab auch kaum mehr Früchte, kaum Bienen oder Schmetterlinge. Und je tiefer wir in die Materie eintauchen, desto eindeutiger wird dieses Bild, sei es bei Pflanzen oder Tieren: Je höher die Strahlung, desto häufiger sind genetische Schäden, Missbildungen, verringerte Fruchtbarkeit, niedrigere Lebenserwartung, geringere Populationen und Artenvielfalt. Viele Arten sind ganz verschwunden. Die Mutationen werden vererbt, und es sieht danach aus, dass sie sich nicht nur über die Generationen anhäufen, sondern auch in Popula-
tionen ausserhalb der Sperrzone auftreten. Nicht alle Lebewesen leiden in gleichem Ausmass. Einige erweisen sich als deutlich anpassungsfähiger, und es ist nicht auszuschliessen, dass sie sich allmählich durchsetzen werden. Es wäre ein vom Menschen verursachter Selektionsprozess. Es könnte erst der Anfang gewesen sein. Denn strahlungsbedingte Mutationen entfalten ihre Wirkung noch über viele Generationen. FOLGEN DER VERSTRAHLUNG WERDEN UNTERSCHÄTZT Die Arbeit von Mousseau und seinen Forscherkollegen aus aller Welt ist ständig auf der Kippe, weil die Finanzierung jedes Jahr aufs Neue zur Gratwanderung wird. «Dabei sind unsere Resultate eindeutig. Die Folgen der Verstrahlung werden unterschätzt. Bei Pflanzen, Tieren und wohl auch beim Menschen.» Timothy Mousseau sagt: «Die Tiere in der Sperrzone trinken nicht. Sie nehmen keine Drogen. Sie werden auch nicht arbeitslos. Krank sind sie trotzdem, und es beginnt schon bei niedrigen Strahlungsdosen. Es gibt keinen Grund, warum Menschen weniger betroffen sein sollten.» Doch eigentlich könne das niemanden überraschen, meint Anders Møller resignierend. «Seit Madame Curie wissen wir ja, dass radioaktive Strahlung gefährlich ist. Doch niemand will davon hören. Ich hätte gescheiter meinen Vorsatz, die Krim zu besuchen, umgesetzt. Dafür ist es jetzt zu spät.» Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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Schrauben auf hohem Niveau JUGENDARBEITSLOSIGKEIT Berufserfahrung, Soft Skills und die Generation Praktikum – welche Zusammenhänge sich hinter den nackten Arbeitslosenzahlen verbergen, erklärt Dr. Ursula Renold, Leiterin des KOF-Forschungsbereichs «Bildungssysteme», im Interview. INTERVIEW A N O U K A R B E N Z U N D D E L I A B A C H M A N N
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ie Jugendarbeitslosigkeit in der Schweiz erscheint rekordtief: Gerade einmal 3.4 Prozent der Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 24 war im Jahr 2013 arbeitslos. Zumindest legen dies die Erhebungen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) nahe. Demgegenüber bezifferte die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) die Schweizer Jugendarbeitslosigkeit im selben Jahr auf 8.6 Prozent – und damit auf mehr als das Doppelte. Grund für diese Diskrepanz sind die unterschiedlichen Messungen von Arbeitslosigkeit. So werden gemäss der nationalen Definition des SECO nur jene Arbeitslosen von der Statistik erfasst, die sich bei einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) angemeldet haben. Aussagekräftiger sind Indices wie der Jugendarbeitsmarktindex der Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF). Dieser erlaubt eine differenzierte Betrachtung der komplexen Situation von Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt. Mit einem Wert von 5.66 im Jahr 2013 ist die Schweiz unter den 178 erfassten Ländern Spitzenreiterin – das Index-Maximum liegt bei 7. Verbesserungspotential gibt es dennoch. So wurde 2013 eine Tendenz zu «atypischen Arbeitszeiten» und «armutsgefährdeten Beschäftigten» festgestellt.
Die Arbeitslosenquote der 15 bis 24-Jährigen liegt seit 2002 über dem Bevölkerungsdurchschnitt und deutlich über der Arbeitslosenquote bei den über 50-Jährigen. Woran liegt das? URSULA RENOLD Auf dem Arbeitsmarkt kann man nachweisen, dass in den letzten Jahrzehnten die Erfahrung immer wichtiger geworden ist. Wer also noch gar keine Erfahrungen in der realen Arbeitswelt hat, braucht mehr Einarbeitungszeit, was für die Betriebe immer ein Aufwand bedeutet. Gerade Jugendliche, die «nur» eine schulische Ausbildung gemacht haben, also nie für Geld gearbeitet haben, müssen erst betrieb24
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Foto: zVg
unbefristete Stellen. Auch in der Schweiz ist es schwieriger geworden. Dies ist beim Jugendarbeitslosigkeitsindex am Indikator «temporary worker rate» abzulesen, der sich auf befristete Arbeitsverträge bezieht. Dieser Wert hat sich verschlechtert. Wir vermuten, dass dies damit zu tun hat, dass von Hochschulabsolventen immer mehr Praktika verlangt werden. Bei der dualen Berufslehre ist das etwas anders, weil die Lehrabgänger schon in einem Betrieb gearbeitet haben. Aber auch dort gibt es abhängig von der Konjunktur Wartezeiten, bis sie einen Job finden. ZUR PERSON Ursula Renold studierte nach einer Berufslehre auf dem zweiten Bildungsweg Geschichte, Volkswirtschaft und Soziologie und promovierte 1998. Sie war Oberassistentin am Institut für Verhaltenswissenschaften der ETHZ und hatte verschiedene Führungsfunktionen inne, unter anderem als Direktorin des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie (BBT). Seit April 2013 leitet Renold den Forschungsbereich Bildungssysteme an der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich und ist Präsidentin des Fachhochschulrates der FHNW.
lich sozialisiert und eingeführt werden. Dass die Arbeitslosenquote bei den Jugendlichen über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegt, ist aber nichts Atypisches und in anderen Ländern noch viel extremer. Im öffentlichen Diskurs steht die Arbeitslosigkeit der über 50-Jährigen stärker im Fokus. Warum? In einer Studie haben wir analysiert, wer das grösste Risiko hat, arbeitslos zu werden. Das sind nicht die über 50-Jährigen, sondern die Jungen. Das zeigen verschiedene Studien. In Deutschland beispielsweise ist vor etwa zehn Jahren die «Generation P» – die Generation Praktikum – aufgekommen. Wenn man ein Studium absolviert hat, findet man heutzutage in der Regel kaum mehr reguläre,
Die Anzahl der Praktikanten hat sich zwischen 2004 und 2014 von 0.7 auf 1.4 Prozent aller Angestellten verdoppelt. Warum erhält die Generation Praktikum trotz langer Ausbildung keine Festanstellung? Darüber gibt es für die Schweiz bis jetzt keine Studie. Was wir aber aus den Studien, die sich mit dieser «Generation P» vor allem im Ausland beschäftigen, herauslesen können, ist, dass die Hochschulabsolventen sehr gute kognitive Fähigkeiten haben, aber keine praktische Erfahrung. Vielleicht haben sie manchmal auch die Erwartung, dass sie gleich nach dem Studium starten können, der Betrieb aber sagt: Das sind Berufseinsteiger, die verstehen noch gar nicht, was da läuft bei uns. De facto macht man eine innerbetriebliche Ausbildung. Man weiss zudem, dass Soft Skills im Verhältnis zur Fachkompetenz wichtiger werden. Letztere hat ja auch eine Verfallszeit, wobei das bei jedem Beruf etwas anders ist. Bei den Soft Skills gibt es verschiedene Ausprägungen. Beispielsweise: Diskretion, Teamarbeit, Resilienz, Arbeiten unter Zeitdruck, Flexibilität etc. In einer Studie haben wir herausgefunden, dass 17 von 20 Ausprägungen nicht oder ungenügend in den Schulen vermittelt werden. Welche Berufe oder Branchen weisen besonders viele arbeitslose Jugendliche auf? Die Berufslernenden sind nicht am meis-
DIE JUGENDARBEITSLOSIGKEIT IM LÄNDERVERGLEICH Die Situation der Schweizer Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt verglichen mit jener von Spanien, Deutschland und der EU 28. Höhere Werte sind weiter entfernt vom Zentrum der Grafik und bedeuten einen vorteilhafteren Zustand.
BESCHÄFTIGUNGSSTATUS Langzeitarbeitslosenrate (Long-Term Unemployment Rate
Arbeitslosenrate («Unemployment Rate») Erweiterte Arbeitslosenrate («Relaxed Unemployment Rate»)
LEICHTIGKEIT DES ARBEITSMARKTEINTRITTS
Rate der Jugendlichen, welche weder beschäftigt noch in Ausbildung sind («NEET Rate»)
Relative Arbeitslosenrate («Relative Unemployment Rate»)
Rate der Fähigkeiten, welche die Arbeitsmarktbedürfnisse nicht erfüllen («Skills Mismatch Rate»)
Rate der befristeten Arbeitsverträge < 18 Monate («Temporary Worker Rate»)
BILDUNGSSYSTEM
Rate der unfreiwillig Teilzeitarbeitenden («Involuntary Part-Time Worker Rate»)
Jugendliche in formalen Bildungsgängen («Formal Education and Training Rate)
Rate der Arbeitsverhältnisse mit geringem Rechtsschutz («Vulnerable Employment Rate»)
Rate der jungen Beschäftigten an der Armutsgrenze («In Work at Risk of Poverty Rate»)
Rate der jungen Beschäftigten mit atypischen Arbeitszeiten («Atypical Working Hours Rate»)
ARBEITSQUALITÄT
–– Schweiz –– Deutschland –– EU –– Spanien Grafikquelle: zVg (2013)/Bildquelle: Depositphotos.com/sannie3
DIE 12 INDIKATOREN DES KOF JUGENDARBEITSMARKTINDEXES Der vieldimensionale Ansatz des KOF Jugendarbeitsmarktindexes macht eine umfassende Beschreibung der Situation der Jugendlichen im Alter von 15 bis 24 Jahren auf dem Arbeitsmarkt möglich. Er wird auf Basis der Daten der ILO, OECD und EUROSTAT erstellt. Die insgesamt 12 Indikatoren lassen sich den vier Dimensionen «Beschäftigungsstatus», «Arbeitsqualität», «Bildungs-
system» und «Leichtigkeit des Arbeitsmarkteintrittes» zuordnen. Die Kategorie «Beschäftigungsstatus» zeigt, ob die Jugendlichen überhaupt Arbeit haben und setzt sich aus den drei Indikatoren «Arbeitslosenrate», «Erweiterte Arbeitslosenrate» und die «Rate der Jugendlichen, die weder beschäftigt noch in Ausbildung sind» zusammen. Bei der «Erweiterten Arbeitslosenrate» werden auch die
«entmutigten Jugendlichen» berücksichtigt, die zwar arbeiten möchten, aber die Suche aufgegeben haben. Mit der «Rate der befristeten Arbeitsverträge < 18 Monate», «Rate der unfreiwillig Teilzeitarbeitenden», «Rate der jungen Beschäftigten mit atypischen Arbeitszeiten», «Rate der jungen Beschäftigten an der Armutsgrenze» sowie der «Rate der Arbeitsverhältnisse
mit geringem Rechtsschutz» stehen fünf aussagekräftige Indikatoren zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen zur Verfügung. Weil es nicht wünschenswert ist, dass alle 15 bis 24-Jährigen bereits auf dem Arbeitsmarkt sind, erfasst die Kategorie «Bildungssysteme» mit dem Indikator «Jugendliche in formalen Bildungsgängen» die Situation im Bildungsbereich. Der
Indikator «Skills Mismatch» misst, ob es für eine bestimmte Bildungsstufe auch genügend äquivalente Stellen gibt. Schliesslich werden in der Kategorie «Leichtigkeit des Arbeitsmarkteintrittes» die Indikatoren «Relative Arbeitslosenrate» – dieser setzt die Jugendarbeitslosigkeit ins Verhältnis zur Erwachsenenarbeitslosigkeit – und «Langzeitarbeitslosenrate» zusammengefasst.
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ten betroffen von Arbeitslosigkeit. Über das gesamte Leben betrachtet, ist das Risiko arbeitslos zu werden für Jugendliche mit Berufslehre geringer als für jene mit obligatorischem Schulabschluss oder Matura. Das zweimal jährlich erstellte Lehrstellenbarometer des Bundes zeigt genau auf, wo jeweils ein Über- oder Unterangebot an Lehrstellen herrscht. Dieses ist allerdings abhängig von der Konjunktur und vom Zeitpunkt der Erhebung. In Bezug auf die strukturelle Arbeitslosigkeit zeigt sich, dass vor allem Hilfskräfte und Personen mit einer tieferen Bildung gefährdet sind. Für diese müssen – in Anbetracht der digitalen Revolution – neue Lösungen gefunden werden.
tikers. Ich kann nur sagen: Wenn wir anfangen, Studienzulassungen zu regulieren, verändern wir das ganze Bildungssystem. Den Numerus Clausus gibt es in der Medizin, weil dies ein sehr teures Studium ist und man eine Eignungsprüfung machen will. Ein genereller Numerus Clausus ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll, denn dieser entwertet auch das Gymnasium. Jeder lernt drei bis vier Mal um im Leben. Wenn man motiviert ist im Studium und begreift, dass man mit 25 weitergehen muss, ist es relativ, womit man begonnen hat.
Was sind die Studienfächer, die man eher nicht wählen sollte, weil Sie auf dem Markt nicht gefragt sind? So eine Aussage kann ich nicht machen. Die Wahl Ihres Studiums hat ja mit Ihren Präferenzen zu tun. Auch bei den Berufslehren würde ich nie jemandem raten, dass er dies oder das machen sollte, weil es gerade gefragt ist. Angebot und Nachfrage funktionieren eigentlich gut in der Schweiz, da muss man nicht eingreifen. Es ist immer heikel, wenn man in die Bildung eingreift. In den 90er-Jahren, als mit dem Computer auch Informatikberufe aufgekommen sind, hatte man das Gefühl, man müsse jetzt viel mehr Informatiker ausbilden. Dann ist die Dotcom-Blase geplatzt. Bildungsplanung von der Art: «Ich rate dir jetzt, dies und das zu tun», finde ich problematisch. Ich würde eher darauf schauen, was man etwa während dem Studium unternehmen kann, damit der Übergang ins Arbeitsleben flüssiger wird.
Haben die Arbeitgeber respektive die Jugendlichen unrealistische Erwartungen? Nein, ich glaube, das ist ein generelles Problem. Der rasche Wandel in der Arbeitswelt und im Bildungsbereich sind dafür mitverantwortlich. In der allgemeinen Öffentlichkeit hört man immer wieder: «Die neue Generation bringt einfach nicht mehr die Kompetenzen mit, die wir früher hatten.» Ich finde das immer lustig, wenn das jemand sagt, weil dies schon immer gesagt wurde. Mit den faktischen Kompetenzen hat das nichts zu tun – die Jungen sind heute extrem gut gebildet – sondern mit der permanenten Veränderung. Sie mögen in manchen Bereichen nicht mehr gleich gut sein wie früher, aber sie bringen viele andere Kompetenzen mit – etwa im Technologie-Bereich. Das Abstimmen «Was können die einen, was brauchen die anderen?» ist ein schwieriger Prozess geworden. Es ist auch eine Frage des Dialogs. Heute sind etwa Soft Skills in der Arbeitswelt wichtig, dies muss den entsprechenden Bildungsinstitutionen kommuniziert werden.
Adrian Amstutz von der SVP forderte einen Numerus Clausus für Geistes- und Sozialwissenschaften. Wäre eine solche Massnahme zielführend? Ich kommentiere nie die Aussage eines Poli-
Was müsste sich seitens der Schulen und Universitäten ändern, um den Eintritt ins Berufsleben zu vereinfachen, was auf Seiten der Unternehmen? Die Schweiz ist in einer sehr komfortablen
Situation im Vergleich zu anderen Ländern und hat weltweit eines der diversifiziertesten Bildungssysteme. Wir schrauben also auf einem extrem hohen Niveau. Das heisst, die Aufgabe besteht darin, die Leute in der Lebensphase, in der sie sich befinden, ins richtige Gefäss zu bringen, damit sie sich dort entfalten und dann weitergehen können. Wenn wir jetzt den Fehler machen und wie andere Länder die Universitäten für alle öffnen, dann bringt das überhaupt niemandem etwas. Dann produzieren wir einen Mismatch wie ihn beispielsweise England oder Italien hat. Das ist für die junge Generation eine Frustration: Sie haben ein Studium bestanden, können aber nicht auf ihrem Beruf arbeiten. Ein weiterer Vorteil des Schweizer Systems ist die Durchlässigkeit – egal ob man sich für eine Lehre oder das Gymnasium entscheidet, dank Berufsmatur oder Passerellen-Prüfung kann man immer noch an die Uni, ETH, die Fachhochschule oder in die Höhere Berufsbildung. Das duale Bildungssystem in der Schweiz wurde im Zusammenhang mit der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Europa infolge der Krise immer wieder als «Exportschlager» gehandelt. Gibt es etwas, das wir von anderen Ländern lernen können? Der Bereich, in dem wir sehr schwach sind, ist die frühkindliche Erziehung. Man weiss heute, welche Vorteile es einem Menschen bringt, wenn man die Sprache früh fördert. Zudem sind wir zwar ein vielsprachiges Land, doch Englisch ist nicht unsere Nationalsprache. Angesichts der Globalisierung ist dies für Menschen in der Berufsbildung ein extremer Nachteil. Das einzuführen ist schwierig, da man in der Berufslehre nur zwei Tage pro Woche in die Schule geht. Zusätzliche Englischlektionen würden weniger Zeit im Betrieb bedeuten. Es ist also eine heikle Gratwanderung, denn die Berufslehre muss sich für den Betrieb lohnen. Anzeige
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ENERGIE
Energie sparen leicht gemacht BETRIEBSOPTIMIERUNG Der effiziente Umgang mit Energie bildet einen Schwerpunkt der bundesrätlichen Energiestrategie 2050. Effizienzsteigerungen haben den Vorteil, dass sie ohne Eingriffe in die Umwelt erfolgen. In Betrieben finden sich zahlreiche Möglichkeiten, Energie und Geld zu sparen – beispielsweise durch die Optimierung bestehender Anlagen. TEXT R A L P H B A C H O F E N
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ur selten werden Anlagen auf die aktuellen Gegebenheiten hin überprüft. So ist es durchaus üblich, dass sie seit Inbetriebnahme mit den gleichen Einstellungen betrieben werden. Anhand von drei Beispielen können überraschend einfache Einsparpotentiale für mehr Energieeffizienz aufgezeigt werden. ATTRAKTIVE SPARBEISPIELE So laufen mehrstufige Pumpen in 95 Prozent der betrachteten Fälle auf höchster Stufe, selbst wenn die Ventile im entsprechenden Strang nie zu 100 Prozent öffnen und die Pumpenstufen eingestellt werden könnten. Sparpotential gibt es auch bei den Lüftungen. Diese sind noch oft auf einen hohen Luftaustausch in Raucherräumen ausgelegt. Aufgrund des Rauchverbots in Büroräumen können die Luftmengen so reduziert werden, dass oft kleinere Motoren der neusten Energieklasse ausreichen. Drittens lassen sich auch Beleuchtungsanlagen ohne grösseren Aufwand energetisch optimieren, nicht nur durch den Einsatz moderner LED-Technik. Es lohnt sich auch zu hinterfragen, ob die vorhandene Beleuchtungsstärke in den Verkehrszonen nicht überdimensioniert ist und somit reduziert werden könnte. MONITORINGTOOL ALS HILFSMITTEL Um derartige Optimierungen sichtbar zu machen, hilft ein Energie-Monitoringtool. Es ist ein wichtiges Hilfsmittel, auch wenn nur die Hauptmessungen aufgezeichnet werden. So können ausgeführte Optimierungen überwacht und kontrolliert und gegebenenfalls wieder rückgängig gemacht werden. Es bleibt nämlich nicht aus, dass Optimierungen ihren Namen nicht verdienen und die Änderungen zu einer Erhöhung des Energiebezuges führen. Von Vorteil erweist sich sehr häufig ein externer Energieberater.
Die Energieberater bringen einen Koffer voller Ideen zur energetischen Betriebsoptimierung mit.
Dieser sieht den Betrieb unvoreingenommen und kann Prozesse und Anlagen aus einem anderen als dem betrieblichen Blickwinkel betrachten. Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem externen Berater und dem betrieblichen technischen Dienst garantiert eine konfliktfreie Diskussion über mögliche Optimierungen. Dieser neue Blick auf die eigenen Anlagen kann dem technischen Dienst helfen, das Wissen zu erhöhen und Fehlbedienungen zu vermeiden. DAS ABO-MODELL Ein Modell der externen Energieberatung betreibt der Verein energo bereits seit dem Jahr 2000 mittels sogenannten Abos. Dabei steht dem Kunden (Abo-Bezüger) neben den zertifizierten Abo-Ingenieuren auch ein Schulungsprogramm zur Weiterbildung des Personals zur Verfügung. Der technische Dienst des Kunden erfasst wöchentlich sämtliche Energiedaten und trägt sie in ein Energiemonito-
Foto: zVg
ringtool ein. Diese Informationen stehen sowohl dem externen Berater (Abo-Ingenieur) als auch dem Kunden zur Verfügung. Die wichtigsten Daten lassen sich auf einfache Weise in Monatsberichten darstellen. Sämtliche Optimierungen, welche zusammen erarbeitet wurden, erfolgen in der Regel ohne Investitionen oder mit solchen, die sich in weniger als drei Jahren bezahlt machen.
DER AUTOR Ralph Bachofen ist Projektleiter Gebäudeautomation bei der ahochn AG und zertifizierter Abo-Ingenieur der energo. ahochn ist ein Unternehmen der BKW.
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ENERGIE
Gebäudepark auf Sparflamme ENERGIEEFFIZIENZ Die Pionierarbeit von Raiffeisen Schweiz trägt Früchte. Heute nehmen bereits über ein Dutzend Geschäftsstellen am KMU-Modell der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) teil. 2014 konnte die Gruppe ihren Energieverbrauch im Gebäudepark verglichen mit dem Vorjahr um 14 Prozent senken. TEXT U ND INT ERVIE W J A N I C K T A G M A N N
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aiffeisen Schweiz ist das Dienstleistungszentrum für die rund 300 Raiffeisenbanken mit über 1 000 Geschäftsstellen. Diese sind autonom und die Eigentümer von Raiffeisen Schweiz. Mit 1 000 Gebäuden und über 1 600 Bancomaten verfügt Raiffeisen über den grössten Gebäudepark und das grösste Bancomaten-Netzwerk aller Schweizer Banken. HETEROGENE BEDÜRFNISSE Angesichts dieser Grösse ist Energieeffizienz für Sebastian Tomczyk, der im Nachhaltigkeitsteam von Raiffeisen Schweiz verantwortlich für den Umwelt- und Klimaschutz ist, ein wichtiges Thema. Um die richtigen Massnahmen zu treffen, musste der Diplomgeograf aber erst einmal wissen, wie es um den Gesamtenergieverbrauch der Gruppe bestellt ist: «Als ich 2011 anfing, Daten für die Berichterstattung der Gruppe zu sammeln, wussten wir nicht, welche Energiemenge
DAS KMU-MODELL Die Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) bietet Energie-Management für kleine und mittelgrosse Unternehmen an. Mit wenig Aufwand wird das Energieeffizienzpotenzial festgestellt und mit wirtschaftlichen Massnahmen ausgeschöpft. Der Einstieg in das KMU-Modell lohnt sich schon ab jährlichen Energiekosten von 20 000 Franken. Weitere Informationen finden Sie unter: www.enaw.ch/kmu
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eine Bank benötigt. Wir kannten zwar den Stromverbrauch, aber bereits bei der Wärmeenergie wurde es schwierig.» In einem Pilotprojekt wurde der Energieverbrauch von zehn Banken analysiert. Heute weiss man: Der Energieverbrauch der Gebäude (Strom und Heizenergie) und der Geschäftsverkehr (Auto und öffentlicher Verkehr) machen zusammen rund 80 Prozent des ökologischen Fussabdrucks der Bankengruppe aus. Um Energieeinsparungen in der Raiffeisengruppe zu realisieren, setzt Raiffeisen auf das KMU-Modell der EnAW: «Unsere 300 Banken sind dezentral aufgestellt und haben unterschiedliche Bedürfnisse. Wir können deshalb nicht als gesamte Bankengruppe bei der EnAW mitmachen.» Raiffeisen Schweiz ist daher seit 2012 Teilnehmerin im Energie-Modell der EnAW. Die einzelnen Geschäftsstellen wiederum, die teilweise sehr klein sind, werden im KMU-Modell bedient, das sich bereits ab jährlichen Energiekosten von 20 000 Franken lohnt. EnAW-Moderator Daniel Zbinden betreut zusammen mit seinem Kollegen Rudolf Anderegg die Raiffeisen Gruppe. Er sieht die Unternehmenskultur von Raiffeisen als entscheidenden Erfolgsfaktor: «Bei Raiffeisen bin ich auf offene Türen gestossen. So umsichtig, wie die Bank mit ihren Mitarbeitenden und Kunden umgeht, widmet sie sich auch dem Thema Energie.» 14 PROZENT EINGESPART Mit einer Energieeinsparung im Gebäudepark von 14 Prozent im Jahr 2014 gegenüber
dem Vorjahr ist der Bankengruppe ein grosser Sprung gelungen. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran hatte das Rechenzentrum. Durch Virtualisierung und Anhebung der Kühltemperatur im Serverraum auf 25.5 Grad Celsius konnten enorme Einsparungen erzielt werden. Tomczyk spricht in diesem Zusammenhang von einer Vorbildfunktion von Raiffeisen Schweiz für die gesamte Gruppe: «Die Teilnahme bei der EnAW hat die gesamte Gruppe für Energieeffizienz sensibilisiert. Das Thema geniesst heute einen grösseren Stellenwert, wobei man im Fall des Rechenzentrums sagen muss, dass in der IT mit Alfred Lindenmann und Thomas Zellweger in unseren Reihen auch zwei Experten am Werk sind.» GEGENSEITIGE WERTSCHÄTZUNG Die positiven Erfahrungen von Raiffeisen Schweiz sind auch den Geschäftsstellen nicht entgangen. Mittlerweile nehmen rund ein Dutzend von ihnen am KMU-Modell der EnAW teil. Zbinden betont dabei, dass nicht das Alter eines Gebäudes für potenzielle Energieeinsparungen relevant ist: «Sogar bei einem Neubau, der erst zwei Jahre in Betrieb ist, lassen sich 20 wirtschaftliche Energieeffizienzmassnahmen aufzeigen. Bei den untersuchten Raiffeisenbanken liessen sich Einsparungen von 7 bis 53 Prozent realisieren. Durchschnittlich konnte der Energieverbrauch um rund einen Viertel gesenkt werden.» Auch wenn Energiekosten im Bankgeschäft einen kleinen Kostenfaktor darstellen, zeigen die Resultate, dass Energiesparen auch Geld sparen bedeutet.
Seit 2012 nimmt Raiffeisen Schweiz am Energie-Modell der EnAW teil. Durch Virtualisierung und Anhebung der Kühltemperatur konnten im Rechenzentrum enorme Einsparungen erzielt werden. Bilder: zVg
Neben der massnahmenorientierten Vorgehensweise der EnAW sieht Tomczyk auch die Wertschätzung als Teil des Erfolgs: «Es waren einige Diskussionsrunden mit Vertretern vom Facility Management, der IT, dem
Sicherheitsdienst und Herrn Zbinden nötig. Wir mussten aufzeigen, dass wir nicht in die Tätigkeitsgebiete von Einzelnen eingreifen, sondern übergeordnete Projekte gemeinsam angehen möchten. Viele Verantwortliche
haben schon zuvor viel zur Energieeffizienz des Bankbetriebs beigetragen. Heute wird aufgrund der neuen Systematik aber auch darüber berichtet und die gegenseitige Wertschätzung ist gestiegen.»
«Raiffeisen übernimmt gesellschaftliche Verantwortung» War es schwierig, die Eigentümer von Raiffeisen Schweiz für das Thema Energieeffizienz zu begeistern? SEBASTIAN TOMCZYK Die Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) ist der ideale Berater für unsere 300 Banken in der ganzen Schweiz. Es war jedoch Überzeugungsarbeit notwendig, da jede Raiffeisenbank selbst entscheiden muss, ob es Sinn macht, bei der EnAW teilzunehmen. Wir haben daher zuerst an unserem Standort begonnen. Heute kommen, unabhängig vom
Engagement von Raiffeisen Schweiz, Banken auf mich zu, um mir die Vorteile einer Teilnahme bei der EnAW zu erläutern. Der Kreis schliesst sich also langsam aber sicher. Wie sieht die Zusammenarbeit mit Ihrem EnAW-Moderator aus? Für Raiffeisen ist die EnAW ein Anbieter mit einem schweizweit standardisierten Prozess und einem seit über zehn Jahren erprobten Produkt. EnAW-Moderator Daniel Zbinden und ich haben uns
mit verschiedenen Anspruchsgruppen in der Bank getroffen, um die Zusammenarbeit zu besprechen. Heute betreibt das Nachhaltigkeitsmanagement den Erfahrungsaustausch innerhalb der Gruppe. Kommen Sie in den Genuss von Fördermitteln für Ihr Engagement? Unsere Banken erhalten im Rahmen des KMU-Modells Förderbeiträge von Kantonen. Wobei zu ergänzen ist, dass Raiffeisen mit Mitteln aus der Rückvergütung der CO2-Ab-
gabe die Klimastiftung Schweiz unterstützt und deswegen selbst nicht an deren Förderprogrammen teilnimmt. Wir sind daher zugleich auch Sponsor der EnAW-Teilnehmer. Sind die von Ihnen umgesetzten Massnahmen auch für Ihre Bankkunden von Interesse? Raiffeisen übernimmt gesellschaftliche Verantwortung und möchte vorleben, was sie ihren KMU-Kunden empfiehlt. Energiesparen in KMU ist ein wichtiges Thema in unseren Dienstleistungen.
Sebastian Tomczyk, Verantwortlicher Umwelt- und Klimaschutz Raiffeisen Schweiz.
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GELD
Schritt über die Grenze AUSLANDIMMOBILIEN Die Renditen schweizerischer Immobilienfonds und -aktien sind im Vergleich zu den Spargeld- und Obli-Zinsen geradezu fürstlich. Doch die Luft ist eindeutig dünner geworden. Ein Ausweichen ins Ausland könnte sich deshalb auch für Privatinvestoren lohnen. TEXT F R E D Y G I L G E N
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eimat über Alles. Bei Immobilien wagen sich selbst grosse institutionelle Anleger nur mit äusserster Vorsicht über die Landesgrenzen. Nach Angaben der UBS-Immobilienexperten Elias Hafner und Thomas Veraguth machen ausländische Immobilien bei Pensionskassen gerademal zehn Prozent des gesamten Immobilienportfolios aus: «Das ist aus Diversifikationsgedanken doch eher tief», meinen die beiden Experten. Die extreme Zurückhaltung hat ihre Gründe: Direktinvestitionen im Ausland sind oft mit hohen administrativen Kosten und einem grossen Kontrollaufwand verbunden. «Und jede zweite Pensionskasse darf schon aufgrund ihres Anlagereglements nicht in ausländische Immobilien investieren», ergänzt Credit-Suisse-Sprecher Tobias Plangg. Des Weiteren lassen es unterschied-
liche Rechtssysteme und Marktgegebenheiten selbst für institutionelle Investoren sinnvoll erscheinen, im Immobilienbereich ausschliesslich auf indirekte Anlagevehikel wie Fonds oder andere Kollektivanlagen zu setzen. MEHR CHANCEN, MEHR RISIKEN Bei privaten Investoren wiegen diese Kosten noch höher, da sie kaum je auf verschiedene Objekte verteilt werden können. Schon der Erwerb einer einzigen ausländischen Mietliegenschaft übersteigt die Investitionsmöglichkeiten der meisten Privaten bei weitem. «Eine solche Investition wäre ohnehin ein Klumpenrisiko und aus steuerlichen und rechtlichen Gründen schlicht zu komplex», erklärt die Credit Suisse. Als Alternative für Privatanleger bleiben demnach kotierte Anlagen. Beispielsweise Immobilienfonds
oder -aktien. «Diese sind einfach zu handhaben, verhalten sich aber kurz- und mittelfristig recht ähnlich wie Aktien», sagt Andreas Loepfe, Geschäftsführer der unabhängigen Immobilienberatungsfirma Inreim. Die meisten ausländischen Märkte seien ohnehin weit volatiler als der Schweizer Markt. Deshalb rät er von Einzelengagements ab: «Ausländische Immobilienmärkte bieten zwar mehr Chancen, aber auch mehr Risiken», betont Loepfe. Auch Jörg Koch, Leiter der Immobilienspezialistin Pensimo Management AG, weist auf die höhere Volatilität von Auslandanlagen hin. Hinzu kämen zusätzliche Problemfelder, die es in jedem Land sorgfältig abzuklären gelte. Beispielsweise die Währungsschwankungen, die Steuerfolgen, das regulatorische Umfeld, die politische Stabilität oder die wirtschaftliche Entwicklung des Standorts.
INDIREKT IN AUSLÄNDISCHE IMMOBILIEN ANLEGEN – SO KÖNNEN AUCH PRIVATANLEGER PROFITIEREN
Weltweit tätige Fonds CS Real Estate Fund Global Franklin Global Real Estate Fund SPDR Dow J. Global Real estate Deutsche Invest I Global Real Estate AXA World Global Real Estate LGT Select Reits USD Fidelity Global Property In Europa aktive Fonds Henderson - Pan European Property Swisscanto (CH) Index Real Estate Eur. AXA World Europe Real Estate CS (Lux) European Property EF Lyxor UCITS ETF FTSE EPRA
Anbieter
Währung
Valor
Kursgewinne in Prozent 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre
Credit Suisse Franklin Templeton State DWS AXA LGT Fidelity
CHF USD USD USD USD USD USD
13985167 22470352 19440157 11597452 2688351 14822598 2397548
3.4 9.9 – 9.4 – 8.3 -10.1 – 9.9 – 12.3
5.4 35.3 25.3 25.3 21.1 20.9 19.5
n.m. 50.8 n.m. 41.2 42.1 n.m. 31.1
Henderson Swisscanot AXA Credit Suisse Lyxor
EUR EUR EUR EUR EUR
3012519 11705258 2141241 1235389 10846372
0.7 – 1.2 – 2.5 – 1.6 – 2.8
51.2 44.3 43.5 38.3 35.7
61.4 86.7 51.8 39.4 46.5
Quelle: CASH, Morningsta
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UnternehmerZeitung | Nr. 3 2016
FRANKEN SEI DANK Die vielen Hürden für den Gang über die Grenze müssen die Privatanleger vorläufig noch nicht beunruhigen. Denn das Ausland kann warten. Ähnlich wie bei den Aktien hat sich nämlich die übergrosse Heimatliebe der Immobilieninvestoren, der sogenannte Home Bias, bisher nicht nachteilig ausgewirkt. Ganz im Gegenteil: In den letzten zehn Jahren resultierte mit inländischen Immobilienanlagen eine höchst beachtliche Performance von 6.5 Prozent pro Jahr. Damit schlugen die Immobilien sogar die Aktien. Fremdgehen war bei den Immobilien in diesem Zeitraum also keine besonders gute Idee: Wegen dem starken Franken zahlte sich eine Diversifikation ins Ausland zwischen 2006 und 2015 renditemässig nicht aus. Im besten Fall war eine Kapitalerhaltung möglich. ZUNEHMENDER REIZ VON AUSLANDANLAGEN Das muss allerdings nicht so bleiben. Jede Schönwetterperiode geht bekanntlich einmal zu Ende. Wegen der stark gestiegenen Preise der direkten und indirekten Immobilienanlagen in der Schweiz, befinden sich die Renditen dieser Anlageformen seit längerer Zeit im stetigen Sinkflug. Andererseits entwickelt sich die Konjunktur in vielen europäischen Ländern und besonders auch in den USA deutlich dynamischer als in unserem Land. Nach Ansicht der UBS bieten aktuell besonders die grossen und liquidesten Märkte Europas, die in den Grossräumen London und Paris sowie in Frankfurt, Ham-
Der Grossraum Frankfurt gehört gemäss UBS zu den grossen und liquidesten Immobilienmärkten Europas. In diesen sind gegenüber der Schweiz Mehrrenditen von bis zu 150 Basispunkten möglich. Foto: Depositphotos.com/bloodua
burg, Madrid und Mailand zu finden sind, deutlich höhere Renditen als in der Schweiz. «Eine Mehrrendite von bis zu 150 Basispunkten gegenüber unserem Land ist durchaus möglich», sind die UBS-Immobilienexperten Elias Hafner und Thomas Veraguth überzeugt. Was unter dem Strich übrig bleibe, hänge aber stark davon ab, wie hoch die Kosten einer Investition im Ausland ausfielen. Privatpersonen sind mit indirekten ausländischen Immobilienanlagen gut bedient. Die Grossbank favorisiert aktuell grosskapitalisierte und defensive Immobilientitel mit Fokus auf Deutschland, Grossbritannien, die USA und Gesellschaften mit einem generellen kontinental-europäischen Fokus. Nicht zu vergessen: Die Aufwertung des Frankens lässt den Einstieg in ausländische Immobilien zurzeit als sehr günstig erscheinen. Der Wermutstropfen: Das Angebot an schweizerischen Auslandimmobilen-Fonds für Privatanleger ist noch sehr begrenzt. Auf dem Markt gibt es bisher nur zwei in Franken notierende Fonds mit Direktanlagen im Ausland: Der CS Real Estate Fund Global, der an der Schweizer Börse kotiert ist, sowie der CS Real Estate Fund International, der qualifizierten Investoren vorbehalten ist. Beide Fonds haben eine Allokation von einem Drittel in Amerika, einem Drittel in Europa sowie einem Drittel in Asien-Pazifik. Währungsrisiken werden mehrheitlich abgesichert. HÖHERES ANGEBOT ZU ERWARTEN Warum das Angebot nicht höher ist, begründet die Credit Suisse mit dem hohen Aufwand, solche Fonds umzusetzen. Nach Ansicht von Inreim-Geschäftsführer Andreas Loepfe haben zudem überrissene Vertriebsanforderungen an spezialisierte ausländische Immobilieninvestmentfirmen die global tätigen Unternehmen bisher vom schweizerischen Markt ferngehalten. Angesichts der grossen Diversifikationsvorteile, welche sich durch Immobilien im Ausland realisieren lassen, erwarten Marktbeobachter in den nächsten Jahren allerdings weitere Anbieter in diesem Marktsegment. Zu beachten: Die in unserem Land übliche Anlageform der börsenkotierten,
geschlossenen Immobilienfonds trifft man im Ausland kaum an. Offene Immobilienfonds sind weitaus verbreiteter. Diese sind aber mit Auflagen verbunden, wie zum Beispiel einer Mindesthaltedauer. In vielen Ländern gibt es dafür eine breite Palette an börsennotierten Immobiliengesellschaften beziehungsweise REITs (Real Estate Investment Trusts). Diese sind typischerweise den allgemeinen Marktschwankungen stärker ausgesetzt als Immobilienfonds, stellen aber ebenfalls effiziente Möglichkeiten dar, um an den lokalen Immobilienmärkten zu partizipieren. Interessant sind die steuerlich bevorzugten REITs, weil sie bis zu 90 Prozent ihres steuerbaren Gewinns ausschütten. DIVERSIFIKATION ALS GROSSER VORTEIL Welche Anlageform man aber auch wählt, und ob man nun im Ausland oder im Inland investiert; höchstwahrscheinlich werden die Renditen in den nächsten Jahren nicht mehr 6 Prozent erreichen, wie es in unserem Land in den letzten zehn Jahren möglich war. Sowohl die UBS als auch die Credit Suisse halten im Ausland jährliche Anlagerenditen zwischen 4.5 bis 5.5 Prozent in Schweizer Franken für realistisch. Das wären doch 0.5 bis 1 Prozent mehr, als im inländischen Immobilienmarkt drin liegt. Inreim-Geschäftsführer Andreas Loepfe warnt jedoch vor zu hohen Renditeerwartungen im Ausland: «Schweizer Investoren sollten sich kritisch fragen, weshalb ausländische Anlagen bei gleichem Risiko mehr Rendite abwerfen sollten als inländische.» Auch im Ausland gebe es Heimmärkte, denn auch dort herrsche Anlagenotstand. Trotzdem ist auch aus Loepfes Sicht der Gang über die Grenze mehr als nur empfehlenswert: «Das Hauptargument ist ganz klar die bessere Diversifikation». Die Immobilienexperten der Grossbanken stimmen dem zu: «Durch Immobilien im Ausland lassen sich in der Tat grosse Diversifikationsvorteile erzielen. Weil Liegenschaften an ihren Standort gebunden sind, spielt die Diversifikation hier sogar noch eine viel grössere Rolle als bei Aktienoder Obligationeninvestitionen.»
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GELD Bild: zVg/Klimastiftung Schweiz/Bopp AG
Bopp AG stellt Metallgewebe mit energieoptimierten Heiz- und Kühlsystemen her.
Bild: zVg/Klimastiftung Schweiz/Sedrik Nemeth
Grüne Salatproduktion: Combagro entwickelt effiziente Gewächshäuser.
Zustupf für Klimafreunde ANSCHUBSFINANZIERUNGEN «Klima schützen – KMU stärken». Entsprechend ihrem Motto stellt die Klimastiftung Schweiz 2016 rund 2.5 Millionen Franken zur Unterstützung von klimafreundlichen KMU-Projekten bereit. Bis zum 1. März können KMU mit grünen Ambitionen einen Antrag stellen. TEXT D E L I A B A C H M A N N
S
eit 2008 schreibt das CO2-Gesetz eine Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe vor. Per 1. Januar 2016 wurde diese auf 84 Franken pro Tonne CO2 erhöht. Ein Teil davon fliesst wieder in die Wirtschaft zurück, wobei insbesondere die grossen Dienstleistungsunternehmen mehr zurückerhalten, als sie bezahlt haben. Manche von ihnen wurden Partnerfirmen der 2008 gegründeten Klimastiftung Schweiz – eine privatwirtschaftliche Initiative unter Bundesaufsicht – (vgl. Kasten) und bündeln so ihre Kräfte für den Klimaschutz. Mit ihrer «Netto-Rückvergütung» speisen die Grossen den Fördertopf der gemeinnützigen Stiftung, welcher den Kleinen zugute kommt. Seit ihrer Gründung hat sie 1200 KMU mit 14 Millionen Franken unterstützt. Durch die Förderung von KMU-Projekten konnten insgesamt 400000 Tonnen CO2 vermieden und Investitionen von mindestens 30 Millionen Franken ausgelöst werden. Bei der Vergabe der Fördermittel werden drei verschiedene Arten von Massnahmen unterschieden: «Energiesparen im Betrieb», «Innovative Lösungen» und «Freiwillige Zielvereinbarungen mit dem Bund zur Steigerung der Energieeffizienz». BETRIEBLICHE ENERGIESPARMASSNAHMEN Eine klimafreundliche Pudertrocknungsund Puderkühlungsanlage brachte dem Süssigkeiten-Hersteller Hunziker eine Ener32
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DIE 28 PARTNERFIRMEN Sie stellen ihre «Netto-Rückvergütung» der Klimastiftung nach dem Motto «Von der Wirtschaft für die Wirtschaft» zur Verfügung: Allianz Suisse, Alternative Bank Schweiz, AXA Winterthur, Bank J. Safra Sarasin, Bank Vontobel, ECA, Gebäudeversicherung Bern, Gebäudeversicherung Kanton Zürich, Glarner Kantonalbank, Julius Bär, LGT, Liechtensteinische Landesbank, Man Investments, New Re, PartnerRe, Pictet & Cie, PwC, Raiffeisen Schweiz, RobecoSAM, Sanitas Krankenversicherung, SAP (Schweiz) AG, SCOR Services Switzerland AG, Swisscanto Asset Management AG, Swiss Life, Swiss Re, Vaudoise Assurances, VP Bank und XL Group. www.klimastiftung.ch
gieeinsparung von rund 600 Tonnen CO2 im Jahr. Die Davoser Jugendherberge Youthpalace vermied durch den Wechsel von Öl zu Holzpellets jährliche CO2-Emissionen von rund 175 Tonnen. Erfolgreiche Praxisbeispiele wie diese zeigen jeweils einen Weg zu einem sparsameren Verbrauch auf. Ein weitaus detaillierterer Massnahmenkatalog ist auf der Website der Energiestiftung Schweiz aufgeschaltet. Es gilt zu beachten, dass die Anträge zwingend vor der Durchführung der Massnahme eingereicht werden müssen. Der Förderbeitrag beläuft sich auf 30 Franken pro eingesparter Tonne CO2 oder 10 Franken pro eingesparter MWh Strom.
GRÜNE INNOVATIONSPROJEKTE Die Entwicklung von klimafreundlichen Produkten ist eine andere Möglichkeit, einen Beitrag an den Klimaschutz zu leisten. Innovative und grüne Produkte verbinden Vorteile wie die Reduktion des CO2-Ausstosses mit Kosteneinsparungen und entfalten im besten Fall Multiplikationseffekte, die das Klima zusätzlich schützen. In der Vergangenheit unterstützte die Energiestiftung Schweiz KMU wie CombAgro, das effiziente Gewächshäuser für die Salatproduktion entwickelte, oder die Firma Anerdgy, die mit dem WindRail Modul ein neuartiges Kraftwerk schuf, das Wind, Sonne und Druckunterschiede in Strom umwandelt. SICH SELBST ZIELE SETZEN Eine dritte Möglichkeit bietet die freiwilligeZielvereinbarung mit dem Bund. Interessierte KMU können sich dabei von zwei akkreditierten Non-Profit-Agenturen – der Energie Agentur der Wirtschaft (EnAW) und der Cleantech Agentur Schweiz (act) – bezüglich Energieeffizienz beraten lassen und gemeinsam mit diesen die Zielvereinbarung erarbeiten. Die Energiespezialisten der beiden Agenturen analysieren den Betrieb, schlagen Massnahmen vor und formulieren Verbesserungsziele. Den KMU, die diese Unterstützung in Anspruch nehmen wollen, wird 50 Prozent des Jahresbeitrags erstattet.
GELD
Geldsegen für Junggründer VENTURE CAPITAL 676 Millionen Franken in 120 Finanzierungsrunden – diese Rekordsumme wurde Schweizer Startups 2015 von in- und ausländischen Geldgebern zur Verfügung gestellt. Damit hat sich das Investitionsvolumen gegenüber 2012 mehr als verdoppelt. TEXT D E L I A B A C H M A N N
SCHWEIZER STARTUPS Investitionen 2012 2013 2014 2015
316.0* 415.3* 457.15* 675.95*
Finanzierungsrunden 61 90 92 120
(* in Millionen Franken) Der Swiss Venture Capital Report 2016 ist in voller Länge auf www.startupticker.ch abrufbar.
Rund 50 Prozent des Risikokapitals floss 2015 in die Standortkantone der ETH Lausanne und Zürich – weniger als auch schon. Im Bild: Das Rolex Learning Center der ETH Lausanne, wo die 6200 Quadratmeter grosse Bibliothek beheimatet ist. Bild: zVg/www.diapo.ch/lausanne-tourisme.ch
I
m Jahr 2012 wurde der Swiss Venture Capital Report des Online-Newsportals Startupticker.ch in Zusammenarbeit mit der Investorenvereinigung SECA zum ersten Mal realisiert. Seither gibt es jedes Jahr neue Rekorde zu vermelden; Investitionsvolumen und Anzahl Finanzierungsrunden haben stetig zugenommen. Der Bericht erfasst alle veröffentlichten Risikokapitalinvestments in Schweizer Startups und analysiert diese. So zeigt er etwa, welche Entwicklungen hinter den Rekordzahlen stecken und in welche Branchen und Kantone der Löwenanteil der Gelder fliesst. DIE GROSSEN HABEN ZUGELEGT Hauptverantwortlich für den gewachsenen Kuchen sind die grossen Finanzierungsrunden. Bei den «Top 20» stieg das Investitionsvolumen im Vergleich zum Vorjahr um 43 Prozent von 392 auf 561 Millionen Franken an. Bei 15 davon handelte es sich um Investitionen in der Spätphase beziehungsweise
um Wachstumsfinanzierungen für Unternehmen mit einem marktreifen Produkt und ersten Umsätzen. Erfreuliche Nachrichten gibt es auch für Startups, die sich im berüchtigten «Tal des Todes», der Phase zwischen Gründung und Wachstum, befinden. Allen voran Technologie-Startups weisen in dieser Phase für gewöhnlich einen stark negativen Cashflow auf und haben einen Finanzbedarf zwischen zwei und zehn Millionen Franken. Die Anzahl solcher Finanzierungen ist im vergangenen Jahr von 19 auf 27 angestiegen. UNGLEICHE KUCHENSTÜCKE Zwei Branchen schwingen bei der Mittelverteilung deutlich obenaus: Gut 80 Prozent der Gelder flossen in die Bio- und Medizinaltechnologie sowie in die Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT). Letztere durfte sich 2015 über eine deutliche Trendwende freuen: Nach zwei Jahren mit leichtem Rückgang nahmen die Investitionen in
ICT-Startups gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent zu und betrugen 2015 insgesamt 129.3 Millionen Franken. Bemerkenswert auch die Investitionen in FinTech-Startups: Mit 21 Millionen Franken erhielten sie mehr als doppelt so viel Mittel wie im Jahr 2014. Während bei der Mittelverteilung in Bezug auf die Branchen eine Konzentration festgestellt werden kann, ist räumlich eine stärkere Verteilung auf die verschiedenen Kantone zu beobachten. Die Nähe zu den beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen ist für viele Startup-Gründer zwar nach wie vor von grosser Bedeutung – die Hälfte des Risikokapitals verteilte sich 2015 auf die beiden ETH-Standortkantone Zürich und Waadt – doch gelang es dem Rest der Schweiz den Abstand zu verringern. So flossen 2014 mit 72 Prozent noch weitaus mehr Gelder in die Waadt oder nach Zürich. Insbesondere die Kantone Genf, Basel und Zug konnten 2015 gemäss Investitionsstatistik zulegen. Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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DIGITAL
Performancekiller Intranet SPAMMING Das Ritual wiederholt sich jeden Morgen: Zahlreiche Spam-Mails verstopfen den Posteingang und müssen zuerst gelöscht werden. Glücklicherweise sind die Filter in der Zwischenzeit so gut geworden, dass die meisten dieser E-Mails gar nicht erst im Posteingang ankommen. TEXT A C H I M D A N N E C K E R
Das Intranet bietet die Möglichkeit, E-Mail-Fluten zu verhindern, wenn es richtig eingesetzt wird.
U
nternehmen und Organisationen investieren seit nunmehr zwanzig Jahren viel Geld und Mühe in eine möglichst personalisierte Kommunikation mit ihren Kunden. Ihnen ist klar, dass sie sich Mühe geben müssen, da sonst die E-Mail-Kommunikation des Kunden als Spam wahrgenommen und sofort gelöscht wird. WAS SPAM IST, LIEGT IM AUGE DES BETRACHTERS Komplett anders verhält es sich mit dem E-Mail-Verkehr innerhalb eines Unternehmens. Die kollegialen E-Mail-Fluten, die tagtäglich auf die Mitarbeitenden einprasseln, hätten durchaus den Status von Spam-Mails verdient. Ein Mitarbeitender lädt anlässlich seines 47. Geburtstages zum Kaffee ein,
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arbeitet aber in einer völlig anderen Stadt. Hinzu kommen 64 Glückwunsch-E-Mails, die an den ganzen E-Mail-Verteiler gehen – und schon sehnt sich der Mitarbeitende nach einem Spamfilter. Denn heute stehen Mitarbeitende immer mehr unter Druck, bei der Bearbeitung von E-Mails effizient und effektiv vorzugehen, wobei oben genannte Informationsflüsse mehr als hinderlich sind. Die «wichtigen» Unternehmensinformationen, die jeder Mitarbeitende wenigstens einmal zu Gesicht bekommen sollte, wie etwa die Eröffnung eines neuen Standortes oder das zwanzigjährige Bestehen des Unternehmens, drohen dabei unterzugehen. Einmal die Woche kommt eine E-Mail mit dem Titel «Informationsmail», «Bulletin» oder «News aus dem Unternehmen» – vollgespickt mit Nachrichten aller Art – hübsch
verpackt in HTML und mit Bildern zur Auflockerung, die alle Mitarbeitenden unbedingt konsumieren müssen. Spätestens nach der zweiten Bildschirmseite wird bereits zur nächsten E-Mail übergegangen. DAS INTRANET: NUR EINE WEITERE INFORMATIONSBELAGERUNG? An diesem Punkt fällt oft der Startschuss für ein neues Intranet. Das Motto lautet: Weg von E-Mails hin zur Informationsverteilung im Intranet. Dabei ist anzumerken, dass das Intranet mehr ist als nur das interne Informationsportal. Die Erfahrungen aus vielen Projekten zeigen aber, dass die Implementierung und Operationalisierung des «neuen» Intranets oft nicht gut gelingen. Es wird weiter per E-Mail darüber informiert, dass es nun im Intranet neue Informationen
natürlich für eine schrumpfende Akzeptanz und eine negative Einstellung dem Intranet gegenüber. Es versteht sich von selbst, dass das Intranet dazu dienen sollte, die unternehmensinternen Prozesse bestmöglich zu unterstützen und nicht, sie zu behindern. Informationen und News rund um das Unternehmen sind wichtig, sollten aber sicherlich nicht omnipräsent im Fokus stehen. Soll das Intranet der zentrale Einstiegspunkt für die tägliche Arbeit sein, so stehen vor allem die Prozesse im Zentrum, entlang derer die Mitarbeitenden arbeiten.
Foto: Depostiphotos.com/ ra2studio
und News gibt. Im schlimmsten Fall wird diese Information gleich noch in die Ankündigungs-E-Mail verpackt. Hinzu kommt, dass die Intranet-Startseite, auch Dashboard genannt, voll von News und Nachrichten rund um das Unternehmen ist. Der Mehrwert des Intranets stellt sich nicht ein und es wird ebenso ignoriert, wie die oben beschriebenen E-Mails. Um sicherzustellen, dass alle Mitarbeitenden die Startseite des Intranets als Erstes in ihrem Internetbrowser sehen, wird dazu übergegangen, Compliance-Regelungen festzulegen. Somit wird den Mitarbeitenden jegliche Möglichkeit genommen, eine andere Startseite einzustellen. Diese sehen jeden Tag, bei jedem Start des Internetbrowsers immer als Erstes die ganz taufrischen Unternehmensinformationen. Solche Zwangsmassnahmen sorgen
30 PROZENT PRODUKTIVE NUTZUNG Aktuelle Studien zeigen, dass wir ungefähr 70 Prozent unserer Zeit damit verbringen, nach Informationen zu suchen und diese zu verdichten. Nur 30 Prozent der Zeit bleibt somit übrig, um produktiv mit den erhaltenen Informationen zu arbeiten. Ein Zitat von Peter F. Drucker aus dem Jahre 1991 in «The New Productivity Challenge» macht dieses Problem deutlich: «The single greatest challenge facing managers in the developed countries of the world is to raise the productivity of knowledge and service workers.» Übersetzt: Die grösste und einzige Herausforderung für das Management einer Industrienation ist die Erhöhung der Produktivität von Wissensarbeitern. Dieser Ausspruch hat seine Gültigkeit bis heute – 25 Jahre später – nicht verloren. Jedes Unternehmen sollte sich überlegen, wie es seine Mitarbeitenden insbesondere bei der Verarbeitung von Informationen unterstützen kann. Dies als Vorstufe zum produktiven Umgang mit Wissen. Dabei sollte den Mitarbeitenden die gleiche Sorgfalt und das gleiche Engagement entgegengebracht werden wie der eigenen Kundschaft. Unternehmen arbeiten unermüdlich an folgenden Fragen: Wie genau sieht meine Kundschaft aus? Was zeichnet sie aus? Welches ist ihr Informationsbedürfnis? Die Internetseite wird dahingehend optimiert, den Zugriff auf relevante Informationen für die Kundschaft zu verbessern – «nur nicht zu viele Klicks und keine veralteten Informationen», ist das Credo. Die Suche auf der Webseite wird optimiert, auf Usability und Responsiveness wird geachtet und im besten Fall werden die Webseite und die Kommunikation mit der Kundschaft personalisiert. Schliesslich ist ja nicht alles für jeden Einzelnen von Interesse. Auf keinen Fall soll die Kundschaft auf der Webseite mehrere Systeme wahrnehmen oder gar mehrere Logins verwalten müssen. INFORMATIONEN GEZIELT STREUEN Beim Intranet ist die Situation eine andere: Es stellt viele Informationssysteme bereit,
die oft nicht integriert sind und besitzt kaum eine bestehende Informationsarchitektur. In einem ersten Schritt gilt es zu identifizieren, wie das Intranet die Prozesse der Mitarbeitenden unterstützen kann. Es gibt eine Vielzahl an unterschiedlichen Prozessen im Unternehmen. Unter der Voraussetzung, dass diese erfasst sind und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden abdecken, ist zu überlegen, welche Prozesse wie stark zur Wertschöpfung beitragen und in welchem Masse diese durch das Bereitstellen geeigneter Informationen unterstützt werden können. Nur bedingt kann hierbei auf Blaupausen zurückgegriffen werden, da Unternehmensprozesse oft sehr individuell sind. So kann es für einen Projektleitenden wichtig sein, den Fortschritt in Arbeitspaketen als Übersicht dargestellt zu bekommen oder aber Buchungen auf das Projekt im Rahmen des Projektcontrollings zu sehen. Die Leitung eines Profitcenters will gegebenenfalls die aktuellen Umsatzentwicklungen sehen, die HR-Abteilung die Entwicklung von Überstunden und den Krankenstand. Ein Team, das an einer neuen Produktidee arbeitet, möchte die Eingaben von allen anderen Teammitgliedern sehen sowie allfällige Kommentare der Mitarbeitenden zu seinen eigenen Ideen. Das zeigt auf, wie individuell und vielfältig die Informationsbereitstellung im Intranet ist. Sicher ist aber, dass das Intranet nur ein Hemmnis darstellt, wenn ein Unternehmen es seinen Mitarbeitenden selbst überlässt, sich die nötigen Informationen auf komplizierte Weise zu beschaffen. Abschliessend bleibt festzuhalten, dass die Gestaltung des Intranets nicht durch die Kommunikationsbedürfnisse eines Unternehmens mit seinen Mitarbeitenden getrieben sein sollte. Zugegebenermassen ist es wichtig, die Mitarbeitenden zu informieren, aber eben nur so wenig wie möglich und so viel wie nötig. Immer im Zentrum der Bestrebungen sollte der tatsächliche personalisierte Informationsbedarf der Mitarbeitenden entlang der Prozesse stehen.
DER AUTOR Achim Dannecker ist Dozent für Wirtschaftsinformatik mit Fokus auf Geschäftsprozesse und Portalstrategien an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Zudem fungiert er als Berater in verschiedenen Portalprojekten.
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DIGITAL
Zielgenau durch das Chaos SAMMELWUT In Unternehmen werden täglich Entscheidungen getroffen. Da die Unternehmenswelt immer komplexer und die Inputfaktoren zahlreicher werden, gestaltet sich auch die Entscheidungsfindung immer schwieriger. Verantwortliche setzen dabei gerne auf Big Data und Business Analytics – doch diese sind nicht ganz ohne Tücken. TEXT D A N I E L E T E D E S C O
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er Gedankengang ist nachvollziehbar: Je mehr Daten ich sammle, desto zuverlässiger ist das Fundament, auf dem ich meine Entscheide fälle. Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Klar, das Sammeln von Informationen aus dem Netz ist mittlerweile ein Kinderspiel. Dafür gibt es unzählige Dienste und Datawarehouses, die Platz für endlose Anhäufungen von allerhand Dateien und digitalen Unterlagen bieten. Der Sammelwut sind kaum Grenzen gesetzt. Diese Freiheiten stellen jedoch viele Unternehmerinnen und Unternehmer vor eine grosse Herausforderung. In der Regel wissen sie nämlich nicht, welche Geschäftsfragen damit überhaupt beantwortet werden sollen. Sie stehen ratlos vor ihrem selbst angelegten Datenfriedhof. SCHLACHTPLAN FESTLEGEN Gerade im KMU-Bereich ist es keine Seltenheit, dass unerschöpflich Daten gesammelt werden, aber niemand etwas damit anfangen kann. Meistens fehlt den Verantwortlichen ein Rezept, wie der Entscheidungsprozess auf der zurechtgelegten Basis abgefertigt werden kann. Bereits die Frage, wo mit der Verarbeitung der Datenmengen angefangen werden soll, stellt für viele Entscheidungsträger ein fast unüberwindbares Hindernis dar. Der erste Schritt auf dem Weg zur effizienten Nutzung von gesammelten Daten ist die klare Definition des Problems, welches behoben werden soll. So können später die Sammelkriterien eingegrenzt werden, um ein drohendes Chaos zu verhindern. Planlos
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Um dem drohenden Chaos im Daten-Dschungel zu entkommen, ist eine klare Definition des Problems und des Ziels zwingende Voraussetzung. Danach geht es darum, interne und externe Daten zu analysieren und darauf basierend eine Entscheidung zu treffen.
angehäufte Daten weisen in der Regel eine schlechte Durchschnittsqualität auf. Je höher die Qualität der Informationen, desto höher ist auch die Qualität der darauf gestützten Entscheidungen. Die Quellen sollten also immer nach einem klar definierten Ziel durchforstet werden. Ist das zu lösende Problem einmal ausgemacht, empfiehlt es sich, zu überprüfen, ob in der Vergangenheit bereits einmal eine ähnliche Aufgabe zu bewältigen war. Gerade KMU tun gut daran, als erstes die Ressourcen in den eigenen vier Wänden auszuschöpfen. Spezifische Probleme treten in abgeänderter Form oft mehrmals auf. Bereits früher gesammelte Datensätze und interne Quellen können so zur Problemlösung wiederverwendet werden.
SICHERES TERRAIN SCHAFFEN Unbestritten ist, dass die Wichtigkeit von Datenanalysen für die Entscheidungsfindung stetig zunimmt. Durch die immer komplexer werdende Unternehmenswelt und die internationale Vernetzung der Geschäftsbereiche sind Entscheidungsverantwortliche an eine steigende Anzahl von Einflussfaktoren gebunden. Die Digitalisierung der Operationsfelder sorgt für eine zunehmende Schnelllebigkeit des Wirtschaftsalltags. Entscheide müssen rasch und effizient getroffen werden – ohne dabei an Qualität einzubüssen. Umso wichtiger ist eine feste Basis, auf der die gefällten Entscheidungen abgestützt werden können. Für den nächsten Schritt des Problemlösungsprozesses sind gute Analytikerinnen und Analytiker gefragt. In den beiden Schrit-
Bildquelle: Depositphotos.com/ajafoto/zVg
nen. Das interne Wissen sitzt vielfach in den Köpfen der Angestellten.
ten zuvor wurde das Ziel definiert und die bereits vorhandene Quellenbasis zurechtgelegt. Nun geht es darum, anhand eines einfachen Modells ein Raster aufzubereiten, das aufzeigt, welche Fragen zur Lösung des Problems nach Betrachtung der vorhandenen Quellen noch unbeantwortet bleiben. So kann vorsondiert werden, welche externen Daten zur Erfüllung des Ziels zusätzlich eingeholt werden müssen. Diese sollten so ausgewählt werden, dass sie sich mit dem bereits vorhandenen Knowhow der Mitarbeitenden ideal kombinieren lassen. Auch bei einer hohen Qualität ist der Wert von rohen Daten noch sehr gering. Erst die Kombination mit einer Business-Logik, sprich dem Wissen im Unternehmen, führt zu Informationen, die zur Problemlösung beitragen kön-
ÜBERBLICK BEHALTEN Das in Schritt drei angelegte Raster ist der Ausgangspunkt für den vierten Schritt: das Sammeln von externen Daten. Entscheidend ist hier, den Überschuss an nicht Brauchbarem so gering wie möglich zu halten. Dies gelingt einem Unternehmen dann, wenn es sich beim Sammeln strikte an das zuvor definierte Raster hält. Der Schlüssel liegt nicht in der Menge, sondern in der Qualität der Informationen. Trotzdem sollte das festgelegte Modell nicht in Stein gemeisselt sein. Während des Sammelvorgangs können neue Erkenntnisse gewonnen werden, welche den vorgegebenen Horizont erweitern. Die einzelnen Schritte der Entscheidungsfindung sollten einem laufenden Verbesserungsprozess ausgesetzt sein. Wichtig dabei ist, dass die Verbreiterung des Rasters weiterhin systematisch durchgeführt wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass nicht plötzlich die Sammlerfalle zuschnappt und man sich im Big Data-Dschungel verirrt. UNTERSTÜTZUNG ANFORDERN Mit dem Anhäufen von Informationen alleine ist natürlich noch nichts Bahnbrechendes getan. Die Kür des Entscheidungsfindungsprozesses liegt in der Analyse der gesammelten Daten. Dabei geht es darum, die einzelnen Stränge miteinander in Verbindung zu bringen und in Korrelation zueinander zu setzen. Dafür werden in der Regel komplexe statistische Methoden angewendet. Gerade in kleineren und mittelgrossen Unternehmen fehlen dazu die nötigen Ressourcen. Viele Verantwortliche stützen ihre Entscheidungen auf Berechnungen in Excel-Dokumenten. Diese sind allerdings schon länger nicht mehr fähig, die nötige Komplexität adäquat
abzubilden. Wesentlich besser geeignet sind speziell für Datenanalyse konzipierte Business Software Solutions. Sogenannte Unified Performance Management-Lösungen werden entwickelt, um komplizierte Analysen einfach und schnell durchzuführen. Werden solche Programme mit den gesammelten Daten gefüttert, liefern sie in kürzester Zeit brauchbare und leicht verständliche Lösungsansätze. Eine Business Software kann der Unternehmerin oder dem Unternehmer natürlich keine Entscheidung abnehmen. Aber sie liefert anhand der eingespeisten Informationen ein klares Bild der jeweiligen Situation. ERFOLGE GARANTIEREN Der letzte ist gleichzeitig auch der meist unterschätzte Schritt. Am Ende ist entscheidend, dass die Auswertungen allen Beteiligten zugänglich gemacht werden – und dies in einer für jedermann verständlichen Form. Die Komplexität der Analyse muss dabei auf das Wesentliche hinuntergebrochen werden. Resultate sprechen nicht für sich selber. Die wahre Kunst der Analysetätigkeit liegt daher in der Präsentation der Ergebnisse. Versucht ein Unternehmen, seine Entscheidungen auf einem breit angelegten Fundament abzustützen, tut es also gut daran, nach einem klaren Plan vorzugehen. Ziellos angelegte Datensammlungen bringen Entscheidungsträger nicht weiter. Vielmehr schaffen sie ein Chaos, in dem schnell der Durchblick verloren geht. Eine erfolgreiche Informationsstrategie erfordert ein systematisches Vorgehen und ein fundiertes Analyse-Knowhow in Kombination mit einer geeigneten Software-Lösung.
DER AUTOR Daniele Tedesco ist CEO und Gründer der Apliqo AG, einem führenden Entwickler von Business Software für Unified Performance Management. Zuvor war er Senior Financial Analyst bei der Zürcher Kantonalbank und danach als CFO bei renommierten nationalen und internationalen Unternehmen tätig.
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Flexibel im Festnetz VON R Ü S T Ü A K K O C A
Wir sind ein Team von drei Architekten. Oft sind wir gleichzeitig auf Kundenbesuch und die Anrufe ins Büro bleiben unbeantwortet. Gibt es dafür eine professionelle Lösung?
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lexibilität im Arbeitsalltag ist das A und O. Das gilt auch für die Kommunikation. Dank modernen Technologien müssen Sie heutzutage nicht mehr im Büro sein, um etwa E-Mails zu empfangen oder Dokumente zu bearbeiten. Und auch die Festnetztelefonie hat sich diesbezüglich weiterentwickelt.
FESTNETZ IMMER DABEI Bis anhin war die Festnetztelefonie alles andere als flexibel. Telefonate waren nur über den fixen Telefonapparat im Büro möglich. Zwar konnten Sie Anrufe manuell umleiten, mit der IP-Telefonie eröffnen sich nun aber ganz neue Möglichkeiten. Telekommunikationsanbieter, wie zum Beispiel Swisscom, haben eine App entwickelt, mit welcher sich die Festnetznummer auch ausserhalb des Büros individuell verwalten lässt. Sie können eingehende Anrufe auf
ihr Smartphone umleiten, aber auch ausgehende Anrufe direkt mit der Festnetznummer tätigen. Der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung merkt keinen Unterschied. Ob Sie im Büro, auf der Baustelle oder beim Kunden sind – die Festnetznummer ist immer dabei und Sie bestimmen jederzeit selbst, wann und wie Sie kommunizieren wollen. ALLES IM PAKET Bei der IP-Telefonie stecken Sie das Telefon neu direkt am Router ein, was eine zuverlässige und sichere Internetver-
bindung unabdingbar macht. So bietet es sich an, Telefonie und Internet beim gleichen Anbieter zu beziehen, etwa in Form eines Kombi-Pakets. Das reduziert den eigenen Administrationsaufwand und steigert die Beratungsqualität, weil der Anbieter mit den Spezifikationen sowie allen im Einsatz stehenden Services im Unternehmen vertraut ist. Einzelne Anbieter inkludieren sogar zusätzliche Service-Leistungen, speziell für Geschäftskunden. Etwa eine Ausfallsicherheit, eine Hotline für Kunden-
anliegen oder auch eine priorisierte Störungsbehebung. RÜSTÜ AKKOCA
Der Autor ist KMU-Berater bei Swisscom und beantwortet Fragen zur Informations- und Kommunikationstechnologie. Sie haben eine Frage? Sie suchen Rat? Schreiben Sie uns unter www.swisscom.ch/ kmu-ratgeber.
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MOBIL
Vision wird Wirklichkeit BRENNSTOFFZELLENFAHRZEUGE Die Technologie ist vorhanden, die Sicherheit gewährleistet und erste mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge wurden bereits hergestellt. Nun stehen die Herausforderungen Nachhaltigkeit und Marktfähigkeit im Fokus der Wissenschaft und Industrie. TEXT D E L I A B A C H M A N N
Im Mobilitätsdemonstrator «move» tüfteln Empa-Forscher an Wegen zur Mobilität der Zukunft. Bild: zVg
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as Wasser ist die Kohle der Zukunft.» Dieses Zitat aus Jules Vernes Roman «Die geheimnisvolle Insel» von 1874 zeigt, wie alt der Traum vom Autofahren mit Wasser ist. Heute, 142 Jahre danach, befinden sich Brennstoffzellenfahrzeuge in einer Übergangsphase von der Forschung in die Anwendung und stehen damit kurz vor dem Durchbruch. Am 26. Januar luden die Empa, das Paul Scherrer Institut (PSI), die ETH Zürich und die inspire AG zur Tagung «Brennstoffzellen in automobilen Anwendungen» ein. Hochkarätige Referenten sprachen über die Produktion von Wasserstoff für die Mobilität, Logistik, die Marktchancen sowie die Nachhaltigkeit der Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff. In der Demonstrationsplattform «move» erhielten die interessierten Besucher einen Eindruck davon, wie der Weg zu einer nachhaltigen Mobilität aussehen könnte. WASSERSTOFF ALS NACHHALTIGER TREIBSTOFF Der Mobilitätsdemonstrator «move» zeigt exemplarisch, wie mittels Elektrolyse Wasserstoff aus Wasser gewonnen wird. Urs Elber, Geschäftsführer des EmpaForschungsschwerpunkts Energie und des Kompetenzzentrums für Energie am PSI, betont, dass ein solches «Power-to-Gas»-
Konzept nur dann nachhaltig sein kann, wenn die Energie zur Produktion von Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen stammt. Mit dem Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auch in der Schweiz, steht im Sommer jeweils ein Überschuss an erneuerbarer Energie für andere Bereiche – wie Mobilität – zur Verfügung. Ulrich Bünger von der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH ist überzeugt, dass die Mobilität entscheidend dazu beitragen wird, dass Wasserstoff zu einem universellen Energieträger avanciert. Im Sinne einer Starthilfe rät er zu «opportunistischen Einstiegsstrategien». Damit meint er etwa die Beimischung von Wasserstoff zu Erdgas oder die Methanisierung des Wasserstoffs, sprich die Herstellung von synthetischem Methangas aus Wasserstoff und Kohlendioxid. Der Vorteil ist die schnelle Umsetzbarkeit, weil sowohl bestehende Gasnetze als auch Gasautos genutzt werden können. Letztlich entscheiden die Kosten, ob sich Wasserstoff als Energieträger durchsetzen wird. Felix Büchi vom PSI rechnet damit, dass die Treibstoffpreise für diesel- und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge in einigen Jahren vergleichbar sein werden – vorausgesetzt bei der Wasserstoffproduktion und Brennstoffzellenentwicklung werden noch weitere kostensenkende Fortschritte erzielt.
MARKTFÄHIGKEIT DER BRENNSTOFFZELLENFAHRZEUGE Um dem Energieträger Wasserstoff endgültig zum Durchbruch zu verhelfen, braucht es abgesehen von tieferen Kosten die entsprechenden Brennstoffzellenfahrzeuge. Philipp Rhomberg und Hannes Gautschi von Toyota Schweiz präsentierten als Vertreter der Autobranche die Entwicklung von Wasserstofffahrzeugen in ihrem Konzern. Mit dem «Mirai» bringt Toyota als erster Hersteller ein Serienauto mit Brennstoffzelle auf den Markt. Ab 2017 soll er auch in der Schweiz erhältlich sein. Gemäss Rhomberg sei die Technologie im Vergleich zur Marktfähigkeit des Fahrzeugs die kleinere Herausforderung: «Der Kunde will auf keinen Fall auf den üblichen Komfort verzichten – auch nicht zugunsten der Umweltfreundlichkeit.» Eine weitere Herausforderung sei es, das Bild des «gefährlichen» Wasserstoffs in den Köpfen der Öffentlichkeit zu revidieren. Weiter verkündete Diego Battiston, Geschäftsführer von Hyundai Schweiz, die Aufstockung der «move»-Fahrzeugflotte mit einem Hyundai ix35 Fuel Cell. Dieser soll zusammen mit Fahrzeugen, die andere Antriebskonzepte haben, für Labormessungen und auf der Strasse eingesetzt werden, um ein wissenschaftlich abgestütztes Realverbrauchsmodell zu entwickeln. Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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Cart City statt Smart City ZUKUNFTSMOBILITÄT Ein selbstfahrendes Auto, das nie schläft – die schöne neue Welt der Permamobilität verheisst auch Gutes für den urbanen Raum. So könnte dieser künftig frei von Parkplätzen sein und neu gestaltet werden. TEXT T H O M A S S A U T E R - S E R V A E S
Smart City. Sie sind die Vorboten autonomer Mobilität – Ab Frühling 2016 sollen in Sitten (VS) zwei selbstfahrende Postautos zum Einsatz kommen.
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as World Economic Forum befasste sich in diesem Jahr mit den Auswirkungen der vierten industriellen Revolution. Nach Dampfmaschine, Elektrizität und Digitalisierung nimmt nun die intelligente Produktion an Fahrt auf. In der Mobilitätswelt führt dies zu einer immer komplexer werdenden Vernetzung innerhalb und zwischen den Teilsystemen. Dienstleistungen wie die «crowd-sourced» Echtzeit-Navigationsapp «waze» oder das multimodale All-in-oneAngebot «BeamBeta» der Wiener Linien sind Beispiele für diesen Trend. Gleichzeitig ist die Robotisierung des Verkehrsbetriebs einer der bedeutendsten Entwicklungspfade in der Mobilitätsbranche. Welche Folgen hat dies für den öffentlichen Verkehr und den urbanen Raum? VOM INEFFIZIENTEN STEHZEUG . . . Über den Zeitpunkt des ersten im Stadtverkehr regulär fahrerlos verkehrenden Automobils kann man lange streiten. Unbestritten ist, dass in absehbarer Zeit mit diesem
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revolutionären Gefährt zu rechnen ist. Es wird eine explosionsartige Robotisierung des Strassenverkehrs auslösen und die bisherige Organisation des Personen- und Güterverkehrs hinwegfegen. Ihre Dynamik bezieht diese Transformation aus dem enormen Effizienzschub, den der Übergang vom menschen- zum maschinengesteuerten Fahren bewirkt. Private Personenwagen werden heute nur rund eine Stunde pro Tag genutzt. Über 95 Prozent seiner Lebenszeit ist das Auto nicht Fahr- sondern Kapital vernichtendes Stehzeug. Das selbstfahrende Mobil hat das Potenzial, dieses Verhältnis umzukehren. . . . ZUM UNERMÜDLICHEN PERMAMOBIL Nach dem Motto «the car that never sleeps» erweitert das robotisierte Privatfahrzeug sein Einsatzfeld und wird zum quasi nie parkenden Permamobil. Nachdem es morgens seinen Besitzer vor dem Eingang seines Büros abgesetzt hat, beginnt es den kombinierten Taxi- und Lieferbetrieb. Entscheidender Beschleuniger dieser Entwicklung ist der
Bild: zVg/Postauto Schweiz
Plattform-Kapitalismus, wie ihn airbnb, Uber und andere schon mit Erfolg praktizieren. Dank der weiterhin exponentiell steigenden Rechenleistungen lassen sich die Kapazitäten der Permamobil-Flotte mit spontanen Beförderungs- und Lieferanfragen hochfrequent zum bestmöglichen Bedienkonzept reorganisieren. Tür-zu-Tür-Fahrten, individuell exklusiv oder kostengünstig mit dem Sammeltaxi, Expressroute oder mit Zeit und Platz zum Arbeiten – die taxiähnlichen Angebote werden sich schnell ausdifferenzieren, die Dienstleister mit verschiedenen Servicemodellen experimentieren. GOLDGRÄBERSTIMMUNG DANK CASH CAR Analog zu den Goldgräberepochen der Eisenbahn und Luftfahrt entfacht die Schwarmaktivität der Permamobile einen intensiven Preiswettbewerb – getrieben durch das massenhafte Peer-to-Peer-Angebot, die geringen Einnahmeerwartungen der privaten Fahrzeugbesitzer und das schlanke Geschäftsmodell der Plattformbetreiber, die ohne den Kauf eines einzigen Fahrzeugs in
kürzester Zeit riesige Fahrzeugflotten aufbauen können. Der Anreiz, sich als Privatperson am fahrerlosen «Super-Uber» zu beteiligen: Das Auto wandelt sich vom «cost center» zum «profit center». Das cash car als Umkehrung des Carsharing-Prinzips erlebt eine technologiegetriebene Renaissance. Schon kleine Margen bessern ohne Bequemlichkeitseinbussen die Haushaltskasse der Besitzer auf. Die regelmässigen Reinigungsstopps sorgen dafür, dass das Fahrzeug trotz Taxibetrieb sauberer ist als bei ausschliesslich privater Nutzung. Neben der Fahrzeugbetreuung werden sich weitere Dienstleistungen rund um die Robotaxis formieren und sich eigene, gegebenenfalls geschlossene Ökosysteme der Betreiberplattformen à la iTunes herausbilden: Vom Leihvelo-bis-Telepräsenz-Mobilitätspaket aus einer Hand über exklusives In-Car-Entertainment bis hin zum inkludierten Latte Macchiato beim Drive-In-Kooperationspartner ist vieles denkbar. ADCARS AUF DER STRASSE Elektroantrieb, Auslastungssteigerung und Wettbewerb führen zu rasant fallenden Mobilitätskosten. Der Mobilitätsmarkt nimmt Kurs auf Rifkins Null-Grenzkosten-Gesellschaft. Dies heizt die Nachfrage weiter an, zusätzliche Verkehre werden induziert. Im Sog dieser Wachstumsspirale entstehen immer neue Geschäftsmodelle. Wie beim Google-Prinzip zahlt der Nutzer anteilig mit seinen Daten und seiner Aufmerksamkeit. Er ist während der Fahrt zugleich Kunde und Produkt. Warum sollte es nicht zukünftig AdCars geben? Sie übertragen Googles milliardenschwere AdWord-Werbestrategie auf
die Strasse, so dass letztlich das angesteuerte Shopping-Center, Restaurant oder Event die Fahrt bezahlt. Die Zukunft der Automobilität wurde eingeläutet durch Robotik-Fortschritte, doch öffnen diese insbesondere den cleveren Algorithmen der Softwarefirmen die Türen zu innovativen Optimierungs- und Umsatzkonzepten. Steht «googeln» in 20 Jahren nicht mehr als Synonym für die Internetsuche sondern für die Fahrt von A nach B? ÖV-ZUKUNFT – EIN SCHATTENDASEIN? Selbst wenn zunächst nur ein Bruchteil der privaten Fahrzeuge zu selbstfahrenden Taxis mutiert, wird sich dieser Schatten-ÖV innerhalb kürzester Zeit zu einem relevanten Akteur mausern. In der Schweiz stehen den rund 600 000 Sitzen im öffentlichen Verkehr heute mindestens 16 Millionen Sitze in Personenwagen gegenüber. Wenn nur ein Prozent der Personenwagen-Kapazität das skizzierte «Internet der rollenden Dinge» mit komfortablem Tür-zu-Tür-Service begründet, wird die klassische Trennung zwischen privatem und öffentlichem Verkehr faktisch ausgelöscht. Die starre liniengebundene Verbundproduktion mit Grossgefässen wie Bus und Bahn wird nur noch auf extrem nachfragestarken Achsen wettbewerbsfähig sein. STADT DER LANGEN WEGE Was bedeutet diese Entwicklung für den urbanen Raum? Wird das Permamobil zum «Road Office», steigt die Attraktivität suburbaner Wohngebiete deutlich an. Warum dann nicht kostengünstig, grosszügig und naturnah auf dem Land wohnen statt zu überhöhten Mieten im Zentrum Zürichs, Visualisierung: zVg/Stadt Zürich
wenn zukünftig die Anreise ins Büro schon produktiv genutzt und vollständig als Arbeitszeit angerechnet werden kann? Städtische Verdichtung und damit das Leitprinzip der «Stadt der kurzen Wege» verliert aus Sicht des Nutzers seinen Reiz, wenn lange Wege ihren Schrecken einbüssen. Mit dem Permamobil erreichen die dominierenden Erfolgsfaktoren der Automobilität – Eigenraum und Eigenzeit – ein neues Niveau. Der Transferraum Auto wird dank automatischer Steuerung und digitalem Entertainmentsystem zum kompletten Third Place mit enormem Möglichkeitsraum. Das Auto erreicht endgültig den Status des rollenden Mikroeigenheims. Eine verkehrssparsame Siedlungsentwicklung entlang ausgewählter Achsen erscheint vor dem Hintergrund eines derart individualisierten personal public transit ein Auslaufmodell zu sein. PARKPLÄTZE HABEN EIN ABLAUFDATUM Hoffnung allein macht die Grundphilosophie der Permamobilität: dauerfahrende Mobile benötigen keine Parkplätze. Während unser Strassenraum durch die wachsende Anzahl an Sensoren in den Fahrzeugen bereits heute neu vermessen wird, erwartet uns morgen eine Neuverteilung des Strassenraums. Der Wegfall abertausender Stellplätze in bester Lage bietet die einzigartige Chance, dem zur vielbefahrenen Transitzone verkommenen urbanen Raum eine lebensfreundliche Gestaltung zurückzugeben. Von der Aufenthaltsqualität könnten und sollten insbesondere Fussgänger und Velofahrerinnen profitieren. Eine gesundheitsfördernd auf Muskelkraft basierende innerstädtische Mobilitätskultur wäre ein wirksamer Gegenpol zur motorisierten Sitzkultur, zur Verkapselung in privaten und Abkapselung von öffentlichen Räumen. Gelingt es, ehemalige Stellplatzflächen entsprechend zu transformieren, resultiert daraus der notwendige Treibstoff für eine langfristig nachhaltige Renaissance urbanen Lebens. Diese Entwicklung funktioniert allerdings nicht «fahrerlos», sondern bedarf aktiver Steuerung.
DER AUTOR
Ein Auto das nie schläft, braucht keine Parkplätze. Das bietet Gestaltungsmöglichkeiten für den urbanen Raum. Im Bild: Eine Visualisierung des autofreien Münsterhofs in Zürich wird Realität.
Dr. Thomas SauterServaes ist Mobilitätsforscher. Er leitet den Studiengang Verkehrssysteme an der ZHAW School of Engineering und berät mit seinem Büro mobilecular Unternehmen bei der Entwicklung innovativer Mobilitätsangebote.
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Meilen per Kreditkarte KARTENVERGLEICH Auf Portalen wie Moneyland oder Comparis können nicht nur die Konditionen von Kreditkarten, sondern auch spezielle Zusatzdienstleistungen verglichen werden. Sie erlauben beispielsweise die gezielte Suche nach Möglichkeiten zum Meilensammeln. TEXT A L F R E D K U H N
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in Vergleich der wichtigsten Kreditkarten durch das Schweizer Finanzvergleichsportal «moneyland.ch» ergab, dass für Gelegenheitsnutzer die Migros Cumulus-Kreditkarten sowie die Coop SupercardPlus-Kreditkarten am günstigsten sind. Für Vielnutzer sind die Kreditkarten der PostFinance die günstigste Variante. Der individuelle Entscheid, welche Kreditkarte am besten auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten ist, darf aber nicht nur vom Preis abhängen. Vielmehr lohnt es sich, die Kreditkarten zusätzlich einem Akzeptanz- und Leistungsvergleich zu unterziehen. Letztere unterscheiden sich nämlich je nach Kreditkarte stark. Am besten schneiden generell die Platinum-Karten aller Anbieter ab. Diese sind für den Gelegenheitsnutzer jedoch viel zu teuer. GEBÜHREN, VERSICHERUNG UND MEILEN Neben den Jahresgebühren können bei jeder Karte auch noch weitere Kosten ins Gewicht fallen, die je nach Nutzung ein Mehrfaches der Jahresgebühren betragen können. Viele Kunden sind sich beispielsweise zu wenig bewusst, dass die zusätzlich erhobenen
Gebühren beim Bezahlen mit der Kreditkarte im Ausland mehr als zwei Prozent betragen können. Noch drastischer ist es bei Bargeldbezügen: In Fremdwährungen kommen nochmals bis zu vier Prozent des bezogenen Bargelds dazu. Neben einem – meist wenig nützlichen – Versicherungsschutz, der besser mit einer individuellen Reiseversicherung gedeckt wird, bieten einige Kreditkarten auch das Sammeln von Meilen oder spezifischen Punkten an. Lohnt es sich, aus diesem Grund eine Kreditkarte mit einer hohen Jahresgebühr zu beantragen? SWISS MILES & MORE KREDITKARTEN Weil viele Airlines die Meilengutschriften für Flüge in den letzten Jahren drastisch gesenkt haben, ist das Meilensammeln am Boden zunehmend attraktiv geworden. Mit Kreditkarten können wertvolle Meilen gesammelt werden, auch wenn man nicht im Flugzeug sitzt, beispielsweise bei der Hotelbuchung, bei Mietautofirmen, Versicherungen und sogar bei Detailhändlern. Vorteilhaft ist es natürlich, wenn man eine zum Meilenkonto passende Kreditkarte besitzt, die man bei der Airline beantragt, bei deren Vielfliegerpro-
gramm man Meilen sammelt. Diese Kreditkarte erlaubt es, die Meilen vor dem Verfall zu schützen. In der Regel sind die über Schweizer Kreditkarten generierten Prämienmeilen nämlich nur drei Jahre lang gültig. Mit einigen Karten wie der Flying Blue World Master Card, Cornèrcard Miles & More sowie SWISS Miles & More von Swisscard bleiben die Prämienmeilen unbeschränkt gültig – unter der Voraussetzung, dass der Reisende mindestens einen meilenfähigen Kartenumsatz pro Monat generiert. Die Jahresgebühren für solche Kreditkarten sind allerdings ziemlich hoch. Viele Schweizer Reisende besitzen Swiss Miles & More Kreditkarten, die von der Swisscard AECS GmbH herausgegeben werden. Die Swiss bietet die Karten im Duo an, das heisst, mit einer American Express Karte und einer Master Card. Beim günstigsten Swiss Miles & More Kartenduo «Classic» wird eine Jahresgebühr von 120 Franken fällig. Das Sammeln von Meilen ist mit diesen Karten möglich, das Umtauschverhältnis pro Franken Umsatz beträgt aber derzeit nur noch rund 2 zu 1 (siehe Kasten 1). Selbst mit dem Swiss Miles & More Gold Kartenduo, dessen Jahresgebühr immerhin stolze 220
MILES & MORE KREDITKARTEN-DUO VON SWISS Jahresgebühr (CHF) Swiss Miles & More 120.– Classic Kartenduo
Swiss Miles & More Gold Kartenduo
220.–
Swiss Miles & More Platinum Kartenduo
700.–
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Meilen sammeln (CHF) Mit der SWISS Miles & More American Express: pro 2.– Kartenumsatz 1.25 Prämienmeilen Mit der SWISS Miles & More World MasterCard Standard: pro 2.– Kartenumsatz 1 Prämienmeile Mit der SWISS Miles & More American Express Gold: pro 2.– Kartenumsatz 1.5 Prämienmeilen Mit der SWISS Miles & More World MasterCard Gold: pro 2.– Kartenumsatz 1 Prämienmeile Mit der SWISS Miles & More American Express Platinum: pro 2.– Kartenumsatz 2 Prämienmeilen Mit der SWISS Miles & More World MasterCard Gold: pro 2.– Kartenumsatz 1 Prämienmeile
Besonderes (CHF) Im ersten Jahr 60.– statt 120.– Jahresgebühr. 12 000 Willkommensmeilen bis zum 15.3. 2016 Im ersten Jahr 110.– statt 220.– 15 000 Willkommensmeilen bis zum 15.3. 2016
Im ersten Jahr 350.– statt 700.– 20 000 Willkommensmeilen bis zum 15.3. 2016
KARTENAKZEPTANZ
Visa: MasterCard: American Express: Diners Club:
Schweiz 105 000 100 000 91 000 65 000
Weltweit rund 24 Mio.* rund 27 Mio. Keine Angaben 13 Mio.
Bei der Akzeptanz von Kreditkarten gibt es grosse Unterschiede. Akzeptanzstellen sind Geschäfte und Anbieter von Dienstleistungen, die mit den Herausgebern der Kreditkarten einen Vertrag abgeschlossen haben. Ob ein Geschäft Kreditkarten als Zahlungsmittel akzeptiert, ist oft an den Logos im Geschäft ersichtlich. Quelle: Comparis * VISA Schweiz meldete der UZ für 2016 die folgenden aktuellen Daten: 170 000/36 Mio.
Franken beträgt, können maximal 1.5 Meilen pro zwei Franken Umsatz generiert werden. Der gewichtigste Nachteil der Swiss Miles & More-Kreditkarten besteht aber darin, dass ausschliesslich Miles & More Meilen generiert werden können. AMERICAN EXPRESS KREDITKARTEN Eine vielseitigere Alternative zu den Miles & More Karten stellen einige American Express Kreditkarten dar (siehe Kasten 3). Die American Express «Gold Card» ist dabei der Klassiker und wird von American Express als die ideale Reisekarte beworben. Der Reisende hat mit dieser Karte die Möglichkeit, die durch den Kartenumsatz generierten «Membership Rewards Punkte» direkt für die Buchung von Reisen beim «Gold Travel Service» von Amex einzusetzen. Der Service bietet den Inhabern der Gold Card beispielsweise bevorzugte Flugtarife bei einigen hochkarätigen Airline-Partnern. Der Reisende kann aber auch nachträglich die «Rewards Punkte» in Meilen unterschiedlicher Vielfliegerprogramme umwan-
deln, wie zum Beispiel SkyMiles, Flying Blue, MilleMiglia, aber auch Miles&More. Die American Express Gold-Karte eignet sich deshalb speziell für Reisende, die nicht immer mit derselben Airline fliegen können oder wollen. Man hat als Reisender die Möglichkeit, über längere Zeiträume «Rewards Punkte» zu sammeln, bis man so viele Punkte zusammen hat, dass es sich lohnt, diese in Meilen der gewünschten Airline umzuwandeln. Denn: Bei Amex gibt es keinen Punkteverfall – die Amex Rewards Punkte sind unbeschränkt gültig! Die Vielseitigkeit der American Express Kreditkarten geht aber noch weiter. Beispielsweise können die gesammelten Punkte auch in «Starpoints» der internationalen Hotelgruppe Starwoods – zu der bekannte Hotels wie Sheraton und Westin gehören – oder in Hilton HHonors Punkte umgewandelt werden. Mit der Gold Card werden auch die im Ausland anfallenden Heilungskosten bei einer plötzlichen Krankheit übernommen. Dies ist bei den anderen Kreditkarten nicht üblich. Gold Assist organisiert und bezahlt im Notfall den Transport ins Krankenhaus oder nach Hause. Zudem sind im Versicherungspaket ein Schutz bei Flug- oder Gepäckverspätung und die übliche Unfall-Versicherung enthalten. Die Reise muss allerdings mit der Kreditkarte bezahlt worden sein, sonst werden die Kosten nicht übernommen. Das American Express Punkteprogramm ist somit ein vielseitiges Bonusprogramm, das aber auch seinen Preis hat (siehe Kasten 3). Wenn man aber die Zusatzleistungen mit in Betracht zieht, hat ein Vielflieger die Kosten für diese Kreditkarte schon bald amortisiert. FAZIT Das gegenwärtig wohl attraktivste Angebot macht die Swiss mit ihrem Kartenduo, bestehend aus einer MasterCard und einer
American Express Karte. Bei Anmeldung bis zum 15. März bezahlt man nur die Hälfte der ersten Jahresgebühr und es werden dem Konto 12 000 bis 20 000 Miles & More Meilen gutgeschrieben (siehe Kasten 1), unter der Voraussetzung, dass man die Karten mindestens zwei Jahre lang besitzt. Ausserdem kann man die bereits gesammelten Meilen vor dem Verfall schützen, wenn man die Kreditkarten mindestens einmal pro Monat einsetzt. Wer also ausschliesslich an Meilen von Miles&More interessiert ist, sollte sich dieses Angebot gut ansehen. Und schliesslich ist es nicht verboten, nach zwei Jahren die Karte wieder zu künden! Die Coop-SupercardPlus bietet für Gelegenheitsnutzer und Meilensammler das wohl günstigste Preis-Leistungsverhältnis. Allerdings müssen die Superpunkte zuerst in Meilen umgewandelt werden und es können, wie beim Angebot der Swiss, ausschliesslich Miles&More Prämienmeilen generiert werden. Zwei umgewandelte Coop-Superpunkte ergeben allerdings nur eine Meile. Die American Express Gold Card bietet wiederum für Vielreisende und Businessreisende einige nennenswerte Vorteile gegenüber anderen Kreditkarten, wie etwa der hohe Status, das vielseitige Bonusprogramm sowie die erwähnten Zusatzleistungen. Die Nachteile sollen aber auch nicht unerwähnt bleiben: Die Amex-Karten haben weniger Akzeptanz als Visa oder MasterCard, ausserdem sind die Gebühren und Dispozinsen hoch und viele der Angebote zahlen sich erst bei Vielnutzung der Karte aus. Schliesslich müssen sowohl Privat- als auch Business-Reisende entsprechend den eigenen Bedürfnissen herausfinden, welche Kreditkarte am besten zu ihnen passt. Vergleichsportale wie Moneyland oder Comparis können dabei eine nützliche Hilfe sein.
AMERICAN EXPRESS MIT «MEMBERSHIP REWARDS PUNKTEN» JahresMembership gebühr (CHF) Rewards Punkte (CHF) American 140.– Umsatz 2.– Express Card = 1 Punkt Gold Card 300.– Umsatz 1.– = 1 Punkt Platinum Card
850.–
Umsatz 1.– = 1 Punkt
Umwandlung der Punkte in Meilen 2:1 2:1
2:1
Besonderes (CHF) Extragebühr für die Teilnahme am Bonusprogramm: 50.– pro Jahr Ideale Reisekarte, Gold Travel Service: Weltweit telefonische Reiseberatung und -buchung, Bevorzugte Flugtarife bei einigen Airlines Reiseservice: Flüge, Hotels, Mietwagen direkt mit Rewards Punkten bezahlen. Kostenlose weltweite Reiseberatung und –buchung. Kostenloser Zutritt zu 600 Airport VIP Lounges weltweit.
Grafikquellen: zVg/Bildquelle: Depositphotos.com/geargodz
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PROMOTION
Digitalisierung – mehr als ein Trendthema für Dachser Totale Vernetzung? Die Digitalisierung erfasst auch die Logistik mit voller Wucht. Die unter dem Leitthema «Industrie 4.0 – Logistik 4.0» zusammengefassten Technologien werden das Gesicht der Logistikbranche in den nächsten Jahren verändern.
Der digitale Wandel in Produktion, Handel und Logistik hat viele Namen: Industrie 4.0, Logistik 4.0, Internet der Dinge, Big Data... Nach vier Jahrzehnten Digitalisierung von Maschinen und Geräten geht es jetzt um die Vernetzung digitalisierter Produkte, Arbeitsgeräte und Transportmittel und um die Vernetzung von Mensch, Dingen und Diensten. In der Logistik werden umfassende Automatisierungskonzepte, die Digitalisierung von Prozessen und die Verbindung überwiegender Teile der Wertschöpfungskette diskutiert. 80 PROZENT ELEKTRONISCH ABGEWICKELT Dachser ist bei diesem Veränderungsprozess ganz vorne mit dabei: «Aktuell wickeln wir bereits 80 Prozent aller Aufträge elektronisch ab. Wenn wir Waren für unsere Kunden transportieren, dann eilen ihnen die Sendungsinformationen in digitaler Form stets voraus. Auch unsere Lageraktivitäten, Angebotswesen und Abrechnungssysteme sind IT-gesteuert. Unsere webbasierten Tools verbinden unsere Kunden direkt mit den Transport- und Warehouse-Systemen von Dachser. Mehr als 16000 Kunden weltweit nutzen die eLogistics Online-Tools unseres Unternehmens», erklärt Urs Häner, Managing Director European Logistics der Schweizer Landesgesellschaft. Klassische Logistik-Prozesse werden immer mehr von IT-Plattformen abgelöst, welche die horizontale und vertikale Vernetzung optimal unterstützen. Diese können individuellen Kundenanforderungen flexibel angepasst werden. Um auch bei komplexen Projekten mit mehreren Partnern und verschiedenen IT-Systemen einen reibungslosen Datenfluss zwischen den Beteiligten zu gewährleisten, betreibt Dachser ein eigenes EDI Center als zentrale Kommunikationsplattform. Über diese sind bereits über 13000 Geschäftspartner mit Dachser vernetzt. VORREITER DER VIERTEN REVOLUTION Auch firmenintern ist Dachser auf der Höhe der Zeit. Ein einheitliches IT-System und Regelwerk
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Wenn Dachser Waren für seine Kunden transportiert, eilt ihnen die Sendungsinformationen in digitaler Form stets voraus.
bestimmen die Prozesse aller eigenen Logistikstandorte und jene der Partner weltweit. Dachser ist mit seinen tief integrierten, eigenen IT-Systemen ein Vorreiter dieser vierten Revolution. Noch herrscht in der Wirtschaft viel Unsicherheit. Es existieren kaum Definitionen oder
Standards für die konkrete Umsetzung. Und in der Realität arbeiten noch viele Firmen, insbesondere kleine und mittelständische Hersteller, mit Software-Insellösungen. Bei der Vernetzung hapert es. Hohe Investitionen in Betriebsmittel und neue IT-Strukturen sowie Datenschutzregeln bremsen den Fortschritt. «Industrie 4.0 ist ein Kommunikationskonzept, bei dem jeder Teil der Wertschöpfungskette/-netzwerk «mitredet». Der Mensch ist in der Logistik 4.0 alles andere als überflüssig. IT-Systeme müssen die Informationen so für ihn vorbereiten, dass er sinnvolle Entscheidungen treffen kann», sagt Häner. Das Handlungsprinzip lautet somit Kollaboration und funktioniert, wenn das Einzelinteresse zugunsten des gemeinsamen Wohls reduziert wird. Durch die immer bessere digitale Steuerbarkeit, Vernetzung und Transparenz des weltweiten Dachser-Netzwerkes und der damit verbundenen vielfältigen Dienstleistungen will Dachser seinen Kunden auch in Zukunft logistischen Mehrwert bieten.
MARKETING
Ausgeflogen
MARKE DES MONATS
März 2016:
VON S T E F A N V O G L E R
«S
patz ist legendär – Spatz ist Kult. Besuchen Sie uns in Wallisellen. Sie finden alles und noch viel mehr, um Ihre OutdoorErlebnisse noch mehr zu bereichern und unvergesslich zu machen.» Damit ist leider Schluss. Die Ankündigung vom Konkurs der traditionsreichen Firma Spatz hat nicht nur zehntausende von Pfadi-, Jungwacht-, Blauringund Cevi-Mitgliedern hart getroffen, sondern genauso viele Campierer und Outdoor-Fans. Spatz-Zelte waren und
sind wohl noch lange der Inbegriff von Schweizer Qualität. Die hellbraunen Dreieckszelte, welche in Pfingst-, Sommer- und Herbstlagern quer durchs Land an Waldrändern anzutreffen sind, haben schon zu meiner aktiven Pfadizeit selbst orkanartige Gewitter heil überstanden. Es gab nichts Gemütlicheres, als im warmen Schlafsack eingelullt den Regentropfen zu lauschen, die auf das Aussenzelt trommelten. Penibel achteten wir darauf, dass das Innen- nie in Kontakt mit dem Aus-
www.spatz.ch
senzelt kam. Sonst stand eine nasse Regennacht bevor, weil es an diesen Stellen arg zu tropfen begann. Spatz hat es in Jahrzehnten geschafft, die vorwiegend asiatische Billigkonkurrenz in Schach zu halten. Dazu hat auch der exzellente Service und zuverlässige Reparaturdienst beigetragen. Das Zeltleben eines Spatz dauert nämlich unendlich lange. Und nun musste diese starke Schweizer Marke Ende
Januar also die Bilanz deponieren. Himmeltraurig, dass es Spatz nach dem Besitzerwechsel und Wegzug aus dem Zürcher Hirslandenquartier auf dem Richti-Areal in Wallisellen nicht gelungen ist, abzuheben. Vielleicht ist der Untergang dieses 1935 gegründeten Unternehmens auch ein Zeichen für den grassierenden Verdrängungskampf im Outdoor-Markt. Erstaunlich ist auch, dass etablierte Outdoor-Marken wie Transa, deren Markenprofil zu Spatz passen würde, der gegroundeten Zeltmarke nicht unter die Arme gegriffen haben. Was nicht ist, kann ja noch werden. Spatz wäre nicht die
erste Marke, welche die Insolvenz der Besitzerin überleben würde. Vielleicht erkennt ein solventes Unternehmen das Potential und bringt den Spatz wieder zum Fliegen. Sehr zur Freude aller Pfadis!
STEFAN VOGLER
Der Autor berichtet über die aktuelle Markenführung einer grossen oder kleinen, globalen, nationalen oder lokalen, altbewährten, aufgefrischten oder neuen Marke. www.markenexperte.ch
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MARKETING
Calvin Klein bewirbt ein neues Parfum – die Startups VIU und DillySocks präsentieren ihre Produkte. Sie sind die neusten Mieter der Pop-up-Stores im Zürcher Shopville.
Wie Pilze aus dem Boden POP-UP-VERKAUF Sie kommen, um zu gehen: Läden, Restaurants, Galerien oder gar Kinos auf Zeit werden immer populärer. Paradoxerweise lässt gerade das ihre Attraktivität sinken. TEXT D E L I A B A C H M A N N
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aum da, sind sie schon wieder weg: Im urbanen Raum und Zeitgeist finden die sogenannten Pop-up-Stores einen optimalen Nährboden, was immer mehr von ihnen aus den Böden Schweizer Städte spriessen lässt. Diese Flüchtigkeit aber auch sein Variantenreichtum machen das Phänomen «Pop-up» schwer fassbar. Manche Unternehmen sehen im Popup-Laden ein nützliches Werkzeug zur Markenimagepflege, andere nutzen ihn als Kommunikationsmittel, etwa um eine neue Zielgruppe in einer fremden Stadt anzusprechen. Für Startups wiederum, die als Vorreiter des Pop-up-Verkaufs gelten, ist der Laden auf Zeit in erster Linie ein Absatzkanal und wird nicht selten aus finanziellen Gründen favorisiert. Obwohl sich die verschiedenen Pop-up-Projekte in vielen Aspekten – Ziele, Branche, Unternehmensgrösse, Öffnungsdauer, Lage etc. – unterscheiden, gibt es einen grossen gemeinsamen Nenner.
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DER KAMPF UM AUFMERKSAMKEIT Was die verschiedenen Pop-up-Projekte verbinde, erklärt Dr. Martina Kühne, Detailhandelsexpertin und Trendforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut, sei das Buhlen um die Aufmerksamkeit der Konsumenten: «Wir haben so viele Möglichkeiten, zu konsumieren und unsere Freizeit zu gestalten, dass es für einzelne Anbieter immer schwieriger wird, diese auf sich zu ziehen.» Die kurze Öffnungsdauer solcher Läden motiviere die Konsumenten zum schnellen Zugreifen. In Verbindung mit der häufig limitierten Auswahl an Produkten schafft dies Exklusivität. Der «Ereignischarakter» und das «überraschende Element» werden allerdings kleiner, je mehr Unternehmen mit dem Popup-Format zu arbeiten beginnen: «Wenn es an jeder Ecke einen Pop-up-Shop gibt, sinkt die Attraktivität auch wieder.» Es wird also schwieriger, die Leute vom Bildschirm wegzulocken, wo sie online einkaufen, Filme schauen oder Essen bestellen.
DIE MODERNEN MARKTSCHREIER Pop-up ist ein relativ junges Phänomen, dessen Ursprünge meist im englischsprachigen Raum und insbesondere im New York und London der 90er-Jahre verortet werden. Wer genau Patient Null des Pop-ups war, lässt sich allerdings kaum zurückverfolgen. Schliesslich kann der Pop-up-Verkauf auch als moderne Spielart von jahrhundertealten Verkaufsmodellen – beispielsweise Jahrmärkte – betrachtet werden. Marco Rampinelli, der als Schweizer Pop-up-Pionier gehandelt wird, hat die Zeichen der Zeit früh erkannt: 1998 eröffnete er mit «ID1» seinen ersten Pop-up-Laden für Interior Design. Er bekam eine Ladenfläche angeboten und nutzte die Gelegenheit, um befreundeten Designern eine Plattform zu geben: «Nach diesem ersten Erfolg wurden uns immer wieder Top Locations in der Stadt angeboten.» Nach 18 Jahren, 15 Eröffnungen und 15 Schliessungen ist Schluss: «Uns sind die Ideen ausgegangen.»
Bild: Delia Bachmann
TYPEN VON POP-UP-SHOPS In Bezug auf ihre Zielsetzung unterscheidet popupshops.com folgende Typen von Pop-upLäden: – Concept Stores: Dieser Shop-Typ dient dem Ausprobieren von neuen Ideen, Konzepten und Standorten. Sein grosser Vorteil ist das schnelle Kunden-Feedback bei minimalem Aufwand. – Brand Store: Bei diesem Typ handelt es sich vor allem um eine Imagemassnahme. Ziel ist es, eine Marke zu promoten, indem für den Kunden ein einzigartiges Markenerlebnis geschaffen wird. – Product Event: Ziel dieses Shop-Typs ist es, den Kunden ein neues und allenfalls erklärungsbedürftiges Produkt näherzubringen. – Sale Store: Dieser Shop-Typ bezweckt den Abverkauf, die saisonale Erhöhung der Verkaufskapazitäten oder die Erweiterung eines Online-Shops in Form einer Offline-Verkaufsstelle.
Konzept für sich entdeckt. Es bietet ihnen eine Möglichkeit, einen Fuss in die «physische Welt» zu setzen. Beispiele dafür sind der «eBay-Kaufraum» in der Vorweihnachtszeit 2012 in Berlin-Mitte oder der «Zalando Popup-Store», der 2015 während zweier Tage im Wiener Weltmuseum unter dem Motto «Sei nicht altmodisch» geöffnet hatte. Drittens mischen vermehrt auch etablierte Unternehmen im Pop-up-Geschäft mit, darunter finden sich grosse Namen wie IKEA, H&M, Swatch, Weleda oder Audi. Für diese stellt Pop-up ein aufwendiges Marketingtool dar, etwa um eine neue Kollektion bekannt zu machen. Das Konzept eignet sich also für alle Unternehmensgrössen. Doch eignet es sich auch für alle Branchen? Martina Kühne verneint: «Es sind vor allem Produkte wie Kleider, Accessoires oder Möbel, die einen gewissen Lifestyle zum Ausdruck bringen und die man mit einer dazu passenden Location zu etablieren versucht.»
VOM STARTUP ZUM KONZERN Die Unternehmen, welche im Bereich Detailhandel mit Pop-up-Formaten arbeiten, teilen eine gewisse Experimentierfreudigkeit, aber auch Bindungsangst, wenn es um langfristige Mietverträge oder Investitionen geht. Detailhandelsexpertin Martina Kühne unterscheidet grob drei Unternehmenstypen. So können Startups mittels Pop-up-Stores Resonanz gewinnen und relativ viel herausfinden – etwa, wie die Kunden auf ihr Produkt reagieren oder ob sie zum Standort passen – ohne grosse Investitionen zu tätigen. Weiter haben viele Online-Händler das Pop-up-
ANREIZE FÜR DIE VERMIETER Die «passende Location» zu finden ist in der Schweiz schwieriger als beispielsweise in England oder Deutschland, wo es mehr Leerstand gibt. An B- und C-Lagen würden die Objekte vor allem dann vermietet, wenn keine Mieter gefunden werden könnten, die sich langfristig verpflichten wollen oder wenn für einen bestimmten Zeitraum eine Überbrückungslösung gesucht werde, so Kühne. Doch auch an prominenten Lagen haben sich temporäre Geschäfte angesiedelt: Im vergangenen November vermietete die SBB
erstmals zwei Ladenflächen im Shopville-Zürich Hauptbahnhof an die beiden Popup-Stores «Lush» und «rrrevolve». Anfangs Februar sind mit der Galerie «Passage Bahnhofstrasse», eine Kollaboration zweier lokaler Startups «DillySocks» und «VIU» (vgl. UZ 6, 2015), und dem Pop-up-Store «Passage Bahnhofstrasse», wo Calvin Klein sein neues Parfum «ck2» promotet, bereits ihre Nachfolger eingezogen. Die SBB legen Wert auf «vielfältige und kreative Konzepte, welche das bestehende Angebot im Hauptbahnhof Zürich bestmöglich ergänzen.» Martina Kühne sieht in dieser Abwechslung einen Zusatznutzen für Einkaufszentren wie das Westside in Bern oder das Sihlcity in Zürich, die Ladenflächen an Pop-up-Stores vermieten. Das Sihlcity beispielsweise führte einen Wettbewerb durch, wobei die Gewinner ihre Produkte während vier Monaten anbieten und die Miethöhe selbst bestimmen durften. Aus rund 100 Bewerbern wurden die drei Gewinner «Print Matters!», «MARTA» und «Sanikai» ausgewählt. Auch diese Pop-ups sind bereits wieder Geschichte. ONLINE-MARKTPLATZ ALS VERMITTLER «Als Startup weiss man nicht immer, wo was leer steht, umgekehrt wissen Vermieter nicht, wie man zu einem guten Ladenkonzept kommt.» Martina Kühne beschreibt damit das Problem, das Chalid El Ashker 2014 zur Gründung des Online-Marktplatzes «popupshops.com» veranlasste. Sein Ziel ist es, bei der «Revolution der Retailbranche» mitzuwirken. Einen ersten Schritt hierzu unternahm er 2007 mit einer anderen Website, die als Vorgänger von popupshops. com ebenfalls Vermittlungsdienstleistungen für Pop-up-Stores anbot. Damals sei der Schweizer Markt allerdings noch nicht bereit gewesen: «Insbesondere die Vermieter waren kritisch eingestellt und lehnten kurzfristige Vermietungen trotz Mietausfall kategorisch ab.» Das hat sich in der Zwischenzeit geändert. Doch auch wenn die Vermieterseite das Pop-up-Konzept langsam für sich entdeckt: «In der Schweiz überwiegt die Nachfrageseite bei weitem das Angebot», stellt El Ashker klar und wünscht sich seitens der Vermieter mehr Offenheit. Ein weiteres Problem ist, dass sich viele Vermieter scheuen, leere oder leerwerdende Flächen öffentlich auszuschreiben: «Deshalb betreuen wir viele Flächen auch «offline». Zudem werden wir unseren Vermietern in Kürze ermöglichen, auf unserem Portal nach passenden Mietern zu suchen.» Durch diese Umkehrung des Bewerbungsprozesses ist eine öffentliche Ausschreibung nicht mehr zwingend notwendig. Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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MANAGEMENT
Faire Verhandlerin NADJA LANG Mit der Anbindung an den globalen Handel unterstützt Max Havelaar Kleinbauern, Minen- und Plantagenarbeiter. Dies erfordert von der Geschäftsleiterin nicht selten «Abwehrkräfte» und Durchsetzungsvermögen. TEXT A N O U K A R B E N Z
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tacama-Wüste, Peru. Eine Schotterstrasse führt zu einer kleinen Goldmine, fast 2000 Kilometer von der Hauptstadt Lima entfernt. Links und rechts nur Steinwüste. Die Menschen, die hier arbeiten, erhoffen sich eine goldige Zukunft und kommen teilweise von sehr weit her. Ungeachtet der gesundheitlichen Risiken, graben sie mit bescheidenen Werkzeugen und blossen Händen in der Erde und setzen Quecksilber ein, um das Gold aus dem Gestein zu lösen. Szenenwechsel: Westafrika, an der Elfenbeinküste, wo Nadja Lang von einem ganzen Dorf von Kakaobauern empfangen wird. In ihrem Rucksack bringt die Geschäftsführerin Schokolade aus der Schweiz mit. Die erstaunten und neugierigen Gesichter machen ihr klar, dass diese Menschen zwar den Kakao anbauen, viele von ihnen aber noch nie selbst Schokolade gesehen, geschweige denn gegessen haben. Zwei Orte auf zwei Kontinenten, die eines gemeinsam haben: Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft mit einem sicheren Einkommen. Dafür engagiert sich Nadja Lang bei der Stiftung Max Havelaar, die mit ihrem Handelsansatz genau dort andockt, wo es gilt, die in den Welthandel involvierten Akteure auf Augenhöhe zu bringen. GEGENWIND AUF NEUEN WEGEN Unverblümt und mit einer verblüffenden Leichtigkeit erzählt mir Nadja Lang von ihren Reisen und nimmt auch dann, wenn es ums Geschäftliche geht, kein Blatt vor den Mund. «Nach der Begrüssung und der Überreichung der süssen Geschenke ging es zum eigentlichen Geschäft über. Der Präsident der Kooperative – häufig sind diese selbst Kleinbauern – berichtete uns von der schwierigen Situation.» Das Problem war, dass es für die grosse Menge an zertifiziertem Kakao zu wenig Absatzmärkte gab. Daher konnten die Kakaobauern nur einen kleinen Teil ihres Kakaos zu den vorteilhaften Fairtrade-Bedingungen verkaufen. Der Appell war klar: Man müsse Möglichkeiten finden, mit der Schweizer Schokoladenindustrie ins Geschäft zu kommen. 48
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Als Max Havelaar gegründet wurde, war es ein Nischengeschäft und man betrachtete das Produkt in Bezug auf Fairtrade ganzheitlich. Dies bedeutete, dass das Label nur an Produkte vergeben wurde, bei denen alle Zutaten, die als Fairtrade-zertifizierter Rohstoff erhältlich sind, auch fair bezogen worden sind. Kaufte ein Schokoladenproduzent beispielsweise nur den Kakao aus fairem Anbau, setzte aber auf Schweizer Rübenzucker und nicht auf Fairtrade-Rohrzucker, bekam er auch kein Label. «Für den KakaoBauer vor Ort macht es allerdings keinen Unterschied, wo sein Kakao am Schluss landet – sei dies in einem Massenprodukt oder einer Delikatessenschokolade», sagt Nadja Lang, «er will seine Ware verkaufen können.» Anfang 2014 wurde deshalb das neue «Programm»-Label für Kakao, Baumwolle und Zucker eingeführt, das sich optisch vom gewöhnlichen Max Havelaar-Label unterscheidet. Dies führte in der Schweiz teilweise zu heftiger Kritik, da befürchtet wurde, dass nun auch Hersteller ihre Produkte mit dem Logo schmücken können, die in Wahrheit nichts mit Fairtrade am Hut haben. Darauf angesprochen, verweist Nadja Lang darauf, dass sich Max Havelaar in einem breiten Spannungsfeld von Anspruchsgruppen befinde – seien dies die Konsumenten in der Schweiz, die Bauern in den Herkunftsländern oder andere Länderorganisationen innerhalb des Fairtrade-Systems. Sie fügt an, dass man die Bedenken sehr ernst genommen und transparent kommuniziert habe. «Wir müssen uns immer vergegenwärtigen, was unsere Vision ist: Die Lebensgrundlage von Kleinbauern zu verbessern, sodass diese ein selbstbestimmtes Leben führen können. Vor dem Hintergrund dieser Mission fällen wir unsere Entscheide.» Der neue Kurs zeigt seine Wirkung: Alleine im Jahr 2014 konnte Max Havelaar in der Schweiz im Kakaobereich um 30 Prozent wachsen. GOLD, DAS AUCH GLÄNZT Zurück nach Peru: Damit die kleingewerblichen Minen ihr Fairtrade-Zertifikat erlan-
gen konnten, mussten diese erst mit grossem Aufwand auf die Erfüllung der umfangreichen Standards hinarbeiten. «Dazu arbeiten wir vor Ort mit verschiedenen Akteuren wie dem SECO und anderen NGOs zusammen,» erklärt Nadja Lang. Vor etwas mehr als einem Jahr war es dann so weit und Max Havelaar lancierte Fairtrade-Gold auf dem Schweizer Markt. Gerade weil die Schweiz als Umschlagplatz für Gold eine wichtige Rolle spielt, habe man ein Zeichen setzen wollen. Auch das mediale und politische Interesse am Goldhandel sei gross, meint Nadja Lang. «Das und die Aufklärungsarbeit von Kampagnenorganisationen hat geholfen, das Thema vorwärts zu bringen.» Abnehmer sind unter anderem Coop City und CHRIST Uhren & Schmuck, ein Angebot von Manor gibt es auch schon. Insbesondere Verlobungspaare sollen auf das Gold setzen: «Eine Hochzeit ist ein sehr schöner und emotionaler Moment. Das Letzte, was man da will, ist ein Hochzeitsring aus Gold, bei dessen Abbau Menschen ausgebeutet wurden.» Der nächste logische Schritt war jener in den Anlagebereich. Die Zürcher Kantonalbank lanciert als erste Schweizer Bank Fairtrade-Goldbarren von 1 bis 10 Gramm. Neben dem Geschäft mit dem Gold hat DIE MAX HAVELAAR-STIFTUNG Die Stiftung, welche 1992 von sechs grossen Schweizer Hilfswerken (Brot für alle, Caritas, Fastenopfer, Heks, Helvetas und Swissaid) gegründet wurde und seit 2001 selbsttragend ist, zeichnet mit ihrem Gütesiegel Produkte aus, die nach den internationalen Fairtrade-Standards produziert und gehandelt werden. Die Hauptaufgabe der Stiftung ist die Ermöglichung des Marktzugangs für Fairtrade-Produkte sowie die Informations- und Sensibilisierungsarbeit für den fairen Handel in der Schweiz. Das Max Havelaar-Gütesiegel steht unter anderem für stabile Mindestpreise, die Bezahlung einer Fairtrade-Prämie, langfristige Handelsbeziehungen und einen umweltschonenden Anbau.
Durch die tägliche Berührung mit den Fairtrade-Produkten könnten potentielle Kunden «auf den Geschmack gebracht werden». KEIN HELFERSYNDROM Nadja Lang wurde 2012 zur Geschäftsleiterin der Max Havelaar-Stiftung ernannt, wo sie zuvor bereits sechs Jahre als Marketingund Verkaufsleiterin tätig war. Nach ihrer Banklehre und dem Studium in Betriebsöko-
Foto: zVg
Nadja Lang seit ihrem Antritt als Geschäftsführerin auch die Gastronomie als Absatzkanal stark vorangetrieben. Dieser verzeichnet gemäss den Zahlen von 2014 ein Wachstum von 30 Prozent. In der Personalverpflegung arbeitet Max Havelaar unter anderem mit der SV Schweiz AG und Grossunternehmen wie der Swisscom zusammen, und selbst bei der Bahnhofsrestaurantkette Spettacolo bekommt man Fairtrade-Kaffee angeboten.
nomie arbeitete sie zunächst bei Coca-Cola und später beim Nahrungsmittel-Riesen General Mills. Sie kennt somit beide Seiten: Die Bedürfnisse der grossen Lebensmittelproduzenten und jene der kleinen Bauern im Süden. Als sie den Entscheid fällte, General Mills zu verlassen, tat sie dies nicht aus Groll, sondern weil sie etwas verändern wollte. Durch den Wechsel von der Privatwirtschaft in eine Non-Profit-Organisation liess sich Nadja Lang sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf die Führung auf Neues ein. Sie war sich an die hierarchisch geführte Unternehmensstruktur eines Grossunternehmens gewöhnt und musste sich erst mit der neuen Umgebung vertraut machen. Heute fällt ihr auf, dass diese Art der Unternehmeskultur auch immer mehr in der Privatwirtschaft gelebt wird, beispielsweise in Bezug auf die Flexibilität der Arbeitszeiten oder die dialogorientierte Führung, die eine grosse Gestaltungsfreiheit erlaube. Für Nadja Lang sind diese Veränderungen zwingend: «So viele Industrien sind heute im Wandel. Wenn man nicht fähig ist, diesen zu bestreiten, hat man auf dem Markt keine Chance. Dazu braucht es auch extrem motivierte und intelligente Mitarbeitende, die bereit sind, diesen Wandel zu begehen.» Die richtigen Leute zu finden, sei natürlich eine Herausforderung. Diese müssten offen sein und die Fähigkeit haben, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. «Hier wird nie etwas alleine gemacht. Man ist immer im Dialog – mit Partnern, mit Fairtrade International, der Zivilgesellschaft oder auch mit den Medien. Da braucht es Leute mit Biss, denn es gibt immer auch Gegenwind.» EIN ORGANISATIONSTALENT Neben ihrer Position als Geschäftsführerin ist Nadja Lang unter anderem im Verwaltungsrat der Schweizerischen Post und Energie 360° tätig. All dies zu vereinbaren, verlange eine gute Organisation und ein Umfeld, das diese Auslastung erlaube. Daneben engagiert sich Lang auch im Kaderfrauen-Netzwerk «Generetion CEO», wo sich Frauen in Führungspositionen treffen und zu Themen der Wirtschaft und des Managements austauschen können. Bleibt da noch Zeit für Freizeit? Nadja Lang lacht: «Natürlich. Ich war gerade zwei Tage Schneeschuh-Laufen mit meiner Familie und Freunden.» Familie, Natur und Kultur seien ihr als Ausgleich sehr wichtig. Unter der Woche treibe sie regelmässig Sport – lieber, als ihn zu schauen: «Mit Fussball kann ich nicht viel anfangen. Wenn man aber Kinder hat, bei denen man fast jedes Wochenende am Fussballplatz steht, ist es auch mir passiert, dass ich ein minimales Interesse für diesen Sport entwickeln konnte», scherzt sie. Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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MANAGEMENT
Die Zukunft der Führung LEADERSHIP-MODELL Ein radikaler Wandel durchdringt die Arbeitswelt bis hinauf in die Unternehmensspitzen – die digitale Transformation fordert neue Führungskonzepte. Ein an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich entwickeltes Leadership-Modell greift diese Entwicklungen auf und inspiriert Führungskräfte für die Zukunft. Dafür wurden zwei Weiterbildungsprogramme geschaffen. TEXT A L I N E T H E I L E R
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ie heutige Arbeitswelt ist in zunehmendem Masse von neuen Technologien, Prozessen und Medien geprägt. Das bleibt nicht folgenlos: Diverse Studien zeigen, dass immer mehr Führungskräfte branchenunabhängig neue Denkansätze und Methoden fordern, wie Prof. Dr. Sybille Sachs und Prof. Dr. Edwin Rühli des Instituts für Strategisches Management: Stakeholder View der HWZ schon 2011 festgestellt haben. SOZIALE MEDIEN BEWIRKEN UMDENKEN Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verwischen zunehmend – auch wegen Social Media. Denn ob privat oder beruflich, Arbeitnehmende sind immer häufiger online. Die Sozialen Medien ermöglichen einen Grad an Vernetzung, der dazu führt, dass sich die Abhängigkeitsverhältnisse von Arbeitgebern und Arbeitnehmern verschieben. Wie aber gehen Führungskräfte mit dem Kontrollverlust um, wenn sich Mitarbeitende vermehrt untereinander, über Hierarchiestufen und Teams hinweg vernetzen? Lösungsansätze sind in zwei Bereichen zu finden. Einerseits kann die Kultur eines Unternehmens in Richtung Engagement und High-Performance-Teams entwickelt und andererseits die betrieblichen Abläufe neu gedacht werden. Die erfolgreiche Umsetzung des Wandels weg vom internen Wettbewerb hin zu einer Kooperationskultur ist dabei der entscheidende Erfolgsfaktor.
ship-Modell bildet auch die Grundlage für das neue Weiterbildungsangebot CAS (Certificate of Advanced Studies) Next Generation Leadership der HWZ. Dieses richtet sich an Führungskräfte, die innerhalb ihrer Organisation für Innovation verantwortlich oder in von disruptiven Technologien bedrohten Branchen tätig sind. TRAINING FÜR ERFAHRENE FÜHRUNGSKRÄFTE Die HWZ thematisiert diese neuen Führungsherausforderungen ebenfalls in ihrer Executive Academy, und zwar in Form des
Intensivseminars Shared Leadership. Die Executive Academy bietet kurze, hochwertige Programme für erfahrene Führungspersonen an. Bei Shared Leadership liegt der Fokus auf drei Bereichen: dem Managen des Ichs, des Teams und der Umwelt. In Kleingruppen werden Potenziale eruiert sowie Erfahrungsund Wissensaustausch betrieben – stets begleitet von ausgewiesenen Experten. Die Teilnehmenden gewinnen so im kleinen Kreis wertvolle persönliche Erkenntnisse für ihre Führungsprozesse. Grafikquelle: zVg/Bild: Depositphotos.com/pressmaster
ROLLENWECHSEL IN FLUIDEN ORGANISATIONEN Ein interdisziplinäres Projektteam hat dazu ein neues, integrales Führungsmodell entwickelt und festgestellt, dass Führungskräfte von morgen erkennen müssen, dass sie nur noch Experten unter Experten sind (vgl. Abbildung). In diesen veränderten Führungsrollen müssen sie sich neuen Führungsmechanismen, welche den Ansprüchen fluider Organisationsstrukturen Rechnung tragen, stellen. Dieses LeaderNr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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UNTERNEHMEN
Neustart ab Belpmoos SKYWORK AIRLINES AG Vor knapp zwei Jahren flog die kleine Berner Regional Airline gefährlich nah am Boden. Seither gewinnt sie wieder an Flughöhe. Mit dem Abwerfen von Altlasten allein wäre der Turnaround jedoch nicht gelungen – entscheidend war eine Kurskorrektur. TEXT D E L I A B A C H M A N N
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ie kleine Berner Fluggesellschaft blickt auf eine bewegte Unternehmensgeschichte zurück. 1983 von Alex Gribi als Flugschule gegründet, wandelte sich das Unternehmen erst zur Taxi-, dann zur Charter- und schliesslich zur Linienfluggesellschaft. Die eigentlichen Turbulenzen nahmen 2010 mit einer Rochade an der Unternehmensspitze ihren Anfang. Nach dem Rückzug des SkyWork-Gründers Alex Gribi aus dem operativen Geschäft kamen Investor Daniel Borer und CEO Tomislav Lang an Bord. Danach ging es Schlag auf Schlag: Kapitalerhöhung, Umfirmierung, Ausbau des Streckennetzes, Neupositionierung und die Gründung eines eigenen Reisebüros – SkyWork wollte durchstarten. In der Folge wurde das Steuer von Kapitän zu
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Kapitän weitergereicht, bis Anfang Juli 2014 der heutige SkyWork-Chef Martin Inäbnit die Kontrolle übernahm. Auch er spricht von Neuanfang, nicht jedoch von Höhenflügen. Der ehemalige Crossair-Pilot folgte dem Ruf des damaligen SkyWork-Aktionariats und erkannte bald, «dass dieser Laden kurz vor dem Umkippen ist.» Während Inäbnit über die schwarze Null, regionale Identität, das zwiespältige Verhältnis zum Flughafen oder den teuren Most spricht, räumt er nebenbei mit einigen weitverbreiteten Irrtümern rund um die Aviatik auf. AM GROUNDING VORBEIGESCHRAMMT «Ich bin nicht hierher gekommen, um den Laden zu übernehmen, sondern um zu schauen, was man machen kann», stellt Inäbnit klar. Zu tun gab es in der Tat einiges – die
Zukunft der kleinen Berner Airline war Ende 2013 äusserst ungewiss. Besonders «lebensgefährlich» seien die befristete Betriebsbewilligung sowie das fehlende Geld in der Kasse gewesen: Die Firma hatte im Jahr 2013 23 Millionen Franken verbrannt. Die finanzielle Schieflage rief das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) auf den Plan. Dieses reduzierte die Betriebsbewilligung von SkyWork auf eine befristete Bewilligung mit Auflagen, weil deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht mehr sichergestellt war. Das BAZL überprüft die Planungs- und Kennzahlen aller Schweizer Fluggesellschaften mehrmals pro Jahr, um die Betriebssicherheit zu gewährleisten und die Kunden vor Verlusten zu schützen. Die Betriebsbewilligung von SkyWork war bis Ende Juni 2014 befristet und mit diver-
einzusparen, ist das nicht sein Kernanliegen: «Weltweit ist noch nicht eine einzige Firma saniert worden, rein durch Sparmassnahmen.» Der Ausdruck «kaputt sparen» komme schliesslich nicht von ungefähr. So müsse eine Firma genügend konsolidiert sein und wissen, was der nächste Schritt ist, wenn sie an der «Baisse der Ausgaben» ankommt. Bei SkyWork war es vor rund fünf Monaten so weit: Was den Personalbestand anging, hatte sie den tiefsten Punkt erreicht. Jetzt gilt es wieder «Geld in die Finger zu nehmen» für den Aufbau.
«WIR SIND NOCH LANGE NICHT DORT, WO WIR HIN MÜSSTEN.» DIE SKYWORK AIRLINES AG CEO und VR-Präsident: Martin Inäbnit Anzahl Mitarbeitende: 100 Vertriebskanäle: Internet (über 60 Prozent), Reisebüro und direkt am Flughafenschalter Zahlungsmittel: Bargeld, Kreditkarte, Reka-Checks und WIR Sommerdestinationen: Amsterdam, Berlin, Cagliari, Elba, Figari, 2016 Hamburg, Heringsdorf, Ibiza, Jersey, Köln, London City, Menorca, München, Olbia, Palma de Mallorca, Rijeka, Split, Wien, Zadar und Paris. Winterdestinationen: Amsterdam, Berlin, Hamburg, Köln, London City 2015/2016 München, Palma de Mallorca, Wien Bilder: zVg
sen Auflagen verbunden, von denen Inäbnit nicht von Beginn weg Kenntnis gehabt hatte. Das dringendste Problem sei es dann gewesen, «so schnell so viel Vertrauen wiederherzustellen, dass wir die Aktien verkaufen und dem BAZL den Nachweis der Finanzierung liefern können.» Inäbnit kaufte den alten Besitzern die Aktien ab und verkaufte sie zum Zweck der Refinanzierung an verschiedene Privatpersonen und Industrielle aus der Region Bern. Zudem übernahm Inäbnit das Verwaltungsratspräsidium und trennte sich von der alten Geschäftsleitung. Er ist überzeugt, dass es die Firma ohne diesen Schritt nicht mehr geben würde: «Man hätte nie von jemandem Geld bekommen unter Weiterführung der bestehenden Geschäftsleitung.» Am 29. Juli 2014 erteilte das BAZL der SkyWork die unbefristete Betriebsbewilligung.
SPAREN ALS BEGLEITMASSNAHME Im Vergleich zur Wiederherstellung des Vertrauens und der Erlangung einer definitiven Betriebsbewilligung sei das Ergreifen von Sparmassnahmen fast nachrangig gewesen und teilweise auch leicht gefallen, resümiert Inäbnit: «Es wurde ein Haufen Geld zum Fenster rausgeworfen.» An vielen Stellen konnten mit einfachen Eingriffen Sparmassnahmen umgesetzt werden, andere verlangten neue Konzepte oder konnten wegen verbindlichen Verträgen nicht so schnell realisiert werden. Im Bereich Markenschutz etwa fielen die Einsparungen nicht schwer: «Die alte Geschäftsleitung hat eine Viertelmillion für Markenschutz ausgegeben, in Ländern wie dem Sudan, in denen noch nie ein SkyWork-Flugzeug gelandet ist.» Obwohl es Inäbnit gelang, «eine grosse Menge Geld»
NEUE FLUGZEUGE, NEUE ZIELE Gebraucht wird dieses Geld beispielsweise für die eingeleitete Umflottung. Aktuell besteht die SkyWork-Flotte aus vier Dornier 328-100 – einem klassischen Kurzstreckenflugzeug deutscher Bauart mit Turboprop-Antrieb, das 31 Passagieren Platz bietet. Allerdings ist die Maschine zu klein und rentiert bei Strecken von mehr als 700 Kilometern kaum mehr. Bis im Herbst 2017 sollen deshalb alle Dornier ausgeflottet und durch Saab 2000 ersetzt werden – zwei davon werden im April und Mai 2016 in Betrieb genommen. Das schwedische Regionalflugzeug verfügt über 50 Sitzplätze und ist im Vergleich zur Dornier pro Sitzplatz etwas sparsamer im Verbrauch. Auch die Eröffnung neuer Strecken ist nicht billig. Ein Jahr nachdem die alte SkyWork-Führung euphorisch einen Angebotsrekord von 34 Destinationen im Sommerflugplan 2013 verkündete, strich Inäbnit diese für den Sommer 2014 auf 18 zusammen. Nun soll das gestraffte Streckennetz wieder ausgebaut werden. Gemäss offiziellem Sommerflugplan 2016 wird SkyWork 20 Destinationen anfliegen, davon liegen zehn südlich des Heimflughafens und häufig auf Inseln. SkyWork wird ab Juni 2016 neu auch Paris anfliegen. Destinationen wie London City, Köln oder Heringsdorf können auch ab Basel gebucht werden. Der aktuelle Winterflugplan 2015/2016 umfasst insgesamt 9 Destinationen mit Palma de Mallorca als einziger Destination im Süden. Dieses Angebot richtet sich insbesondere an Wintergolf-Touristen. Seit Anfang 2015 weitet SkyWork zudem das Angebot bei den Charter-Flügen aus, das derzeit noch einen kleinen Anteil am Total hat. Der Grund für die Verstärkung des Charterbusiness: «Flugzeuge zu betreiben, ist teuer; Flugzeuge, die am Boden stehen, sind es auch.» DAS KREUZ DER KLEINEN Im Jahr 2015 erreichte SkyWork eine knappe schwarze Null im operativen Geschäft. Doch Martin Inäbnit ist nicht zufrieden: «Wir sind Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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noch lange nicht dort, wo wir hin müssten.» Zu klein seien sie noch, um die hohen Fixkosten zu stemmen. Inäbnit verweist auf ein Whiteboard nahe der Wand des überdimensionierten Büros – noch so ein Sparpotenzial, das bald durch Umzug genutzt wird – auf dem 13 Managerpositionen respektive fixe Personalkosten in Höhe von einer Million jährlich aufgelistet sind: «Diese Positionen müssen wir für die Betriebsbewilligung haben, ob wir 100 Flugzeuge haben oder eins.» Neben den personellen Fixkosten fallen auch Wartungskosten und die Versicherungsgebühren der Flugzeuge ins Gewicht. Im Jahr 2018 soll auch noch das letzte Rot aus der Bilanz verschwunden sein. Mehr liegt bis dann aber nicht drin: «Eine schwarze Null ist für unsere Grösse und die Situation, in der wir uns noch befinden, vorerst das höchste aller Gefühle.» Ab Leuten, die denken, das werde dereinst Millionen abwerfen, schüttelt er den Kopf: «Regional Airline – das muss man einfach gerne haben und damit hat es sich.» Werden die gesetzten Ziele 2018 erreicht und ist noch etwas Wachstum möglich – eine zwingende Notwendigkeit und keine leichte Aufgabe –, könne vielleicht auch ein Franken zusätzlich verdient werden. QUANTITATIVES STATT QUALITATIVES WACHSTUM Besonders schwierig könnte es im Berner Heimmarkt werden. Der Anteil der sogenannten Leisure-Kunden, die zum Vergnügen reisen, beträgt hier zwischen 60 und 70 Prozent. Geschäftsreisende machen rund 35
ZUR PERSON Martin Inäbnit, 1953, ist seit dem 30. Juni 2014 CEO und Verwaltungsratspräsident der SkyWork Airlines AG. Der gelernte Bauingenieur ist Inhaber einer Consultingfirma mit Schwerpunkt Aviatik und Schienenverkehr, besitzt einen Lokführerausweis und eine Linienpilotenlizenz. Etwa einmal pro Woche sitzt Inäbnit selbst im Cockpit: «So lerne ich den Laden von einer anderen Seite kennen, komme in direkten Kontakt mit den Kunden und sehe, was funktioniert und was nicht.»
Prozent aus. Beim Markt Basel sind es auf der Strecke nach London City je 50 Prozent. Martin Inäbnit würde den Anteil der zahlungskräftigeren Geschäftskunden gerne auch im Heimmarkt erhöhen, doch sei eine Verschiebung dieses Verhältnisses kaum möglich: «Wir stossen hier an eine Art Wolkendecke.»
Grund dafür sei das fehlende Hinterland: «Bern hat einfach nicht so eine Menge an Industrie und Dienstleistung wie ein Raum Zürich oder Basel.» Weil es kaum Möglichkeiten gibt, qualitativ zu wachsen, konzentriert sich Inäbnit auf das quantitative Wachstum. Insbesondere im Welschland sieht er ein grosses Potenzial: «Wir haben jetzt eine französischsprachige Sales Person, die nichts anderes macht, als die Romandie zu bearbeiten.» Dass die französische Schweiz bis anhin eher stiefmütterlich behandelt wurde, liege auch an der Sprache und daran, dass man die Mentalität nicht verstanden habe. Weniger Potenzial sieht Inäbnit beispielsweise im Wallis. Dieses sei zu abgekoppelt: «Die Morgenflüge sind weder mit dem ÖV noch mit dem Pri-
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vatfahrzeug zu schaffen – auch nicht durch den Tunnel.» DIE NACHFRAGE BESTIMMT DEN PREIS «Dies ist nicht der wichtigste Messpunkt», antwortet Inäbnit auf die Frage nach der Auslastung der SkyWork-Flüge. Er erzählt von einer kleinen Fluggesellschaft in Friedrichshafen, die im vergangenen November pleite gegangen, aber meist gut ausgelastet gewesen sei. Das Beispiel zeigt: «Die Anzahl Tickets ist egal. Wichtig ist, was habe ich für diese Tickets bekommen?» Der sogenannte Sitzladefaktor liegt bei einem Regional Carrier typischerweise zwischen 60 und 70 Prozent, ist aber manipulierbar und deshalb als Kennzahl allein nur bedingt aussagekräftig: «Ich kann jeden Flieger füllen und es soweit treiben, dass die Leute von Zürich nach Bern fahren, um zu fliegen, wenn ich sage: Der Flug kostet nur 30 Franken.» Weil also der Preis und nicht nur die Menge entscheidet, gehört die Preissetzungspolitik zu den Kernaufgaben einer Airline. Für die Kunden sind die Preise aber häufig schwer zu durchschauen. Inäbnit sieht das genauso und verweist auf das verhängnisvolle Wörtchen «ab» vor den Tiefpreisangeboten. Es sei illusorisch anzunehmen, dass eine EasyJet sämtliche Sitze nach Leipzig für 39 Franken verkaufe: «Das sind in der Regel nur wenige Sitze im ganzen Flugzeug.» Auch SkyWork betreibt das sogenannte «Pricing by demand», wodurch die Preise stark und teilweise stündlich variieren. Mit den Tiefpreisen der Billig-Airlines kann die kleine Regional Airline allerdings nicht mithalten: «Personen, die von Bern nach Basel gehen, weil es dort fünfzig Franken billiger ist, können wir nicht nachrennen.» Insgesamt 21 Tarife stehen hinter den drei Buchungsklassen Economy Light, Economy und Business. Die Preise werden mithilfe eines Programms auf der Grundlage von Erfahrungswerten – etwa über Ostern – angepasst. Ein Teil der Preissetzung ist menschengemacht: «Wir haben Leute hier, die nichts anderes tun, als Preise zu steuern.» Diese greifen beispielsweise im Vorfeld einer Messe oder eines Fussballmatches manuell in die Preise ein. VERLUSTGESCHÄFTE, DIE SICH LOHNEN Wie jede Airline hat auch SkyWork erfolgreiche und weniger erfolgreiche Strecken. Welche davon finanziell besonders attraktiv sind, möchte der SkyWork-Chef aber nicht verraten: «Sonst steht morgen die Konkurrenz da.» So geschehen im März 2015, als SkyWork auf der lukrativen Linie Bern-München von der britischen Airline bmi Konkurrenz erhielt. Heute ist die Strecke ein Verlustgeschäft, und
zwar, so Inäbnit, nicht nur für SkyWork: «Wir verlieren in München Geld. Und ich behaupte – und das hat mir bisher noch niemand widerlegt – auch eine bmi verliert mit München Geld.» Trotz Überangebot und entgegen der weitverbreiteten «volkstümlichen» Meinung sei dies kein Grund die Strecke einzustellen: «Stelle ich diese ein, steigen die Fixkosten für die anderen. Also betreibe ich sie lieber weiter und habe im Durchschnitt ein einigermassen akzeptables Geschäftsergebnis.» EINE SCHICKSALSGEMEINSCHAFT MIT ZÜNDSTOFF Einziger Profiteur des Überangebots auf der umkämpften Strecke Bern-München sei der Flughafen: «Der Flughafen verdient an jeder Landung, an jedem Passagier und hat dabei Null Risiko.» Dabei sind die Schicksale des Flughafens Bern-Belp und jenes der SkyWork eng miteinander verknüpft. SkyWork bringt über das Jahr rund 60 Prozent aller Passagiere an den Berner Flughafen, im Winter ist sie für etwa 80 Prozent der Einnahmen des Flughafens verantwortlich: «Wenn der Flughafen zumacht, müssen wir woanders hin. Wenn wir zumachen, dann hat der Flughafen einen Tag später ein grosses Problem.» Es gibt also durchaus eine gewisse Schnittmenge gemeinsamer Interessen: «Eigentlich wollen wir beide wachsen und mehr Passagiere anziehen.» Traditionell stehen aber die divergierenden Interessen im Vordergrund. Die gegenseitige Abhängigkeit ist allerdings keine bernische Besonderheit: «Jeder Homecarrier hat irgendwo mit seiner Homebase ein angespanntes Verhältnis.» Ewige Diskussionen gibt es etwa über die hohen Treibstoffpreise: «Der Most ist nirgends so teuer wie hier. Wir versuchen auswärts zu tanken, damit wir nicht hier tanken müssen.» Daneben ärgert sich Inäbnit auch über die schlechten Anflugverfahren. So mussten alleine im vergangenen Dezember 41 Flüge ausfallen oder nach Basel umgeleitet werden: «Das Risiko, dass wir bei schlechtem Wetter nicht nach Hause kommen, ist hier am grössten.» Trotz den immer mal wieder aufkeimenden Streitigkeiten mit dem Flughafen Belpmoos ist Inäbnit der Region sehr dankbar: «Es gibt viele Berner, die nicht nur aus praktischen Gründen ab Bern fliegen wollen, sondern auch, weil sie mit dem Herz verbunden sind.» Dieser Rückhalt aus der Bevölkerung habe für SkyWork als kleine Airline einen wahnsinnigen Stellenwert. Die einzige gänzlich im Schweizer Besitz verbleibende Schweizer Linienfluggesellschaft ist damit auch ein Stück weit Teil der regionalen Identität – wenn auch mit englischem Namen und ohne das weisse Kreuz auf rotem Grund.
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Vergnügte Bergwelt PLAKAT-KÜNSTLER Eine Frau sonnt sich vor einem Bergpanorama, eine andere hüpft in Crans-Montana über einen Schneemann und ein Teufelchen spielt vor der Walliser Bergkulisse auf seiner Flöte: Vielen sind die Wintersport-Plakate von Martin Peikert bekannt, nur wenige kennen allerdings den Menschen dahinter. TEXT A N O U K A R B E N Z
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artin Peikert malte für St. Moritz und Gstaad, reiste nach Crans-Montana, Villars oder Verbier, um sich für die Anfertigung der Plakate ein genaues Bild der Tourismusdestination zu machen. In seiner Arbeit war er sehr vielfältig, so gestaltete er nicht nur Tourismusplakate, sondern war auch für verschiedenste Unternehmen gestalterisch tätig. Einige seiner Kreationen wie das Teufelchen von Les Diablerets (1947) oder der Schriftzug von Chocolat Villars, der die Form einer Kuh bildet, gibt es heute noch und sind Teil des Schweizer Kulturerbes. BRILLANTER PLAKATKÜNSTLER DER ZWISCHENKRIEGSZEIT Martin Peikert kam am 5. April 1901 im Kanton Zug zur Welt. Seine Eltern waren deutsche Einwanderer, sein Vater Carl Peikert führte ein Architekturbüro und eine Bauschneiderei. Im Alter von 19 Jahren begann Martin Peikert sein Studium an der Kunsthochschule Genf, das er mit der Höchstnote abschloss. Die Wanderjahre führten ihn nach Stuttgart, Hamburg, Berlin und Paris. 1923 arbeitete er in Genf als Reklame- und Dekorationsmaler und gestaltete später die Titelblätter der Zeitschrift «Wochenschau» der Orell Füssli AG in Zürich. Vier Jahre später eröffnete Peikert sein eigenes Atelier und begann, sich seinen Lebensunterhalt als freischaffender Grafiker und Maler zu verdienen. Nach dem Einstieg in die Werbebranche zeichnete Martin Peikert unter anderem für das Detailhandelsunternehmen Globus, den Golf-Club Crans-sur-Sierre und die Waschmittelmarke Persil des Henkelkonzerns. 1929 heiratete er die Holländerin Henriette Koopman, mit der er später zwei Kinder hatte. Sein erstes touristisches Plakat gestaltete er 1930 für das Strandbad Interlaken. Von da an schuf Peikert verschiedene Plakate für Walliser Ferienorte. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zog es Martin Peikert in die Romandie, wo er seine zweite Frau 56
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Verkehrsversein Pontresina (1950).
Foto: Kantonsbibliothek Graubünden
Die Plakate von Martin Peikert im Stil Art déco setzten den Menschen – oftmals Frauen – in den Vordergrund.
Suzanne Marie Borboën kennenlernte. Erst 1951 kehrte er mit Frau und Tochter wieder nach Zug an seinen Geburtsort zurück, wo er bis zu seinem Tod lebte. DAS PLAKAT – MODERNES MASSENMEDIUM Die Rolle des Plakates hat sich seit seiner Entstehung laufend verändert. Die Ankündigungstafeln in der Antike gelten als Urmutter des heutigen Plakats. Die Griechen nutzten die rotierenden Tafeln, um an sportlichen Veranstaltungen das Programm anzusagen. Später benutzten die Römer mit Gips überzogene Holztafeln oder ritzten und malten auf Hausmauern, um ihr Anliegen zu verbreiten oder ihre Meinung – gar im Sinne einer «Wahlkampagne» – kundzutun. Im Ersten Weltkrieg wurde das Plakat als Mittel zur Kriegspropaganda unverzichtbar. Besonders in Amerika war es nicht mehr wegzudenken. Europa folgte und nutzte die Plakatform zur Bekanntmachung rechtsextremer Meinungen und der Verbreitung des nationalsozialistischen Gedankenguts. Zahlreiche Propaganda-Plakate aus der Nazi-Zeit sind heute noch bekannt und in Museen zu sehen. Mit dem wirtschaftlichen Wachstum setzte man nach dem zweiten Weltkrieg vermehrt auf Tourismus- und Werbeplakate. Bereits mit der industriellen Revolution im 18. Jahrhundert wurde das Plakat für die Vermarktung neu geschaffener Konsumgüter und Reiseziele genutzt. Die Bedürfnisse hatten sich geändert: Die mittelständische Bevölkerung wollte unterhalten werden, hatte Zeit und das Geld, um zu reisen und sich Luxusgüter zu leisten. Nach und nach entdeckten Künstler, die zuvor in der Reklamegestaltung tätig waren,
das Plakat für sich. Der Herstellungsprozess war jedoch langsam und teuer, weshalb anfangs nur vereinzelte Künstler ihre Ausstellungen und Werke auf Plakaten vorstellten. Erst als Jules Chéret, ein französischer Pionier der Plakatgestaltung, 1827 die Chromolithografie einführte, erreichte das künstlerisch-illustrative Plakat-Schaffen seine Blüte- und Hochzeit. EIN PERFEKTIONIST MIT HUMOR Martin Peikert verbrachte jeweils viele Stunden und Tage an den Destinationen, für die er Plakate anfertigen sollte, um vollkommen in die Atmosphäre des Ortes eintauchen zu können. Gewöhnlich zeichnete er am Ort des Geschehens selbst. So bereiste er das Wallis, den Jura, die Zentralschweiz, die Berner Alpen und vor allem das Engadin in Graubünden. Er arbeitete bevorzugt nachts, grübelte stundenlang, bis er eines Tages plötzlich in seinem Atelier verschwand, das niemand sonst betreten durfte. Einige Tage später war das Bild vollendet, doch für gewöhnlich durfte es noch niemand sehen. Dann fuhr er – wie immer in Anzug und Krawatte – mit dem Zug zur Druckerei und legte das Plakat auf den Lithografie-Stein zum Druck. Zuvor brachte Martin Peikert mithilfe des Lithografen die letzten Ausbesserungen an, bis er endlich zufrieden war und das Gut zum Druck gab. Ab diesem Stadium war die Arbeit erledigt und vergessen. So wäre es ihm auch nie in den Sinn gekommen, Exemplare seiner Plakate zu behalten. Die Handschrift Peikerts ist in seinen Arbeiten unverkennbar. Die Plakate im Stil Art Déco vermitteln Glück und Le-
Bild: Keystone
bensfreude; die Menschen, die hier oft im Mittelpunkt stehen, erzeugen das Bild einer aufgeschlossenen, warmherzigen Schweiz. Es fällt auf, dass Peikert oftmals eine hübsche, blonde Frau als Sujet wählt – vor dem Hintergrund der Alpen oder dann mit einem Golfschläger in der Hand. Peikert selbst soll ein sehr humorvoller Mensch gewesen sein, der gerne viel Zeit in der Natur und mit seinen drei Kindern verbrachte – wenn er einmal Zeit dafür fand. WÜRDIGUNG KOMMT ZU SPÄT Immer wieder betonte Martin Peikert, dass er nicht nur einen zufriedenen Auftraggeber wolle, sondern vielmehr die Absicht habe, dem Publikum, den Menschen, welche die Plakate betrachten werden, grosse Befriedigung und Erfüllung zu verschaffen. Sie sollen auch seine Botschaft verstehen, die er als Künstler übermitteln wollte. Peikert hat im Laufe seiner Karriere nicht allzu viel Anerkennung erhalten. Dies hatte vermutlich auch damit zu tun, dass er beruflich ein Einzelgänger war und nichts Schriftliches über sein Metier hinterlassen hatte. Peikerts einzigartiger Stil ist auch grafisch-geschichtlich schwierig einzuordnen. Die Würdigung seiner Werke kam spät: Fast vierzig Jahre nach seinem Tod widmete sich 2014 eine Ausstellung («Signé Martin Peikert») in Martigny sowie ein Buch von Jean-Charles Giroud mit dem Titel: «Martin Peikert. Ein Grafiker und Plakatkünstler des Lichts» seinem Lebenswerk. Ebenfalls sind die Plakate im Museum für Gestaltung in Zürich deponiert, wo sie noch heute zu sehen sind. Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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Auf Gratwanderung SUSANNE RUOFF Die Schweizerische Post muss vielen verschiedenen Anspruchsgruppen gerecht werden. Dies verlangt viel diplomatisches Geschick und eine klare Kommunikation. Zudem sieht sich die Konzernleiterin mit der Aufgabe konfrontiert, den ehemaligen Staatsbetrieb und drittgrĂśssten Arbeitgeber der Schweiz in das digitale Zeitalter zu fĂźhren. INTERVIEW A N O U K A R B E N Z U N D C H R I S T O P H H I L B E R
Bilder: zVg
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igitalisierung ist nicht alles, findet die Konzernleiterin der Schweizerischen Post und Verwaltungsrätin der PostFinance AG, eine der mächtigsten Frauen der Schweizer Wirtschaft. Die Post passt sich den veränderten Kundenbedürfnissen an und arbeitet an neuen Lösungen: Von der individuellen Steuerung von Paketen und eingeschriebenen Briefen, der Zustellung am Abend und am Samstag bis zur Lieferung mit Drohnen und autonom fahrenden Postautos. Susanne Ruoff im Gespräch über die Folgen des digitalen Wandels, ihren Führungsstil und die Herausforderung, zur richtigen Zeit die richtigen Worte zu finden.
Vor rund vier Jahren haben Sie den Chefposten bei der Post übernommen. Zuvor hierarchisch geführt, sind Sie eher für Ihren kooperativen Führungsstil bekannt. War diese Umstellung schwierig? SUSANNE RUOFF Meine Art zu führen ist anders als jene meiner Vorgänger, das ist so. Wir haben einen Führungsstilwechsel vollzogen, der den einen passt, den anderen weniger. In meinen Augen etablierten wir denjenigen Stil, den wir im Hier und Jetzt brauchen. Auch unsere Kommunikation ist nicht hierarchisch, sondern wird geprägt von einem riesigen Netzwerk. Wir haben ein grosses Leadership-Programm aufgebaut, mit dem wir den Führungskräften die Richtung vorgeben und unsere Vision vermitteln. In der Konzernleitung arbeiten wir sehr eng und gut zusammen, das wirkt sich letztlich auch auf die gesamte Organisation aus.
über Nacht, sie entwickelt sich über längere Zeit. Als ich hierher kam, musste ich anfangs vieles über die Post lernen, die ja gleichzeitig eine Bank, ein ÖV-, ein Logistik- und ein Kommunikationsunternehmen ist. Das spielte aber nicht so eine Rolle, denn die Fachkompetenz liegt ja bei den 60 000 Mitarbeitenden. Als Führungsperson musste ich mich fragen: Wie kann ich die richtigen Entscheide mit den richtigen Leuten treffen, diese umsetzen und damit die Post weiterhin auf Erfolgskurs zu halten? Dazu braucht es partizipative, integrative Kompetenzen. Sie haben rund 20 Jahre lang in der ICT mitgeholfen, Prozesse durch Digitalisierung zu optimieren und finden sich nun im Spagat wieder, die Digitalisierung als Teil Ihres Geschäftsmodells voranzubringen, während der Hauptumsatz mit
tale Welt verbinden. Beispiele gibt es viele. Kunden können die Ankündigung von Paketen per SMS wählen. Demnächst wird man selber via PC oder Smartphone bestimmen können, wo das Paket geliefert werden soll, also beispielsweise im Büro statt Zuhause. Der Mensch braucht das Physische, das liegt in seiner Natur. Wir glauben nicht, dass alles digital wird. Die Kunden sollen zwischen physisch und digital wählen können. Besteht auf dem Weg zur Digitalisierung nicht die Gefahr, dass das klassische Geschäft verdrängt wird? Es wird ergänzt und umgewandelt, nicht verdrängt. Aber das Umfeld entwickelt sich sehr viel schneller als früher. Amazon beispielsweise will in Zukunft selber Pakete verteilen. Es ist entscheidend, dass wir nicht einfach abwarten und zuschauen, sondern den Markt proaktiv gestalten. Veränderungen gab es immer bei der Post; wir sind auch schon mit der Postkutsche über den Gotthard gefahren. Nur die Geschwindigkeit hat zugenommen. Aus diesem Grund haben wir viele Projekte am Laufen, die weit in die Zukunft schauen, etwa das Drohnenprojekt oder das führerlose Postauto. Dies in enger Zusammenarbeit mit den Hochschulen.
«DIE POST IST SEIT JAHREN ERFOLGREICH UNTERWEGS UND BRAUCHT KEINE SCHNELLEN STRATEGIEÄNDERUNGEN»
Nichtsdestotrotz handelt es sich dabei um einen neuen Ansatz, auf den das Team wahrscheinlich nicht vorbereitet war, oder? Eine solche Veränderung passiert ja nicht
physischen Gütern erwirtschaftet wird. Wie meistern Sie das? Der Markt verändert sich laufend, wir haben es mit neuen Technologien, neuen Konkurrenten und veränderten Kundenbedürfnissen zu tun. Die Digitalisierung ist darum bereits heute Realität und nicht einfach Zukunftsmusik. Unsere Paket- und Briefzentren sind hochautomatisiert. Wir haben 1500 Informatiker, die jeden Tag an neuen Lösungen arbeiten. Von aussen sieht man das kaum. Digitale Dienstleistungen und Produkte ergänzen das physische Geschäft und bieten unseren Kunden einen Mehrwert. Wir möchten die physische und die digi-
ZUR PERSON Als erste Frau in dieser Position wurde Susanne Ruoff im November 2011 durch den Verwaltungsrat der Schweizerischen Post zur Konzernleiterin ernannt. Ursprünglich als Primarlehrerin gestartet und danach zur Ökonomin ausgebildet, erwarb sie den Executive Master of Business Administration an der Universität Fribourg. Von 1989 bis
2009 war Ruoff für IBM Schweiz in verschiedenen Führungsfunktionen in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Dienstleistungen tätig. Als Leiterin des Geschäftsbereichs öffentliche Verwaltungen baute sie einen engen Kontakt zu Bund und Verwaltung auf. Als Geschäftsleitungsmitglied von IBM Schweiz war sie von 2006 bis 2009
verantwortlich für Global Technology Services. Dies ist der grösste Bereich bei IBM und umfasst den gesamten Maintenance-, Outsourcing- und Service-Projektbereich. Anschliessend war Ruoff drei Jahre lang in der Position des CEO bei der BT Switzerland AG. Zudem war sie von 2009 bis 2013 Mitglied des
In Ihren Jobs vor der Post waren Sie sich an Firmen mit klaren strategischen Vorgaben für die Länderorganisation gewöhnt. Nun erwartet man von Ihnen, dass Sie quasi über Nacht eine neue Strategie aufgleisen. Nein, die Post ist seit Jahren erfolgreich unterwegs und braucht keine schnellen Strategieänderungen. Es geht um eine stetige, konsequente Weiterentwicklung. Die Strategiefindung ist bei der Post ein klar strukturierter Prozess: Von den Zielen des Bundesrats über die strategischen Vorhaben des Verwaltungsrats bis zur operativen Umsetzung in Markt und Betrieb. NatürVR von Geberit und im VR lich gibt es auch Entscheide, der Bedag Informatik AG, die man Ad hoc treffen muss. dem InformatikunternehFühren bei der Post bedeutet men des Kantons Bern. vor allem, die internen und Bis 2012 war sie Mitglied des Industrial Advisory externen Anspruchsgruppen Board des Departements mit ihren teils gegensätzlichen Informatik der ETH Zürich. Erwartungen und Meinungen Susanne Ruoff hat zwei auf eine Linie zu bringen. erwachsene Kinder und wohnt mit ihrem Mann in Crans-Montana im Kanton Wallis.
Müssen Frauen in der von Männern dominierten Geschäftswelt dominanter auftreten, um Ihrer Rolle
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«WIR MÖCHTEN DIE DIGITALE UND DIE PHYSISCHE WELT VERBINDEN» als Führungsperson gerecht zu werden, respektive überhaupt in eine solche Rolle zu gelangen? Nein, wie gesagt tue ich das ja gerade nicht. Das wichtigste ist für mich, authentisch zu bleiben. Die grossen Unterschiede in der Art und Weise, wie geführt wird, haben meiner Meinung nach nichts mit dem Geschlecht zu tun, sondern mit der Persönlichkeit und den eigenen Wertvorstellungen. Als Postchefin muss ich mir zudem immer bewusst sein, dass jede Aussage interpretiert wird. Man muss also genau darauf achten, wie man was sagt und zu welchem Zeitpunkt man dies tut. Sie haben sich in verschiedenen Interviews immer wieder für die Teilzeitarbeit und alternative Arbeitsmodelle ausgesprochen und führten bei der IBM als Novum ein Team im Jobsharing. Lässt sich das bei der Post umsetzen? Bei der Post gibt es seit Jahren alle Arten von Teilzeitmodellen, inklusive Jobsharing. Ich habe gemeinsam mit sechs anderen CEOs die Work Smart Charta erstunterzeichnet. Die Post bekennt sich zu den flexiblen Arbeitszeiten und ich bin klar der Meinung, dass die heutige Gesellschaft eine solche Veränderung braucht. Die Umsetzung 60
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liegt an den Mitarbeitenden, sie müssen das wollen und sich selber organisieren. Bei uns geht das bis ins Topkader. Es ist allerdings nicht jede Aufgabe für Jobsharing oder Teilzeitarbeit geeignet. Sie sind Mitglied im Verwaltungsrat der Postfinance AG, wo Sie dem CEO die strategischen Vorgaben mitgeben. Wie beurteilen Sie die beiden Rollen? Im Verwaltungsrat der PostFinance legen wir den strategischen Rahmen fest. In einer operativen Rolle ist man mehr der Macher, setzt die Strategie um und kontrolliert deren Umsetzung. Mir fällt auf, dass es heutzutage enorm wichtig ist, an einer gesetzten Strategie festzuhalten. Im Laufe meiner Karriere habe ich viele Beispiele von voreiligen Strategiewechseln gesehen. Manchmal fehlt schlicht der Durchhaltewille. Auch in schwierigen Momenten muss man hartnäckig bleiben. Besteht manchmal die Gefahr, dass Sie operativ eingreifen, obwohl Sie in der Rolle des VR sind? Es ist eine Gratwanderung, das ist schon so. Man muss sich seiner Rolle bewusst sein. Bei der Post mit derart vielen gesetzlichen
Vorgaben und Aufsichtsorganen müssen die Rollen ganz klar definiert sein. Ist der Posten als Konzernleiterin ein einsamer Job? Es gibt Dinge, die man ganz alleine entscheiden muss, das ist klar. Man muss mit beiden Füssen auf dem Boden stehen und auch Dinge durchhalten können. Allein ist man aber nicht. Es findet ja immer ein Austausch mit den Kollegen der Konzernleitung und dem Verwaltungsrat statt. Ich tausche mich auch mit anderen CEOs in der Schweiz und im Ausland aus, um auch aus den Erfahrungen anderer zu lernen. Man muss aber die Fähigkeit haben, sich als Chef selbst zu reflektieren und offen für Feedback zu sein. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, wie sähe dieser aus? Ich habe vorhin gesagt, dass man genau darauf achten muss, wie man was wann sagt. Ich wünschte mir manchmal, dass es einfacher wäre, komplexe Sachverhalte knapp und verständlich auf den Punkt zu bringen. Wenn man ein derart grosses Unternehmen führt, ist es oftmals sehr herausfordernd, dass Botschaften ankommen und verstanden werden.
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VRPRAXIS
Der Geist des Erfolges VR-KULTUR Erfolgreiche Teams zeichnen sich nicht in erster Linie durch die Summe ihrer Fähigkeiten, sondern durch ihr Teamwork und konstruktiven Teamgeist aus. TEXT S T E F A N I E M E I E R - G U B S E R
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as macht ein Team erfolgreich? Diese Frage stellte sich Google und interviewte für deren Beantwortung innerhalb des Unternehmens über 200 Mitarbeitende, analysierte mehr als 180 Teams und schälte 250 Attribute für erfolgreiche Teams heraus. Überzeugt davon, dass der Erfolg eines Teams massgeblich vom idealen Mix aus Eigenschaften und Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder abhängt, wurde Google vom Resultat seiner eigenen Studie überrascht: Wer im Team ist, spielt eine weitaus weniger wichtige Rolle, als wie das Team zusammenarbeitet, seine Arbeit strukturiert und seinen Beitrag zum Gesamterfolg einschätzt. FÜNF ERFOLGSFAKTOREN Google eruierte fünf Schlüsselfaktoren, die erfolgreiche Teams ausmachen. Das Resultat deckt sich mit weiteren Studien, Meinungen und Erfahrungen. Es gilt mithin auch für das Team Verwaltungsrat. 1. PSYCHOLOGISCHE SICHERHEIT Die Teammitglieder können sich frei äussern, ohne Angst davor zu haben, sich zu blamieren.
2. VERLÄSSLICHKEIT Jedes Teammitglied erfüllt
seine Aufgabe fristgerecht und in bester Qualität. 3. STRUKTUR UND KLARHEIT Die Teammitglieder haben klare Rollen, Pläne und Ziele. 4. SINN DER ARBEIT Jedem Teammitglied ist die Arbeit persönlich wichtig. 5. EINFLUSS DER ARBEIT Die Teammitglieder sind überzeugt, dass ihre Arbeit wichtig ist und etwas bewirkt. VR-TEAMWORK Die Erkenntnisse der Google-Studie sind auch wertvoll in Bezug auf die Zusammensetzung und die Zusammenarbeit von VR-Gremien. Eine ausgewogene, angepasste und wenn nötig formell korrekte Zusammensetzung des Verwaltungsrats in Bezug auf fachliche, soziale und persönliche Kompetenzen ist Voraussetzung, aber keine Garantie für einen erfolgreichen Verwaltungsrat. Es reicht nicht, die Besten zusammenzusetzen. Erfolgreiche Teams werden nicht durch die Auswahl von Einzeltalenten gebildet, sondern durch Teamgeist. Das Teilen gleicher Werte, ein von Offenheit und Vertrauen geprägtes Klima sowie klare Strukturen sind zentral
für ein erfolgreiches VR-Teamwork.Dem VR-Präsidenten kommt dabei eine grundlegende Rolle zu. Durch die Art und Weise, wie er das Gremium führt, prägt er die VR-Kultur massgeblich mit und setzt die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit. In der Pflicht ist jedoch auch das einzelne VR-Mitglied, indem es verbindlich und verlässlich seinen Teil zu einem guten Teamwork beiträgt, sich persönlich engagiert und die hohe Qualität seines Beitrags gewährleistet. VR-STRUKTUR Im Zentrum steht der Mensch mit seiner Interaktion gegenüber den anderen VR-Mitgliedern. Gewisse formelle Rahmenbedingungen können jedoch die VR-Zusammenarbeit erleichtern. Sinnvollerweise beschäftigt sich der Verwaltungsrat von Zeit zu Zeit mit seiner eigenen Zusammensetzung, Struktur und Organisation und passt diese bei Beadarf an. Abhängig von der konkreten Situation können Anforderungsprofile, Organisationsreglemente, Funktionendiagramme, Führungskalender, VR-Ausschüsse, Informationsinstrumente etc. helfen, Strukturen und Verbindlichkeiten zu schaffen. Grafikquelle: zVg/Bildquelle: Depositphotos.com/rmnunes
TEAM-BAROMETER IHRES VR Sehr gut
Gut
Nicht so gut Manchmal
Schlecht
Immer Meistens Fast nie 1. Psychologische Sicherheit Können Sie sich im VR frei äussern, ohne Angst zu haben, sich zu blamieren? Werden Sie angehört? 2. Verlässlichkeit Erfüllt jedes Teammitglied seine Aufgabe fristgerecht und in bester Qualität? 3. Struktur und Klarheit Haben die Teammitglieder klare Rollen? Sind die Pläne und Ziele definiert und bekannt? 4. Sinn der Arbeit Ist Ihnen und jedem Teammitglied die Arbeit persönlich wichtig? 5. Einfluss der Arbeit Sind Sie überzeugt, dass Ihre Arbeit wichtig ist und etwas bewirkt? Wie sieht das Team-Barometer Ihres eigenen Verwaltungsrats aus? Befragen Sie Ihren VR auf Grundlage der fünf Schlüsselfaktoren. Diskutieren Sie das Ergebnis und mögliche Verbesserungsmassnahmen und setzen Sie diese gemeinsam mit Ihrem Team um.
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Sehr schlecht Nie
Bemerkungen
VRPRAXIS
Ausgewogener Mix VR-KOMPOSITION Die perfekte Zauberformel gibt es nicht. Die Trends hin zu mehr Professionalisierung, Diversifizierung oder Digitalisierung wirken sich aber zunehmend auf die personelle Zusammensetzung von KMU-Verwaltungsräten aus. INTER VIEW A N O U K A R B E N Z U N D D E L I A B A C H M A N N
Bild: Depositphotos.com/Jirsak
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ie das oberste Gremium eines Unternehmens optimal zu besetzen ist, weiss Dominic Lüthi, Gründer der Plattform «VRMandat.com», welche Angebot und Nachfrage elektronisch zusammenführt. Im Interview spricht er über aktuelle Trends, veränderte Anforderungsprofile und die verbleibenden Verbesserungspotenziale im Status Quo.
Als Masterarbeit haben Sie im Rahmen Ihrer Studie rund 300 Verwaltungsratspräsidenten zum Thema «ideale VR-Komposition in Schweizer KMU» befragt. Beruhend auf den Ergebnissen haben Sie dann Ihre Plattform VRMandat.com entwickelt. Wie funktioniert diese konkret? DOMINIC LÜTHI Potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten tragen sich in unsere Datenbank ein. Deren Profile werden von suchenden Neugründern, KMU und Stiftungen gefunden, eingesehen und verglichen. Die Suchenden können Profile direkt ansprechen, um anschliessend – sofern beide Parteien wollen – in einen direkten Dialog zu treten. Gibt es eine allgemeingültige «Zauberformel» in Bezug auf die optimale Zusammensetzung eines Verwaltungsrates? Es ist heute auch in der KMU-Welt klar, dass ein VR-Mandat mit wichtigen, nicht delegierbaren Pflichten behaftet ist und der Verantwortung entsprechend adäquate Kompetenzen im VR vertreten sein müssen. Um dem gewachsen zu sein, bietet es sich an, ein durchmischtes VR-Gremium zusammenzustellen. Verwaltungsräte mit ganzheitlicher Unternehmenssicht, die fortwährend ethische, politische, soziale, gesetzliche und vor allem unternehmerische Entscheidungen treffen können. Was sind Vorteile eines grossen, respektive eines kleinen VR? Der Unternehmensgrösse entsprechend empfehlen wir VR-Teams von drei, fünf oder
sieben Mitgliedern. Von Einmann-Verwaltungsräten ist aus verschiedenen Gründen abzuraten, etwa weil sie keine Decharge erteilen können.
gewinnen eher unterschätzte Kompetenzen an Bedeutung: Erfahrung in Human Resources, Ethik, Compliance, Vernetzung, Finanzen und Kommunikation in der globalen Wirtschaft.
Welche «VR-Komposition» ist ideal für Startups und Jungunternehmen? Wir haben mit der Plattform viel Erfahrung sammeln können. Diese Erkenntnisse führen dazu, dem Gründerteam eine strategieerfahrene, aussenstehende Person als VR-Präsident zu empfehlen. Startup-erfahrene Partner wie Simon May vom IFJ Institut für Jungunternehmen ergänzen: «Vor allem für Startups ist es wichtig, einen kompetenten Verwaltungsrat zu haben, welcher ergänzendes Wissen, unternehmerische Erfahrung und gewinnbringende Kontakte in die junge Firma einbringt.»
Lässt sich in Bezug auf die Anforderungen an potentielle VR ein Trend feststellen? Neben spezifischem Knowhow spüren wir eine Tendenz zu Diversität, Unabhängigkeit und natürlich Digitalisierung im VR.
Welche Kompetenzen gewinnen respektive verlieren an Bedeutung? Das ist schwierig zu sagen, weil das Umfeld und das externe Regelwerk unserer KMU oft sehr komplex und individuell sind. Teilweise ZUR PERSON Dominic Lüthi ist Gründer und Geschäftsführer von VRMandat.com, dessen Grundstein er 2009 während seines MBA-Studiums mit der Masterthesis «Optimale VR-Komposition in Schweizer KMU» gelegt hatte und heute mit einem Team von Spezialisten betreibt. Der aus Zürich stammende Wirtschaftsinformatiker und Dozent ist seit 2008 Mitglied des VR eines Zürcher KMU, seit 2011 Geschäftsführer der Composit Management & Training GmbH und seit 2013 Präsident des UFZ Unternehmer Forum Zürichsee sowie im Vorstand verschiedener Organisationen.
Wie beurteilen Sie die derzeitige Zusammensetzung von Verwaltungsräten? Wo sehen Sie allenfalls Verbesserungspotential? Viele KMU-VR-Gremien sind überaltert, zu wenig diversifiziert und ohne Organisationsreglement. Dies kann dann zum Problem werden, wenn neue Herausforderungen wie Digitalisierung, Diversifikation oder neue Regulatorien anstehen. Sie betreiben eine Plattform zur Vermittlung von VR-Mandaten. Was überwiegt auf Ihrer Plattform – Angebot oder Nachfrage? Wir haben knapp 1 000 hochwertige Profile in der Datenbank. Seit Anfang 2015 gibt es auf Seite der Nachfrage immer mindestens eine Handvoll Unternehmen, die nach geeigneten VR-Kandidaten suchen. Werden VR-Mandate nicht hauptsächlich über das persönliche Netzwerk vergeben? Wo sind die Grenzen Ihrer Plattform? Traditionell werden Verwaltungsratsmitglieder im engsten persönlichen Umfeld gesucht. Eine optimale Zusammenstellung ist heute unabdingbar. Der Druck zur Professionalisierung hat, nicht zuletzt auch durch Forderungen von Aktionären, Gläubigern und Behörden, zugenommen. Die Anpassungen des Gesetzgebers, die zunehmende Bedeutung der Corporate Governance und der Digitalisierung sowie das Heranwachsen einer internetaffinen Generation werden ebenfalls dazu beitragen. Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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Grenzen interner Ermittlungen BEWEISVERWERTUNGSVERBOTE In der Vergangenheit haben spektakuläre Fälle wie etwa die Siemens-Korruptionsaffäre dazu geführt, dass Unternehmen zur Aufdeckung von betrieblichen Vorfällen vermehrt auf interne Untersuchungen zurückgreifen. Fraglich sind die rechtlichen Grenzen privater Beweiserhebung. TEXT D O M I N I Q U E C A L C Ò L A B B R U Z Z O
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ei internen Untersuchungen wird häufig auf das Abhören von Mitarbeitergesprächen oder die Installation einer Spyware gesetzt, um die Computernutzung der Mitarbeitenden genauestens zu überwachen. Wie aber sind so erlangte Informationen in einem möglichen Strafverfahren rechtlich zu bewerten? DAS ABSOLUTE VERWERTUNGSVERBOT Interne Untersuchungen werden nicht von staatlichen Strafverfolgungsbehörden durchgeführt und unterstehen somit nicht direkt der Schweizerischen Strafprozessordnung. Dennoch bewegen sich die Unternehmen nicht in einem rechtsfreien Raum. Vorab gilt es, die Rechtmässigkeit der Beweiserhebung von der Verwertbarkeit eines Beweises zu unterscheiden. So dürfen Beweise, die von Privaten unter Rechtsverstoss erhoben wurden, unter Umständen dennoch verwertet werden. Das Bundesgericht sieht dafür eine zweistufige Prüfung vor, die sich an den Bestimmungen der Strafprozessordnung orientiert. Grundsätzlich gilt, dass Beweise, die durch die Strafbehörden rechtmässig hätten erhoben werden können, auch verwertet werden dürfen, wenn sie von Privaten unter Rechtverstoss erhoben wurden. Massgebend ist dabei das in der Strafprozessordnung verankerte absolute Verwertungsverbot. Dieses verbietet die Verwertung von Beweisen, die unter Einwirkung von Zwangsmitteln, Gewaltanwendung, Drohung, Versprechung, Täuschung sowie mit Mitteln, welche die
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Ob durch interne Ermittlungen gewonnene Beweise verwertet werden dürfen, hängt auch von der Schwere des Delikts ab.
Bild: Depositphotos.com/Jirsak
Denkfähigkeit oder die Willensfreiheit einer Person beeinträchtigen können, erhoben wurden. Folglich gilt das absolute Verwertungsverbot also auch für private Ermittler. Zu beachten ist auch, dass Strafbehörden unter gewissen Voraussetzungen dazu befugt sind, Zwangsmassnahmen wie das Abhören eines Telefonats anzuordnen. Hätte also in einer konkreten Situation eine Zwangsmassnahme angeordnet werden dürfen, ist der Beweis ebenfalls verwertbar. INTERESSENSABWÄGUNG ALS ZWEITE STUFE Erst in einem zweiten Schritt bleibt abzuklären, ob der Beweisverwertung verfassungsmässig garantierte Grundrechte entgegenstehen, die Vorrang gegenüber der Beweisverwertung geniessen. Es muss eine Interessensabwägung vorgenommen werden. Gemäss Bundesgericht gilt: Je schwerer das begangene Delikt, desto schwerer darf auch die durch die Beweiserhebung erfolgte Verletzung von Grundrechten eines Betroffenen sein. Insofern müsste die Schwere des aufzuklärenden Delikts den Eingriff in die Privatsphäre der Mitarbeitenden rechtfertigen. Nur wenn die abgehörten Gespräche oder die durch Spyware erhaltenen Informationen beide Stufen der Prüfung bestehen, dürfen diese als Beweise in einem Strafverfahren verwertet werden. Eine allgemeingültige Aussage, ob ein durch interne Ermittlungen gewonnener Beweis verwertet werden darf oder nicht, kann demnach nicht gemacht werden.
PRÄVENTIVE MASSNAHMEN Die Erhebung kann, wie beschrieben, trotz Verwertungsbefugnis mit rechtlichen Konsequenzen behaftet sein. Verurteilungen privater Ermittler wegen Drohung, Nötigung, Aufnehmen fremder Gespräche etc. sind dabei üblich. Weitere rechtliche Grenzen werden im DSG, ZGB, OR sowie in kantonalen Gesetzen festgelegt. Auch sonstige Folgen wie negative Schlagzeilen und Vertrauensbruch bei den Mitarbeitenden sind nicht zu unterschätzen. Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass mit internen Ermittlungen ein Strafverfahren erschwert oder die Verwertbarkeit der Beweise gar vereitelt werden kann. Um die genannten Nachteile zu umgehen, sollte ein Unternehmen zunächst die Situation gut analysieren und eine Ermittlungstaktik aufstellen, wobei in jedem Fall eine professionelle Rechtsberatung beigezogen werden sollte.
DIE AUTORIN Dominique Calcò Labbruzzo erwarb 2009 das Schweizerische Anwaltspatent und gründete 2011 ihre eigene Kanzlei LAW by CALCÒ in Zürich. Diese bietet Beratung und Prozessführung im Vertrags-, Wirtschafts- und Strafrecht an. calco@artlaw-calco.com, www.artlaw-calco.com Telefon: +41 44 520 08 91
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4 ½ Zi. Eigentumswohnungen in 8143 Stallikon Christina Peter Tel. 044 316 13 02 www.zuerikon.ch
5 ½ Zi. Einfamilienhaus in 8953 Dietikon Rolf Flacher Tel. 052 338 07 09 www.rebberg-dietikon.ch
7 ½ Zi. Reihen-Einfamilienhaus in 8173 Neerach Ramona Schiesser Tel. 044 316 13 21 www.imdoerfli-neerach.ch
3 ½ und 4 ½ Zi. Eigentumswohnungen in 8143 Stallikon Christina Peter Tel. 044 316 13 02 www.timberpark.ch
3 ½ und 4 ½ Zi. Eigentumswohnungen in 8181 Höri Daniela Gerber Tel. 044 316 13 11 www.soonbylepa.ch
5 ½ Zi. Einfamilienhäuser in 8192 Zweidlen-Station Ingrid Stiefel Tel. 044 316 13 83 www.terraverde-zweidlen.ch
3 ½ - 5 ½ Zi. Terrassenwohnungen in 8610 Uster Christina Peter Tel. 044 316 13 02 www.schwizerberg.ch
3 ½ - 5 ½ Zi. Eigentumswohnungen in 8426 Lufingen Ramona Schiesser Tel. 044 316 13 21 www.trioverde.ch
3 ½ Zi. Eigentumswohnungen in 8184 Bachenbülach Paul Späni Tel. 052 338 07 09 www.ridere-bachenbuelach.ch
6 ½ Zi. Einfamilienhäuser in 8453 Alten b. Andelfingen Paul Späni Tel. 052 338 07 09 www.vecciacasa.ch
5 ½ Zi. Einfamilienhäuser in 8476 Unterstammheim Rolf Flacher Tel. 052 338 07 09 www.heerenweg.ch
3 ½ und 5 ½ Zi. Eigentumswohnungen in 8633 Wolfhausen Rolf Flacher Tel. 052 338 07 09 www.am-buehl.ch
5 ½ und 6 ½ Zi. Einfamilienhäuser in 8537 Nussbaumen Paul Späni Tel. 052 338 07 09 www.quattro-nussbaumen.ch
/angebote
Wir nehmen an den folgenden Immobilienmessen teil: SVIT Immobilien-Messe in Zürich
8. - 10. April 2016, Kongresshaus Zürich
Zürcherstrasse 124 Postfach 322 8406 Winterthur Telefon 052 / 235 80 00
Eigenheimmesse Schweiz in Zürich
8. - 11. Sept. 2016, Messe Zürich, Halle 6
Stand Januar 2016
VIS
U U NE
6 ½ Zi. Doppel-EFH in 8127 Forch-Küsnacht Ingrid Stiefel Tel. 044 316 13 83 www.ufdeforch.ch
WEITERBILDUNG
Auf Sinnsuche KARRIEREPLANUNG Karrieren sind in der dynamischen Arbeitswelt von heute nur noch beschränkt planbar. Gleichzeitig rückt die Sinnhaftigkeit bei der Karriereplanung immer mehr in den Mittelpunkt. TEXT H E I K E R U D O L F V O N R O H R
Wohin soll die Reise gehen? – Die Multioptionsgesellschaft hat ihre Tücken; gerade jungen, gut ausgebildeten Menschen fällt es schwer, sich auf einen Weg festzulegen. Bild: Depositphotos.com/alphaspirit
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arriere war in unserer hochindustrialisierten Ökonomie lange gleichbedeutend mit dem Streben nach Macht, Einfluss und hohem Einkommen. Heute zeigt sich eine Bewegung weg von dieser Haltung hin zu einer Umdeutung von Karriere in Sinnhaftigkeit und Lebenszufriedenheit. Karriere kann längst nicht mehr nur als ein von ökonomischen Interessen getriebenes Szenario verstanden werden. PHÄNOMENOLOGIE DES SINNESWANDELS In unserer täglichen Arbeit als Karriere-Coaches und Outplacement-Berater bei TGC – The Gotthard Concept – werden wir zunehmend mit folgenden Phänomenen konfrontiert: – Klienten, die in der Mitte ihres Berufsweges – freiwillig oder unfreiwillig – eine neue Orientierung suchen. Der eingeschlagene Weg wird durch berufliche Krisen oder Identitätszweifel abrupt beendet und die Betroffenen stellen sich plötzlich die Frage: «Was will ich eigentlich wirklich?» – Eine wachsende Gruppe jüngerer, gut ausgebildeter Arbeitnehmer steht vor einem riesigen Berg von Auswahlmöglichkeiten. Sie sind es sich gewohnt, alle Optionen
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des Lebens auszuschöpfen, das Festlegen auf einen Weg wird von ihnen oft als Einschränkung empfunden. – Personen in ihren Fünfzigern denken häufig gar nicht daran, das normale Pensionsalter als Ende ihrer beruflichen Tätigkeit zu akzeptieren, sondern möchten noch einmal etwas Neues wagen oder vorhandenes Wissen weitergeben. VERÄNDERUNG ALS KONSTANTE Die gesellschaftliche und technologische Entwicklung hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Die Titel heutiger Stellenangebote haben nichts mehr gemein mit den Anzeigen vor 15 oder 30 Jahren. Ein Arbeitnehmer, der vor 20 Jahren in einen Beruf eingestiegen ist, befindet sich heute mit vielleicht 45 Jahren in einer vollständig anderen Arbeitswelt. Was also lässt sich unter solchen sich ständig verändernden Rahmenbedingungen überhaupt noch planen? Für die Karriereplanung bedeutet dies, sich auf die konstante Veränderung einzustellen. Dazu gehört, dass Mann oder Frau weiss, wohin die Reise gehen soll. Wir können es uns leisten, uns damit auseinanderzusetzen, was uns in unserem Leben zufrieden macht. Das kann Macht oder Reichtum sein, genauso
gut aber auch Sinnhaftigkeit oder soziales Engagement. Im Sinne einer Orientierungshilfe kann man sich folgende Fragen stellen: Was kann ich gut und was macht mir Spass? Was treibt mich an? Wofür möchte ich meine Energie einsetzen? Welches sind meine persönlichen Stärken und wovon sollte ich die Finger lassen? Wo will ich wann in meiner beruflichen Entwicklung stehen? Worauf möchte ich zurückschauen? DIE EIGENE LEBENSVISION FINDEN Ziel dieser Fragen ist es, ein Zukunftsbild seines Lebens zu entwerfen, in dem die Berufstätigkeit zwar einen wichtigen Platz einnimmt, aber in dem auch andere Bedürfnisse mitbestimmen. Wenn eine Art Lebensvision – ein Zielbild – entstanden ist, kann im Laufe der vorgängig beschriebenen Veränderungen wiederholt ein Abgleich von beruflichen Optionen mit dem Zielbild durchgeführt werden. Karriere wird dadurch planbar, dass der Plan oder die aktuellen Ereignisse an dem tieferen Sinn, dem Zweck meiner beruflichen Tätigkeit, gemessen werden können. Karriereplanung wird so flexibler in der praktischen Ausgestaltung und passt sich den Rahmenbedingungen an, solange der Kern – die
Lebenszufriedenheit – bei Entscheidungen berücksichtigt wird. MUT UND DURCHHALTEVERMÖGEN Viele der Personen, die uns in der Beratung begegnen, haben sich solche Fragen noch nie gestellt oder die umfangreichen Konsequenzen gescheut, wenn sie auf ihre Fragen irritierende Antworten bekommen haben. Es gehört Mut dazu, Vertrautes zurückzulassen und in Unbekanntes einzutauchen. Es braucht Durchhaltevermögen, um gegen innere und äussere Widerstände sein Ziel zu verfolgen und den Zweifeln im persönlichen Umfeld zu begegnen. Oft werden dabei die Ängste der Anderen sichtbar – oder auch der Neid, dass es der Kollege wagt, gegen den Strom zu schwimmen. Dabei müssen noch nicht einmal umfangreiche berufliche Veränderungen angestrebt werden. Es kann sich um einen konventionellen Schritt handeln – nur in eine andere Richtung: – Anstrengende Führungsaufgaben aufgeben und dafür eine Expertentätigkeit mit einer hohen Befriedigung in Bezug auf Qualität und Sache übernehmen. – Ausbrechen aus dem Mauerblümchendasein im Büro und die ganze Kreativität und Energie in eine handwerkliche Tätigkeit stecken. – Aus der Komfortzone des mürrischen Folgens heraustreten und sich selber Führung zutrauen. Bei grösseren Veränderungen gehört neben dem Durchhaltewillen auch ein gewisses finanzielles Durchhaltevermögen dazu. Insbesondere wenn Weiterbildungen anstehen, die Investitionen und eine Reduktion
des Arbeitspensums erfordern oder bei der Planung von Selbstständigkeit. Dabei sollte im Idealfall ein finanzielles Polster für zwei Jahre vorhanden sein. Oft reicht aber auch ein Polster von 20000 Franken – ein wenig Glück und Vertrauen in die Zukunft gehören eben auch dazu. EIGENE KOMPETENZEN REFLEKTIEREN Grundvoraussetzung für eine Karriereplanung im beschriebenen Sinne ist, sich selber wahrzunehmen und einem eventuellen Unbehagen in der aktuellen beruflichen Situation nachzugehen. Ein Vogel-Strauss-Verhalten löst die drängenden Fragen nicht, sondern verschiebt das Thema zeitlich nur weiter nach hinten. Es wird aber wieder auftauchen und gegebenenfalls zu einer unfreiwilligen Veränderung führen. Es gilt, sich intensiv mit den eigenen Kompetenzen auseinanderzusetzen. Dazu gehören das Fachwissen genauso wie Methoden- und Handlungskompetenzen sowie soziale und persönliche Fähigkeiten. Je höher die berufliche Verantwortung, desto geringer wird die Bedeutung von tiefem technischem Fachwissen, während die anderen Parameter an Bedeutung gewinnen. Gleichberechtigt daneben stehen persönliche Neigungen, berufliche Träume und die Signale der inneren Stimme. Leider sind wir oft nicht mehr gewohnt, diesen Signalen zu folgen. Ein systemischer Prozess wie der Karriere-Navigator nach Dipl. Psych. Angelika Gulder kann dabei sehr hilfreich sein. Auch der TED Talk von Simon Sinek über die innere Überzeugung als Führungsinstrument ist hier sehr empfehlenswert.
INITIATIVE ERGREIFEN Alle guten Ideen und inneren Überzeugungen sind zum Scheitern verurteilt, wenn es auf dem Arbeitsmarkt mittelfristig keinen Bedarf für diese Kompetenzen gibt. Bewusst wird hier der Begriff «mittelfristig» gewählt: Es gilt die Statistik durch Fleiss und Ausdauer zu schlagen. Nicht alle Tätigkeiten gibt es in der Schweiz in einer hohen Anzahl von Vakanzen. Allerdings gilt auch hier: Zuversicht, Durchhaltevermögen und Mut helfen durch die ersten Motivationseinbrüche. Networking spielt bei einer Neuorientierung eine zentrale Rolle. Die Wahrscheinlichkeit, über das persönliche Netzwerk eine neue Aufgabe zu finden, liegt bei bis zu 40 Prozent. Wer aber gehört zu diesem Netzwerk? Es sind nicht nur die Freunde, sondern auch ehemalige Kollegen, Chefs, Seminarteilnehmer oder Lieferanten. Netzwerkarbeit ist auch nicht mit einer Bittstellerrolle zu verwechseln, eine Sorge, die wir oft von unseren Klienten hören. Es gilt eine Strategie zu erarbeiten, mit wem aus meinem persönlichen Netzwerk ich über welches Thema reden und bei wem ich welche Informationen einholen kann. Die Karrierefrage muss künftig vermehrt das Umfeld miteinbeziehen und sich vielschichtigen Parametern stellen, wie sie in der globalen Welt mit ihren unterschiedlichen Arbeitsentwürfen im kulturell verwobenen Miteinander zu finden sind. Vielversprechend werden die Ergebnisse der Karriereplanung sein, wenn ich Klarheit über die Frage «Wofür will ich tätig sein?» gewinne – und nicht nur darüber, welchen Titel ich anstrebe.
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NETZWERKE
Bevor der Steuerfahnder anklopft WEISSGELD Die Kriminalisierung der Steuerhinterziehung und die zunehmenden Entdeckungsgefahren von Schwarzgeld führen zur Notwendigkeit, unversteuertes Geld zu legalisieren. Im Vordergrund stehen dabei die Selbstanzeige in Steuersachen und gegebenenfalls die vereinfachte Nachbesteuerung in Erbfällen. TEXT R E T O S U T T E R
Es lohnt sich die Karten auf den Tisch zu legen: Durch Selbstanzeige können Schwarzgeldbesitzer straffrei und geordnet zur Steuerehrlichkeit zurückkehren.
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chwarzgeld zu haben war lange Zeit eine Selbstverständlichkeit. Das Misstrauen der Bürger dem Staat gegenüber war, neben der Möglichkeit, Steuern zu sparen, ein weiterer Grund für die Steuerhinterziehung. Diese galt lange als Kavaliersdelikt, das zum Teil mit Falschparken gleichgesetzt wurde. Internationale Entwicklungen und knappere Staatsfinanzen haben diese Haltung der Schweiz in Bezug auf Steuerdelikte verändert. Vor dem Hintergrund zunehmender staatlicher Regulierung erkennen Schwarzgeldbesitzer die Notwendigkeit, Vermögenswerte zu legalisieren. Die Weissgeldstrategie der Banken und der internationale automatische Informationsaustausch beschleunigen diesen Prozess.
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UnternehmerZeitung | Nr. 3 2016
BEREINIGUNG UNVERSTEUERTEN GELDES Eine Bereinigung der Steuersituation ist in der Regel möglich, sollte aber vorgängig detailliert analysiert werden. Gerade im unternehmerischen Umfeld sind Koordinationsmassnahmen nötig, namentlich wenn Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung involviert sind. Je nachdem sind auch mehrwertsteuerliche und verrechnungssteuerliche Aspekte zu berücksichtigen. Seit dem 1. Januar 2010 besteht für Steuersünder und ihre Erben die Chance, straffrei und geordnet zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren, wenn sie entweder in eigener Sache eine (straflose) Selbstanzeige erstatten oder als Erben die vereinfachte Erbenbesteuerung in Anspruch nehmen.
Foto: zVg
STRAFLOSE SELBSTANZEIGE Mit der Selbstanzeige zeigt der Steuersünder seine Steuerhinterziehung an. Die Strafverfolgung entfällt, wenn die Selbstanzeige aus eigenem Antrieb erfolgt, die Steuerhinterziehung den Behörden noch unbekannt ist, die hinterzogenen Werte offengelegt und die Nachsteuern bezahlt werden. Die straflose Selbstanzeige steht auch Teilnehmern an der Steuerhinterziehung, zum Beispiel Verwaltungsräten, offen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, hat der Steuerdelinquent bei der ersten Selbstanzeige Anspruch auf Straffreiheit. Sogar Straftaten, die er zum Zweck der Steuerhinterziehung begangen hat, bleiben dabei straffrei. Jede weitere Selbstanzeige führt zu einer auf einen Fünftel der hinterzogenen Steuer reduzierten Busse. Sind die Voraussetzun-
der Selbstanzeige erhoben. Vor dieser Zeit «gesparte» Steuern werden nicht nachbezogen. DER PREFERRED LEADERS CLUB Der plc des Unternehmer Forums Schweiz bietet eine breite Palette an Fachinformationen und Vergünstigungen. Die Mitglieder erhalten uneingeschränkten Online-Zugriff auf sämtliche Tagungs- und Kongressunterlagen sowie grosszügige Rabatte für alle Mitarbeitenden des Unternehmens. Zudem erscheinen jährlich zwei bis drei Publikationen zu Themen wie: Arbeitszeugnisse, Projektmanagement und vieles mehr. Im Jahresbeitrag ist auch das Abonnement der UnternehmerZeitung enthalten. Weitere Informationen auf www.unternehmerforum.ch, preferred leaders club, oder unter der Telefonnummer: 043 399 78 85.
gen der Selbstanzeige nicht erfüllt, wird ein Steuerstrafverfahren eröffnet und der Steuerpflichtige bestraft. Die Kooperation im Rahmen der misslungenen Selbstanzeige wirkt sich strafmildernd aus. Die ordentliche Nachsteuer und der Verzugszins werden maximal für die letzten zehn Steuerjahre vor
SCHWARZGELD IM ERBFALL Die vereinfachte Nachbesteuerung in Erbfällen, die sogenannte Erbenamnestie, zielt auf hinterzogene Werte eines Erblassers ab, die beim Erbgang entdeckt werden. Sie soll den Erben einen Anreiz bieten, bisher vom Erblasser unversteuertes Geld der Besteuerung zuzuführen. Jeder Erbe hat Anspruch von der Erbenamnestie Gebrauch zu machen, wenn die Hinterziehung den Behörden nicht bereits bekannt ist und er die Steuerbehörden bei der Feststellung der hinterzogenen Elemente vorbehaltlos unterstützt. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird die Nachsteuer nur für die letzten drei Steuerjahre vor dem Todesjahr veranlagt und zusammen mit dem Verzugszins nachgefordert. Sind sie nicht erfüllt, erfolgt eine Nachbesteuerung der letzten zehn Steuerjahre.
toren vor dem Fiskus verborgen worden, kann unter Umständen die Kombination von strafloser Selbstanzeige und vereinfachter Nachbesteuerung vorteilhaft sein oder sich ein koordiniertes Vorgehen mit anderen Beteiligten, namentlich Unternehmen, Unternehmern, Shareholdern, Verwaltungsräten und Beratern aufdrängen. Zudem können sich diverse Detailfragen stellen, die im Vorfeld einer Selbstanzeige zu klären sind. Das Abwarten einer eventuell generellen Steueramnestie oder Ähnlichem lohnt sich nicht. Die jüngsten Ereignisse zeigen, dass die Rahmenbedingungen für Steuersünder eher verschärft als erleichtert werden. DER AUTOR Dr. iur. Reto Sutter, LL.M., ist Partner, Rechtsanwalt und dipl. Steuerexperte bei Voillat Facincani Sutter + Partner Rechtsanwälte in Zürich.
KOMBINATION, KOORDINATION, AUSSITZEN War der Erblasser an einem Unternehmen beteiligt oder sind nicht nur eigene Fak-
sutter@vfs-partner.ch
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INTENSIVKURSE MEHRWERTSTEUER Rechnungswesen – 31. Mai 2016 Zu anspruchsvollen buchhalterischen Fragen werden konkrete Lösungswege aufgezeigt. Die Anforderungen an Belege, Verbuchung, MWST-Abrechnung, Abstimmung, MWST-Kontrolle und anderes werden ausführlich dargelegt. Zielgruppe: Für leitende Angestellte im Rechnungswesen und in Treuhandfirmen mit gutem Grundwissen und mehrjähriger Erfahrung mit der Mehrwertsteuer. Immobilien – 1. Juni 2016 Aspekte und Fallstricke im Zusammenhang mit dem Kauf und Verkauf, der Erstellung, der Vermietung, der Nutzungsänderung und dem Unterhalt von Immobilien werden beleuchtet. Zielgruppe: Fachleute mit MWST-Kenntnissen aus der Bau- und Immobilienbranche wie Immobilientreuhänder, Bauunternehmer, Immobilienentwickler, Immobilienhändler, Investoren, Immobilienbewirtschafter. EU-Mehrwertsteuer – 2. Juni 2016 Grundlagenvermittlung des EU-Umsatzsteuerrechts. Erarbeitung des besonderen MWST-Wissens für die korrekte Abwicklung von häufig auftretenden Geschäftsfällen in der EU. Zielgruppe: Fachleute mit MWST-Kenntnissen aus Rechnungswesen, Treuhand und Steuerberatung, Einkaufs- und Verkaufsabteilungen, Logistik und alle anderen Fachkräfte, welche sich mit der Mehrwertsteuer in der EU befassen. Weitere Informationen, Anmeldung und Bestellungen unter www.unternehmerforum.ch
Die Referenten Rudolf Schumacher dipl. Wirtschaftsprüfer, Betriebsökonom HWV, zugelassener Revisionsexperte, Mitglied MWST-Kompetenzzentrum EXPERTsuisse, Liebefeld/Köniz Makedon Jenni lic.rer.pol., Master of Advanced Studies in Accounting & Finance, Mitglied MWST-Kompetenzzentrum EXPERTsuisse, Vizedirektor T+R AG, Gümligen Daniel Leuenberger dipl. Wirtschaftsprüfer, Betriebsökonom HWV, Partner und CEO, T+R AG, Gümligen Marc Thomet MWST Experte, Vizedirektor, T+R AG, Gümligen Der Studienort SIB Schweizerisches Institut für Betriebsökonomie Lagerstrasse 5, 8001 Zürich (direkt beim Hauptbahnhof)
Unternehmer Forum Schweiz AG Zellerstrasse 58, 8038 Zürich Telefon 043 399 78 85 Telefax 043 399 78 80 info@unternehmerforum.ch
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Wenn die Arbeit ausgeht
Angestellte, Arbeitnehmende im gekündigten Arbeitsverhältnis, und solche, die mit der Kurzarbeit nicht einverstanden sind oder für die keine Arbeitszeitkontrolle besteht, sowie für arbeitgeberähnliche Personen.
KURZARBEIT Arbeitsausfälle berechtigen unter bestimmten Voraussetzungen und nach Bewilligung durch den Kanton zum Bezug von Kurzarbeitsentschädigung. VON S T E F A N I E M E I E R - G U B S E R
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urzarbeit ist die vorübergehende Reduzierung oder Einstellung der Arbeit in einem Betrieb aus unvermeidbaren wirtschaftlichen Gründen. Der Arbeitsausfall muss mindestens zehn Prozent pro Monat betragen. KURZARBEIT ANMELDEN Der Arbeitgeber muss dem Kanton Kurzarbeit mindestens zehn Tage im Voraus schriftlich begründet anmelden. Wenn die Kurzarbeit voraussichtlich
vorübergehend ist, dem Erhalt von Arbeitsstellen dient und der Ausfall anrechenbar ist, erteilt der Kanton die entsprechende Bewilligung. Nicht anrechenbar ist ein Arbeitsausfall namentlich dann, wenn er zum normalen Arbeitgeberrisiko gehört, durch die Betriebsorganisation verursacht wird oder üblichen Schwankungen entspricht. Der Bundesrat kann weitere Arbeitsausfälle zulassen, so zum Beispiel für den starken Franken.
EINVERSTÄNDNIS DER ARBEITNEHMENDEN Die Arbeitnehmenden müssen der Kurzarbeit schriftlich zustimmen. Lehnen sie diese ab, haben sie, ungeachtet dessen, ob eine volle Beschäftigung möglich ist, weiterhin Anspruch auf den vollen Lohn, tragen jedoch allenfalls ein erhöhtes Risiko für eine Kündigung. ENTSCHÄDIGUNG Die Kurzarbeitsentschädigung beträgt 80 Prozent
des Verdienstausfalls und wird aktuell während maximal 18 Monaten von der Arbeitslosenkasse übernommen, sofern die Überstunden der letzten sechs Monate abgebaut worden sind. Sozialversicherungsbeiträge müssen für die Dauer der Kurzarbeit auf dem vollen Lohn bezahlt werden.
STEFANIE MEIER-GUBSER Die Autorin ist lic. iur. und Fürsprecherin bei Centre Patronal, Kapellenstrasse 13, Postfach 5236, 3001 Bern, +41 58 796 99 09, +41 58 796 99 03, smeier@centrepatronal.ch, www.centrepa www.centrepatronal.ch p tronal.ch
KEINE KURZARBEIT Keine Kurzarbeit ist möglich für Lernende, befristet oder temporär
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event
event
VR-Zirkel Mittelland – Zusammenarbeit im VR
Medientrainig für Verwaltungsräte
Dienstag, 15. März 2016, ab 17.30 h
Freitag, 22. April 2016, ganzer Tag
Va er BusinessCenter, Bärenplatz 2, 3011 Bern
MAZ, Murbacherstrasse 3, 6003 Luzern
Details und Anmeldung: www.sivg.ch/events
Details und Anmeldung: www.sivg.ch/events
EVENTS
Manager auf Zeit INTERIM MANAGEMENT Die Flexibilisierung der Arbeitswelt holt den Beruf des Managers auf Zeit aus seiner Nische als «Notarzt» heraus. Der Dachverband Schweizer Interim Manager (DSIM) wartet 2016 mit spannenden Informations- und Diskussionsanlässen rund um dieses zukunftsträchtige Berufsbild auf. TEXT D E L I A B A C H M A N N
Die Zeit der Interim Manager ist gekommen: Der Beruf des temporären Geschäftsführers hat Zukunft.
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r kommt mit einem klar definierten Auftrag, erfüllt diesen und verlässt das Unternehmen dann wieder –die Temporärarbeit hat die oberste Führungsebene längst erreicht. Dennoch wurden die Dienste des Interim Managers lange Zeit vor allem in Krisensituationen in Anspruch genommen. Die Trends hin
Bild: Depositphotos.com/Kuzmafoto
zu Projektarbeit, netzwerkartigen Unternehmensstrukturen, Agilität und zeitkritischen Aufgaben offenbaren aber, dass er mehr sein kann als ein Brandlöscher. Als Aussenstehender kann er wertvolle Impulse geben und so die notwendige Transformationen und Innovationen begünstigen. Am häufigsten wird er zur Umsetzung von Change
Management-Prozessen oder als Ersatz für den Ausfall einer Führungskraft gerufen. Weil der DSIM damit rechnet, dass die Nachfrage nach den Dienstleistungen von Interim Managern steigt, widmen sich zwei der drei geplanten Events in den Monaten März und April dem Berufsbild des Interim Managers.
DIE KOMMENDEN EVENTS AUF EINEN BLICK DER WEG ZUM INTERIM MANAGER Mit einem Informationsanlass zu Interim Management am 16. März in Aarau macht der DSIM den Auftakt. Hier erfahren interessierte Kreise und angehende Manager auf Zeit, wie man Interim Manager wird, was dabei zu beachten ist und wie Mandate akquiriert werden. Die Schwerpunktthemen sind: «Berufliches Umfeld von Führungskräften im Wandel», «Berufsbild Interim Manager», «Entwicklung von Interim Management in Europa und in der Schweiz», «Wichtige Elemente der Akquisition» sowie die «Aktivitäten des DSIM». Im Anschluss an den offiziellen Teil haben die Teilnehmer die
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Möglichkeit, sich beim Apéro Riche mit Referenten, Praktikern und Gleichgesinnten auszutauschen. Anmeldungen bis zum 14. März, www.dsim.ch
FORUM «LEADERSHIP» Zum Thema «Leadership Verantwortung übernehmen» veranstaltet der DSIM am 24. März im Zürcher Glockenhof ein öffentliches Informationsund Diskussionsforum und schafft damit einen Ort der Begegnung, wo aktuelle Themen der Unternehmensführung vorgestellt und diskutiert werden. Der gefragte Referent Matthias Mölleney wird über das Thema «Führung im digitalen Zeitalter» sprechen. Der
UnternehmerZeitung | Nr. 3 2016
ausgewiesene Leadership und Change Management Experte hatte während der Zeit des Swissair Groundings die Personalverantwortung inne. Mit dabei ist auch Monica Cauglia, die als Mitglied der Akademie für Neurowissenschaftliches Bildungsmanagement zum Thema «Value Based Leadership» referiert. Ihr Wissen setzt sie bei der Integration unterschiedlicher Unternehmenskulturen um. Referent Beat Fraefel, Gründer und Mitinhaber von Fraefel & Partner – Change Management Consultants, widmet sich dem Thema «Transformation – der Weg über die schmale Brücke». Dank seiner langjährigen Erfahrung weiss er etwa,
wie man als Führungskraft ein Klima schafft, in dem Veränderungen besser, schneller und häufiger möglich sind. Beim anschliessenden Apéro Riche besteht die Möglichkeit für vertiefende Gespräche. Anmeldungen bis zum 23. März, www.dsim.ch
INTERIM MANAGEMENT ALS ZERTIFIKATSKURS Den vorläufigen Abschluss bildet die Informationsveranstaltung vom 30. April in Brugg-Windisch zum neuen Lehrgang «CAS Interim Management: Führung von Organisationen für begrenzte Zeiträume», den der DSIM in Zusammenarbeit mit dem Institut für Unternehmensführung
der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) entwickelt hat. Zu den Kurszielen gehört etwa die Kenntnis der Dynamiken und Erfolgsfaktoren unterschiedlicher Interventionsformen sowie die Fähigkeit, Interventionen mit einem geeigneten Change Management nachhaltig im Unternehmen zu verankern. Der Kurs richtet sich sowohl an praktizierende Interim Manager als auch an Neueinsteiger. Er dauert 13 Tage, die verteilt auf fünf Module in Windisch und Basel im Zeitraum vom 29. April bis zum 19. August stattfinden. Anmeldungen für den CAS IM Lehrgang bis spätestens 31. März 2016, www.dsim.ch/cas-interim
EVENTS
Am Puls der Wirtschaft SWISS ECONOMIC FORUM (SEF) Am 9. Juni 2016 wird die 18. Ausgabe des SEF von Bundespräsident und Wirtschaftsminister Johann Schneider-Amman in Interlaken eröffnet. Die zweitägige Konferenz ist dem Thema «Agilität – Erfolgsfaktor in Zeiten des Wandels» gewidmet. TEXT D E L I A B A C H M A N N
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eue Technologien und veränderte Kundenpräferenzen krempeln ganze Branchen und Geschäftsmodelle um und sorgen damit für eine ungeheure Dynamik. Werte wie Kontinuität und Konsens erscheinen vor diesem Hintergrund anachronistisch. Doch sie sind Bestandteil der Schweizer Tradition und deren Geschäftsmodell, das zwar langsam, dafür aber stabil ist. Die Herausforderung besteht nun darin, diese Stabilität mit der notwendigen Agilität zu verbinden. Die am SEF 2016 versammelten Expertinnen und Experten stellen sich ihr und zeigen, wie Agilität als Erfolgsfaktor in Unternehmen aufgebaut werden kann. Die breite Palette von Keynote-Referaten sorgt zudem für eine multiperspektivische Annäherung an die Thematik. STARÖKONOMEN UND KAPITÄN PHILLIPS Anders Fogh Rasmussen, ehemaliger dänischer Ministerpräsident und Ex-Nato-Generalsekretär, zählt zu den Stargästen am diesjährigen SEF. Heute arbeitet er als Berater bei Goldman Sachs. Mit Dambisa Moyo aus Sambia, dem ehemaligen Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand und dem Nobelpreisträger Angus Deaton sind auch dieses Jahr wieder hochkarätige Ökonomen am SEF vertreten. Julian Treasure, Gründer und Chairman von «The Sound Agency», ist bekannt für seine einzigartigen Methoden im Bereich «Audio Branding», die er den 1350 Konferenzteilnehmern präsentieren wird. Er gilt als erstklassiger Redner. Mit an Bord ist auch US-Kapitän Richard Phillips, der 2009 vor der somalischen Küste von Piraten entführt wurde. Am SEF wird er über seine Erfahrungen in Krisensituationen sprechen. 2013 kam seine Geschichte ins Kino, mit Tom Hanks in der Hauptrolle. Mit dem Auftritt von Michail Chodorkowski am SEF 2015 haben die Organisatoren einen echten Überraschungscoup gelandet. Wer dieses Jahr kommen wird, bleibt abzuwarten.
Der Ex-Nato-Generalsekretär und ehemalige dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen zählt zu den Stargästen des diesjährigen SEF. Foto: Keystone/AP Photo/Jon Super
DIE KONFERENZ IM ÜBERBLICK Seit der Austragung der ersten Konferenz im Jahr 1998 hat das SEF einen weiten Weg zurückgelegt. Sie mauserte sich zur national führenden Wirtschaftskonferenz und baute ihr Programm mit neuen Plattformen, Formaten und Initiativen kontinuierlich aus. Das SEF 2016 wartet neben den Keynote-Referaten mit einem Podium zum «Erfolgsmodell Schweiz» auf. Nationalratspräsidentin Christa Markwalder, Philipp Hildebrand und Martin Hirzel, CEO von Autoneum, diskutieren dabei über jene Faktoren, die für die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit entscheidend sind. Mit dem SEF.Dialog findet ein neues Programmelement Eingang ins Konferenzpro-
gramm. Die Premiere macht SBB-Chef Andreas Meyer, der Albrecht Kresse alias «Mr. Summarizer» – seinerseits längst Teil des SEF-Inventars – Rede und Antwort stehen muss. Die Formate SEF.Erfolg, SEF.360°, SEF.Querdenker und die von den SEF-Partnern gestalteten Breakout-Sessions bleiben fester Bestandteil der Konferenz. Zudem dürfen junge und innovative Firmen, die mit besonderem Engagement und Risikobereitschaft einen Beitrag zur Stärkung der Schweizer Wirtschaft leisten, auch dieses Jahr wieder auf einen der begehrten Jungunternehmerpreise hoffen. Der SEF.Award wird in den drei Kategorien Dienstleistungen, Hightech/Biotech und Produktion/ Gewerbe verliehen. Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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BÜCHER
«Do no harm» HUMANITÄRE HILFE Wie und wofür werden Spenden eingesetzt? Verdrängt die humanitäre Hilfe die längerfristige Entwicklungszusammenarbeit? Walter Rüegg und Christoph Wehrli versuchen diese Fragen zu beantworten. TEXT A N O U K A R B E N Z
HUMANITÄRE HILFE IN EINER VERNETZTEN WELT Das Buch mit einem Vorwort von Bundesrat Didier Burkhalter beleuchtet die heutige Praxis als auch zukünftige Trends und Herausforderungen der humanitären Hilfe. Dabei werden auch globale Veränderungen aufgegriffen, welche die Arbeit für Hilfswerke zunehmend erschweren oder gar verunmöglichen. Ein Kapitel widmet sich der Rolle und dem Einfluss der Medien auf die Wahrnehmung von Katastrophen. Im letzten Kapitel
«Spenden und Kommunikation» wird ein Überblick über Spenden in der Schweiz von 1997 bis 2014 gegeben und das Thema Fundraising und die Selbstregulierung von Spenden behandelt. Interviews mit erfahrenen Persönlichkeiten wie beispielsweise Peter Maurer, Präsident des IKRK, oder dem Generaldirektor des SRG SSR Roger de Weck greifen umstrittene Vorgehensweisen auf und ermöglichen eine reichhaltige Diskussion. Kurz-
portraits der wichtigsten privaten Hilfswerke runden das umfassende Standardwerk ab.
Humanitäre Hilfe Schweiz. Eine Zwischenbilanz. Walter Rüegg und Christoph Wehrli (Hrsg.), Verlag neue Zürcher Zeitung, 2016, 376 Seiten CHF 44.–, ISBN 978-3-03810-135-2 Bildquelle: :zVg
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n der Schweiz ist humanitäre Hilfe Tradition. Dabei verfolgt sie den Grundsatz, Betroffene in die Planung und Umsetzung der Hilfe einzubeziehen und negative Auswirkungen humanitärer Eingriffe unbedingt zu vermeiden («do no harm»-Prinzip). Humanitäre Prinzipien wie Menschlichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit werden in vielen Kontexten auch direkt mit der Schweiz in Verbindung gebracht. Das Buch «Humanitäre Hilfe Schweiz. Eine Zwischenbilanz.» von Walter Rüegg und Christoph Wehrli bietet einen Überblick über die Organisationen der humanitären Hilfe in der Schweiz und liefert spannende Beiträge und Interviews zu den Fragestellungen und Entwicklungen, mit denen Hilfswerke heutzutage konfrontiert sind. Dabei stellt sich als Leser die Frage, bis zu welchem Grad das Buch im Hintergrund seiner finanziellen Unterstützung durch die Glückskette und die Deza (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit) dem Anspruch an Objektivität gerecht werden kann. KOMPLEXITÄT VERLANGT FLEXIBILITÄT Hilfswerke stellen lebenswichtige Güter bereit, bieten Schutz vor Gewalt und Verfolgung und unterstützten die Menschen bei der Bewältigung von Katastrophen. Humanitäre Ziele einzuhalten wird jedoch immer schwieriger. Die Konflikte dauern länger, 74
UnternehmerZeitung | Nr. 3 2016
werden komplexer und unübersichtlicher, der Zugang wird erschwert oder gar verunmöglicht und die Unterscheidung zwischen Opfern und Tätern gestaltet sich immer schwieriger. Aufgrund der Globalisierung fordern Regierungen in Krisenregionen heute mehr Eigenständigkeit und verzichten teilweise ganz auf Hilfe. Das umfangreiche Buch bietet interessante Einsichten in die Arbeit von Hilfswerken im Kontext dieser Veränderungen. Die Haltung der Autoren bleibt dabei differenziert: Auf der einen Seite soll Verständnis geschaffen werden für die Hilfswerke und ihre Arbeit, auf der anderen Seite beleuchtet das Buch sehr kritisch Kernkompetenz, Kooperationsfähigkeit und Effizienz der Organisationen der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Solidarität im Sinne einer gegenseitigen Verantwortung liegt in der Natur des Menschen. In Form humanitärer Hilfe und Spenden zeigen wir uns gegenüber anderen, vom Schicksal getroffenen Menschen, solidarisch. Nicht immer sind wir dabei gleich grosszügig. Wer beispielsweise Opfer eines Tsunamis wird, kann mit mehr Solidarität rechnen als ein syrisches Kriegsopfer. Ein weiteres Problem, das im Buch aufgedeckt wird, ist die emotionale «Abstumpfung» in einer Zeit, in der Katastrophen allgegenwärtig sind. Den Medien kommt dabei als Informationsträger und Sprachrohr eine wichtige Rolle
zu. Mit Katastrophen und der Not der Menschen lassen sich Schlagzeilen machen. Statt Zusammenhänge aufzuzeigen, werden Einzelereignisse ins Auge gefasst. Anschaulich beschreiben die Autoren auch die gegenseitige Abhängigkeit: Journalisten sind oftmals auf die Hilfe von Hilfswerken angewiesen, um an ihre Stories zu kommen. Gleichzeitig brauchen karitative Einrichtungen das mediale Scheinwerferlicht, um Spenden zu erhalten. Effizient seien die Hilfswerke dann nicht, wenn sie sich beispielsweise in Afrika gegenseitigen auf den Füssen stünden: So ist an einer Stelle im Buch zu lesen, dass sich eine kenianische Comedy-Serie diesbezüglich über private Hilfsorganisationen lustig macht. Als weiteres Beispiel für die Ineffizienzen der Humanitären Hilfe wird die Ebola-Krise in Liberia unter die Lupe genommen, wo gemäss dem Autor des Beitrags, Patrik Wülser, zu spät eingegriffen wurde. Die Auswahl der Texte deckt das Thema vollumfänglich ab und betrachtet dieses aus unterschiedlichen Perspektiven; Korrespondenten, Botschafter, Helfer, Ärzte usw. melden sich hier zu Wort. Die einzelnen Schicksale rufen vergessene Krisen in Erinnerung und schildern die Geschehnisse aus persönlicher Sicht. Die Kapitel sind angenehm kurz, die Beiträge leserfreundlich und teilweise bebildert. Das Buch wendet sich daher nicht an ein spezifisches Fachpublikum.
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In dritter Generation MARCO BAUMANN Inhaber und Geschäftsführer RAUSCH AG.
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Warum sind Sie Unternehmer geworden? Ich möchte lieber als Unternehmer in Erinnerung bleiben, Unterlasser gibt es genug. Es war naheliegend, dass ich vor 48 Jahren in den Betrieb meines Vaters einstieg und ihn unterstützte. Meine Arbeit ist meine Berufung mit Begeisterung und Freude. Wenn nichts unmöglich wäre, was wäre Ihr Traumjob? Ich habe das Glück, meinen Traumjob auszuüben. Andernfalls wäre ich vielleicht noch Bankdirektor, Pianist oder Dirigent geworden. Was mögen Sie nicht an Ihrer Branche? Materialismus, Grössenwahn, Unverhältnismässigkeit und die kalte, einseitige und eher kurzfristig angedachte Gewinnoptimierung in den Unternehmen. Der Mensch und sein soziales und kulturelles Wirken bleiben dabei oft auf der Strecke. Umso beachtlicher sind gelebte Werte als Beispiel und Vorbild. An welches Ereignis in Ihrer Karriere erinnern Sie sich am liebsten? Es gibt viele wunderschöne Erinnerungen.
Die Begegnungen mit wertvollen Persönlichkeiten sind oft zu echten «Meilensteinen» von Bewunderung, Respekt und Wertschätzung geworden. Mitarbeitende, Apotheker und Drogisten, die RAUSCH seit Jahren die Treue halten, das sind Menschen, die mich in meinem Tun bestätigen und nachhaltig erfüllen. Was war Ihr grösster Fehlentscheid? «Nobody is perfect». Ich versuche falsche Entscheidungen immer mit Weitsicht zu korrigieren. Welche Persönlichkeit hätten Sie schon immer gerne einmal getroffen? Die beiden Wolfgangs (Mozart und Goethe). Worüber können Sie sich ärgern? Über die vielen Schweizer, die ihr Geld lieber im Einkaufstourismus ausgeben, anstatt die eigene Wirtschaft zu stärken. Dies ist kurzsichtig und erscheint mir falsch. Wie erholen Sie sich vom Stress? Ein Spaziergang durch den Wald, klassische Musik und kulinarische Höhenflüge. Ich bin ein Geniesser.
ZUR PERSON Unternehmen: RAUSCH AG Kreuzlingen Position: Inhaber und Geschäftsführer Werdegang: Banklehre, Lehr- und Wanderjahre, 1968 Eintritt ins elterliche Unternehmen Ausbildung: Bankkaufmann Hobbies: Arbeiten in der Vergangenheit, neuester Lehrgang: Loslassen und Geniessen Zivilstand: Getrennt, zwei erwachsene Söhne
Was zeichnet die Schweizer Wirtschaft aus? Die Schweizer Wirtschaft zeichnet sich aus durch Qualität, Innovationskraft, Zuverlässigkeit und Verantwortung für den Menschen. Diese Werte haben die Schweiz über Jahre hinweg zu dem gemacht, was sie auch in Zukunft sein sollte. Was wünschen Sie sich für die Schweiz? Mit einer gesunden Grundhaltung; Respekt, Wertschätzung und Ethik werden die Arbeitsplätze langfristig gesichert. Die Schweiz muss einzigartig, bodenständig und solid bleiben. Nr. 3 2016 | UnternehmerZeitung
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KAPITALMARKT
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ANGEBOTE WASSERVEREDELUNG (3894) Ein etabliertes Unternehmen im Bereich Wasseraufbereitung und –belebung, dass vor 12 Jahren gegründet wurde. Es bietet eine hundertfach erprobte Alternative zu herkömmlichen Entkalkungssystemen. Die Wasserbelebung kann physikalisch nachgewiesen werden. 300 Stellenprozente in Verkauf und Administration. Hauptsächlich unabhängige Vertriebsmitarbeiter. Umsatz ca. 1 Million Franken. Bisher wurden die Gewinne in den Aufbau des Geschäftes investiert. PATENTIERTE ERFINDUNG (3893) Patent erteilt – Firma zu verkaufen mit einzigartigem Produkt im Konsumbereich. Der Inhaber liess sich eine geniale Erfindung patentieren und entwickelte das Produkt bis zur Marktreife weiter. Das Produkt ist einzigartig auf dem Markt und hat bereits 200 Referenzkunden. Der Inhaber möchte sich nun auf seine neuen Ideen fokussieren und die Firma mit dem Patent verkaufen. Der Geschäftsführer steht dem Käufer auf Wunsch auch nach der Übernahme
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beratend zur Seite. Investitionssumme: 250000 bis 270000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: RP06075 GROSSHANDEL FÜR PLEXIGLAS (3892) Nischenanbieter für Plexiglas Prospektständer mit eigenständigem Design und funktionalen Produkten sucht Teilhaber oder Käufer. Der Verkäufer steht dem Käufer auch nach der Übernahme zur Seite. Investitionssumme: 40 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: HD07034 ERFOLGREICHES SPORT- UND FREIZEITZENTRUM (3891) Ein grosses und vielseitiges Sport- und Freizeitzentrum im Wallis inklusive Immobilie steht zum Verkauf. Es wird seit 30 Jahren erfolgreich und rentabel geführt. Der Eigentümer sucht jetzt einen engagierten Nachfolger. Investitionssumme: 2 500 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: LS30015 DRUCKEREI SUCHT STRATEGISCHEN PARTNER (3890) In der zweiten Generation als Drucker hat sich die Firma auf eine Nische spezialisiert, die
ein beträchtliches Potenzial aufweist. Der Inhaber ist auf der Suche nach Kooperationen, Fusionen oder einem strategischen Partner, der sich bei der weiteren Entwicklung der Druckerei persönlich und finanziell engagiert. Auch eine Übernahme einer Nachfolgelösung ist denkbar. Langjährige treue Kundschaft. Umsatz im siebenstelligen Bereich. Investitionssumme: Nach Vereinbarung. Jetzt online Kurzexposée anfordern: IR29065 APOTHEKE IN DER OSTSCHWEIZ ZU VERKAUFEN (3889) Die Apotheke liegt zentral in einer Ostschweizer Stadt, ist bestens erschlossen mit ÖV und sehr gut erreichbar für den Individualverkehr. Das Geschäft hat eine über sechzigjährige Tradition. Die Apotheke verfügt über eine sehr grosse Stammkundschaft und profitiert von einer überdurchschnittlich guten Lage. Diese verspricht auch eine tägliche Laufkundschaft. Der Umsatz entspricht einer guten Stadtapotheke und ermöglicht eine sichere Existenz. Die Einrichtung ist modern, POS-System auf aktuellem Stand. Das Sortiment ist sehr zeitgemäss und top aktuell.
SELBSTÄNDIGE EXISTENZ (3877) Nachfolge in einem Detailhandelsgeschäft. Suchen Sie eine selbständige Existenz? Sind Sie kreativ und verkaufsorientiert? Wir verkaufen unser Fachgeschäft für Bastelartikel, Dekorationen, Geschenke und Papeterie in einer mittelgrossen aargauischen Gemeinde. Dieses Geschäft bietet Ihnen eine eigenständige Existenz, sofern Sie gerne kreativ tätig sind und den Umgang mit den Kunden schätzen. Die Verdienstmöglichkeiten ergeben sich aus Ihrem persönlichen Einsatz. Bei 100 Prozent Einsatz finden Sie hier eine gut bezahlte Arbeitsstelle; bei Teileinsatz eine gute Rendite Ihres eingesetzten Kapitals. Die Uebernahmekonditionen sind verhandelbar. Sofern wir Ihr Interesse geweckt haben, bitten wir Sie um Kontaktaufnahme. Gerne klären wir mit Ihnen die weiteren Details in einem unverbindlichen Gespräch ab. SANITÄR – HEIZUNGSFIRMA ZU VERKAUFEN (3876) Sie erfahren alles auf unserer Webseite: www.aurora-haustechnik.ch. Besonderes: Sanitär, Heizung, Solar, Lüftung, Service, Planung und besondere Systembautechnik.
SCHUHE-ACCESSOIRES (3528) Das Unternehmen hat sich in den letzten 25 Jahren in der Stadt Zürich eine treue Stammkundschaft für Schuhe und Accesoires erarbeitet. Dank der guten Lage und dem schönen Ladenlokal gibt es viel Laufkundschaft und in der Hochsaison auch internationale Touristen, welche dort einkaufen. Der Hauptumsatz wird mit Damenschuhen erzielt. Auf Shopping-Portalen wird das Geschäft als eines der besten Schuhgeschäfte angepriesen, welches bekannte Designer-Schuhe im Sortiment führt. Die Preisklasse ist ab ca. 300 Franken. Die Inhaberin bedient zusammen mit einem kleinen Team von freundlichen Beraterinnen die Kundschaft. Aus Altersgründen wird eine Nachfolge gesucht. Für modebewusste Nachfolgerinnen oder auch Nachfolger eine Chance, sich selbständig zu machen. Oder auch für Schuh- oder Modegeschäfte, welche sich mit einem zusätzlichen Standort vergrössern wollen. BOUTIQUE SCHMUCK & WOHNACCESOIRES (3863) Sehr gut laufende Boutique in der Berner Altstadt. Viele Stammkunden, aktuelle Website und Webshop (Wordpress) sind vorhanden. Aktuelle und und sich gut verkaufende Labels können übernommen werden, so dass Sie sich bei diesen Marken nicht neu einkaufen müssen. Das Ladenlokal ist gemietet und ein langjähriger Mietvertrag kann abgeschlossen
IMPRESSUM UNTERNEHMERZEITUNG 22. Jahrgang, Die UnternehmerZeitung erscheint zehnmal jährlich im Verlag SWISS BUSINESSPRESS SA, Zürcherstrasse 20, CH-8952 Schlieren, Zürich; Telefon 044 306 47 00, Fax 044 306 47 11, www.unternehmerzeitung.ch, info@unternehmerzeitung.ch HERAUSGEBER Remo Kuhn, kuhn@swissnews.ch REDAKTION Steffen Klatt, klatt@unternehmerzeitung.ch; Dominique Lieb, lieb@swissnews.ch; Delia Bachmann, bachmann@swissnews.ch; Silvan Buholzer, buholzer@ swissnews.ch; Anouk Arbenz, arbenz@swissnews.ch LAYOUT UND PRODUKTION Bruno Strupler, print@unternehmerzeitung.ch; Silvan Buholzer, buholzer@swissnews.ch MITARBEIT AN DIESER AUSGABE Hans-Georg Bächtold, Yvonne von Hunnius, John Dyer, Fredric Spohr, Urs Fitze, Janick Tagmann, Fredy Gilgen, Achim Dannecker, Daniele Tedesco, Rüstü Akkoca, Thomas Sauter-Servaes, Alfred Kuhn, Aline Theiler, Ralph Bachofen, Stefan Vogler, Christoph Hilber, Stefanie Meier-Gubser, Dominique Calcò Labbruzzo, Heike Rudolf von Rohr, Reto Sutter, Ruedi Stricker ANZEIGENLEITUNG Felix Keller, keller@unternehmerzeitung.ch, Telefon 044 306 47 00 DRUCKUNTERLAGEN www.swissbusinesspress.ch/kundendaten ABONNEMENTS UnternehmerZeitung, Postfach, 8952 Schlieren Zürich, abo@unternehmerzeitung.ch, Einzelverkaufspreis: Fr. 8.– JAHRES-ABONNEMENT Fr. 64.– Inland; WEMF-beglaubigte Auflage 2015: 27647 Exemplare, davon verkauft: 7012 DRUCK Swissprinters AG Brühlstrasse 5, CH-4800 Zofingen NACHDRUCK Nur mit Genehmigung der Redaktion und Quellenangabe © UnternehmerZeitung gestattet. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. DIE UNTERNEHMER ZEITUNG IST MEDIENPARTNER VON Swiss Venture Club/SVC Unternehmerpreis, Schweizer Unternehmerverband, sivg Schweiz. Institut für Verwaltungsräte, SVSM Schweiz. Vereinigung für Standort-Management, SwissCleantech.ch, UnternehmerForum Schweiz, Schweizer KMU-Tag, KMUSwissEvent, Switzerland Global Enterprise, EnAW Energie-Agentur der Wirtschaft, ICT Berufsbildung Schweiz, Suisse EMEX, Award Corporate Communications®, Fachhochschulen Nordwestschweiz FHNW IM VERLAG SWISS BUSINESSPRESS SA ERSCHEINT AUSSERDEM ZÜRCHER KMU, das Zürcher Unternehmer-Magazin
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UnternehmerZeitung | Nr. 3 2016
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werden. Lager beim Laden vorhanden. HERSTELLER ELEKTROTECHNISCHER ARTIKEL (3789) Altershalber zu verkaufen. Wir sind ein ca. 45-jähriges Schweizer Unternehmen in der Herstellung von elektrotechnischen Artikel. Vertrieb zu ca. 98 Prozent in Europa. Langjähriger Kundenstamm. Fabrikationsräumlichkeiten können mit langjährigem Mietvertrag übernommen werden. Der Kaufpreis von 4 500 000 Franken beinhaltet 1 000 000 Franken an aktuellem Produktionsmaterial und ca. 2 000 000 Franken an Fertigungsanlagen und Einrichtungen. Der Gewinn beträgt 400 000 bis 500 000 Franken inkl. Inhaberlohn. Tiefe Lohnkosten, bedingt jedoch Mitarbeit des Firmeninhabers. Ideal für Elektriker, Elektrotechniker, Feinmechaniker, Elektroingenieur etc. oder Angliederung an Produktionsfirma bzw. Vertriebsfirma ähnlicher Produkte. HOCHRENTABLE SCHWIMMSCHULE(3859) Erfolgreiche und ertragsstarke Schwimmschule sucht Nachfolge. Nach nur wenigen Jahren schaffte es die Schwimmschule, sich in der Region zu etablieren und den Inhabern eine hohe Rendite zu liefern. Die Schule zeichnet sich durch eine konsequente Spezialisierung und Standardisierung des Geschäftsmodells aus. Auch nach der Übergabe steht der Besitzer dem Käufer auf Wunsch stundenweise zur Verfügung.
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So können Knowhow und Kundenstamm optimal auf den neuen Eigner übertragen werden. Investitionssumme: 190 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: GW17075 BEKANNTE, INTERNATIONAL TÄTIGE SPRACHSCHULE (3770) Sprachschulreiseagentur sucht aktiven Teilhaber. Das bekannte und international tätige Unternehmen sucht einen aktiven Teilhaber für die weitere Expansion des erfolgreichen Geschäftmodells. Investitionssumme: 2 00000 bis 400 000 Franken je nach Beteiligungshöhe. Jetzt online Kurzexposée anfordern: SZ09045
GESUCHE TREUHANDBÜRO STADT/ AGGLO. ZÜRICH GESUCHT (3866) Wir suchen zur Übernahme ein Treuhand- und Beratungsbüro in der Stadt oder Agglomeration Zürich. Jahresumsatz nicht unter 1 Million Franken. Qualifizierter Mitarbeiterbestand. Ideal als Nachfolgelösung oder Kooperation.
Neue Marktchancen durch – Einbindung in Spezialisten-Netzwerk – Zugang zu internationalen Mandaten und Kontakten – Institutionalisierte Qualitätssicherung in der Wirtschaftsprüfung Synergiennutzung durch: – Abdeckung von Belastungsspitzen, Stellvertretungen – Gemeinsames HR, Finanzwesen und Marketing – Verwendung gemeinsamer Arbeitshilfsmittel – Regelung der Unternehmensnachfolge Es sind verschiedene Formen der Zusammenarbeit möglich. Wenn auch Sie an einer nachhaltigen Lösung interessiert sind, freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme. Besonderes: *Bitte Anfragen an OBT mit Kontaktdaten versenden. Companymarket.ch erlaubt sich andernfalls diese nachzureichen.
KMU SWISS VERANSTALTUNGEN
08.03.2016 «KMU SWISS – PIAZZA»; Die Piazza findet dieses Jahr bereits zum dritten Mal statt. Erneut kombinieren wir unseren Stammtisch mit einer Ausstellung. Der Anlass ist öffentlich. Unsere Mitglieder, wie auch Dritte, erhalten die Möglichkeit sich zu präsentieren. Das Hauptziel dabei ist, Wissen untereinander auszutauschen, sich gegenseitig zu vernetzen und kennen zu lernen aber auch zu sehen was die Aussteller anbieten. Möchten Sie gerne Ihre Firma präsentieren? Schreiben Sie uns an info@kmuswiss.ch Anzeige
044 421 34 45 www.enaw.ch
reduzieren
LOGISTIK-UNTERNEHMEN SUCHT DARLEHEN (3690) Wir sind eine gut funktionierende GmbH, die in der Logistik-Branche tätig ist. Mit unserer Kundschaft (langfristige Verträge vorhanden) erzielen wir zurzeit ein Jahresumsatz von ungefähr
350 000 bis 400 000 Franken pro Jahr. Wir haben weitere Kundenanfragen, doch um diese bewerkstelligen zu können, brauchen wir Hilfe in Form eines Darlehens. Sehr gerne legen wir Ihnen die Original-Belege der Bank vor (Umsatz bis jetzt). Wir brauchen das Darlehen für Weiterentwicklung unseres Unternehmens, FZ- Anschaffung sowie Personal-Aufstockung und Lager-Hilfsmittel. Wir sind bereit hohe Zinsen zu bezahlen: Darlehen in Höhe von 50 000 Franken zahlen wir beispielsweise wie folgt zurück: – 50 Monate: 2000 Franken pro Monat – Natürlich wird der Darlehen-Vertrag von einem Notar erfasst und abgestempelt. – Bei Verzug der Rückzahlung wird als Sicherheit die Übernahme des Unternehmens festgelegt. Für alles weitere stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
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TREUHANDBÜRO AGGLOMERATION BERN GESUCHT (2812) Treuhandunternehmen sucht Kooperation oder Akquisitionsmöglichkeit mit oder von lokal etablierten Treuhandbüros in der Agglomeration Bern.
Jetzt informieren:
KMU-BETEILIGUNG FÜR INDUSTRIEHOLDING (2817) Erfolgreiche und inhabergeführte Industrieholding sucht substanzstarke KMU als Beteiligungen. Die Holding bietet Gewähr für eine langfristige Strategie. Firmenname, Mitarbeitende und Standort werden beibehalten und gestärkt. Gesucht sind produzierende Unternehmen, welche seit mindestens 25 Jahren erfolgreich am Markt agieren, mindestens 20 Mitarbeitende beschäftigen und über eine solide finanzielle Lage verfügen. Die Vertraulichkeit wird jederzeit vollumfänglich zugesichert.
05.04.2015 «SWISS LEAN AWARD CASTING»; Der Swiss Lean Award ist die einzige nationale Auszeichnung für Spitzenleistungen auf der Basis der Lean-Management-Philosophie. Die Award-Verleihung findet jeweils im Rahmen des KMU SWISS Forums statt. Ausgezeichnet werden Unternehmen und Organisationen, die «Lean Gedanken» in ihren Unternehmensprozessen leben und umsetzen. Es werden Kategoriensieger und der Gesamtgewinner auserkoren und ausgezeichnet. Die nominierten Firmen präsentieren sich im Vorfeld des Forums im Rahmen eines Casting. Mit der Teilnahme erhalten die Bewerber eine Auswertung und können diverse Anlässe Besuchen, ganz nach dem Motto der laufenden Verbesserung und dem kontinuierlichen Lernen. Mehr Informationen auf www.swissleanaward.ch. KENNEN SIE die Vorteile von unserem Förderverein schon? Gerne informieren wir Sie +41 56 210 96 90 oder info@kmuswiss.ch
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Weitere und detaillierte Informationen finden Sie unter www.kmuswiss.ch
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Im Auftrag einer politischen Kantonalpartei suchen wir für das Kantonale Justizsekretariat (ehem. «Obergericht») einen
Volksrichter Ihre Aufgabe besteht im Wesentlichen in der effizienten Erhebung und Umsetzung des aktuellen Volkswillens. Sie arbeiten dabei eng mit Ihren Partnern zusammen. – Das IOI Instant Opinion Institute in Niederhunzenschwil wird ab Ende Jahr dreimal täglich die Volksmeinung zu aktuellen Themen ermitteln und Sie laufend über relevante Erkenntnisse informieren. – Sie nehmen nach freiem Ermessen Anliegen der zuständigen Strafverfolgungsbehörden entgegen und bearbeiten sie in enger Abstimmung mit der Partei. – Im Interesse des Landes setzen Sie sich auf dem Verfügungsweg gegen bürokratische Behinderungen der Rechtspflege ein und sorgen dafür, dass im Bedarfsfall neue Gesetze und Verordnungen innert Wochenfrist vom Parlament und der Regierung in Kraft gesetzt werden. – Sie beteiligen sich aktiv an der Bekämpfung missbräuchlicher Interpretation der Menschenrechtskonvention und anderer rechtsimperialistischer Ansätze. Die besten Voraussetzungen für diese Position bringen Sie mit, wenn Sie folgende Anforderungen erfüllen: – Sie sind seit mindestens vier Generationen Schweizer Bürger. – Sie haben Ihre Liebe zu Vaterland und Volk durch eine entsprechende Offizierskarriere unter Beweis gestellt oder sich durch besondere Leistungen im Bereich der Volksernährung verdient gemacht. – Ihre Führungserfahrung wird Ihnen helfen, sich mit Ihrer schriftsprachlich versierten Sekretärin zu arrangieren. Aufgrund der Quotenregelung im Sekretariat gehen wir davon aus, dass Sie männlichen Geschlechts und heterosexuell orientiert sind. Bewerbungen von Familienvätern werden bevorzugt behandelt. – Ein Studium der Rechtswissenschaft oder die Lektüre einschlägiger Werke, beispielsweise von Roland Frigerios Dissertation «Rechtspflege im Dienst des Volkskörpers», erleichtern Ihnen den Einstieg. Die Besoldung erfolgt gemäss der geltenden Vereinbarung zwischen der Kantonalpartei und der Finanzdirektion. Ein Stellenantritt kann ab 31. Januar 2017 erfolgen.
Auf Ihre schriftliche Bewerbung inkl. Kopie des Parteibüchleins, einen Auszug aus dem Zentralstrafregister und eine ärztliche Geschlechtsbescheinigung freut sich der Beauftragte. Stricker Consulting Ruedi Stricker Weiherstrasse 4a 8594 Güttingen Tel. +41 (0)71 870 02 01 ruedi@stricker-consulting.ch
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UnternehmerZeitung | Nr. 3 2016
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Für den CEO der Kistler Gruppe bietet die Zürcher Kantonalbank innovative und individuelle Lösungen über die Grenzen hinaus. Und bleibt trotzdem immer nah. Mit einem schnell erreichbaren und persönlichen Kundenbetreuer in allen Unternehmensphasen.