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Italian Masterpieces Come Together sofa designed by Ludovica + Roberto Palomba Arabesque armchair + ottoman designed by Kensaku Oshiro Ilary low table designed by Jean-Marie Massaud poltronafrau.com


SOMMER! IN PALM SPRINGS, IN PARIS, AUF CAPRI

Design Italiener in Stockholm: Luca Nichetto Die farbenfrohe Welt von Pierre Charpin Zanat: Handwerk mit Mission

Lifestyle Neues Design fürs Kinderzimmer Bellini & Bikini: Riviera Style

Reise Brüssel neu entdecken Hip: Mile-Ex in Montreal Trendziel Yucatán

DA S I N T E R N AT I O N A L E M AG A Z I N F Ü R I N T E R I O R D E S I G N U N D U R B A N E N L I F E S T Y L E 0 3 /2 0 1 9 - J u n i - J u l i 2 0 1 9 - 7, 5 0 €




FERNANDO DE BRITO 11. April – 01. Juni 2019 Gertrudenstr. 29, 1. Stock, 50667 Köln


© FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG, ILONA HABBEN, ENVER HIRSCH

ID-TEAM

Jasmin Jouhar Neben Möbeldesign ist Architektur die zweite große Leidenschaft der Journalistin. In ihrer Heimatstadt Berlin ließen sich diese jetzt auf praktische Art und Weise verbinden. Jasmin Jouhar traf den Bocci-Gründer Omer Arbel in den beeindruckenden Geschäftsräumen des angesagten Leuchtenlabels, das eigentlich aus Kanada stammt, einem ehemaligen Gerichtsgebäude in der Charlottenburger Kantstraße (Seite 84).

Judith Schüller Unsere Kreativ-Direktorin ist ein Styleguide auf zwei Beinen. Wer ein angesagtes Lokal, ein hippes Label oder einen neuen Shop sucht, ist bei ihr richtig. Sie liebt es, unterwegs zu sein und bringt von ihren Reisen haufenweise Fotos und Inspirationen mit. Dieses Mal landeten sie direkt in IDEAT: die Boutique-Hotels, Restaurants und Kulturstätten auf der Halbinsel Yucatán (Seite 204) besuchte Judith alle selbst.

Johannes Hünig Wenn man einen italienischen Designer am Rande der Stockholmer Möbelmesse interviewt, prallen zwei Welten aufeinander – so viel war klar. Dennoch war Johannes Hünig überrascht, wie freimütig Luca Nichetto über die skandinavische Designszene vom Leder zog (Seite 76). Auf seine Wahlheimat Schweden ließ er allerdings nichts kommen – was der IDEAT-Redakteur mit Stockholm-Faible natürlich gut versteht.

Ludovic Maisant Der Fotograf aus Paris hatte Glück: er erlebte die Stadt Brüssel entgegen ihrem Ruf als gut gelaunte Metropole bei strahlend blauem Himmel (Seite 174). Neben der lebendigen Kreativszene, die er dort für IDEAT porträtierte, begeisterten den 46-Jährigen besonders die kulinarischen Hotspots. Denn wäre er nicht in der Welt der Bilder en tour, würde er, wie er selbst sagt, »ins Feinschmecker-Universum« eintauchen.

Nadine Najjar Obwohl sie Mode studiert hat, sind Design und Architektur die Steckenpferde der Journalistin und Stylistin. Für das RivieraStyle-Shopping (Seite 110) stellte sie ihre Spürnase für Schönes unter Beweis. Privat träumt sie von einem Haus in der Provence. Bis es so weit ist, lebt sie mit ihrer Familie in Hamburg – nicht ganz der passende Ort für Bikinis, Sonnenliegen und Schwimmreifen, aber immerhin auch fast am Meer.

Nathalie Krag Ihre Italien-Leidenschaft begleitet die Dänin schon seit ihrem Design- und Fotografiestudium in Mailand. Mittlerweile lebt sie in der lombardischen Metropole und in Florenz und schwirrt von dort – gern und häufig für IDEAT – zu den schönsten Flecken des Landes: ihre neueste Entdeckung: eine Ferienvilla in Türkis-Blau-Weiß-Tönen, auf Capri hoch über dem Mittelmeer gelegen (Seite 118), die Lust macht auf einen endlosen Sommer.

Ambroise Tézenas Fast schwindelig wurde dem Pariser Fotografen in dem kunterbunten Refugium des Illustrators Pierre Marie (Seite 144). Aufatmen konnte er dagegen im aufgeräumten Atelier von Designer Pierre Charpin (Seite 90). Für seine freien Langzeitprojekte, viele davon preisgekrönt (Nikon Storytellers Award, Ooshot Award) zieht es den 47-Jährigen meist in exotischere Gefilde wie Kuba, China und zuletzt Indien.

Dieter Braun Obwohl sich zeitweise 300 Dinosaurier auf seinen Bildschirmen tummelten, behielt Dieter Braun die Übersicht. Denn für sein Dino-Lexikon (Knesebeck) zeichnete der Hamburger Illustrator (»Time Magazine«, »stern«, »Geo«) alle Urzeit-Echsen, die je erforscht wurden. Nun haben sich einige seiner Giganten in die IDEAT verirrt, wo sie sich inmitten der neuen Kindermöbel und -mode sichtlich wohlfühlen (Seite 160).

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ID-EDITORIAL

LAUTER GUTE TYPEN Männer haben es im Moment auch nicht leicht. Ja, es gibt ziemlich miese Hunde unter ihnen, und aus gutem Grund spricht man über die im Moment am häufigsten (wie auch über all die Social-Media-Eigentore von leider immer noch häufig rein männlich besetzten Vorständen et cetera). Uns bei IDEAT wird dann immer wieder klar, was für ein Riesenglück wir haben. Bei uns arbeiten ausschließlich gute, schlaue und moderne Männer, und wir haben sogar viel zu wenige davon im Team. Meine Kollegen – ob Anzeigenverkäufer, Publisher oder Hersteller – machen nicht nur einen super Job, sie verhalten sich wie respektvolle und charmante Co-Piloten und schaffen es immer wieder, einen in besonders nervtötenden Situationen zum Lachen zu bringen. In unserer siebenköpfigen Redaktion haben wir überhaupt nur einen einzigen Mann: den Architekturund Designexperten Johannes Hünig, der uns Redakteurinnen regelmäßig daran erinnert, auf unseren Shopping-Seiten nicht nur Handtaschen und Dessous zu zeigen und der auf eine gewisse Männerquote achtet. Johannes trägt aber nicht die Schuld daran, dass auf den Seiten dieser Ausgabe von IDEAT fast ausnahmslos Männer zu sehen sind. Nein, das ist uns einfach so passiert. Und da wir sonst überdurchschnittlich viele Frauen im Heft zeigen, haben wir das ganz nonchalant so gelassen. Denn auch die Designwelt hat Glück mit den Männern. Luca Nichetto zum Beispiel ist ein ziemlich feiner Kerl. Redakteur Johannes Hünig traf ihn in Schweden zum großen Interview, und der in Stockholm lebende Venezianer sprach sehr offen über Stärken und Schwächen des skandinavischen und italienischen Designs – und über die eigenen. Klar sei er eifersüchtig, wenn einem Kollegen ein Riesenerfolg gelinge, und das sei ihm ein Ansporn. Natürlich sei ihm klar, dass er nicht alles könne, aber zumindest müsse er alles versuchen (so erziehe er auch seinen Sohn). Und ja, als Designer im Jahr 2019 trage man eine ethische Verantwortung. Uns gefällt auch die Selbstironie des Gestalters Pierre Charpin, der sich vor 30 Jahren als »menschliche Vase« porträtieren ließ (und der auf seiner Website bei jedem seiner Entwürfe auch den Assistenten beziehungsweise die Assistentin nennt). Oder die Lässigkeit eines Ini Archibong, der auf seinem Karriereweg Richtung Investmentbanker einen U-turn einlegte, in die Beatszene von L. A. abtauchte und schlussendlich Designer wurde. Freuen Sie sich also mit uns über die vielen guten Typen in IDEAT, nächstes Mal ziehen wir das Geschlechterverhältnis wieder glatt. Im aktuellen Heft stellen wir außer Männern übrigens auch wieder viele wunderschöne und interessante Orte vor. Genießen Sie den Sommer doch an dem einen oder anderen (Capri! Palm Springs! Yucatán!), am besten mit den Menschen, die Sie selbst am liebsten haben.

Herzlichst, Ihre

Bettina Billerbeck Chefredakteurin IDEAT Germany ideat@guj.de

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© PAOLO MARIOTTI

Die Villa Malaparte an der Ostküste Capris.

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NOT ANOTHER INTERIOR MAGAZINE Das internationale Magazin für Interior Design und urbanen Lifestyle wurde 1999 in Frankreich von Laurent Blanc gegründet und erscheint jetzt auch in Deutschland.

IDEAT GERMANY Verlag und Sitz der Redaktion Gruner + Jahr GmbH Am Baumwall 11, 20459 Hamburg

REDAKTION Editor in Chief Bettina Billerbeck Executive Editor Maja Groninger Creative Director Judith Schüller Managing Editor Gabriele Milchers Art Department Katja Kleinebrecht Editors Johannes Hünig, Camilla Péus Photo Editor Katrin Harmat Assistant Dagmar Höllein Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt Bettina Billerbeck, Am Baumwall 11, 20459 Hamburg Kontakt zur Redaktion ideat@guj.de

MITARBEITER DIESER AUSGABE Autoren Céline Baussay, Jeremy Callaghan, Aurélie des Robert, Tina Hom, Thomas Jean, Jasmin Jouhar, Antonia Michael, Elisa Morère, Nadine Najjar, Amelie Osterloh, Verena Richter, Stephanie Ringel, Tina Schneider-Rading, Gabriele Thiels, Marius Thies, Isabelle Vatan, Ulrike Wilhelmi Fotografie Gaëlle Le Boulicaut, John Ellis/Living Inside, Peter Fehrentz, Jean-François Jaussaud/Lux Productions, Nathalie Krag/Living Inside, Antoine Lorgnier, Ludovic Maisant, Gray Malin, Judith Schüller, James Stokes, Ambroise Tézenas/Photofoyer Schlussgrafik Angela Reinhardt Schlussredaktion Sibylle Kumm (fr.) Illustration Dieter Braun, Le Duo, Carla Fuentes, Paolo Mariotti

KUNDENSERVICE & ABO IDEAT-Kundenservice, 20080 Hamburg Tel.: 040 55 55 78 09 Tel. für Österreich, Schweiz und das restliche Ausland +49 (0)40 55 55 78 09 Bestellservice für Einzelhefte Tel.: 040 55 55 78 00, E-Mail: heft-service@guj.de Unsere Servicezeiten montags bis freitags von 7.30 bis 20 Uhr, samstags 9 bis 14 Uhr Fragen zum Abonnement E-Mail: abo-service@guj.de Alle Abo-Services können Sie bequem auf unserem Serviceportal im Internet erledigen: www.ideat-germany.de/kundenservice IDEAT im Abonnement Preis pro Jahr, inkl. MwSt. und Versand, Deutschland: 39 Euro, Österreich: 44,40 Euro, Schweiz: 62,40 SFR

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dein Stil. dein caruzzo.

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VERLAG Publisher Matthias Frei Publishing Manager Andrea Kobelentz Director Brand Solutions Arne Zimmer Sales Director Astrid Schülke, DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH Marketing Director Ulrike B. Schönborn PR/Communication Christine Haller Herstellung Heiko Belitz (Ltg.), Michael Rakowski Druck Appl Druck GmbH, Senefelderstr. 3–11, 86650 Wemding Reproduktion MWW Medien GmbH, Sperberhorst 6, 22459 Hamburg Syndication Picture Press, E-Mail: sales@picturepress.de Der Export der Zeitschrift IDEAT und ihr Vertrieb im Ausland sind nur mit Genehmigung des Verlags zulässig. Lesezirkel dürfen IDEAT nur mit Zustimmung des Verlags führen. © COPYRIGHT 2019 für alle Beiträge bei Gruner + Jahr GmbH. Nachdruck, Aufnahme in Onlinedienste und Internet sowie Vervielfältigung auf Datenträger wie CD-ROM, DVD-ROM etc. nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung der Redaktion. Entwürfe und Pläne unterliegen dem Schutz des Urheberrechts. Alle Auskünfte, Preise, Maße, Farben und Bezugsquellen ohne Gewähr. Verantwortlich für den Anzeigenteil Arne Zimmer, G+J e|MS, Am Baumwall 11, 20459 Hamburg Es gilt die gültige Preisliste. Infos hierzu und Mediadaten unter: www.gujmedia.de/ideat

VERKAUFSBÜROS Region Nord – Hamburg / Hannover Tel.: +49 (0) 40 37 03 22 01, E-Mail: vb.nord-hamburg@guj.de Region Nord – Berlin Tel.: +49 (0) 30 25 48 06 50, E-Mail: vb.nord-berlin@guj.de Region West Tel.: +49 (0) 211 61 87 50, E-Mail: vb.west@guj.de Region Mitte Tel.: +49 (0) 69 793 00 70, E-Mail: vb.mitte@guj.de Region Südwest Tel.: +49 (0) 711 22 84 60, E-Mail: vb.sued-west@guj.de Region Süd Tel.: +49 (0) 89 415 22 50, E-Mail: vb.sued@guj.de Schweiz Tel.: +41 (0) 44 269 70 70, E-Mail: guj.schweiz@guj.de Österreich + Südtirol Tel.: +43 (1) 51 25 64 70, E-Mail: guj.oesterreich@guj.de Italien Tel.: +39 (0) 022 05 26 71, E-Mail: guj.italia@guj.de Frankreich Tel.: +33 (0)173 05 46 60, E-Mail: gruner.paris@guj.de Großbritannien Tel.: +44 (0) 20 74 37 43 77, E-Mail: guj.uk@guj.de Belgien, Luxemburg, Niederlande Tel.: +32 (0) 92 35 02 13, E-Mail: guj.benelux@guj.de Skandinavien Tel.: +49 (0) 40 37 03 29 49, E-Mail: treves.stefanie@guj.de Weitere Länder G+J International Media Sales Tel.: +49 (0) 40 37 03 29 48, E-Mail: ims@guj.de, www.internationalmediasales.net

IDEAT FRANCE Founder, Publication Director and Chief Editor Laurent Blanc Editor in Chief Vanessa Chenaie Chief Financial Officer Céline Rhodes International Sales Director Marie-France Allez Licenses, Rights & Content Coordinator Lola Leboulleux Lizenznehmer von IDEAT Éditions, The Good Company SAS IDEAT EDITIONS 12–14, rue Jules-César, 75012 Paris, France

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Licht neu denken. Lichtstimmung zum Aufstecken. Plug & Light deďŹ niert Lichtgestaltung neu. Perfekt dimmbares LED-Licht aus Strahlern oder Flutern. JUNG.DE


ID-INHALT

INHALT Juni – Juli 2019

SOMMER! IN PALM SPRINGS, IN PARIS, AUF CAPRI

Design Italiener in Stockholm: Luca Nichetto Die farbenfrohe Welt von Pierre Charpin Zanat: Handwerk mit Mission

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UNSER COVER: Ethno Style und der Blick auf die San Jacinto Mountains in einem Wochenendhaus in Palm Springs. © JOHN ELLIS/LIVING INSIDE

Lifestyle Neues Design fürs Kinderzimmer Bellini & Bikini: Riviera Style

Reise Brüssel neu entdecken Hip: Mile Ex in Montreal Trendziel Yucatán

DA S I N T E R N AT I O N A L E M AG A Z I N F Ü R I N T E R I O R D E S I G N U N D U R B A N E N L I F E S T Y L E Juni

Juli 2019

7 50 €

CONTEMPORARY NEWS 22

ID-NEWS DESIGN

> Aus dem Schatten ins Licht: Mathias Hahn bei Nanimarquina > Designrockstar Ini Archibong > Manege frei für das Leuchtenlabel Magic Circus > Gutes Design: ein Münchner Flüchtlingsprojekt > Gemacht aus Licht und Farbe: Stefan Diez’ neue Badmöbelserie für Burgbad > Teatime mit Bethan Laura Wood bei Rosenthal > Name zum Merken: Designer Antrei Hartikkainen > Redesign für den Corso Chair > Ciao Bello! Ein Poliform-Store für Hamburg > Brillant: Cartiers neues Retail-Konzept > Dufte: ein Hermès-Parfum mit Wurzeln in Venedig 44

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© ANNELIESE KOMPATSCHER/HOTEL KRANZBACH GMBH

© JUDITH SCHÜLLER

0 3 /2 0 1 9

ID-NEWS ART

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ID-NEWS ARCHITEKUR

> New Yorks neues, rollendes Kulturzentrum > Zwischen Bäumen. Ein Meditationsraum von Kengo Kuma > Legende auf Rädern: der Bauhaus-Bus 62

ID-NEWS TABLE

> Kochen und Kunst: das Cell in Berlin > Nur gute Geister: die Portal Bar in Stockholm

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© FABIAN FRENZEL/BURGBAD AG

> Pollocks bessere Hälfte: Lee Krasner > Kitsch meets Kunst im MET in New York > Jetzt nach Venedig! Zur Biennale … > ... oder nach Mailand zur Triennale > Fotos von früher: Fiona Tan im Museum Ludwig > Bauhaus reloaded: Fotografie von Adrian Sauer


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ID-INHALT

76

© JAMES STOKES

84

98 66

ID-NEWS HOTEL

> Cool Britannia: The Dixon in London > Mumbai, Antwerpen, Prag: drei neue Hotspots 70

ID-NEWS BÜCHER

Die interessantesten Neuerscheinungen

CONTEMPORARY DESIGN 76

ID-INTERVIEW

Ein Italiener in Stockholm: Luca Nichetto 82

ID-YOUNG DESIGNER

Schön schräg: Färg & Blanche 84

ID-MANUFAKTUR

Traumgebilde aus Glas bei Bocci 88

ID-SHOPPING

Licht to go: neue, kleine Akku-Leuchten ID-PORTRÄT

Selbstironischer Designpoet: Pierre Charpin 94

ID-INTERVIEW

Der Visionär: Orhan Niksic von Zanat 98

ID-SHOPPING

Wieder da: Wandteller

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© LAURENCE LEENAERT

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ID-INHALT

118

© NATHALIE KRAG/LIVING INSIDE

110

100 ID-SMART HOME

Clevere Neuentwicklungen für zu Hause 104 ID-COMPANY

Zu Besuch bei Freifrau

CONTEMPORARY LIFE 110 ID-LIFESTYLE

Mit Bellini & Bikini: Riviera Style 118

ID-HOME 1

Hoch über den Klippen: ein Traumhaus auf Capri 126 ID-HOME 2

Stilmix aus Design und Drama in einem Apartment am Montmartre Platz an der Sonne: ein flamingorosa Bungalow in Palm Springs 144 ID-HOME 4

Monsieur Muster: Augenflimmern in Paris 154 ID-HOME 5

Zwischen Orient und Okzident: ein traditionelles Haus in Beirut

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© JOHN ELLIS/LIVING INSIDE

134 ID-HOME 3


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ID-INHALT

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160 ID-DOSSIER KINDER

> Design für die Kleinsten > Neue Labels und Accessoires > Interview mit Illustrator Dieter Braun und Kinderbuch-Neuerscheinungen

© LUDOVIC MAISANT

© JEAN-FRANÇOIS JAUSSAUD/LUX PRODUCTIONS

154

204

CONTEMPORARY TRIPS 174

ID-URBAN SPIRIT

Alles andere als Grau: Streifzug durch Brüssel 192 ID-SPOTS

Wunderschöne afrikanische Lodges von Tansania bis Namibia 198 ID-HYPE AREA

Montreals Restaurantviertel Mile-Ex 204 ID-ROADTRIP

Wunderschönes Yucatán 220 ID-VILLAGE PEOPLE

SERVICE 8

IMPRESSUM

216 VORSCHAU 218 ADRESSEN

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© JUDITH SCHÜLLER

Auktionshauschefin Diandra Donecker


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Contemporary news was jetzt unsere Neugier weckt


Guggenheim

Tate Modern (London)

(Niterói / Rio de Janeiro)

Centre Pompidou (Paris)

TIMA

(Imabari)

Palazzo Grassi

Rijksmuseum

Elbphilharmonie

Guggenheim

(Bilbao)

© LE DUO

(Amsterdam)

(Hamburg)

MAC

(Venedig)

(New York)


ID-NEWS

ÂťSchatten sind niemals nur schwarz, sondern voller Farbe und Geometrie.ÂŤ Mathias Hahn

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© ELISA PADRÓN OLIVÉ

Aus dem Schatten ins Licht Was man auf diesem Bild sieht: den Designer Mathias Hahn, wie er bei der Teppichmanufaktur Nanimarquina diverse Garnmuster prüft. Was man erst bei genauerem Hinsehen erkennt: die Teppiche aus der aktuellen Kollektion Capas, die der in London lebende Designer gerade für das spanische Label entworfen hat. Sie werden nach einem neuartigen Kilim-Herstellungsverfahren gewebt, das es ermöglicht, die Farben von Web- und Kettfaden zu mischen – so entsteht eine changierende Textur von ungewöhnlicher Leuchtkraft. Am Beginn des Entwurfs stand jedoch nicht das Licht, sondern der Schatten – und die Beobachtung, dass dieser niemals schwarz ist, sondern voller Farbe und Geometrie. Ein flüchtiger Eindruck, den Hahn mit Capas festgehalten hat. J. H.


ID-NEWS DESIGN

Setzen, eins. Von Sarah Lau

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Als er als Kind einen Zauberwürfel in die Finger bekam, war Ini Archibong so fasziniert, dass er übte, bis er ihn einhändig beherrschte. Typisch für den Gestalter, der 2019 Designausrufezeichen setzt. r war gerade mal zwölf, als er beschloss, mehr über Photoshop und 3-D-Technologie zu lernen. Mit 15 folgte eine Fantasy-Phase, begleitet von der Begeisterung für Spiritualität und Mathematik. Es folgten ein paar Monate BWL-Studium, ein Ausflug in die Underground-Beatszene L.A.s, bis Ini Archibong eines Tages in das Büro von Tony George stolperte, um den Architekten zu seinem Job zu befragen. Beeindruckt von der Wissbegierde des Sohnes nigerianischer Einwanderer, traf sich George fortan allmorgendlich zu Gesprächen mit ihm im benachbarten Café. Zwei Wochen später hatte Archibong einen ersten Fuß in der Designwelt – und einen Job.Warum das alles erwähnenswert ist? Weil es genau diese Begeisterungsfähigkeit und Hartnäckigkeit ist, die Ini Archibong formte und jetzt in seine Entwürfe mit einfließt. Dass er auch noch wie ein Filmstar aussieht und sein dandyhaft-sportiver Style ihm Auszeichnungen in der Kategorie Best Dressed beschert, schadet dem Hype um seine Person nicht – Archibong entwarf kürzlich seine erste Armbanduhr für das französische Luxuslabel Hermès. Auch Pavlo Schtakleff, Gründer des glamourösen Designlabels Sé, erkannte das Talent des 35-Jährigen – und bewies Risikobereitschaft, als er den bis dato eher als Geheimtipp fungierenden Designer für die vierte Kollektion des Hauses verpflichtete: »In Mailand zeigte mir jemand einen Entwurf von Ini, und ich sah sofort: Das ist er.« Und wirklich: Die 22-teilige Collection IV: Below the Heavens überrascht mit wolkenähnlichen Formen, Sitzmöbeln in Pastellfarben und Hängeleuchten aus Glas – futuristisch, fabelhaft, ein bisschen verrückt. Es gibt Menschen, die in der Routine ihr Glück finden. Wie gut, dass es daneben solche wie Ini Archibong gibt.

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1/ und 2/ Der Atlas Dining Chair (Sé) ist »inspiriert von den monolithischen Formen stehender Steine«, so der Designer. 3/ Die Galope d’Hermès zitiert klassische Utensilien aus dem Reitsport. Ini Archibong. designbyini.com se-collections.com


Ini Archibong sitzt auf dem Sofa Circe (SĂŠ) und lebt in der Schweiz.

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ID-NEWS DESIGN

Manege frei! Von Gabriele Thiels

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Klare Formen und ein Schuss Nostalgie: Die Leuchten der jungen französischen Marke Magic Circus Éditions haben ihre ganz eigene poetische Sprache. Retro-for-tomorrow nennt sie die Firmengründerin. ollen das nicht alle? Anderen Geschichten erzählen? Die eigenen Träume verwirklichen? Kaum eine Marke kommt heute ohne solche Begrifflichkeiten aus. Auch Marie-Lise Féry benutzt sie – doch ihr glaubt man. Die ehemalige Kunsthändlerin gründete 2015 in Lyon Magic Circus Éditions, eine Firma für handgefertigte Leuchten, die sie selbst entwirft: Da hängen Lampions an geschwungenen Messingarmen wie schwere Blüten am Stengel. Ein Lüster balanciert an langen Stangen Kugeln, als seien diese Planeten. Und weiße Glasballons wirken dank ihrer farbigen Dreieckshalterungen wie große Comic-Augen. Jedes Modell ruft Assoziationen hervor, obwohl die Formen reduziert und die Materialien auf Messing (poliert oder farbig lackiert) und mundgeblasenes Glas konzentriert sind. Kugel, Strich, Dreieck – das sind die Grundelemente, die die Designerin mal stark vergrößert, mal vervielfacht und auf überraschende Art kombiniert. Und weil sie sich dabei von vergangenen Epochen und Stilen inspirieren lässt – Art déco, Cabaret, Zirkus, Altes China, die 70er Jahre – erscheinen die Leuchten vertraut und entrückt zugleich. Retro-for-tomorrow nennt Féry die Mischung aus Nostalgie und Magie, die ihr sofort Erfolg verschaffte. Ihre Leuchten werden im Netz gepostet, in Magazinen gezeigt und sind weltweit bei exklusiven Möbelhändlern zu haben. Traum erfüllt. Mission accomplished. Zuvor hatte die gebürtige Pariserin, die lange in New York lebte, übrigens ihre eigene Galerie in der Altstadt von Lyon. Dort inszenierte sie Antiquitäten, Kunst- und persönliche Fundstücke zu poetischen Szenerien. Un Château en Espagne hieß das Geschäft. Auf Deutsch bedeutet das: Luftschloss.

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1/ und 3/ Blütenköpfe: Lüster und Wandleuchte aus der Kollektion China 02. 2/ Im Blick: Bei der Kollektion Pop-Up stecken die Glaskörper in dreieckigen Halterungen und wirken wie große Comic-Augen. © PIERRICK VERNY

Rechte Seite Firmenchefin und Designerin Marie-Lise Féry ist eigentlich Kunsthändlerin. © PIERRICK VERNY

Magic circus. magic-circus.fr


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ID-NEWS DESIGN

München macht’s vor Von Oliver Herwig

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Design, das Gutes tut: Eine Kollektion serienreifer Tische und Stühle bereichert das Bellevue di Monaco, ein Kulturzentrum für unbegleitete jugendliche Geflüchtete im Münchner Gärtnerplatzviertel. estaltung hat viele Facetten: Sie kann funktional, ästhetisch und manchmal auch sozial sein. Zu diesem Zweck entwarfen fünfzehn Studenten der Hochschule München die Bellevue-Kollektion unter Leitung ihres Professors Florian Petri und des Designers Michael Geldmacher. Ihre Aufgabe: serienreife Tische und Stühle für das neue Café Bellevue di Monaco zu entwickeln, ein Wohn- und Kulturzentrum für unbegleitete jugendliche Geflüchtete, das im Juni 2018 offiziell eröffnet wurde. Die Vorgaben waren anspruchsvoll: Die dreieckigen Tische aus Furniersperrholz und die korrespondierenden Stühle sollten einerseits stilistisch perfekt zum renovierten 50er-Jahre-Bau im Gärtnerplatzviertel passen und andererseits kostengünstig zu produzieren sein. Die Studierenden experimentierten viel, am Ende stand ein sehr reduzierter und zierlicher Entwurf aus goldverchromtem Stahlrohr – kombiniert mit hellem Formholz. Die Stühle und Tische werden in eigenen Workshops von den Migranten mit persönlichen Motiven verziert, etwa dem Schriftzug »Freiheit« oder einem Augenmotiv – jedes Stück wird so ein Unikat. Maurus Reisenthel, Brand Manager des Gastronomiemöbel-Spezialisten GO IN, fertigt die Elemente zum Selbstkostenpreis: »Die Möbel sind zeitgemäß, ästhetisch und kommerziell. All das braucht gutes Design.« Damit nicht genug. Auch die Gestalter verzichteten auf ihre Erlöse. So fließen alle Einnahmen (die Kollektion ist direkt vor Ort oder online zu beziehen) direkt an die Sozialgenossenschaft Bellevue di Monaco e G. Im Café in der Müllerstraße wohnt ein guter Geist. Und der ist wunderbarerweise international unterwegs: Heute steht ein senegalesisches Menü auf der Karte – morgen arabische Mezze mit Minztee.

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1/ Hier machen alle mit: Studierende und Migranten, Münchner und Zugereiste. © STEFFEN HAUSER 2/ Möbel mit persönlicher Note, Stuhl ab 129 Euro, Tisch ab 229 Euro. Bellevue die Monaco. bellevuediemonaco.de goin.de

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© REGINA RECHT

Die Begegnungsstätte Bellevue di Monaco im Herzen der Stadt. Das Café wird gemeinsam mit Migranten betrieben.

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ID-NEWS DESIGN

In Farbe baden Von Ulrike Wilhelmi

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Einfache Konstruktion, starke Wirkung: dafür steht Stefan Diez. Der Designer entwickelte für den Badmöbel-Spezialisten Burgbad das Stauraumkonzept RGB – fast nur aus Licht und Farbe. as kommt dabei heraus, wenn ein gelernter Tischler mit Glas hantiert – ein Scherbenhaufen oder die große Überraschung? Bei Stefan Diez geht man von Letzterem aus. Der Schüler von Richard Sapper entwickelte schließlich schon viele Möbel-News, etwa ein Regal ohne Schrauben. Neuester Coup: ein originelles Konzept für die Firma Burgbad aus transparenten Stauraummodulen in Rot, Gelb oder Blau, kurz: RGB. »Kern des Systems sind farbige Scheiben aus Verbund-Sicherheitsglas, die mit einer einfachen Drehbewegung in zwei vertikal an die Wand montierte Aluminiumschienen einrasten«, erklärt Diez. Nach Belieben werden Fachböden, metallene Schubladen oder Körbe in die Profile eingehängt. Die Einheiten lassen sich flexibel anordnen, etwa zu Sideboards oder als Regalwand. Waschtische, Ablageflächen und Türen können ergänzend montiert werden. Weitere Besonderheit: Es gibt keine Rückwände. Fliesen, Putz oder Tapete werden Teil der Gestaltung. Das halb transparente Material verleiht dem Entwurf etwas Schwereloses; ein Effekt, den das durchscheinende Licht, das den Inhalt der Kuben monochrom färbt, noch verstärkt. Von außen sind dadurch nur Umrisse wahrnehmbar – jegliches Chaos aus Lippenstiften und Cremetiegeln wird dezent kaschiert. Dank seiner eigenwilligen Ästhetik, die so gar nicht nach Badezimmer aussieht, ist das Baukastensystem auch im Rest der Wohnung einsetzbar, besonders in kleinen Räumen. Im Herbst kommt es in den Handel. Zwei Ausführungen – glatt und geriffelt – sind geplant, dazu weitere Farben sowie praktische Accessoires. Mit RGB löst der Münchner seine Philosophie ein: »Design ist im Grunde immer ein bisschen wie Zauberei.«

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1/ Durch den Lichteinfall scheint der Waschtisch zu schweben. © GERHARD KELLERMANN/BURGBAD AG

2/ Industriedesigner Stefan Diez hat ein Atelier in München, eine Professur in Wien und immer etwas im und auf dem Kopf. © FABIAN FRENZEL/BURGBAD AG

Rechte Seite Was man nicht sehen will, verschwindet in Schubladen aus Aluminium. © GERHARD KELLERMANN/BURGBAD AG

RGB. burgbad.de diezoffice.com


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ID-NEWS DESIGN

Teatime mit Walter und Anni Von Antonia Michael

Zwei große Bauhaus-Namen, Kaugummis und ein Pfau dienten der großen Exzentrikerin Bethan Laura Wood als Inspiration für ihre Kooperationen mit der Porzellanmanufaktur Rosenthal. er Bethan Laura Wood als bunten Vogel bezeichnet, untertreibt. Nicht nur ihre sorgfältig inszenierten Outfits samt clownesquem Make-up, sondern auch ihre Entwürfe als Designerin überraschen mit wilden Farbkombinationen, eigenwilligen Formen und eklektischen Mustern. Die Britin entwirft Möbel, Leuchten, Textilien, Mode- und Wohnaccessoires – und hat sich nun, pünktlich zum 100. Bauhaus-Jubiläum, mit der Porzellanmanufaktur Rosenthal zusammengetan. Mit gleich zwei Kollaborationen drückte sie dem oberfränkischen Traditionsunternehmen ihren farbenfrohen Stempel auf. Dem ikonischen Teeservice Tac, das der Bauhaus-Gründer Walter Gropius 1969 für Rosenthal entworfen hatte, verpasste Wood das Dekor Rhythm. Das Design erinnert an die überlappenden Kett- und Schussfäden bei der Herstellung von Textilien. Nicht ohne Grund: »Ich habe mir die in der Mitte des 20. Jahrhunderts so wegweisenden Webstücke und Grafiken von Anni Albers zum Vorbild genommen«, sagt Wood. Mit ihrem Dekor möchte sie der Bauhäuslerin und erfolgreichen Textilkünstlerin ihre Reverenz erweisen. Als Hommage an Gropius’ Service selbst hat Woods außerdem ein eigenes Teegeschirr entworfen: Tongue, dessen Formensprache genau wie das Original mit dem Zusammenwirken von Deckel und Henkel spielt. Neben einer klassischen schwarz-weißen Variante soll es jetzt, zeitlich beschränkt auf das Bauhaus-Jubiläumsjahr 2019, auch zwei streng limitierte Editionen in den Farben – Achtung! – Chewing Gum-Hot Coral-Hot Mustard und Peacock-Mild TurquioseHot Mustard geben. Die Bauhaus-Devise »Weniger ist mehr« scheint Bethan Laura Wood dabei höflich ignoriert zu haben. Gut so!

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Walter Gropius’ Teeservice Tac mit dem Dekor Rhythm von Bethan Laura Wood. Rechte Seite Die Designerin präsentiert die limitierte Edition ihres Teesets Tongue in der Farbe Chewing Gum-Hot Coral-Hot Mustard. © JUDITH SCHÜLLER

Rosenthal. rosenthal.de


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ID-NEWS DESIGN

Name zum Merken Von Jana Herrmann

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Manchmal braucht es nur einen kleinen Schubs, um zu sich selbst zu finden: Antrei Hartikainen war definitiv zur richtigen Zeit am richtigen Ort, als er den Designer in sich entdeckte. us einer kindlichen Begeisterung für handwerkliche Arbeiten wurde schnell ein konkreter Berufswunsch: Antrei Hartikainen wollte schon in jungen Jahren Tischler werden. Dass der 27-Jährige heute auch zu den talentiertesten Jungdesignern Finnlands gehört, hat er dagegen dem Zufall zu verdanken. Denn 2010 führte ihn seine Lehre in die Gemeinde Fiskars, eine bekannte finnische Künstlerschmiede. Mehr als 100 der insgesamt 400 Einwohner leben dort von der kreativen Handwerkskunst. »Die besondere Atmosphäre, die hier herrscht, hat mich dazu ermutigt, herkömmliche Produktionswege zu verlassen und neue Techniken auszuprobieren. So habe ich peu à peu den Designer in mir entdeckt«, erzählt Hartikainen. Sein Talent schätzen seitdem auch finnische Möbelhersteller wie Nikari, Poiat oder die Designerin Katriina Nuutinen. 2018 kürte ihn das Design Forum Finland zum Nachwuchsdesigner des Jahres. Das finnische Kulturinstitut in Paris widmete ihm bis Mitte April die Ausstellung »Carte Blanche« – mit einer Auswahl seiner bisherigen Arbeiten: Möbel, Skulpturen und alltägliche Gebrauchsgegenstände. Hartikainens Handschrift: die Verschmelzung von Kunsthandwerk, Funktionalität und Ästhetik. Durch vertikal angeordnete Eichenholzstäbe im Regal Bastone (Poiat) etwa erzeugt der Finne ein subtiles Spiel von Licht und Schatten, seine Holzlöffel wiederum sehen aus wie geschnitzte Blätter. Momentan arbeitet der Designer an seiner Skulpturenserie Fossus und einer Lichtinstallation für das Fiskars Village, in dem er immer noch wohnt und arbeitet. Treu bleibt er auch dem Material, das ihn schon seit seiner Kindheit fasziniert: »Holz hat so viele Eigenarten, dass man daraus fast jedes Produkt herstellen könnte.«

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1/ Feine Platte, solide Basis: Tischkollektion Rand aus Kirsche oder Walnuss. © ANTTI-JUSSI RANTALA 2/ Tischler und Designer Antrei Hartikainen. © MARI LAHTI 3/ Das Salatbesteck Verso wurde mehrfach ausgezeichnet. © ANTREI HARTIKAINEN

Rechte Seite Spiel mit Licht: Regal aus der Kollektion Bastone (Poiat). © ARSI IKAHEIMONEN

Antrei Hartikainen. antreihartikainen.fi


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ID-NEWS DESIGN

Rattan reloaded Von Jasmin Jouhar

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Der österreichische Designer Robert Stadler hat sich an ein Pariser Original gewagt: Sein Corso Chair verneigt sich vor dem klassischen Bistrostuhl – und verbessert ihn diskret in entscheidenden Details. h Paris! Boulevards, Cafés, Flaneure! An jeder Ecke ein Bistro mit grüner oder roter Markise, die Gäste plaudernd und kaffeetrinkend auf bunten Korbstühlen. Dass sich diese Rattanmöbel wegen des massiven Kreuzes unter der Sitzfläche nicht stapeln lassen und die Stuhlbeine wegen der porösen Struktur des Materials bei Regen Wasser ziehen, ist den Trinkenden herzlich egal, treibt dafür aber so manchen Bistrobetreiber um. Der Wiener Gestalter Robert Stadler (selbst durch die ausgeprägte Kaffeehauskultur seiner Heimatstadt vorbelastet) hat ein Herz für Gastronomen und den Blick für gutes Design. Er setzte deswegen genau an diesen Problemen an, als ihn der französische Rattanspezialist Drucker mit dem Redesign des klassischen Bistrostuhls beauftragte. Für Stadler, der schon lange in Paris lebt, lautete die klassische Entwurfsaufgabe: »Wie lässt sich eine Ikone wirklich weiterentwickeln?« Dass er nicht nur einen »Designerkommentar« abgeliefert hat, wie er selbst es nennt, wird schon am Preis deutlich: Stadlers Corso Chair ist zehn Prozent günstiger als das sonstige Drucker-Sortiment. Der entscheidende Unterschied: Der Stuhl besitzt ein Gestell aus Aluminium. Das macht ihn robust und stapelbar, außerdem ist es einfacher zu produzieren. Die übrigen Materialien übernahm der Designer vom Original: Rücken- und Armlehne bestehen aus naturbelassenem Rattanrohr, die mehrfarbige Bespannung ist aus Kunststoff. Besonders viel Aufmerksamkeit ließ er übrigens der Rückseite des Möbels zukommen: »Schließlich sieht man einen Stuhl meistens nur von hinten, die Vorderseite ist vom Sitzenden verdeckt.« Stimmt. Der kann weiter in Ruhe Kaffee trinken. Ohne nasse Füße befürchten zu müssen.

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1/ Wer kennt ihn nicht? Der Corso Chair ist ein Redesign des klassischen Bistrostuhls. © FABRICE GOUSSET 2/ Rund zwei Jahre arbeitete Designer Robert Stadler gemeinsam mit dem französischen Rattanspezialisten Drucker an dem Projekt. © JACQUES GAVARD

drucker.fr robertstadler.net


Limits? Gibt es nicht. #LifeBeyondOrdinary

Neu: Miele W1 mit der Innovation TwinDosÂŽ

w1.miele.de


ID-NEWS SHOP

In Hamburg sagt man »Ciao« Von Maja Groninger

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Poliform steht für lässigen Luxus und höchste Designqualität. Jetzt hat das Familienunternehmen aus der Brianza zusammen mit dem Inneneinrichter Clic in der Hafenstadt einen Showroom eröffnet. ie frisch sanierten Hamburger Stadthöfe fühlen sich noch ein bisschen an wie eine gerade bezogene Wohnung oder ein just in Empfang genommenes, brandneues Auto. Alles sauber, alles frisch – Geschäfte, Cafés und Restaurants betritt man nur zögerlich, ist ja alles noch so ungewohnt hier. Auch im gerade eben eröffneten Showroom der italienischen Möbelmarke Poliform geht es dezent zu – leise Musik, gedämpfte Stimmen, anerkennende, aber diskrete Blicke. Geht es nach Alexander Raab, Inhaber von Clic Inneneinrichtung und Mitbegründer des Hamburger Flagshipstores, soll sich das bald ändern; es werde hier sehr lebendig, die Stadthöfe böten die ideale Verkaufsfläche für die italienische Edelmarke: »Jeder Hamburger kennt den Standort, die Nachbarschaft ist gut und wird noch besser werden«, sagt er zuversichtlich. »Wir kennen das Unternehmen Poliform seit über 20 Jahren und haben großes Vertrauen in die Familie Spinelli und ihre Mitarbeiter, der Geist hier stimmt einfach.« Für ihn als Händler, der in Ladenflächen investiere, sei dieses Vertrauen immens wichtig. Alberto Spinelli, Geschäftsführer von Poliform, fügt hinzu: »Poliform ist eine Firma, die in die Zukunft investiert. Wir entwickeln und erweitern kontinuierlich weiter. Dazu gehören auch die Flagshipstores, in denen man die Poliform-Welt erleben und anfassen kann.« Zu dieser Welt, die sich in Hamburg auf 380 Quadratmetern erstreckt, gehören Küchen, Schranksysteme, Polster-, Schlafzimmer- und Beistellmöbel höchster Qualität, aus edlen Materialien und in dezenten Farben, mit klaren, vertrauten Formen – also allem, was echte Hanseaten lieben. Der nächste Sommer steht ja fast schon vor der Tür. Dann wird es auch in den Stadthöfen brummen.

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1/ Schreibtisch Mathieu (Emmanuel Gallina) und Sessel Guest (Rodolfo Dordoni). 2/ Happy mit dem Ergebnis: Geschäftsführer Alberto Spinelli (Poliform) und Alexander Raab (Clic). © VALENTIN AMMON

Poliform. Stadthöfe, Stadthausbrücke 8, 20355 Hamburg. poliform.it


Gira X1 – das Smart Home im Griff.

Auszeichnung Interfacedesign: German Design Award 2017, Winner in der Kategorie Excellent Product Design Building Red Dot Award: Communication Design 2014, Best of Best für höchste Designqualität Mehr Informationen: www.gira.de/x1


ID-NEWS POP UP

Analoges Juwel Von Maja Groninger

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»Diamonds Are a Girl’s Best Friend« – und wo trifft man Freunde am liebsten? Eben: in der Bar oder zu Hause. Cartier engagierte jetzt die Architektin Laura Gonzalez, um es Kunden (noch) schöner zu machen. race Kelly trug welche, Andy Warhol auch, Liz Taylor sowieso: zeitlos schöne Juwelen und Uhren von Cartier. Die Emotionen, die beim Kauf eines Schmuckstücks eine Rolle spielen, will Cartier jetzt mit einem neuen Retail-Konzept wiedererwecken. Nicht als konservative Reaktion auf digitale Bildgalerien und Onlineshopping (auch das französische Traditionshaus bietet seine Kreationen online an), sondern als Bereicherung, sozusagen als die Kirsche auf dem Kuchen. In der Münchener Cartier-Zweigstelle gestaltete die französische Innenarchitektin Laura Gonzalez jetzt dafür eine Pop-up-Boutique im Stil eines Pariser Apartments, mit mehreren Räumen, in denen Kunden den Schmuck auf individuelle Art und Weise erleben können. An der Bar sorgen Samt, Marmor und Champagner für Kauflaune, der Salon lädt mit einem großen Esstisch und bodentiefen Wandspiegeln zum Verweilen (und zur Selbstreflexion) ein, und im Boudoir mit Chaiselongue und Blütentapete tankt man Kraft vor dem Zücken der Kreditkarte. Renaud Lestringant, Managing Director Cartier Nordeuropa, bestätigt: »Wir überdenken das Konzept ›Boutique‹ vollkommen neu, indem wir sie als einen Raum begreifen, in dem neben dem eigentlichen Verkauf ein Erlebnis stattfindet. Eine Boutique, ein Showroom muss gleichzeitig einladend und überraschend sein und darf auf keinen Fall überall gleich aussehen.« Gewissermaßen erinnert sich das Haus Cartier, das 1917 seine erste New Yorker Dependance auf der Fifth Avenue eröffnete, mit diesem Konzept sogar seiner europäischen Wurzeln; denn während man in Paris und London damals noch beim Juwelier Platz nahm und im Sitzen bezahlte, ging der Amerikaner ganz progressiv an die Kasse.

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1/ In Rot: Barhocker und Toile-de-jouy-Tapete (Little Greene) in der Bar. 2/ Im Salon Loungemöbel von Gubi und Pierre Frey vor geblümter Wand (House of Hackney). 3/ Innenarchitektin Laura Gonzalez holt Paris nach Bayern. © YANN DERET Cartier. Maximilianstr. 20, 80539 München. Bis Herbst 2019. cartier.de


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DURCH STUDIEN BELEGT, VON ANWENDERINNEN BESTÄTIGT: Die Rezeptur mit dem hocheffektiven [HC]-Kollagen-Komplex® sowie Zink, Biotin, Vitamin C und E sorgt für eine deutlich verbesserte Hautfeuchtigkeit und -Elastizität. Linien und Falten werden sichtbar reduziert. In wissenschaftlichen Studien mit ELASTEN® zeigte sich eine positive Veränderung des Hautbildes bereits nach nur einem Monat. Exklusiv in Ihrer Apotheke: ELASTEN® (28 Trinkampullen)

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ID-NEWS LIFESTYLE

Der Duft der Lagune Von Bettina Billerbeck

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Im Hochsommer ist Venedig eigentlich nicht für seinen Wohlgeruch berühmt. Doch wer weiß schon, dass dort ein geheimer Garten existiert, in dem es üppig blüht und duftet? Parfümeurin Christine Nagel kreierte im Giardino Eden den neuen »Jardin«-Duft von Hermès. reative Menschen können extrem hartnäckig sein bei ihrer Suche nach Inspiration. Hermès-Parfümeurin Christine Nagel hat monatelang dafür gekämpft, in Venedigs größten Privatgarten hineinschnuppern zu dürfen. In den Giardino Eden auf der Giudecca kommt eigentlich keiner rein. Der Name hat nichts mit Adam und Eva zu tun, er geht auf den ersten Besitzer zurück: Frederik Eden, Großonkel des britischen Premierministers Anthony Eden. Der hatte in der Vergangenheit versucht, auf den salzigen Sandböden der venezianischen Lagune einen properen englischen Garten anzulegen, doch die Pflanzen überlebten nur an einigen wenigen Stellen. Der letzte Besitzer des Anwesens, Friedensreich Hundertwasser, ließ der Natur dann vollends ihren Lauf. Besucher waren nie zugelassen im Giardino Eden, so blieb er dann auch unbekannt. Bis Christine Nagel zufällig im Internet auf die Geschichte stieß – und den Garten nach langen Verhandlungen besuchen durfte, an einem eiskalten Tag Anfang Januar. »Der Garten hat mich sofort berührt, ich bin von da an jeden Monat hingefahren«, erzählt sie, »im Januar duftete es nach Erde, Humus und Holz, im Februar nach Klebsame, im Juni nach Magnolien, nach Salicorne und dem Salz der Lagune, und ich hatte auch die Madonnenlilien im Sinn, die Frederik Eden gepflanzt hatte. All diese Facetten des Gartens wollte ich in einen Duft bringen.« Herausgekommen ist Un Jardin sur la Lagune, ein heiteres, holziges, florales Eau de Toilette. »Es soll uns träumen lassen, das Leben ist komplex genug«, sagt Christine Nagel, »und der Duft nimmt sich Zeit, auch das ist heute eine Stärke.«

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1/ Der Giardino Eden versteckt sich gut geschützt auf der Giudecca. 2/ Der Flakon greift das Ocker der Mauern auf. 3/ »Andere Länder sind für mich die besten Inspirationsquellen«, sagt Pafümeurin Christine Nagel. © QUENTIN BERTOUX.

Un Jardin sur la Lagune. 50 ml EdT, ca. 80 Euro. hermes.com


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Die neue Wohlfühl-Oase

Immer mehr Menschen nutzen die natürliche WC-Hygiene mit Wasser – aus guten Gründen. Geberit beschäftigt sich seit rund 40 Jahren mit der Entwicklung von Dusch-WCs. Jetzt neu ab April 2019 auf dem Markt: das Modell Geberit AquaClean Sela

WAS IST GEBERIT AQUACLEAN SELA? Ein Hoch auf die Hygiene! Das AquaClean Sela ist ein ganz besonderes DuschWC. Es fährt per Knopfdruck auf der Fernbedienung einen verborgenen WhirlSpray-Duscharm aus und reinigt den Po sanft mit einem angenehm warmen Wasserstrahl. Alles ganz bequem im Sitzen! Die Intensität des Duschstrahls bestimmen fünf regulierbare Druckstufen – mit Benutzererkennung. Für Frauen gibt es eine sanfte Ladydusche. Experten raten ohnehin vom Gebrauch von behandeltem Toilettenpapier und Feuchttüchern ab und sind Verfechter der Po-Reinigung mit Wasser. Denn reines Wasser ist die gründlichere und schonendere Methode – und zudem ein hygienischeres Reinigungsmittel. Wer das frische, saubere Gefühl einmal erlebt hat, möchte nicht mehr darauf verzichten. KOMFORT UND DESIGN – WELLNESS FÜRS BAD Das aufs Wesentliche reduzierte Dusch-WC Geberit AquaClean Sela passt perfekt in das Bad der Zukunft, worin Ästhetik, Hygiene und Funktionalität immer mehr in den Mittelpunkt rücken. Denn Badezimmer haben das Ziel, weg von der Nasszelle hin zu einem vollwertigen weiteren Wohnraum, längst erreicht. Sie werden heute immer mehr zu Home-Spas, wo wir uns Freiräume schaffen und Entspannung erleben können. Umgeben von hochwertigem Design, wird das Bad ein Platz zum Relaxen.

„Die Reinigung mit dem AquaClean ist auf jeden Fall gründlicher als mit Toilettenpapier. Man hat rundherum ein sauberes, hygienisches Gefühl.“

JETZT MITMACHEN UND TESTEN: GEBERIT AQUACLEAN TEST@HOME

Das herrlich frische Gefühl nach der Reinigung des Pos mit einem warmen Wasserstrahl überzeugt selbst die größten Skeptiker. Machen Sie den Test und probieren Sie die sanfte Reinigung mit Wasser selber aus! UND SO GEHT’S: 1 Geben Sie unter www.geberit-aquaclean.de/test-home

Ihre Postleitzahl ein und wählen Sie einen teilnehmenden Fachpartner aus. 2 Lassen Sie sich von Ihrem Installateur ein Testgerät auf Ihre bestehende WC-Keramik installieren – ohne großen Aufwand. So können Sie in Ihrer gewohnten Umgebung dieses völlig neue Gefühl von Frische und Sauberkeit erleben. 3 Wenn Sie sich zum Kauf entscheiden, profitieren Sie zusätzlich von der AquaClean Aktionsprämie von bis zu 150 Euro. Mehr Infos unter: www.geberit-aquaclean.de/test-home


ID-NEWS ART

Pollocks bessere Hälfte Von Camilla Péus

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Lange war sie nur Mrs Jackson Pollock. Dabei schuf Lee Krasner im Schatten ihres berühmten Mannes ein ganz eigenständiges Œuvre. Das offenbart eine großartige Retrospektive im Londoner Barbican. ew Yorks turbulente Kunstszene der 40er Jahre war Lee Krasners Welt. Mit Piet Mondrian tanzte sie in Manhattans Jazzclubs, studierte bei Hans Hofmann Malerei, hatte Solo-Schauen in New Yorker Galerien und war eng befreundet mit Willem de Kooning, Franz Kline und Ray Eames, die wie sie Mitglied der American Abstract Artists war. Die Künstlergruppe machte sich für abstrakte Kunst stark, als diese noch heftig kritisiert wurde. Ihr Mann Jackson Pollock jedoch, den sie trotz seiner Wutanfälle und Alkoholsucht stets unterstützte, war weitaus berühmter als sie. In dem alten Farmhaus in Long Island, für dessen Kauf sich das Paar von Peggy Guggenheim 2000 Dollar lieh, bekleckste Pollock in einer Scheune Riesenleinwände, während Krasner im engen Schlafzimmer malte. Als Pollock 1956 betrunken gegen einen Baum raste und starb, war das für sie Schicksals- und Befreiungsschlag zugleich: Plötzlich hatte sie Platz, konnte in seinem Atelier Großformate wie das mehr als vier Meter breite Combat realisieren – wilder als je zuvor. Ihr Wandel von symbolhafter Malerei, von frühen Akten in Kohle, knallfarbenen Collagen wie etwa Desert Moon bis hin zu den getupften Little Images lässt sich jetzt in der Londoner Barbican Art Gallery eindrucksvoll nacherleben. Rund 100 Arbeiten (599 sind von der 1984 verstorbenen Künstlerin bekannt) dokumentieren in einer eleganten Ausstellungsarchitektur von David Chipperfield Lee Krasners Selbstverwirklichung. Den Grund für ihre späte malerische Erfüllung beschreibt sie selbst am besten: »Ich war eine Frau, Jüdin, Witwe und ein bisschen zu unabhängig, aber eine verdammt gute Malerin.«

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2 1/ 1972 porträtierte Irving Penn die Künstlerin. © THE IRVING PENN FOUNDATION 2/ Mosaic

table von 1947. © THE POLLOCK-KRASNER FOUNDATION, COURTESY OF MICHAEL ROSENFELD GALLERY LLC, NEW YORK, NY

Rechte Seite Collage Desert Moon von 1955. Lee Krasner: Living Colour. Barbican Art Gallery, London. 30.5.–1.9.19. Schirn Frankfurt. 11.10.–12.1.20. barbican.org.uk


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© THE POLLOCK-KRASNER FOUNDATION © 2018. DIGITAL IMAGE MUSEUM ASSOCIATES/ LACMA/ART RESOURCE NY/ SCALA, FLORENCE


ID-NEWS ART

Kunst meets Kitsch Von Tatjana Seel

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Das Costume Institute des MET in New York macht den Einfluss der Camp-Ästhetik auf die Mode zum Thema. Präsentiert werden Zeichnungen, Entwürfe und Kleider, die Geschmacksgrenzen ausloten. ie war der Hingucker: Katy Perry, lasziv kniend auf den Stufen des Metropolitan Museum of Art, in einem goldenen Versace-Kleid mit gigantischen Engelsflügeln, die so breit waren, dass die Sängerin nur seitlich durch die Eingangstüren passte. Anlässlich der MET-Gala rief »Vogue«-Chefin Anna Wintour letzten Sommer Prominente aus Musik, Film und Mode unter dem Motto »Mode und Katholizismus« zu dem jährlich stattfindenden Spendenevent ins MET – und Perry stahl allen die Show. In diesem Jahr lautet der Dresscode für Amal Clooney, Rihanna und Co. »Camp: Notes on Fashion«. Im Rahmen der Benefizveranstaltung öffnet auch das Costume Institut des Museums seine Pforten und zeigt passend zur Show eine Sonderausstellung. Das Motto bezieht sich auf das englische Adjektiv camp – im Sinne von »affektiert, übertrieben«. 1964 hatte die Kritikerin Susan Sontag in ihrem Essay »Notes on Camp« versucht, den Begriff der CampÄsthetik vom Kitsch abzugrenzen: »Camp ist eine Art unter anderen, die Welt als ein ästhetisches Phänomen zu betrachten … Camp ist die Liebe zum Unnatürlichen, zur Künstlichkeit und Übertreibung«, schrieb sie. Die Ausstellung präsentiert Exponate, die den Einfluss der Camp-Ästhetik auf die Mode veranschaulichen: »Die optisch oft verstörende Art und Weise, mit der Camp die Ansprüche modernen Denkens torpediert, wird immer unterschätzt«, erklärt Max Hollein, Direktor des MET: »Diese Ausstellung macht deutlich, wie tief der Einfluss von Camp auf die Kunst allgemein aber auch auf die populäre Kultur ist.« Auftakt der Ausstellung wird auch in diesem Jahr die MET-Gala sein. Mit Lady Gaga als eine der Gastgeberinnen. Das diesjährige Motto dürfte der Künstlerin liegen.

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1/ Bertrand Guyon, Kreativdirektor für House of Schiaparelli, zitiert Elsa Schiaparellis Tierliebe (Herbst/Winter 2018–19). 2/ Der mazedonische Modedesigner Marjan Pejoski entwarf das legendäre Schwanenkleid, das Björk oft trug. 3/ Alessandro Michele für Gucci (2016–2017). Rechte Seite Beide brechen gern mit Tabus: Walter Van Beirendonck (links, 2009) und Vivienne Westwood (rechts, 1989–1990). © JOHNNY DUFORT

Camp: Notes on Fashion. 9.5.–8.9.2019. The MET. 1000 Fifth Avenue, New York, NY 10028. metmuseum.org


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© COURTESY OF THE METROPOLITAN MUSEUM OF ART


ID-NEWS ART

Drei Rebellen in Venedig Zur 58. Biennale di Venezia steht die gesamte Lagunenstadt im Zeichen großartiger Kunst. Auch abseits der Länderpavillons – wie drei sehenswerte Retrospektiven beweisen.

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BEDROOM 1975 , GEORG BASELITZ TREUHANDSTIFTUNG © GEORG BASELITZ, PHOTO: JOCHEN LITTKEMANN, BERLIN

© ACHILE GORKY: PORTRÄT OF AHKO, PRIVATE COLLECTION

© 2019 ARTISTS RIGHTS SOCIETY (ARS), NEW YORK/VG BILD-KUNST, BONNPHOTO COURTESY GEMEENTEMUSEUM DEN HAAG

Von Camilla Péus

Arshile Gorky

Jean Arp

Georg Baselitz

Der Schwindler

Der Revolutionär

Der Umkehrer

Schaute er sich die kräftige Physiognomie seiner Figuren bei Pablo Picasso ab, wie auf dem Porträt of Ahko (1937, siehe Foto)? Raumkompositionen bei Georges Braque? War er Kubist, Surrealist, Expressionist oder alles auf einmal? Arshile Gorky (1904–1948) lässt sich in keine Schublade einordnen. Mit seiner frei erfundenen Biografie – er sei ein russischer Adliger, der in Paris bei Wassily Kandinsky Kunst studiert habe – machte er die Verwirrung perfekt. Dabei wollte Gorky, der als 16-Jähriger vor dem Genozid an den Armeniern als Halbwaise nach Amerika floh, nur die eigene Vergangenheit vergessen machen. Wie er sie dennoch auf unterschiedlichste Weise in seinem Werk verarbeitet, zeigen jetzt rund 80 Gemälde, die im prächtigen Barockpalast Ca’ Pesaro versammelt wurden – für die erste und überfällige monografische Schau des amerikanischen Mid-Century-Künstlers in Italien.

Strikte Grenzen zwischen Kunst- und Lebensformen interessierten Jean (Hans) Arp (1886–1966) nicht. Nachdem er vor dem Grauen des Ersten Weltkriegs aus seiner Geburtsstadt Straßburg im Elsass in die neutrale Schweiz geflohen war, wurde er dort 1916 zum Mitbegründer der Dada-Bewegung, einer Vereinigung gegen Kunstkonventionen. Sein Protest bestand im Ausprobieren immer wieder neuer Techniken: Er schuf Skulpturen aus Gips und Marmor, mannshohe Bronzen, Papiercollagen, bestickte Textilien und Reliefs aus bemaltem Holz – wie Plant Hammer (1917). Fasziniert von den Eigenschaften der Natur, entwickelte er dabei eine abstrakte Formensprache organisch fließender Linien, für die sich auch Peggy Guggenheim begeisterte. Die Retrospektive mit zahlreichen Werken aus ihrer Sammlung macht das Spektrum des Künstlers in beeindruckendem Ausmaß erlebbar.

Er besetzt aktuell Platz drei im Ranking der gefragtesten Gegenwartskünstler weltweit. Georg Baselitz mischt mit seinen 81 Jahren ganz vorn mit im globalen Kunstzirkus. Jetzt verdrängt er selbst italienische Rennaissance-Meister aus der ehrwürdigen Accademia in Venedig: Eine große Übersichtsschau zeigt dort alle Facetten des Querulanten, der nie Malmoden folgt, eigene Werke kopierte und seine Sujets seit 1969 auf dem Kopf malt, wie Bedroom (1975), ein Doppelporträt von sich und seiner Frau Elke Kretzschmar. Die Auswahl der Schau reicht von Federskizzen über kraftstrotzende Fingermalerei, Farbholzschnitte und Motorsägen-Skulpturen bis zu seinen jüngsten Werken. Mit denen arbeitet er sich, mit gnadenlosem Blick auf welke Haut, am Prozess des Alterns ab. Einige selten gesehene Werke zeigen Baselitz’ Affinität zu Italien, wo er ein Atelier an der Riviera betreibt.

— Arshile Gorky: 1904–1948. Ca’ Pesaro – Gallery of Modern Art, Venedig. 8.5.–22.9.2019. capesaro.visitmuve.it

— Jean Arp: The Nature of Arp. Peggy Guggenheim Collection, Venedig. 13.4.–2.9.2019. guggenheim-venice.it

— Baselitz – Academy. Gallerie Dell’Accademia, Venedig. 8.5.–8.9.2019. gallerieaccademia.it


GEORG BASELITZ AMMERSEE, GERMANY, 2018 © MARTIN MÜLLER

Noch immer ganz vorn mit dabei: Georg Baselitz, 81, in seinem Atelier am Ammersee in Bayern.

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Von Ziegen und Zweigen Von Oliver Herwig

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Plastikmüll im Ozean. Artensterben. Klimawandel – das System Erde wackelt. Sorgen jetzt Ideen aus der Designwelt für Abhilfe? Eine große Ausstellung der Mailänder Triennale macht den Test. ässt sich die Welt (noch) retten? Im vergangenen Jahrhundert waren Architekten und Designer ziemlich optimistisch, sich die Erde unterwerfen zu können, und planten gigantische Staudämme und Siedlungen selbst in der Antarktis. Dieser naive Fortschrittsglaube ist verflogen. Gestalter schalten in den Krisenmodus – wie jetzt die Schau »Broken Nature« der XXII Triennale di Milano zeigt: »Wir wollen untersuchen, wie Design helfen kann, der Menschheit ein einigermaßen elegantes Ende zu bereiten«, so die Kuratorin Paola Antonelli fatalistisch. Skurrile und verblüffende Ideen zur Weltverbesserung gibt es viele: Der Brite Thomas Thwaites verwandelt sich mit Prothesen an Händen und Füßen in einen Ziegenmann, folgt den Tieren grasfressend über Alpenwiesen und versucht so, der menschlichen Existenzangst zu entkommen. Studio Formafantasma, alias Simone Farresin und Andrea Trimarchi, gehen pragmatischer vor. Aus unverkaufter Lagerware und Elektroschrott konstruiert das italienische Duo nachhaltige Büromöbel vom Schreibtisch bis zum Papierkorb. Eine Alternative zu Sonnenschutzprodukten, deren chemische Inhaltsstoffe Haut und Umwelt schaden, entwickeln Brecht Duijf und Lenneke Langenhuijsen vom Amsterdamer Büro Belén. Sie nutzen den natürlichen UV-Schutzfaktor von Naturfasern und kreieren daraus Sonnenhüte und Gesichtsschleier. Die Australier Anna Citelli und Raoul Bretzel erfanden Capsula Mundi, eine biologisch abbaubare Urne als Variante zu Särgen aus Edelhölzern. Einmal in der Erde vergraben, zersetzt sie sich, die Asche düngt den Boden und lässt sogar einen neuen Baum wachsen. Ein kleiner Hoffnungskeim, den auch die gefühlte Lust am Untergang nicht ersticken kann.

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1/ Thomas Thwaites erprobt als Goatman Alternativen zur menschlichen Existenz. © TIM BOWDITCH. 2/ Mit Elektroschrott-Möbeln wie Cubicle 2 aus der Serie Ore Streams will Formafantasma die Müllproduktion reduzieren. 3/ Büro Belén fertigt Hüte wie SUN+ UPF8 aus Fasern mit UV-Schutz. © BURO BELÉN. COURTESY THE DESIGNERS.

Broken Nature: Design Takes on Human Survival. La XXII Triennale di Milano. Bis 1.9.2019. triennale.org, brokennature.org

© IKON. COURTESY NICOLETTA FIORUCCU LONDON + GIUSTINI/STAGETTI, ROME SUPPORTED BY STIMULERINGFONDS AND NATIONAL GALLERY OF VICTORIA.

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© FRANCESCO D‘ANGELO. COURTESY THE DESIGNERS.

Wiedergeburt als Baum: Bio-Sarg und Bio-Urne Capsula Mundi von Anna Citelli und Raoul Bretzel.

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Auf Fotojagd mit Fiona Tan Von Camilla Péus

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Neckische Porträts und intime Close-ups: Im Museum Ludwig in Köln inszeniert Fiona Tan eine Zeitreise durch die Bildästhetik – mit eigenen Arbeiten und Fotos aus dem fast vergessenen Agfa-Werbearchiv. in Mann im Vierfüßlerstand und in Badehose, auf dem Rücken eine lachende Frau im Bikini, das Ganze auf harten Kieseln (autsch). Solche aus heutiger Sicht unfreiwillig komischen Aufnahmen aus dem Agfacolor-Werbefotoarchiv schlummerten mehr als 40 Jahre lang im Depot des Kölner Museum Ludwig. Zehntausende 6 x 6-Farbnegative und Fotografien, aufgenommen zwischen 1952 und 1968, auf denen Models versuchen, betont ausgelassen und natürlich zu posieren – und exakt dadurch aus heutiger Sicht entsetzlich gekünstelt wirken. Wie sich die Bildsprache im Laufe der Dekaden wandelt, ist auch immer wieder Thema der Arbeiten von Fiona Tan. Im Rahmen des Projekts Artist meets Archive der Internationalen Photoszene Köln durfte die Künstlerin und Filmemacherin, die in Indonesien geboren wurde, in Australien aufwuchs und heute in Amsterdam lebt, in den staubigen Fundus eintauchen und daraus eine Ausstellung entwickeln. Für »Gaaf«, was auf Holländisch »sauber, makellos« heißt (und ein Anagramm aus den Buchstaben von Agfa ist), konfrontiert sie die professionelle, glatte Studiofotografie aus dem Werbearchiv mit eigenen Arbeiten von Menschen in Alltagssituationen: »Die verschiedenen Aufnahmen lassen mich über Pose und Künstlichkeit versus Spontanität und Authentizität nachdenken«, sagt die 53-Jährige. Vor allem mit den Schnappschüssen, die sie aus privaten Familienalben zusammensammelt und einzeln gerahmt zu riesigen Bilderwolken arrangiert, illustriert sie die Kluft zwischen Idealvorstellung und Realität. Fiona Tans Patchwork der Porträts bietet abwechslungsreiches Foto-Hopping zwischen inszenierten und natürlichen Bilderwelten – vom träumenden Baby bis zum vermeintlich perfekten Model.

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3 1/ Natürlich schön: Fiona Tans Serie Provenance (2008) ist von Gemälden Alter Meister inspiriert. 2/ Gruppenporträt einer Stadt: 2012 versammelte sie für Vox Populi London 264 Snapshots aus privaten Alben. 3/ Fiona Tan. © A VAN LEEUWARDEN. Fiona Tan. Gaaf. Museum Ludwig, Köln. 4.5.–11.8.2019. museum-ludwig.de

© FIONA TAN – COURTESY THE ARTIST, FRITH STREET GALLERY, LONDON AND PETER FREEMAN INC., NEW YORK

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© ARCHIV MUSEUM LUDWIG

Unfreiwillig komisch: Was man in den 50er, 60erJahren für eine lässige Urlaubspose hielt, zeigt diese Agfa-Werbeaufnahme.

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Live und in Farbe: neuer Blick aufs Bauhaus Von Camilla Péus

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Im Großformat und koloriert: Die Werkserie Raum für Alle von Adrian Sauer macht das Bauhaus neu erlebbar. Mithilfe von OriginalSchwarz-Weiß-Aufnahmen und akribischer Recherche konstruierte der Künstler digitale Interieurs – mit verblüffendem Ergebnis.

vorhandenen Farben und Materialien so genau wie möglich abzubilden, andererseits auf die Konstruktion der Bilder selbst zu verweisen. In einem Fall wollte das jedoch einfach nicht gelingen, da die Quellen es nicht zuließen: Zur Arbeit Wohnung Thost gibt es daher zwei Varianten, die mir beide wahrscheinlich erschienen.

Wie sind Sie bei Ihrer Arbeit vorgegangen?

Das Bauhaus verbindet man mit Strenge und Sachlichkeit. Sie erneuern dieses Bild.

Hinweise zu Tapeten und Farben fand ich im Berliner Bauhaus-Archiv, in alten Restaurierungsgutachten und in den Meisterhäusern selbst, wie etwa Pigmentspuren in verdeckten Wandschichten. Ein wenig detektivischer Spürsinn war dabei schon gefragt.

Welche Rolle spielten historische Fotos? Die eingescannten Aufnahmen waren nur eine von vielen Quellen für die Serie. Im Laufe der Arbeit traten sie immer mehr in den Hintergrund. Schließlich wurde die Schwarz-Weiß-Ebene ganz gelöscht. Sie spielte für das Ergebnis keine Rolle mehr. So entstand Pixel für Pixel eine am Computer generierte Handzeichnung.

Rotes Holz, Stahlrohrtische – zeigen die Bilder das Bauhaus, wie es wirklich war? Die große Herausforderung war es, einerseits die

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Mir wurde klar, wie vielfältig und widersprüchlich dieses Bild ist. Die bescheidenen Häuser der Dessauer Siedlung Törten sollten es Arbeitern ermöglichen, ein Eigenheim zu erwerben. Im Meisterhaus Kandinsky/ Klee hingegen gab es eine vergoldete Wand. Und das Zimmer der Dame im Haus am Horn in Weimar möblierte Marcel Breuer überraschend bürgerlich. Das eindeutige Bild vom Bauhaus wurde für mich facettenreicher.

1/ Moderne Avantgarde: Schlafzimmer im Meisterhaus Albers, nach der Fotografie eines unbekannten Fotografen. © ADRIAN SAUER UND KLEMM’S

2/ Adrian Sauer lebt in Leipzig. Aktuelle Ausstellungen des 42-Jährigen: »Adrian Sauer – Spektren«. Museum im Kleihues-Bau, Kornwestheim. 25.5.–8.9.2019. Paris Photo: 7.–10.11.2019. BERLIN

© ADRIAN SAUER

adriansauer.de klemms-berlin.com

Was war ihr Ziel? Es ging mir nicht darum, Räume und Einrichtung exakt nachzubilden, eher darum, sie in eine Art Schwebezustand zwischen Realität und Fiktion zu versetzen. Ich hoffe es gelingt, die Bilder zugleich als Zeitdokumente wahrzunehmen und als das, was sie vor allem sind – eigenständige Kunstwerke.

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»ZIMMER DER DAME, NACH EINER FOTOGRAFIE DER STAATLICHEN BILDSTELLE BERLIN AUS DEM JAHR 1923, DEREN NEUABZUG VON 2001 IM BAUHAUS-ARCHIV BERLIN GEFUNDEN WURDE« © ADRIAN SAUER UND KLEMM‘S BERLIN

Das Zimmer der Dame basiert auf einer OriginalFotografie von 1923 aus dem Musterhaus Am Horn, das zur ersten BauhausAusstellung in Weimar errichtet wurde. Die Möbel entwarf Marcel Breuer.

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ID-NEWS ARCHITEKTUR

West-Side-Wunder Von Christian Tröster

Mit The Shed bekommt New York eine weitere Attraktion, eine mobile: Das acht Stockwerke hohe Multifunktionstheater am Ende der High Line kann über einen öffentlichen Platz geschoben werden. ur die Kraft eines Kleinwagens braucht es, um New Yorks neuestes Monument zu bewegen. Mit Zahnradtechnik und 90 PS schiebt sich die 3600 Tonnen schwere Metallstruktur über einen öffentlichen Platz in Chelsea, überdacht und verwandelt ihn wahlweise in ein Theater, ein Kino oder eine Galerie. The Shed erzielt einen Wow-Effekt der etwas anderen Art – das Staunen gilt hier nicht etwa der extravaganten Architektur, sondern der Technik, die intelligent und funktional ist. Das Gebäude, so erklären die Architekten von Diller, Scofidio + Renfro und der Rockwell Group die zweiteilige Konstruktion, orientiere sich an Infrastruktur- und Ingenieurbauten wie der Brooklyn Bridge oder dem Eiffelturm. Im feststehenden Teil sind Galerien und Proberäume untergebracht. Sein volles Potenzial entfaltet das Haus aber durch die Fassade: Sie kann großflächig geöffnet werden, sodass Zuschauertribünen innen und außen verbinden. Kommt dann noch die bewegliche Halle zum Einsatz, ist das Spektakel perfekt. Nur wenige Minuten dauert es, bis sie auf ihren 1,8 Meter hohen Rädern ausgefahren ist. Bespannt mit Kissen aus hauchdünner ETFE-Folie, bietet sie Wetterschutz und akustische Isolation über dem Platz, im Dach sind Beleuchtung und Bühnenkräne untergebracht. »Wir haben uns gefragt, wie Kunst in 20, 30 oder 40 Jahren aussehen wird«, berichtet Architektin Elizabeth Diller, »und festgestellt: Wir wissen es nicht.« The Shed ist darum voll auf Überraschungen ausgelegt, zum Beispiel auf das Eröffnungskonzert: Es wird Musik von Björk in Orchesterfassung aufgeführt.

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Bei der riesigen mobilen Konstruktion wird ETFE-Folie zur Gewichtsreduktion genutzt. Die Halle in Position zu bringen dauert keine fünf Minuten. Die Technik wurde von Containerkränen abgeschaut. © IWAN BAAN

Rechte Seite Das Kulturzentrum liegt am Ende der New Yorker High Line. © IWAN BAAN The Shed. dsrny.com/project/ the-shed


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ID-NEWS ARCHITEKTUR

Schindelwolke im Wald Von Johannes Hünig

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Für das Hotel Kranzbach bei Garmisch-Partenkirchen entwarf Kengo Kuma ein Meditationshaus von stiller Poesie. Den Bauplatz suchte der japanische Architekt selbst aus – beim Waldspaziergang. raucht es einen Beweis, dass das Briefeschreiben als Kulturtechnik noch lange nicht obsolet geworden ist? Hier ist er: ein gläsernes Etwas auf moosigem Grund, umhüllt von einer Wolke aus hellen Holzschindeln, versteckt zwischen Tannen und Fichten am Fuße der Zugspitze. Für Hotelier Jakob Edinger, der das benachbarte Schloss Kranzbach vor 15 Jahren übernommen und zu einem der exklusivsten Wellness-Resorts des Landes gemacht hat, ist der Bergwald ein magischer Ort – und wie gemacht dafür, gestresste Entscheider mit einer Kombipackung aus Yoga, Meditation und Waldbaden wieder in seelischen Gleichklang zu bringen. Was fehlte, war das Gebäude dazu. »Also schrieben wir einen Brief an Kengo Kuma«, erzählt Edinger. »Auf Japanisch.« Das scheint dem Architekten, bekannt für organische Holzbauten und stille, fast sakral anmutende Pavillons, imponiert zu haben. Er sagte zu – unter der Bedingung, dass er vor Ort den richtigen Bauplatz aussuchen dürfte. Und so stapften die beiden stundenlang durch den Bergwald, bis der Baumeister plötzlich haltmachte und ein Rechteck abschritt: Hier sollte es sein. Kurz darauf zogen Pferde das Bauholz durch den Wald, kaum ein Jahr später stand das Meditationshaus: ein filigraner Bau, der sich mit großen Glasflächen zum Wald öffnet; eine dreidimensionale Schindelkonstruktion aus örtlicher Weißtanne zieht sich wie Astgewirr von draußen bis unter die Decke und lässt Gewachsenes und Gebautes unmerklich ineinander übergehen. »Das Gebäude ist Teil des Waldes und verschmilzt mit ihm«, erläutert Kuma seinen Entwurf. »So können sich die Menschen, die es nutzen, als Teil der Natur fühlen.« Zumindest so lange, bis die Arbeitskraft wieder hergestellt ist.

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3 1/ Schindeln aus örtlicher Weißtanne ziehen sich als dreidimensionale Konstruktion um das Gebäude. 2/ Der stützenfreie, rundum verglaste Innenraum verschmilzt fast mit dem umgebenden Bergwald. © ANNELIESE KOMPATSCHER/ HOTEL KRANZBACH GMBH

3/ Der japanische Architekt Kengo Kuma plante das Haus im Wald. © J. C. CARBONNE

Das Kranzbach. daskranzbach.de


© DAVID SCHREYER/HOTEL KRANZBACH GMBH

Die Holzschindelkonstruktion erzeugt ein intensives Licht- und Schattenspiel.

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Legende auf Rädern Von Johannes Hünig

Zu seinem 100. Geburtstag geht das Bauhaus auf Tour – als detailgetreuer Nachbau und mobiler Denkanstoß. Ziel des Bauherrn: Fragen zu diskutieren, die im großen Jubiläumsjahr zu kurz kommen. pätestens dann, wenn ein Designklassiker neben der Full-Size-Version auch als dekorative Miniaturausgabe zu haben ist, darf man davon ausgehen, dass er Legendenstatus erreicht hat. Für das Bauhaus, jenen Über-Klassiker der Moderne, gilt das genauso: Auch ihn gibt es nun im Kompaktformat – zwar nicht so klein, dass er ins Regal passen würde, aber dafür mit vier Rädern, einer Anhängerkupplung und einem profunden architektur- und sozialkritischen Nutzungskonzept. Dahinter steckt der Berliner Architekt und Aktivist Van Bo Le-Mentzel: Er hat das Dessauer Bauhaus-Gebäude – genauer: seinen prominentesten Teil, den Werkstattflügel – mit bestechender Detailliebe auf einem Transportanhänger nachgebaut; im 15 Quadratmeter kleinen Innenraum, der als Zweizimmerwohnung konzipiert ist, finden öffentliche Gespräche zum Thema soziale Nachbarschaften statt – und leben Menschen, zumindest für kurze Zeit. Womit deutlich wird: Die mobile Architekturikone, die im Rahmen des Bauhaus-Kunstprojekts Spinning Triangles und der von Le-Mentzel gegründeten Tiny Foundation entstand, ist keine Spielerei, sondern ernsthafter Denkanstoß. »Wir benutzen die makellose Bauhaus-Fassade, um die drängenden gesellschaftlichen Fragen in die Städte zu tragen: Obdachlosigkeit, Rassismus und leistbare Mieten – Themen, die aus unserer Sicht im Bauhaus-Jahr zu kurz kommen«, so Van Bo Le-Mentzel. Nach dem Auftakt in Dessau tourt das Mini-Bauhaus bis Ende des Jahres durch Deutschland; in Kinshasa (Kongo) und Hongkong sollen lokale Editionen gebaut werden. Die Themen, die in seinem Inneren diskutiert werden sollen, sind schließlich universell.

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Außen Bauhaus, innen Zweizimmerwohnung, Bibliothek und Treffpunkt: Das fahrbare Modell ist Kunstprojekt und Denkanstoß zugleich. © CC-BY SA TINYHOUSE UNIVERSITY

Rechte Seite Vor dem Werkstattflügel des Dessauer Bauhauses begann die Tour der »Wohnmaschine«, wie der Architekt Van Bo Le-Mentzel seinen Nachbau im Maßstab 1 : 6 nennt. © MIRKO MIELKE Tiny Foundation. Tourdaten: tinyfoundation. strikingly.com Spinning Triangles. savvy-contemporary.com


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ID-NEWS TABLE

Der Kunstkoch Von Sörre Wieck

Der russische Chefkoch Evgeny Vikentev hat nun auch in Berlin ein Restaurant eröffnet: Das Cell glänzt mit avantgardistischen NeunGänge-Menüs und einem Interieur, das vom Bauhaus-Stil inspiriert ist. ie moderne Küche ist ein Teil der Kunst«, behauptet Evgeny Vikentev. Und die ist bei dem russischen Koch mit der Hipster-Brille allgegenwärtig – selbst seinen Arm ziert ein Bild von Salvador Dalí. An den Wänden seines neuen Restaurants Cell dagegen hängen Schwarz-Weiß-Bilder zeitgenössischer russischer Künstler – darunter das Werk des Illustrators Kirill Chelushkin mit dem Schriftzug »You are the arbiter of your own style«. Der Cell-Stil ist (nicht revolutionär, aber richtig gut) von der Bauhaus-Bewegung inspiriert. Das Interieur wirkt geordnet, sehr geometrisch. Schwarz-weiß gemusterte Stuhlrücken hier, goldene Polster dort und immer wieder quadratisch unterteilte Metallelemente als Trenner und Rahmengeber der einzelnen »Speisezellen«. »Es war uns wichtig, ein Gleichgewicht zwischen der besonderen Berliner Atmosphäre, meinem inneren Gefühl von Ordnung und einer ästhetischen Konstante zu finden«, so Evgeny Vikentev, der an der Einrichtung teilhatte und sogar das Geschirr selbst entwarf. Aber natürlich wird im Cell vor allem gekocht: Die Sechs- oder Neun-Gänge-Menüs namens Time Steps oder Roots Religion bestehen hauptsächlich aus saisonalen, lokalen Zutaten, verfeinert durch »ausländische Techniken und Geschmacksrichtungen«. Der Name Cell weist auf die Bedeutung von Grenzen hin. »Regionale Grenzen, Unterschiede zwischen Kunstarten – all das sind nur Stereotype in unserem Kopf«, findet Vikentev, der in St. Petersburg zusätzlich das Restaurant Hamlet & Jacks führt. Was er an Salvador Dalí so liebt? »Seinen Stil, seine Identität, seine Verkörperung der Kunst. Und natürlich seine zu hundert Prozent erkennbare Handschrift – das Wichtigste für Künstler jeder Art.«

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Spitzenkoch Evgeny Vikentev nennt seinen Stil »progressive moderne Gastronomie«. Im Cell bietet er auch ein pflanzenbasiertes Menü an. © ALEKSANDRA STOLIAROVA Rechte Seite Dunkle Farben, geometrische Elemente und Werke russischer Künstler dominieren den Gastraum. © PETER FEHRENTZ

Cell. Uhlandstraße 172, Berlin. cell.restaurant


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ID-NEWS TABLE

Nur gute Geister Von Jasmin Jouhar

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Die neue Portal Bar in Stockholm stammt vom Architektur- und Designstudio Claesson Koivisto Rune. Das Ziel: einen dieser vertrauten, zeitlosen Orte zu schaffen, an die man immer wieder zurückkehrt. s gibt sie in jeder Stadt – diese Orte, die gefühlt immer schon da gewesen sind. Eckkneipen, Cafés oder Restaurants, die man ohne groß nachzudenken ansteuert, wenn alle Neueröffnungen ausgetestet sind. So ein vertrauter Ort soll auch die Stockholmer Portal Bar werden – das jedenfalls war der Anspruch von Claesson Koivisto Rune, als das Studio die Gestaltung der Räume übernahm. Die Bar ist ein Ableger des 2016 eröffneten Restaurants Portal von Klas Lindberg und liegt gleich nebenan – getrennt nur durch einen prachtvollen Torbogen, der als Nabensgeber diente. In der Bar serviert Schwedens Koch des Jahres 2012 nicht nur Drinks wie lokales Craft Beer oder nordisch inspirierte Cocktails; auf der Tafel im hohen Eingangsraum stehen auch kleine Gerichte: Ente aus Schweden oder Seafood wie Austern oder Jakobsmuschel. Serviert werden sie zwischen nachtblauen Wände und Vorhängen, eigens entworfenen Kupferleuchten (Wästberg), Böden und Tresen aus schwedischem Kalkstein und viel, viel Holz. »Wir wollten eine gewisse Zeitlosigkeit erreichen«, sagt Architekt Eero Koivisto. Wichtiger als aktuelle Interior-Trends sei ihnen daher gewesen, dass die Einrichtung Wärme ausstrahle und einladend wirke. Der vordere Raum mit den großen Schaufenstern folgt diesem Anspruch mit Bar-Atmosphäre, hohen Hockern und Stehtischen, über zwei Treppen geht es nach oben in ein intimeres Zwischengeschoss und den dritten Raum mit einer langen Tafel fürs gemeinsame Essen und Trinken. An den Wänden und Decken tummeln sich die halb menschlichen, halb tierischen Figuren des Stockholmer Künstlers Jesper Waldersten – die guten Geister der Bar, die über die möglicherweise bald schon wachsende Schar von Stammgästen wachen.

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1/ Kleiner Hunger? Die Portal Bar in Stockholm serviert Snacks zum Craft Beer. 2/ Nachtblau, Kupfer, Holz: Das Interieur von Claesson Koivisto Rune verbreitet eine warme Atmosphäre. © ÅKE E:SON LINDMAN

Rechte Seite Am langen Tisch kommen die Gäste ins Gespräch. An Wänden und Decken Malereien des Künstlers Jesper Waldersten. © ÅKE E:SON LINDMAN

Portal Bar. portalrestaurant.se/en/ portal-bar


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ID-NEWS HOTEL

Hinter englischen Gardinen Von Marius Thies

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In einem Prachtbau nahe der London Bridge – früher Polizeistation und Gerichtshof – bietet The Dixon ab sofort Schutz vor dem Getöse der Stadt. ondon ist eine Stadt, die Besuchern so viel Energie gibt, wie sie nimmt. Umso wichtiger sind Orte wie das neue Hotel The Dixon: Trotz seiner wuchtigen Backsteinfassade – ein Werk des Architekten und Namensgebers des Hotels John Dixon Butler – wirkt es wie entrückt vom Trubel, und das, obwohl es nur wenige Schritte von der Tower Bridge entfernt ist. Ein Treppenaufgang führt in das holzvertäfelte Foyer des 1905 fertiggestellten Gebäudes, das bis 2013 als Polizeistation und Gerichtshof genutzt wurde. Wo früher Kleinkriminelle auf ihren Prozess warteten, begrüßt die Gäste heute ein imposanter Kronleuchter aus Glaskugeln. Wer genau hinblickt, erspäht dazwischen kleine goldene Handschellen, die dezent an die Vergangenheit erinnern. Die zwei Gerichtssäle dienen heute erfreulicheren Dingen als der Verkündung harter Urteile: Einer wurde zum Konferenzraum umgewandelt, in den zweiten zog die Courtroom Bar ein, hier werden hinter dem ehemaligen Richterpodium die besten Drinks gemixt. In den 193 Zimmern macht die Historie Platz für Komfort: Ein wenig Samt bei Kissen und Sesseln, dazu schwarze Akzente – britische Gediegenheit mischt sich hier mit modernem Industrial Style. Kaffee aus der hauseigenen Rösterei und fröhliche Pastellfarben verschönern den Gästen beim Frühstück im Restaurant Provisioners den Start in den Tag, mit großen Glasfenstern öffnet sich das Dixon hier zur Stadt – vom Straßenlärm ist im gesamten Hotel dennoch nichts zu hören. Ein liebevolles Detail des Interieurs: Terrazzofliesen im Boden markieren die ehemaligen Grundrisse der Gefängniszellen – eine subtile Referenz an die bewegte Geschichte des Hauses, wo heute statt schwerer Eisengitter nur die Zimmertüren leise ins Schloss fallen.

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1/ Einen farbenfrohen Designmix tischt das Restaurant Provisioners auf. 2/ Die imposante Hotelfassade von 1905. 3/ Moderne Eleganz: eines der 193 Zimmer. © PAUL WINCH-FURNESS

The Dixon. DZ ab 199 Pfund. thedixon.co.uk


© PAUL WINCH-FURNESS

Ein Kronleuchter aus mundgeblasenen Glaskugeln bringt Glamour in die Eingangshalle des ehemaligen Justizgebäudes.

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ID-NEWS HOTEL

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© FRANCIS AMIAND

© SOHO HOUSE MUMBAI

Von Sarah Lau

Soho House, Mumbai

August, Antwerpen

Mama Shelter, Prag

Popstars und Popcorn

Stiller Raum

Futtern wie bei Muttern

Strahlend weiß erhebt sich das neue Domizil von Soho-House-Chef Nick Jones in den Himmel, entschlossen, die mit Abstand lässigste Adresse der Stadt zu werden. Direkt am berühmten und von indischen Promis geschätzten Juhu Beach gelegen, tummeln sich bereits im Foyer jede Menge Schauspieler aus den nahe gelegenen Bollywoodstudios. Filmreif ist auch das Interieur von Design Director Linda Boronkay: farbenfroher und verspielter als alles, was man bislang aus dem Hause Soho kennt: Sanftes Licht schimmert durch die mit antiken Saris bezogenen Lampenschirme, Rohrsessel mit handbedruckten Rajasthan-Stoffen verbreiten elegante Exotik. Am schönsten ist es frühmorgens am Pool auf der Dachterrasse. Würden nicht die guten Manieren Amok laufen, wäre man durchaus geneigt, per Handtuchblockade eines der grün-weiß gestreiften Daybeds für sich zu sichern. Zur Not kann man aber auch überall sonst an diesem paradiesischen Plätzchen glücklich sein Masala–Popcorn knabbern.

Wer in dem ehemaligen Augustinerkloster übernachtet, darf sich auf tiefen Schlaf freuen – ganz gleich, welchem Gott oder welchen Göttern er sich verpflichtet fühlt. Schon beim Betreten der 44 hellen Schlafzimmer und Suiten (vielleicht sogar mit Ausblick auf die verborgenen Gärten?) beruhigt sich der Puls schlagartig. Wenige Möbelstücke, gedeckte, neutrale Farben und viel warmes Holz dominieren die Räume – Architekt und Designer Vincent Van Duysen gestaltete den sakralen Backsteinbau zu einem weltoffenen, luftigen und stilvollen Haus um. Die Sauna, das Hamam und der Outdoor-Swimmingpool des Spa stehen auch Nicht-Hotelgästen offen. Im hauseigenen Restaurant kocht Nick Bril mit frischen und lokalen Zutaten – der bekannte Brüsseler Koch hat sich schon mit dem direkt gegenüber gelegenen Gourmettempel The Jane zwei Michelinsterne erarbeitet. Und spätestens nach einem Absacker an der Bar, die in der ehemaligen Klosterkapelle untergebracht ist, ist man richtig selig.

Auch im ersten tschechischen Ableger der bekannten Hotelkette, nur 14 Minuten von der Karlsbrücke und circa zwanzig Minuten vom Schloss entfernt, geht es so farbenfroh und quirlig zu wie in den Geschwisterhäusern. Neben den Betten hängen Bugs-Bunny- und Batman-Masken, im hoteleigenen Shop gibt es neben Skateboards auch mexikanische Wrestleraccessoires zu kaufen. Das Design ist kalkuliert durcheinandergewürfelt und passt zum Gästemix vom distinguierten Businessman bis hin zum Prager Wannabe-Rocker. Die Dichte an Apple-Laptops ist erheiternd, das Essen im bodenständigen Restaurant macht ebenfalls happy, und das Budweiser in der Garden Bar perlt. Wer Lust auf lokale Spezialitäten hat, bestellt Gulasch. Hotelklassiker wie Burger und die fabelhafte Steinofenpizza schmecken besonders Kids im Schulalter, die hier herzlich willkommen sind, ebenso wie wechselnde DJs und Livemusiker, die regelmäßig in der Lobby oder auf der Terrasse performen.

— 16, Juhu Tara Rd. Chandrabai Nagar, Santacruz West, Mumbai, Maharashtra 400049, Indien. Zimmer ab 105 Euro. sohohousemumbai.com

— Jules Bordetstraat 5, 2018 Antwerpen, Belgien. DZ ab 159 Euro. august-antwerp.com

— Veletržní 1502/20, 170 00 Prag 7-Holešovice, Tschechien. DZ ab 59 Euro. mamashelter.com/en/prague


© SIMON BROWN

Zimmer mit Blick auf die Stadt oder das Arabische Meer: die Fassade des Soho House Mumbai.

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ID-NEWS BÜCHER

Von Tina Schneider-Rading

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Psychologie des Sitzens

Lieblingsinsel, ganz privat

Networking im Viererzimmer

»Walter Knoll. Möbelmarke der Moderne«, Bernd Polster, 352 Seiten, 50 Euro, teNeues.

»Mallorca mit Stil«, Thomas Niederste-Werbeck, 192 Seiten, 39,95 Euro, Callwey.

»The Grand Hostels by BudgetTraveller«, 320 Seiten, 29,90 Euro, Gestalten Verlag.

Der Name Walter Knoll steht für stilbildende Sitzmöbel – seit 150 Jahren. Bernd Polster zeichnet in dem Bildband die Firmenhistorie nach, die genug Stoff für einen TV-Mehrteiler hergeben würde, und gibt Einblicke in die Geschichte der Fabrikantenfamilie aus Herrenberg bei Stuttgart. Er erzählt, wie die Brüder Willy und Walter 1907 den ersten Clubsessel in Deutschland einführten und Walter mit dem Stahlrohrmodell Prodomo wenig später den ersten modernen Polstersitz erfand – eine bis heute hoch gehandelte Designikone.

Jahresurlaub schon gebucht? Selbst schuld. Denn dieses Buch ist ein unwiderstehlicher Appetitanreger. Thomas Niederste-Werbeck zeigt ein stilvolles Mallorca jenseits von Idiotenrennbahn und überlaufenen Stränden. Der Autor und Interior Designer wohnt und arbeitet auf der Insel, er ist Spezialist in Sachen Balearenstil. Beim Durchblättern leuchten private Landhäuser und Villen, dicke Mauern trotzen Stress und Hitze, weiße Bettwäsche kühlt und beruhigt die Nerven. Ein entspannter Schaugenuss, nicht nur für die Ferien.

Was machen Digital Natives am liebsten? Klar, sich connecten. In den 116 Hostels von Lissabon bis Osaka gelingt das hervorragend, ob an der Bar, im Frühstücksraum oder am Pool. Ein Jahr lang ist Kultblogger Kash Bhattacharya um die Welt gereist, hat nach günstigen und zugleich stilvollen Adressen gejagt, Ho(s)teliers interviewt und einen ganz besonderen Reiseführer kreiert. Unser Lieblingshostel liegt fast um die Ecke: das King Kong Amsterdam (Foto rechts). Mit Selbstversorgerküche und extraschnellem WLAN. Willkommen, Digital Natives.

Gebaute Manifeste

Renzo Piano Superstar

Die große Mauerschau

»Postmodern Berlin«, Claudia Kromrei/Hanns Zischler, 176 Seiten, 49,90 Euro, Niggli.

»Piano. Das vollständige Werk 1966 bis heute«, Philip Jodidio, 688 Seiten, 150 Euro, Taschen.

»Brick«, William Hall, 368 Seiten, 19,99 Euro, Phaidon.

Claudia Kromrei lehrt Architekturtheorie – für ihr Buch hat sich die Professorin ganz praktisch mit 30 wegweisenden Berliner Wohnhäusern aus den Achzigern befasst. Sie beleuchtet postmoderne Bauten von Koolhaas, Hollein oder Sawade und setzt sie in Beziehung zur Gegenwart. Dafür hat sie die Hintergründe recherchiert und die Häuser von Thomas Bomm und Manfred Hamm neu fotografieren lassen. Mit jedem Gebäudeporträt wird klarer, dass Philosophien über Stilepochen flüchtig sein mögen, gute Architektur aber überdauert.

Der Wolkenkratzer The Shard in London, das Bürogebäude der New York Times und das Pariser Centre Pompidou: Renzo Piano hat mit seinen spektakulären Entwürfen die Welt verändert. Und er tut es immer noch. Gerade wachsen Bauten des 82-Jährigen in Los Angeles, Istanbul und Beirut in die Höhe. Die monumentale Monografie zeichnet 53 Jahre visionärer Baukunst nach, aufgelockert mit impulsiven Skizzen. Und sie zeigt den Maestro als einen Menschen, der immer noch schwärmen kann. Und sagt: »Ich finde Baustellen fantastisch!«

Diese Neuauflage im Miniformat wiegt weniger als ein Ziegelstein, vermittelt dessen Faszination aber in allen Facetten. Ob Landschloss in England, Kirche in Uruguay, Kunstmuseum in den USA oder Schule in Burkina Faso: Backstein ist ein Allrounder, praktisch wie ästhetisch – und das seit gut viertausend Jahren. Meister wie Frank Lloyd Wright, Alvar Aalto und Ludwig Mies van der Rohe nutzten das Baumaterial einst, um den USA ein modernes Gesicht zu geben. Autor William Hall zeigt, wie uns Backstein erdet – heute mehr denn je.


© ABRAHAM QUINTANA, THE GRAND HOSTELS, GESTALTEN 2018

Das King Kong Rotterdam ist eines von insgesamt 116 Hostels, die Autor Kash Bhattacharya für sein Buch unter die Lupe genommen hat.

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Kaum etwas strahlt mehr Behaglichkeit aus als ein wohlig warmes Zuhause, wo vergangene Zeiten in guter Erinnerung bleiben. Doch die Zeit bleibt nicht stehen, die energetischen Anforderungen an ein Gebäude ändern sich. Eine zeitgemäße Dämmung Ƥ ò die Zukunft. Wir zeigen Ihnen, warum sich eine Wärmedämmung für Sie und Ihr Haus auszahlt.

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Up 5 & 6, La Mamma

RAR

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(Charles & Ray Eames / Vitra)


ID-INTERVIEW

»Man muss mehr als Möbel entwerfen, um ein guter Möbeldesigner zu sein.« Luca Nichetto

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© JAMES STOKES

Luca Nichetto, 43, wuchs auf Murano auf und studierte in Venedig, bevor er 2011 sein Designstudio in Stockholm gründete.


ID-INTERVIEW

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1/ Modulares Leuchtensystem Alphabeta (Hem). 2/ Die Ausstellung »Pyrae/Strata« in Mailand zeigte Leuchten aus farbigem Muranoglas. 3/ Polstermöbelserie Isola, eine Zusammenarbeit mit Nendo (&Tradition). 4/ Für Hermès gestaltete Luca Nichetto ein Schaufenster mit Details aus Muranoglas. 5/ Heizlüfter und Luftreiniger Astro (Tubes). 6/ Das Couchtisch-Programm Constellation spielt mit geometrischen Formen und klassischen Möbelmaterialien (Kristalia). © VALENTINA IACCARINO 7/ Filterkaffee statt Espresso: Bei der Kaffeefilterkanne Sucabaruca wird der Einfluss von Nichettos Wahlheimat Schweden deutlich (Mjölk).

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Seinen legendären Hut hat Luca Nichetto zu Hause gelassen, als wir ihn am Rande der Stockholm Design Week zum Interview treffen. Zu erkennen ist der Italiener mit Wohnsitz und Studio in der schwedi‑ schen Hauptstadt trotzdem – so laut und herzlich wie er lacht kein anderer Designer.

etwas, worauf das Land stolz sein sollte. Und vielleicht bei der Gelegenheit mal darüber nachdenken sollte, warum so viele Kreative nach Italien kommen, um zu lernen, und dann wieder verschwinden, um woanders richtig Karriere zu machen.

Interview Johannes Hünig

Das Möbel‑ und Produktdesign ist in Italien nicht nur Sache des Designers, sondern eng mit dem Netzwerk der Produzenten und deren Fähigkeiten verbunden. Das Handwerk und die Industrie arbeiten auf höchstem Niveau, sind extrem spezialisiert, jeder kann irgendeine Sache so gut wie sonst keiner auf der Welt.

Sie leben seit gut zehn Jahren in Stockholm, kommen in Ihren Entwürfen aber immer wieder auf Muranoglas zurück. Ist das Ihr Versuch, sich in der Fremde Ihrer eigenen Wurzeln zu versichern? Ich glaube, ja. Wenn man in ein anderes Land zieht, gibt es bei den meisten Leuten zwei Phasen: Anfangs versucht man, die neue Kultur aufzusaugen und sich anzupas‑ sen. Irgendwann stellt man fest, dass man sowieso niemals hundertprozentig dazuge‑ hören wird, und besinnt sich erst recht auf seine Herkunft, weil sie einem Identität und Sicherheit gibt.

In welcher Phase sind Sie gerade? Ich glaube, am Ende der zweiten. Ich bin jetzt italienischer, als ich es in Italien jemals gewesen bin! (Lacht.)

Italien oder Skandinavien – für einen Designer macht das doch einen gewaltigen Unterschied … Natürlich. Aus der Entfernung sieht man die eigene Designtradition mit anderen Augen – nicht nur die Glaskunst auf der Insel Mura‑ no, von der ich stamme, sondern was Italien insgesamt als Designnation so einzigartig macht. Wir sind dort sehr, sehr verwöhnt – aber das versteht man erst, wenn man in ein anderes Land zieht.

Verwöhnt? Inwiefern? Um ehrlich zu sein: Italien ist ein Traumland für jeden Designer. Ich sage das nicht aus Überheblichkeit, sondern aus eigener Erfah‑ rung. Alle Großen – Jasper Morrison, Tom Dixon, Mark Newson – haben dort ange‑ fangen, aus gutem Grund. Das ist übrigens

Was lernt man dort, was man woanders nicht lernt?

Sie arbeiten auch für skandina­ vische Firmen. Wie unterscheidet sich die Zusammenarbeit? In Italien teilen Designer und Unternehmen ihre Erfahrungen, und meistens macht der Hersteller Vorschläge, die noch besser sind als das, was du als Designer im Kopf hattest. Sparringspartner auf demselben Level …

… und was lernt man von den Skandinaviern? Ganz ehrlich? Nichts. Null. Sie arbeiten ein‑ fach anders. Die wenigsten haben eine eige‑ ne Forschungs‑ und Entwicklungsabteilung, die Zulieferer sitzen oft irgendwo auf der Welt, alles ist ausgelagert. Der Designer muss sämtliche Ideen für das Produkt liefern – das ist eine ganz andere Rolle. Natürlich gibt es auch ein paar tolle Firmen hier, etwa Hem, die sich eine interessante Nische gesucht haben, oder Fogia, für die ich den Sessel Mame entworfen habe.

Für viele Deutsche gilt Skan­ dinavien seit Jahren als Design­ eldorado. Wurmt Sie das? Ich bin heute Morgen hier in Stockholm über die Möbelmesse gelaufen. Das Meiste ist gut gestaltet, aber man sollte nicht genauer hin‑ sehen – denn dann sieht man, dass die Qua‑ lität oft mittelmäßig ist. Die skandinavischen Unternehmen sind – von Ausnahmen abge‑ sehen – durchweg mittelgroße, mittelgute Firmen, sie sich manchmal trotzdem so‑ gar als »Skandinavian Luxury« begreifen.

Das, was gegenüber Italien fehlt, sind die Spitzenunternehmen, die sich auf eine Sache konzentrieren und diese dann zur Per‑ fektion bringen. Für mich heißt Luxus aber nicht hohe Preise, sondern absolute Spit‑ zenqualität. Hermès zum Beispiel macht feinstes Handwerk ohne jeden Kompromiss – klar, das macht die Sachen teuer, aber der Preis ist dann wenigstens kein Marke‑ ting‑Gag. You pay for what you get – das ist einfach wahr.

Sie haben eine Leidenschaft fürs Handwerk? Absolut. Als Designer im Jahr 2019 hat man eine ethische Verantwortung. Und dazu ge‑ hören für mich nicht nur Umweltfreundlich‑ keit und Nachhaltigkeit, sondern auch das Bemühen, selten gewordene handwerkliche Fähigkeiten zu erhalten – und damit gleich‑ zeitig den Handwerkern die Möglichkeit zu geben, etwas herzustellen, das gestalterisch auf der Höhe der Zeit ist. Denn nur so kann das Handwerk überleben.

Solche Produkte sind dann aber automatisch teurer, und man erreicht damit nur eine kleine Zahl von Kunden … Einerseits ja. Andererseits ist aber auch das ein Aspekt von Nachhaltigkeit: Dinge herzu‑ stellen, die man ein Leben lang behalten wird. Ein Paar Maßschuhe haben Sie im bes‑ ten Fall jahrzehntelang, während Sie Billig‑ schuhe nach ein, zwei Jahren wegwerfen und danach neue kaufen. Oder nehmen Sie Ikea. Warum gehen Leute dorthin? Weil es günstig ist. Aber die Möbel halten eben nicht besonders lang. Gerade hier in Skandi‑ navien gibt es eine Menge Firmen, die ich als Ikea 2.0 bezeichnen würde.

»Als Designer hat man eine ethische Verantwortung. Dazu gehört für mich, das Handwerk zu erhalten.«

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ID-INTERVIEW

Was macht das italienische Design jenseits der Qualität aus? Skandi-Design basiert auf Funktionalität und Bescheidenheit, italienisches Design dagegen auf Schönheit. Das wiederum hat viel mit den gesellschaftlichen Werten des jeweiligen Landes zu tun. In Skandinavien soll man nicht herausragen, nicht besser sein als der andere. In Italien hingegen ist die Renaissance noch immer lebendig, die Rückbesinnung auf klassische Schönheitsideale, verbunden mit dem Anspruch, diese den Massen zugänglich zu machen.

Ist diese Epoche ein Bezugspunkt für Ihre Arbeit? Ich beziehe mich formal nie auf konkrete Vorbilder, aber der Gedanke gilt noch heute: Schönheit ist für alle da. Design soll das Leben besser und angenehmer machen. Es reicht nicht, zu sitzen. Man soll schön sitzen! Ettore Sottsas sagte einmal, Wein aus einem normalen Glas zu trinken sei eine Sache, aber Wein aus einem schönen Glas zu trinken eine ganz andere: Das Glas formt das Erlebnis. Deshalb erschöpft sich gutes Design niemals in der Funktion.

In Schweden ist es kälter, das Design pragmatischer – haben Sie vor, zurück nach Italien zu ziehen? Nein. Ich lebe gern in Stockholm, meine Familie ist hier, wir haben tolle Freunde, mein Studio und mein Team sind fantastisch. Man kann hier sehr gut leben. Ich will auch nicht

so tun, als sei ich hundertprozentig pro Italien und contra Skandinavien – wir haben bisher ja nur über Design gesprochen! Italien hat als Land ja zurzeit eine Menge Probleme. Schweden ist großartig, hier ist mein Zuhause, und das bleibt es auch.

Apropos zu Hause: Leben Sie mit ihren eigenen Möbelentwürfen? Wenn ich in einem Nichetto-Showroom wohnen müsste, würde ich sterben! Ich bin am liebsten von Dingen umgeben, die ich mag, ganz egal, woher sie kommen. Ich habe Stühle von Jean-Marie Massaud, einen Tisch von Piergiorgio Cazzaniga, ein Sofa von Artifort und so weiter. Ein Mix aus Klassikern, aktuellem Design und ein paar Prototypen von mir. Meine Wohnung ist weder Testlabor noch Showroom, sondern spiegelt einfach meine Persönlichkeit wieder. Ich mag es nicht, auf Nummer sicher zu gehen. Das gilt übrigens auch für meine Arbeit: Ich werde ziemlich unruhig, wenn ich merke, dass ich zu lange in meiner Komfortzone festhänge. Ich riskiere lieber etwas. Das feuert mich an, am Ende noch kreativer zu werden. Genau wie Neid und Eifersucht.

Eifersucht? Ja. Schauen Sie: Ich bin mit einer Menge Designern dick befreundet. Wenn einem von denen etwas richtig Gutes gelingt, ein Riesenerfolg – dann bin ich eifersüchtig. Ist doch klar! Aber nicht auf eine destruktive, missgünstigen Weise, in dem ich ihr oder sein Produkt niedermachen würde. Ich fühle mich vielmehr angespornt, noch besser zu werden, noch härter zu arbeiten und noch bessere Entwürfe abzuliefern. Daran ist nichts Schlechtes, finde ich.

Sie haben in letzter Zeit mit Ihrem Studio eine Menge Dinge jenseits des Möbeldesigns entworfen: für Hermès ein Schaufenster, für Tubes einen Heizlüfter, für La Manufacture ein Branding-Konzept. Wollten Sie schon immer am liebsten alles machen?

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Nein, das ist tatsächlich nach und nach so passiert, aber es ist gut, dass es so gekommen ist. Was ich jetzt sage, klingt wahrscheinlich komisch, aber was soll’s: Nehmen

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Sie David Bowie. Er hat seine Musik, seine Rollen immer wieder radikal verändert, sich ständig neu erfunden, aber ist dabei trotzdem immer unverkennbar David Bowie geblieben. Diese Fähigkeit, ganz unterschiedliche Dinge auszuprobieren und trotzdem man selbst zu bleiben – die finde ich wichtig.

Was heisst es konkret, wenn Sie diese Wandlungsfähigkeit auf sich als Designer übertragen? Ich habe mich irgendwann einmal gefragt: Wie viele gute Sofas, Tische, Stühle kann ich eigentlich entwerfen, ohne mich dabei zu wiederholen? Um ein gutes Sofa zu machen, muss ich aus anderen Bereichen etwas lernen, muss neue Perspektiven gewinnen. Das geht nur, indem ich über den Tellerrand schaue. Sonst besteht die Gefahr, dass die Entwürfe immer ähnlich aussehen und ich mich auch selbst bei der Arbeit langweile. Man muss mehr als Möbel entwerfen, um ein guter Möbeldesigner zu sein. Wenn man sich langweilt, wird auch das Design öde.

»Design soll das Leben besser machen. Es reicht nicht, nur zu sitzen – man muss schön sitzen!«


»Was einen Designer wirklich ausmacht, kann man oft erst im Rückblick erkennen.« Das schliesst das Risiko ein, dass Sie irgendwann feststellen, dass Sie eben doch am besten Sofas entwerfen können … Ja, klar. Natürlich weiß ich vorher nicht, ob ich in der Lage bin, in ganz anderen Bereichen überzeugende Arbeit abzuliefern. Wenn ich dann merken sollte, dass das nicht mein Ding ist – gut, dann habe ich es wenigstens versucht. Das ist wie bei meinem Sohn: Wenn er etwas nicht essen mag, sage ich: In Ordnung, aber probier es wenigstens einmal! Wie sollst du sonst wissen, ob es nicht vielleicht großartig schmeckt? Wenn er es dann nicht tut – auch okay.

Und so ist es auch im Design? Genau. Es ist wichtig, zu wissen, wer man ist und was man kann. Aber das weiß man eben nur, wenn man es versucht hat, oder?

Wenn Sie alles ausprobieren, gibt es dann überhaupt noch eine übergeordnete Idee? Eine handschrift, die alles auszeichnet, was Sie machen? Puh. Ich möchte gar nicht, dass die Leute sagen: Luca ist so oder so. Ich will nicht in eine

Schublade gesteckt werden. Was einen Designer wirklich ausmacht, kann man doch oft nur im Nachhinein erkennen. Heute können wir klar sagen: Diese Leuchte, jenes Sofa sind typisch Castiglioni. Aber das können wir nur, weil wir im Rückblick verstehen, welche Ideen und Vorgehensweisen seinen Entwürfen zugrunde liegen. Zu seinen aktiven Zeiten aber hätten Sie zwei seiner Produkte gedanklich kaum auf eine Linie bringen können, weil sie sich formal oft extrem unterscheiden. Vielleicht ist das bei mir auch so.

»Typisch Nichetto« – das gibt es also gar nicht? Jedenfalls ist es kein Stil, schon gar kein modischer, sondern eine bestimmte Herangehensweise. Ein bestimmter Look ist etwas, das für den Moment nützlich sein kann, weil es Wiedererkennbarkeit schafft und einen zur Marke macht. Aber das ist nichts, worum man sich bemühen sollte, weil es meistens ohnehin nicht lange trägt. Mir ist es wichtig, dass meine Arbeit auch in 20 Jahren einem kritischen Urteil standhält. Davon abgesehen, geht es ja auch gar nicht um meinen Namen oder mein Ego. Design ist für mich etwas, das im Zusammenspiel zwischen dem Kunden, meinem Studio und mir entsteht. Bei jedem Zusammentreffen, jeder neuen Konstellation entsteht etwas Neues. Dieser Community-Gedanke gefält mir.

Um beim Thema Stil zu bleiben: Skandianvier und Italiener tragen beide ein riesiges Designerbe mit sich herum. Birgt das die Gefahr, stilistisch zu viel in die Vergangenheit zu blicken? Ach, zurückzublicken ist nie eine Gefahr – wenn man denn bereit ist, von der Designgeschichte wirklich zu lernen, statt einfach Formen zu kopieren.

Manche Ihrer Entwürfe erinnern formal doch ziemlich an die Postmoderne der 70er, 80er Jahre …

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Das stimmt, vor allem bei der Leuchte Alphabeta für den schwedischen Hersteller Hem ist das so. Entscheidend ist dabei aber, wie es zu dieser Form kam. Am Anfang stand die Idee einer modularen Leuchte, deren

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Elemente sich frei kombinieren lassen. Dabei habe ich für die Lampenschirme einfache geometrische Formen gewählt, weil die das Licht jeweils ganz unterschiedlich werfen. Außerdem passen diese Formen immer gut zusammen, wobei jedes Mal etwas Neues mit Charakter entsteht. Das Gleiche gilt für die begrenzte, aber kräftige Farbpalette. Das Ergebnis mag zwar postmodern aussehen – aber der Entwurf ist eben nicht von der formalen Ausprägung und ihrer Symbolik her gedacht, wie es für die Postmoderne charakteristisch war, sondern ist Ergebnis eines völlig freien Entwicklungsprozesses. Das ist dieser Unterschied zwischen Stil und Entwurfshaltung, die mir so wichtig ist.

Ist die Welt schon fertig designt? Oder gibt es etwas, das Sie in Ihrem Leben unbedingt noch entwerfen wollen? Am liebsten alles, das ich bis jetzt noch nicht gemacht habe. Käme jetzt jemand und würde mich fragen, ob ich ein Fahrrad entwerfen könnte, ein Hotel, was auch immer – ich würde Ja sagen und es versuchen. Meine Lust auf Neues ist kaum zu stillen! 1/ und 2/ Im Jahr 2006 startete Luca Nichetto mit einem kleinen Designstudio in Venedig, das mittlerweile sein Geschäftspartner Francesco Dompieri leitet. 2011 kam sein zweites Atelier in Stockholm dazu – inzwischen sein Hauptarbeitsort. © JAMES STOKES 3/ Sessel Mame für den schwedischen Hersteller Fogia. 4/ Für das Stockholmer Traditionsunternehmen Svenskt Tenn entwarf Luca Nichetto die Leuchtenserie Fusa aus Muranoglas.

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ID-YOUNG DESIGNER

Die Welt von Färg & Blanche Sie backen Sessel, nähen auf Holz, schnüren Glas in Messingbänder: Die Fantasie des französisch-schwedischen Duos Emma Blanche und Fredrik Färg kennt keine Grenzen. Von Tatjana Seel

er sich einen Ofen kauft, möchte damit kochen. Oder zumindest einen Kuchen backen. Bei Emma Marga Blanche und Fredrik Färg liegen die Dinge anders. Im August 2013 posteten sie unter ihrem Label Färg & Blanche auf Instagram einen Ofen, in dem ein ganzes Wildschwein Platz gefunden hätte. Nur: In dem Ofen war kein Wildschwein, sondern ein Stuhl. »Wir sind neugierig, probieren gerne Dinge aus, lassen uns auf die verrücktesten Experimente ein«, beschreibt Fredrik ihre Arbeitsweise. Den Stuhl hatten sie vor dem Backen mit Leder und Textilien aus der Autoindustrie umwickelt, anschließend bekam er ein Korsett aus breiten Bändern, deren Abdruck später seine organische Form bestimmte. Das Ergebnis war eine amorphe

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Skulptur: dunkel, mit dicken Rundungen auf Beinen, leicht glänzend und gleichzeitig weich. Heute steht eine Auswahl dieser Succession getauften Sitzobjekte im Showroom von Comme des Garçons in Seoul – Ergebnis eines ungewöhnlich freien Designprozesses, bei dem beide im Gleichtakt denken. Dabei hilft es, dass Emma und Fredrik nicht nur zusammen arbeiten, sondern auch privat ein Paar sind. Zu verdanken haben sie das einem Zufall: Emma, die in Chamonix und in der Bretagne aufwuchs, war gerade nach Stockholm gezogen, als sie auf das DMY International Design Festival nach Berlin eingeladen wurde. Ihr Ausstellungsstück: ein Sessel, ausgestattet mit Motoren, die die Sitzfläche elektrisch aufplustern konnten – »als ob man darauf schweben würde«, beschreibt Emma lachend. Doch das Ding war solch ein Ungetüm, dass der Transport mit dem Flugzeug ein Vermögen gekostet hätte. Fredrik bot spontan seinen Van an, denn auch er sollte in Berlin ausstellen. Aus der gemeinsamen Fahrt wurde mehr. Inzwischen haben sich Färg & Blanche in der Design- und Möbelwelt

Bei der diesjährigen Stockholm Design Week präsentierte das Duo seine Objekte und Möbel im Baker’s House, der Fabrikantenvilla, in der Emmas Vorfahren lebten. © JOHAN LINDSKOG


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längst etabliert. Neben limitierten Objekten, die sie über Galerien anbieten, entwerfen sie Möbel, Leuchten, Porzellan oder Accessoires für renommierte Hersteller wie Gärsnäs, BD Barcelona Design, Northern oder Petite Friture. Ein alter Garagenkomplex in Stockholms Stadtteil Södermalm, den die beiden mit vier weiteren Kreativen teilen (unter anderem mit Emmas Mutter, einer Malerin), beherbergt ihr 350 Quadratmeter großes Studio. Sie arbeiten stets Hand in Hand: »Emma«, verrät Fredrik, »hat das scharfe Auge, ist die Visionärin. Ich bin eher der Konstrukteur, perfektioniere die Produktion. Wir spielen uns aber von Anfang an die Bälle zu. Am Ende können wir nie sagen, was von wem kam.«

Auf Sperrholz nähen? Kein Ding Während der diesjährigen Stockholm Design Week präsentierten die beiden im Baker’s House, einer Stadtvilla aus dem 19. Jahrhundert, die einst Emmas Ururgroßvater Julius Westerdahl gehörte, eine Ausstellung, deren Exponate in Beziehung zur Geschichte

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des Hauses standen. Darunter waren Leuchtröhren mit bunten, strukturierten Glasscheiben, die dem schwedischen Knäckebrot nachempfunden sind – im Erdgeschoss der Villa war einst eine Bäckerei untergebracht, in der das Brot auf Stangen trocknete. Ungewöhnliche Fertigungsweisen haben es den beiden angetan. Zuletzt forschten sie an einer Möglichkeit, auf Sperrholzplatten mit einer überdimensionalen Maschine zu nähen. »Davon habe ich immer geträumt«, erzählt Fredrik. Entstanden ist daraus die Polsterkollektion Julius für die schwedische Traditionsfirma Gärsnäs. »Am liebsten arbeiten wir mit Textilien«, sagt er. Warum also nicht mal eine eigene Stoffkollektion herausbringen? Et voilà: Auf der diesjährigen Mailänder Möbelmesse sind die beiden mit sechs Polsterstoffen für das US-Unternehmen Bernhardt und einer Teppichkollektion für die italienische Manufaktur Nodus am Start. Was als Nächstes kommt? Das wissen die beiden vermutlich selbst noch nicht. Am besten sind Färg & Blanche immer dann, wenn sie einfach machen, was sie wollen.

1/ Für Gärsnäs entstand die Kollektion Julius. Die Stoffe und Polster wurden direkt auf das Holz genäht. 2/ Leuchte Knäckebröd, eine Reminiszenz an die runden schwedischen Brotscheiben. 3/ Keramikkollektion Succession für Petite Friture. © MASHA BAKKER 4/ Lederstuhl Succession. Färg & Blanche. fargblanche.com

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ID-MANUFAKTUR

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Kein Glas zu viel Ohne Wenn und Aber einfach mal machen: Omer Arbel, Kreativdirektor des Leuchtenlabels Bocci, haucht dem uralten Material Glas mit ausreichend Puste und viel Poesie neues Leben ein. Text Jasmin Jouhar

eines Glas kommt aus Murano, Böhmen oder auch dem Bayerischen Wald. Aber aus Vancouver? Doch, doch, seit Omer Arbel dort 2005 sein Label Bocci gründete, ist die Hafenstadt an der Westküste Kanadas zu einem Zentrum zeitgenössischer Glasbläserei geworden – Tausende Kilometer entfernt von den historischen Ursprungsorten des Handwerks. Der eigentlich als Architekt arbeitende Arbel hauchte dem uralten Werkstoff buchstäblich neues Leben ein, mit Mut zum Experiment – und zum Risiko. »Jede Woche bin ich sechs bis acht Stunden in der Werkstatt«, sagt er. »Ich nenne das Forschung. Dort denke ich über neue Ideen nach und arbeite gemeinsam mit den Glasmachern an Prototypen.« So

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entstehen Leuchtenkollektionen, die dem Unternehmen in wenigen Jahren einen festen Platz in der Designszene erobert haben – als Einzelstücke, prachtvolle Lüster oder – typisch für den Bocci-Look – raumfüllende Installationen. Das Besondere an der Marke: Die Leuchten faszinieren, weil sie die Lebendigkeit des Glases einfangen, mit strahlenden Farben, unregelmäßigen Formen und einem Reichtum im Detail, der sich oft erst auf den zweiten oder dritten Blick offenbart. In der Werkstatt, an den höllenheißen Öfen, sucht Arbel »die Intimität mit dem Material«. Er experimentiert so lange, bis er eine besondere Eigenschaft oder einen Effekt entdeckt. Daraus entwickelt sich dann eine neue Form. In Berlin, wo Bocci seit

Omer Arbel ist eigentlich Architekt, entwirft aber seit 2004 Leuchten und andere Objekte aus Glas. © DANIEL MÜLLER/ FREUNDE VON FREUNDEN

Linke Seite Boccis Leuchten faszinieren mit strahlenden Farben und ungewöhnlichen Details, einzeln oder in der Gruppe, wie hier das Modell 28.

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ID-MANUFAKTUR

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vier Jahren einen zweiten Standort in einem ehemaligen Gerichtsgebäude von 1896 unterhält, sind der Showroom und das Archiv der Marke untergebracht, doch mit den üblichen Präsentationsflächen etablierter Designlabels hat das Haus wenig gemein. Besucher verlaufen sich immer wieder, so viele Räume gibt es, und überall hängen Leuchten von den hohen Decken. Dazwischen mischen sich andere Objekte wie Vasen oder Gläser – Nebenprodukte von Omer Arbels Experimentierfreude und seit Kurzem erhältlich unter seinem eigenen Label OAO Works. Ebenfalls zu sehen sind die neuen Kollektionen, die Bocci vergangenen Monat zur Messe Euroluce in Mailand vorstellte. Vor allem eine Leuchte mit der Nummer 74 – Arbel nummeriert seine Entwürfe fortlaufend – fällt auf.

Zuerst das Material, dann die Technik Die glänzende Metallkugel mit Glasdiffusor, an Drähten unter der Decke aufgespannt, ist ein klassischer

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Spot. »Normalerweise experimentieren wir zuerst mit dem Material, dann erst kommt die Technologie«, erklärt der Chef, »doch bei der ›74‹ bestimmt die Technologie das ganze Objekt.« Es habe Diskussionen gegeben, ob sie ein für Bocci so untypisches Produkt ins Sortiment aufnehmen sollten. Doch er sei dafür gewesen. »Soll die Vergangenheit bestimmen, was wir in Zukunft machen? Ich möchte offen bleiben für Neues.« Und in gewisser Weise ist der Spot doch typisch Bocci: Denn statt ordentlich parallel zu den Raumkanten verlaufen die stromführenden Drähte unkonventionell kreuz und quer unter der Decke. Andere Neuheiten wirken auf den ersten Blick vertrauter: Es sind Weiterentwicklungen bereits erhältlicher Modelle, wie etwa 73v, eine Variante des Modells 73, bei dem Glas in die Falten eines feuerfesten Keramiktextils geblasen wird. Beim Auskühlen bildet das Glas eine unregelmäßige, vielfach gefaltete Oberfläche. Neu an 73v sind die längliche Form und die Farben mit Verlauf. Was so naheliegend

1/ 14 ist der erste Entwurf von Omer Arbel und einer der Bestseller von Bocci. 2/ Für das Modell 87 wird das Glas wie Strudelteig gezogen und gelegt.


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klingt, ist für Boccis Werkstatt ein großer Schritt, schließlich musste die Glaskultur in Vancouver erst entwickelt werden: »Offen gesagt brauchte es viele Jahre, bis wir so weit waren, manche der technischen Schwierigkeiten zu bewältigen«, so Omer Arbel. Etwa bei der Kombination verschiedener Glasarten oder Farben. Doch nun sei die Werkstatt gereift und könne die Entwürfe tatsächlich und verlässlich produzieren. Er selbst hatte keinerlei Erfahrung mit dem Werkstoff, als er 2004 für eine Ausstellung einiger Möbelentwürfe in New York spontan noch eine kleine gläserne Leuchte entwarf.

Mit Nummer 14 kam die Wende Innerhalb von drei Wochen ließ er die Leuchte, die aus zwei gläsernen Kugelhälften besteht, produzieren – ein Riesenerfolg, der bis heute unter der Nummer 14 einer der Bestseller im Bocci-Portfolio ist. »Dieses Modell hat mein ganzes Leben verändert«, erzählt Arbel lachend. »Ich hatte noch nie zuvor mit Glas

gearbeitet, musste aber plötzlich eine Leuchte in Serie produzieren.« Weil er als Unbekannter in der Designbranche keinen Hersteller gefunden hätte, gründete er mit seinem Geschäftspartner Randy Bishop kurzerhand selbst ein Unternehmen, richtete eine Werkstatt ein und engagierte Glasbläser. Doch Nummer 14 war auch der Wendepunkt für Arbels gestalterischen Ansatz: »Das Ergebnis hat mich darin bestärkt, aus dem Prozess heraus zu arbeiten, statt eine Form auf abstrakte Weise zu entwickeln.« Zu Recht fühlt er sich seinem ersten Serienprodukt »zutiefst verpflichtet«, wie er es ausdrückt. Denn gerade diese vielleicht manchmal etwas naive Herangehensweise, etwas einfach zu machen und auszuprobieren, ist das Geheimnis des Erfolgs von Bocci: Unbelastet von der großen Tradition des Glashandwerks, war es Omer Arbel und seinem Team möglich, den eigenen Zugang finden. Das Ergebnis sind ungewöhnliche, poetische Objekte – und ein neues Aushängeschild für Vancouver. Als erste Glasbläserstadt Kanadas.

4 3/ Der Berliner Showroom bietet Platz für die großzügige Präsentation der Leuchten. Hier Nummer 76, bei deren Herstellung weißes Glas per Vakuum durch ein Kupfernetz gesaugt wird. 4/ Neu zur Euroluce 2019: ein kugelförmiger Spot. Bocci. bocci.ca

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© KLAUS L. MOELLER, FRANK OCKERT

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Licht to go Für lauschige Abendstunden im Gartenversteck bis hin zum heimlichen Lesevergnügen unter der Bettdecke: Wie Glühwürmchen zaubern Mini-Akku-Leuchten drinnen und draußen Stimmung – und das formschön, intelligent und (fast) unabhängig vom Stromnetz. Von Camilla Péus

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1/ Nachttischleuchte Battery aus Kunststoff hält sechs Stunden ohne Stromanschluss durch, ca. 150 Euro. Kartell. 2/ Bei June leuchtet eine Opalglaskugel, ca. 340 Euro. Vibia. 3/ Bicoca von Christophe Mathieu hat einen Schwenkschirm, ca. 185 Euro. Marset. 4/ Bellhop von Barber Osgerby, ca. 185 Euro. Flos. 5/ Outdoor-Begleiter Balad von Tristan Lohner – mit Tragegriff und zwei Helligkeitsstufen, ca. 175 Euro. Fermob. 6/ Leseleuchte Roxxane Fly im Hosentaschenformat, ca. 270 Euro. Nimbus. Linke Seite Tischleuchte PC Portable für drinnen und draußen von Pierre Charpin – mit Touch-Dimmer, ca. 70 Euro. Hay.

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ID-PORTRÄT

Pierre Charpin Poesie trifft Geometrie

Der Franzose Pierre Charpin entwirft Objekte mit klaren Formen, weichen Konturen und in starken Farben. Sie wirken wie Skulpturen, die auch noch nützlich sind. Kein Wunder: Der Designer ist eigentlich Bildhauer. Von Gabriele Thiels

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or fast 30 Jahren machte Pierre Charpin ein programmatisches Selbstporträt: stehend, den Oberkörper zum Hohlkreuz gebogen und den Kopf so weit in den Nacken gelegt, dass man sein Gesicht nicht sieht – wohl aber den Strauß Blumen, der in seinem Mund steckt. Homme Vase (etwa: menschliche Vase) hat der Designer das Foto genannt. »Ich wollte damit signalisieren, dass ich jetzt Gestalter bin und im Bereich der Objekte arbeite«, erklärt er. Dass er sich dafür selbst in eine Skulptur verwandelt, sagt nicht nur einiges aus über seine Entschiedenheit und Selbstironie. Es ist auch ein Hinweis darauf, dass seine Wurzeln woanders liegen. Pierre Charpin, geboren 1962 in Saint-Mandé nahe Paris, ist ursprünglich Künstler. Er hat an der École nationale supérieure d’Arts de Bourges Bildhauerei studiert, und das prägt seine Arbeit als Gestalter. »Ich betrachte ein Objekt immer erst als Komposition aus Formen, bevor ich frage: Wie funktioniert es? Was macht man damit?«, erklärt er. Sonst ist es meist umgekehrt in der Branche, und weil Charpins Objekte auch noch reduziert und manchmal fast minimalistisch

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erscheinen, könnte man sie leicht als Produkte des Gestaltungsprinzips Form follows Function missverstehen. Tatsächlich aber sind sie eher wie Skulpturen konzipiert, die dazu noch nützlich sind. Sein Ansatz machte ihn anfangs zum Exoten im Designbetrieb, und seine Entwürfe realisierte er zunächst vor allem mit der renommierten Pariser Designgalerie Kreo, erst allmählich kamen Hersteller wie Hermès, Alessi, Hay und vor allem Ligne Roset hinzu. Die Möbelmarke, mit der Chapin eine besonders enge Zusammenarbeit verbindet, hat kürzlich auch den Sessel Slice wieder aufgelegt, der zuerst von Kreo gezeigt und vertrieben wurde. Bei diesem Entwurf von 1996, bis heute wohl Charpins bekanntester, steht die Idee des Variierens und Addierens im Vordergrund. Der Designer hatte einen Sessel mit klassischem Umriss in einzelne Scheiben zerteilt – wie ein Toastbrot, sie sind in unterschiedlichen Farben bezogen, beliebig kombinierbar und können unendlich erweitert werden – zur Chaise, zur Ottomane, im Grunde zum endlosen Polstermöbel. Die Form einer Glaskaraffe wiederum, mit der Charpin 2005 einen Wettbewerb der Pariser

Linke Seite Angewandte Geometrie: Pierre Charpin unter der Leuchte Lao (Galerie Kreo) – die Bilder im Hintergrund sind Entwürfe für das Dekor seiner Platform-Tische. © AMBROISE TÉZENAS / PHOTOFOYER

1/ Skizzieren steht für den Designer am Anfang jedes Entwurfsprozesses. © AMBROISE TÉZENAS / PHOTOFOYER 2/ Inspiration

bieten unter anderem die Arrangements aus Zeichnungen, Fundstücken und Geschenken. Der kleine Stuhl auf der Pyramide ist von Alessandro Mendini.

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ID-PORTRÄT

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1/ Wenige Linien schaffen bei den Loop-Zeichnungen Plastizität. 2/ Die Monkey-Serie tuschte Charpin 2012 in Kyoto. © PIERRE ANTOINE 3/ Als Linie im Raum ist die Schreibtischleuchte PC gedacht (Hay). © PIERRE ANTOINE 4/ Auf dem Seidencarrée trifft Charpins geometrische Figur auf ein historisches Pferdebild (Hermès). © YAN SENEZ 5/ Sessel Alistair nimmt Bezug auf Franco Albinis Ikone Tre Pezzi (Ligne Roset). 6/ Das Clownsgesicht bricht die strenge Form der Vase Kiko auf (Galerie Kreo). © AMBROISE TÉZENAS/PHOTOFOYER 7/ Der Klassiker Slice ist jetzt als Neuauflage mit mehr Sitzkomfort erhältlich (Ligne Roset).

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Wasserwerke gewann, entwickelte er aus zwei Kreisen und einem Dreieck, und gerade zerlegte er den Archetypus eines Sessels in seine typischen Komfortzonen – Rückenlehne, Kopfstütze, Armlehnen, Sitzpolster –, formte diese einzeln und fügte sie dann auf einem Stahlrohrgestell zusammen. Alistair (ebenfalls für Ligne Roset) ist leicht, bequem und wirkt trotz aller Reduktion wie ein überaus sympathisches Wesen, das man gern bei sich zu Hause in die Familie aufnehmen möchte.

Denken mit der Hand So geht es einem meistens mit Charpins Entwürfen, sie sind analytisch und emotional zugleich. »Ich arbeite immer in einem Spannungsfeld«, erklärt er. »Einerseits möchte ich möglichst einfache, fast strenge Dinge entwerfen, andererseits aber auch etwas Sinnliches, zu dem sich der Benutzer hingezogen fühlt.« Beharrlich entwickelt er dafür seine eigene Systematik, eine Art »Protosprache«, sie besteht aus klaren geometrischen Grundfiguren, die er mit weichen Konturen versieht und oft in starke Farben taucht. Es ist

ein kontinuierliches Arbeiten, für das Charpin kein Briefing braucht. In seinem Atelier im Pariser Vorort Ivry-sur-Seine (»mein zweites Zuhause«) zieht er dann etwa mit ruhiger Hand parallel geschwungene Linien so fest auf Papier, dass das Quietschen des Filzstifts bis in die Zähne zieht – und schafft so eine einfache Wellenform von verblüffender Plastizität. Oder er bedeckt Blatt um Blatt mit Skizzen, um sich auf diese Art und Weise an ein neues Objekt heranzutasten, sozusagen mit der Hand denkend. Von Anfang an arbeitet Charpin dabei auch mit Farbe, die er, anders als die Formen, »intuitiv, je nach Laune« wählt. Er sei von Kindheit an von Farben umgeben gewesen, sagt Charpin, seine Eltern waren beide Künstler, die Wände der Wohnung bunt. Auch die Memphis-Entwürfe, die Charpin Mitte der 80er Jahre auf der Mailänder Möbelmesse entdeckte, überwältigten ihn. Die italienischen Gestalter, die sich unbekümmert aus dem Formenfundus der Geschichte bedienten, öffneten ihm mit ihren farbigen und wild gemusterten Wohnobjekten eine Welt, die ihm aufregender erschien als die Kunst – »… weil sie näher dran ist am Menschen.«

Für seine erste Soloausstellung in Japan 2017, »From the Studio«, arrangierte Pierre Charpin Arbeiten aus seinem Pariser Atelier zu zehn Stillleben, die dessen konzentrierte Atmosphäre wiedergeben. © ALEXANDRE MAUBERT

Pierre Charpin. pierrecharpin.com

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ID-INTERVIEW

Wie Magnete für die Hände Klug, sozial und sensibel, das ist die Strategie, mit der Unternehmer Orhan Niksic in seiner Manufaktur Zanat skandinavische Formensprache und bosnische Kerbschnitttradition zu starkem Möbeldesign zusammenführt. Und sie scheint aufzugehen: Firma und Fangemeinde wachsen gleichermaßen.

orientierten und designorientierten Unternehmen geworden, exportieren über 90 Prozent unserer Erzeugnisse und sind mehr als dreimal so groß wie früher. Wir arbeiten mit bekannten internationalen Designern zusammen, davon habe ich vor vier Jahren, als wir mit Zanat auf den Markt gingen, nur geträumt. Heutzutage kommen die Kreativen auf uns zu, das ist schon stark.

Interview Maja Groninger

Herr Niksic, was bedeutet der Name Zanat eigentlich? Zanat heißt schlicht: Handwerk. Da unsere ganze Manufaktur auf der uralten Tradition des Kerbschnitts fußt – meine Familie gründete das Unternehmen vor 100 Jahren – schien es ein guter Name zu sein.

Was hat sich in den letzten hundert Jahren verändert? Rasend viel. Statt hauptsächlich Möbel für lokale Institutionen, etwa das Rathaus oder die Moschee, zu produzieren, sind wir zu einem international

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Sie waren als Ökonom bei der Weltbank tätig, hatten bereits Erfahrungen mit Wirtschaftsentwicklung, bevor Sie in die Firma ihres Vaters einstiegen. Waren Sie der richtige Mann am richtigen Ort? Sicher, das hat geholfen. Als Letztes war ich für die Entwicklung der palästinensischen Wirtschaft verantwortlich, ich habe eine Leidenschaft für diese Arbeit und wollte meine Erfahrungen mit nach Hause bringen. Den Rest des Erfolgsgeheimnisses macht einfach das Handwerk selbst aus. Das Menschengemachte, Warme, Haptische wird immer wertvoller, in einer Zeit, die von Schnelligkeit und Massenproduktion bestimmt ist.

Orhan Niksic, 45, war Ökonom und Entwicklungsspezialist bei der Weltbank in New York, bevor er den Handwerksbetrieb seines Vaters in Konjic, Bosnien, übernahm und neu aufstellte.


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Wie transportieren Sie diese Werte in Ihren Produkten? Wir arbeiten mit denselben Techniken wie meine Vorfahren, exakt die gleichen Werkzeuge kommen zum Einsatz – nur die Motive haben sich verändert. Wir benutzen keine folkloristischen Ornamente mehr, die Kerbschnittmuster sind abstrakter. Gleichzeitig wirken diese Oberflächen wir Magnete auf Hände. Nehmen Sie nur die Kollektion Touch von Ilse Crawford, da liegt der Fokus auf dem Anfassen, Berühren. In unserem digitalen Zeitalter fehlt das vielen. Berühren ist ein menschliches Urbedürfnis, denn wir erschließen uns die Welt als Allererstes durchs Anfassen.

Mit Zanat verfolgen Sie neben den wirtschaftlichen auch soziale Ziele. Welche? Unser Ansatz ist ziemlich ganzheitlich. Zunächst geht es uns darum, die Kultur des Kerbschnitthandwerks zu bewahren, eine uralte Tradition, die zu unserer Familiengeschichte gehört. Es ist uns gelungen, dieses Handwerk, das mit unserem Heimatort Konjic verbunden ist,

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auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes zu bringen, das war ein großer Schritt und hat dazu beigetragen, dass eine Kultur, die kurz davorstand, auszusterben, jetzt wieder blüht und gedeiht.

Bewahren ist eine Sache. Was tun Sie für die Zukunft? Viel. Mit Zanat schaffen wir nicht nur ganz konkret Jobs in unserer Stadt, wir bilden auch ständig junge Leute für die nachfolgende Generation aus. Außerdem schauen wir über den Tellerrand, unterstützen und arbeiten mit anderen traditionellen Handwerksbetrieben in Bosnien. Gerade haben wir die Zusammenarbeit mit einer Strickerei begonnen, die fast 300 Frauen beschäftigt, welche von zu Hause aus arbeiten.

Skandinavisch-schlichte Formensprache ist typisch für Zanat. Ungewöhnlich für eine Kerbschnittmanufaktur, oder? Richtig. Und am Anfang haben wir auch viel Misstrauen und Skepsis geerntet. Design, speziell skandinavisches,

1/ Der Unna Chair von Zanat-Kreativdirektorin Monica Förster ist ein Bestseller und steht für die Designphilosophie der Firma: Der Kerbschnitt fällt erst auf den zweiten Blick ins Auge: Er bedeckt die Rückenlehne hinten. © BOBO OLSSON 2/ Gearbeitet wird mit exakt den gleichen Werkzeugen wie vor hundert Jahren zur Zeit der Firmengründung. © BRIAN DOHERTY

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ID-INTERVIEW

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2 1/ Im Bosnienkrieg wurde Konjic, circa. 40 Kilometer südwestlich von Sarajevo gelegen, fast täglich bombardiert, heute ist die Stadt für ihren Kerbschnitt bekannt. © BRIAN DOHERTY 2/ Zanat verfolgt einen ganzheitlichen, nachhaltigen Ansatz. Das Holz im Lager stammt vorwiegend aus den umliegenden Wäldern, nichts davon wird verschwendet. © BOBO OLSSON 3/ Eine der Neuheiten von Zanat: der Stuhl Tattoo von Gert Wingardh & Sara Helder. 4/ Der Name ist Programm: Die Oberfläche der Bank Touch (Design: Ilse Crawford) lädt zum Berühren ein, das Anfertigen der Schnitzerei – jede ist ein Unikat – dauert zwei Tage. © YANNICK LABROUSSE 5/ Auch bei den Touch-Servierbrettern aus Ahorn, Eiche oder Nussbaum gleicht keines dem anderen. 6/ Bei Zanat arbeiten etwa ein Dutzend Kerbschnitzer, für Nachwuchs ist gesorgt, er wird in einer von Orhan Niksic gegründeten Schule ausgebildet. © BRIAN DOHERTY

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war und ist formorientiert, jegliche Art von Dekoration wird als Exzess, als Verbrechen angesehen. Aber ich habe immer daran geglaubt, dass unsere Schnitzmuster gut zu minimalistischem Design passen würden.

Haben Sie ein Lieblingsmöbel, eines das Ihnen besonders ans Herz gewachsen ist? Wahrscheinlich der Unna Chair von Monica Förster, eines unserer ersten Produkte. Dieser Stuhl verkörpert die Philosophie von Zanat perfekt. Das Muster auf der Rückenlehne macht ihn besonders, bereichert sein schlichtes Design, aber es drängt sich nicht auf.

Ihre neueste Kollektion stammt aus der Feder von Jean-Marie Massaud. Schlägt Zanat damit neue Wege ein, weg von Skandinavien, hin zu Frankreich? Jean-Marie ist nicht der erste Nicht-Skandinavier, der für und mit uns arbeitet. Ich würde nicht sagen, dass wir uns durch seine Entwürfe verändern, eher noch mehr öffnen. Wir sind schon seit Jahren mit ihm im

Gespräch, und jetzt hat es endlich mit der Zusammenarbeit geklappt – eine tolle Sache.

Seine Entwürfe wirken kantiger, grösser, skulpturaler als bisher Gesehenes. Ja. Er ist ein Künstler, seine Möbel sind grandios und sehr anspruchsvoll umzusetzen. Bei der Chaiselongue Kalia etwa haben wir intensiv an den Schnitzmustern gearbeitet, die an den schmalen Seiten sitzen. Massaud holt uns aus unserer Komfortzone, wie alle Designer, mit denen wir arbeiten. Darum brauchen wir sie.

Soll Zanat noch mehr wachsen? Ist das überhaupt gut für so ein traditionelles Familienunternehmen wie Ihres? Wir müssen und wollen wachsen. Wenn man sich in der internationalen Designarena behaupten will, muss man einfach eine bestimmte Größe haben. Um Arbeitsplätze zu schaffen, für das Marketing, den Vertrieb. Als Unternehmen wollen wir erwachsen werden, auch wenn das manchmal anstrengend ist.

Die Chaiselongue Kalia (hier gezeigt mit den Beistelltischen Koba) von Jean-Marie Massaud ist aus Kirschholz und hat einen leichten Kerbschnitt an den Seiten. Sie ist eine Skulptur im Raum – und ein Schritt in die Zukunft für Zanat. Zanat. zanat.org

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ID-SHOPPING

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Tand an der Wand

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Man muss kein Trendforscher sein, um zu wissen: Irgendwann kommt alles wieder. Nach Hausbar und Blumenampeln sind jetzt die Wandteller dran – die wohl schönste Art, Porzellan zu Kunst zu erheben.

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4 1/ Teller Mudec V Agorà, Design: Vicenzo d’Alba, ca. 105 Euro. Kiasmo for Mudec. 2/ Einzeledition nach einem Entwurf von Tim Labenda. Preis auf Anfrage. KPM. 3/ Cairo 1 Dinner Plate aus der Kollektion Grand Tour, ca. 90 Euro. Vito Nesta über Artemest. 4/ Teller Nr. 4 aus der Kollektion Hamsa, entworfen von Studiopepe, ca. 75 Euro. Les Ottomans. 5/ Teller aus der Kollektion Primates von Elena Salmistrano, Preis auf Anfrage. Bosa. 6/ Prunkschale New Splendour, Preis auf Anfrage. Meissen. Linke Seite Dissir 2, handbemalte Keramik aus Marrakesch ca. 85 Euro. Lrnce. © LAURENCE LEENAERT

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ID-SMART HOME

Auf die Zukunft gebaut Das DFAB House im schweizerischen Dübendorf ist ein Testlabor für smarte Konstruktion: Als weltweit erstes Haus wurde es nicht nur digital geplant, sondern mit Robotern und 3-D-Druck auch digital gebaut – und strotzt in seinem Inneren nur so von Smart-Home-Anwendungen. Die Technologien, die dort erforscht werden, sollen schon bald jedermann zugutekommen. Von Johannes Hünig

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as entsteht, wenn ein Wohnzimmer nicht von einem Menschen aus Fleisch und Blut entworfen wird, sondern von einer Künstlichen Intelligenz, die einfach mal fröhlich drauflosrechnet? Zum Beispiel das hier: eine geschwungene, plastisch bewegte Betonwand, darüber eine feingliedrige Betondecke in organischen Formen, die wie geschnitzt wirkt – und dabei nur sehr wenig Material benötigt. Das digitale Raumkunstwerk ist kein PR-Spektakel, sondern das Ergebnis eines Foschungsprojekts, das der Frage nachgeht, wie digitales Planen und Konstruieren die Baukultur verändern. Für den Bau des DFAB House (die Abkürzung steht für »digitale Fabrikation«), das als autarke Einheit auf dem Forschungsgebäude NEST aufsitzt, haben Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) in Zusammenarbeit mit Industriepartnern eine ganze Reihe neuartiger digitaler Bautechnologien erstmals vom Labor in die Realität geholt. So wurde die Wand des Wohnzimmers von Baurobotern automatisiert gefertigt, die Decke mithilfe von Schalbrettern aus dem 3-D-Drucker gegossen; auch die Holzkonstruktion des Obergeschosses

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mit seiner komplexen Geometrie wurde von Robotern erstellt. »Das architektonische Potenzial digitaler Bautechnologien ist immens«, sagt Matthias Kohler, Professor für Architektur und digitale Fabrikation an der ETH. »Leider kommen diese Technologien noch kaum auf die Baustellen. Mit dem DFAB House gelingt es uns, Hand in Hand mit der Industrie neue Technologien zu erproben und so den Transfer von der Forschung in die Praxis zu beschleunigen.« Und als wäre das noch nicht genug Zukunftsmusik, testen die ETH-Forscher dort als temporäre Bewohner auch den digitalen Alltag – mit einem Maximum an Smart-Home-Technologie. Dazu gehören Einbruchsicherung, automatisierte Blend- und Beschattungsmöglichkeiten und vernetzte Haushaltsgeräte. Brauchen die nicht viel Strom? Egal: Fotovoltaikmodule auf dem Dach liefern im Jahresdurchschnitt etwa eineinhalb Mal so viel Elektrizität, wie das Haus verbraucht. Schlau ist auch, dass die Abwasserwärme über Wärmetauscher zurückgewonnen wird. Ein Blick in die Zukunft des Bauens, das nicht nur digital und automatisiert, sondern vor allem eines sein soll: nachhaltig.

Linke Seite Das DFAB House thront als bewohnbares Testmodul auf dem Dach des Laborgebäudes NEST. 1/ Die digital geplante Betondecke besteht aus besonders wenig Material. 2/ Die komplexe Holzrahmenkonstruktion wurde von Baurobotern errichtet. © ROMAN KELLER

DFAB House. dfab.ch

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ID-SMART HOME

Schön schlau Selbstdenkende Häuser, die ihre Bewohner zu willenlosen Objekten machen – die Skepsis, die der Begriff Smart Home bei vielen noch immer auslöst, ist zumindest bei diesen vier neuen Helfern unbegründet: Sie machen das Leben einfach einfacher – bei unangefochtener voller Kontrolle ihrer Benutzer.

© THOMAS VOLLAIRE

© CONSTANTIN MEYER

Von Johannes Hünig

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Bluetooth-Speaker

Türkamera

Taster

Abendbegleitung

Adlerauge

Alleskönner

Was gibt es Besseres, als an einem lauen Sommerabend bei dezentem Klavierspiel auf der Terrasse zu sitzen, ein paar Gläser Riesling zu trinken und ins Smartphone starrend die Zeit zu vertrödeln? Man darf dem dänischen Audiolabel Kreafunk also dankbar sein, dass es mit aGlow ein multifunktionales Gerät entwickelt hat, das für dieses Nutzungsszenario wie gemacht zu sein scheint: einen tragbaren Bluetooth-Speaker mit Handgriff aus Leder, integrierter LEDLeuchte für sanftes Stimmungslicht und eingebauter Power Bank – unverzichtbar für den Fall, dass das mobile Endgerät den Dienst versagt, aber noch Wein in der Flasche ist. Dass der Speaker so ansprechend gestaltet ist, dass er sich auch als Wohnaccessoire im Haus gut macht, muss nicht extra erwähnt werden. Das Ding kommt schließlich aus Dänemark.

Huch, wer kommt denn da? Der Paketbote? Schulkinder, die sich einen Klingelstreich erlauben? Oder doch die nervige Nachbarin, die man frühestens nach einer halben Stunde wieder loswird? In jedem Fall wüsste man es gern, bevor man die Taste mit dem Schlüsselsymbol drückt (und nicht erst danach). Da kommt die vernetzte Video-Türklingel des französischen Smart-Home-Anbieters Netatmo ins Spiel. Sie vereinfacht das Leben hinter verschlossenen Türen radikal: Drückt jemand die Klingel, erhält man einen Video-Anruf auf das Smartphone, egal, ob man zu Hause ist, im Büro oder im Urlaub. So kann man den Paketboten bitten, das Päckchen hinter den Zaun zu stellen, den Kindern eine Lektion erteilen und die Nachbarin auf morgen vertrösten. Oder einfach nicht abnehmen.

Mit seinem Tastensensor, der auf den klangvollen Namen KNX F 50 hört, adressiert der deutsche Schalter- und Haustechnikspezialist Jung eines der hartnäckigsten Probleme des smarten Wohnens: die unruhige Optik, wenn Schalter, Taster und sonstige Bedienelemente nicht recht zusammenpassen wollen. Der Taster, der mit dem gängigen Standard KNX kompatibel ist, ist nicht nur in zahlreichen Oberflächenvarianten zu haben, die zum Schalterprogramm des Unternehmens passen. Hinzu kommt ein dezentes Beschriftungssystem, dessen per Gravur oder Farbdruck aufgebrachte Symbole die den Tastflächen zugeordneten Funktionen erkennbar machen – sei es die Steuerung von Rollläden, Licht oder Türöffner. Am smartesten ist das Smart Home eben dann, wenn es sich dezent im Hintergrund hält.

— kreafunk.com

— netatmo.com

— jung.de


Der Multiroom-Speaker Maestro II überträgt die Signale übers Stromnetz statt per WLAN – für höchste Soundqualität. Handgefertigt in Norwegen, ab ca. 2000 Euro. ixionaudio.com

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© SONJA MÜLLER/FREIFRAU

Schaukeln macht glücklich – und erfolgreich

Man sagt, die Ostwestfalen seien hartnäckig. Bei Hansjörg Helweg stimmt das auf jeden Fall: Seit sieben Jahren lässt der Lemgoer unter seinem Label Freifrau ebenso stilvolle wie lässige Sitzmöbel in Handwerksbetrieben der Region herstellen – die wachsende Nachfrage gibt ihm recht. Von Ulrike Wilhelmi

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2 1/ Schöner Arbeitsplatz: Aus dem Lemgoer Showroom blickt man ins Grüne. 2/ Im benachbarten Betrieb Junker werden in traditioneller Handarbeit die Bezüge genäht und die Sitzschalen gepolstert. 3/ Schaukelsitz Leya ist einer der Bestseller von Freifrau. © PATRICK PANTZE IMAGES/FREIFRAU Linke Seite Bisher stehen sie nur fürs Foto auf der grünen Wiese, es gibt (noch) keine Outdoor-Version: unterschiedliche Modelle der Marla- und Leya-Sessel mit und ohne Armlehnen.

enn Hansjörg Helweg nach der Arbeit nach Hause kommt, freut er sich auf Leya. Das ist nicht seine Frau – die heißt Alexandra und auf die freut er sich natürlich auch –, sondern eine Schaukel. Genauer gesagt eine gepolsterte Sitzschale, die an zwei Seilen bei ihm im Wohnzimmer hängt. »Hier finde ich abends die totale Entspannung«, erzählt der 53-jährige Ostwestfale. Und er ist sichtlich stolz darauf, dass der Swing Seat aus seiner eigenen Firma, der Freifrau Sitzmöbelmanufaktur, stammt. Die Firma ist jung, erst vor sieben Jahren gründete der gelernte Tischler das Unternehmen in Lemgo, bestens gerüstet durch seine Zeit beim Möbelhersteller KFF und ein paar Semester Architekturstudium. Helweg hatte eine Vision: Weiblich sollte die Formensprache sein, weicher, runder und irgendwie lässiger als bislang Gesehenes. So entstand auch der Name: Freifrau. Um das feminine Credo zu betonen, engagierte er eine Frau als Art-Direktorin, Birgit Hoffmann. Sie und ihr Partner Christoph Kahleyss begannen 2012 mit einem Stuhl namens Amelie, daraus entstand nach und nach ein ganzes Programm. Kurz darauf folgte Leya. Die Serie wurde inzwischen, ergänzt um Sofas, Bänke und verschiedene Sessel, zur umfangreichsten der Freifrau-Kollektion. Der

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Clou: Ihre Sitzschalen passen auf die Fußgestelle von Amelie. So ergibt sich eine große Modellvielfalt. Zur Kölner Möbelmesse im Januar kam auch noch ein Stuhl mit abnehmbarem Bezug dazu. Sein Reißverschluss zeichnet dekorativ die Kontur des Polsters nach. Für den Impuls sorgte ein stoffbezogener Freifrau-Stuhl mit riesigem Fleck, den Helweg zufällig bei einem Restaurantbesuch entdeckte. »Das geht gar nicht«, dachte er und bat Birgit Hoffmann um eine Idee. »Früher hatten wir nur den Wohnbereich im Blick«, erzählt der Unternehmer. »Dann stellten wir fest, dass der Objektbereich immer wohnlicher wird und dass unsere Möbel da toll hineinpassen.«

Regionales Handwerk trifft auf Designelite Von Anfang an arbeitet Freifrau mit der Polsterei Junker im 14 Kilometer entfernten Bad Salzuflen zusammen. Freifrau liefert die Zutaten, die Handwerker dort fertigen dann auftragsbezogen die Polster und Bezüge. »Die Besitzer sind Freunde von uns, die sich zur selben Zeit wie wir selbstständig gemacht haben«, berichtet Helweg. »Wir sind gemeinsam gewachsen. Auch an den Aufgaben!« Auch die Holzsitzschalen und die Gestelle stammen aus lokalen Handwerksbetrieben. »Bei uns finden dann die Endmontage und die Qualitätskontrolle statt. Wir verheiraten sozusagen die fertige Sitzschale mit dem Untergestell – wie in der Automobilindustrie«, scherzt Helweg. Wichtig sind ihm der Manufakturgedanke und dass alles mit langlebigen Materialien in Deutschland gefertigt wird. Außerdem möchte er die Arbeitsplätze in der Region erhalten. Und natürlich den eigenen Stil betonen – softe Formen, bequeme Polster, legerer Look. Neu ist die

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1/ Neuheit Celine von Lucie Koldova spielt mit der Raffung an Arm- und Rückenlehne. 2/ Werkzeuge in der Polsterei: Alle Sitzmöbel von Freifrau sind handmade in Germany. 3/ Sebastian Herkner entwarf für Freifrau die Stuhlserie Ona. 4/ Das Lederlager in Bad Salzuflen. Verarbeitet werden nicht ganz offenporige Häute, sie sind weniger schmutzanfällig. 5/ Um den Tisch versammeln sich Leya auf Kufen (ab ca. 790 Euro), Marla mit Harfengestell (ab ca. 1068 Euro) und Romi mit Holzbeinen (ab ca. 688 Euro). 6/ Freifrau-Chef Hansjörg Helweg hat Spaß an der Arbeit. © PATRICK PANTZE IMAGES/FREIFRAU

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Idee, mit renommierteren und internationalen Gestaltern zusammenzuarbeiten. So entwarf Designtausendsassa Sebastian Herkner 2018 das Modell Ona, dessen markanter Keder den eleganten Schwung der Lehne betont. Aus dem Entwurf soll eine ganze Familie entstehen. Und in diesem Jahr hatte Celine von der tschechischen Designerin Lucie Koldova Premiere auf der Kölner Möbelmesse. Sie ließ sich von der Mode inspirieren, um ihrem Entwurf einen femininen Twist zu geben – das Ergebnis ist umwerfend. Ein raffiniertes Spiel mit gefaltetem und straffem Material, etwa Samt, weckt Assoziationen an eine Dame im eleganten Abendkleid. Und was bringt die Zukunft für Freifrau? Die Umsätze in Deutschland entwickeln sich gut, als Nächstes möchte Helweg den internationalen Markt für sich erobern – auch die USA und China. »Wir nennen uns zwar Sitzmöbelmanufaktur, aber ich finde, man kann den Namen Freifrau auch ruhig noch in andere Richtungen denken, etwa Richtung Leuchten oder Bodenbeläge«, verrät der Chef. Mal sehen, was ihm beim Schaukeln noch so dazu einfällt.

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Contemporary life was unseren Stil nach vorne bringt


Familie »Hipster«

Familie »Arty«

Familie »Healthy«

(New York)

(Berlin)

(Los Angeles)

Familie »Urban chic«

Familie »Retro«

Familie »Bobo«

(Madrid)

(Paris)

Familie »Business«

Familie »Hippie chic«

Familie »Fashion«

(Schanghai)

(Amsterdam)

(Mailand)

© LE DUO

(London)


© GRAY MALIN, WWW.GRAYMALIN.COM

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Wie gemalt: türkises Wasser und orangene Sonnenschirme am Positano Beach.

La Dolce Vita Italien bleibt ein Sehnsuchtsziel, auch das des Fotografen Gray Malin. Er entführt uns an zauberhafte Orte – mit dabei im Gepäck: Sonnenbrille, Schwimmring und Sandalen. Denn das Wichtigste am Strand von Positano oder den Klippen von Capri ist doch: fare bella figura – ganz egal, ob man Nichtschwimmer ist. Von Nadine Najjar

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1/ Ohrringe mit Stoffblüten und Strasssteinen, ca. 235 Euro. Marni. 2/ Badeanzug im Fifties-Stil, aus Stretch-Piqué mit Raffungen, ca. 256 Euro. Nicholas über NetA-Porter. 3/ Sonnenbrille Library, ca. 290 Euro. Acne Studios. 4/ Liegestuhl Fiam, klappbar und mit verstellbarer Rückenlehne, ca. 170 Euro. Jan Kurtz. 5/ Shorts in typischer Zickzack-Optik, mit elastischer Taille, ca. 730 Euro. Missoni Mare über farfetch.com 6/ Strandschuhe Hellea aus Leder, ca. 290 Euro. Isabel Marant.

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Wer springt wohl am weitesten? Capri.

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1/ Die Armbanduhr Tangente ist inspiriert von der Bauhaus-Ära, limitierte Sonderedition, ca. 1520 Euro. Nomos Glashütte. 2/ Poloshirt aus Baumwollpiqué, ca. 90 Euro. Fred Perry. 3/ Sonnenbrille Spector, ca. 465 Euro. Tom Ford. 4/ Kamera MC10-P ASC 100 Edition für Fotos im Kino-Look, limitiert, ca. 5900 Euro. Leica. 5/ Pingpong-Set aus Holz, ca. 190 Euro. Frescobol Carioca über Mr. Porter. 6/ Sneakers im Retrostyle aus Veloursleder, ca. 170 Euro. Adidas Originals.

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Wie bunte Bonbons auf dem Sand: Starmint Umbrellas, Italy.

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1/ Sonnenschirm mit Kaleidoskopmuster, ca. 130 Euro. Klaoos. 2/ Fächer aus bemaltem Birkenholz, ca. 90 Euro. Fernfans. 3/ Bikini Mambo mit Flechtdetails, ca. 425 Euro. Eres. 4/ Sandalen aus Leder und bedrucktem Seidenstoff, ca. 255 Euro. Tory Burch. 5/ Schwimmring in Fischoptik, mit Flosse, ca. 30 Euro. Sunnylife. 6/ Strandtuch mit Grafikprint, in Pastelltönen, ca. 55 Euro. Ma Poésie.

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Gruß aus dem Hafenbecken: Ciao Wooden Boat.

Gray Malin ist ein amerikanischer Kunstfotograf, bekannt für seine farbstarken Landschafts- und Lifestyle-Bilder aus der Vogelperspektive. Italy, 144 Seiten (engl.), 26,99 Euro, Abrams & Chronicle Books. graymalin.com

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1/ Ohrringe Tribal, ca. 130 Euro. Isabel Marant über My Theresa. 2/ Jumpsuit mit taillenbetontem Schnitt im 50er-Jahre-Look, ca. 1250 Euro. Dolce & Gabbana. 3/ Espadrilles aus schimmerndem Leder, ca. 215 Euro. Castañer. 4/ Loungechair El Dorado mit Sonnenmotiv, ca. 345 Euro. Honoré. 5/ Korbtasche Giardiniera mit gestreiften Canvasbesätzen, ca. 1100 Euro. Prada.

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Capri

Schöne am Meer Hoch über der Küste Capris hat sich ein Unternehmer seinen Traum von einem Ferienhaus erfüllt, das so ist wie die Insel selbst: sommerlich, leicht, elegant – und dem Meer ebenso zugewandt wie dem großen Garten mit Blüten und Bäumen. Text Sonia Cocozza und Johannes Hünig / Fotos Nathalie Krag

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Linke Seite Der Blick von der Terrasse des Hauses reicht weit Ăźber die KĂźste Capris und das Mittelmeer. Diese Seite Im Wohnzimmer gruppieren sich individuell gefertigte Beistelltische und Sessel von Franca Helg (Bonacina) und Skagerak um den Kamin im Stil der 50er Jahre.


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as echte, versteckte Capri, das man erst nach einer langen Pilgerreise entdeckt, wenn man das Etikett ›Tourist‹ endlich abgestreift hat – dieses Capri der Felsen, der winzigen Weinberge und der bescheidenen, fleißigen Menschen hat einen faszinierenden Charme.« In leuchtenden Farben beschrieb der chilenische Dichter und Nobelpreisträger Pablo Neruda immer wieder die Insel seiner Träume – und sprach damit eine literarische Einladung aus, die der Unternehmer Fabrizio Verde einige Jahrzehnte später nur zu gern annahm, als der das kleine Eiland als Rückzugsort für sich und seine Familie wählte.

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Die Farben von Sonne und Meer Nähert man sich dem Refugium oberhalb der Küste, ist wenig von dem steinernen Anwesen zu sehen, aber umso mehr von der Insel. Wie eine sorgsam komponierte Partitur führt der Weg durch den Garten, vorbei an duftenden Blumenbeeten und unerwarteten Aussichtspunkten: auf der einen Seite die Insel mit ihren erdigen Gerüchen, auf der anderen das Meer, das tiefblau und ruhig daliegt. Betritt man das Haus mit seinen weiß getünchten Wänden, bleiben Land- und Seeseite noch immer gegenwärtig – durch die vielen kleinen und großen Fenster, die den Blick nach draußen rahmen, aber auch durch den warmen Wind, der im Sommer durch die hellen Räume weht und je nach Richtung den Duft der Blumen oder des Meeres mit sich bringt. Die enge, fast intime Verbindung zwischen dem Gebäude und seiner Umgebung vertiefte der Architekt Giuliano Andrea dell’Uva, der von

Linke Seite 1/ In der Küche: Vintage-Wandleuchte von Stilnovo, Tisch Saarinen (Knoll) und neapolitanische Wandfliesen. 2/ Die Lunch-Terrasse bietet weite Blicke und viel Platz an der langen Tafel (Santa & Cole). 3/ Im Badezimmer finden sich die Farben der Insel wieder. 4/ Schlafzimmer mit Textilien von Livio de Simone und einer Vintage-Leuchte von Artemide. Oben Im Wohnzimmer: Sofa Ghost (Gervasoni), maßgefertigte Tische, Leuchte aus den Fünfzigern von Viganò (Astep).

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Die Sonnenterrasse mit Blick Ăźber das Meer. Sofas von Kettal, der Boden ist von historischen Fliesen der Villa Valguarnera inspiriert (Galleria Elena SuperďŹ ci).


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Fabrizio Verde mit dem Umbau beauftragt wurde, aber nicht nur mit architektonischen Mitteln, sondern auch mit denen der Farbe und des Lichts. Die Schattierungen von strahlendem Weiß, sanftem Grau, leuchtendem Gelb, frischem Türkis und tiefem Blau, die sich durch die Räume ziehen, holen das Farbspektrum der Insel von draußen nach drinnen. Der Kamin, der das Haus oberhalb der Steilküste auch im Winter zu Fabrizios Zufluchtsort werden lässt, ist ein besonderer Blickfang und zugleich eine Reverenz an die handwerklichen Traditionen der Region. Die schmalen türkisfarbenen Kacheln aus Vietri-Keramik, die rund um die Feuerkammer zu einer dekorativen Farbfläche arrangiert sind, ziehen sich bis zur Decke – ein typisches Motiv der 50er Jahre auf Capri, das in seiner filigranen Schlichtheit heute wieder verblüffend modern wirkt.

© NATHALIE KRAG/LIVING INSIDE

Ein Lebensgefühl wird Architektur Zusammen mit den aktuellen Designmöbeln und den Vintage-Stücken, die mit leuchtenden Farben und klaren geometrischen Formen wie Ausrufezeichen hier und da im Raum wirken, ergibt sich ein stimmiges Bild, das zeitgenössisch ist und doch aus der Vergangenheit schöpft. Das Interieur ist so wie das Leben auf Capri: frisch, leicht, immer elegant, dabei aber nie banal – und dem Meer ebenso zugewandt wie dem Land. »Capri, Felsenkönigin, in deinem Gewand, lilien- und amarantenfarben, lebte ich, das Glück vermehrend …« – so schrieb Pablo Neruda. In Fabrizios Haus auf der Steilküste hat dieses Gefühl seinen Ort gefunden.

Linke Seite Die vielen Einzelfenster wirken selbst wie Bilder an der Wand des Wohnzimmers. Maßgefertigte Wandkonsole, Stuhl von Skagerak. Oben 1/ Der Unternehmer Fabrizio Verde ließ das Haus als Feriendomizil für sich und seine Familie umbauen. 2/ Auch die landseitige Terrasse bietet Ausblicke aufs Meer. Die Möbel sind maßgefertigt.

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Paris

Bonjour Glamour Die Stylistin Maryam Mahdavi ist eine Drama-Queen, die Wohnräume wie theatralische Bühnenbilder inszeniert. Ihr Apartment am Montmartre gleicht einem Pop-up-Buch: Es entfaltet sich zu einer Geschichte voller Überraschungen. Text Jeremy Callaghan und Tina Schneider-Rading / Fotos Gaëlle Le Boulicaut

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Linke Seite Der Reiz der Tiefe: Vor Wänden und Decke in dunklem Kaki strahlen Maryam Mahdavis Möbel und Accessoires wie Juwelen. Das Herzstück des Apartments? Sie selbst. Diese Seite Das Künstlerviertel Montmartre ist Mahdavis größte Inspirationsquelle. Im Hintergrund die Basilika Sacré-Coeur.


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ie Grande Dame des Stils wohnt in einem Tortenstück. Am Fuße der SacréCoeur hat sie sich in einem sechsstöckigen Eckhaus niedergelassen, ganz oben unter dem Dach. Auf Fotos von Modenschauen und Boutique-Eröffnungen wirkt die quirlige Iranerin oft ernst und beherrscht. Doch sobald sie die Apartmenttür in der fünften Etage öffnet, ist klar: In dieser Frau brodelt ein kreativer Vulkan. Erst im letzten Jahr hat sie die Foto-Sets für den Ikea-Katalog gestaltet. Ein Kraftakt, selbst für ein Energiepaket wie Mahdavi. »Mein Stil ist meine Visitenkarte«, sagt sie. »Ob provozierend oder romantisch, ich erzähle immer eine Geschichte und verkaufe Träume.« Und das weltweit. Im Moment arbeitet sie unter anderem an zwei Privatresidenzen in Paris und Dubai. Bevor Mahdavi im vergangenen Sommer einzog, verpasste sie dem Apartment im typischen Haussmann-Gebäude aus dem 18. Jahrhundert eine Verjüngungskur. »Hier sah es furchtbar aus! Die Wohnung stand lange leer, davor hatte ein Künstlerpaar darin gelebt und alles verkommen lassen. Wir haben die Dienstmädchenzimmer unterm Dach mit der unteren Wohnung verbunden. Dazu kamen ein Aufzug und eine Wendeltreppe, jetzt kann ich mich auf 88 Quadratmetern über zwei Etagen ausbreiten.« Das alles sprudelt aus ihr heraus, während sie sich grazil wie eine Ballerina durch die verwinkelten Räume bewegt. Sie sind voller tiefer Farben, gemusterter Textilien und Tapeten – sogar die Zimmerdecken hat sie in ihr Konzept einbezogen. »Ich habe nur ein bisschen mit Nuancen gespielt«, sagt sie leichthin. »Grün ist im Islam die Farbe des Glücks. Der dunkle Ton im Mansardenzimmer steht für die Nacht, das Hellgrün für die Sonne.« Auf dem Balkon eine Etage tiefer hat sie eine

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Linke Seite 1/ Rattanmöbel, Vintage-Teppich und Palmentapete (Farrow & Ball) im Wohngarten unterm Dach. 2/ Beliebt bei Bohemiens: In dem Eckhaus soll Henri de Toulouse-Lautrec gewohnt haben. 3/ und 4/ Mahdavi liebt das Spiel mit Proportionen. Der lebensgroße Porzellanpudel stammt aus den Fünfzigern, das Bienenmodell besteht aus beweglichen Holzteilen. Beistelltische von Gio Ponti. Oben Zwischenstopp im Stildschungel: Eine antike Korbtruhe nimmt das Reisemotto auf.

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Eine gute Stylistin hält sich nicht an Regeln – außer sie stellt sie selbst auf. Hier lautete das Motto offenbar: Verwende ein halbes Dutzend Muster auf engstem Raum. Der Sessel ist ein VintageJuwel von Pierre Paulin. Rechte Seite Maryam Mahdavi empfängt Gäste auf ihrem Balkon und serviert Kaffee plus den grandiosen Ausblick.




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Kaffeetafel für zwei gedeckt. Der handtuchschmale Freisitz legt ihr den Montmartre zu Füßen, im Rücken öffnet sich ein Showroom ihrer Ideen. »Ich wollte eine Art Niemandsland erschaffen. Und den Effekt erreichen, dass man sich mit dem Schritt durch die Wohnungstür vollkommen anders fühlt.« Das ist ihr gelungen. Dass die Zimmer voller Nischen, Winkel und noch dazu eng sind wie halb zusammengeklappte Kartons, schien ihre Kreativität nur noch mehr zu beflügeln.

Glamouröser Stilmix statt großer Namen »Name Dropping beim Einrichten finde ich furchtbar. Hier ist dagegen alles voller Eklektizismus und Emotionen.« Und so wird der spanische Sisalteppich im Dachzimmer zur glamourösen Grundlage für eine Kuriositätensammlung aus lebensgroßen Porzellantieren, antiken Rattansesseln und Design-Einzelstücken von Gio Ponti und Pierre Paulin. In der Küche feiern Leoprints mit heiligen Jungfrauen, einem Porträt von Frida Kahlo und einer Discokugel eine exzentrische Stilparty. Denn zusätzlich zu penibler Planung gehören für sie auch Humor und Theatralik zum Konzept. »Mein Anspruch ist es, bei jedem Projekt eine Szene wie in einem Film oder auf einer Postkarte zu entwerfen.« Feste Gestaltungsregeln oder stilistische No-Gos kümmern Mahdavi nicht. Sie folgt ihrer Intuition und liefert mit ihren Kulissen den ersten Impuls für das Kino im Kopf des Betrachters. Kurz bevor sie nach einem langen Nachmittag ihre Tür schließt, ruft sie einem noch gut gelaunt ihr Lieblingsmotto ins Treppenhaus hinterher: »Kopiert mich ruhig, ich habe mich schon längst wieder neu erfunden.«

Linke Seite Pink trifft Leo: Eine ihrer Yves-Saint Laurent-Blusen lieferte Maryam Mahdavi die Inspiration für die waghalsige Kombi in der Küche. Die Deckenleuchte entwarf sie selbst. Oben 1/ Die Schlafnische ist ein behagliches Boudoir mit Perserteppich und vielen Kissen. Hinter den Vorhängen verschwindet die Ankleide. 2/ Chronisches Fernweh: Stylistin Maryam Mahdavi auf ihrem Balkon.

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Palm Springs

Hotel California Bohème-Style mitten in der kalifornischen Wüste? Why not! Mit amerikanischem Vintage-Design, marokkanischen Teppichen, Surfboard und Hängematte vereint ein Paar aus Los Angeles beschwingten Lebensstil mit der rationalen Architektur eines modernistischen Bungalows am Fuße der San Jacinto Mountains. Text Marzia Nicolini und Camilla Péus / Fotos John Ellis

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Linke Seite Baden und dabei auf Berge schauen: für Kenya Avery Knight und ihren Mann ein tägliches Vergnügen im Salzwasserpool. Diese Seite Namensgeber für das Haus Alexander ist der amerikanische MidCentury-Architekt Robert Alexander, der in Palm Springs mehr als 2000 Villen für Feriengäste aus Los Angeles baute. Noch heute zählen sie zu den begehrtesten Immobilien.



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inen lässigen Zwei-Stunden-Drive von Los Angeles und San Diego entfernt, dazu 300 Sonnentage im Jahr, klare Wüstenluft, himmelwärts strebende Königspalmen und dazwischen einige der schönsten Häuser, die der MidCentury-Stil und seine Baumeister hervorgebracht haben. Kein Wunder, dass die Bewohner umliegender Megacitys hier auf den Poolliegen ihrer WochenendRefugien gern die Beine hochlegen. Auch Kenya Avery Knight, Chefin der Agentur Nous Model Management aus L. A., verliebte sich in die Kleinstadt im Coachella Valley, als sie dort vor 13 Jahren zum ersten Mal Urlaub machte: »Das Wetter war außergewöhnlich mies, deshalb beschloss ich, mir ein paar Immobilien anzusehen, obwohl ich noch nicht einmal mit dem Gedanken gespielt hatte, etwas zu kaufen«, erinnert sie sich. »Doch als mir klar wurde, dass man hier für weniger Geld viel mehr bekommen würde als in Los Angeles, begann ich von einem Ferienhaus in der Wüste zu träumen.« Schon wenig später erfüllte sich ihr Wunsch: Die umtriebige Kalifornierin konnte einen der begehrten Bungalows von George und Robert Alexander ergattern. Zwischen 1955 und 1965 hatten die Bauunternehmer mehr als 2000 Häuser als Zweitwohnsitze für wohlhabende Städter in Palm Springs errichtet – einfache Stützpfeiler-Querbalken-Strukturen mit je drei Zimmern, zwei

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Linke Seite 13 Rosa-Nuancen testete das Paar, bis es sich für den Ton Rustic Rose des traditionsreichen Farbherstellers Dunn-Edwards entschied. Das sanfte Rosa ebenso wie die gemauerten Beete sind typisch für Marrakesch – die Heimat des Hausherrn. Bester Platz für die Siesta: die Hängematte im Patio. Oben Für Farbtupfer am Pool sorgen bunte Badetücher, gemusterte Kissen und der mit einem marokkanischen VintageTeppich bespannte Butterfly Chair aus Kenya Avery Knights Boutique Soukie Modern. Der runde Tisch mit Messingtablett stammt aus Marokko, der leuchtend gelbe Blumentopf von West Elm.

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Bädern und einem optionalen Pool. Die Lage konnte man sich auf einem rund 900 Quadratmeter großen Areal aussuchen. Die sogenannten »Alexanders« machten Palm Springs endgültig zur Enklave modernistischer Baukunst. »Glücklicherweise konnte ich das Haus von einem Paar kaufen, das es liebevoll renoviert und um einen großen Wohnbereich mit Kamin ergänzt hatte.« Der entscheidende Auslöser waren jedoch die atemberaubenden Ausblicke: »Vor uns erheben sich die SanJacinto-Berge. Und der Pool wird von morgens bis abends von der Sonne beschienen«, sagt Kenya Avery Knight, die den Kauf nie bereut hat: »Palm Springs hat sich kontinuierlich entwickelt und dabei nicht eine Falte bekommen. Es ist einer der fröhlichsten, spirituellsten und inspirierendsten Orte, die ich kenne.«

Auf demselben Breitengrad wie Marokko Mittlerweile betreibt sie hier gemeinsam mit ihrem Mann Taib Lotfi, einem gebürtigen Berber aus einer bedeutenden marokkanischen Teppichhändlerfamilie, die Boutique Soukie Modern, eine Fundgrube für Vintage-Mobiliar, Textilien und Accessoires aus Marrakesch. Als Reminiszenz an seine Heimat ließen sie das Haus in dem typischen erdigen Rosa-Ton marokkanischer Gebäude streichen. Die

1/ und 2/ Rattanleuchten aus Indonesien (Burke Decor) über einem Tisch von Rove Concepts und Eames-Stühlen von Vitra. Die geschnitzte Anrichte und die Messingleuchter brachten die Bewohner aus Marokko mit. Das Foto von Kurt Iswarienko zeigt Salton Sea, den größten See Kaliforniens. 3/ VintageVasen und Gläser aus dem Shop Bon Vivant in Palm Springs. 4/ Makramee-Wandskulptur aus Jute, von der Künstlerin Judee du Bourdieu. Vintage-Kissen und Teppich von Soukie Modern. Oben Immer stylish: Kenyas Kaftan ist von Norya Ayron aus Marrakesch, das Plakat Big Woman von The Silas Green Show aus New Orleans.

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Linke Seite Die beste Aussicht auf die über 3300 Meter hohen San Jacinto Mountains einzufangen war Teil des architektonischen Konzepts. Kenya Avery Knight und ihr Mann genießen den Blick täglich vom Garten, Pool und Gazebo aus. Surfboard und Beach Cruiser verraten die Hobbys der Bewohner und sind zugleich Symbole kalifornischer Freizeitkultur. Diese Seite Schattiges Plätzchen unter Königspalmen: Die zwei kleinen Bambussessel stammen aus Indonesien, die Laterne ist ein Mitbringsel aus Marrakesch – ebenso wie die Babouches.


richtige Nuance zu treffen war gar nicht so leicht: »Wir haben 18 Rosa-Schattierungen getestet!« Passend dazu hat das Paar Teppiche, gewebte Tagesdecken, geschnitzte Holzmöbel und Messingteller aus Marokko in Villa und Garten verteilt. »Marrakesch und Palm Springs liegen auf demselben Breitengrad und teilen ein ähnliches Klima. Deshalb funktioniert der marokkanische Stil hier so gut«, erzählt die Hausherrin. Ihre zweite große Leidenschaft gilt Möbeln der 50er Jahre. »Palm Springs beherbergt einige der besten Vintage-Design-Shops des Planeten.« Vor allem das nahe gelegene Hotel Parker, eingerichtet von dem New Yorker InteriorPopstar Jonathan Adler, inspirierte sie zum eklektischen Interieur ihres Hauses, in dem sie mittlerweile so viel Zeit wie möglich verbringt. »Es ist einfach immer schön hier – im Winter, wenn der Kamin knistert, ebenso wie im Sommer, wo ich wunderbare Momente auf der Terrasse, in der Hängematte oder bei einem Bad im Salzwasserpool erlebe«, schwärmt sie. »Häufig diskutieren wir aber auch mit Freunden stundenlang in unserem Outdoor-Salon, der bereits Bühne für die außergewöhnlichsten Gespräche war. Und wenn ich schon morgens vom Bett aus bei offener Schiebetür die Libellen und Kolibris über dem Pool beobachte, dann weiß ich, dass wahres Glück manchmal ganz nah sein kann.«

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Oben Beliebteste Plätze für den Sundowner: die Lounge möbel unter der Überdachung am Salzwasserpool. Auch der erste Blick nach dem Aufwachen wandert gleich aufs Wasser, wo morgens Libellen und Kolibris umherschwirren. Unter dem Schrägdach liegen die privaten Wohn und Schlafbereiche. Vor dem Garten befindet sich ein Gästetrakt. Rechte Seite Patchwork der Kulturen: Im Gästezimmer mit Holzbalkendecke kombinierte die Hausherrin zottelige gewebte Vintage Teppiche aus Marokko als Betthaupt, Tagesdecken mit Pompons (aus ihrem Shop) sowie Prints mit Naturmotiven (aus der Londoner Galerie Eyestorm).

© JOHN ELLIS/LIVING INSIDE

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Das Design des Wandteppichs von Pierre Marie ist eine Hommage an die GewĂźrzmischung Ras el Hanout. Der Teppich bildet die perfekte Kulisse fĂźr den Esstisch.


Paris

Monsieur Muster Weiße Wände? Mais non! Illustrator und Grafikdesigner Pierre Marie mag es bunt. Sein Apartment im Viertel Nouvelle Athènes ist ein Feuerwerk an Farben und Formen. Das Interieur entwarf der Franzose, der für Hermès und Diptyque arbeitet, fast komplett selbst. Text Marie Godfrain und Sörre Wieck / Fotos Ambroise Tézenas


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m Anfang war der Teppich. Pierre Marie hatte zuvor Seidencarrés für Hermès entworfen, Shirts für agnès b. und Muster für Diptyque, aber Fioritura Mimetica war sein erstes Interior-Stück. Das Werk mit den hypnotischen Farben und Formen gefiel ihm so gut, dass er es als Grundlage für die Gestaltung seines Apartments nahm. »Mit dem Boden zu beginnen erdet den Raum. Es erinnert an Gartenarbeit: Jeder Teppich ist wie ein Garten, auf dem man Möbel, Objekte und Leuchten pflanzen kann – und zuschaut, wie er wächst und gedeiht«, ist sich Pierre Marie sicher. Seine Wohnung im Pariser Viertel Nouvelle Athènes ist dafür der ideale Nährboden – seit den 70er Jahren war das einstige Künstleratelier unangetastet geblieben. Mit dem Architektenduo Lecoadic-Scotto machte sich Marie an die Renovierung. Dabei beeinflusste die Vergangenheit des Viertels das Konzept: »Pigalle, genauer gesagt Nouvelle Athènes, wurde schon immer von Künstlern bewohnt und ist ein Ort, wo reiche Immobilienentwickler einst Gebäude und Apartments für ihre Mätressen bauten. Der Ort versprüht neben dem romantischen Hintergrund aus dem späten 19. Jahrhundert auch Jugendstilflair vom Anfang des 20. Jahrhunderts.« Auf 92 Quadratmetern schuf der Illustrator und Grafikdesigner ein Gesamtkunstwerk voller wilder Muster und Farben. Fast wird einem schwindelig bei dieser Opulenz, die so gar nichts mit Clean Chic oder skandinavischem Minimalismus zu tun hat. Pierre Marie selbst findet es beruhigend, auf die überbordenden Ornamente zu schauen. »Ich sehe jedes Muster als eine Chance zum Meditieren, viele meiner Designs gleichen Mandalas: Jedes Bild ist wie ein Fluchtpunkt für die Augen, ein imaginäres Fenster.« Seine Dessins erzählen Geschichten. So zieren seine erste Tapisserie Ras el Hanout im Esszimmer

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Linke Seite Die Stühle von Josef Hoffmann sind mit Stoffen von Créations Métaphores bezogen (Design: Pierre Marie). Den beleuchteten Tisch hat ebenfalls Pierre Marie entworfen sowie die Objekte darauf, die aus dem 3-D-Drucker kommen. Oben Auch der Kamin, die Leuchten und der Teppich Fioritura Mimetica stammen von Pierre Marie. Dazu der Sessel Baysity (l.) von Antonio Citterio (B&B Italia), graue und apricotfarbene Sessel von Jean Varvara.

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Das Muster für die Küchenoberflächen entwarf Pierre Marie ebenso wie den Teppich. Der Kronleuchter aus den 60er Jahren ist von Barovier & Toso, die Stühle stammen aus dem Frankreich der 40er Jahre.




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Das Mezzanin über dem Wohnzimmer nutzt Pierre Marie als Kleiderschrank – und für seine elektronische Orgel, die hier allerdings nicht zu sehen ist. »Ich liebe den Moment, wenn ich an nichts anderes als an die Musik denke«, sagt er. Die drei Kunstwerke an der Längswand sind von Sol LeWitt.

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Muster, Muster, Muster Neben seiner Liebe zum Zeichnen entdeckte er auch die zum 3-D-Drucker. Objekte wie die Sockel seiner Leuchten im Wohnzimmer oder die Ablage im Bad sind so entstanden. Und es gibt auch Gegenstände in der Wohnung, die nicht aus der Feder von Pierre Marie stammen: »Antike Stücke mit meinen Entwürfen zu mischen war neu für mich. Ich habe keine Ausbildung in Designgeschichte, also ging ich eher unvoreingenommen auf Flohmärkte – und vertraute meiner Intuition. Als ich die Stühle fürs Esszimmer fand, war ich begeistert. Sie sind eine französische Arbeit aus den 40er Jahren, aber stark inspiriert vom Stil Louis XIII.« Bezogen hat der Kreative sie mit einem opulent geblümten Stoff – seinem eigenen natürlich. Ob der zum Teppich darunter passt? Das ist nicht die Frage. Hauptsache, die Kombination passt Pierre Marie.

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1/ Die Fenster im Bad sind ein Entwurf von Pierre Marie und eine Maßanfertigung der Ateliers Duchemin. 2/ Das Bett im Schlafzimmer ziert ebenfalls ein Dekor des Hausherrn. Rechte Seite Pierre Marie entwarf den Paravent, den Stoff fertigte Créations Métaphores. Daneben der Sessel Baysity von Antonio Citterio (B&B Italia). Auch das Design der an eine Straßenlaterne erinnernden Lampe stammt von Pierre Marie ihr Sockel kommt aus dem 3-D-Drucker.

© AMBROISE TÉZENAS/PHOTOFOYER

Abbildungen von Kräutern der gleichnamigen orientalischen Gewürzmischung. Die Buntglasfenster im Bad und Schlafzimmer sind inspiriert durch eine Kindheitserinnerung seines Freundes, sie wurden in den Ateliers Duchemin, einer traditionellen Glaserei, angefertigt. »Ein Muster ohne Geschichte fühlt sich oft überflüssig an. So sehr ich Muster liebe, ich möchte sie nicht als Gimmick benutzen.« Seine Passion fürs Zeichnen begleitete Pierre Marie schon in der Kindheit – einerseits durch die wöchentlichen Museumsbesuche mit seinen Eltern, andererseits durch seine Begeisterung für Zeichentrickfilme: »Als ich fünf Jahre alt war, wollte ich für Walt Disney zeichnen«, so Pierre Marie, der heute in Paris auch seine eigene Galerie führt.



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Die Wohnung der Designerin Karen Checkerdjian ist ein gekonnter Mix aus Orient und Okzident, aus europäischem Design und arabischer Gegenwartskunst. Eine kleine Führung durch eines der letzten traditionellen Häuser im Herzen Beiruts. Text Marie Godfrain / Fotos Jean-François Jaussaud

Beirut

Zuhause voller Gegensätze 154


Linke Seite Karen Chekerdjian auf einem ihrer eigenen Entwürfe: ein von scharfen Felsen inspirierter Beistelltisch aus der Kollektion Object 04. Hinter ihr Sessel Elda von Joe Colombo (Comfort/Longhi, 1963). Diese Seite Im Wohnzimmer Sofa Polder von Hella Jongerius (Vitra), Beistelltische Cork Family von Jasper Morrison (Vitra). Auf dem niedrigen Tisch Phoenix von Patricia Urquiola (Moroso) Vasen aus gebürstetem Kupfer aus der Serie Object 03 von Karen Chekerdjian. Stehleuchte Luminator (Flos, 1954), Kohlezeichnungen von Youssef Abdelké.


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an erkennt sie an ihren Arkaden, dem typischen gelben Sandstein und dem obligatorischen Patio: Im Viertel Gemmayzeh im Zentrum des alten Beirut trotzen die letzten traditionellen libanesischen Häuser der Verdrängung durch immer mehr riesige Glas- und Betonbauten. In einem dieser alten Häuser hat die Designerin Karen Chekerdjian ihre Wohnung: »Ich mag die traditionelle Architektur, sie hat etwas extrem Kommunikatives. Das gesamte Haus ist um einen zentralen Raum herum gestaltet, von dem die anderen Zimmer abgehen. Auf diese Weise stehen wir ständig miteinander in Kontakt, wenn die Fenster offenstehen, und das tun sie dauernd«, erzählt sie. Die Terrasse auf der Rückseite ihrer Wohnung im ersten Stock, abseits der belebten Straße, ist der Lieblingsplatz der Designerin. »Sie ist meine Oase, hier kann ich durchatmen. Ein friedlicher kleiner Ort und ein Paradies für Vögel und Katzen.« Für Chekerdjian ist ihre Terrasse eine Reminiszenz an die Zeit, als auch Beirut »Stadt der Gärten« genannt wurde. Sie hat ihren Minigarten mit farbigen Zementfliesen, Sesseln von Patricia Urquiola sowie einem Tisch, den sie sich selbst aus gebrauchten Fundstücken zusammengebaut hat, eingerichtet. An ihm entstehen oft die Ideen, die sie dann gemeinsam mit ihrem Team in ihrem 600-Quadratmeter-Atelier in La Quarantaine, einem hippen Viertel Beiruts mit vielen Galerien und Architekturbüros, umsetzt. Die Ergebnisse – von der Natur inspirierte Möbel und Objekte, in sanften Tönen gehalten, oft mit organischer Form – kann man sich im Showroom im nahe gelegenen Hafenviertel ansehen. Zu Hause mag es Chekerdijan natürlich und eklektisch: »Während

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1/ Schaukelstühle von Gio Ponti (Cassina), Metal Side Table von Ronan und Erwan Bouroullec (Vitra). Stehleuchte vom Flohmarkt und zwei Appliques de Marseille von Le Corbusier (Nemo). 2/ Niedriger Tisch, der T. H. Robsjohn-Gibbings zugeschrieben wird, Sofa LC3 von Le Corbusier, Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand (Cassina, 1928), Tischleuchte Hiroshima V von Karen Chekerdjian, Muranovasen, Gemälde von Seta Manoukian. Rechte Seite Hier im Vordergrund: Karen Chekerdijans skulpturales Multifunktionsmöbel Living Space III. Durch die traditionellen Säulenbögen (mit einem Werk von Victor Vasarely), die den zentralen Raum der Wohnung begrenzen, fällt der Blick ins Wohnzimmer.



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ich selbst eigentlich nur Schwarz und Weiß trage, ist meine Wohnung ziemlich bunt«, sagt sie, während sie sich umsieht. »Ich kombiniere einfach zu gerne Farben.« Davon zeugen das signalrote Sofa Polder von Hella Jongerius – das zentrale Element in ihrem Wohnzimmer – florale Teppiche im Seventies-Look und die stilvolle Kunstsammlung, die sich wie ein roter Faden durch die Räume zieht.

Ein Interieur voller Geschichten »Ich liebe zeitgenössische arabische Malerei, seit ich vor 13 Jahren die Kulturzentren im jordanischen Amman und in der gesamten Region durchstöbert habe«, erklärt sie und deutet auf die zahlreichen Gemälde libanesischer und syrischer Künstler. »Viele der Bilder sind Gefühlskäufe, vor allem die von Seta Manoukian (eine libanesische Malerin armenischer Abstammung, Anm. d. Red.), die ich bei einer Ausstellung über den libanesischen Bürgerkrieg entdeckt habe. Als ich die Bilder damals sah, begeisterten sie mich sofort.« So war es auch mit den Werken des syrischen Malers Youssef Abdelké – im Wohnzimmer hängt seine großformatige Kohlezeichnung eines Damenschuhs. »Mir geht es nicht um Dekoration – ich wähle die Stücke wegen ihres Hintergrundes. Bei jedem Kauf frage ich mich: Wer hat es gestaltet? Zu welchem Zeitpunkt seines Lebens? Und warum?« Jedes neue Teil hilft dabei, die Einrichtung noch ein bisschen vielschichtiger und interessanter zu machen. Das spüren auch die Nachbarn, die gerne einen Mokka auf der Terrasse trinken. Die Einladung dazu erfolgt über den Hof hinweg. Auf Zuruf.

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1/ Die niedrige Tisch-Bank Grande Vague, realisiert mit Fouad El Hayek, ist einer von Karen Chekerdijans Bestsellern, der Elephant Chair stammt ebenfalls von ihr. Tisch und Kommode: Vintage, Standaschenbecher Servofumo von Achille und Pier Giacomo Castiglioni (Zanotta), VintageSofa von Børge Morgensen. An der Wand Lampe Applique de Marseille von Le Corbusier (Nemo). 2/ Im Schlafzimmer eine Variante der niedrigen TischBank Grande Vague. Bett Clip von Patricia Urquiola (Molteni & C) mit Tagesdecke von Marimekko. Leuchte von Niko Koronis, antiker chinesischer Stuhl. Kunst von Hubert Fattal. Rechte Seite Auf der Terrasse Blumentopfständer Albero von Achille Castiglioni (Zanotta), Sessel Re-Trouvé von Patricia Urquiola (Emu). Upcyling-Tisch.

© JEAN-FRANÇOIS JAUSSAUD/LUX PRODUCTIONS

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© DIETER BRAUN

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Die Erde bebte, wenn der 30 Meter lange Brachiosaurus vor rund 150 Millionen Jahren durch die Prärie Amerikas stapfte.

Im Reich der Giganten Weltweit erobern Dinos die Kinderzimmer. Damit kleine Forscher wissen, mit wem sie es zu tun haben, stellt Illustrator Dieter Braun jede bisher entdeckte Riesenechse in seinem neuen Buch vor. Wir liefern die passende Ausrüstung dazu: von Tarnjacken bis zum Expeditionszelt. Von Camilla Péus

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1/ Leuchte Grande Volière aus Kupferdraht, mit Ziervögeln, von Mathieu Challières, ca. 600 Euro. Dopo Domani. 2/ Kuscheldecke aus reiner Lammwolle, mit der Affen-Illustration des bekannten Grafikers Bo Bendixen, ca. 140 Euro. Kay Bojesen. 3/ Chambray-Kleid mit Stickerei – für einen endlosen Sommer, ca. 35 Euro. Boden. 4/ Schreibtisch Victor aus Eiche, von Pierre-François Dubois, ca. 500 Euro. Hartô. 5/ Rollkorb Luggy aus Rattan, von Olli Ella, ca. 55 Euro. Smallable.

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© DIETER BRAUN

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Mit seinen Zähnen konnte er Knochen knacken und fraß alles, was sich ihm in den Weg stellte: der furchterregende Tyrannosaurus rex.

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1/ Pfahlhütte Palafitt mit drei Magnetvögeln (als zweitüriger Spielzeugschrank), ca. 1300 Euro. Seletti über Made in Design. 2/ Leuchte Favourite Things von Eno Studio lässt sich mit Lieblingsdingen bestücken, ca. 300 Euro. Smallable. 3/ Tipi aus Baumwoll-Canvas und Holzstäben, von Numero 74, ca. 160 Euro. ImmerimZimmer. 4/ Baumwoll-Sweater, ca. 95 Euro. Hartford. 5/ Sneaker aus Bio-Baumwolle, Naturkautschuk und pflanzlich gegerbtem Leder, ca. 70 Euro. Veja.

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© DIETER BRAUN

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Der Pflanzenfresser Protoceratops war nur so groß wie ein Löwe und sah mit seinem Schildkrötenschnabel und der knöchernen Halskrause beinahe niedlich aus.

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1/ Kindersessel Bohème aus Rattan, von Bonton, ca. 85 Euro. Smallable. 2/ Schreibtischleuchte Type75 Mini von Paul Smith, ca. 200 Euro. Anglepoise. 3/ Tragbares Radio aOWLmit großen Lautsprecher-Augen, Preis auf Anfrage. Kreafunk. 4/ Playsuit mit Palmen-Print und Rüschendetails, ca. 70 Euro. Scotch & Soda. 5/ Für Nachwuchsarchitekten: Regal oder Puppenhaus Funkis in Form eines modernen Neubaus, von Ferm Living, ca. 200 Euro. Made in Design.

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© DIETER BRAUN

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Kaum größer als ein Huhn, aber schnell wie ein Wiesel und auf der Jagd im Dschungel bestens getarnt: der Compsognathus.

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1/ Giraffentrophäe Wild & Soft, ca. 55 Euro. Smallable. 2/ Spielzeugkiste Le Coffre (Laurette) aus Buchenholz, im Retro-Look, ca. 275 Euro. Smallable. 3/ Robustes Kinderhemd Kayak aus Baumwolle, mit Camouflage-Print, ca. 95 Euro. Zadig & Voltaire. 4/ Kippelsicherer Metallstuhl von Mum & Dad Factory, ca. 95 Euro. Smallable. 5/ Höhen- und weitenverstellbares Laufrad in Vintage Green, von Trybike, für Rennfahrer ab 18 Monaten, ca. 95 Euro. Emil & Paula.

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ID-DOSSIER NEWS

© THORSTEN WINKELMANN

Von Johannes Hünig

Spielen

Turnen

Freuen

Vollwertküche

Wacklige Sache

Mitten ins Herz

Gäbe es einen Preis für das ökologisch und sozial korrekteste Spielzeug der Saison, er ginge vermutlich nach Dänemark. Denn die Spielzeugküche Toro, die Ferm Living jüngst vorgestellt hat, besitzt alles, was aufgeklärte Eltern glücklich macht: Sie ist kompakt, was bei der derzeitigen Wohnraumsituation in den Szenevierteln der Metropolen schon mal Erleichterung verschafft. Sie kommt in neutralen Holztönen daher, statt mit Knallfarben das nordisch-schlichte Einrichtungskonzept der Altbauwohnung durcheinanderzubringen oder gar mit grellem Pink die Rollenzuteilung »Frau = Kochen« zu zementieren. Und: Sie ist aus natürlichem, ungefärbtem Sperrholz gefertigt, wobei die erfrischend einfach gestalteten Details – Spüle mit Wasserhahn, zwei Kochplatten, Haken für Utensilien und Ablagefächer – leicht dunkel getönt sind. Das engt die Fantasie nicht ein und lässt das Kochen zur puren Freude werden. Für die Eltern jedenfalls. Jetzt müssen nur noch die Kinder mitspielen.

Was dieses gebogene Brett aus Schichtholz so unwiderstehlich macht? Vielleicht, dass es trotz seiner auf Anhieb vertrauten Erscheinung nicht gleich verrät, was es eigentlich sein will. Umso mehr lädt der Wobbel zum Ausprobieren ein – und schnell stellt man fest: Er ist all das, was man aus ihm macht, sei es Spiel- oder Sportgerät, Balance Board, Wippe, Wiege oder Hocker. Der Schichtholzbogen, der ursprünglich aus der Waldorfpädagogik stammt und vom holländischen Start-up Wobbel mit frischem Design versehen und neuem, einprägsamem Namen auf den Markt gebracht wurde, hat sich gerade dank seiner intuitiven Handhabbarkeit in kürzester Zeit zum Bestseller entwickelt. Zu haben ist er in mehreren Größen und Farben sowie mit praktischer Filzbeschichtung, die den Boden schont. In das Design scheinen die Wobbel-Macher übrigens großes Vertrauen zu haben: Er sei das erste Spielzeug, so schreiben sie, das man nicht aufräumen muss – weil es so gut aussehe, dass es zum Teil der Einrichtung werde.

Wahre Erfolgsgeschichten beginnen nur selten mit großen Geschäftsideen vom Reißbrett, sondern viel öfter mit einem Gespür für das, was Menschen mögen – und sei es nur eine Postkarte. Vor gut fünf Jahren begann die Grafikdesignerin Geraldine Koppmann, Mutter zweier Söhne, eigene Illustrationen auf Karten zu drucken und sie unter dem Namen Ava & Yves zu verkaufen. Die kamen so gut an, dass sie es bald wagte, ihr Sortiment zu vergrößern – und neben Karten auch Textilien, Keramik und Spieluhren entwarf. »Ich finde es sehr spannend, meine Designs auf neuen Materialien zu sehen. Daher gibt es auch so viele verschiedene Produkte«, erzählt die Bielefelderin. Was ihr noch wichtig ist? Der ökologische und soziale Anspruch, für den ihre Marke steht. Gefertigt werden die meisten Produkte in Behindertenwerkstätten; wo immer möglich, werden natürliche und biozertifizierte Materialien eingesetzt. Genügend Gründe also, warum aus einer kleinen Idee ein viel geliebtes Label wurde.

— fermliving.com

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— wobbel.eu

— avaundyves.de


We Love Interiors Die beißen nicht Von Johannes Hünig

Mit ihrem Label Doing Goods tun Jan Swinkels und Aanyoung Yeh eine Menge Gutes – für Kinder, Eltern und bedrohte Wildtiere, die dank der neuesten Teppichkollektion am Leben bleiben dürfen. in Tigerfell, notfalls auch Leopard« – solche Kinderwünsche erfüllen Eltern auch bei aller Liebe eher selten. Denn wer will schon 300 Karma-Punke einbüßen, im Fegefeuer schmoren und es am Ende noch mit dem Zoll zu tun bekommen? Doch Abhilfe ist nah. Zu verdanken haben wir sie dem niederländischen Label Doing Goods, das mit der Kollektion Tapis Amis eine Serie handgefertigter Teppiche aus Schafwolle herausgebracht hat, die von echten Tiger-, Leoparden- und Löwenfellen nur von fantasielosen Erwachsenen zu unterscheiden sind (wofür wir allerdings keine Garantie übernehmen). Das Beste an den wilden Bettvorlegern aber ist, dass auch die Eltern etwas davon haben – nämlich das wohlige Gefühl, ausnahmsweise einmal auf der guten Seite des Welthandels zu stehen. Denn Doing Goods, der Name der 2010 gegründeten Marke, ist durchaus als Programm zu verstehen. Auf einer gemeinsamen Reise durch Asien sammelten die Gründer Jan Swinkels und Aanyoung Yeh Design-Ideen für Textilien, die sie anschließend in lokalen Werkstätten zu fairen Bedingungen produzieren ließen, unter anderem bei einem Familienbetrieb in Indien. Mit dem lief die Zusammenarbeit so gut, dass sie schon bald in einen eigens gebauten Werkstattkomplex mündete – der für die Doing-Goods-Gründer längst zur zweiten Heimat geworden ist.

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— doing-goods.com

Showroom München, Gabelsbergstraße 9 St. Gallen | Paris | Como | Amsterdam | Tokyo Besuchen Sie unseren Pop up Showroom 9. - 13. April 2019, 10.00 - 20.00 Uhr La Posteria, Via Giuseppe Sacchi, 5/7 Milano


ID-DOSSIER INTERVIEW

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Dieter Braun: Bilder mit Biss In seinem Hamburger Atelier lässt der Illustrator die Tiere der Erde mit abstrakten Strichen lebendig werden. Auch sein neuestes Buch bringt kleine und große Augen zum Leuchten. Interview Johannes Hünig

In Ihren Büchern wimmelt es von wilden Tieren. Wo lassen Sie sich am liebsten inspirieren – im Zoo? Ja, den besuche ich tatsächlich gern. Noch lieber erlebe ich Tiere aber auf Reisen in freier Wildbahn. Allerdings sitze ich nicht stundenlang mit dem Skizzenbuch im Schatten, um sie abzuzeichnen, sondern nehme die Inspiration im Kopf mit nach Hause – als Vorlage dienen mir dann Fotografien und naturkundliche Bücher.

Richten sich Ihre Bücher an Kinder – oder an das Kind im Erwachsenen? Weder noch. Ich gebe die Tiere so wieder, wie ich sie selbst gerne sehen möchte. Tatsächlich hatte ich, als ich mit den Tierbüchern begann, illustrierte Naturbücher im Kopf – erst im Gespräch mit dem Verlag wurde klar, dass wir sie als Kinderbücher herausbringen sollten. Wenn sie am Ende großen und kleinen Lesern gefallen, ist das umso schöner.

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Bei aller Abstraktion sind Ihre Illustrationen wissenschaftlich exakt. Das versuche ich. Ich hatte als Kind Tierbücher aus den 60er Jahren, die ich begeistert gelesen habe: Sachbücher mit einfachen, aber präzisen Illustrationen, die das Wesentliche der jeweiligen Arten wunderbar auf den Punkt brachten. Dieser Ansatz gefällt mir.

Bei manchen Kinderbüchern hat man heute den Eindruck, sie seien tatsächlich eher für Erwachsene gemacht ... Was Kindern gefällt, kann man kaum vorhersagen. Manchmal lieben sie so komplexe Illustrationen, dass man sich nur wundert. Dann wiederum lassen sie die anspruchsvollen Bücher links liegen und wollen nur Feen und Einhörner!

In Ihrem neuesten Buch dreht sich alles um Dinosaurier. Was fasziniert Sie an denen? Das Gleiche, was auch Kinder so begeistert: Sie sind riesengroß und furchteinflößend – aber im Gegensatz zu Drachen und Fabelwesen haben sie tatsächlich existiert, bis sie von unserer Erde verschwunden sind. Je mehr man darüber nachdenkt, desto verrückter kommt einem das vor.

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1/ Dieter Brauns Motive finden sich nicht nur in Büchern, sondern sind auch als Kunstdrucke zu haben – so wie dieser Blaufußtölpel. 2/ Als Illustrator arbeitet der Hamburger u. a. für »stern«, »Geo«, »Süddeutsche Zeitung« und »Wall Street Journal«. © MAXIMILIAN KOENIG

3/ »Dinosaurier. Die Welt der Urzeitriesen von A–Z«, 18 Euro. Knesebeck. Dieter Braun. brauntown.com


Von Johannes Hünig

Auf Weltreise

Farbe macht froh

Erzähl doch mal

»Alexander von Humboldt«, Volker Mehnert, 112 Seiten, 25 Euro, Gerstenberg Verlag.

»Aus dem Schatten trat ein Fuchs«, Einar Turkowski, 40 Seiten, 25 Euro, Gerstenberg Verlag.

»Die kleine Meerjungfrau und andere Märchen«, 240 Seiten, 30 Euro, Coppenrath Verlag.

»Ich hatte seit meiner ersten Jugend den glühenden Wunsch nach einer Reise in entfernte Länder«, schrieb Alexander von Humboldt. Junge Leser, die ebenso wie er voller Entdeckerlust stecken, begleiten den großen Weltreisenden und Universalgelehrten mit diesem Buch bei seinen Expeditionen und lernen dabei spielerisch die Wunder der Erde und des Lebens kennen. Klingt nach drögem Erdkundeunterricht, macht aber auch Erwachsenen viel Freude – nicht zuletzt dank der charmanten Bilder der Illustratorin Claudia Lieb.

Mit stillen, poetischen Versen und wunderbar filigranen Bleistiftzeichnungen erzählt Einar Turkowski die Geschichte vom einsamen Fuchs, der auf seinem Weg durch die Nacht auf einen Paradiesvogel trifft. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach der Farbe, die sich zwischen den Schwarz-, Weiß- und Grautönen der Zeichnungen verbirgt – und am Ende beiden zu neuem Glück verhilft. Ob Groß oder Klein – wer auch nur ein wenig Sinn fürs Lyrische mitbringt, wird sich von diesem kunstvoll illustrierten Buch in seinen Bann ziehen lassen.

Märchen gehen immer. Und weil die der Gebrüder Grimm als Sammelband schon in vielen Kinderzimmern stehen, kommt hier eine kunstvolle Ausgabe der Erzählungen von Hans Christian Andersen: Zwölf davon, von der »Kleinen Meerjungfrau« bis zum »Hässlichen Entlein«, versah das Designduo MinaLima mit farbenfrohen Illustrationen. Das Buch spielt mit Papiersorten, Prägungen und herausnehmbaren Karten – und weckt so Emotionen, wie es nur gut gemachte Druckerzeugnisse können (ja, das ist ein wenig Werbung in eigener Sache).

Summ, summ, summ

Spiel’s noch mal, Hund

Vom Glück im Garten

»Die Honigbiene«, Isabelle Arsenault und Kirsten Hall, 48 Seiten, 16 Euro, Nord Süd.

»An der Geige: Hugo, der Hund!«, David Litchfield, 40 Seiten, 16,95 Euro, Bohem Press.

»Grüner wird’s nicht. Das Buch für kleine Gärtner«, Kirsten Bradley, 56 S., 14,90 Euro, Die Gestalten.

Flieg nur aus in Wald und Heide, ei, wir tun dir nichts zu Leide? Schön wär’s. Seit die Welt um die Bedrohungen weiß, der die Bienen ausgesetzt sind, ist der herzige Honigbringer im braun-gelb geringelten Leibchen zur Ikone einer neuen Öko-Bewegung geworden. Was die Bienen für Mensch und Natur so wertvoll macht, erfahren Kinder ab vier Jahren in diesem Naturbilderbuch: Mit schönen Illustrationen zeigt es den Lebenszyklus der Biene ebenso wie das Leben im Bienenstock und die Kommunikation der Tiere untereinander.

Wer New York so liebt wie die Musik (was eine recht häufige Kombination sein dürfte), wird von diesem Buch hingerissen sein. Der US-Amerikaner David Litchfield illustriert die Geschichte vom Geige spielenden Hund, der sich auf den steinigen Weg zum großen Auftritt macht, mit schummrigen Bildern, in denen die Lichter der Weltstadt verführerisch leuchten. Das Buch für Kinder ab drei Jahren ist der Folgeband des Bestsellers »Der Bär am Klavier«, dessen Protagonist auch in dieser Erzählung eine gewichtige Rolle spielen wird.

Wie man Kinder fürs Gärtnern begeistern kann? Indem man sie einfach mal machen lässt. Dabei ist dieses wunderschön illustrierte Buch ein hilfreicher Begleiter: Kinder finden darin eine Menge Ideen zum Entdecken und Selbermachen – mit Mitteln, die jeder zu Hause hat (etwa mit einer Milchtüte, die zum Blumentopf wird), und überall dort, wo man losbuddeln kann (selbst auf der Fensterbank). Die Autorin weiß, wie’s geht: Sie bewirtschaftet eine Farm in Australien, wo sie Kurse im umweltgerechten Gärtnern anbietet – speziell für Kinder.

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Contemporary trips was uns jetzt in Fahrt bringt


Š LE DUO

Schanghai

Miami

New York City

London

Sydney

Moskau

Paris

Rio de Janeiro

Venedig


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»Empire, Jugendstil, Art déco, Modernismus: Hier herrscht ein Stilchaos, aber das hat seinen Charme.« Lionel Jadot, Architekt und Interior Designer

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Große Geste für die Expo 1958: Das 102 Meter hohe Atomium ist aus neun Metallsphären zusammengesetzt, die wie die Atome eines Moleküls miteinander verbunden sind. Die Treppen und Tunnel im Inneren versprühen Scifi-Flair.

Brüssel Alles, nur nicht grau Ist Brüssel schön? Über diese Frage können die Einwohner der bauwütigen Metropole mit ihrem berüchtigt miserablen Wetter nur lachen. Die Hauptstadt Belgiens ist nicht nur das polyglotte Herz Europas, sondern auch ein Magnet für Freigeister, Künstler und Designverrückte – und die sind es, die die Stadt mit ihrem legendär schlechten Wetter zum Strahlen bringen. Text Thomas Jean / Fotos Ludovic Maisant

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rüssel ist eine dieser Städte, in die man sich erst auf den zweiten, vielleicht sogar dritten Blick verguckt. Moloch, Bürokratennest, graue Stadt unter grauem Himmel? Steigt man an einem trüben Wintermorgen am Bahnhof Bruxelles-Midi aus dem Schnellzug Thalys und versucht, zwischen gesichtslosen Hotels und mehrspurigen Straßen einen Weg in die Innenstadt zu finden, kommen einem all die bösen Klischees über die belgische Hauptstadt in den Sinn – und man ist kurz versucht, wieder umzukehren. Doch das wäre keine gute Idee. Denn Brüssel, das multikulturelle Herz Europas, hat Stärken, die es zu entdecken lohnt. Dafür aber braucht man Zeit. Und die richtigen Leute, die einen mit der Stadt vertraut machen können. »Brüssel ist eine der wenigen europäischen Metropolen, in deren Zentrum noch ganz normale Leute wohnen. Deshalb ist die Atmosphäre dort entspannt, abwechslungsreich und sympathisch«, erzählt der Architekt und Interior Designer Lionel Jadot. Er selbst ist in Saint-Gilles aufgewachsen, einer Ecke, die sich in den vergangenen Jahren zu einem kreativen Szeneviertel entwickelt hat – die große Galerie La Patinoire Royale etwa ist vor Kurzem hierhergezogen. »Die Gegend ist hip geworden, aber ohne dass die Portugiesen, Polen oder Marokkaner verschwunden wären«, sagt Lionel. »Wenn ein Viertel hier aufsteigt, geschieht das nicht über Nacht.«

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So gemächlich, wie diese Veränderungen stattfinden, geht es auch im Zentrum von Saint-Gilles zu, wo sich Caféterrassen aneinanderreihen; schon beim ersten zaghaften Sonnenstrahl sitzt man hier mit einem Glas Minztee oder Trappistenbier. Im noch etwas hipperen, aber ebenso unversnobten Viertel Dansaert nördlich der Brüsseler Innenstadt haben sich Restaurants mit Fusion-Akzenten – etwa das San von Sang Hoon Degeimbre oder das Gramm von Erwan Kenzo Nakata – unter die Secondhandläden und Markthallen gemischt. Sonntags spaziert man in Marolles durch die Trödlerhochburgen Rue Blaes und Rue Haute, wirft einen Blick auf die modernistischen Vintage-Stücke in der Welcome Gallery und stöbert im berühmten Antiquitätenkaufhaus Passage 125, bevor man sich über den Place du Jeu de Balle schiebt, wo der populärste Flohmarkt überhaupt stattfindet. Zwischen Geschirr aus Delft und Unmengen von Accessoires finden Profis hier manchmal wahre Schätze. Ringsherum wird in sämtlichen Sprachen der Alten Welt geplaudert, kurz wähnt man sich zwischen lauter Touristen – doch der Eindruck trügt. In Brüssel, wo die wichtigsten Institutionen der EU angesiedelt sind, sowie ein gewaltiger Schweif an Lobbyverbänden und NGOs, sind Paare gern mal norwegischbosnisch oder portugiesisch-zypriotisch, bilden sich Freundeskreise, die griechisch-deutsch-rumänisch

1/ Das vegetarische Restaurant Humus x Hortense residiert in einem ehemaligen Teesalon. Die Decke ist ein kurioser Mix aus Jugendstil und Renaissance-Formen. 2/ An die Prachtstraße Avenue Louise hat Sir Norman Foster ein Wohngebäude mit exaltierter Fassade gesetzt. 3/ An der Rue Blaes nahe des Jeu-deBalle-Flohmarkts sitzen eine Menge Trödler mit Fokus auf modernem Design – so auch die Welcome Gallery mit ihren tollen Leuchten. Rechte Seite Céline Vanderstraeten, Hervé Yvrenogeau und Pili Collado zeichnen für die Gestaltung des Restaurants Amen verantwortlich. Die zweite Adresse von Spitzenkoch Pascal Devalkeneer liegt an der geschäftigen Rue Franz-Merjay in Ixelles.



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sind. Dass das Leben in Brüssel seinen ganz eigenen, kosmopolitischen Reiz hat, würde wohl kaum einer von ihnen bestreiten. Aber ist die Stadt auch schön? »Es stimmt, dass hier wild in alle Richtungen gebaut wurde, so, als wäre jeder Architekt nach Lust und Laune vorgegangen. Nicht mal auf eine einheitliche Traufhöhe hat man geachtet«, sagt Lionel Jadot, immerhin selbst Architekt, und klingt dabei fast amüsiert. »Neoklassizismus, Empire, Jugendstil, Art déco, Modernismus – es herrscht ein Stilchaos, aber das hat seinen Charme.« Und so obliegt es dem Flaneur, die über die Stadt verteilten Sahnestücke aufzuspüren: Jugendstiltypische florale Ornamente darf man in der Rue Américaine bewundern, wo sich Großmeister Victor Horta um 1900 ein Wohnhaus baute, das später zum Museum wurde. Sehenswert sind auch das Cauchie-Haus in Etterbeek und das Autrique-Haus in Schaerbeek – und natürlich das legendäre Atomium mit seinen neun riesigen Metallkugeln, die über dem Gelände der Expo 1958 gleißen.

Man zeigt, was man hat – am liebsten Kunst Und die Kunst? Immerhin heißt es, Belgien habe die höchste Dichte an Kunstsammlern. Für den Brüsseler Galeristen Rodolphe Janssen, einer der etabliertesten Vertreter seiner Zunft, hat das zwei Gründe. »Belgiens Unternehmer waren wirtschaftlich stets in engem

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Austausch mit anderen Ländern. Ihr Geschmack für Kunst ist durch das Reisen entstanden«, sagt er. Bestes Beispiel dafür sei Guy Ullens, einer der bekanntesten Brüsseler Industriellen. »Er begann, zeitgenössische chinesische Kunst zu sammeln, weil er sich an den Wochenenden in Peking langweilte!« Die Öffentlichkeit an ihrer Leidenschaft teilhaben zu lassen ist für viele Brüsseler Sammler selbstverständlich. Walter Vanhaerents etwa, der ein Penthouse im Arbeiterviertel Anneessens bewohnt, öffnet für ein paar Tage im Jahr die unteren Etagen seines Gebäudes, wo sich meisterlich in Szene gesetzte XXL-Werke aneinanderreihen. Galila Barzilaï-Hollander wird im Frühjahr ihr eigenes Museum eröffnen, gleich beim Museum Wiels, das wie keine andere Institution in Brüssel für zeitgenössische Kunst steht. In den letzten Jahrzehnten ist in der Stadt ein enges Netz vermögender Kunstliebhaber entstanden, das noch dichter geworden ist, seit sich französische Sammler aus steuerlichen Gründen hier niedergelassen haben. Mit ihnen kamen einige Schwergewichte des Pariser Kunstmarkts nach Brüssel: Almine Rech, Nathalie Obadia oder Michel Rein haben im Stadtteil Ixelles große Galerien eröffnet. Hierher kommt man aber nicht nur wegen der Kunst, sondern auch wegen der Schwanenteiche, der von hübschen Verkaufsbuden gesäumten Rue Lesbroussart, dem Place Eugène Flagey mit seinen

1/ In den Galeries Royales Saint-Hubert residieren nostalgische Cafés, ein Kino, ein legendärer Hutmacher und ein berühmter Chocolatier – die Quintessenz des alten Brüssels. 2/ Der Grand Place, der Große Markt im Zentrum der Stadt, gehört mit seinen Staffelgiebelhäusern aus dem 17. Jahrhundert zum Weltkulturerbe. 3/ Walter Vanhaerents’ Sammlung zeitgenössischer Kunst zeigt in einem Lagerhaus aus den 20er Jahren unterhaltsame Neo-PopArt. Rechte Seite In der Gemeinde WatermaelBoitsfort hat der Architekt Constantin Brodzki in den 70er Jahren für den Zementhersteller CBR einen futuristischen Firmensitz errichtet, der heute als Coworking Space dient.



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coolen Bars oder der sympathischen Deko-Läden (etwa The Corner für schönes Handwerk oder La Forêt de Lucia für Tischkultur). Das Schöne an Brüssel sei, dass das Interesse an gutem Design nicht nur auf eine kleine Elite beschränkt ist, sagt Jean-François Declercq, der die in einem 30er-Jahre-Gebäude untergebrachte Galerie Jespers leitet. »Hier hat selbst der Durchschnittsmensch Sinn für Schönes«, erzählt der leidenschaftliche Designsammler. »Da sich die Immobilienpreise verglichen mit anderen Metropolen in Grenzen halten, sind die Wohnungen vergleichsweise groß, weshalb das Interieur für viele ein Thema ist.«

Alles ist möglich Wer die Preise in London oder Paris kennt, fällt fast vom Stuhl, wenn er hört, dass man hier durchaus noch eine 120 Quadratmeter große Wohnung für unter 700 Euro pro Monat findet – das schafft Möglichkeiten, von denen man andernorts nur träumt. Kein Wunder, dass sich Kreative aus aller Welt auf Brüssel gestürzt haben, um hier in Ruhe zu arbeiten; Kunststars wie der Südafrikaner Kendell Geers, der Amerikaner Peter Downsbrough oder der Mexikaner Gabriel Kuri haben Brüssel zu ihrer Wahlheimat gemacht. Nach seinem Studium an der École Supérieure des Arts Saint-Luc Tournai zog es auch den

180

3

französisch-belgischen Designer Damien Gernay hierher, dessen skulpturale Tische auf den letzten Möbelmessen Furore machten. »Diese riesigen Ateliers, die man sich sonst nirgendwo leisten könnte, sind ein echter Standortfaktor. Ich habe mit ein paar Kollegen einen ehemaligen Abfüllbetrieb in Molenbeek neu gestaltet – ein Viertel, das seinen schlechten Ruf nicht ganz verdient«, erzählt er. In Molenbeek, dem alten industriellen Herzen der Stadt, liegen zahlreiche Fabrikgebäude, die nach und nach modernisiert werden und Raum für kreative Nutzungen bieten. In die frühere Brauerei Bellevue zum Beispiel zog 2016 das Millennium Iconoclast Museum of Art (MIMA) ein, in dem Street-Art und grafische Kunst aufeinandertreffen. In dem Viertel, das an manchen Stellen – etwa mit der Kirche Saint-Jean-Baptiste Molenbeek – noch ein paar versteckte Art-déco-Perlen bereithält, stoßen harte Kontraste aufeinander, nicht nur im Straßenbild. Während in den Hinterhof-Moscheen oft ein strenger Islam praktiziert wird, ist Molenbeek Epizentrum der jungen Kreativ- und Partyszene: Am Wochenende verwandeln sich Kulturzentren wie Recyclart oder LaVallée abends in Dancefloor oder Konzertstätte. Brüssel liebt diese krassen Gegensätze. Man kann sagen: Mit ihrem feinen Kunstsinn und dem selbstironischen Blick auf die eigenen Unzulänglichkeiten bringt uns diese Stadt wohltuend aus dem Konzept.

1/ Der Großmeister des Brüsseler Jugendstils, Victor Horta, baute sich 1901 ein Haus mit floralen Beton- und Holzornamenten, das heute besichtigt werden kann. 2/ In der Stadtrandgemeinde Zaventem hat der Architekt und Interior Designer Lionel Jadot eine alte Metallfabrik in einen Kreativ-Hotspot verwandelt. Neben Jadots Büro findet man hier Kunsthandwerker, eine Ausstellungsfläche und demnächst auch ein Restaurant. 3/ Die zum Freizeitpark umgestaltete Rennbahn von Boitsfort wartet mit Glanzstücken wie diesem Kontrollturm mit Art-déco-Details auf. Rechte Seite La Centrale, Zentrum für zeitgenössische Kunst in Dansaert, stellte kürzlich systemkritischen Künstlern seine Räume zur Verfügung. Hier: ein Mural zwischen Street-Art und Grafik von Roumain Dan Perjovschi.



ID-URBAN SPIRIT

an der Place Eugène

KUNST-KALENDER 2019/2020

Flagey, befindet sich in

Die Messe Bruneaf

einem Art-déco-Bau das

Cultures zeigt vom 12. bis

Kulturzentrum Flagey,

16. Juni 2019 traditionelle

wo Klassik- und Jazzkon-

Kunst u. a. aus Afrika.

zerte stattfinden. Auch

bruneaf.com

in Uccle verbergen

Belgische Top-Floristen

sich Schönheiten wie

verwandeln das Rathaus

die prachtvolle Avenue

und den Grand-Place

Molière, der Brugmann-

vom 14. bis 18. August

Park oder das Museum

2019 in ein Blumenmeer.

Van Buuren in dem

flowertime.brussels

Art-déco-Ziegelbau eines

Ein Wochenende voller

ehemaligen Bankiers.

Kunst (mit Top-Gale-

Toll ist auch die Aussicht

rien) bietet das Brussels

vom gigantischen

Gallery Weekend,

Atomium (2) auf dem

5. bis 8. September 2019.

Gelände der Expo 1958 –

brusselsgalleryweekend.

mit der längsten Roll-

com

treppe Europas. Ein Ruhe-

Die Brüsseler Ausgabe

Spaziergänge. Nördlich,

1

2

UNTERWEGS IN BRÜSSEL ANKOMMEN

Metro verbindet die öst-

SPAZIERGÄNGE

pol ist der Stadtwald

der New Yorker

Zwischen dem Kölner

lichen und westlichen

Den perfekten Einstieg

Bois de la Cambre, der

Messe Independent

Hauptbahnhof und

Viertel. Die Straßenbah-

bildet der imposante

von Prachtbauten wie

gastiert mit junger

Brüssel-Midi verkehren

nen (Prémétro) decken

Grand-Place mit dem

der Villa Empain – einem

Kunst und Performance

mehrmals täglich der

die 19 Gemeinden der

neogotischen Maison du

Zentrum für zeitgenössi-

Art vom 7. bis 10. Novem-

Thalys und der ICE. Die

Region Brüssel-Haupt-

Roi, dem mit Gold ver-

sche Kunst – umgeben ist.

ber 2019 im Espace

Direktverbindung dauert

stadt ab. Infos: stib.be

zierten Rathaus mit sei-

knapp zwei Stunden.

nem 96 Meter hohen

KURZPROFIL

independenthq.com/

Ab ca. 30 Euro in der

PER FAHRRAD

Turm, und das Maison

Brüssel entstand im Tal

brussels

zweiten und ca. 73 Euro

Achtung: Mit seinem

des Brasseurs (Haus der

der Senne, ein Fluss,

Preziosen aus der Bron-

in der ersten Klasse.

Verkehrsaufkommen ist

Braumeister) aus dem 16.

der in Wallonien ent-

zezeit bis hin zu moder-

Direktflüge starten von

Brüssel einer der am

Jahrhundert. In Richtung

springt und in der Region

nem Design zeigt die

Berlin-Schönefeld mit

häufigsten verstopften

Place Royale liegt der

Flandern in die Dijle

bedeutende Antik- und

Ryanair und von Berlin-

Ballungsräume Europas.

Mont des Arts. Hier

fließt. Die mittelalter-

Kunstmesse Brafa

Tegel mit Brussels Air-

Die Bike-Sharing-Ange-

versammeln sich bedeu-

liche Struktur des

Art Fair: 25. Januar bis

lines ab ca. 50 Euro, von

bote Pro Velo und Villo

tende Institutionen wie

Stadtzentrums richtet

2. Februar 2020 auf

Hamburg mit Brussels

sind gute Alternati-

das Musikinstrumenten-

sich nach dem Wasser-

dem Industriegelände

Airlines ab ca. 100 Euro.

ven – wenn die Strecke

museum (mit prunkvoller

lauf und der Lage seiner

Tour & Taxis.

Und von Frankfurt und

nicht zu steil ist. Denn in

Jugendstilfassade) und

Inseln. Für ein Abwasser-

brafa.art

München mit Lufthansa

der belgischen Metro-

das Musée Magritte. Von

system wurden im

ab ca. 100 Euro.

pole gibt es viele Hügel.

den Treppenstufen aus,

19. Jahrhundert jedoch

provelo.org, villo.be

nahe des Calder-Brun-

alle Flussarme über-

.»Die Hauptstadt« des

nens, bietet sich ein

wölbt. Der Kanal

Wiener Autors Robert

INFOS IM NETZ

182

Vanderborght.

LEKTÜRE

Touristeninformation für

PER WASSERTAXI

fotogener Ausblick auf

Charleroi-Brüssel ist

Manasse ist ein un-

Brüssel: visit.brussels

Schönstes Fortbewe-

die Stadt. Das vornehme

einer der letzten übrig

terhaltsamer EU-Roman,

gungsmittel ist der

Viertel Ixelles (Metro-

gebliebenen Wasser-

er beschreibt vor

UNTERWEGS PER BAHN

Waterbus, ein Fährschiff,

station Horta), umgeben

wege. Hier haben sich

allem das Europa-Vier-

das auf dem Kanal

von Belle-Époque-Villen,

das Millennium Iconoclast

tel (Suhrkamp).

Mit den Bahnen der

zwischen Brüssel und

modernistischen Bauten

Museum of Art (MiMa)

.»Ein perfektes Wochen-

Verkehrsbetriebe STIB

Vilvorde acht Stationen

sowie edlen Boutiquen

und weiter nördlich das

ende in Brüssel«

kommt man bequem

anfährt. Kaffee trinken

und Restaurants, eig-

Kanal Centre Pompidou

(Süddeutsche Zeitung

durch die Innenstadt: Die

und Aussicht genießen!

net sich für ausgedehnte

niedergelassen.

Edition).


© CARLA FUENTES


ID-URBAN SPIRIT

UNSERE LIEBLINGSHOTELS IN BRÜSSEL Belgiens Metropole hat nur wenige Fünfsternehäuser – dafür aber zahlreiche stilvolle, individuell gestaltete Adressen, die mit reichlich Charme statt großen Effekten überzeugen.

1

2

3

4

5

6

Upper Class

gen auch das Zwei-

saisonal. Alle 421 Zimmer

hipper, junger Reisender

Diskreter Palast

Pillows Grand Hotel (1)

sternerestaurant

bieten eine großartige

avanciert. Zur legeren

Amigo (4)

Das Eckhotel am Place

Comme chez soi und

Aussicht entweder

Atmosphäre passt das

Schmucklos sieht der

Rouppe ist eine mon-

das Elvis Café.

auf die Altstadt oder auf

Interieur des Architekten

Ziegelbau aus den 50er

däne Insel im Herzen

Place Rouppe 17.

Ixelles. Tipp: Wer eine

Lionel Jadot im DIY-

Jahren nur von außen

des beliebten Viertels

pillowshotels.com

Panorama-Suite bucht,

Style. Dazu gehören

aus. Denn seit die

erhält Zugang zur

Ziegelwände, Einbauten

Luxushotelkette Rocco

Stalingrad. Perlgrau und

184

Messingtöne bestim-

Room with a view

exklusiven Panorama-

aus hellem Pinien-

Forte das Amigo 2010

men die Farbskala des

The Hotel (2)

Lounge. Mit 28 Eta-

sperrholz, Leuchten aus

eröffnete, zogen hier

Interieurs, Original-Kunst-

Das ehemalige Hilton

gen ist das Haus der

Abwasserrohren und

Eleganz und Lifestyle

werke zieren die 43

unter neuer Marke

Leuchtturm der Brüsse-

Regale aus Betonzy-

ein: Interieur-Designerin

Zimmer. Der Gourmet-

wirkt im ersten Moment

ler Skyline.

lindern auf der schönen

Olga Polizzi stattete

tempel The Living steht

wie ein gewöhnliches

Boulevard de Waterloo

Rooftop-Bar mit Was-

die Suiten mit spanisch-

unter der Führung

Business-Hotel. Doch

38. thehotel-brussels.be

serbecken. Mit einem

flämischen Möbeln,

von Trung Hoang, der

jetzt glänzen Lobby,

Spritz in der Hand star-

samtenen Sesseln, Vor-

schon im Dreisterneres-

Flure und The Restaurant

Szene-Spot

ten hier die bes-

hängen aus Leinen und

taurant des Londoner

in Gold- und Aubergine-

Jam (3)

ten Sommerabende!

Tapeten mit floralen

Dorchester gekocht hat.

tönen. Gekocht wird

Die frühere Kunstschule

Chaussée de Charleroi

Motiven aus, während im

In der Nähe überzeu-

hier stets regional und

ist zum Lieblingsort

132. jamhotel.be

italienischen Restaurant


7

Bocconi mit seinen

familie das Boutique-

Familiär

stühle und hölzerne

Michel Penneman hat

blassblauen Wänden

Hotel besitzt. Sie

Made in Louise (6)

Waschtische. Typisch

das prachtvolle

Objekte von Maestro

kombinierten Parkettbö-

Hier hat die Hotelier-

für Brüssel ist die

Treppenhaus restauriert,

Ettore Sottsass für

den und Holzklappläden

familie Duchâteau eine

Aussicht in den Innenhof,

ihm eine Kronleuch-

Farbtupfer sorgen.

mit modernem Design

Herberge geschaffen, die

wo sich die schmalen

ter-Kaskade geschenkt,

Rue de l’Amigo 1–3.

belgischer Hersteller und

sich anfühlt, als sei man

Gärtchen der Nachbar-

Kamine und Stuck

roccofortehotels.com

selbst entworfenen

bei guten Freunden

schaft aneinanderreihen.

freigelegt und das Ganze

Keramikobjekten sowie

zu Gast: Im Herzen des

Rue Veydt 40.

im hellblau-weißen

Gekonnter Stilmix

grünen Art-déco-Fliesen

Jugendstilviertels nahe

madeinlouise.com

Scandi-Look gestaltet:

Hotel des Galeries (5)

in den Bädern und edlen

dem Place Eugène Flagey

Die Galeries Royales

Leuchten von Charlotte

gelegen, versprühen

Nordisch

Rattanschaukeln und

Saint-Hubert, drei

Perriand mit Antiquitä-

die Zimmer der Stadt-

Hygge (7)

Wandteppichen,

majestätische Passagen

ten aus dem Viertel

villa einladenden Retro-

Dieses neoklassizistische

plakativen Marimekko-

von 1847, sind Namens-

Sablon. Schönster Ort:

Charme. Zu Böden

Gebäude in Ixelles, in

motiven auf Kissen

geber des Hauses. Das

das verglaste Restaurant

im Schachbrettmuster

dem einst Verwaltungs-

und vielen Pflanzen

farbenfrohe Interieur

mit dem angrenzenden

gesellen sich Tapeten

räume untergebracht

lädt das Hygge zum

kreierten Fleur Delesalle

bepflanzten Patio.

mit nostalgischen

waren, hat schon einige

Cocooning ein.

und Camille Flammarion,

Rue des Bouchers 38.

Blütenmotiven, weiß

Verwandlungen hinter

Rue des Drapiers 31–33.

deren bekannte Verleger-

hoteldesgaleries.be

getünchte Medaillon-

sich: Der Architekt

hyggehotel.be

Zwischen Holz,

185


ID-URBAN SPIRIT

BESTE BRÜSSELER RESTAURANTS Regionale Produkte, kühne Kreationen, originelle Orte: Die Küchenchefs der belgischen Hauptstadt kombinieren erfinderische und gesunde Gerichte mit geschmackvollen Interieurs.

1

2

3

4

5

6

Siegertreppchen

verschlungene Holz-

saisonale Produkte. Und

Hell und freundlich

Wildente mit Polenta

Le Pesage (1)

bänder unter die Decke

zusätzlich ein Zero-Waste-

Amen (3)

und Zwiebeln.

Am Rande der Pferde-

gehängt und hier und

Ansatz, bei dem wie in

Seit Jahren bekocht

Rue Franz-Merjay 165.

rennbahn von Boitsfort

da kitschigen Nippes

alten Zeiten aus Gräten

Pascal Devalkeneer

amen.restaurant

steht ein Gebäude, in

platziert. Die schnörkel-

Fischbrühe wird und aus

im Sternerestaurant Le

dem einst die Jockeys

lose Speisekarte hin-

Brokkolistrünken eine

Chalet de la Forêt die

Japanische Sterneküche

gewogen wurden – es ist

gegen bietet köstliche

köstliche Suppe. Die

High Society. Seine neue

Kamo (4)

eine skurrile Kreuzung

belgische Basics.

Französin Aubane Verger

Adresse in einer der

Intensiv, ausgewogen

aus Art déco und

Chaussée de la Hulpe 51.

herrscht über den Ser-

belebtesten Straßen von

und raffiniert: Hier kocht

Neoklassizismus. Eine

lepesage.be

vice, die Belgierin Laura

Ixelles besticht mit einer

Kamo Tomoyasu auf

Perahia über die Küche.

skulpturalen Bar aus

allerhöchstem Niveau

ebenso erstaunliche

186

Mixtur ist die Innendeko-

Nachhaltig

Gemeinsam begeistern

sandfarbenem Marmor,

asiatische Köstlichkeiten

ration des Lokals des

Le Local (2)

sie mit Gerichten wie

einem antiken Ofen

wie Seeteufel-Esca-

Brüsseler Stars der

Eine umweltfreundliche

Heringskroketten an

und festlicher Deckenbe-

beche, Austern-Tempura

Szene, Lionel Jadot. Er

Deko aus ausrangierten

Joghurt-Limonensauce

leuchtung. Zur fast

oder Geflügel-Tataki.

hat Tye-and-Dye-Motive

Tischen sowie Holz

oder geröstetem Sellerie

sakralen Atmosphäre kre-

Durch den schlichten

an die Wand gebracht,

von einem insolventen

mit Risotto und Pilzen.

iert er mediterrane

Speiseraum fließt ein

die Bar mit Kautschuk-

Tischler. Dazu aus-

Rue de la Longue-Haie

Speisen wie Tintenfisch

Wandpaneel aus hellen

matten verkleidet,

schließlich regionale und

51. lelocalbxl.be

mit schwarzem Reis oder

Holzstäben – und macht


7

das Kamo zur Izakaya de

von Double Mafia,

Botanik-Labor

dekorierte Szenografin

dieses Loft mit Säulen,

luxe. Die Gespräche

Arianna Musetta und

Humus x Hortense (6)

Anne Goldschmidt

Naturstein, Sesseln mit

in dem wohl beliebtes-

Marcin Sobolev, die

Kreativität und Produkte

mit imposantem Stuckge-

Hahnentrittmuster und

ten Restaurant des

Wände mit genialen

aus kleinen belgischen

wölbe und barocken

vielen Grünpflanzen den

alten Ixelles drehen sich

Fresken zwischen Manga

Manufakturen sind die

Malereien. Die Tische

Rahmen für eine eher

um den Kunstmarkt

und Andenkenkunst

Leidenschaft von Nicolas

zwischen den Kaffee-

unkomplizierte Küche:

und Ferien in St. Moritz.

dekoriert – eine Art Echo

Decloedt und Caroline

hausstühlen tragen

Auf der Speisekarte

Chaussée de Waterloo

auf die peruanisch-

Baerten – das betrifft

Marmorplatten. Vollkom-

stehen Bio-Tapas, die auf

550 A.

japanische Küche: Die

sowohl die Auswahl der

men wird ein Besuch

vergessenen Gemüse-

restaurant-kamo.be

Garnelen werden

Zutaten als auch das

des vegetarischen

sorten wie Wurzelpeter-

mit Papaya und Quitten

Dekor: Speisen wie

Gourmettempels mit

silie oder Pastinaken

Vornehm

serviert, der Kabeljau

marinierter schwarzer

Mattieu Chaumonts

basieren. Seine

Sanzaru (5)

wird mit Guave und Wa-

Rettich mit geschmortem

Kräutercocktails.

saisonalen Zutaten,

Die Villa aus den 30er

sabi gereicht. Alle Köst-

Lauch oder gelbe Bete,

Rue de Vergnies 2.

sowie das Fleisch

Jahren im schicken

lichkeiten werden

umrahmt von Nusssoufflé,

humushortense.be

bezieht Inhaber Arthur

Viertel Woluwe-Saint-

stilvollerweise mit edlen

werden auf handgefer-

Pierre beeindruckt

Pisco-Cocktails begossen.

tigter Keramik arrangiert.

Gesund

höfen der Umgebung.

schon von außen. Innen

Avenue de Tervueren

Den Speisesaal mit

Tero (7)

Rue Saint-Bernard 1.

hat das Illustratorenduo

292. sanzaru.be

edlem Fischgrätparkett

In Saint-Gilles bietet

tero-restaurant.com

Lhoist von Bio-Bauern-

187


ID-URBAN SPIRIT

ANGESAGTE SHOPPING-ADRESSEN IN BRÜSSEL Die Kreativszene der Stadt eint die Leidenschaft für hochwertiges Kunsthandwerk und Design mit Manufakturcharakter. Diese sieben Slow-Shopping-Läden treffen mit ihrem Mix aus Tradition, Vintage und Avantgarde den Nerv.

1

2

3

4

5

6

Wie in Lissabon

Fábrica dos Pastéis de

Bereich gewechselt ist,

Kunst to go

Raritäten

Forcado Pastelaria (1)

Belém in Lissabon

sorgsam ausgesuchte

Fracas (3)

Olivier Biltereyst –

Stühle und Hocker aus

gebacken werden. Die

Fundstücke vor:

Mit herausragenden

Laurent Bouchat (4)

hellem Holz, dazu

Chefkonditoren Joaquim

geschnitzte Schemel aus

Designerstücken, Hand-

In einer ruhigen Straße

ein kreatives, junges

Braz de Oliveira senior

Afrika, Schalen aus

werksobjekten und

von Uccle setzt dieses

Publikum: Auf den ersten

und junior bieten sie

deutschen Trödelläden,

Gegenwartskunst ist der

Antiquitäten-Buchhänd-

Blick wähnt man sich

auch in der Spekulatius-

von malischen Handar-

Showroom typisch für

lerduo auf Preziosen

in einem skandinavisch

version an.

beitskünstlern gewebte

das kreative Viertel

der Vergangenheit. Bei

inspirierten Café, wie es

Chaussée de Charleroi

Kissen, Kunsteditio-

Dansaert. Die Töpfe mit

Olivier bestaunt man

sie im hippen Brüsseler

196. forcado.be

nen sowie Stühle aus

lustigen Henkeln von

italienische Spiegel aus

Leder und Teak, die kein

Camille Esnée oder die

der Nachkriegszeit,

Süden zuhauf gibt. Doch

188

statt des hundertsten

Schöne Ecke

brasilianischer Moder-

Neo-Memphis-Leuch-

Vintage-Akari-Leuchten

Carrot Cakes serviert

The Corner (2)

nist stehen lassen

ten von Schneid Studio

oder skulpturale 70er-

man hier Bolo de

In ihrem ehemaligen

würde. Kurz und gut:

passen wunderbar zu

Jahre-Aschenbecher

Requeijão, einen Kuchen

Atelier stellt Andrea

alles, was einer Ein-

den Terakottafliesen des

von Annie Palisot. Bei

mit Weißkäse und Zimt,

Lennon, eine Brüsselerin

richtung Charakter und

ehemaligen Lebensmit-

Laurent blättert man

oder Pastéis de Nata,

mit irländischen Wurzeln,

Stil verleiht.

telgeschäfts.

durch vergriffene Publi-

die berühmten Törtchen,

die aus der Modefoto-

Rue du Chatelain 41.

Rue des Chartreux 82.

kationen, etwa deut-

die nach Rezepten der

grafie in den Interieur-

thecorner.studio

fracas-online.com

sche Designzeitschriften


7

der 60er Jahre oder

Werkstatt-Showroom die

getauft wurde.

(limitierte Nike Air Max

Lebendig

den Band über bru-

kühnsten Taschen-

Rue de Laeken 86.

oder Luxusturnschuhe

Sacré Sucré (7)

talistische Architektur

und Möbelträume. Ihre

niyona.be

von Common Projects)

In ihrem Büro-Laden-

in Afrika.

meisterhaften Krea-

sowie andere hippe

geschäft im stylishen

Rue Général Mac

tionen sind außerdem

Ultrastylisch

Marken wie Off-White,

Viertel Ixelles präsen-

Arthur 2.

ansprechend in Szene

Hunting and

Stine Goya, Phillip

tiert Margot Ghysels

olivierbiltereyst.com

gesetzt: Zwischen

Collecting (6)

Lim und Gosha

ihre freundlich-bun-

alten Singer-Nähmaschi-

Auf den Kleiderbügeln

Rubchinskiy sind hier

ten Interieur-Projekte.

Feines Leder

nen und großen Spulen

in dem riesigen Multi-

immer ganz schnell

Daneben verkauft sie

Niyona (5)

im minimalistischen

Markengeschäft von

ausverkauft. Der Emp-

eine große Produktpalet-

Sie schneiden, stanzen,

Ambiente findet sich

Aude Gribomont und

fang ist zuweilen etwas

te, die an ihren Stil

steppen und prägen

eine Handtasche in

Niels Radtke im Brüs-

unterkühlt, doch der

angelehnt ist: botanische

vor unseren Augen: Nina

Pommestütenform, ein

seler Fashion District

schöne Mosaikfuß-

Illustrationen, bestickte

Bodenhorst, Jonathan

Rucksack mit Moti-

hängt alles, was in der

boden und die originelle

Kissen, Rauchglas-

Wieme und Argo Dashian,

ven der städtischen

Modebranche Rang und

Deko lassen einen

vasen, Vasen, gewebte

drei junge Lederwaren-

Müllsäcke oder ein

Namen hat: Das Label

darüber hinwegsehen.

Teppiche – das Ganze zu

hersteller, die so sym-

voluminöses schwarzes

Stromae hat hier seine

Rue des Chartreux 17.

Freundschaftspreisen.

pathisch wie innovativ

Sofa, das nicht um-

Kollektion vorge-

huntingandcollecting.

Chaussée de Vleurgat

sind, erfüllen in ihrem

sonst »die Bestie«

stellt, und rare Sneaker

com

125. sacresucre.be

189


ID-URBAN SPIRIT

INTERESSANTE MUSEEN UND GALERIEN IN BRÜSSEL Bozar, Wiels, Villa Empain: Brüssel mangelt es nicht an bedeutenden Kunstinstitutionen. Unsere acht Empfehlungen sind jünger, weniger besucht und in ungewöhnlichen Gebäuden untergebracht – aber mindestens ebenso spannend.

1

2

3

4

5

6

Design-Thinktank

Polypropylen-Stuhl von

Auf die nur wenige

Architekturjuwel

Prints des ungarischen

ADAM (1)

Joe Colombo. Clubgän-

Wochenenden im Jahr

Atelier Jespers (3)

Künstlers Victor Vasarely.

Das B2B-Zentrum Trade

ger wiederum begeistern

geöffnete Ticketkasse

Für seinen Freund, den

Avenue du Prince-

Mart Brussels, ein

sich für »Designing the

herrscht stets ein extre-

Bildhauer Oscar Jespers,

Héritier 149.

Glaspalast aus den 70er

Night«, eine Ausstellung

mer Ansturm. Aber wer

baute der Architekt

atelierjespers.com

Jahren im Schatten des

über Grafiken zur

durchhält, wird belohnt!

Victor Bourgeois 1928

Atomiums, beherbergt

belgischen Club-Kultur.

Etwa mit kultigen Videos

dieses grandiose Art-

Kunst-Werk

seit Ende 2015 das

Bis 29.9.2019.

von Bruce Nauman

déco-Gebäude im

Centrale (4)

Art & Design Atomium

Place de Belgique 1.

und Francesco Vezzoli

Viertel Woluwe-Saint-

In diesem ehemaligen

Museum, eine der

adamuseum.be

oder mit beeindrucken-

Lambert. Vom Sammler

Elektrizitätswerk

den Skulpturen von

Jean-François Declercq

herrscht Galeristin

ambitioniertesten Institu-

190

tionen der Stadt. Vintage-

Exklusiv

David Altmejd. Beacht-

aufgekauft, sind in den

Carine Fol über

Verrückte verbringen

Vanhaerents Art

lich ist auch das 20er-

Atelierräumen heute

anspruchsvolle Kunst.

zum Beispiel Stunden in

Collection (2)

Jahre-Betongebäude

großartige Architektur-

Die aktuelle Schau

der permanenten Schau

Für die Sammlung des

selbst, ehemals ein Lager

und Designausstellungen

vereint die sinnlichen

mit Plastikobjekten.

Ex-Immobilienmagnaten

für Sanitärobjekte.

zu sehen, etwa zu Leben

Skulpturen der Belgierin

Die Entdeckungen: ein

Walter Vanhaerents

Rue Anneessens 29.

und Werk Corbusiers

Sophie Whettnall mit

90er-Jahre-PC aus

braucht es einen starken

vanhaerentsartcollec

oder wie noch bis

Malereien der Libanesin

Polycarbonat oder der

Willen und Kampfgeist:

tion.com

zum 26. Mai 2019 Original-

Etel Adnan. Bis 4. August


7

2019. Außerdem: ein

Wim Delvoye ist Teil

30er Jahren beherberg-

Quai des Péniches.

reichen seiner Künst-

XXL-Comic von Jérôme

seines Portfolios. Bis

te einst eine Fabrik

kanal.brussels

lerfreunde.

Tellier. Bis 2. Juni 2019.

1. Juni 2019 sind Arbei-

und einen Citroën-Show-

Place Sainte-Catherine

ten der rumänischen

room. 2023 soll hier

Anspruchsvoll

44. centrale.brussels

Zwillingsbrüder Gert &

eine Dependance des

Fondation CAB (7)

Uwe Tobias zu sehen. Mit

Pariser Centre

Der Geschäftsmann

Bewegte Bilder

Pioniergeist

XL-Holzschnitten und

Pompidou eröffnen.

und Sammler Hubert

Argos

Rodolphe Janssen (5)

Bildern aus Schreibma-

Doch auch schon vorher

Bonnet fördert mit

Erste Adresse für Video-

Seit fast 30 Jahren

schinenbuchstaben sind

lohnt sich ein Besuch

seiner Stiftung Minimal-

kunst ist das Argos

mischt der Galerist

sie Ausnahmeerschei-

auf jeden Fall: Bei

und Concept-Art. In

Center for Art and

Rodolphe Janssen in

nungen im Kunstkarussel.

der Ausstellung »The

seiner in einem ehe-

Media, untergebracht in

Ixelles den Kunstmarkt

Rue de Livourne 35.

Home Movie Factory«

maligen Kohlelager aus

einem ehemaligen Han-

auf. In seiner Galerie

rodolphejanssen.com

etwa kann man auf

den 30er Jahren

gar und mit Mediathek.

einem großen Filmset

untergebrachten Galerie

Aktuelle Fotoausstellung:

zeigt er beeindruckende

Rue Borrens 32–34. fondationcab.com

Bilder der Amerikanerin

Rohmaterial

mit Top-Equipment

läuft bis 22. Juni 2019

»There all is order and

Ellen Berkenblit oder

Kanal – Centre

eigene Filme drehen und

die Schau »Alentour« mit

beauty« über moderne

der iranischstämmigen

Pompidou (6)

sie anschließend auf

Arbeiten des Schweizer

Urbanität. Bis 14.7.2019.

Belgierin Sanam Khatibi.

Dieser 35 000-Quadrat-

DVD mitnehmen. Bis zum

Konzeptkünstlers John

Rue du Chantier 13.

Auch der schrille Belgier

meter-Koloss aus den

30. Juni 2019.

M. Armleder und zahl-

argosarts.org

191


ID-SPOTS

Stilvoll abhängen: am besten auf der Jabali-RidgeVeranda – mit Blick auf Akazien- und Baobab-Wälder.

192


TANSANIA

JABALI RIDGE Mit luftigen Lamellentüren vor weiten Terrassen, sandfarbenen Moskitonetzen, Betten aus Eisenbahnbohlen und mit Naturleinenbezügen passte die Südafrikanerin Caline Williams-Wynn die Lodge perfekt an die Farbwelt des Ruaha National Parks an. Abseits bekannter Safarirouten lebt hier am Mwagusi River ganz in der Nähe der acht Suiten mit Infinity Pool (Nummer eins bietet den schönsten Ausblick auf den Sonnenaufgang) die größte Elefanten- und Löwenpopulation Ostafrikas. Das Team der Lodge stammt aus den umliegenden Dörfern. So soll das Bewusstsein für den

Tierschutz gestärkt und der Wilderei vorgebeugt werden. Mit Erfolg! Ab 730 Euro pro Pers./Nacht, inkl. VP. asiliaafrica.com

BEST OF AFRICA Unerhört schöne Safari-Unterkünfte gibt es viele. Diese vier jedoch vereinen nicht nur spektakuläres Design mit jedem erdenklichen Komfort, sondern integrieren auch lokale Bevölkerung und Umwelt in ihr Konzept. Von Camilla Péus

193


ID-SPOTS

NAMIBIA

SONOP-CAMP Wer nach einem 80-Minuten-Flug von Windhuk auf der Piste von Sonop landet, der weiß, wie abgeschieden das neue Fünfsterne-Camp an der Südspitze der Namib-Wüste auf einem Felsplateau thront. Über Holzstege erreichbar und komplett solarbetrieben, erinnern in den zehn Zelten britische Antiquitäten an den Kolonialstil. Begegnungen mit Säbelantilopen, Erdmännchen, Kudus und Leoparden sind garantiert. Auf die Pirsch geht es mit Pferden aus dem eigenen Reitstall, im Jeep oder auf E-Bikes. Und nachts lassen sich dank geringer Luftverschmutzung Hunderte Sternbilder am Firmament entdecken. Ab 560 Euro pro Pers./Nacht, inkl. VP, Wüstentour. zannierhotels.com/sonop

KENIA

ARIJIJU Am Fuße des Mount Kenya haben der Londoner Architekt Alex Michaelis und die Kapstädter Interieurdesignerin Maira Koutsoudakis ein Kunstwerk geschaffen: ein im Busch verstecktes Fort aus rohem Stein und patiniertem Holz – mit fünf XL-Suiten, Yoga-Deck, Tennisplätzen, Spa und Heliport. Im Kräuter-Patio plätschern Bäche, am Pool löschen abends Elefanten ihren Durst. Rundherum liegt die Borana Conservancy mit der höchsten Dichte gefährdeter Tierarten des Landes – wie dem Black Rhino. Alle Einnahmen fließen in den Tierschutz!

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194



ID-SPOTS

SÜDAFRIKA

KUBILI HOUSE Von der Töpferstunde bis zum Luxus-Glamping: In ihrem Anwesen im Kruger National Park bieten die New Yorker Julian und Aida Koski Safari-Lifestyle der Superlative. Dabei sind Architektur, Einrichtung und Kulinarik ebenso grandios wie das Umfeld: Die offenen Wohnbereiche der drei Suiten und zwei Privatvillen gehen nahtlos in die Landschaft über. So lassen sich Elefanten, Giraffen und Zebras am Wasserloch des Thornybush-Reservats von Pool, Himmelbett und Veranda aus beobachten. Die Mitarbeiter sind am Umsatz beteiligt. Ab 3700 Euro/zwei Pers. im DZ, inkl. Mahlzeiten, Butler. Ab 2020

© COURTESY: ART OF TRAVEL, MÜNCHEN

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ID-HYPE AREA

Das Bar-Restaurant Marconi eröffnete 2017 in einem ehemaligen Ladengeschäft, das zuvor 55 Jahre leer stand. Für die exzellente Küche sorgt Chef Mehdi Brunet-Benkritly.

Mile-Ex – Montreals Magen Architekten, Künstler, Restaurants und kleine Läden – ein Mix, der fast immer zündet und normale Gegenden zu Szenevierteln macht: Offiziell heißt dieses Viertel in Montreal Marconi-Alexandra, nach den beiden Straßen, die hindurchführen, aber alle nennen es nur MileEx. Eine Entdeckungstour lohnt sich – dass man hier köstlich essen kann, weiß glücklicherweise noch nicht alle Welt.

HOTEL

Text Sylvie Berkowicz / Fotos Antoine Lorgnier

Umgebung. Wer auf

Fairmont Le Reine Elizabeth (1) In Mile-Ex selbst gibt es keine Hotels – und auch nur wenige in der Design und guten Service Wert legt, steigt

uf der Karte ist Mile-Ex ein Rechteck nördlich des Arrondissements Plateau Mont-Royal, umzingelt von einer Bahnlinie, dem Viertel Petite Italie und einer Handvoll Durchgangsstraßen. Bis vor nicht allzu langer Zeit kamen die Menschen nur zum Arbeiten hierher, in den Textilateliers, den Autowerkstätten oder den kleinen Fabriken an der Bahnlinie. Daneben standen ein paar bescheidene Backsteinhäuser mit kleinen Gemüsegärten, die sich die wenigen Bewohner, viele italienischer Abstammung, gebaut hatten. Doch dann kamen die Künstler, durch etwas heruntergekommene, aber erschwingliche Lofts angelockt; und viele Architekten erkannten parallel das Potenzial der Gegend. Einer davon ist Henri Cleinge: Er begann 2002 mit der Umwandlung einer ehemaligen Fabrik in drei Townhouses mit markanter Beton- und Stahlstruktur. Derlei Ideen standen

A

198

in diesem historischen Hotel im Zentrum ab, das gerade eine umfassende Renovierung hinter sich hat. Die Zimmer entsprechen dem Standard, aber mit den Gemeinschaftsbereichen tut sich das Haus hervor. Für das Montrealer Büro Sid Lee Architecture


© STEPHANE BRUGGER

1

3

2 sind sie eine Hommage

das Viertel ist ein kleiner

Hut. Hier werden Spe-

Bar sollte man reser-

Varianten dieser Klassi-

an die Entstehungs-

Raum, in dem man

zialitäten wie Wellhorn-

vieren oder zeitig

ker. Frühstück gibt es

zeit des Gebäudes, die

sich drängelt, um die

schnecke und Hirsch-

da sein.

den ganzen Tag über,

ausgehenden Fifties,

Gerichte von Grégory

fleisch serviert, ohne viel

45 avenue Mozart

beim Brunch am Wochen-

wobei moderne Ausrei-

Paul zu probieren.

Schnickschnack, dafür

Ouest.

ende sitzt man auf der

ßer für Dynamik sorgen:

Auf der Karte stehen

mit einer großen Por-

marconimontreal.com

angrenzenden Terrasse.

die Bar Nacarat mit

Lobster Roll Del Norte –

tion Lässigkeit.

ihrem schwarz-weißen

ein gegrilltes Brötchen

271 rue Saint-Zotique

Dépanneur

Dekor und den bunten

mit Garnelen aus Matane

Ouest.

Le Pick-Up (5)

Cocktails, außerdem

– der Motherfucker

restaurantmanitoba.com

Auf den ersten Blick

Brasserie Harricana (6)

der Food Court Marché

Burger (!), Miesmuscheln

ist es ein typischer

Sie ist die moderne

Artisans mit diver-

mit Blauschimmelkäse

Marconi (4)

Eckladen: Dekoration

Version der Taverne:

sen Theken und feins-

und Messermuscheln

Die Küche ist offen,

Marke Eigenbau – mit

ein großer heller

ten Produkten.

à la plancha. Unser Favo-

und es gibt eine

Bier und Chipstüten.

Raum mit hellem Holz,

900 boulevard

rit: der gegrillte Tinten-

Bar, die mit Weinen

Doch bei näherem Hinse-

wo Liebhaber guter

René-Lévesque.

fisch mit Zitrone.

und Cocktails lockt.

hen bemerkt man das

Craft-Biere einkehren.

m.fairmont.fr/

6631 rue Jeanne-Mance.

Die kleinen Speisen

besondere Angebot, und

Nach nur drei Jahren

queen-elizabeth-

mileex.ca

machen süchtig: Toast

an der kleinen Theke im

ist die Brasserie schon

mit Wellhornschnecke

Stil eines Diners kommt

eine Referenzgröße

Manitoba (3)

und Knochenmark,

man auf seine Kosten.

und schenkt rund 15

RESTAURANTS UND BARS

Mit Anpassung oder

Kalbsbries mit Kartof-

Bei Caesar’s Salad, Club-

selbst gebraute Sorten

Mainstream hat die

feln und Sauerampfer,

Sandwich, Pulled Pork

aus, darunter spezi-

Mile-Ex (2)

Küche von Chefkoch

Ricotta-Gnocchi.

und Burger, dazu vegeta-

elle Collab Brews und

Der Namensgeber für

Simon Mathys nichts am

Für einen Platz an der

rischen und glutenfreie

immer wieder neue

montreal

7032 rue Waverly. depanneurlepickup.com

199


ID-HYPE AREA

4

5

6

damals noch keine gesetzlichen Regelungen im Weg, nicht zuletzt aus diesem Grund ließ sich Cleinge auch sein eigenes Haus in Mile-Ex bauen. Mit Saucier + Perrote folgte 2006 eines der renommiertesten kanadischen Architekturbüros. Der Architekt Gilles Saucier wohnt im obersten Stock eines kleinen Industriegebäudes, das er modernisiert hat, Mile-Ex ist für ihn wie ein Spielplatz, auf dem er sich austoben kann – die bunt gemischte Einwohnerschaft sowie Tausende Quadratmeter, die auf Umbau oder Bebauung warten, überzeugten ihn, auch selbst hierherzuziehen. Und er blieb nicht allein – schon bald stürzten sich Immobilienentwickler auf das Viertel, nach und nach verwandelten sich fast alle Fabrikgebäude in attraktiven Wohnraum. Einige stehen noch leer, bis sie zu Condos oder zu Büros für Startups und Kreative aller Genres umgemodelt werden – lange kann es bis dahin aber nicht mehr dauern.

Mischungen. Qual der Wahl? Zur kompetenten Beratung durch das Personal gehört auch die Verkostung. Dazu passen die Gerichte im amerikanischen Stil. Ein Stockwerk höher kann man das neue Lieblingsbier dann in der Dose oder im Growler (950 ml) kaufen. 95 rue Jean-Talon

200

Mile-Ex – der Normalo unter den Vierteln

Ouest.

Wer in Mile-Ex besondere Sehenswürdigkeiten erwartet, sucht vergeblich: kein Denkmal, kein Museum, kaum Geschäfte. Immerhin, wer sich für Architektur und urbane Entwicklung interessiert, entdeckt hier eine interessante Stilcollage aus hübschen Architektenhäusern, die sich an profane Ziegelgebäude schmiegen, Industriebauten und Wohnhäusern mit Art-déco-Anklängen. Dazwischen immer wieder Baulücken, Parkplätze, Sackgassen. Klingt unspektakulär? Ist es auch. Dennoch findet man hier ein Montreal, das sich selbst treu geblieben ist: authentisch,

brasserieharricana.com Dinette Triple Crown (7) Im Sommer ist es hier Tradition, sich sein Brathähnchen zum Mitnehmen zu bestellen, um es


7

8 9 im kleinen Park gegen-

und Picknicktische. Es

kleinen Kette. Auf

sich der haarigen

Olympischen Som-

über zu verzehren,

brauchte nicht viel,

Kaffeekultur wird hier

Angelegenheiten ihrer

merspielen 1976. Das

selbst der Picknickkorb

damit aus der von Mai

viel Wert gelegt, auch

Kundschaft mit Pro-

gesamte Angebot ist

wird mitgeliefert. Was

bis Oktober geöffne-

selbst geröstet. Dazu

fessionalität und in

grafisch-bunt, retro-

natürlich kein Grund

ten Bar ein In-Treffpunkt

kommt eine erlesene

freundlicher Umgebung

modern: Fotodrucke,

ist, sich die US-Südstaa-

wurde. Um es den

Auswahl an Gebäck

an. Nur Online-Termin-

Poster, Bücher und

tenküche im Restaurant

Einheimischen gleich-

und Cupcakes (mit oder

vereinbarung.

kleine Accessoires.

entgehen zu lassen –

zutun, bestellt man eine

ohne Gluten).

283 rue Saint-Zotique

6710 rue Clark.

Comfort Food, wie etwa

Bicicletta (Campari,

267 rue Saint-Zotique

Ouest.

domomontreal.

geräucherte Rinder-

Prosecco, Soda, Orange).

Ouest.

emporiumbarbershop.

tumblr.com

brust, Pulled Porc oder

6731 avenue de

dispatchcoffee.ca

com

Mac and Cheese.

l’Esplanade.

Vielleicht mit einem

alexandraplatzbar.com

Bourbon als Begleitung …

Never Apart (12)

SHOPPING UND GALERIEN

DOMO Montréal (11)

Dax Dasilva ist ein

DOMO ist ein Café-

Geschäftsmann der

6704 rue Clark.

Dispatch Coffee (9)

Emporium

Galerie-Geschäft mit

mit Lightspeed, einem

dinettetriplecrown.com

Alles fing mit einem

Barbershop (10)

viel Design aus den Sech-

Anbieter von Software

Espressowagen an. Den

Man(n) wartet gern auf

zigern und Siebzigern –

für Point of Sale und

Alexandraplatz Bar (8)

gibt es zwar noch, aber

einen Termin, um vom

einer Zeit, die Montreal

E-Commerce-Unterneh-

Eine Lagerhalle mit Party-

seine Garage beherbergt

Know-how der Friseure

stark geprägt hat: mit

men erfolgreich gewor-

lichterketten, eine Ter-

mittlerweile einen

des Emporium zu

der Eröffnung der Metro,

den ist. Dasilva, der

rasse am Parkplatzende

der drei Standorte der

profitieren. Sie nehmen

der Expo 1967 oder den

zur LGBT-Community

201


ID-HYPE AREA

Street-Art im XXL-Format: eine Hausseite in Mile-Ex.

202




10

11 12 ungekünstelt, mit einer Bevölkerung, die sich aus zahlreichen Einwanderungswellen zusammensetzt und immer wieder kreativ an die Gegebenheiten anpasst. Die Restaurantszene floriert, allen voran das Mile-Ex, dem das Viertel laut seinem Besitzer Grégory Paul seinen Namen verdankt. Das Lokal wartet mit einer guten Küche auf – einem Mix, der sich irgendwo zwischen Streetfood und moderner Brasserie bewegt. Zu Beginn gehörte Mut dazu, sich in einer schwer zugänglichen Wohnstraße in dieser wenig glamourösen Gegend niederzulassen, doch das Risiko zahlte sich aus, das Mile-Ex (»Mile« von Mile End, dem südlich gelegenen Hipsterkiez, »Ex« von Parc-Extension, dem weiter westlich gelegenen Multikultibezirk) ist jeden Abend gepackt voll.

Montreals gehört, eröffnete 2015 Never Apart, ein Kulturzentrum, das dank der Qualität der Ausstellungen bei vielen Fans zeitgenössischer Kunst beliebt ist. Vertreten sind sämtliche Disziplinen: visuelle und digitale Kunst, Fotografie, Video,

Mile-Ex geht durch den Magen

und Musik – verteilt auf

Pionier unter den Restaurants war übrigens das Dépanneur Le Pick-Up, 2009 von einem ehemaligen Mitglied der Elektropunkband mit dem klangvollen Namen »Lesbians on Ecstasy« eröffnet. Die Mischung aus traditionellem Eckladen und Snackbar ist eine Institution, die viele junge Leute auch aus anderen Stadtteilen Montreals anzieht. Was auffällt: In allen Restaurants, auch in den etablierteren, werden ausländische Gäste niemals wie Touristen behandelt, sondern eher wie alte Freunde. Montreals Einwohner und Reisende schätzen das und nehmen weite Wege auf sich, um die abwechslungsreiche und erfinderische Küche zu genießen. Man könnte auch sagen: Mile-Ex geht eben durch den Magen.

drei Etagen. Ganz Montreal strömt hierher zu Konferenzen, Vernissagen und Partys, die im Sommer auch draußen, am kleinen Pool stattfinden. 7049 rue Saint-Urbain. neverapart.com

203


ID-ROAD TRIP

Halbinsel Yucatán

Karibischer Traum 18° 50’ 42 N” 89° 7’ 32 W”

Warum die Halbinsel zwischen Golf von Mexiko und Karibischem Meer sich hartnäckig als Trendreiseziel hält? Der spannende Kontrast zwischen Dschungel und türkisblauem Meer, das köstliche Essen und der lässige Stil der vielen kleinen Hotels sind nur drei von vielen Gründen: Man fühlt sich hier sehr schnell sehr zu Hause. Text und Fotos Judith Schüller

204


TAG 1

BOHOS UND NASENBÄREN Tulum im Süden der Riviera Maya ist der perfekte Ausgangsort für eine Yucatán-Reise. Der kleine Ort, der sich in Tulum Beach und Tulum Pueblo unterteilt, ist längst nicht mehr das einsame Paradies mit ein paar Strandhütten, aber die lässige Atmosphäre, Hotels, Bars und Boutiquen im Boho Style und natürlich der Dschungel machen ihn besonders. Das Hotel La Valise liegt zwischen dichtem Dschungel und weißem Sandstrand und verfügt über sechs Suiten – alle sind aus natürlichen Materialien erbaut. Nach einem Frühstück auf der Veranda, mit Blick auf das türkisfarbene Wasser, geht es zu den Maya-Ruinen – Tulum ist die einzige Maya-Stätte am Meer. Einzige Begleitung auf dem Fußweg durchs Unterholz: eine mitgliederreiche Nasenbärfamilie. Auch im Dschungel, auf dem Gelände des Eco Resorts Azulik, liegt die Kunstgalerie IK Lab: Der von Eduardo Neira (Roth) entworfene Ausstellungsraum ist selbst ein Kunstwerk. Am Strand entlang Richtung Nationalpark Sian Ka’an steht die Casa Malca. Die Villa, einst im Besitz des Drogenbarons Pablo Escobar, ist heute ein Luxushotel und wurde vom renommierten New Yorker Kunstsammler und Galeristen Lio Malca mit wertvollen Werken seiner Sammlung ausgestattet. Linke Seite Blick auf den Tempel des Windes in Tulum. 1/ Im La Valise wacht man unter Palapadächern mit Blick auf das Meer auf. © JON JANNI 2/ Die Kunstgalerie IK Lab ist aus Bejucoholz und Beton. 3/ Alonso Lara, einer der Küchenchefs im Restaurant Arca Tulum. © ERICK HUICOCHEA

2

1

3

205


ID-ROAD TRIP

TAG 2

VON TULUM NACH COBÁ Copal-Rauchschwaden und die Mantras der Yoga-Gruppe vor dem Zelt im Hotel Habitas wabern durch die morgendliche Luft. Das Hotel mit dem Restaurant Moro, das vom uruguayischen Koch Frederico Cappi geleitet wird, ist ein Hotspot der Foodie-Szene – Konzerte, DJ-Sets und Yoga-Kurse komplettieren das Programm. Die Landstraße QR00 109 führt über zahlreiche Topes (Schwellen zur Geschwindigkeitskontrolle) nach Cobá. Nach etwa 50 Kilometern ins Landesinnere erreicht man die Ruinen von Cobá, die auf einem großen Areal in dichtem Wald verstreut liegen. Die Ausgrabungen der Maya-Stadt (zwischen 600 und 900 n. Chr.) lassen auf eine der größten Siedlungen schließen, mit 42 Metern steht hier mit Nohuch Mul die höchste Pyramide Yucatáns. Die Anstrengung in der Hitze wird belohnt mit einem Abstecher in die Coqui Coqui Cobá Papholchac Residence & Spa. Beim Einchecken in das Boutique-Hotel – zwei kleine Steingebäude mit Blick auf die grüne Süßwasserlagune – kommen Robinson-CrusoeGefühle auf, von einem Bad in der Lagune ist jedoch abzuraten – hier gibt es Krokodile! Dafür entschädigen zwei kleine Pools, das Spa und der köstliche Mix aus Vanille und Kokosnuss, der alle Räume erfüllt.

1

2

206

1/ Milde Brise und tropische Flora an der ruhigen Lagune von Cobá. 2/ Zimmer im Coqui Coqui Cobá – mit lässigen Luxus mitten im Dschungel. 3/ Das Coqui Coqui Cobá ist umgeben von der Geschichte der Maya. Rechte Seite Das offene Clubhaus direkt am Strand im Habitas Tulum. © ADRIAN GAUT

3


207


ID-ROAD TRIP

TAG 3

RUINEN UND ANTIQUITÄTEN Am nächsten Morgen geht es nach Nordwesten. Das Ziel ist eine der bedeutendsten Maya-Stätten der Halbinsel: Chichén Itzá. Die beeindruckende Ruinenanlage aus der späten Maya-Zeit, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde, erkundet man am besten, bevor die Touristenbusse aus Cancun und der Riviera Maya anrauschen. So lässt sich die Pyramide des Kukulcán ohne Menschenmassen auf der breiten Wiese vor der Nordseite erleben und der große Ballspielplatz, der Kriegertempel sowie die Halle der 1000 Säulen beeindrucken umso mehr. Wenn es langsam voll wird, fährt man ein Stück zurück, über die Bundesstraße México 180 Richtung Valladolid. In der Nähe liegt die Cenote Suytun, eine wunderschöne Unterwasserhöhle, in der man sogar schwimmen kann – am besten zur Mittagszeit kommen! Der schönste Spaziergang in der kleinen farbenfrohen Kolonialstadt Valladolid führt vom Kloster San Bernardino de Siena vorbei an Restaurants, Cafés und kleinen Läden zur Kirche San Gervasio. Direkt gegenüber dem Kloster ist in einem schönem Haus aus dem 16. Jahrhundert die Meson de Malleville, das ehemalige Wohnhaus der Coqui-Coqui-Gründer Nicolas Malleville und Francesca Bonato, untergebracht. Wir checken ins grüne Zimmer ein.

1

2

208

1/ Blick in den Frühstücksraum des Hotels Meson de Malleville in Valladolid. 2/ Magisches Erlebnis in Yucatáns Unterwelt: ein Besuch in der Cenote Suytun. 3/ Grandios: Tempelpyramide Kukulcán in Chichén Itzá.

3


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ID-ROAD TRIP

1

3

2

TAG 4

ÜBER UAYMA NACH MÉRIDA Auf dem Weg nach Mérida kann man einen Zwischenstopp in Uayma machen. Vor der außergewöhnlich schönen Kirche des kleinen Ortes treffen wir auf eine Gruppe junger Fahrradpilger, die sich dort um ihr Begleitfahrzeug versammelt haben. Am Feiertag der Jungfrau Guadalupe (12. Dezember) pilgern Millionen Gläubige zum Gedenken an die Erscheinung der Schutzheiligen von Mexiko – auf den sonst einsamen Dschungel-Highways sind sie zu dieser Zeit allgegenwärtig. 170 Kilometer weiter westlich liegt Mérida, die Hauptstadt Yucatáns. Mit etwa 60 Prozent hat sie den höchsten Anteil indigener Bevölkerung Mexikos. Der erste Eindruck: Farbenfrohe, fröhliche Kolonialpracht – so stellt man sich eine mexikanische Großstadt vor. Ruhig, fast menschenleer ist es in den schönen Straßen und Alleen. Ein Spaziergang entlang den kolonialen Fassaden Richtung Zentrum führt uns vom Casa T’Hō concept house zur Galerie Fundación de Artistas, die junge Künstler der Halbinsel fördert, und weiter Richtung Kathedrale und Plaza Grande. Noch weiter südlich liegt der wuselige, authentische Mercado San Benito – hier gibt es das beste Ceviche der Stadt. Die Geschmacks- und Farbexplosion setzt sich im Rosas & Xocolate Boutique Hotel + Spa auf dem Paseo de Montejo fort. Ein Traum in Pink! 1/ Mexikanisches Design im Casa T’Hō concept house in Mérida. 2/ Prachtvolle Fassade der Kirche Santo Domingo in Uayma. 3/ Pretty in Pink: der Pool im Boutique Hotel Rosas & Xocolate.

210


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ID-ROAD TRIP

ANREISE

ausgezeichnete Res-

Dschungels am Ufer

Palmen und schaut in

Ganzkörpererlebnis zwi-

Condor fliegt Cancún

taurant Nü.

einer Lagune liegt diese

die offene Küche,

schen der ausgestellten

ca. siebenmal pro

Doppelzimmer ab

Vierzimmer-Unterkunft.

wo José Luis Hinostroza

Kunst und dem sie um-

Woche von Frankfurt

ca. 400 Euro.

Inhaber sind Nicolas

(der mit Rene Redzepi

gebenden Raum.

aus nonstop an (Hinflug

Av. Poca Paila KM 8,7.

Malleville und Francesca

im Noma arbeitete)

Carretera Tulum Ruinas

ab ca. 230 Euro).

lavalise.com

Bonato, die ihre Hotels,

mit seinem Team

KM 5, Zona Hotelera.

Boutiquen und Parfü-

Gerichte zubereitet, die

iklab.art

Nach knapp zwölf StunTulum

merien unverwechselbar

die Geschmacksnerven

man die mexikanische

Casa Pueblo Tulum

eingerichtet haben.

zum Tanzen bringen.

Francisco Uh May

Stadt an der Küste

DZ ab ca. 200 Euro.

Sensationelle Cocktails!

Azulik Uh May

der Halbinsel Yucatán

Carretera Costera

Av. Boca Paila.

Das Kulturzentrum ist

Laguna s/n Solidaridad.

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© NICOLE HILL GERULAT

den Flugzeit erreicht

im Nordosten des Bundesstaates Quintana Roo. Von Cancún geht es mit einem Mietwagen weiter. Das 16-Zimmer-Hotel

KULTUR/AUSFLÜGE

dem Gründer des Eco

RESTAURANTS

Tulum

Resorts Azulik und IK

Tulum

Laguna Kaan Luum

Lab in Tulum. Es umfasst

Taquería Honorio

Die versteckte Lagune,

Ausstellungsräume,

HOTELS

liegt in einem modernen

nur fünfzehn Minuten

Residenzen für Künstler,

Tulum

Betongebäude im

von Tulum entfernt,

ein Labor für Mode

Hotel Tiki Tiki

Herzen Tulums. Raues

ist ein perfekter

und Design, das Privat-

Holz, handgefertigte

Platz zum Abschalten

haus von Roth sowie

Keramiken und klare

und Auftanken.

eine Schule für

Linien bestimmen die

Südlich von Tulum, am

Kunst und Handwerk.

gelungene Mischung aus

Highway 307.

Grulla 23.

Minimalismus und

Dieser einfache Taco-

Hazienda-Stil. Doppel-

Shop sieht unschein-

Valladolid

zimmer ab ca. 120 Euro.

bar aus, ist aber für seine

Convent San Bernadino

EINKAUFEN

Kleines Boutique-Hotel

Av. Tulum 106.

Cochinita Pibil (zartes

de Siena

Tulum

im Mid-Century-Stil

casapueblotulum.com

Schweinefleisch) und

und mit Blick in den

azuklikuhmay.com

Mixik

frische, vor Ort zube-

Dschungel in Holistika/

Merida

reitete Mais-Tortillas

Tulum. Die Zimmer

Rosas & Xocolate

berühmt. Früh aufstehen

sind mit schlichten Holz-

Boutique Hotel + Spa

lohnt sich – der Verkauf

möbeln, hübsch gemus-

Das Hotel wurde aus zwei

beginnt bereits um

terten Fliesenböden

kolonialen Altstadthäu-

sechs Uhr morgens

und gemütlichen Hänge-

sern von dem Architekten-

und endet, wenn alles

Das ehemalige Kloster

matten ausgestattet.

paar Salvador Reyes Rio

ausverkauft ist.

mit Kirche wurde im

Ein guter Ort, um

Doppelzimmer ab ca.

und Josefina Larrain

Av. Satélite.

16. Jahrhundert von den

traditionelle und lokal

100 Euro.

entworfen. Das Spa hat

facebook.com/

Franziskanern gegrün-

hergestellte Souvenirs

Calle 6 Sur Bis, Av. 5 Sur

sich auf Anwendungen

taqueriahonorio/

det und ist einer der

zu kaufen, wie Tala-

y Av. 10, Calle Camino.

mit Schokolade spezia-

ältesten Kolonialbauten

vera-Keramik, funkige

hoteltikitikitulum.com

lisiert. Doppelzimmer ab

Tulum

in Yucatán.

Skelette und Catrinas.

ca. 200 Euro.

Arca Tulum

Calle 50 210B, Sisal.

Av. Tulum Centro.

Tulum

Valladolid

IK Lab Azulik

La Troupe

Tulum

Paseo de Montejo 480.

La Valise Tulum

rosasandxocolate.com

Das kleine Boutique-Ho-

212

Roth (Eduardo Neira),

coquicoqui.com/coba

tel lässt keine Wünsche

Cobá

Der Besucher erschließt

Fairtrade-Mode und

offen. Der Service ist

Coqui Coqui Cobá

sich diese besondere

Wohnaccessoires

persönlich, die Zimmer

Papolchac Residence

Galerie auf dem Gelände

wie handbestickte Kis-

sind geschmackvoll

& Spa

des Eco Resorts Azulik

sen in einem alten

eingerichtet. Hinzu kom-

Unsere Lieblings-Mex-

Im Restaurant an der

barfuß über kühle

Stadthaus in Valladolid.

men die sensationelle

Chic-Adresse! Im Herzen

Riviera Maya sitzt

Zementflächen und raue

Calle 41 A 23 c.

Lage am Meer und das

des yucatánischen

man im Garten unter

Bejucoholzböden. Ein

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Zu Besuch bei Weckessers Von Camilla Péus

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Der Name des Einrichtungsunternehmens in Wiesloch bei Heidelberg ist mindestens ebenso außergewöhnlich wie dessen weitläufige Wohnwelt: Weckesser ist kein Möbelhaus, sondern eine Bühne für Design und Lifestyle auf höchstem Niveau. in Koch in Aktion am Herd der Gaggenau-Küche, ein Gartenmöbelbereich, der aussieht wie die Terrasse eines Wellnesshotels. Und Designsuperstar Sebastian Herkner auf dem Podium: Wer bei Weckesser Wohnen nur mal kurz nach einem Esstisch oder Sessel schauen will, sollte sich auf Überraschungen gefasst machen. Denn der Familienbetrieb, der 1898 aus der Schreinerei von Karl Weckesser hervorging und heute hauptverantwortlich in dritter Generation von Peter Weckesser geführt wird – seine Söhne Kai und Christian Weckesser stehen parat – ist Inspirationsparcours, Expertenforum und Eventspace in einem. Ein Besuch gleicht einem Kompakt-Coaching in Sachen Lebensstil: In Wohnlounges, Schlafzimmern, Küchen, im Homeoffice- und Outdoor-Bereich beraten Innenarchitekten, Farb- und Stilprofis, darunter sechs Weckessers persönlich. »Bei uns steht nicht nur Weckesser am Haus, es sind auch welche drin – und greifbar!«, sagt Kai Weckesser. Dabei werden die Neuheiten renommierter Marken wie Minotti, USM, Vitra, Cassina, Cor, De Sede, Rolf Benz, Dedon und Kettal bereits kurz nach den wichtigen Messen in Köln, Paris und Mailand aufwendig inszeniert – Trendprognosen inklusive: »Bezüge aus Velours sind en vogue! Ebenso Messing und Kupfer. Die Tapete kommt zurück an die Wand!« Und weil sich die Weckessers auch an Kniffliges wagen, zählen neben Projekten wie der Ausstattung von Penthäusern in Berlin und Villen auf Mallorca auch Besonderheiten zum Alltagsgeschäft – wie der Einbau eines Tresorraums, der sich hinter einer Bibliothek versteckt. Kein Wunder, lautet doch der Firmenslogan: »Weckesser – alles außergewöhnlich«.

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1/ Auf mehr als 7 000 Quadratmetern werden renommierte Möbelmarken inszeniert. © ERNST MERKHOFER

2/ Markanter Empfang: das Holzportal der Weckesser Firmenzentrale in Wiesloch. Weckesser Wohnen. In den Weinäckern 11, 69168 Wiesloch. weckesser.de

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ID-ADRESSEN

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V Vanhaerents Art Collection vanhaerentsartcollection.com Veja veja-store.com Vibia vibia.com Vitra vitra.com Vivienne Westwood viviennewestwood.com Vlaams Architectur Institut vai.be

W Bethan Laura Wood bethanlaurawood.com

Z Zadig & Voltaire zadig-et-voltaire.com Zanat zanat.org Zanotta zanotta.it

VG Bild-Kunst, Bonn 2019: S. 32: Walter Gropius (Teeservice TAC), S. 48: Jean Arp (Werk), S. 90–93: Pierre Charpin (Werke), S. 151: Sol LeWitt (Werke), S. 157: Victor Vasarely (Werk), S. 190: Ivan Ignacio Navarro (Kickbackickbackickback), Raymond Hains (Werk) Pollock-Krasner Foundation/ VG Bild-Kunst, Bonn 2019: S. 44/45: Lee Krasner (Mosaiktisch, Desert Moon) FLC/VG Bild-Kunst, Bonn 2019: S. 190: Le Corbusier (Sessel)


ID-VILLAGE PEOPLE

© RENÉ FIETZEK/GRISEBACH GMBH

Unterwegs mit Diandra Donecker Mit 20 leitete sie bereits die Abteilung Fotografie bei Grisebach. Mit 30 steht Diandra Donecker nun als Partnerin und Mitgeschäftsführerin an der Spitze des Berliner Auktionshauses. Ihr Handwerk lernte sie am Metropolitan Museum of Art in New York, am British Museum in London und bei Christie’s in München. Grisebach sieht sie als Wohnzimmer, in dem junge und etablierte Sammler Kunst entdecken, über sie diskutieren – und sie dann ersteigern. Interview Camilla Péus

vornehmlich Arbeiten auf Papier sowie Fotografie. Überwiegend kleinere Formate. Es ist die Linie, der Strich, dieses direkte Fließen aus der Hand, was mich begeistert.

Osteria Italiana. Die Einrichtung von 1890 ist größtenteils geblieben, die Laube im Patio sieht aus wie ein kleiner römischer Tempel – und einfach alles ist köstlich.

Berlin ist für Sie …?

Welchen Designer oder Architekten bewundern Sie?

Welcher Kunst-Ort fasziniert Sie? Ich liebe das DIA:Beacon! 80 000 Quadratmeter Ausstellungfläche, circa 1.5 Stunden von NYC entfernt, am Hudson River. Es liegt mitten in der Natur und ist kein klassischer White Cube, sondern ein unkonventioneller Ausstellungskomplex samt Garten – mit Werken von Donald Judd, Richard Serra, Louise Bourgeois, um nur einige zu nennen. Man verliert sich dort – um dann zurück in Manhattan wieder viel freier atmen zu können.

Auf welche Ausstellung freuen Sie sich besonders? Auf die Malerei des Belgiers Raoul De Keyser in der Pinakothek der Moderne (ab 5.4.). Weil er die Leinwand befragt, in meist kleinen Formaten, humorvoll, kindlich, sensibel und kühn. Und auf die Schau »Lee Krasner Living Colour« im Londoner Barbican (30.5). Was für Farben, was für eine Frau! Mit 100 Arbeiten ist es die erste große Show von Jackson Pollocks Ehefrau in Großbritannien.

Ein Künstler, den sie bewundern? Sheila Hicks. Die Webarbeiten der Amerikanerin habe ich erst vor ein paar Jahren für mich entdeckt. Sind es Zeichnungen aus Fäden? Oder Skulpturen? Teppiche oder Gemälde? Auf jeden Fall sind sie sehr sinnlich.

Sammeln Sie selbst Kunst? Welches Gebiet interessiert Sie? Ich kaufe sehr emotional, aus dem Bauch heraus. Das ist wie sich verlieben, ein Gefühl, das dich dann nicht mehr loslässt. Ich kaufe

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… Mein Zuhause.

Eine Stadt, in der Sie auch noch leben könnten? Immer wieder: New York. Wie gut, dass ich beruflich häufig dort sein darf. Dort besuche ich auch Freunde und tue für ein paar Wochen im Jahr so, als würde ich dort wohnen.

Das beste Hotel in dem Sie je waren? Der Tipp einer lieben Freundin führte mich gerade erst ins Hotel Locarno in Rom. Alte, leicht blinde Spiegel, Bettwäsche, die nach Orangenblüten duftet, Antiquitäten, Tapetentüren, schwere seidene Vorhänge, eine frei stehende Badewanne und eine Dachterrasse, die – ganz unprätentiös – den Blick über die Stadt erlaubt.

Die beste Reise Ihres Lebens? Der Jakobsweg. Ich war 25 Jahre alt, wollte alleine sein und einfach nur gehen, gehen, gehen. Vier Wochen und 1000 Kilometer später stand ich in der Kathedrale von Santiago de Compostela. Bis heute glaube ich nicht ganz, dass ich das war. In Trekkingschuhen und Sporthosen verspürte ich dort morgens um 5.30 Uhr das große Glück, ganz bei mir zu sein.

Das beste Restaurant? Meine große Liebe zur italienischen Küche treibt mich immer wieder in die Münchner

Rei Kawakubo. Das, was die Japanerin mit Mode macht, ist ein andauerndes Spiel von Provokation und Konfrontation. Ein Befragen von Körperform und Körperhüllen. Sie inszeniert den Aufstand der Körper.

Ihr Buchtipp für die Reise? Ich liebe »Tender Is the Night« von Scott Fitzgerald – sein eigentliches Meisterwerk. Es geht um die US-Upperclass, den Sommer an der Côte d’Azur, Musik, Party, Alkohol, sehr viel Leere und noch mehr Langeweile. Bis man auf der Oberfläche des glanzvollen Lebens nicht mehr gleitet, sondern stürzt. Zynisch, böse und voller Schmerz.

Ein Ort, den Sie immer wieder besuchen könnten? Mehr als ein Ort: das Meer. Schwimmen, toter Mann spielen. Sobald die Wellen in der Ohrmuschel rauschen, bin ich glücklich und plötzlich grenzenlos.

Ein Gegenstand, auf den Sie nicht verzichten möchten? Es gibt ein paar wenige Schmuckstücke, ohne die ich nicht sein kann und die ich täglich trage: eine Armbanduhr, die mir mein Großvater schenkte, Ringe von meinen Eltern und meinem Freund, eine Kette mit Anhängern, die schon meine verstorbene Großmutter trug. Alles Freunde und Glücksbringer. Und meine ständigen Begleiter.


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courtesy Shoplifter Studio, Foto: Petri Virtanen/Finnish National Gallery

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