Caritas-Magazin März 2019

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CARITAS Nr. 2 / März 2019

Magazin

Syrien: für die Zukunft lernen Seite 6

Am Puls

Brennpunkt

Schweiz

Seite 5

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Die Menschen Prekäre Zukunft in Haiti hungern der Royingyas

Dolmetschen im Asylverfahren


Offener Brief

Liebe Kantonsparlamentarierinnen Liebe Kantonsparlamentarier Die wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz ist sehr gut. Die Zahl der Arbeits­losen ist tief. Die Gewinne sprudeln und die Steuereinnahmen ha­ ben für Überschüsse in den Staatskassen gesorgt. Es geht der Schweiz gut. Wie so oft hat auch dieses Bild schwarze Flecken: Die Zahl der Ausge­ steuerten lag auch im letzten Jahr wieder über 30 000 Personen. Ihre Zahl verschwindet aus der Arbeitslosenstatistik und beschönigt die Situation am Arbeitsmarkt. Unter den Ausgesteuerten sind viele Menschen über fünfzig, weil sie durch Umstrukturierungen ihre Stelle verloren haben oder weil ihre berufliche Ausbildung am Arbeitsmarkt nicht mehr gefragt ist. Die grösste Zahl der Ausgesteuerten ist nach einiger Zeit auf Sozialhilfe ange­ wiesen. Deshalb steigt die Zahl der Armutsbetroffenen weiter. Es lohnt sich jedoch auch, nach weiteren Gründen zu suchen, die zu stei­ genden Armutszahlen führen. Caritas hat die Entwicklung der Gesund­ heitskosten und insbesondere die individuellen Prämienverbilligungen in den Kantonen vertieft analysiert. Die Resultate sind eindrücklich und teil­ weise auch erschreckend: Eine Reihe von Kantonen hat die Prämien­

«Ein Monatslohn für die Krankenkassenprämien muss genügen.»

verbilligung in den letzten Jahren signifikant reduziert. Diese bleiben weit hinter der Zunahme der Krankenkassenprämien zurück. Der Hauptgrund ist, dass viele Kantone die Steuern gesenkt und zur Kompensation der Steuer­ausfälle die individuellen Prämienverbilligungen versteckt abge­ baut haben. Die Wirkung ist sozialpolitisch gravierend. Immer mehr Haushalte aus dem unteren Mittelstand werden durch die steigenden Krankenkassenprämien in die Armut gedrängt. Dies führt zu einer zunehmenden Ausfransung des unteren Mittelstandes. Caritas hat deshalb an die Kantone appelliert, die Mittel für die individuellen Prämienverbilligungen dringend aufzustocken, genauso wie das auf Bundesebene konsequent getan wird. Der Massstab ist klar: Ein Monatslohn muss für die Bezahlung der Krankenkassenprä­ mien ausreichen. Einige Kantone erfüllen diesen Anspruch heute schon. Wir hoffen, dass unser Appell bei den Kantonen Resonanz findet.

Hugo Fasel, Direktor Caritas Schweiz

Bild: Franca Pedrazzetti


Inhalt

Die Schule bringt Stabilität Millionen Menschen in Syrien sind vertrieben worden oder sind in die Nach­ barländer geflüchtet. Sie leben zwischen der Hoffnung auf eine Norma­ lisierung und der Angst vor dem Morgen. Täglich kämpfen die Flüchtlinge um Nahrung, Unterkunft, Kleidung und die nötige Gesundheitsversor­ gung. Nach acht Jahren Leiden ist es wichtig, den syrischen Kindern eine Zukunftsperspektive zu geben. Caritas unterstützt sie mit Schulunterricht und psychosozialer Hilfe in Syrien und im Libanon. Seite 6

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Am Puls: In Haiti ist der Hunger allgegenwärtig

In Haiti ist die Hälfte der Bevölkerung von Mangel- oder Unterernährung bedroht. Caritas verbessert die Ernährungssicher­ heit von über 100 000 Menschen.

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Brennpunkt: Lage der Rohingyas ist prekär

630 000 Rohingyas leben im grössten Flüchtlingslager der Welt in Bangladesch. Caritas baut Hütten und repariert Brun­ nen, Latrinen und Waschhäuser.

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Schweiz: Dolmetschen im neuen Asylverfahren

Die interkulturell Dolmetschenden bauen Brücken zwischen Kulturen. Sie sind die einzigen, die alle Beteiligten verstehen. Caritas hat ein neues Modul in ihre Aus­ bildung aufgenommen.

IMPRESSUM Das Magazin der Caritas Schweiz erscheint sechsmal im Jahr. Herausgeberin ist Caritas Schweiz, Kommunikation und Marketing, Adligenswilerstr. 15, Postfach, CH-6002 Luzern, E-Mail: info@caritas.ch, www.caritas.ch, Tel. +41 41 419 22 22 Redaktion: Sabine Schaller (ssc), Lisa Fry (lf); Fabrice Boulé (fbo); Stefan Gribi (sg); Anna Haselbach (ah); Vérène Morisod Simonazzi (vm) Das Abonnement kostet fünf Franken pro Jahr und wird einmalig von Ihrer Spende abgezogen. Grafik: Katrin Ginggen Titelbild: Alexandra Wey Druckerei: Kyburz, Dielsdorf Papier: 100 % Recycling Spendenkonto: PC 60-7000-4

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Echo

Medienecho Radio SRF, Rendez-vous: «Caritas fordert Weiterbildungsobligatorium» | 25.1.18 Die Caritas warnt, dass durch die Digi­ talisierung immer mehr Menschen den gesellschaftlichen Anschluss verlie­ ren. Auch niedrig Qualifizierte benö­ tigen Weiterbildung. Die Arbeitge­ ber sollen mehr in die Förderung der Grundkompetenzen ihrer Mitarbeiten­ den investieren. Bettina Fredrich, Lei­ terin Sozialpolitik Caritas, fordert ein Weiterbildungsobligatorium, das von Arbeitgebern und Internet-Giganten fi­ nanziert werden müsse. Manuela Specker, Leiterin Bildung bei Caritas Schweiz (links), und Adrienne Fichter, Social-MediaExpertin, diskutieren über die Gefahren der Digitalisierung.

Caritas-Forum: Digital heisst noch lange nicht sozial 280 Fachleute aus Politik, Wirtschaft und Sozialbereich haben am 25. Januar am Caritas-Forum in Bern teilgenommen. Thema: die Auswirkungen der Digitali­ sierung. Caritas-Präsidentin Mariangela Wallimann-Bornatico betonte, dass die Digitalisierung politisch gesteuert wer­ den müsse, damit die demokratische Partizipation nicht geschwächt werde. ETH-Professor Dirk Helbing warnte, dass die Unmengen gesammelter Daten sub­ tile Manipulationen ermöglichten und die

Selbstbestimmung gefährdeten. Vania Alleva, die Unia-Präsidentin, wollte das emanzipatorische Potenzial der Technik sichern, indem sie die Mitbestimmungs­ rechte der Beschäftigten garantieren will. Der Jurist Aurélien Witzig an den Univer­ sitäten Genf und Neuenburg forderte, dass die Arbeitnehmenden durch Tarif­ verträge oder internationales Recht ge­ schützt werden, damit kein digitales Pre­ kariat entsteht. (lf)

Dabei sein, auch mit wenig Geld Zum halben Preis in die Badi, günstig ins Kino oder Museum – mit der KulturLegi können Menschen trotz schmalem Bud­ get am kulturellen und sozialen Leben teilnehmen. Die Nutzerinnen und Nutzer der KulturLegi profitieren schweizweit von 30 bis 70 Prozent Rabatt auf über 2900 Angebote aus den Bereichen Kultur, Bil­ dung und Sport. Der Besitz einer Kultur­ Legi wirkt sich nicht nur positiv auf ein

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gesundes Selbstwertgefühl aus, sondern begünstigt auch einen (Wieder-) Einstieg ins Berufsleben. Kinder aus armutsbe­ troffenen Familien erhalten neue Anre­ gungen und Motivation zur Gestaltung ihrer eigenen Zukunft. Desirée Germann

Blick: «Caritas will Krankenkassenprämien deckeln» | 19.11.18 Die Last der Krankenkassenprämien steigt von Jahr zu Jahr. (…) Jetzt macht auch Caritas Druck und verlangt einen Prä­ mien-Deckel. Ihre Forderung: maximal einen Monatslohn für die Krankenkas­ senprämien! Damit geht die Hilfsorga­ nisation noch einen Schritt weiter als die SP-Initiative. «Die stetig steigen­ den Krankenkassenprämien sind für tiefere Einkommen nicht mehr bezahl­ bar», erklärte Caritas-Direktor Hugo Fasel (63) vor den Medien. Luzerner Zeitung: «Luzerner Pfadi befreit Planeten von Abfall und gewinnt Award» 6.12.18 | 14 Teenager der Pfadi Schirmerturm-Luegisland aus L ­ uzern haben 2018 den ersten Preis des Wettbewerbs von «Faires Lager» ge­ wonnen. Gesucht waren ­Superhelden im Kampf gegen Abfallberge. Der Wettbewerb wird von youngCaritas, der katholischen Kirche der Stadt ­Luzern, der Pfadibewegung Schweiz, Jungwacht Blauring Schweiz und von Fastenopfer getragen. «Die Gewinner haben mit ihren Recyclingtipps ge­ zeigt, dass jeder zu etwas Grossem beitragen kann», sagt Helen Joss, Projektleiterin bei youngCaritas.

Mehr Infos: kulturlegi.ch

Bild: Nique Nager


Am Puls

Mit nachhaltiger Landwirtschaft kann die Bevölkerung im Norden Haitis dem Ernährungsnotstand entgegenwirken.

In Haiti ist der Hunger allgegenwärtig Im Norden Haitis ist die Hälfte aller Menschen von einer akuten Mangel- oder Unter­ernährung bedroht. In den kommenden vier Jahren wird Caritas Schweiz hier die Ernährungssicherheit von mehr als 100 000 Menschen verbessern. In den letzten Monaten musste Judith Binder, Programmverantwortliche der Caritas Schweiz für Haiti, mehrmals ihre geplante Reise in das Armenhaus der Kari­bik verschieben. Der Grund dafür wa­ ren gewaltsame Ausschreitungen in den Strassen Haitis. Die Bevölkerung leidet nicht nur unter dieser politischen Instabi­ lität. Immer wieder werden die Menschen

«Die Hälfte der Bevölkerung ist von Mangel- oder Unterernährung bedroht.» in ihrem Bestreben, ihre Lebenssituation zu verbessern, durch Naturkatastrophen zurückgeworfen. «Als Hilfswerk in Haiti zu arbeiten heisst, humanitäre Hilfe mit lang­ fristiger Entwicklungszusammenarbeit zu verbinden. Wenn Menschen von Hunger bedroht sind, braucht es lebensrettende Soforthilfe, bevor wir mit ihnen zusam­ men längerfristige Perspektiven erarbei­

Bilder: Pia Zanetti

ten können», erläutert Judith Binder. Hunger ist allgegenwärtig in Haiti. Im schwer zugänglichen Norden ist die Hälfte der Bevölkerung von Mangel- oder Unterernährung bedroht. Hier laufen die Aufbauarbeiten für ein vierjähriges Pro­ jekt, das die Europäische Union der Ca­ ritas Schweiz in Auftrag gegeben hat. Es soll die Ernährungssicherheit von 108 000 Menschen verbessern. Ein Projekt mit fünf Zielsetzungen Da die Ursachen des Ernährungsnot­ stands in dieser Region vielfältig sind, kann auch die Antwort nicht einglei­ sig ausfallen. Das Projekt der Caritas Schweiz ist daher «multisektorial» aus­ gerichtet. Es verbessert die Lebenssitu­ ation der Menschen mit einem Bündel an Massnahmen. Ein erstes Ziel ist die sorgfältige Be­ wirtschaftung des Wassers, mit dem das Ackerland in der hügeligen Landschaft bewässert wird. Die haitianischen Behör­

den werden unterstützt, das Wasser-Ma­ nagement und die Rahmenbedingungen für die landwirtschaftliche Produktion zu verbessern. Denn die Produkte, die hier gedeihen, haben das Potenzial, die Ar­ mut der Bauernfamilien zu lindern. Dafür aber braucht es Zugang zu lokalen Märk­ ten – das zweite Ziel des Caritas-Pro­ jektes. Drittens müssen die für haitiani­ sche Verhältnisse noch vergleichsweise intakten Böden des Nordens dringend vor Erosion geschützt werden. Ein vierter Aspekt ist die Einrichtung von so genann­ ten «Blue Schools», welche den Kindern und Jugendlichen Hygienemassnahmen näher­bringen. Und als fünfte Massnahme erhalten sehr arme Familien Nahrungs­ mittelcoupons und damit Unterstützung im Kampf gegen die Mangelernährung ih­ rer Kinder. (sg)

Das vorliegende Dokument wurde mit der finan­ ziellen Hilfe der Europäischen Union erarbeitet. Der Inhalt liegt in der alleinigen Verantwortung der Caritas Schweiz und widerspiegelt nicht die Ansicht der Europäischen Union.

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Reportage

Ohne Ausbildung haben die Kinder Syriens keine Zukunft Text: Fabrice Boulé Bilder: Alexandra Wey

Wieder täglich zur Schule gehen, Selbstvertrauen und Lebensmut finden: die syrischen Kinder – wie Aïcha – brauchen Ruhe und Sicherheit, um eine Zukunft aufzubauen.


Reportage Ihr Leben verläuft dramatisch. Der Krieg hat sie gezwungen, in eine andere Gegend in Syrien oder in den Libanon zu fliehen. Verwandte sind tot, verletzt oder krank. Familien werden getrennt. Kinder müssen arbeiten, um zum Lebensunterhalt beizutragen. Die Geschichten von Shaima* (10), Rouha (11), Aïcha (11) in Syrien sowie von Mazzin (24) und Bilal (12) im Libanon zeigen die äusserst schwierige Situation von Millionen Menschen im Syrienkonflikt. Durch die Schule erhalten die Kinder wieder eine Zukunftsperspektive. Caritas hilft ihnen dabei. «Meine 13-jährige Tochter hat die Schule verlassen, um in einer Fabrik zu arbei­ ten», erzählt Mohammed (42), bedrückt. Der Vater von zehn Kindern ist 2013 mit der ganzen Familie nach Jaramana, ein Quartier der syrischen Hauptstadt Da­

« Wir können nur einen Bruchteil dessen verdienen, was wir wirklich brauchen. » maskus, gezogen. Sie haben Maskanah, in der Nähe von Aleppo, wegen Kämp­ fen und wachsender Unsicherheit ver­ lassen. Mohammed war Tagelöhner in

der Landwirtschaft. Er besass nie selber Ackerland. In Jaramana fühlt sich die Familie et­ was sicherer. Aber das Überleben ist ein täglicher Kampf. «Wir verdienen nur ei­ nen Bruchteil dessen, was wir eigentlich brauchen», erklärt der Familienvater. Ein Kilo Kartoffeln kostet fast einen Franken. Falls er morgens Arbeit findet, kann er ei­ nige Franken pro Tag verdienen. Jede Ar­ beit ist willkommen. Aber es klappt nicht jeden Tag. Täglich fragt er sich jedoch, wie er seine Familie ernähren kann. Der älteste Sohn (17) kommt bald aus der Schule und trägt mit Gelegenheitsjobs schon heute etwas zum Leben bei.

Beim Anblick ihrer Töchter Shaima (10) und Rouha (11) leuchten die A ­ ugen von Mohammed und seiner Frau vor Freude. Die zwei Schwestern sind fast gleich gross und ähneln sich wie Zwil­ linge. Sie sind immer zusammen. Seit ei­ nigen Monaten besuchen sie das Tages­ zentrum, das von Caritas finanziert und dem Jesuitischen Flüchtlingsdienst (JRS), ihrem lokalen Partner, geführt wird. Die Schwestern gehen zweimal pro Woche zum Zentrum Saint Alberto Hurtado und erhalten Unterstützung für ihre Haupt­ schulfächer – Mathe, Arabisch und Natur­ wissenschaften. Die psychosoziale und pädagogische Betreuung beinhaltet auch Zeichnen, Singen, Film und Gespräche. Und – nicht zu unterschätzen – für die Kinder gibt es am Mittag eine komplette Mahlzeit. Beträchtliche Fortschritte Nawar Al Ahmad, die junge Lehrerin, ist von den beiden Schwestern begeistert. «Am Anfang waren sie sehr schüchtern und sprachen kaum. Sie waren fast etwas

In ihrem einfachen Zuhause repetieren Shaima, Rouha und ihre Geschwister den Schulstoff.

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Reportage Arab wurde 2016 zerstört. Ein paar Tage später verlor Aïcha ihre Mutter. Sie und ihre Brüder und Schwestern sind alleine mit ihrer 87-jährigen kranken Grossmut­ ter geflohen.

Shaima und Rouha haben in wenigen Monaten enorme Fortschritte gemacht – dank der Unterstützung, die sie im Tageszentrum von Caritas erhalten.

misstrauisch. Nach einigen Monaten nah­ men sie an den Aktivitäten teil und öffne­ ten sich. Sie halfen den anderen Kindern. In allen Fächern holten sie ungemein auf. Und das Wichtigste: Sie wissen, dass sie auch Fehler machen dürfen.» Die Lehre­

« Ich frage mich, was die Leute noch hier hält. » Eine Mitarbeiterin des Zentrums Alberto Hurtado

rin weist darauf hin, dass viele Kinder, die zum Zentrum kommen, unter schweren Traumata leiden. Im Krieg wurden Ange­ hörige getötet oder verletzt, ihre Häuser

Syrische Kinder brauchen Ihre Hilfe Ihre Spende schenkt syrischen Flüchtlingskindern und ihren Familien Hoffnung und hilft ihnen, den Alltag zu meistern.

Helfen Sie mit einer Spende! Spendenkonto: 60-7000-4 Vermerk: «Syrien»

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zerstört. Ihre Familien sind übers Land zerstreut oder in die Nachbarländer ge­ flüchtet. Entbehrungen gehören zu ihrem Leben. Ihre Schulzeit verlief meist chao­ tisch. Die Kinder haben kein Selbstver­ trauen und leiden unter Lernschwierig­ keiten. Während einiger Stunden pro Woche ist das Zentrum für sie eine Oase der Ruhe. Ihre Eltern werden eng mit ein­ bezogen. Auch Aïcha, 11-jährig, ist im Zentrum und muss sich noch an die neue Umge­ bung gewöhnen. Trotz des Wohlwollens, das ihr entgegengebracht wird, bleibt sie auf der Hut. Ihre Familie ist noch nicht so lange in Jaramana. Ihr Haus in Aïn al-

Eine Oase der Ruhe Das Zentrum Saint Alberto Hurtado, be­ nannt nach einem chilenischen Jesuiten­ priester, beherbergt im Moment 300 Kin­ der. Sie sollten nächstens in grössere Räume im gleichen Quartier in Damaskus umziehen. Die Unterstützung, welche die Kinder hier erhalten, hilft ihnen, den ver­ passten Schulstoff aufzuholen. Zudem erhalten die Schüler Unterstützung bei der Verarbeitung ihre Traumata. Täglich kommen Frauen und Männer vorbei und versuchen, ihre Kinder einzuschreiben. Die Assistenten des Zentrums besuchen die Familien, um die Situation der Kinder einzuschätzen und die materiellen, sozi­ alen und medizinischen Bedürfnisse zu evaluieren. Vor einem Jahr erhielten noch viele Familien des Quartiers eine finanzi­ elle Hilfe vom Staat. Aber diese Quelle ist versiegt. Die Bevölkerung von Jaramana nimmt seit Kriegsanfang 2011 ständig zu. Zu viele Menschen leben dicht an dicht. Sie wohnen in Häusern, die noch im Bau sind. Es fehlt zwar nicht an Lebensmit­ teln und verschiedenen Produkten, aber


Reportage

Bilal (12) und seine Schwester auf dem Weg in die Omar Fakhoury-Schule in Beirut.

die Preise steigen ins Unermessliche und sind für die meisten Familien uner­ schwinglich. Neben dem Zentrum ste­ hen die Leute von morgens bis abends Schlange, um von einer Staatsbäckerei günstiges Brot zu kaufen. In Beirut Die Familie von Bilal (12) ist gleich zu Beginn des Krieges in die libanesische Hauptstadt Beirut geflüchtet. Schon vor­ her kam der Vater regelmässig von Has­ saké – nahe der Grenze zum Irak und der Türkei – nach Beirut, um auf dem Bau zu arbeiten. Heute ist der Vater krank, er kann nicht mehr arbeiten. Die Familie er­

hält keine Unterstützung mehr von der UNO, die Mutter geht putzen. Bilal besucht die Omar Fakhoury-­ Schule im Jnah-Quartier. Seine Schulzeit ist bisher sehr chaotisch verlaufen, aber er gibt sich grosse Mühe, den Rückstand aufzuholen. Er erhält jeden Tag Nachhilfe­ unterricht, der von Caritas finanziert wird. Diese Hilfe zieht sich über mehrere Wo­ chen unter dem Jahr hin, auch während der Ferien. Zurzeit profitieren 3600 Kin­ der in zwölf Schulen von dieser Hilfe. Diese Unterstützung hilft auch den liba­ nesischen Lehrern, die mit einem riesi­ gen Zuwachs an Schülerinnen und Schü­ lern konfrontiert sind. Ungefähr 250 000

syrische Schüler mussten in die libane­ sischen Schulen integriert werden – und ebenso viele weitere warten auf ihren Ein­ tritt. Auch libanesische Schülerinnen und Schüler, die es nötig haben, können von diesem Stützunterricht profitieren. *Ausser bei den Mitarbeitenden des Projektes, verwenden wir nur die Vornamen der Personen. Sie wurden zu ihrem Schutz geändert.

Mehr Infos: caritas.ch/syrien

Finanzielle Hilfe in Syrien und im Libanon dringend nötig In Zahle, in der Bekaa-Ebene vom Liba­ non, tut Mazzin (24) alles, damit ihr Neffe und ihre Nichte die Schule besuchen können. Ihr Mann ist vor einigen Mona­ ten nach Syrien zurückgekehrt, sie hat noch nichts von ihm gehört. Sie lebt in einer so genannten «informellen» Unter­ kunft, das heisst in einem offenen Camp mit Zelten aus Planen, die mit Bret­ tern verstärkt sind. Der Eigentümer des Landes verlangt dafür Miete. Im Win­ ter macht der Schlamm jede Fortbewe­ gung fast unmöglich. Mazzin kümmert

sich um die vier Kinder ihres Bruders, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr dazu imstande ist. Sie erhält von Caritas während fünf Monate finanzielle Hilfe. Damit kann sie einige Schulden zurückzahlen und eine Kurzausbildung als Schneiderin und Coiffeuse machen, damit sie Arbeit findet. So kann sie ih­ ren Neffen und ihre Nichte in die Schule schicken. Aber der Hauptteil des Geldes verwendet sie für Lebensmittel und me­ dizinische Pflege.

Die Nothilfe der Caritas erlaubt es den Begünstigten, mit einer Bankkarte am Automaten Geld zu beziehen und ver­ hindert, dass sie noch tiefer in S ­ chulden und Schwierigkeiten versinken. Diese Hilfe gibt ihnen auch ihre Autonomie und Würde zurück, denn sie können sel­ ber planen, wie sie das Geld verwenden werden. Diese finanzielle Hilfe erhielten auch die Bewohnerinnen und Bewoh­ ner von Homs und Jarmana. Sie soll nun neu mit elektronischer Verteilung lanciert werden.

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Menschen Alltagsfragen

Monisha Lodhi, Indien

«Ich kann meine Familie vom eigenen Feld und Garten gesund ernähren.» Puspa Kartika hört sich geduldig die Geschichten der Frauen an, die fast alles verloren haben.

Im Einsatz für die Opfer von Katastrophen Die Menschen in Sulawesi, Indonesien sind dringend auf die Nothilfe von ­Caritas Schweiz angewiesen. Beim letzten Erdbeben haben sie ihr Hab und Gut verloren. Puspa Kartika kennt ihre Nöte. Im Dorf Lambonga in Sulawesi erwar­ tet uns eine Gruppe von Frauen. Sie alle haben beim Erdbeben und Tsunami im ­letzten Oktober ihre Häuser und fast ihr ganzes Hab und Gut verloren. Nun war­ ten sie auf die Hilfsgüter der Caritas, da­ runter Decken und Hygieneartikel. Ver­ ständnisvoll hört sich Puspa Kartika ihre Geschichten an. Sie arbeitet seit über 15 Jahren in der Nothilfe und Entwicklungs­ zusammenarbeit. Durch ihre Arbeit hat Puspa Kartika ihr Land – den weltweit grössten Inselstaat mit über 250 Millionen Einwohnern – erst rich­ tig kennen gelernt. «Meine Arbeit hat mich in die verschiedensten Regionen von In­ donesien geführt. Jede Insel und jede Re­ gion hat eine eigene Sprache und Kul­ tur», erklärt Puspa Kartika. Mitte Oktober 2018 reiste sie erstmals nach Palu, um die Nothilfe von Caritas Schweiz zu koor­ dinieren. Damals, nach dem verheeren­ den Erdbeben und Tsunami, war Palu eine Geisterstadt. Fast alle Geschäfte waren geschlossen, die Menschen kampierten

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auf der ­Strasse. Anfangs gab es Dutzende Nachbeben, zum Glück ohne grössere Schäden. Für Puspa Kartika gibt es trotz den Risiken keine bessere Arbeit: «Natür­ lich sind Reisen in Katastrophengebiete riskant. Was mich motiviert ist, dass ich

«Die Wirkung meiner Arbeit zu sehen, motiviert mich.» die Wirkung meiner Arbeit erleben kann – wenn ich in unseren Zelten traumatisierte Kinder lachen höre. Oder wenn wir den Leuten beibringen, wie sie sich vor Katas­ trophen schützen können». Die Menschen in Sulawesi sind immer wieder von Naturkatastrophen betroffen. Schwere Regenfälle im November haben zu Überflutungen im Sigi Distrikt geführt, wo Caritas Schweiz 3000 Familien unter­ stützt. «Die Menschen, die gerade erst durch das Erdbeben ihr Haus verloren ha­ ben, haben nun endgültig alles verloren. Sie benötigen dringend unsere Hilfe.» Patricia Kröll

Mit was hatten Sie bisher Schwierigkeiten? Früher hatten wir nicht genügend zu essen. Der Ertrag aus unseren Fel­ dern und dem Garten reichte knapp für sechs Monate. Mein Mann musste für den Rest des Jahres auf dem Bau arbeiten, damit unsere Kinder nicht hungrig zu Bett mussten. Was macht sie glücklich? Dass ich heute meine Familie ausge­ wogen von den eigenen Feldern und dem Garten ernähren kann. Auf was sind Sie stolz? Ich bin stolz, dass ich den ärmsten Frauen in meinem Dorf helfen kann. Ich kann ihnen einen Teil meiner Gemüse­ samen abgeben. Zudem gebe ich ihnen Tipps für die Aussaat und das Kultivie­ ren von Gemüse und Früchten – so wie ich es im Caritas-Projekt gelernt habe. Welches ist Ihre liebste Aktivität? Am liebsten koche ich für meine Fami­ lie. Ich erfülle ihnen gerne ihre Essens­ wünsche. Welches ist Ihr liebstes Gericht? Meine Familie und ich mögen gefüllte Auberginen ganz besonders. Ich füge der Aubergine Tomaten und MasalaGewürze hinzu. Nicole Lehnherr

Bilder: Patricia Kröll, Alexandra Wey


Brennpunkt

Ungewisse Zukunft der Rohingyas Kutupalong-Balukhali liegt im Südosten von Bangladesch und ist das grösste Flüchtlingslager der Welt. Es beherrbergt 630 000 Rohingyas – 40 000 Menschen pro Quadratkilometer. Die Bevölkerungsdichte ist enorm, bedingt durch die hügelige, teilweise unbewohnbare Gegend. Die Flüchtlinge leben unter widrigsten Bedingungen. «Die Situation ist prekär. Es ist sehr schwierig, all diesen Personen ein eini­ germassen menschenwürdiges Leben zu ermöglichen», erklärt Nicola Malacarne, der Programmverantwortliche für Bangla­ desch von Caritas Schweiz. Die Mehr­ heit der insgesamt 900 000 Rohingyas in

«Die Bevölkerungsdichte ist mit 40 000 Menschen pro Quadratkilometer enorm.» Bangladesch ist in der zweiten Jahres­ hälfte in der Region von Cox’s Bazar an­ gekommen. Sie flüchteten vor der extre­ men Gewalt, die sie in Myanmar erfuhren. Am Anfang der Krise ging es um Über­ lebenshilfe, heute sind Massnahmen

mit langfristiger Wirkung gefordert. Die Flüchtlinge wollen so weit wie möglich ein normales Leben führen: Die Kinder müs­ sen zur Schule, die Familienverantwortli­ chen wollen arbeiten. Dies stellt die Hilfs­ werke vor neue Herausforderungen. Verbesserung der Infrastruktur Caritas Schweiz arbeitet im Lager von Kutupalong-Balukhali mit Caritas Bangla­ desch zusammen und wird von der Glückskette unterstützt. Da es zu wenig Brennholz gibt, wurden ungefähr 12 000 Gasflaschen verteilt, damit die Menschen im Lager warme Malzeiten zubereiten konnten. Caritas repariert Brunnen, La­ trinen und Waschhäuser und bringt den Lagerbewohnern bei, wie sie die Anlagen in Stand halten können. Um das Gelände

zu sichern, wurden Wasserkanäle, Trep­ pen und Hangverfestigungen gebaut. Sie schützen das Lager vor den Auswirkun­ gen des kommenden Monsuns. Die Ar­ beiten wurden soweit möglich von den Flüchtlingen ausgeführt, was ihnen ein kleines Einkommen gewährte. Caritas bereitet zudem den Bau von 408 Hütten vor, welche eine Lebensdauer von cirka drei Jahren haben und Stürmen mittle­ rer Stärke standhalten können. Gut 20 Hütten sind bereits erstellt worden. Un­ gefähr 50 000 Flüchtlinge profitieren von den verschiedenen Massnahmen. «Die Rohingyas sind weiterhin von der internationalen Hilfe abhängig», hält Mala­carne fest. «Da die Flüchtlingskrise in den Medien jedoch nicht mehr sehr präsent ist, hat die internationale Staa­ tengemeinschaft Mühe, genügend Gelder aufzutreiben. Die Rohingyas werden wohl noch länger in Bangladesch bleiben. Ihre Zukunft bleibt ungewiss. (vm)

«Die Bevölkerungsdichte ist mit 40 000 Menschen pro Quadrat­kilometer enorm.»

Ungefähr 50 000 Rohingyas profitieren im Lager Kutupalong-Balukhali von der Hilfe von Caritas.

Bilder: Mahmud Rahman, Fabian Berg

Die Flüchtlinge werden wohl noch länger in Bangladesch bleiben.

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Weltweit

Marisol wird von ENDA, der Partnerorganisation von Caritas, in El Alto psychologisch betreut und in ein eigenständiges Leben begleitet.

Weil ich ein Mädchen bin … In kaum einem Land Lateinamerikas ist es so gefährlich, weiblich zu sein wie in Bolivien. Jede zweite Frau wird hier Opfer von häuslicher Gewalt. Organisationen wie die Caritas helfen Gewaltbetroffenen, sich zu schützen, vor allem aber, ihre Rechte einzufordern. Als Marisol* (15) aus El Alto in der Schule etwas Positives über ihre Eltern erzählen soll, bricht sie in Tränen aus. So kommt ans Licht, worüber lange hartnäckig ge­ schwiegen wurde: Marisol ist eine Über­ lebende schwerer sexueller Gewalt. Ihr Vater hat sie über Jahre hinweg vergewal­ tigt. Die Schuld gab er ihr.

80 Prozent der Jugendlichen in Lateinamerika halten männliche Gewalt für «normal». Marisols Schicksal – die Taten, das Schweigen, die Schuldzuweisung – tei­ len Tausende Mädchen in Bolivien. Und statistisch gesehen ist es wahrscheinlich, dass ihr auch im Erwachsenenalter Män­ ner Gewalt antun werden: Drei Viertel der Frauen über 15 erfahren in Bolivien Ge­ walt in der Beziehung, mehr als die Hälfte sexuelle oder körperliche. Mehr häusli­

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che Gewalt gibt es in keinem Land Latein­ amerikas. Die Suche nach den Ursachen führt in die Abgründe einer konservativen, tief pa­ triarchalen Gesellschaft. Ihre Strukturen basieren auf der Unterdrückung der Frau und einem machistischen Männlichkeits­ ideal. Eine Studie von Oxfam Intermón von 2018 ergab, dass 80 Prozent der Ju­ gendlichen in acht Ländern Lateinameri­ kas, darunter Bolivien, männliche Gewalt für «normal» halten. Grosse soziale Ungleichheiten Hinzu kommen grosse soziale Ungleich­ heiten, Armut – Bolivien ist eines der ärmsten Länder Lateinamerikas – und Perspektivlosigkeit. Wo die Macht­ un­ gleich­heit zwischen Mann und Frau so tief verwurzelt ist, dort nützen auch pro­ gressive Gesetze nichts: Die Gewalt nimmt nicht ab. Und die Taten bleiben oft straflos. «Die Täter sind nicht allein. In den

Institutionen – Polizei, Gericht, Staatsan­ waltschaft – haben sie viele Mittäter», so Richard Haep, Caritas-Landesdirektor in Bolivien. Man schweigt, schaut weg. Der Staat geht das Problem nicht wirklich an. Gemeinsam gegen Gewalt und Unter­ drückung Deshalb ist es auch so schwierig für die Mädchen und Frauen, sich zu wehren. Viele zivilgesellschaftliche Organisatio­ nen setzen sich jedoch engagiert für sie ein. Sie stärken die Frauen in ihren Rech­ ten und ihrem Selbstvertrauen, betreuen Betroffene und unterstützen sie im Straf­ prozess. Marisol wird heute von der Ca­ ritas-Partnerorganisation ENDA in El Alto psychologisch betreut und auf dem Weg in ein eigenständiges Leben begleitet. Ihr Vater sitzt im Gefängnis. Den Frauen Bo­ liviens steht jedoch noch ein langer, stei­ niger Weg bevor. (ah) * Name geändert

Mehr Infos: caritas.ch/kinder/bolivien-strasse

Bild: Alexandra Wey


Schweiz

Interkulturell Dolmetschende helfen, Missverständnisse zwischen verschiedenen Parteien zu vermeiden (Aufnahme gestellt).

Anspruchsvoll: Dolmetschen im neuen Asylverfahren Warum gibt mir mein Gegenüber die Hand nicht oder schaut mir nicht in die Augen? Wie genau muss ich mich an welche Regeln halten? Interkulturell Dolmetschende stellen sicher, dass sich Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen richtig verstehen. Besonders zentral, und mit dem seit März geltenden beschleunigten Verfahren noch wichtiger, ist diese Aufgabe im Asylprozess. Ob im Spital, auf dem Einwohneramt oder beim Elterngespräch an der Schule: Inter­ kulturell Dolmetschende bauen im Sinne der Gemeinschaft Brücken zwischen den Kulturen. Sie übertragen nicht nur das Gesagte, sondern helfen auch, soziale

Interkulturell Dolmetschende vermitteln zwischen den Kulturen. und kulturelle Kommunikationshürden zu überwinden. So stellen sie sicher, dass alle gleichberechtigt Zugang zu öffentli­ chen Dienstleistungen haben und Miss­ verständnisse vermieden werden. Diese Aufgabe ist sehr anspruchsvoll und mit viel Verantwortung verbunden, sind doch die Dolmetschenden die Einzigen, die alle Beteiligten verstehen.

Bild: Makus Forte/Ex-Press

In kaum einer Situation geht es um so viel wie im Asylverfahren. Dass die asyl­ suchende Person richtig verstanden wird, kann für den Ausgang des Verfahrens ent­ scheidend sein. Mit dem beschleunigten Verfahren erhält jede asylsuchende Per­ son nach ihrer Ankunft in einem Zentrum eine Rechtsvertreterin und einen Berater. Caritas Schweiz nimmt diese Aufgabe im Auftrag des Bundes in der Westschweiz, dem Tessin und der Zentralschweiz wahr. Eine Vermittlerrolle Damit eröffnet sich Dolmetschenden ein neues Aufgabengebiet: Sie werden zu Vermittlern zwischen diesen Perso­ nen und den Asylsuchenden. Die Be­ ratenden und Rechtsvertreter können zum Beispiel für länderspezifische Infor­

mationen auf den Dolmetscher zurück­ greifen. Die Dolmetschende ist auch für die Asyl­suchenden eine zusätzliche Be­ zugsperson, welche die eigene Sprache spricht und Alltägliches erklären kann. Dies schafft Vertrauen und hilft den Asyl­ suchenden, sich besser zurechtzufinden. Damit die Dolmetschenden ihre Auf­ gabe in der Beratung und Rechtsver­ tretung im beschleunigten Asylverfah­ ren professionell wahrnehmen können, hat die Caritas ein entsprechendes Ausbildungs­ modul entwickelt. Dies ist seit 2017 Teil der Ausbildung zum inter­ kulturell Dolmetschenden, die von der Interessengemeinschaft Interpret aner­ kannt ist. Neben dem praktischen Teil werden Grundzüge des Asyl- und Aus­ länderrechts vermittelt oder die Möglich­ keiten und Grenzen der Dolmetscherrolle diskutiert. Im Laufe des Jahres 2019 wird dieses Wahlpflicht­modul fester Bestand­ teil der Ausbildung in allen drei grossen Sprachregionen – ein wichtiger Schritt für ein faires, gerechtes Asylverfahren. (ah)

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Service

Teamförderung bei Schweizer Bergbauern Caritas Schweiz bietet seit Kurzem auch Firmenteams die Möglichkeit, sich frei­ willig für Bergbauern zu engagieren. Auf einem Bergbauernhof legt ein Team ei­ nen Tag lang Hand an – natürlich unter Anleitung der Bäuerin oder des Bauern. Auf Bauernhöfen in der Höhe kommen Maschinen nur punktuell zum Einsatz, deshalb ist fremde Hilfe umso wertvol­ ler. Arbeitsintensive Aufgaben können ge­ meinsam effizienter erledigt werden. Gute körperliche Verfassung und der Wille anzupacken Spezielle Kenntnisse braucht es keine. Das Wichtigste ist der Wille anzupacken und einen Tag lang im Freien zu ­arbeiten. Dazu braucht es eine gute körperliche Verfassung und die richtige Ausrüstung: dem Wetter angepasste Kleidung und

feste Berg- oder Wanderschuhe, die Tritt­ sicherheit in steilem Gelände geben. Ge­ meinsam eine ungewöhnliche Aufgabe zu bewältigen, schweisst ein Team zusam­ men. Der Perspektivwechsel ist oft auch Nährboden für neue Ideen. Darüber hi­ naus leisten die Teams einen wertvollen Beitrag zur Pflege der Kulturlandschaft im Berggebiet. Obwohl Caritas Schweiz das Pro­ gramm erst 2018 lancierte, nahmen be­ reits elf Firmen mit insgesamt 151 Teil­ nehmenden daran teil. Für 2019 sucht die Caritas weitere Unternehmen, die einen unvergesslichen und sinnvollen Team­ event erleben wollen. (lf) Mehr Infos: bergeinsatz.ch

Agenda 8. Mai 2019 um 13.30 Uhr Informationsanlass Spenderinnen und Spender Caritas Schweiz, Luzern 14. Mai 2019 um 13.30 Uhr Informationsanlass Spenderinnen und Spender Museum Lagerhaus, St. Gallen 12. Juni 2019 um 17.00 Uhr Verleihung Prix Caritas KKL Luzern Persönlichkeiten werden für ihr Engagement im Sozialbereich, in der Entwicklungszusammenarbeit oder in der interkulturellen Verständigung geehrt. 16. Juni 2019 Flüchtlingssonntag

Neustart in einer ­Pflegefamilie Schwierige Lebenssituationen setzen Kinder, Jugendliche und junge Erwach­ sene unter Druck. Oft ist eine Fremdplat­ zierung in einer Pflegefamilie die einzige Lösung. Caritas Schweiz sucht als zertifi­ zierte Organisation für solche Menschen Pflegefamilien. Diese bilden sich regel­ mässig im sozialpädagogischen Bereich weiter und verfügen über Erfahrung in der Betreuung von Jugendlichen in Krisen­ situationen. Zudem arbeiten die Fach­ personen von Caritas eng mit den Pflege­ familien zusammen.

Caritas wählt die Pflegefamilien sorgfältig aus, so dass sie zum Kind passen.

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Wertschätzung und Beteiligung In einer Pflegefamilie erleben Kinder und Jugendliche einen wertschätzenden Um­ gang und echte Beteiligung. Trotzdem ist eine ausserfamiliäre Platzierung ein ein­ schneidendes Erlebnis. Caritas Schweiz sorgt dafür, dass die Familien sorgfältig

ausgewählt werden und zum Kind oder Jugendlichen passen. 2018 konnten 175 Kinder und Jugendliche in 70 Familien vermittelt werden. (lf)

Aufruf: Wir suchen Pflegefamilien Caritas Schweiz sucht neue Pflegefa­ milien, die ein Kind oder einen Jugend­ lichen aufnehmen wollen. Würden Sie gerne einen jungen Menschen in Not begleiten? Melden Sie sich per E-Mail (familien­ platzierung@­caritas.­ch) oder per Tele­ fon (041 419 22 77) an oder b ­ esuchen Sie unseren Informationsabend am 3. Juni 2019 in Luzern. Mehr Infos: familienplatzierung.ch

Bild: Franca Pedrazzetti


Gemeinsam

Deshalb bin ich dabei In der Flüchtlingsbetreuung engagieren sich viele Freiwillige:

Regula G. (43), Schwyz

(v.l.) Tanner und Lea Schmid en Jolyne Loepfe, Carol Mit ihrem Kinderbuch hab 2018 gewonnen. den youngCaritas-Award

«Seit April 2017 bin ich Patin von Nemat, 17 aus Afghanistan. Ich kann nur sagen: Danke Nemat, dass du meinen Horizont immer wieder erweiterst!»

Fennek: Von der Wüste in die Kinderherzen Bereits zum 15. Mal hat der youngCaritas-Award im Dezember 2018 engagierte junge Menschen zusammengebracht und ihr Engagement ausgezeichnet. Der Hauptpreis ging an die Autorinnen des Kinderbuchs «Fennek findet ein neues Zuhause». Wie vermittelt man Kindern schwierige und komplexe Themen wie Flucht, An­ kommen und Integration? Den drei jun­ gen Gewinnerinnen Jolyne Loepfe, ­Carol Tanner und Lea Schmid gelingt dies mit dem liebevollen Kinderbuch über Fen­ nek, den Wüstenfuchs. Er muss aus der Wüste in die Schweiz fliehen und findet nach anfänglichen Schwierigkeiten in Li­ nus, dem Rotfuchs, einen neuen Freund. Durch Gespräche mit Betroffenen ent­ stand eine lebensnahe Geschichte, die auf einfühlsame Weise verschiedene Re­ alitäten einer Flucht aufzeigt. «Fennek» vermittelt Werte wie Tole­ ranz und Freundschaft. Die spannende Geschichte mit ihren emotionalen Illus­ trationen und feinfühligen Botschaften erreicht die Herzen von Kindern und Er­ wachsenen.

Bild: Angelika Annen/youngCaritas

Im Herbst werden die Gewinnerinnen mit youngCaritas in den Kosovo reisen, um dort einen exklusiven Einblick in die Projekte der Caritas Schweiz zu erhalten. Chantal Zimmermann

Interkulturelles Sommerlager 2019 Um Freundschaft und Ankommen geht es auch im interkulturellen Sommer­ lager, welches vom 27. Juli bis 3. Au­gust in Oeschseite (Zweisimmen) stattfin­ det. Unbegleitete minderjährige Asyl­ suchende und Schweizer Jugendliche verbringen eine unvergessliche Woche bei Spiel, Sport und Spass. Anmeldung für Jugendliche aus der Schweiz unter: youngcaritas.ch/sommerlager

Barbara Seydoux (60), Posieux

«Ich begleite eine tibetanische Familie bei ihrer Integration in der Schweiz. Der Austausch und die Anteilnahme an ihrem Leben ist eine Bereicherung für Herz und Geist.»

Bernadette Anderes (66), Fribourg

«Ich helfe Flüchtlingen bei der Wohnungssuche. So können sie sich schneller zuhause fühlen und sich integrieren. Der Austausch unter den Kulturen ist mir wichtig.»

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Aïcha (11), Syrien, verlor ihre Mutter bei einem Bombenanschlag

Das Richtige tun

Wenn Armut ihr Gesicht zeigt Erfahren Sie mehr über Aïcha: www.dasrichtigetun.caritas.ch


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