Eibl Stilikonen unserer Zeit Callwey issuu

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stil

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Wohn- und lEbEnsgEschichtEn bEsondERER fRauEn

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Ralf Eibl fotos von Wolfgang stahR


Inhalt

106 M e l a n i e S w a r o v sk i , k ü s n a c h t

Künstlerin 6

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vorwort

C l a u d i a H o r n e m a n n , D ü ss e l d o r f

PR- Profi und Fundraiser 8 Michelle Elie Meiré , Köln

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Schmuckdesignerin

K atrin Belling er , Lond on

Galeristin und Sammlerin 18 I va n a S eg r e , B r a n d e n b u r g

134

Schriftstellerin

Lisa Zeitz, Berlin

Chefredakteurin 28 K atja Eiching er , München

140

Autorin und Produzentin

S a b ine Pa renti , küs n acht

Modedesignerin 38 M arie-Christine Dre yfus , ba sel

150

Managerin und Coaching - Expertin

C arina Villinger, New York

Designexpertin 48 Karen Boros, Berlin

158

Kunstsammlerin

Ellen Piper-Quit tenbaum , München

Kunsthändlerin 60 Dorothee Schumacher, Mannheim

168

Modedesignerin

G e s a H a n s en , Pa ri s

Designerin 68 Für s tin G lori a von Thurn und Ta xis ,

176

New York

U t e L e mp e r , N e w Y o r k

Unternehmerin

Sängerin

80

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Delia Fischer, München

J e ss i c a W e i S S , B e r l i n

G ründerin von Westwing

Modebloggerin

88

190

Jane Kolb , werm at swil

A d r e ss e n

Journalistin 192 98 A n n a b e l l e S e l l d o r f, N e w Y o r k

Architektin

Imp r e ss u m



Gloria von T h u r n u n d Ta x i s Unsere F端rstin erobert New York

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Warten auf die G채ste: Der Essbereich mit einem Refektoriumstisch von Chester Jones. Die Fotoarbeit von Thomas Ruff zeigt Manhattan kurz nach den Anschl채gen. lINKS Ihre Durchlaucht auf der Feuerleiter ihres Lofts.

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Eine saugute Mischung: Unten eine Trophäe aus den Regensburger Wäldern, oben ein Gemälde von Friedrich Kunath. Rechts Hinter der Trennwand aus Milchglas liegt die Küche. Auf der Couch BuntstiftKarikaturen der Fürstin.

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Gloria von Thurn und Taxis

E

s gibt für die kunstsinnigen Kreise Manhattans ein neues Must-have. Kein Richard Prince, kein Raymond Pettibon und auch kein Andy Warhol mehr für die eigenen vier Wände. Das hat man doch alles schon. Es sind die mit spitzbübischem Strich gemalten Buntstiftporträts einer deutschen Fürstin, die tout New York jetzt haben muss. Gloria von Thurn und Taxis und die ganz große Inspirationsbühne im Big Apple: Hier rappt sie, in David Lettermans Late-NightShow hatte sie auch schon gebellt und jetzt karikiert sie noch die Stilgrößen der Stadt. Peter Marino und André Leon Talley, jeweils im handlichen Papierformat, warten in ihrem Loft gerade darauf, von ihr persönlich an die Porträtierten ausgeliefert zu werden. Beide Werke wurden durchaus mit einem Augenzwinkern gefertigt. Die Kontur von Interior-

Rockstar Marino kommt etwas sehr straight daher, auch Fashion-Guru Talley wirkt noch übermächtiger als im echten Leben ohnehin schon. Mehr Gloria geht in dieser Stadt kaum: Wir sind im Flatiron District und Ihre Durchlaucht ist braun gebrannt. Und hat sonnigste Laune. Sie sieht so entspannt aus, als käme sie gerade vom Surfen. Wenig bis gar keine Schminke, dafür ein paar strahlende Lachfältchen und eine sehr dominante Brille von Barton Perreira. Wären im East River nicht so viele toxische Hinterlassenschaften, hätte sie dort ihr Surfbrett schon längst ins Wasser gelassen. Wo diese deutsche Stil­ botschafterin surft, ist immer vorne. Und mit unserem sturm­erprobten Fotografen fachsimpelt sie gerade über das Windsurfen wie ein Profi vom Waikiki Beach.

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Gloria von Thurn und Taxis

Der Wohnbereich mit einem Gemälde von George Condo. Rechts ein Wandspiegel von Hubert le Gall. Auf der Dunstabzugshaube Porträts der Töchter und Prinzessinnen.

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„MeIN NYC: Aufregend, Spannend, unergründlich, groSSartig.“

„Sie können alles fotografieren“, hatte sie uns gleich zur Begrüßung gesagt. Wirklich alles? „Alles!“ Ihre Durchlaucht fühlt sich in ihrem Loft sichtlich grenzenlos wohl. „Die Kreativität, die Lebensfreude, das Neue, das Alte – einfach alles, was die Stadt kulturell bietet, ist für mich Lebenselixier.“ Wie so viele Stars in der Stadt hat sie hier großartige Auftritte gehabt. Nicht nur als Bellhund bei David Letterman. War es nicht Warhol, der einst zu ihr sagte: „Gloria, you should have your own TV show.“ Viele ihrer Erinnerungen kreisen auch um „The Pierre“, das legendäre Hotel an der Fifth Avenue auf Höhe des Central Parks. „Hier haben mein Mann und ich immer gewohnt, als wir gemeinsam in der Stadt waren. New York war für mich immer der Mittelpunkt der Welt, die Stadt, die am meisten bietet, in der ständig alles wechselt.“ Und doch kann sie sich auch – ganz anders als in Deutschland – jederzeit in die Anonymität der Straßenschluchten zurückziehen. Nicht einmal den deutschen Touristen fällt sie hier auf, ihren New Yorker Freunden jedoch

schon. Da passt es, dass es ein Zufall war, wie „Gloria TT“ überhaupt zu diesem pied-à-terre kam: „Die Künstlerin Ena Swansea gab ein Abendessen für mich in ihrem Loft. Das Loft darüber stand zum Verkauf. Ich sah mir die Wohnung an und wusste sofort – die ist es.“ Jetzt wohnt sie also über Ena Swansea. Und von der Straße aus gesehen zwischen einem Ableger der mexikanischen Fastfoodkette Chipotle, einem Herrenausstatter und einer Gay Bar namens „Splash“. Anders als vor Schloss Sankt Emmeram muss sie hier keine Autogramme verteilen, wenn sie die Straße entlangspaziert. Wie in Regensburg kommt sie in Manhattan manchmal auf zwei Rädern angebraust. Sie gehört einer elitären MotorradGang an. „Ich habe mir eine Harley zugelegt. Sie steht bei Peter Marino in der Garage. Er ist ein begeisterter Motorradfahrer – genau wie ich.“ So rasant wie sie uns in ihr New Yorker Fürstentum vorgelassen hat, ist sie auch schon wieder auf dem Sprung. „Ich muss mal eben Peter Marino sein Porträt vorbeibringen.“

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Gloria von Thurn und Taxis

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Violette Stunde: Dieser Bed­room erscheint in ganz neuem Licht, seitdem Gloria von Thurn und Taxis eine sakrale Neon-Installation des New Yorker Künstlers Jonathan Horowitz hängen lassen hat.

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Gloria von Thurn und Taxis

Sagt sie, drückt uns die Schlüssel in die Hand und steht schon im Lastenaufzug. Bevor die Tür ganz zugeht, ruft sie noch: „Könnten Sie nachher noch jemand von der Galerie reinlassen? Die müssen eine meiner Installationen reparieren.“ So bleiben wir, den Schlüssel in der Hand, etwas ratlos und überwältigt zurück. Warten auf Gloria, warten auf eine Eingebung, warten auf den Installateur. Wir wären jetzt gern Mäuschen und wüssten zu gern, was Peter Marino zu seinem Bildnis zu sagen hat. Nutzen wir die Zeit, um uns ein wenig umzusehen. Wir bleiben als erstes vor einer Arbeit von Bill Viola stehen. In der Videoinstallation des amerikanischen Künstlers umschlingt sich ein Pärchen unter Wasser, so lange, bis es die Atemnot wieder auseinandertreibt. Viele der Kunstwerke im Loft sind nicht mehr so aggressiv plakativ wie in früheren Wohnungen der Fürstin. In Paris lauerten einmal Werke der Chapman-Brüder hinter fast jeder Ecke ihres Appartements und trieben subversiven Schabernack. Dafür hängen drei Kruzifixe vom Künstlerpaar Ed und Nancy Kienholz, die aus den Zugstangen alter Leiterwagen, Puppen­ füßen und Jesus-Kitschporträts zusammenmontiert wurden, über dem Bett in ihrem Schlafzimmer. Je länger man sich

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hier aufhält, desto mehr kleinere religiöse Artefakte entdeckt man in den Zimmern. Auf einer Fotografie ist Papst Benedikt XVI. mit ihr und den Kindern zu sehen. Neben Glorias Gitarre steht eine Gebetsbank. Das Gespräch mit Gott ist hier unmittelbar möglich. Das Loft ist klar und durchdacht: An die große Küche und den Wohnraum schließen sich ein Bad, ein Büro und drei Schlafzimmer an. Eines davon ist für ihre Tochter Prinzessin Elisabeth reserviert. Das Loft sei, sagt sie, das Beste, was ihre Mutter sich hätte zulegen können: „In New York ist sie viel abenteuerlustiger als zu Hause.“ Nur der Kleiderschrank der Mama ist etwas minimalistischer geworden, was nicht heißen soll, dass sie sich nicht mehr für Mode interessieren würde. Keineswegs, man bedenke nur die Brille. „Aber“, sagte sie uns, „heute kann ich die Mode an meinen Töchtern bewundern, die jene extravaganten Kleider tragen, die ich nicht mehr kaufen kann. Ab einem gewissen Alter ist für mich persönlich der modisch letzte Schrei nur noch albern.“ Wenn doch nur alle Frauen in ihrem Alter über ihren Weitblick verfügten. Die Aussicht nach Norden und Süden ist großartig. Das Empire State Building sieht Ihre Durchlaucht gleich zweimal. Vor dem Fenster und


Der GrundgeDaNKE Der Einrichtung IST KLAR: „ES MUSS GEMÜTLICH SEIN.“

Gloria von Thurn und Taxis empfängt zum Cocktail gern Gäste. Links ihr Schlafzimmer mit Kruzifixen der Künstler Ed und Nancy Kienholz, die aus Zugstangen, Puppenfüßen und JesusKitschporträts zusammenmontiert wurden.

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Gloria von Thurn und Taxis

„ICH HABE Mir JETZT für NEW YORK eine Harley Davidson Zugelegt.“

als große Fotoarbeit von Thomas Ruff. Auch das neue One World Trade Center hat sie auf der Südseite im Blick. Mehr Aussicht geht also nicht. „Reduziert und eklektisch – die Mischung macht’s“, so beschreibt Gloria von Thurn und Taxis selber ihren Stil. „Bei mir gibt es immer einen Mix aus selbstgemalt oder -gebastelt und großer Kunst.“ In der Leseecke laden Fauteuils des französischen Entwerfers Martin Szekely aus der Pariser Galerie Kreo zum Fläzen ein. Der Grundgedanke ihrer Einrichtung ist klar: „Es muss gemütlich sein.“ So wacht ein großer Totenkopf des Künstlers Christoph Steinmeyer, der aus kleinen Spiegelquadraten zusammengesetzt

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wurde, über die seltenen handgewebten, schwedischen RyaTeppiche von Märta Måås-Fjetterström. Sie hat sie in der Galerie von Eric Philippe gekauft. Die ebenfalls schwedischen Lounge Chairs von Kerstin Horlin-Holmquist heißen Adam und Eva. Auch diese Namensschöpfung steht dem Loft gut. Der große Refektoriumstisch von Chester Jones, den sie bei Christie’s in South Kensington ersteigerte, hat sie mit brasilianischen Rosewood-Stühlen kombiniert. Zum Lunch wird sie später André Leon Talley von der Vogue treffen. Auch der bekommt ja sein schnuckeliges Porträt. Das Warten auf Gloria lohnt sich in New York jede Minute.


Maria rocks: Im Schlafzimmer der Fürstin steht neben ihrer E-Guitarre auch eine Gebetsbank. Das Gespräch mit Mutter Christi ist hier unmittelbar möglich. lINKS Die Fürstin trägt eine Brille von Barton Perreira, Modeschmuck vom Flohmarkt.

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jessica weiss Blogger leben nicht nur virtuell

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„Wir saßen nach den Fashion Shows oft bis nachts um drei auf unseren Hotelzimmern, um den Blog zu füttern, während die anderen sich auf den Parties vergnügten“, erzählt die Gründerin der Modeblogs Les Mads und Journelles. Auf der link en Seite ihr Esszimmer in Prenzlauer Berg.

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Jessica Weiss

L

änger als eine Stunde konnten wir uns für das Schreiben die­ ser Geschichte nicht Zeit nehmen. Denn eine durchschnitt­ liche Story von Deutschlands bekanntester Bloggerin wird noch viel rasanter verfasst. Wir wollten uns wenigstens ein­ mal an die zeitlichen Vorgaben der Onliner halten. Die alte Zeit des Modejournalismus – als noch alle in Schwarz he­ rumliefen, um zu einer Fashion Show von Yohji Yamamoto zu pilgern, von der niemand vorher die genaue Location wusste – ist vorbei. Und vor allem vorbei ist der bequeme Modus, erst Tage nach einer ausufernden After-Show-Party und dem Konsum diverser Rauschmittel eine abgehangene Abhand­ lung über „Das neue Schwarz“ zu verfassen. Seitdem Blogger wie Jessica Weiß bereits in den Sekunden, in denen das letzte Model den Laufsteg gerade verlässt, die ersten exklusiven Nachrichten posten. „Ich habe das jahrelang so gemacht: immer live über Twitter, Facebook oder Instagram. Die alte Liga der Modejournalisten will natürlich nicht die Arbeits­ bedingungen der Onliner. „Bei einem Event nichts zu trin­

ken und am selben Abend, während die anderen sich auf den Parties vergnügen, allein ins Hotelzimmer zurückzuge­ hen, um den Blog zu füttern, ist halt was anderes. Wir saßen oft bis nachts um drei auf unseren Zimmern.“ Zwischen Club Sandwich und Fashion TV. Die Blaue Stunde eines Bloggers könnte man sich stilvoller vorstellen. Aber am Ende der Nacht ist es nichts als ehrliche Arbeit. Doch der Erfolg lindert die Müdigkeit. Denn mittlerweile folgen mehr Frauen dem Blog von Jessica Weiß als hierzu­ lande Modemagazine verkauft werden. Sie war gerade mal zwanzig, als sie mit einer Freundin ihren ersten Modeblog gründete. Ihr Studium der Marketing-Kommunikation hat­ te sie einfach zu sehr gelangweilt. Zu Beginn war Les Mads – eigentlich Les Mademoiselles – nicht viel mehr als ein Ta­ gebuch für Freunde und Bekannte, mit Outfit-Postings, die vor dem heimischen Spiegel geschossen wurden. Und doch war ein femininer Nerv getroffen: „Wir haben die Welt mit unseren Augen gesehen und die Leserin an die Hand ge­ nommen.“ Fast immer so aktuell, als wäre Frau live dabei. „Wenn wir ausgingen, konnte man darüber ein paar Stun­ den später online nachlesen.“ Les Mads feierte jedoch nicht nur den eigenen Stil, sondern jagte auch Prominenten hin­ terher, testete, beschrieb und bewarb Mode wie Accessoires. Zum Schluss hatten die Mademoiselles in Spitzenzeiten bis zu 700 000 Besucher auf ihrer Seite. Jessica Weiß war erst 25, als sie den preisgekrönten Blog einem Großverlag überließ. Und um einige Erfahrungen rei­ cher: „Ich habe damals sicher auf viel Geld verzichtet. Ich war jung, und mir war es wichtiger, mit dem, was ich machte, glücklich zu sein“, sagt die heute 27-Jährige. „Jetzt habe ich seit einem Jahr wieder mein eigenes Baby und bin schon auf den Zahlen von früher. Journelles – ihre tägliche Dosis Fa­ shion und Beauty, wurde 2012 gegründet und ist ein täglich aktualisiertes Blogazine. Journelles ist jedoch nicht mehr da­ rauf angelegt, ständig News rauszuballern. „Früher war es


Jessica Weiß bevorzugt dänische Stoffe und Vintage-Leuchten aus den Seventies. Der Teppich ist ebenfalls aus Dänemark und kommt von Hay. Link e Seite Den Druck in der Küche hat sie bei Monoqi gefunden, das programmatische Zitat „Do what you love“ darüber stammt vom Flohmarkt.

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Jessica Weiss

Vieles in ihrer Einrichtung hat Jessica Weiß natürlich im Internet erstanden, und zwar auf Etsy. Das Bild über dem Schreibtisch ist von Helle Mardahl, einer dänischen Künstlerin. R echte Seite Da werden sich die User freuen: ein Blick auf die Kleiderstange der bekanntesten Modebloggerin.

so, dass ich bei allem die Erste sein und immer alles exklusiv haben wollte. Inzwischen sind die anderen Blogs ebenfalls gut geworden, und die lesen die mode-affinen Mädels ja auch. Da brauche ich nicht auch noch darüber schreiben, dass Karl Lagerfeld die x-te Kollaboration mit y macht. Das nimmt viel Druck raus und gibt mir die Zeit, zu kuratieren.“ Die Freiheit, drei Tage lang offline zu sein, gibt es aber immer noch nicht. „Bis wir mal angefangen haben, am Wo­ chenende nichts zu posten, hat bestimmt drei Jahre gedau­ ert.“ Die Vermarktung ihrer Seite und die hunderten E-Mails, die sie täglich bekommt, bewältigt sie immer noch alleine. „Wenn ich mal zwei Wochen Ferien machen will, muss ich dreißig Artikel vorschreiben.“ Jetzt ist für Jessica Weiß die Zeit gekommen, Raum nicht nur innerhalb der Bildschirmmaße ihres MacBooks wahrzu­ nehmen. Dennoch bleibt einer getriebenen Bloggerin nicht viel Freiraum, eine Wohnung zu dekorieren. Mit ihrem Ver­ lobten wohnt sie auf neunzig Quadratmetern in Prenzlauer Berg. Und plötzlich kommt der Gedanke auf, eine Familie zu gründen. In ihren Blogs war bis dato die Trennung zwi­ schen Job und Privat immer strikt: „Keiner weiß, wie mein Freund aussieht. Und selbst, wenn man meine Seite liest, kann man nicht unbedingt darauf schließen, wie ich privat oder mit Freunden bin.“ Der Mann in ihrem Leben ist Schlagzeuger und interessiert sich null für Mode. Das mag hinderlich sein, wenn es darum geht, die neuen Kissen für das Sofa auszusuchen. Es sorgt aber auch für die notwendige Erdung, wenn man den ganzen Tag mit aufgekratzten Mo­

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demenschen zu tun hat. „Mein Freund darf entscheiden, was für einen Gasherd wir kaufen.“ Sie kümmert sich dafür um Stilbildung: „Mit 27 ist es jetzt an der Zeit, sich zu entwi­ ckeln. Am Anfang ist da nur Ikea. Später muss man sich da­ von wieder entschlacken. Ich möchte diesen Look mit Acces­ soires aufbrechen oder in einen schönen Stuhl investieren.“ Auf diese Weise versucht Jessica Weiß, sich vom Weiß aus der Wohnung zu verabschieden und mehr Farbigkeit reinzulas­ sen. „Einen Wohnstil zu entwickeln, hat ja auch mit Geld zu tun.“ Letzteres fließt mittlerweile aufgrund zahlreicher Kooperationsverträge nicht schlecht, außerdem hat Jessica Weiß ein eigenes Fashion-Magazin im Fernsehen etabliert. „Aber“, sagt sie, „ich finde immer noch toll an Berlin, dass Statussymbole nicht alles sind“. Doch gerade ein erfolgrei­ cher Blogger wird von allen Firmen mit kleinen Geschenken geradezu bombardiert. Da verwundert es nicht, dass sich Jes­ sica Weiß wünscht, mehr Stauraum zu haben. Dann wäre auch mehr Platz für ihre kleine Handtaschen-Sammlung von Céline. Und die vielen Lederjacken. „Ich möchte, dass meine Töchter einmal stolz darauf sind, was Mutti früher ge­ tragen hat.“ Sie werden es auf jeden Fall in der virtuellen Ge­ schichtsschreibung nachverfolgen können. „Blogs sind et­ was Intimes, wie Unterwäsche“, sagte einmal Ingrid Sischy, die fast zwanzig Jahre Andy Warhols Interview-Magazin leite­ te. „Aber man kann auch ohne Unterwäsche ausgehen.“ Wir wissen noch nicht, was Jessica Weiß dazu meint. Aber wir werden sicher irgendwann darüber auf „Journelles“ lesen. Meine Stunde ist jetzt rum. Alles weitere nur noch online.


„Meine Töchter sollen einmal stolz darauf sein,

was Mutti früher getragen hat.“

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20 persönliche reportagen, 20 inspirierende Frauen unserer Zeit p r i vat e e i n b l i c ke i n d i e h äu s e r, Wo h n u n g e n und leben der protagonistinnen einmalige porträts, geschrieben von ralF eibl und exklusiv FotograFiert von WolFgang stahr

Stilikonen unSerer Zeit porträtiert faszinierende Frauen, die stilprägend für unsere Gegenwart sind. Persönliche reportagen des preisgekrönten Autors ralf eibl und exklusive Aufnahmen des renommierten Fotografen Wolfgang Stahr zeigen ihre Häuser, Wohnungen und einblicke in ihr leben. es sind einmalige Porträts entstanden, unter anderem von Fürstin Gloria von thurn und taxis, ute lemper, katrin Bellinger, Dorothee Schumacher, Jessica Weiß oder Delia Fischer. Mit klasse, natürlichem und unbestechlichem Stilempfinden gehen die Protagonistinnen erfolgreich ihren Weg. Dieses Buch verrät ihre lebensphilosophien und ihre persönlichen Stilgeheimnisse.

ISBN 978-3-7667-2000-9

,!7ID7G6-hcaaaj! www.callwey.de


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