Garten + Landschaft 6/2014

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Juni 2014

Garten+

Landschaft Zeitschrift f端r Landschaftsarchitektur

Gartenschauen 2014


Inhalt 6/2014

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In der Gießener Wieseckeaue, die an ein Natura 2000-Gebiet grenzt, lassen sich Fischreiher auch während der Gartenschau aus der ­Nähe beobachten (Seite 17).

Gartenschauen 2014

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Foto: magie_94/flickr.com

Verlag: Callwey Verlag Streitfeldstraße 35 D-81673 München Fon +49 89 /43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-113 www.garten-landschaft.de

Zwischen Stadthalle und Donauufer Thomas Armonat Die Donaugartenschau im niederbayerischen Deggendorf

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Sympathisch unaufgeregt Juliane von Hagen Die Landesgartenschau im nordrhein-westfälischen Zülpich

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Fischreiher statt Flamingos Thomas Armonat 5. Hessische Landesgartenschau in Gießen

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Kreuzfahrt durch die Stadt Anette Kolkau Die Landesgartenschau in Papenburg, Niedersachsen

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Von der Hölle in den Himmel Karl H. C. Ludwig Die Landesgartenschau in Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg

Editorial

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Il Giardino Inglese Robert Schäfer

Journal

4

Versöhnung in Bosnien Robert Schäfer Internationaler Carlo Scarpa Preis 2014 für Gärten an Srebrenica

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Der Landschaftsarchitekt kann nicht alleine die Probleme lösen Thomas Armonat Interview mit Stephan Lenzen im Rückblick auf die Hamburger igs 2013

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Die Grüne Nachkriegsmoderne Peter Zöch Ausstellung zur Wiener Internationalen Gartenschau 1964

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Weniger Blumenschmuck, mehr Wiesen Thomas Armonat Interview mit Anja Borstelmann zur Pflege nach der igs 2013

6

Gedenkort Außenlager Klinkerwerk Susanne Isabel Yacoub Verfahren zur Gestaltung der KZ-Außenstelle in Oranienburg entschieden

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Effizientere und besser steuerbare Pflege in Zürich Thomas Armonat Interview mit Christine Bräm, Direktorin von Grün Stadt Zürich

4 Rückkehrer nach Bosnien-Herzegovina, die nun gemeinsam die Felder um ihre Dörfer bewirtschaften, erhielten den Interna­ tionalen Carlo Scarpa Preis 2014.

6 Den Gedenkort am KZ-Außen­ lager Klinkerwerk werden die Berliner Landschafts­architekten Kamel Louafi und Dörte EggertHeerdegen gestalten.

8 Auf der bayerischen Landesgartenschau in Deggendorf stehen nach einem verheerenden Hochwasser im vergangenen Jahr nun die Deichgärten im Blickpunkt.

17 Einer von zwei Teilbereichen der Gießener Landesgartenschau ist die Wieseckaue. Das naturnahe Gelände ordneten die Planer mit einfachen Gestaltungsmitteln.

22 Nur 65 Kilometer südlich der Nordseeküste gelegen, sind Wasser und Meer auf der ­Papenburger Landesgartenschau die bestimmenden Themen.

Nachrichten Termine Projekte Produkte Campus Wettbewerbe DGGL Nachrichten Recht Vorschau, Autoren, Impressum

40 43 44 46 50 52 56 58 64

26 In Schwäbisch Gmünd führt am ehemals unzugänglichen Josefsbach nun eine Promenade entlang. Größere Eingriffe gab es im Stadtzentrum.

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org 124. Jahrgang Bilder: Zijah Gafic, Kamel Louafi/Dörte Eggert-Heerdegen, Lichtschwärmer, Hanns Joosten (2), Juliane Werner Titel: Parkdeck Landesgartenschau Deggendorf, Lichtschwärmer

Für die Zukunft gestalten. 2

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Thomas Armonat

Zwischen Stadthalle und Donauufer Die niederbayerische Stadt Deggendorf nutzte die Donaugartenschau, um einige städtebauliche Projekte zu forcieren. Unter dem Titel „Ufer verbinden – Grenzen überwinden“ verknüpft das Gartenschaugelände die neu angelegte Promenade entlang der hochwassersicheren Deichgärten, einen Anbau an die Stadthalle und eine neue Fußgängerbrücke über die Donau zu einer Parklandschaft.

Die Donaugartenschau in Deggendorf ist gestalterisch ganz an das nasse Element angelehnt. Blütenwellen auf dem Parkdeck und ein Wellenmuster der Wandverblendung zeugen davon.

Thomas Armonat

Legende

Ackerloh

Wasseranschluss für Brunnen, dauerhaft

WC

Stadthallenpark

Boule

De ich gär ten

Das Berliner Büro k1 Klapka Kuhn Landschaftsarchitekten gestaltete mit den Berliner Architekten raumzeit die Wand des Parkdecks. Das „Donauspiel“ entstand in Zusammen­arbeit mit der Firma Zimmer.Obst.

Stadthalle II

Bosba ch

Schon 1996, mit den Plänen zur Erweiterung der Fachhochschule Deggendorf, wurde im städtebaulichen Rahmenplan festgeschrieben die Deiche beidseits der Donau zurückzuverlegen, zu erhöhen und am Südufer zusätz­ liche Retentionsflächen zu schaffen. Nachdem ein Abschnitt im Jahr 2000 realisiert wurde, war die Weiterführung der zurückversetzten Deichlinie mittels einer Promenade für Fußgänger und Radfahrer Teil des Gestaltungswettbewerbs zur Landesgartenschau. Den gewann 2008 das Berliner Büro k1 Kuhn Klapka Landschaftsarchitekten zusammen mit den Architekten raumzeit, die den Entwurf für eine 450 Meter lange Fußgängerbrücke und ein Parkdeck unterhalb der 380 Meter langen Deichgärten beitrugen. Die ­gestalterischen Elemente beziehen sich – ­wenig überraschend – auf das nahe Flusswasser. So ziert eine „Blütenwelle“ in Form von geschwungenen Hochbeeten aus Cortenstahl die auf dem Dach des Parkdecks gelegenen

Info

WC

Stadthalle

312.58

Fuß gän ger brü cke

Am 4. Juni 2013, nicht einmal ein Jahr vor der Eröffnung der bayerischen Landesgartenschau in Deggendorf, brach aufgrund des verheerenden Hochwassers ein Damm an der Isar. Die Folge: Die Ortsteile Fischerdorf und Natternberg wurden überflutet, über 6 000 Menschen waren im Landkreis Deggendorf betroffen. Dass auch Teile des Gartenschaugeländes unter Wasser standen, ist heute nicht mehr zu sehen. Nur eine Stellwand am Südende der zur Gartenschau neu gebauten Fußgängerbrücke über die Donau mit Fotos der Überschwemmungen erinnert Besucher an die Ereignisse. Überschwemmungen sind naturgemäß ein Thema in der am Zusammenfluss von Donau und Isar gelegenen niederbayerischen 30 000-Einwohner-Stadt. Doch der Pegelstand vom 4. Juni 2013 war mit 8,05 Meter bis dato der absolute Höchststand. Dementsprechend groß waren die Schäden, 600 Millionen Euro leistete der Freistaat Bayern an Finanzhilfe.

Te H chn Deochscische gge hu ndo le rf

WC

313,14

316.93

Zaun

Kiosk Bar

Fischergärten

S t . 0.50 m K r . 6.00 m H. 6.00

B1654

2m

92

WC

Brü cke A

Spiel

Landesgartensc Deggendorf 201

Weidenstraße 8 94469 Deggendorf Tel. 0991.2960-610 Fax 0991.2960-199 Freigegeben: Datum

Genehmigungsplanung

Übersichtspl 1 2 3 4

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Auftraggeber

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Änderung

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Kunstobjekt Sobeck

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Index

LANDES DURCHF

Info

Don au

k1 Landschaftsarchitekten

Lichtschwärmer (7)

m

Don aup ark

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Datum

M

02.04.2013

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RMP Stepahn Lenzen

Meyer-Werft

Kreuzfahrt durch die Stadt

Eingang Alte Werft

Hauptkanal

Eingang Zeitspeicher

Die fünfte niedersächsische Landesgartenschau präsentiert Papenburg. Die Stadt, deren Name nahezu synonym mit der Meyer Werft und damit für riesige Kreuzfahrtschiffe steht, erhält einen neu gestalteten Stadtpark. Auf dem 16 Hektar großen Gelände pflegt die Stadt ihr maritimes Image. Haupteingang Deverweg

Waldreling mit Kommandobrücke

Anette Kolkau bestimmenden Werft, zu der gut getaktet Touristenbusse fahren und trotz der immer­ hin 65 Kilometer Entfernung bis zur nördlich gelegenen Küstenstadt Emden.

Eingang Achterdeck

Zweiteilung und Perspektive Im Rahmen eines Vergabeverfahrens erhielt das Büro RMP Stephan Lenzen 2012 den ­Zuschlag, im Mai 2013 präsentierten sie den endgültigen Entwurf, Eröffnung war Mitte April diesen Jahres. Die Gartenschau ist zwei­ geteilt: Hauptteil ist der 12,2 Hektar große, erneuerte Stadtpark, Nebenteil ist ein ­Ensemble rund um einige alte Meyer-WerftHallen, die heute weitgehend zu Kultur­ zwecken genutzt werden und während der Gartenschau den alle 14 Tage wechselnden Hallenschauen dienen. Dazu gehört auch ein Bushalteplatz, der vorübergehend zu einem großen Veranstaltungsplatz mit Bühne ­umgerüstet wurde. Zwischen beiden Teilen

Stadtpark

Das Hamburger Büro RMP Stephan Lenzen gestaltete in Papenburg den Stadtpark und das Areal an den a ­ lten Werftgebäuden um (oben rechts). Der Haupt­kanal ver­ bindet die beiden Gartenschau­teile.

RMP Stephan Lenzen/Juliane Werner (10)

Fest steht, dass die Papenburger es wissen wollten: Sie bewarben sich dreimal für eine Landesgartenschau, 2006, 2012 und 2014. Da hat es dann geklappt: 2011 erteilte das nie­ dersächsische Landeskabinett den Zuschlag vorbehaltlich der Finanzierungssicherung. Und die war vorhanden: Allein eine M ­ illion Euro steuerte der Förderverein bei. J­ eweils ­eine Million Landes- und EU-Mittel, des Land­ kreises Emsland und der Stadt Papenburg ­machen den Investitionshaushalt aus. Alles in dieser Gartenschau ist bis in den letz­ ten Winkel maritimen Motiven entlehnt und zugeordnet, der Hauptweg wird zum Bei­ spiel zur Reling um den schiffsförmigen Park, das Ausstellungsareal der Friedhofsgärtner trägt den Titel „letzte Überfahrt“. So ent­ steht ein kompaktes, kommunizierbares Bild, und man lernt als Außenstehender, dass die Papenburger offensichtlich eine maritime Identität haben. Klar: auf Grund der stadt­

Reling I, so heißt der Rundweg durch den Papenburger Stadtpark. Die Kastanienallee entlang der Promenade wurde saniert.

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Das sogenannte Achterdeck emp­ fängt die Besucher am Eingang aus der Innenstadt vom Haupt­ kanal kommend.

Landesgartenschau Papenburg 2014, Niedersachsen Bauherr: Stadt Papenburg und Landesgartenschau Papenburg 2014 gemeinnützige Durchführungsgesellschaft mbH Landschaftsarchitekten: RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten, Hamburg, Projektleiter Philip Haggeney Pflanzplaner: Petra Pelz Freie Landschaftsarchitektin, Sehnde OT Rethmar (Stauden und Wechselflor Stadtpark und Forum Alte Werft) Mark Krieger Pflanzungen, Hamburg (Stauden Mühlengarten) Henke + Blatt Partnerschaft Landschaftsarchitekten, Bremen (Rhodo­ dendrongarten) Fläche: 12,2 Hektar (Stadtpark) und 3,7 Hektar (Forum Alte Werft) Bauzeit: 2013 bis 2014 Baukosten: 4,7 Millionen Euro Dauer: bis 19. Oktober www.landesgartenschau-papenburg.de

Im umgestalteten Stadtpark baute das B ­ üro RMP auf den Bestand auf, die zentralen Teiche blieben in ihren Grundformen bestehen.

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Hanns Joosten (7)

Entlang des Josefsbachs in Schwäbisch Gmünd legte das Berliner ­Büro A24 Landschaft ein „Promenadenband“ mit Betonelementen in die Ufer­böschung.

Von der Hölle in den Himmel Die diesjährige Landesgartenschau unter dem Titel „Zwischen Himmel und Erde“ in Schwäbisch Gmünd ist bereits die 25. in Baden-Württemberg. Der zentrale Bereich des Geländes umgibt den alten Stadtkern. Auch daneben gibt es viel Neues: ein Quartier am Bahnhof, einen Umfahrungstunnel für den Transitverkehr,

Am Eingang Ledergasse steht das prägnante „Forum Gold und Silber“, das an die Tradition der Schmuckindustrie erinnert. Auf der zentralen Achse des 1779 angelegten Stadtgartens e ­ ntstand ein neuer Brunnen aus Quarzsandstein.

Die Ufer am Remsstrand sind in der Formsprache der Wegeführung abgetreppt. Auf der anderen Seite führt ein Fußweg unterhalb der Ufermauer entlang.

zwei offengelegte Gewässer, Brücken – und einen „Himmelsstürmer“.

Karl H. C. Ludwig Wer die 60 000-Einwohner-Stadt Schwäbisch Gmünd im Ostalbkreis dieser Tage besucht, reibt sich zumindest im Stadtzentrum verwundert die Augen: Busse und Bahn halten am modernisierten Gmünder Bahnhof und Bahnhofsplatz, die erhaltenen historischen Gebäude sind mit neuen Bauten und Brücken ergänzt – und die Besucher befinden sich schon mitten in der Gartenschau. Denn mit dieser eng verbunden, wurden zentrale Teile der Innenstadt neu gestaltet. Die jahrzehntelange Plage des Transitverkehrs inmitten der Stadt wurde durch einen Straßentunnel drastisch reduziert. Entlang der zwei die Stadt querenden Wasserläufe, Josefsbach und Rems, wurde der Stadtkern umgestaltet. Fast hätte sich die Stadt, die erst 2012 das 500-jährige Jubiläum ihrer Gründung durch die Staufer feierte, mit ihren Plänen zur Stadtsanierung dabei übernommen. Eigentlich für das Jahr 2012 geplant, kam es gerade noch rechtzeitig zu einem Termintausch mit der Stadt Nagold auf das Jahr 2014. So hatte Schwäbisch Gmünd mehr Zeit für die Planungen zum Bau des Tunnels und der Gartenschau. Denn erst mit dem Bau des Einhorn-Tunnels (benannt nach dem Gmünder Wappentier), der mit rund 280 Millionen Euro Baukosten als der derzeit teuerste und zugleich m ­ odernste Straßentunnel in Deutschland gilt, wurde der Weg frei für die Gartenschau ­unter dem 26

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Motto „Zwischen Himmel und Erde“. Das Herzstück der Gartenschau im Tal der Rems um den alten Stadtkern firmiert als das ­„Erdenreich“. Von dort gelangt man über mehrere Aufstiege mit knapp 130 Höhen­ metern durch das bewaldete Taubenbachtal, in der Marketingsprache als „Himmelsleiter“ ­bezeichnet, zum hochgelegenen Stadtteil Wetzgau mit einem Landschaftspark, dem „Himmelsgarten“. Dort markiert ein neuer Aussichtsturm, der sogenannte Himmelsstürmer, als weithin sichtbares bauliches Highlight die drei Teilbereiche der Gartenschau. Kein selbstverständlicher Stadtaumbau Dass all dies so kam, war nicht selbstverständlich. Denn die ersten Ideen und Konzepte zur Sanierung und Weiterentwick-­ lung der vor allem von ihrer einst stolzen ­Geschichte geprägten Stadt der Gold- und Silberschmiede stießen auf Ablehnung. Noch unter dem Vorgänger des heutigen Ober­ bürgermeisters Richard Arnold entstand das Konzept, mit einer den historischen Stadtkern umgebenden Gartenschau einen Stadtumbau zu verbinden. Doch sprangen bald erste Investoren ab, diskutierten und stritten Bürger und Stadtrat über eine sinnvolle Verkehrsführung und das Gebäude der Alten Post. All das zu klären brauchte Zeit. Im neuen Gamundia-Quartier am Bahnhof öffnet Garten + Landschaft

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