STUDI VERSUM NUMMER 44 | 2012.04
studis erzählen von ihrem plan b 05 gebühren empören 28 «freie energie» – die revolution? 30
Schlaf
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EDITORIAL | INHALT
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Liebe Leserinnen und Leser,
Der Schlaf ist faszinierend. Ein Mensch, der schläft, ist verletzlich, in dem Moment aber total entspannt. Die Körpertemperatur sinkt, der Herzschlag wird langsamer und der Blutdruck geht zurück. Im Schlaf können aber auch die rätselhaftesten Dinge geschehen: Zuckungen, Albträume, Reden (sogar Schreien), Schlafwandeln… Manche leiden unter der Schlafkrankheit (Narkolepsie), die verursacht, dass sie tagsüber plötzlich unter Schlafattacken leiden. Andere können aufgrund von Schlafstörungen kein Auge zumachen. Kinder schlafen viel. Niemand wird vor dem Zubettgehen so gut darauf eingestellt wie Kinder. Ich erinnere mich noch ans Guetnachtgschichtli mit der Maus und das uns allbekannte Einschlaflied: «Schlaf Chindli schlaf. Dä Vater hüetet d'Schaf…» Wer hilft den Erwachsenen, wenn sie nicht einschlafen können – wenn sie sich zigmal hin und her wälzen und Gedanken nicht loslassen können? An Insomnia leiden mehr Menschen, als man denkt. Evelin Meierhofer hat mit zwei Experten gesprochen und kennt die Ursachen. Nebenbei mal Fliegen? Eine Flight Attendant der Swiss erzählt, wie sie neben dem Studium mit dem Jetlag umgeht. Jonas Frehner fand heraus, wie gesundheitsschädigend dieser sein kann. Und was trägt ihr beim «Pfusen»? Wie sieht die Schlafmode der Leute von heute aus? Claudia Piwecki ist dem auf den Grund gegangen. Schlabberlook ist hoch im Rennen. Daniel Amstutz hat luzides Träumen zu seinem Hobby gemacht. Mal eine Runde fliegen? Wer hart daran arbeitet, kann lernen bewusst zu träumen und seine Träume zu steuern. Myriam Schuler teilt ihr gewonnenes Wissen mit euch. Und falls euch eine Vorlesung mal schläfrig machen sollte, dann ist diese Ausgabe das perfekte Kissen! Legt euch einfach auf die Titelseite. Hübsche Kissenbezüge gibt es zu gewinnen auf Seite 8. Ein Einschlaftipp an alle Schlaflosen: Panflötenmusik.
Eure Raffaela Angstmann
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04 LIEBLINGSDING Warum ich mein Fahrrad liebe 05 UMFRAGE Was ist dein Plan B? 07 AUS DEM LEBEN zwei haudegen zum liebhaben 08 DAS UNIKAT | Studikrakel Gute Nacht! 09 WISSENSCHAFT Arbeitsflut 10 ATELIER Design für den Automaten
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Träum ich? 16
Insomnia 20
Probiers mal mit Gemütlichkeit 24
Aus dem Rhythmus 28 UNIPOLITIK mehr ist mehr! 30 reportage Zum Wissen verführt 32 UNTERHALTUNG impressum, rätsel 33 extrem Ohne «Ich» und «Danke» 34 WIE ANNO DAZUMAL Aufschieberitis
LIEBLINGSDING
Warum ich mein Fahrrad liebe
Samet Aksuo˘glu, 24, studiert Grafikdesign an der Marmara Universität in Istanbul «In Istanbul gibt es einen sehr dichten Verkehr. Dauernd gibt es Stau. Dank meinem Fahrrad mache ich einen Bogen um dieses Problem.»
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UMFRAGE
Was ist dein Plan B? Angenommen, es geht in die Hose, was in die Hose gehen kann: Kurz vor dem Abschluss fliegt man aus dem Studium. DIE gewollte Stelle bekommt man nicht. Der erkämpfte Arbeitsplatz wird gestrichen. Der erkämpfte Arbeitsplatz ist besch… Was dann? Wir haben an der Hochschule St. Gallen nachgefragt. r Text und Bilder Julia Krättli Simon Betschart, 25, Organisation und Kultur «Ich würde eine Leguanzucht im Muotathal aufbauen. Die Eleganz dieser Tiere fasziniert mich seit meiner Kindheit.» Glenn Vogt, 23, Organisation und Kultur «In die Landwirtschaft gehen und Biobauer werden. Ich finde es spannend, wie sich die Menschheit mit Nahrung versorgt. Ich würde dann mich selbst und andere in kleinem Rahmen versorgen.» Doris Ammann, 28, Rechtswissenschaften «Wenn ich nichts anderes mehr zu tun habe, kann ich ja Kinder bekommen und Hausfrau werden.» Ruedi, 23, Law and Economics «Ich würde nach Kanada auswandern und snowboarden.» Michelle, 22, International Affairs «Ich würde einen reichen Mann heiraten und dann Pelz tragen können in St. Moritz.» Julian, 25, Informations-, Medien und Technologiemanagement «Dann würde ich eine Marktlücke ausnützen und eine Avocadofarm in Namibia aufbauen. Dort ist es schön, es hat ein gutes Klima, viel Platz und günstiges Fleisch.» Cynthia Palacios Garza, 22, Studentin aus Mexico, Industrial Engineering «Poner una empresa de ‹Churros› postre mexicano en Gossau.» Bernhard, 25, Marketing-, Dienstleistungs- und Kommunikationsmanagement «Ohne Plan A – kein Plan B…» Lisa, 21, Betriebswirtschaftslehre «Dann werde ich Buschauffeurin, so einen 2-Achser-Bus will ich schon lange mal fahren.»
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AUS DEM LEBEN
Quick Response Der «Quick Response Code» hat sich deutlich langsamer etabliert, als der Name vermuten lässt. Richtig eingesetzt hat das hässliche Quadrat trotzdem eine Zukunft. Text Dominic Illi
Ich habe einen Schal mit personalisiertem QR-Code. Das Muster ist zwar nicht sehr schön, enthält dafür unsichtbare Informationen und in meinem Fall einen Link zu einer Webseite. Klingt ein wenig nerdig, kann aber ganz cool sein: Eine Prise PaparazziFeeling kommt schon auf, wenn tatsächlich mal jemand auf den Code aufmerksam wird und das Geheimnis lüften will. Wohin der Schal tatsächlich verlinkt, kann ich an dieser Stelle nicht verraten. Ihr dürft es natürlich gerne selber herausfinden, wenn ihr das gute Stück unbeaufsichtigt in einem Vorlesungssaal entdeckt. Noch nie wirkte die Verbindung zwischen der realen Welt und dem Internet eleganter: ein Direktlink vom Werbeplakat auf den Online-Shop oder eine Wettbewerbsausschreibung. Was für den technikbegeisterten Online-Marketingspezialisten die eierlegende Wollmilchsau verkörpert, bereitet bestimmt so manchem Creative Director schlaflose Nächte: Wie lässt sich dieses übergrosse schwarz-weisse Quadrat, das den potenziellen Kunden auf die Firmenwebsite holen soll, unauffällig in eine durchdesignte Hochglanz-Kampagne integrieren? QR-Codes sind keine Neuheit, im Gegenteil. Ein Automobilzulieferer der Toyota-Gruppe hat die Technik vor 18 Jahren zu Logistikzwecken erfunden: Mit dem 2DCode, der sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Leserichtung Informationen enthält, konnte Toyota bei der Produktion verschiedene Autobestandteile markieren und später wieder identifizieren. Grosser Beliebtheit erfreut sich die Technik erst mit der zunehmenden Verbreitung von Smartphones, die dank Kamera und Internet als Scanner fungieren und die Codes für alle lesbar machen. Das hat die Marketing-Verantwortlichen auf den Plan gerufen. Mit dem QR-Code lässt sich echter Mehrwert generieren – wenn er denn richtig eingesetzt wird. Die Automobilindustrie selber sollte sich vielleicht wieder auf die Wurzeln besinnen – oder aber lernen, wie man die Codes sinnvoll einsetzt. Jeden Abend ergötze ich mich am Bahnhof Stadelhofen an einem BMW-Plakat: «In Bestform. Die neue
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BMW 3er-Limousine», geschmückt mit einem QR-Code. Weil ich zu ängstlich bin, um über die Geleise zu schreiten und den Code auf der anderen Seite zu fotografieren, weiss ich bis heute nicht, was die neue Karre drauf hat.
Cabotina statt Osteoporose Zu viel Plaudern im Training kann nicht nur den Wettkampfsieg in weite Ferne rücken, sondern sogar gesundheitsschädlich sein. Vorsicht bei Unterhaltungen über Milchgetränke! Text Melanie Keim
Kleine Kinder sind ja grossartige Erzähler. Doch trotz allem Respekt für ihre rhetorischen Fähigkeiten, muss man zugeben: Die Themen werfen einen meist nicht vom Hocker. Einmal mehr wurde ich Opfer eines Kindererzählüberfalls. Es geschah im Leichtathletiktraining, wo die Kinder, wenn ich nicht gerade am Erklären bin, eigentlich schnell sprinten und weit springen, schwitzen und keuchen sollten, anstatt lange Geschichten zu erzählen. Aber eben – die Disziplin ist im LC Meilen oft am Pausieren und über die Existenz meiner Autorität lässt sich sowieso streiten. Also erklärte mir der kleine Philip nach den Rumpfbeugen lang und breit, wie man aus den vielen Kerzenstummeln von Weihnachten nigelnagelneue Kerzen giessen könne. Ich nickte immer wieder interessiert, warf nette Ahas und Mhms auf die Turnmatte und überlegte mir dabei, was ich nachher im HB noch einkaufen musste. Doch plötzlich riss mich ein Wort aus den Einkaufsgedanken. «Wohin hast du den Wachs gegossen, Philip?», fragte ich irritiert. «Einfach in eine Cabotinaschachtel, das geht richtig gut», sagte er mit der grössten Selbstverständlichkeit. Ca-b-otina? Hatte
er tatsächlich Cabotina gesagt? Mich juckte das überflüssige b auf der Zunge, die nicht nur wusste, wie Caotina schmeckt, sondern auch, wie man sie richtig ausspricht, doch ich konnte sie rechtzeitig zurückhalten. Dass ich nicht immer total aufmerksam den kindlichen Geschichten folge, kann man ja noch durchgehen lassen, doch dem unschuldigen Kind seine Cabotina zu verderben, das geht nicht. Schliesslich ist es mit dem heissen Frühstücksgetränk wie mit der Migros und dem Coop; entweder ist man ein Ovikind oder ein Caotinakind, so etwas wirft man nicht so leicht ab. Ich erinnerte mich, wie ich es jahrelang vermied, vom Himalaya zu sprechen, nachdem er plötzlich Himálaya hiess und damit jeglichen Reiz verloren hatte. Sollte dem kleinen Philip nun tatsächlich das gleiche Schicksal widerfahren? Sollte er in Zukunft keine Morgenmilch mehr trinken, da er die Caotina ohne b nicht mehr runter bringt und dies alles nur, weil seine Trainerin einen Sprachfimmel hat? Ich dachte an die Osteoporose und andere Mangelerscheinungen, die er davon bekommen würde, und liess ihm als verantwortungsvolle Trainerin seine Cabotina. Schliesslich bin ich sowieso ein Ovikind.
AUS DEM LEBEN
Austern leben Die Antwort, wieso sich WWF und Co. bedeckt halten, wenn es um kulinarische Genüsse à la «lebendig verspeisen» geht, könnte nicht klarer auf der Hand liegen (oder sich darin winden). Text Filip Dingerkus
Weltweit gilt der Verzehr von nicht toten Lebewesen meist als exquisite Gaumenfreude. Speziell im asiatischen Raum wird diese extrem «frische» Nahrungsaufnahme nur allzu gerne zelebriert. Die Japaner schwören auf ihre in der Schale wuselnden Babyaale, die einfach wie Spaghetti geschlürft werden, oder auf lebendiges Sashimi, das dem noch zappelnden Fisch in Form von Filetstücken direkt aus dem Körper geschnitten wird. Die Koreaner (wie auch Japaner) wickeln auch gerne einmal einen Tintenfisch auf ihre Stäbchen und mit einem Happen landet das sich schlängelnde Bündel im Mund. In Vietnam dagegen kommt eine frisch geschnittene Schlange auf den Teller, deren Einzelteile sich noch schlängeln, während man herzhaft hinein beisst. Und nicht zuletzt ist auch China immer gut für einen frisch-fröhlich zappelnden Frosch am Spiess, dem man die Schenkelchen vom Körper lutscht. Ist ja absolut ekelhaft, werden die meisten jetzt denken. Doch aller fernöstlichen Abneigung zum Trotz: Auch in unseren Breiten werden Tiere lebendig gegessen. Die allseits beliebten Austern werden zumeist roh verzehrt, denn sie sollten sich auf Grund der Frische immer noch im aktiven Zustand befinden, um mögliche Vergiftungen einzudämmen. Die durch den kräftigen Muskel fest verschlossene Schale ist der beste Beweis für die vorerst noch währende Vitalität der Auster. Vor einer Magenverstimmung schützt aber auch der Zustand der untoten Auster nicht endgültig. Verschmutzte Gewässer oder andere Krankheitserreger können natürlich dem lebenden Tier, und schliesslich seinem Konsumenten, ein wenig die Lebensfreude rauben, selten jedoch mit tödlichem Ausgang (für den vertilgenden Menschen zumindest). Weshalb sich jedoch nicht alle Tierschützer vehement für das Leben von Kleintieren einsetzen, liegt an ihrer nicht gänzlich reinen Weste. Sie gehören wie alle Menschen zu den «Lebendig-Verzehrern». Bereits seit längerem geistert der Mythos umher, dass wir in unserem Leben im Schnitt zehn Insekten während des Schlafes essen.
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Von daher: guten Appetit oder als Tipp für Vegetarier, Insektophobiker und radikale Tierschützer: Einfach immer ein feinmaschiges Netz vor dem Einschlafen über den Kopf ziehen.
Zwei Haudegen zum Liebhaben Happy Birthday, Terence Hill! Am 29. März feierte einer der beiden beliebtesten Prügelknaben seinen 73. Geburtstag. Lasst uns der beiden erinnern. Text Raffaela Angstmann
Prügel. Western. Coolness. Gute Sprüche. – Das zeichnete die beiden aus. Bud Spencer und Terence Hill boten unterhaltsames Kino. Als kleines Mädchen konnte man mich von ihren Filmen kaum wegzerren – und heute? Heute werde ich nostalgisch. Ihre Filme sind meine Feel-Good-Movies. Wo kriegt man sonst so lockere Schinken mit trockenem Humor und blutlosen Schlägereien zu sehen? Wo bekommt man sonst noch Filmtitel zu lesen wie: «Vier Fäuste für ein Halleluja», «Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle», «Zwei Asse trumpfen auf», «Zwei bärenstarke Typen», «Vier Fäuste gegen Rio», «Zwei Engel mit vier Fäusten»? Die zwei-mal-zwei Fäuste-Power ist unschlagbar. Terence Hill und Bud Spencer sind Künstlernamen der italienischen Schauspieler Mario Girotti und Carlo Pedersoli. Pedersoli, den wir eigentlich nur mit Bierwampe und Vollbart kennen, war früher Profischwimmer und zwar ein erfolgreicher: Er war der erste Italiener, der 100 Meter Freistil unter einer Minute schwamm*. Für Girotti war das Schwimmen eigentlich nur ein Hobby, aber da hat er Pedersoli das erste Mal getroffen. Ihre Filme sind die einzigen, bei denen es mir nichts ausmacht, sie nicht in Originalsprache zu schauen. Obwohl ich Italienisch spreche, finde ich sie in beiden Spra-
chen saukomisch. Auf Italienisch ist der Humor jedoch weitaus vulgärer, die deutsche Version wurde klar zensiert. Eine Weile lang hat Terence seine Stimme auf Deutsch angeblich selber synchronisiert. Er spricht es nämlich fliessend, weil er einige Jahre seiner Kindheit in Deutschland verbracht hat. Drei der besten Filmszenen: In «Das Nilpferd und sein Krokodil»: Bösewicht Ormond will die beiden bestechen, damit sie ihm nicht weiter in die Quere kommen, und fragt: «Wie viel?» Spencer: «Auf jeden Fall das Doppelte.» In «Zwei wie Pech und Schwefel»: Spencer und Hill haben einen schönen roten Strand-Buggy gewonnen und diskutieren darüber, wer ihn zuerst fahren darf. Hill: «Wer geht zuerst?» Spencer: «Mir egal. Ich will einfach nicht der Letzte sein!» In «Die rechte und die linke Hand des Teufels»: Tobias, der Siedler, bedankt sich bei Spencer und Hill für ihre Hilfe. Spencer: «Wenn ihr mich braucht…» Hill unterbricht ihn: «Uns!» Spencer verdreht die Augen und sagt: «Wenn ihr uns braucht, wisst ihr ja, wo ihr mich findet.» Musiktipp: Von «Annibale»: «Trinity» *Buchtipp: Bud Spencer (mit Lorenzo de Luca und David de Filippi): «Mein Leben, meine Filme – Die Autobiographie» Filmtipp: Die rechte und die linke Hand des Teufels
Das Unikat
Gute Nacht! Diesmal mit einem kuscheligen Design: Durchzwei und StudiVersum schenken dir die Kissenbezüge zum Titelthema! Ohne die richtige Stütze kann man nicht richtig träumen. Durchzwei hat hier Abhilfe geschaffen. Wir wollen dein ganz besonderer Dreamcatcher sein! Auf diesen weichen «Chüssis» träumst du garantiert nie schlecht. Willst du dich schon bald gemütlich darin einkuscheln können? Dann schreib an shirt@studiversum.ch, wovon du träumst, und mit etwas Glück sind diese Kissenbezüge bald dir. StudiVersum und Durchzwei wünschen süsse Träume! r Kreation Durchzwei
studikrakel
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Datenbanken, in denen sie mehr oder weniger alle Forschungsarbeiten veröffentlichen, die an ihren Fakultäten erarbeitet werden. Jürg Friedli von der Universität Bern sagt: «Im Rahmen der Leistungsvereinbarung mit dem Kanton Bern und der Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen erarbeiten wir eine öffentlich zugängliche Datenbank. Diese dient auch als Leistungsausweis der Uni und ist ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung. Wir wollen bis Ende 2012 alle Publikationen erfasst haben.» Mit einer öffentlichen Datenbank haben auch Forschende in ärmeren Ländern Zugriff auf aktuelle wissenschaftliche Informationen. Die umfassende Veröffentlichung wirft jedoch verschiedene Fragen zu juristischen und finanziellen Aspekten auf. So bestehen etwa Unklarheiten im Bezug auf Urheberrechte.
WISSENSCHAFT
Auch auf Papier gefragt
Arbeitsflut Jeder Student verfasst im Verlauf seines Studiums mehrere Arbeiten. Professorinnen und Assistenten produzieren laufend Forschungsresultate. Verstauben diese wissenschaftlichen Arbeiten nun in den Bibliotheken?
renz das «Projekt Bibliometrie 2007» ins Leben gerufen. Dahinter steckt die Idee, dass alle Schweizer Unis ihre Arbeiten in Datenbanken erfassen und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Erfassung der Arbeiten ist eine Möglichkeit zu überprüfen, ob die Uni ihren Auftrag erfüllt. Die Uni wird aber auch im internationalen Kontext «sichtbarer» und ist damit besser auf internationale Rankings vorbereitet.
Web of Knowledge
Alleine an der Uni Zürich werden jedes Jahr rund 820 Dissertationen und Habilitationen eingereicht. In den Jahren 2008 bis 2010 wurden pro Jahr im Schnitt 7’868 Artikel der Uni Bern in Fachzeitschriften veröffentlicht, die meisten davon aus dem naturwissenschaftlichen Bereich. Das lässt ahnen: Der Output an wissenschaftlichen Arbeiten ist gross. Was geschieht aber mit diesen Arbeiten?
Wenn Publikationen auf internationalen Datenbanken wie dem Web of Knowledge vorhanden sind, lässt sich ablesen, wie oft sie zitiert werden. Im Web of Knowledge befinden sich mehr als eine halbe Million wissenschaftliche Publikationen, die mit der Schweiz in Verbindung gebracht werden. Am häufigsten zitiert wurde ein naturwissenschaftlicher Artikel – exakt 52'116mal. Doch die Schlüsse, die sich aus solchen Datenbanken ziehen lassen, sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Im Web of Knowledge wird nur ein Bruchteil aller Arbeiten veröffentlicht. Die Anzahl Zitierungen sagt zudem nicht zwingend etwas über die Qualität der Arbeit aus.
Unsere Ressource Wissen
Urheberrechte unklar
Mit dieser Frage beschäftigt sich der Bildungsstandort Schweiz seit einigen Jahren besonders intensiv. Die Frage, wie viele Publikationen eine Uni vorweisen kann und wie die Resonanz darauf ist, ist sehr wichtig geworden. Das zeigt, wie intensiv der wissenschaftliche und wirtschaftliche Wettbewerb herrscht. Forschung, Bildung und Wissen, das sind mit die wichtigsten Ressourcen der Schweiz. Zur Qualitätssicherung hat die schweizerische Rektorenkonfe-
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Die Universitäten erfassen auch eigene
Wissenschaftliche Arbeiten, die im Internet vorhanden sind, sind automatisch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich und werden, sofern auffindbar, durchaus auch genutzt. «Arbeiten, die im elektronischen Volltext zugänglich sind, werden wohl am häufigsten konsultiert», weiss Elio Pellin von der Universitätsbibliothek Bern. Wie siehts aber mit den gedruckten und gebundenen Exemplaren aus, die in Bibliotheken lagern? Auch an gedruckten Arbeiten besteht Interesse, weiss Anne-Marie Wells von der Zürcher Zentralbibliothek. «Sobald die Titel im Katalog erfasst sind, werden sie genutzt», erklärt sie. Die Ausleihstatistiken geben ihr Recht: Im Jahr 2011 wurden rund 12’000 Zürcher Dissertationen ausgeliehen, hinzu kommen 1’600 Liz-Arbeiten alleine von der philosophischen Fakultät. Die Zentralbibliothek führt aktuell etwa 50'000 Zürcher Dissertationen in ihrem Bestand, wovon 40'000 rekatalogisiert und elektronisch recherchierbar sind. Die älteste stammt von 1833 und ist in Latein verfasst. Auch wenn tatsächlich mal eine Arbeit jahrelang nicht gelesen wird, hat sie ihren Wert, findet Wells. «Wir haben einen wissenschaftlichen Auftrag, deswegen ist unser Bestand breit. Es ist schön, dass wir auch Bücher haben, die lange nicht gelesen werden, aber plötzlich wieder gefragt sind.» r Text Myriam Schuler, Illustration Melanie Imfeld
Anton Stadelmann hat einen anderen Weg gefunden, wissenschaftliche Arbeiten zugänglich zu machen. Sein Unternehmen bietet auf der Website makingsciencenews.com journalistisch aufbereitete Arbeiten an. So will er den Zugang zu den Arbeiten erleichtern und sie verständlicher machen. Sein Angebot richtet sich an Unternehmen und Medien, aber auch an Studierende, Professorinnen und Professoren.
ATELIER
Design für den Automaten Projekt von Julia Sager und Tina Tomovic
Wie werden Plastiktüten schöner und bleiben praktisch? Und wie bringt man sie modifiziert mit Kordel in eine Zigarettenschachtel? Angefangen hat es damit, dass die beiden Textildesignerinnen in der Fachhochschule meistens nebeneinander gesessen haben. Jetzt studieren Julia Sager und Tina Tomovic nicht mehr zusammen, sind aber über ihre Taschenidee noch miteinander verbunden. Die geht so: Ein vorhandenes Material soll so verändert werden, dass etwas Neues daraus entsteht. Im Falle ihrer Plastiktaschen wird aus dem Massenprodukt Einkaufstüte mittels eines bunten Stoffsaumes, einer Kordel und zwei Ösen ein Unikat, das zur Zeit in einem zum «Designomat» umfunktionierten Zigarettenautomaten für acht Franken erstanden werden kann. Dieser Designomat war es auch, der von den beiden Designerinnen etwas Erfindungsreichtum forderte. Denn wer sein Werk über diese Verkaufsfläche anbieten möchte, muss einerseits den von den Betreibern halbjährlich ausgeschriebenen Wettbewerb gewinnen und andererseits beim Produkt die Verpackungsmasse einer Zigarettenschachtel einhalten: 5.7 x 2.4 x 8.75 cm. Doch die beiden haben es geschafft und ihre hundert handgefertigten Plastiktaschen auf die passende Grösse zusammengefaltet. Das Gute daran ist: Hat man die Tasche einmal ausgepackt, kann man sie immer wieder zurückpacken und spart Platz, wenn man sie gerade nicht braucht. «Perfekt für die Badi», meint Julia, «wasserdicht ist sie ja auch.» Gibt es noch weitere Taschenpläne? «Ja, mit den Taschen sind wir noch nicht ganz durch», findet Tina, «es gibt sicher noch Optimierungsmöglichkeiten.» Eine Version aus Stoff gibt es bereits. Dabei haben die Designerinnen alte, gemusterte Bettlaken mit weiteren Formen überdruckt, um das alte Material zu modifizieren. Mal schauen, welche Idee als Nächstes kommt. r Text Julia Krättli, Bild David Röthlisberger
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Ab Ende März sind die Plastiktaschen von Julia und Tina in fünf Designomaten in Zürich erhältlich. Die Standorte sind auf designomat.ch verzeichnet. Den Blog der Designerinnen findet ihr unter http://styleyourbag.wordpress.com
Träum ich? Nachts, wenn wir in den Schlaf gleiten, tut sich eine geheimnisvolle Welt auf – die Welt der Träume. Für die einen sind sie nur Reflexionen des tagsüber Erlebten, andere sehen in den Traumbildern schicksalhafte Symbole. Wieder andere erleben ihre Träume auf ganz besondere Art: Sie träumen und bleiben gleichzeitig wach.
Am Beginn von Daniel Amstutz‘ Reise in die Welt der luziden Träume stand ein Erlebnis im sommerlichen Frankreich. Der 24-Jährige, der in Basel deutsche Literaturwissenschaft und Kulturanthropologie studiert, fühlte sich während seines Sprachaufenthalts eines schönen Nachmittags unvermittelt müde. Er gönnte sich ein kleines Nickerchen. Doch es sollte kein gewöhnliches Nachmittagschläfchen werden: Daniel erlebte etwas, das seinen Blick auf die Realität veränderte. Er döste langsam ein. «Ich realisierte, dass ich am Eindösen war. Ich hatte das Gefühl, ich würde ins Bett hineinsinken. Plötzlich sah ich mich von oben aus einer Distanz von etwa zwei Metern.» Daniel träumte und war sich gleichzeitig bewusst, dass er träumte. Dieses Phänomen nennt man luzides Träumen, Wachträumen oder auch Klarträumen. Daniel meint, er habe das Bild, wie er dalag und schlief, wohl nur Kraft seiner Vorstellung wahrgenommen, ohne sich wirklich von oben zu sehen. Er schliesst zwar nicht aus, dass so etwas wie ausserkörperliche Erfahrung möglich sei, folgt im Zweifel aber lieber seinem rationalen Verstand.
Geschichte und Esoterik
Das Phänomen des Wachträumens wird
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besonders gerne von der esoterischen Seite her beleuchtet. Esoteriker sind der Ansicht, dass luzides Träumen zu einer ausserkörperlichen Wahrnehmung führen kann. In der Geschichte des luziden Träumens, soweit überliefert, zeigen sich tatsächlich viele Anknüpfungspunkte zu schamanistischen und transzendentalen Methoden. Die ältesten Hinweise auf bewusste Träume sind in den Aufzeichnungen des Zhang Zhung Nyan Gyud zu finden, ein uraltes tibetisches Lehrensystem, welches lange vor unserer Zeitrechnung entstanden ist und später in den tibetischen Bön-Buddhismus überging. Ebenfalls bekannt ist das Traumyoga. Der indische Adelige Naropa führte im elften Jahrhundert diese Disziplin als eine seiner sechs Lehren ein. Es geht dabei darum, geistige Klarheit zu erreichen. Der luzide Zustand in einem Traum wird im Traumyoga mit klarem Licht verbunden. Im 17. Jahrhundert berichtete der Englische Schriftsteller Thomas Browne als einer der ersten aus westlicher Sicht ausführlich über seine Wachträume.
Wissenschaftliche Aspekte
Die luziden Träume werden von der Wissenschaft heute eher stiefmütterlich behandelt, obwohl sich längst auch etablierte Wissenschaftler mit dem Phänomen befassen und ernstzunehmende Ergebnisse präsentieren. Die USA ist in Sachen Klartraumforschung weit fortschrittlicher als Europa. In Kalifornien existiert ein Institut für luzide Träume. Der US-amerikanische Psychologe Stephen LaBerge war der Erste, der mit einem spezifischen Test die Existenz von Wachträumen wissenschaftlich nachweisen konnte. Im Schlaflabor kommunizierten seine Probanden mittels Augenbewegungen mit ihm, während sie sich nachweislich in der Schlafphase befanden. Einen Lehrstuhl für luzide Träume gibt es in der Schweiz nicht. Es sind meistens Neurologen und Psychologinnen, die in ihrer Freizeit auf dem Gebiet der luziden Träume forschen. «In letzter Zeit interes-
sieren sich vermehrt Neurologen für das Thema, da sie sich Rückschlüsse auf das Bewusstsein erhoffen. Einen Boom gibts aber nicht», weiss PD Dr. Daniel Erlacher. Er ist Sportwissenschaftler an der Universität Bern. Bereits während seines Studiums hat er sich intensiv mit Klarträumen befasst. In seiner Dissertation untersuchte er, ob motorisches Lernen im luziden Traum möglich ist. Während einer Versuchsreihe hat Erlacher im Schlaflabor Probanden aufgetragen, in einer luziden Traumphase Kniebeugen zu machen. Bei der Auswertung der Daten wurde klar: Die geträumten Kniebeugen haben tatsächlich den Herzrhythmus beschleunigt. Erlacher berichtet ausserdem von einem Snowboarder, der dank luzidem Traumtraining plötzlich Tricks konnte, die ihm vorher nie gelangen. Eine von Erlacher befragte
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Turmspringerin gab an, sie könne ihre Fallgeschwindigkeit beliebig verlangsamen und so wichtige Details ihres Sprungs studieren. Der inzwischen verstorbene deutsche Psychologe Paul Tholey lernte mithilfe von luziden Träumen Skate- und Snowboarden. Er trainierte dabei nicht unbedingt die exakten Bewegungsabläufe im Schlaf, sonder arbeitete an seinem Körpergefühl und der Orientierungsfähigkeit. Um jedoch deutlich zu belegen, ob dank luzidem Träumen tatsächlich bessere Trainingserfolge erzielt werden, sind weitere Studien nötig, sagt Erlacher.
Kontrolle im Traum
Nach seinem Traumerlebnis suchte Daniel Amstutz eine Erklärung für das, was passiert war. Bald wurde ihm klar, dass er luzid geträumt hatte und dass er bei Weitem
nicht der Einzige war, der bewusst träumte. «Im Internet fand ich Berichte, die genau das beschrieben, was ich erlebt hatte.» In einem Internetforum tauschte er sich mit anderen Wachträumern aus und erkannte, dass sich Wachträume kontrollieren lassen. Er praktizierte die Wachträume ungefähr ein Jahr lang. Im Wesentlichen sind zwei Möglichkeiten bekannt, wie ein Klartraum eingeleitet werden kann: Entweder behält die träumende Person ihre Klarheit beim Einschlafen, nimmt sozusagen das Bewusstsein mit in den Traum, oder sie gewinnt die Klarheit im Verlauf eines Traumes. «Als Erstes habe ich ein Traumtagebuch geführt», berichtet Daniel. Mit einem Traumtagebuch lassen sich Regelmäs-sigkeiten in Träumen erkennen. Träumt man etwa immer wieder von einem roten
«Ich konnte mich bewusst durch die Traumwelt bewegen und mir ihren Aufbau näher anschauen. Dabei habe ich bemerkt, wie sinnlos sie aufgebaut ist» Daniel Amstutz
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Auto, so kann dieses rote Auto als Marker benutzt werden. «Hat man einen Marker entdeckt, kann man sich immer fragen, ob man gerade träumt, wenn man ihn im Alltag sieht. Mit der Zeit macht man das automatisch auch dann, wenn der Marker im Traum wieder auftaucht.» Fragt man sich dann tatsächlich irgendwann in einem Traum, ob man gerade träumt, braucht es aber noch eine Antwort. Wie merke ich denn im Traum, ob ich nun träume oder nicht? Hier kommt der Reality-Check ins Spiel. «Der bekannte Trick mit dem Kneifen funktioniert nicht», weiss Daniel «Schmerz kann man auch im Traum empfinden.» Wirksam ist aber der Blick auf die Uhr. Die Uhrzeit läuft im Traum nämlich meistens nicht chronologisch. «Auch alles, was mit Schaltern zu tun hat, dient dem Reality-Check. Lichtschalter, Knöpfe und Ähnliches funktionieren in Träumen praktisch nie», erklärt Daniel. Die Fähigkeit, luzide Träume herbeizuführen, hatte Daniel sich in kurzer Zeit angeeignet. Nun tauchte aber ein grösseres Problem auf: Die luzide Phase ist sehr instabil. «Wenn du’s mal geschafft hast, im Traum bewusst zu werden, bist du so aufgeregt, dass die luzide Phase schnell wieder vorbei ist.» Um die luzide Phase zu nutzen, muss man sich also beruhigen. Auch dafür gibt es Methoden, beispielsweise sich im Kreis drehen.
Faszinierende Eindrücke
Einen wirklichen Nutzen für sein Wachleben konnte Daniel aus den luziden Träumen nicht ziehen. «Ich war nie so fortgeschritten, dass es mir etwas gebracht hätte.» Mit der Zeit war es ihm zu aufwändig, ständig ein Traumtagebuch zu führen. «Manchmal habe ich am Morgen zuerst mal eine halbe Stunde meine Träume festgehalten, das wurde mir zu blöd.» Auch wenn er keinen messbaren Nutzen aus den Klarträumen ziehen konnte, bleiben ihm die faszinierenden Eindrücke. «Ich konnte mich bewusst durch die Traumwelt bewegen und mir ihren Aufbau näher anschauen. Dabei habe ich bemerkt, wie sinnlos sie aufgebaut ist. Der Himmel zum Beispiel hört plötzlich irgendwo auf. Ganz besonders gefiel mir das Fliegen. Du springst von einem Dach oder einem Balkon und treibst einfach davon. Oder du sprichst mit anderen ‹Menschen›. Oft ergeben sich interessante Gespräche. Und vielleicht ist das sogar eine Möglichkeit, mit dem eigenen Unterbewusstsein zu kommunizieren.»
Traumhafte Inspiration
Das besondere Erlebnis der Klarträume inspirierte zahlreiche Künstler in ihrem
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Schaffen. Der belgische Maler René Magritte berichtete von Wachträumen. In seinen Bildern sind Szenen zu sehen, die Bewusstheit und Traumzustand vermischen. Auch Musiker verarbeiten Wachträume in ihren Werken, so etwa die Band Franz Ferdinand und Aphex Twin. Wolfgang Amadeus Mozart schrieb in einem Brief, ihm seien die Melodien im Traum zugeflogen, was als Anspielung auf einen Wachtraum ausgelegt werden kann. Schliesslich befassen sich zahlreiche Filme mit dem Klartraumphänomen, allerdings meist mit düsteren Szenarien. Zu den bekanntesten gehören wohl der erste Teil der Filmreihe «A Nightmare on Elm Street» um den Serienmörder Freddy Krueger und die MatrixTrilogie. r Text Myriam Schuler, Porträt Gregor Brändli, Bild Selin Bourquin
weiterlesen Gut schlafen tut nur wer in der richtigen Schlafumgebung ist. Myriam Schuler stellt dir auf semestra.ch/fengshui das perfekte Studi-Schlafzimmer vor und gibt dir wertvolle Tipps für eine herrvorragende Schlafqualität.
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Insomnia Während manche Studenten ihre Augen während der Statistikvorlesung am Montagmorgen kaum offen halten können, kämpfen andere mit chronischen Schlafstörungen. Obwohl wir rund einen Drittel unseres Lebens im Schlaf verbringen, wird dessen Wichtigkeit häufig unterschätzt.
Schlaf ist von nicht zu unterschätzendem Wert für unseren Organismus. Sowohl unser Körper als auch unser Geist ist auf die Erholung angewiesen, die ein gesunder Schlaf mit sich bringt. Tiere, die über lange Zeit nicht schlafen können, verenden, und auch für Menschen ist ein zu langer Schlafentzug prekär. «Schlaf erhält unseren Körper und unseren Geist am Leben. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass nach 24 Stunden Schlafentzug die Reizschwelle drastisch sinkt und nach 64 Stunden Wahnvorstellungen auftreten. Irgendwann tritt dann der Tod ein», erklärt der Entspannungstherapeut und Gesundheitscoach Andreas Schwarz. Insbesondere für erfolgreiches Lernen sei ein gesunder Schlaf von ausserordentlicher Bedeutung, da das Verankern neuer Informationen dadurch gefördert werde.
Schlechte Schlafqualität ist verbreitet
Durchwachte Nächte, in denen man sich unzählige Male von der einen auf die andere Seite wälzt und am nächsten Morgen wie gerädert aus den Federn kommt, kennt fast jeder. «Ungefähr ein Viertel der Schweizer Bevölkerung leidet hin und wieder an schlechter Schlafqualität; das heisst, in einzelnen Nächten wird schlecht geschlafen», berichtet der klinische Psychologe Roger Willi vom Schlaflabor Fluntern. Leichte oder gelegentliche Schlafstörun-
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gen sind in der Regel kein Grund zur Sorge und häufig auf Ursachen wie vorübergehende starke Gemütsbewegungen (Ärger, Enttäuschung, aber auch grosse Freude), eine neue Umgebung, Jetlag oder leichte Erkrankungen wie Erkältungen zurückzuführen. Sollten die Probleme jedoch andauern und zu einer Belastung werden, ist ein Gang zum Arzt empfehlenswert. Die Mehrheit der Betroffenen meidet allerdings professionelle Hilfe. Schwarz vermutet, dass viele Menschen Angst haben, ihre Schlaflosigkeit könnte in unserer Leistungsgesellschaft als Versagen ausgelegt werden. Von Schlaflosigkeit im Sinne einer Schlafstörung spricht man erst, wenn ein Mensch zwei bis drei Mal pro Woche innerhalb desselben Monats an Ein- beziehungsweise Durchschlafstörungen leidet. «Dies trifft auf ungefähr zehn Prozent der vorab genannten Fälle zu, welche eine mittlere bis schwere Symptomatik aufweisen», präzisiert Willi.
Stress als häufige Ursache
Unser Schlaf-Wach-Rhythmus wird durch unsere innere Uhr gesteuert, wobei auch äussere Faktoren wie soziale Einflüsse oder insbesondere die Lichteinwirkung eine Rolle spielen. Bis zu einem gewissen Grad ist dieser Rhythmus flexibel und anpassungsfähig. So schläft der durchschnittliche Europäer 7,5 Stunden am Tag, diese Zeit kann jedoch durch bestimmte Umstände (beispielsweise Prüfungssituationen) deutlich verkürzt werden, um sich einer Stresssituation anzupassen. Laut Willi sind die Ursachen für Ein- und Durchschlafprobleme oft im anstrengenden Berufs- oder Schulalltag mit den hohen Leistungsanforderungen zu suchen, denen die Personen gerecht werden müssen: «Selbst abends vor dem Einschlafen, beim Aufwachen in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden kreisen die Gedanken weiter und lassen die Patienten nicht zur Ruhe kommen. Dadurch können zusätzliche psychische Belastungen wie beispielsweise Burn-out oder Depressionen auftreten.»
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Insbesondere für erfolgreiches Lernen sei ein gesunder Schlaf von ausserordentlicher Bedeutung, da das Verankern neuer Informationen gefördert werde.
Auch Schwarz berichtet über den negativen Einfluss, den Stress auf unser Schlafverhalten hat: «Stresserleben löst bei uns Menschen eine Reaktion im Autonomen Nervensystem (ANS) aus, die ein Notprogramm für kurzfristigen Überlebenskampf startet. Dies legt unser für den Alltag zuständiges Programm weitestgehend lahm. Evolutionär ist dieses Notprogramm für die kurzfristige Mobilisierung all unserer Kräfte und Sinne entwickelt worden. Während wir in der Steinzeit nach solchen, in der Regel temporären Gefahrensituationen genügend Entspannungsreize erfuhren, um wieder zuverlässig in den Alltagsmodus zurückkehren zu können, fehlen diese in der heutigen Zeit immer mehr. Die Folge: Wir können abends immer schlechter abschalten um zu entspannen. Sind wir diesem Dauerstress langfristig ausgeliefert, können sich die dadurch ausgelösten Schlafstörungen verselbstständigen und unabhängig von der ursprünglichen Belastung auftreten.»
Jeder kann betroffen sein
Die Folgen von Schlaflosigkeit sind in der Regel Tagesmüdigkeit beziehungsweise Schläfrigkeit und Konzentrationsmangel; teilweise kann sie zu kompletten Arbeitsausfällen führen. «Studien zeigen, dass Frauen häufiger unter Schlafproblemen leiden», erläutert Willi. Schwarz weist darauf hin, dass grundsätzlich jeder von Schlaflosigkeit betroffen sein kann, obwohl insbesondere Schichtarbeitende vermehrt darüber klagen. Dies liegt vermutlich daran, dass sie häufig gegen ihre innere Uhr arbeiten und die Nacht zum Tag machen müssen, was unser Organismus nur bis zu einer gewissen Grenze mitmacht.
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Willi bemerkt, dass bei der Einordnung das subjektive Empfinden der Betroffenen eine wichtige Rolle spiele. So sei eine Schlafstörung insbesondere dann behandlungsbedürftig, wenn sie von den Patienten als Belastung und als im Alltagsleben einschränkend erfahren wird. Dass der individuelle Standpunkt der Betroffenen wichtig ist, bestätigt auch Schwarz: «Wer vermutet, schlecht zu schlafen, achtet mehr auf die Wachphasen als jemand, der seinen Schlaf als nicht so problematisch ansieht.» Personen mit ausgeprägten Schlafstörungen nehmen diese also grundsätzlich deutlicher wahr, messen ihnen mehr Bedeutung zu und machen sich in der Regel dann auch grosse Sorgen über mögliche negativen Konsequenzen. Dadurch setzen sie sich jedoch vermehrt unter Druck, was sich nicht schlaffördernd auf den Körper auswirkt, sondern im Gegenteil den Körper immer mehr verkrampft und anspannt. Frustration, Wut und Müdigkeit am nächsten Tag sowie Angst vor der kommenden Nacht sind die Folgen und es wird für die Betroffenen immer schwieriger, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Eine Überweisung ins Schlaflabor erfolgt meistens über den Hausarzt, der eine Vorabklärung macht. Dabei werden organische Ursachen ausgeschlossen und festgestellt, ob der Schlafstörung möglicherweise ein Schlafapnoe-Syndrom oder ein störendes Bewegen der Beine in der Nacht (Restless Leg Syndrom oder Periodische Beinbewegungen) zugrunde liegt. Das Labor erstellt dann mittels nächtlicher Schlafaufzeichnung eine Diagnose. Nicht jeder muss im Schlaflabor schlafen, das Schlaflabor Fluntern beispielsweise bietet auch eine Schlafberatung an. Die Behandlungen im Schlaflabor sowie die
Schlafberatung werden als ärztliche Dienste von der Krankenkasse übernommen.
Weg mit der Angst
Abhilfe kann auch eine kognitive Verhaltenstherapie schaffen, die darauf abzielt, die Angst vor der Schlaflosigkeit zu reduzieren, irrationale Einstellungen und Erwartungen abzubauen und ein gesünderes Verhältnis zu Schlaf durch Entspannungsübungen und Einschlafrituale zu fördern. Der Gang zur psychologischen Schlafberatung sei auch dann sinnvoll, wenn die klinischen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, die Person jedoch an starker selbst wahrgenommener Schlaflosigkeit leidet, so Schwarz. «Die moderne Schlafberatung zeigt, dass zirka 90 Prozent der später behandlungsbedürftigen Schlafprobleme bei rechtzeitigem Handeln mit Beratung und Selbsthilfe beseitigt werden können. Rasches Handeln kann hier viel Leid ersparen.»
Schlafhygiene kontrollieren
Die Verbesserung der sogenannten Schlafhygiene kann ebenfalls viel zu einem besseren Umgang mit Schlaf und einer Verbesserung seiner Qualität beitragen. Regelmässige Schlafenszeiten (ja, auch am Wochenende!) sind wichtig für den Körper, der sich so an einen Rhythmus gewöhnen kann. So sollte man jeden Tag ungefähr zur selben Zeit aufstehen und zu Bett gehen. Die optimale Schlafdauer ist zwar von Person zu Person verschieden, liegt aber in der Regel zwischen sechs und acht Stunden täglich. Am besten findet man selbst heraus, wie viele Stunden Schlaf man benötigt, um am nächsten Morgen gut erholt in den Tag starten zu können. Wichtig ist auch, dass vor dem Zubettgehen anregende Tätigkeiten wie harte körperliche oder geistige Arbeit, schweres Essen sowie der Konsum von Alkohol und Kaffee vermieden werden, die das Einschlafen unnötig erschweren können. Die Schlafumgebung ist ebenfalls von grosser Bedeutung; idealerweise sollte das Bett in einem abgedunkelten und gut gelüfteten Raum stehen. Das Schlafzimmer sollte ein Ort der Ruhe und der Erholung sein – idealerweise getrennt vom Ort, an dem man arbeitet. Für WG-Bewohner gilt, dass sie den Arbeitsplatz zumindest so weit wie möglich vom Schlafplatz trennen sollten, indem sie im Bett nicht lesen und lernen. Das Bett sollte neben dem Schlafen einzig und alleine dem genüsslichen Nicht-Schlafen mit dem Partner vorbehalten bleiben. r Text Evelin Meierhofer, Bilder Selin Bourquin
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Probiers mal mit gemütlichkeit Erzähl mir, was du trägst, und ich sag, dir wer du bist – leider funktioniert das bei der Schlafmode nicht, denn anders als in sonstigen modischen Bereichen siegt im Bett die Bequemlichkeit. Das zeigt sich in dem Stilunbewusstsein, mit dem wir uns nachts kleiden.
Wer nicht gut schläft, hat auch keinen guten Tag, und im Bett gilt deshalb nur eine Regel: Hauptsache wohlfühlen. Schwitzen ist schlecht, also fällt zu viel Synthetik schon mal weg. Von wegen sexy Seidenhemdchen – sogar eingefleischte Fashionistas und Modeblogger geben zu: Damit ist es schlicht zu heiss. Frieren ist genauso schlecht. Deshalb gewinnt ein bei der Kleiderherstellung ansonsten sehr verpöntes Textil an Bedeutung: Frottee. Ein Zwicken und Kneifen zerstört jeden sanft fliessenden Traum, was die Möglichkeiten an Klamotten auch einschränkt.
Eine Umfrage hat ergeben…
Eine Umfrage unter rund 100 Studierenden hat ergeben: Menschen schliessen nachts nicht aus biologischen Gründen die Augen, sondern wegen der Hässlichkeit und Einfallslosigkeit der Schlafmode. Männerträume müssen leider Män-
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nerträume bleiben. Bis auf zwei Ausnahmen schlafen die Damen der Schöpfung nicht in spitzenverzierten Seiden-Negligés, wie uns Hollywood immer wieder gerne glauben lässt – dort wachen die Damen morgens ja auch perfekt geschminkt und frisiert auf – sondern im Gammellook. Schweizer Studentinnen mögen «H&MZeugs, Schlabbershirts, Wollsocken und breite, weite Sachen.» Männer haben es da ein bisschen einfacher, von ihnen wird ja grundsätzlich weniger Schönheit erwartet. Bei ihnen siegt die Faulheit: Hose runter, T-Shirt ausgezogen (im Winter angelassen) und ab unter die Bettdecke. In der kalten Jahreszeit ist die Situation sowieso anders. Die Herren greifen da dann schon manchmal zum klassischen Pyjama mit Knöpfen oder einfach zum Tenue vom Tag. Sogar Schlafmützen decken das Haupt. Die Damen trotzen den Niedrigtemperaturen auf fiesere Art und Weise: mit Flanell-Schlafanzügen, Pyjamahose in Wollsocken gestopft, Jogginghose und Kapuzenpulli. Omis, Tanten und geschmacklose Goodie-Verteiler können sich glücklich schätzen, denn alle schlecht gewählten Kleidungsgeschenke finden nun Verwendung. Der Blümchen-Pyjama der letzten Weihnacht, das Schulsport-T-Shirt von 1994 ohne Grössenangabe, weil es sowieso nur in XXXL existiert, die ollen Weihnachtspullis, die die ganze Familie nur am 24. Dezember trägt und in denen man ja «so süss» aussieht: Das ist ihr Auftritt! Wahrscheinlich trägt niemand von uns das schöne Shirt vom letzten Shoppingtrip so häufig wie
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diese Kleidungsstücke, die wir nie ausserhalb der eigenen vier Wände tragen würden. Täglich sechs bis neun Stunden lang gibt es nur sie, uns, ein Bett und unsere Träume. Mit keinem anderen Kleidungsstück lagen wir schon am Strand, erhielten den Oscar oder Nobelpreis, sahen uns an unbekannten Orten, in neuen Situationen, gealtert oder verjüngt. Da können weder das kleine Schwarze, die sündhaft teuren Louis Vuitton Pumps oder der gute alte elegante Smoking mithalten, nein, so etwas erleben wir in Billigware. Ganz so schlimm ist die Lage nun aber doch nicht. Es gibt ein paar Ladies, die überzeugt sind, besser zu schlafen, wenn der Schlafanzug farblich passt, bunt ist oder gestreift. Sogar Markenware wie Calvin Klein, Puma oder Calida findet sich an den Allerwertesten – aus Qualitätsgründen natürlich. Schläft und träumt sich’s darin vielleicht wirklich besser? Unterwäsche ist auch sehr beliebt, wenn keine Minusgrade herrschen, obenrum tut’s ein einfaches T-Shirt. Im Sommer ist weniger eben doch mehr. Wer was mit wem, wann, während, vor und nach dem Schlafen im Bett tut, ist Privatsache, hat aber doch einen Einfluss auf das Schlafoutfit. Die eine oder andere findet unter diesen Voraussetzungen doch noch ein schimmerndes Leibchen im Schrank oder schlüpft gleich ins Evakostüm, wenn ein Adam daneben liegt.
Ein weit gereistes Kleidungsstück
Zum Pyjama gehören eigentlich eine Hose und ein Hemd mit Knöpfen, heute wird das Wort aber synonym für Schlafanzug verwendet. Das Wort stammt aus Indien. Auf Hindi bedeutet «Pajama» ursprünglich «Beinkleidung» und bezeichnet eine leichte Hose, die am Bund von einer Schnur zusammengehalten wird. Der Pyjama kam im 17. Jahrhundert nach Europa. Britische Kolonialherren aus Indien trugen ihn als Freizeitkleidung, er kam aber schnell wieder aus der Mode. Als um 1870 der britisch-indische Handel verstärkt wurde, setzte sich der Pyjama endgültig durch, auch weil nun die dafür verwendeten Textilien Baumwolle und Seide in grösseren Mengen erschwinglich waren. Anfangs war er nur den Männern vorbehalten, die bis anhin auch in Nachthemden schliefen. Das Nachthemd hat eine etwas längere Geschichte. Bis ins 16. Jahrhundert schlief man nackt. Das Nacht-
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Schweizer Studentinnen mögen «H&M-Zeugs, Schlabbershirts, Wollsocken und breite weite Sachen.»
hemd war ursprünglich einfach ein Unterkleid, das die Damen nachts anbehielten, um nicht zu frieren. Erstmals in Italien entdeckt, setzte sich das knöchellange, weite Hemd aus Leinen oder Seide, das am Hals mit zwei Knöpfen geschlossen wurde, in den kälteren Breitengraden und in der europäischen Oberschicht bald für beide Geschlechter durch. Je nach sozialer Stellung war es mit Spitzen und Stickereien verziert. Im deutschen Sprachraum erhielt es den schönen Namen «Herzschützer». Als 1870 die Herren Pyjamas zu tragen begannen, wurde das Nachthemd weiblicher und verspielter. Ein Stehkragen, mehr Rüschen und Verzierungen, ein Taillenband und eine zusätzliche Falte am Rücken, damit es eleganter wirkte. Nach dem Ersten Weltkrieg war der Pyjama dann für beide Geschlechter gesellschaftlich akzeptiert. Gleichzeitig erhielt auch das Nachthemd einen modischen Aufschwung. Es wurde kürzer und erste Satin-Hängerchen kamen in den 1920er-Jahren auf. Das entwickelte sich weiter zum Babydoll, getragen mit oder ohne Puffhosen. In den 1960er-Jahren kehrte man zurück zu einfacheren Schnittmustern und Bequemlichkeit wurde wichtiger als Rüschen und Spitzen.
Pyjama-Polizei und Verbote
Der Pyjama wurde nie nur ins Schlafzimmer verbannt. Der «Vertrag von Rapallo» von 1922 ging in die Geschichte ein, als das Deutsche Reich und die spätere Sowjetunion in Italien ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufnahmen. Am Abend zuvor traf sich die deutsche Delegation zur legendär gewordenen «Pyjama-Konferenz», um nochmals über die Vertragsunterzeichnung abzustimmen. Ähnliches passierte an der Weltwirtschaftskonferenz 1933 in London: Alle Mitglieder der amerikanischen Delegation wurden nachts ge-
weckt und entschieden, ihr Memorandum zurückzuziehen, um die Währungen nach der Wirtschaftskrise zu stabilisieren, worauf die Anliegen der Konferenz als gescheitert angesehen wurden. Dieses Treffen wurde in den Zeitungen ebenfalls als «Pyjama-Konferenz» bezeichnet. Die bequemen Pyjamahosen fanden auch in der Modebranche grossen Anklang und in den 1930er-Jahren erhielt der sogenannte Strand-Pyjama Einzug in die Modewelt. So wurde eine weite, leichte Hose und Jacke bezeichnet, die Damen im Urlaub am Meer trugen. In China wurde der Pyjama als Sinnbild aus dem Westen übernommen. Er stand für Wohlstand und das legere westliche Lebensgefühl. Besonders die Bewohner von Shanghai schossen ein wenig über das Ziel hinaus und wollten die Coolness auch auf der Strasse zur Schau tragen, weshalb es ab den 1970er-Jahren üblich wurde, im Schlafanzug zum Einkaufen oder auf Besuch zu den Nachbarn zu gehen. Shanghai wurde bekannt für die Pyjama-Träger, die dann nicht ganz so glücklich waren, als ihre Stadt Austragungsort für die World Expo 2010 wurde. Shanghai erwartete 70 Millionen Besucher aus der ganzen Welt, was die Stadtregierung zu einer Anti-Schlafanzug-Kampagne veranlasste. Schilder hingen in der Stadt mit der Aufschrift «Pajamas don’t go out of the door; be
a civilized resident for the Expo» und Pyjama-Polizisten liefen umher, um Schlafanzugträger wieder nach Hause zu schicken. Selbst Prominente sprachen sich im Fernsehen gegen Pyjamas auf der Strasse aus. So wurde ein Markenzeichen der Stadt verbannt. Auch in England hatte die Öffentlichkeit irgendwann genug vom nächtlichen Gammellook auf den Strassen. Die Supermarkt-Kette Tesco hing 2010 in Cardiff ein Verbot an seine Eingangstüren: «No nightwear is permitted.» Tesco wollte nicht, dass sich andere Kunden belästigt fühlten durch das doch sehr persönliche Outfit. Einer Frau wurde dann sogar der Einkauf verwehrt, als sie im Pyjama an der Kasse stand. Diese Anti-Pyjama-Haltung widerspricht der Mode von heute. Einerseits hat die Umfrage oben gezeigt, dass viele in aus-
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rangierten Jogginghosen schlafen, die wiederum auf den Strassen Shanghais oder bei Tesco erlaubt wären. Andererseits soll gerade der Sommertrend dieses Jahr bunte weite Hosen im Pyjamastyle sein. Gucci oder Dolce&Gabbana schickten ihre Models schon so auf den Laufsteg. Grossen Anklang fand schon 1956 der Palazzo-Pyjama, den die russische Prinzessin Galitzine 1956 bei der Haute Couture Show in Rom präsentierte. Kein Wunder also sind wir heute ver-
wirrt, welcher Look im Bett angemessen sein könnte. Die Augen zu verschliessen und sich an die Regel der Gemütlichkeit zu halten ist deshalb wahrscheinlich die beste Lösung. r Text Claudia Piwecki, Bilder Selin Bourquin, Assistenz und Modell Rabia Ciplak
Aus dem Rhythmus Bei einer Reise über mehrere Zeitzonen hinweg gerät die innere Uhr aus dem Takt. Viele Reisende haben mit einem Jetlag zu kämpfen. FlightAttendants, die über den Wolken im Schichtbetrieb arbeiten, sind tagtäglich dieser Belastung ausgesetzt: ein Leben im Dauerjetlag.
Für viele Aussenstehende scheint der Job der Flight-Attendants ein Traumberuf zu sein: Reisen, fremde Destinationen erkunden und die Welt entdecken. An den Stress, im Schichtbetrieb zu arbeiten oder den Launen der Passagiere ausgesetzt zu sein, denkt dabei keiner. Immer aus dem Koffer leben und keinen Ruhepol haben, lange Nachtschichten arbeiten und nie richtig entspannen – das gehört ebenso zu diesem angeblichen «Traumberuf» wie die schönen Erlebnisse, die er einem bescheren kann. Seit fünf Jahren fliegt Nadja* nun schon für die Swiss, die grösste Schweizer Fluggesellschaft. Nach ihrer Matur hat Nadja nach Jobs gesucht und ist so zum Fliegen gekommen. Sie erklärt, sie habe diese Arbeit nicht speziell wegen des Lifestyles gewählt. In erster Linie wollte sie nach der Matur eine Pause einlegen, Geld verdienen und die Zeit bis zum Studium überbrücken.
Zusätzlichen Stress vermeiden
Nach ersten Erfahrungen bei Kurzstreckenflügen wechselt man als Flight-Attendant zu den Langstreckenflügen. Nadja kann sich noch gut an ihren ersten Langstreckenflug
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erinnern. Sie flog an Silvester nach Chicago – die Zeitumstellung dahin beträgt minus sechs Stunden. Nach einem langen Flug, zehn oder zwölf Stunden, den man durcharbeitet, bedeutet diese Zeitumstellung eine zusätzliche Belastung für den Körper. Unsere innere Uhr orientiert sich an verschiedenen wichtigen Zeitgebern. Dazu gehören das Sonnenlicht, Mahlzeiten zu festen Zeiten, die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin, die körperliche Bewegung sowie die Pflege von sozialen Kontakten. Bei einer Reise über mehrere Zeitzonen hinweg geraten alle diese Zeitgeber aus dem Takt. Wenn, wie bei Nadja, noch der durch eine Nachtschicht im Flugzeug entstandene Schlafmangel dazu kommt, kann der Körper die Umstellung nur schlecht kompensieren. Christian Kolb, einer der sechs Company Doctors bei den Swiss Medical Services, rät dazu: «Man sollte bei Kurzaufenthalten unter drei Tagen, wie die FlightAttendants sie haben, sich nicht an die Zeit in der Destination anpassen, sondern vielmehr versuchen, den alten Rhythmus beizubehalten. Sonst muss man bei der Rückkehr ein zweites Mal den Rhythmus anpassen, was zusätzlichen Stress verursacht.» Für die heute 26-jährige Flight-Attendant war damals alles neu. Den Lifestyle einer Stewardess bezeichnet sie, wie viele ihrer Berufskolleginnen, als «einfach nur geil». Dazu gehört auch, an der Zieldestination zu feiern, wenig zu schlafen und die Zeit im fremden Land zu nutzen. Als sie von ihrem ersten Langstreckenflug nach Zürich zurückkam, schlief sie erstmal 24 Stunden durch. «Auch heute noch bin ich meist total übermüdet, wenn ich zuhause ankomme, und verpasse mindestens einen Tag», beschreibt Nadja die Belastung.
Unterschiedliche Beschwerden
Der Begriff Jetlag leitet sich aus dem Eng-
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lischen von Jet («Düsenflugzeug») und Lag («Zeitdifferenz») ab. Christian Neumann ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und Schlafspezialist an der Klinik für Schlafmedizin (KSM) in Bad Zurzach. Für ihn ist klar, dass bei einem Zeitzonenwechsel nicht alle Menschen mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben: «Je nachdem, wie ich das Problem emotional angehe, ob ich zum Beispiel schon im Voraus Angst vor dem Jetlag habe, habe ich mit mehr oder weniger Problemen zu rechnen.» Fest steht, dass ein Flug nach Osten, also der aufgehenden Sonne entgegen, mit viel mehr Problemen verbunden ist als ein Flug gegen Westen, wo man der Sonne davonfliegt. Dies erklärt sich dadurch, dass es ist viel einfacher ist, am Zielort länger wach zu bleiben, als plötzlich einige Stunden früher zu Bett zu gehen, wie dies zum Beispiel bei einem Flug nach Tokyo der Fall wäre. Die kurzfristigen Folgen einer Umstellung der inneren Uhr sind in erster Linie Schlafstörungen, dazu kommen aber auch Konzentrations-, Aufmerksamkeits-, Lern- und Verdauungsprobleme. Längerfristig können laut Christian Neumann aber auch ernsthafte Herz-Kreislauf- und
Magendarmprobleme auftreten. Gewisse Studien sagen sogar, es sei mit einem erhöhten Tumorrisiko verbunden, wenn man dauerhaft einem Jetlag ausgesetzt sei. Auch der Schlafspezialist rät dazu, sich bei einem Kurzaufenthalt nicht an die Zeitzone zu gewöhnen, sondern den alten Rhythmus beizubehalten. Bei längeren Reisen sollte man sich schon ein paar Tage vorher langsam an die neue Zeit anpassen, damit dann die Umstellung am Zielort einfacher fällt. Pro Tag lässt sich unsere innere Uhr, die nicht auf 24 Stunden, sondern auf 24,5 bis 26 Stunden geeicht ist, nur um eine Stunde anpassen. Dies hätte bei einer Zeitumstellung von sechs Stunden nach Chicago eine Anpassungsphase von einer knappen Woche zur Folge, welche mit erheblichen Strapazen verbunden ist.
Gefahr liegt in der Schichtarbeit
Heute studiert Nadja an der Uni Zürich Chemie und arbeitet daneben nur noch Teilzeit als Flight-Attendant. «Die Zeit bei der Swiss war schön, doch über kurz oder lang macht dich dieser Job kaputt», beschreibt sie ihren Schritt. Christian Neumann sieht in erster Linie nicht den Zeit-
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zonenwechsel im Beruf der Stewardess als Gefahr, sondern die damit verbundene Arbeit im Schichtbetrieb. «Ein zwölfstündiger Flug durch die Nacht, danach wenig Erholung verbunden mit dem Zeitzonenwechsel, und danach ein zwölfstündiger Nachtflug zurück – das bringt den Biorhythmus ganz schön aus dem Takt», so der Schlafspezialist. Er sieht jedoch eine fast grössere Belastung in der Schichtarbeit, wie sie in Fabriken, Spitälern oder der Industrie angewendet wird: «Die Schichtzyklen sind meist mit einer Woche zu lang. Wenn möglich, sollte man nur zwei Nächte am Stück Nachtschicht leisten müssen.» Eine Person, die 24 Stunden nicht geschlafen habe, sei so aufmerksam und konzentriert wie jemand mit 1.0 Promille Alkohol im Blut. Darauf angesprochen, ob dies nicht ein Sicherheitsrisiko im Flugzeug darstelle, meint Christian Kolb von den Swiss Medical Services: «Bei Flight-Attendants besteht kein grosses Sicherheitsrisiko. Die Piloten jedoch haben eine Verantwortung sich selber und den Flugpassagieren gegenüber und müssen daher selber beurteilen, ob sie ‹Fit-to-Fly› sind.»
Neben dem Studium als FlightAttendant zu arbeiten, davon rät Neumann eher ab, denn im Schlaf lernen wir.
Tricky in der Anwendung
Mit Medikamenten in den Schlafrhythmus einzugreifen, war für Nadja nie ein Thema. Auch Neumann rät von Schlafpräparaten ab. Nur erfahrene Flieger, die wissen, wie sie auf ein Schlafmittel reagieren, können damit versuchen, ihren Rhythmus anzupassen. Nicht völlig ausschliessen möchte der Schlafspezialist den richtigen Einsatz von Melatonin. Dies ist ein körpereigenes Hormon, das in der Zirbeldrüse im Gehirn produziert wird. Solange Licht auf die Augen fällt, ist die Melatoninproduktion gestoppt. Geht die Sonne aber unter, beginnt die Produktion des «Einschlafhormons», das uns auf natürliche Weise klarmacht, dass Zeit zum Schlafen ist. In der Schweiz sind Melatonin-Präparate rezeptpflichtig, in vielen anderen Ländern aber frei erhältlich. «Die Anwendung von Melatonin ist sehr tricky. Man muss es drei Stunden vor dem geplanten Einschlafen einnehmen und mit der Dosierung des Lichts kombinieren, damit es richtig wirkt», so Neumann. Neben dem Studium als Flight-Attendant zu arbeiten, davon rät Neumann eher ab, denn im Schlaf lernen wir. Wer wenig schläft, kann folglich schlechter lernen und wird es schwieriger haben, sein Studium erfolgreich zu beenden. r Text Jonas Frehner, Illustration Nilüfer Üstüner
*Vollständiger Name der Redaktion bekannt
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Die Nacht zum Tag machen Nicht nur beim Wechsel der Zeitzonen mit dem Flugzeug gerät die innere Uhr aus dem Takt. Auch wenn wir – und hierbei sind Studierende sicher ganz vorne mit dabei – am Wochenende eine Nacht durchfeiern, bringen wir unsere innere Uhr durcheinander. Hierbei sprechen Spezialisten von einer «Circadianen Rhythmusstörung». In der Umgangssprache kommt häufig auch der Begriff vom «sozialen Jetlag» zum Einsatz. Anders als bei einem Jetlag entsteht diese Schlafstörung jedoch sehr bewusst und vielfach wird zusätzlich mit verschiedenen Substanzen nachgeholfen, um noch länger feiern zu können. Doch was passiert, wenn jemand jedes Wochenende so verbringt und die innere Uhr pausenlos aus dem Takt ist? Kann man in so einem Dauerzustand überhaupt noch produktiv sein oder geht das Leben neben der «grossen Party» völlig den Bach runter? Was treibt einen dazu an, Wochenende für Wochenende die Nächte zum Tag zu machen? StudiVersum hat bei Schlafspezialisten und Partyfreaks nachgefragt. Lest selbst nach unter semestra.ch/ schlaflos, was die Folgen von exzessivem Feiern und selbstverschuldetem Schlafentzug sind. Und wie die unermüdlich Feierwütigen damit umgehen.
UNIPOLITIK
mehr ist mehr! Nach den Kantonen Bern und Basel wurden die Studiengebühren nun auch in Zürich erhöht. Der Betrag ist nicht gross, die Empörung durchaus. Wie 2009 werden erneut Fragen nach dem Zugang zur Bildung aufgeworfen. Sie sass neben Rektor Andreas Fischer an einem langen Pult im Hörsaal mit den neonfarbigen Wänden und blickte durch ihre eckigen Brillengläser zu den Studierenden hoch. Regierungs- und Unirätin Regine Aeppli hatte sich nach der Hörsaalbesetzung an der Uni Zürich im Winter 2009 zu einem Gespräch mit der Bewegung «Unsere Uni» eingefunden. Sie wirkte etwas angespannt, aber doch souverän, und eröffnete die Diskussion mit dem Versprechen, sich gegen eine Studiengebührenerhöhung einzusetzen. «Bildung ist ein öffentliches Gut, das für alle unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund zugänglich sein muss», beteuerte sie. Tatsächlich wurde kurz darauf im Kantonsrat der Antrag um eine Verdoppelung der Studiengebühren abgelehnt. Aeppli hatte Wort gehalten – vorerst.
Hat uns die Sozialdemokratin verraten?
Ende Februar dieses Jahres erhielten der Präsident des Studierendenrates der Uni Zürich und Vertreter und Vertreterinnen der Fachhochschulen eine Einladung zum Gespräch mit Regina Aeppli. Beim Gespräch informierte sie über ihren Vorstoss im Unirat: Die Studiengebühren sollen an der Uni um 160 Franken im Jahr erhöht wer-
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den, an den Fachhochschulen um 80 Franken. Die Vertreterinnen und Vertreter fielen aus allen Wolken. In ihrer Pressemitteilung vom 1. März liessen sie verlauten: «Die bevorstehenden Studiengebührenerhöhungen widersprechen dem Sinn einer offenen Hochschule als Teil unserer Gesellschaft. Bildung an sich und der Zugang dazu sind Grundwerte, die allen gleichermassen offen stehen sollten.» Hatte Aeppli 2009 nicht sinngemäss das Gleiche gesagt? Ihre Rechtfertigung gegenüber den Studierendenvertretungen war diffus. Einerseits wolle sie mit diesem Antrag den bürgerlichen Parteien, die stets auf eine massive Erhöhung der Studiengebühren drängen, den Wind aus den Segeln nehmen, andererseits sei die Erhöhung als Teuerungsausgleich zu verstehen. Vorauseilender Gehorsam ist in der Schweizer Politiklandschaft nichts Neues. Weshalb also die Aufregung? Fabian Würtz, Fraktionsvorsitzender der kriPo (kritische Politik) im Studierendenrat der Uni Zürich sieht die Studiengebührenerhöhung in einem grösseren Zusammenhang: «Die 160 Franken pro Jahr sind leider nur ein kleines Puzzlestück in einer Gesamtentwicklung. Als erstes wurde die Einschreibegebühr der Universität Zürich von 50 auf 100 Franken verdoppelt. Danach traf es die Medizinstudierenden. Sie müssen in ihrem Praxis-Jahr die kompletten Studiengebühren bezahlen, obwohl sie in dieser Zeit die Universität gar nicht besuchen. Als nächstes die Bachelor-Studierenden aus dem Ausland: Sie bezahlen seit letztem Jahr zusätzlich zu den regulären Studiengebühren ganze tausend Franken pro Jahr.» Handelt es sich dabei um kleine, scheinbar geringfüge Gebührenerhöhungen im Sinne einer Salamitaktik? Würtz hält dies für eine geschickte Strategie der Bildungsdirektion und des Unirates: «Die einzelnen Erhöhungen erscheinen stets als gering und somit unser Widerstand als übertrieben.» Auch Romina Loliva, Vorstandsmitglied des Verbands der Schweizer Studierendenschaften (VSS) glaubt, dass die Bildungdirektion sich vor Studierendenprotesten schützen will: «Die Bildungsdirektion hat bis zum letzten Moment gewartet, die Studierenden nur widerwillig informiert und
die Sitzung des Unirates vom 5. März wegen den Protesten vor der Uni kurzzeitig verlegt. Die Politikerinnen und Politiker wollen den Dialog mit den Studierenden umgehen, weil er unbequem ist.»
Das Recht auf Bildung
Aber nicht nur Proteste der Studierenden dürften zu dieser Taktik geführt haben. 1992 hat die Schweiz den UNO-Pakt I über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte unterzeichnet, dessen Artikel 13 das Recht auf Bildung festlegt. Bildung soll es gemäss Abschnitt I, « jedermann ermöglichen [...], eine nützliche Rolle in einer freien Gesellschaft zu spielen». «Im Hinblick auf die volle Verwirklichung dieses Rechts» müsse, so steht es in Abschnitt II c, «der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermassen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden.» Wie allerdings aus der Antwort auf eine Anfrage des Nationalrats Andreas Gross (SP) von 2000 hervorgeht, sieht der Bundesrat diesen Pakt lediglich als «programmatisch». Das bedeutet, dass Einzelpersonen seinen Inhalt nicht einklagen können. So gelang es denn 2003 auch nicht, mit Berufung auf diesen Artikel die Studiengebührenerhöhung von rund 200 Franken jährlich an der Uni Basel zu verhindern. Allerdings räumte das Bundesgericht im entsprechenden Entscheid ein, dass «im Zusammenhang mit einer Gebührenerhöhung [...], die völlig losgelöst von bildungs- und hochschulpolitischen Überlegungen, zum Beispiel bloss zur Entlastung des allgemeinen Staatshaushaltes, oder unter vollständiger Missachtung der Vertragsziele, etwa allein zur Beschränkung des universitären Zugangs, erlassen worden wäre», die Anrufung des UNO-Paktes I in Frage käme. Zudem hielt das höchste Gericht fest, dass sich für künftige Erhöhungen, die deutlich über die Teuerung hinausgingen, die bestehende formellgesetzliche Grundlage als ungenügend erweise. Somit besteht tatsächlich ein gewisser rechtlicher Schutz vor massiven Erhöhungen der Studiengebühren, den die Bildungsdirektion berücksichtigen muss. Die Taktik der kleinen, schrittweisen
Erhöhung macht umso mehr Sinn, als dass laut UNO-Pakt die Gebühren erhöht werden dürfen, um sie an die Gebühren anderer Hochschulen anzugleichen. Wenn nun einige Institutionen die Gebühren leicht anheben, kann dies anderen wiederum als Legitimation dienen, ihre Gebühren dem Durchschnitt anzupassen. Tatsächlich ist die Gebührenerhöhung im Kanton Zürich nicht die erste und auch nicht die dramatischste der jüngsten Vergangenheit. In Bern wurden 2011 die Gebühren um 300 Franken jährlich erhöht, in St. Gallen Anfang Jahr um 400 Franken.
Chancengleichheit?
Der Artikel 13 des Uno-Paktes I richtet sich an den Gesetzgeber: Ihm obliegt auch die Wahl der Mittel zur Erreichung des angestrebten Zieles – den Hochschulunterricht allen zugänglich zu machen. Die Antwort des Bundesrates auf die Anfrage von Andreas Gross legt nahe, dass bei einer Beibehaltung der Studiengebühren das Stipendienwesen ausgebaut werden müsste. Dies hatte 2009 auch Regine Aeppli versprochen. Romina Loliva ist allerdings skeptisch: «Die Bildungsdirektorinnen und -direktoren versprechen dies seit langem und benutzen eine angestrebte Verbesserung in der Stipendienpolitik als Argument für die Studiengebührenerhöhung. Verbessert hat sich bisher nichts, aber die Gebühren werden trotzdem erhöht. Diese Taktik ist politisch längstens durchschaut worden; leider gehört es sich aber für auf dem Papier sozialorientierte Politikerinnen und Politiker, diesen Ton anzuschlagen.» Tatsache ist, wie in den Berichten zur statistischen Auswertung der Volkszählungen von 1990 und 2000 nachzulesen ist, dass Kinder aus «bildungsfernen» Familien – und diese sind in aller Regel auch fern von Reichtum – nur sehr selten Hochschulen besuchen. Von einer Chancengleichheit ist man also weit entfernt. Eine Erhöhung der Studiengebühren scheint aber auf jeden Fall und gerade angesichts der Steuersenkungen in den vorigen Jahren die falsche Massnahme zur Erreichung dieses Ziels zu sein. r Text Marina Lienhard, Illustration Melanie Imfeld
aktiv Unsere Uni und die JuSo riefen am 5. März zu einer Demo auf, bei der rund 200 Personen gegen die Studiengebührenerhöhungen protestierten. Am 8. März fand die erste Vollversammlung von «Unsere Uni» seit den Studierendenprotesten 2009/2010 statt. Es waren etwa vierzig Leute anwesend, die sich alle einig waren: Die Bewegung muss wieder aktiv werden. Es sind weitere Aktionen geplant. Siehe: www.unsereunizh.ch
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REPORTAGE
Zum Wissen verfuhrt In Zeiten des Atomausstiegs ist die Erfindung eines Motors, der ohne Energieeinsatz läuft, wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen. «Das geht!», behaupten Tüftler weltweit: «Freie Energie» heisst ihr Zauberwort. Über Wissen, Glauben und die Nuancen dazwischen.
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Auf der Damentoilette im Erdgeschoss der Universitätsbibliothek Basel gab es bis vor Kurzem einen Disput per Wandkritzelei, ob eine religiös Gläubige überhaupt Wissenschaft betreiben kann, ob Wissenschaft nicht per se Glaube sei oder ob Wissenschaft doch nur eines produziert, nämlich gesichertes Wissen. Jede, die sich auf besagte Schüssel setzte und zufällig einen Stift mit sich führte, hätte sich zur Aussage «Gläubige(r) Religionswissenschaftler(in) ist ein Widerspruch in sich» äussern können. Einige haben das auch getan – aber prägnant, kurz und toilettenwandgerecht ist diese Frage kaum zu lösen. Und inzwischen hat die Zensur des Putzpersonals nur noch Spuren dieses hochtrabenden Kritzelgesprächs übrig gelassen. Dabei gibt es diese Spannung zwischen Wissenschaft und Glaube nicht nur im Bereich der Theologie. Es gibt sie vor allem auch im Bereich der exakten Wissenschaften, wenn es um Phänomene geht, die nicht naturwissenschaftlich beschrieben werden können oder die naturwissenschaftlichen Grundsätzen gar zuwiderlaufen. Kornkreise, die Homöopathie oder Augenzeugen-
berichte über UFOs sind Beispiele. Im Bereich des Übernatürlichen oder Übersinnlichen klagen sich jeweils beide Seiten der Gläubigkeit beziehungsweise der Ungläubigkeit an: Der Wissenschaftler degradiert den anderen zum Scharlatan oder Esoteriker, der andere den Wissenschaftler zum von Naturgesetzen geblendeten Regelläufer ohne Weitsicht. Und beide bezeichnen sich selbst als wissend und den anderen als gläubig. So auch beim Thema «Freie Energie», einer weltweiten Bewegung. Doch worum geht es dabei überhaupt?
Eine Energierevolution
In der Physik wird dieser Begriff im Bereich der Thermodynamik verwendet und meint dort den Teil der Energie, der von Wärme in mechanische Arbeit umgesetzt werden kann. In der Freien-Energie-Szene versteht man darunter jedoch etwas anderes. Deren Anhänger gehen davon aus, dass es frei im Raum vorhandene Energie gibt, die jedem ohne Kostenaufwand zur Verfügung steht. Es handelt sich dabei um Energieformen, die in der Wissenschaft als nicht nutzbar oder als nicht existent gelten. Weiter
wird davon ausgegangen, dass diese Energie mit der richtigen Konvertierungstechnologie von jedem unbegrenzt gewonnen oder nutzbar gemacht werden kann, wenn er einen entsprechenden Apparat zur Energiegewinnung hat: einen Motor, der sozusagen aus sich selbst heraus läuft. «Freie Energie» oder auch «Raumenergie» wäre somit die ultimative Lösung für jegliche Energieprobleme: keine Atomkraftwerke mehr, die strahlenden Müll produzieren, und kein Öl als Kraftstoff mehr. Tankstellen könnten gleich abgerissen werden und stinkende Kohlekraftwerke ebenfalls. Auch Wasserkraftwerke und Windmühlen wären überflüssig und Steckdosen und Stromleitungen sowieso von gestern. Wir Energieverbraucher würden kein Benzin und keine Stromrechnungen mehr bezahlen, sondern nur noch die Anschaffung und Instandhaltung unserer Energiegewinnungsapparate. Und genau deshalb ist diese ultimative Technologie angeblich noch nicht in serieller Produktion. Von systematischer Unterdrückung, ja gar Bedrohung ist die Rede! Aber beginnen wir von vorne.
Die Verschwörung
Je nach Quelle beginnt die Erforschung der Freien Energie und das Erfinden von Apparaten zu ihrer Nutzung im Jahre 1269 mit Petrus Peregrinus, der an einer Art Magnetmotor gearbeitet haben soll, oder aber am Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Wechselstrompionier Nikola Tesla. Tesla war ein Erfinder höchsten Ranges und hat zahlreiche (funktionierende) Patente im Bereich der Elektrotechnik angemeldet. Daneben arbeitete er jedoch auch an Ideen, die in Fachkreisen als abstrus galten, und liess sich 1901 «a method of utilizing radiant energy» patentieren. Er glaubte also Zugriff auf «Strahlenenergie», oder, wie viele Leute es heute verstehen wollen, «Raumenergie», zu haben. Doch – und an dieser Stelle wird es nun verschwörerisch – bevor er seine Arbeit an dieser Methode abschliessen konnte, beendete seinerseits J.P. Morgan die Finanzierung dieses Projektes, weil er seine Gewinne aus der Stromindustrie nicht in Gefahr sehen wollte. Schliesslich hätte ein derartiger Apparat schon damals diesen Wirtschaftszweig revolutioniert. Von Tesla inspiriert, baute Adam Trombly achtzig Jahre später einen Generator, der auf elektrische Energie direkt aus der Luft zugriff und den er auf Einladung sogar vor den Vereinten Nationen hätte vorstellen sollen. Dummerweise war die Bush-Regierung darüber jedoch nicht erfreut und liess
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den Generator in einer Razzia beschlagnahmen. Die Liste unterdrückter Erfinder liesse sich leicht mit Geschichten ähnlichen Inhalts verlängern. Die darauf logisch folgende Frage in der Raumenergie-Szene bleibt jedoch dieselbe: Wenn diese Erfinder nur Scharlatane wären, warum werden sie dann so deutlich und teils brutal unterdrückt? Foster Gamble, Teil der Szene und Macher des Filmes «Thrive – what on earth will it take?», gibt darauf gleich selbst die Antwort: «Wenn eine Geschichte keinen Sinn ergibt, folge dem Geld!»
Besuch bei den Physikern
Währenddessen steht ausserhalb der Szene eine andere Frage im Raum: Warum beschäftigt sich eine relativ grosse Anzahl von Menschen damit, an Technologien zu tüfteln, mit der eine Energie genutzt werden soll, die nicht konkret beschrieben werden kann? Zeugen dieser Forschungsbestrebungen sind zahlreiche Filme auf YouTube, die entsprechende Motoren in Betrieb zeigen, und Blogs und Foren, auf denen weltweit Bauanleitungen geteilt werden, um gemeinsam die Technik zu verfeinern. Im Physikinstitut der Uni Basel verbreitet sich angesichts der Thematik eine heitere Stimmung. «Zu den Grundsätzen der Physik gehört der Energieerhaltungssatz», erläutert Ph.D.-Student Gregor Fessler. «Dieser besagt, dass die Summe der Energie in einem geschlossenen System konstant bleibt. Einfach so Energie dazu zu gewinnen ist deshalb nicht möglich.» Manchmal sei bei einem Motor oder etwas Ähnlichem nicht gleich ersichtlich, woher die Energie für den Antrieb komme, meint er, und demonstriert dies anhand eines Gerätes, bei dem Mittels Temperaturunterschied zwei Räder angetrieben werden können. «Aber ohne Energieeinsatz, in diesem Fall Wärme, wäre diese Bewegung nicht möglich.»
Nachfrage beim Laien
René* ist Grafiker und führt seine eigene Werbeagentur. Einen Hang zum Überna-
türlichen liegt ihm eigentlich fern, aber als ein Freund ihm von dieser Sache erzählte und ihn bat, beim Bau eines Motors zu helfen, packte ihn das Thema. Ein Magnetmotor sollte her. Gesagt, getan. Doch der erste und nicht besonders ausgefeilte Versuch scheiterte. «So einfach ist es offenbar doch nicht. Aber Magnete sind eine faszinierende Sache, wir bleiben dran», meint er danach. Warum glaubt er, dass es funktionieren wird? «Es muss noch etwas anderes geben als das, was die Physik bis heute weiss. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die einzigen Lebewesen in diesem riesigen Weltraum sind. Und wenn man die Berichte anderer Menschen über UFOs ernst nimmt, muss man sich fragen, mit welcher Art von Energie die unterwegs sind. Mit Öl jedenfalls nicht.» Aber tatsächliche Energiegewinne würden ihn an dieser Sache eigentlich nicht interessieren. «Wenn sich unser Motor ohne Zuführung von herkömmlicher Energie zu drehen beginnen würde, wäre mein Ziel erreicht.» Und was hält er von der Verschwörungstheorie der Raumenergie-Anhänger? «Tja, das ist schade, das macht das Ganze unglaubwürdig.» Wie sieht es aber nun beim Physiker mit dem Glauben an seine Wissenschaft aus? «Etwas, das man sich in der Physik noch nicht erklären kann, ist die sogenannte dunkle Materie oder auch dunkle Energie. Das hat mit Astrophysik zu tun», antwortet Gregor und meint auf die Frage, ob es möglich wäre, dass er etwas übersieht, weil er zu viel weiss: «Theoretisch… Nein, mich würde es sehr erstaunen, wenn es Leute gäbe, die eine Energie nutzen können, von der sie nicht genau wissen, worum es sich handelt. Wenn es so einfach wäre, diese Energie zu nutzen, wäre der Physik deren Existenz längst aufgefallen.» Und ein im Zimmer ebenfalls anwesender Doktorand ergänzt: «Das mit den Motörchen sind Ingenieure, die einfach noch nicht wissen, welche Energiequelle sie da anzapfen.» r Text Julia Krättli, Bild Selin Bourquin
*Vollständiger Name der Redaktion bekannt
Anschauen Motorfilme zum Thema finden sich auf YouTube unter dem Stichwort «Freie Energie», Magnetmotoren unter dem Stichwort «Perendev-Motor». Die ganze Theorie der Verschwörung zeigt der Film «Thrive», der über Google gesucht werden kann. Aber Achtung: Aus verschwörungstechnischen Gründen wird immer mal wieder die Domain gewechselt.
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Raffaela Angstmann, Filip Dingerkus Jonas Frehner, Mario Fuchs Peter Hammer, Dominic Illi Melanie Keim, Julia Krättli Marina Lienhard, Evelin Meierhofer Claudia Piwecki, Myriam Schuler LAYOUT:
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DENKSPIEL | Gruppenbild
Damen
Zu zweit ist es ein Bedürfnis, zu sechst ein Muss: das Gruppenfoto. Ob beim Beobachten der Affen im Zoo oder beim Gläserklirren nach bestandenem Examen, ein Erinnerungsfoto muss her. Diese Begierde kann sich durchaus als heimtückisch erweisen, insbesondere wenn der Selbstauslöser defekt ist. Wie wir aber wissen, verbirgt sich hinter jedem zweiten Problem ein simpler Lösungsansatz. Streikt der Selbstauslöser, warten wir einfach so lange, bis jemand auftaucht, der die unzertrennbaren Köpfe in ein fotografisches Rechteck pressen wird. Und wie verkürzen wir eine unerwünschte Wartezeit? Besser als jeder Witz eignet sich ein Rätsel. Ein passendes Rätsel steckt zum Beispiel in folgender Frage: Wie viele verschiedene Varianten gibt es, bei sechs Personen die Köpfe abzulichten? Zuerst werden die Personen einzeln geknipst. Weitere Varianten entstehen durch Fotos mit zwei Personen (A/B, A/C, …, E/F). Die folgenden Kategorien sind Trio-, Quartett- und Quintett-Aufnahmen, bis abschliessend das Gruppenbild mit dem Sextett erfolgt. Anstatt alle Varianten aufzulisten, versuchen wir, einen eleganten Lösungsweg zu kreieren, denn vor der Tür steht ein unvergesslicher Abend mit weiblicher Begleitung. Somit möchten wir zusätzlich wissen: Wie viele verschiedene Varianten von Aufnahmen gibt es bei einer Party mit drei Frauen und drei Männern unter der Bedingung, dass auf jedem Foto mindestens eine Frau sein muss? Lösung der letzten Ausgabe (Sieben als Querschläger): Tatsächlich beansprucht nur die Siebener-Kubikzahl (343) zur Bildung als Summe vier Quadratzahlen. r Kreation Peter Hammer
343 = 196 + 121 + 25 + 1 1 = 1 8 = 4+4 27 = 9 + 9 + 9
64 = 64 125 = 100 + 25 216 = 196 + 16 + 4
LESERBRIEFE:
leserbriefe@studiversum.ch StudiVersum erscheint sechs Mal jährlich in einer Auflage von 25 000 Exemplaren an allen Universitäten und Fachhochschulen der Deutschschweiz. Alle Rechte vorbehalten; Nachdruck, Aufnahme in OnlineDienste und Internet und Vervielfältigung auf Datenträgern wie CD-Roms etc. nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der Herausgeberin.
Lösungswort in der nächsten Ausgabe.
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mit und ohne
512 = 256 + 256 729 = 729 1000 = 900 + 100
EXTREM
Ohne «Ich» und «Danke» Wie schwer ist es eigentlich, einen ganzen Tag lang auf «Ich» und das Zauberwort «Danke» zu verzichten? ein selbstversuch. Ob es für einen spricht, wenn man wenige Probleme damit hat, sich nicht zu bedanken, aber sich krampfhaft bemühen muss, nicht das Wort «Ich» zu verwenden? In unserer Individualgesellschaft möchte man als Narzisst natürlich vorne mitspielen. Einen ganzen Tag lang keinen Bezug zur eigenen Person herzustellen, hat vor allem anfangs etwas Befremdliches an sich. Man ertappt sich ständig dabei, doch einmal ein «mich» in die Runde zu werfen, und muss sich gehörig konzentrieren, um gänzlich auf dieses Personalpronomen verzichten zu können. Erst beteiligt man sich nur sporadisch an Gesprächen, versucht dann aber, mit dem eigenen Namen in der dritten Person zu agieren: «Filip fand den Film nicht wirklich spannend», hört man sich sagen. Verwundert blicken einen die Gesprächspartner an. Irgendwie scheint das auf sie verstörend zu wirken, vor allem wenn man selbst dabei einen völlig ernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt hat. Blöd. Doch bereits nach kurzer Zeit hat man den Kniff herausgefunden. Folglich wird der Satz mit dem generalisierenden «man» korrigiert. Das entspricht wahrscheinlich dem eigenen, zur Arroganz neigenden Charakter viel besser, wenn man in Allaussagen kommuniziert: «Man kann den Film gar nicht spannend finden!» Das klingt schon viel eher nach Filip und so erntet man bloss die gewohnten Augenroller. Auffällig ist, dass viele das permanente Generalisieren etwas zu ernst nehmen, und so ist das Tagesfazit einige plötzlich abgebrochene Unterhaltungen und ein paar leicht entnervte Kollegen. Da passte es nur zu gut, dass man sich nie bedankt, auch wenn das wirklich nebensächlich scheint und keine direkten Reaktionen auslöst. Im Gegensatz zum fehlenden «Ich» geht es unter. Gesamthaft gesehen ist es allerdings eine schöne Methode, um einmal einige Personen vor den Kopf zu stossen – als ob man dafür diesen Extrem-Test benötigen würde. Trotzdem freue ICH MICH, nun wieder DANKE (für gar nichts) sagen zu können! r Text Filip Dingerkus, Bilder Selin Bourquin
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WIE ANNO DAZUMAL
Arbeitstipp Aufschieberitis Sandra war atemlos in die Cafeteria gestürmt, hatte mich mit einem flüchtigen Blick hektisch begrüsst und sich gedankenverloren an der Kafimaschine zu schaffen gemacht, um kurz darauf weinend vor einer grossen Kafilache und einem mittleren Scherbenhaufen zusammenzubrechen. «Was ist denn mit dir los, wo hast du bloss deinen Kopf?», fragte ich sie und half ihr auf die Beine. «Ach, Horst», erwiderte die junge Frau schniefend, «ich habe so viel zu tun. Während der letzten drei Wochen habe ich kaum gearbeitet, und jetzt hat sich so viel angehäuft, dass ich nicht weiss, wo ich anfangen soll.» Ich begleitete sie zu einem Tischchen, spendierte ihr einen Kafi und antwortete: «Du leidest an Prokrastination, an Aufschieberitis, meine Teure. Ich kenne das nur zu gut. Auch ich pflege Unangenehmes gerne vor mir herzuschieben. Aber weisst du» – ich klopfte ihr aufmunternd auf die Schultern – «es gibt ein paar einfache Tipps dagegen.» Und ich fing an zu erzählen. Vom kleinsten Schritt etwa. Von Belohnungen. Oder dem Fünf-Minuten-Trick. Aber eins nach dem anderen. Bei unangenehmen Aufgaben kann es hilfreich sein, sich zunächst nur den kleinsten ersten Schritt zu überlegen und diesen auszuführen. Ist der erste Schritt einmal getan, ergibt sich das Weitere oft von selbst. Anregend können dabei kleine Belohnungen sein: Ich kaufe mir hin und wieder einen Strauss Schnittblumen oder schenke mir einen feinen Schnaps ein, wenn ich etwa ein Referat vorbereitet habe. Wichtig dabei ist: Sich die Belohnung immer vorher überlegen, nur so kann man sich darauf freuen. Der Fünf-Minuten-Trick kann uns Aufschieblern ebenfalls helfen: Man nimmt sich vor, sich nur fünf Minuten mit einer Aufgabe zu beschäftigen – und wird bald merken, dass alles nur halb so schlimm ist und manchmal sogar Spass macht, wenn man erst damit angefangen hat. Sandra hat sich meine Ratschläge geduldig angehört. Sie will gleich morgen damit anfangen, sich zu bessern. Tja, so sind wir halt, wir Aufschiebler.
Horst
Horst, 75, ist allzeit bereit: Ob im Haushalt oder in der Garage, beim Einkaufen oder an der Uni, Horst hilft! Als Hörer besucht er regelmässig Vorlesungen und weiss daher bestens Bescheid, was den Jungen von heute unter den Nägeln brennt. Seine Tipps sind längst schon keine Geheimtipps mehr. Deshalb: Horst ausschneiden, an den Kühlschrank oder die Pinnwand heften, dann kann nichts mehr schiefgehen!
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