Caritas Magazin 2-17

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CARITAS Nr. 2 / März 2017

Magazin

Sechs Jahre Krieg in Syrien Seite 6

Brennpunkt

Menschen

Schweiz

Seite 5

Seite 11

Seite 13

Haiti nach Hurrikan

Unser Mann im Bundeshaus

Leben in neuer Heimat


Offener Brief

Liebe Leserinnen, liebe Leser Die Tagesaktualität kennt vor allem ein Thema, den Regierungswechsel in den USA. Die Aussichten sind düster. Trump setzt Geister frei, die wir in den letzten Jahren aufwendig bekämpft haben: Er lacht über Behinderte, er reduziert Frauen auf Lustobjekte, er grenzt aus und er baut Mauern. Das politische Geschehen in den USA hat jedoch auch deutlich gemacht, dass wir in Kommunikation und Wahrnehmung vor sehr grossen Herausforderungen stehen. Fakten verlieren in der Meinungsbildung an Bedeutung. Falsche Behauptungen und frei Erfundenes können hemmungslos in die Welt gesetzt werden. So wurde die Falschmeldung, der Papst würde die Wahl von Trump unterstützen,

von vielen US-Bürgerinnen und US-Bürgern geglaubt, allein aufgrund der Tatsache, dass sie genügend oft auf Internetkanälen wiederholt wurde. Diesen Entwicklungen müssen wir uns stellen und wir wollen dazu beitragen, dass der Anstand und die geordnete, tatsachenbasierte Debatte in der Öffentlichkeit erhalten bleiben. Es steht viel Arbeit an. Einer der Schwerpunkte in diesem Magazin sind die Flüchtlinge. Wir stellen fest, dass die Informationen auch da von den Medien sehr ungleichgewichtig transportiert werden. Wenn die Asylzahlen steigen, dann sind die Überschriften dazu dick und fett. Dass 2016 die Asylgesuche um rund dreissig Prozent zurückgegangen sind, wird kaum erwähnt. Unsere Arbeit im Flüchtlingsbereich konzentriert sich einerseits auf die Flüchtlinge vor Ort und anderseits auf die

Menschen, die bei uns ein «neues» Leben anfangen müssen. In Syrien, auch im zerbombten Aleppo, versorgen wir Flüchtlinge mit dem Allernotwendigsten, in Jordanien schaffen wir Verdienstmöglichkeiten, und im Libanon ermöglichen wir geflüchteten Kindern und Jugendlichen, in die Schule zu gehen. Dies gibt den Familien Halt und den Kindern eine Perspektive.

«Trump setzt Geister frei, die wir in den letzten Jahren aufwendig bekämpft haben.» In der Schweiz unterstützen wir anerkannte Flüchtlinge, damit sie eine Wohnung und eine Erwerbstätigkeit finden, und anderseits setzen wir einen Schwerpunkt auf Kinderflüchtlinge. Diese alleingelassenen Kinder und Jugendlichen brauchen dringend Betreuung und Erziehung. Mit der Eröffnung eines Zentrums im Missionshaus Bethlehem in Immensee ist uns ein erster wichtiger Schritt dahin gelungen. Liebe Spenderinnen und Spender, all dies können wir nur tun dank Ihrer tollen Unterstützung. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie viel Grosszügigkeit und Engagement wir erfahren dürfen. Ganz herzlichen Dank.

Hugo Fasel Direktor Caritas Schweiz

Bild: Franca Pedrazzetti


Inhalt

Die Hoffnung stirbt nicht

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Syrien: Ali (49) und seine Familie haben sich auf dem Dach eines Hauses in Damaskus notdürftig eine Wohnung eingerichtet. Nour (12) ist mit ihren Eltern und Geschwistern in die Ruinen von Homs zurückgekehrt. Zwei Ge­ schichten über Schmerz und Hoffnung, Granaten und Poesie sowie den Mut, weiterzumachen. Seite 6

Brennpunkt: Haiti nach Hurrikan Matthew

Fünf Monate nach dem Hurrikan herrscht auf der Karibikinsel immer noch grosse Not: Die Lebensmittel sind knapp, und es droht eine Cholera-Epidemie. Caritas Schweiz ist vor Ort im Einsatz.

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Menschen: Unser Mann im Bundeshaus

Caritas verstärkt ihr politisches Engagement: Martin Flügel ist neu Leiter Politik und die Stimme für sozial Benachteiligte in Bundesbern.

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Schweizer Projekte: Neue Heimat Schweiz

Mit dem Bleiberecht beginnt der lange Weg zur Integration: Meawel aus Eritrea arbeitet hart für eine bessere Zukunft. Dank der Unterstützung von Caritas ist er seinem Traum, Elektroinstallateur zu werden, ein Stück näher gekommen.

IMPRESSUM Das Magazin der Caritas Schweiz erscheint sechsmal im Jahr Herausgeberin ist Caritas Schweiz, Kommunikation und Marketing, Adligenswilerstr. 15, Postfach, CH-6002 Luzern, E-Mail: info@caritas.ch, www.caritas.ch, Tel. +41 41 419 22 22 Redaktion: Sabine Schaller (ssc), Leitung; Jörg Arnold (ja); Fabrice Boulé (fbo); Stefan Gribi (sg); Anna Haselbach (ah); Vérène Morisod Simonazzi (vm); Odilo Noti (on) Das Abonnement kostet fünf Franken pro Jahr und wird einmalig von Ihrer Spende abgezogen. Grafik: Urban Fischer Titelbild: Alexandra Wey Druckerei: Kyburz, Dielsdorf Papier: 100 % Recycling Spendenkonto: PC 60-7000-4

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Echo

Award 2016 Caritas-Forum: Recht auf Arbeit Die Arbeitswelt hat sich gewandelt: Digitalisierung und Automatisierung haben die Produktivität gesteigert, gleichzeitig drohen vielen etablierten Berufen das Aus. Durch den rapiden Strukturwandel steigt der Druck auf die Löhne und was in der Schweiz lange Zeit undenkbar schien, ist heute für 120 000 Menschen Realität: sie leben trotz Arbeit in Armut. Am Caritas-Forum am 27. Januar sprachen Referentinnen und Referenten zum Thema «Recht auf existenzsichernde Arbeit». Heiner Flassbeck, ehemaliger Chef-Ökonom der UNCTAD, und Ueli Mäder, emeritierter Soziologieprofessor, analysierten die problematischen Entwicklungen

auf dem Arbeitsmarkt aus wissenschaftlicher Sicht. Am Nachmittag gaben unter anderen Patricia Ganter, Integrationsdelegierte des Kantons Graubünden, und Jean-Noël Maillard, Direktor der Caritas Jura, Einblick in die Alltagspraxis. Abschliessend richtete Martin Flügel, Leiter Politik der Caritas Schweiz, den Blick auf unbezahlte Arbeit und erläuterte die Frage, wie Arbeit auch in Zukunft integrativ wirken kann. Am Forum haben 200 Fachleute teilgenommen. (ssc)

Heiner Flassbeck im Radiointerview: caritas.ch/130

Migros-Weihnachtsaktion

Die Migros-Kundinnen und -Kunden haben mit dem Kauf von Schokoladenherzen während der Weihnachtszeit 2,8 Millionen Franken für bedürftige Menschen in der Schweiz gesammelt.

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Die Migros hat den Spendenbetrag um eine Million erhöht und an Caritas, Heks, Pro Juventute, die Winterhilfe und Pro Senectute je einen Check in der Höhe von 764 000 Franken überreicht. (ssc)

Der youngCaritas-Award 2016 ging an Sophia Delgado, Leonie Mugglin, Sophie Gfeller, Angela Gruber und Linda Bergauer für das Projekt «wegeleben». Die jungen Frauen vermitteln über ein Onlineportal WG-Zimmer. Das Spezielle daran: Das Angebot richtet sich an geflüchtete Menschen. Das Leben in einer Wohngemeinschaft bringt viele Vorteile und es hilft Neuankömmlingen, sich sozial und sprachlich zu integrieren. Die Siegerinnen reisen 2017 mit youngCaritas nach Indien und erhalten vor Ort Einblick in die Projekt­ arbeit der Caritas Schweiz. Mit dem Award zeichnet youngCaritas jährlich die besten Projekte von jungen Menschen aus, die sich für eine gerechtere Welt engagieren. Andreas Lustenberger Die Gewinnerinnen im Interview: caritas.ch/129

Bewerten Sie uns! «Erfahren, fundiert, warm und herzlich»: so schätzen unsere Spenderinnen und Spender die Caritas ein. Regelmässig bitten wir Sie um Ihre Meinung. So sind für 86 Prozent die Spendenbriefe wichtig, um über unsere Arbeit informiert zu sein. Und besonders erfreulich: die Menge an Post, die sie bekommen, ist für 60 Prozent gerade richtig. Wir vergessen aber auch jene 6 Prozent nicht, die zum Ausdruck bringen, von Caritas zu häufig kontaktiert zu werden. Solche Aussagen nehmen wir sehr ernst, damit wir auch für unsere Spenderinnen und Spender das Richtige tun können. Schreiben auch Sie uns Ihre Meinung an spendenservice@caritas.ch

Bilder: Angelika Annen, Nique Nager, Jorma Müller


Brennpunkt

Haiti: Die Lage nach Hurrikan Matthew Ernährungsunsicherheit, Kampf gegen Cholera, Sicherheitsprobleme: auch Monate nach Hurrikan Matthew kämpft Haiti mit den Folgen der Katastrophe. Mehr als eine Million Menschen hängen von der humanitären Hilfe ab. Caritas Schweiz engagiert sich in der Nothilfe und unterstützt die Bevölkerung darin, wieder selbständig für ihren Lebens­ unterhalt zu sorgen. «Es ist, als hätte man eine Atombombe über diesem Gebiet abgeworfen.» So beschrieb der Schweizer Botschafter in Haiti, Jean-Luc Virchaux, die Lage auf

«900 Bauernfamilien haben schnellreifendes Saatgut erhalten.» ­ aiti einige Tage nach der Katastrophe. H Als der Hurrikan am 4. Oktober 2016 mit voller Wucht auf die Südküste des Landes traf, forderte er mehr als 500 Todes­ opfer. In den am stärksten betroffenen Gebieten machte er sämtliche Häuser dem Erdboden gleich und zerstörte die Ernte­erträge.

Cholera und steigende Preise Caritas Schweiz unterstützt die Opfer mit Projekten in einem Umfang von 1,6 Millionen Franken in Kooperation mit der Glückskette. Im äussersten Südwesten von Haiti verteilt Caritas Les Cayes Lebensmittel, aber auch Anti-Cholera-Kits. Die lokale Caritasorganisation führt Kampagnen durch, um die Bevölkerung für die Gefahren der Malaria zu sensibilisieren. Besonders betroffene Familien werden auch finanziell unterstützt. Nachdem Matthew einen Grossteil der Anbaufläche zerstört hat, droht nun eine akute Ernährungskrise. «Lokale Produkte sind nur in begrenzten Mengen verfügbar und ihre Preise sind um 15 bis 20 ­Prozent

Matthew hat die Lebensgrundlage vieler Menschen zerstört: Ein Bauer aus Léogâne setzt sein Feld neu an.

gestiegen», bedauert Léveillé Gutenbert, Verantwortlicher für das Nothilfe­ programm. Caritas verteilt an 2700 Familien in Saint-Jean-du-Sud und Arniquet Lebensmittelrationen. In Léogâne und Petit-Goâve haben 900 Bauernfamilien schnellreifendes Saatgut erhalten. Manchmal kommt es zu Zwischenfällen: «Unsere Lieferfahrzeuge wurden bereits zweimal angegriffen», erzählt L ­ éveillé ­Gutenbert. Wieder ein Dach über dem Kopf Caritas liefert auch Wellblech: In Délatte konnten Familien damit ihre Häuser reparieren, in Léogâne und Petit-Goâve wurden dreissig Schulen mit Blech provisorisch aufgebaut, so dass der Unterricht wiederaufgenommen werden konnte. In der Region von Camp-Perrin hilft die Bevölkerung mit, Felder zu räumen und Bewässerungssysteme zu reparieren. ­Caritas verteilt an 4550 Familien Saatgut, Setzlinge und Werkzeug. Doch die Zukunft bleibt ungewiss: Die Frühjahrsernten hängen von den meteo­ rologischen Bedingungen ab, und die UNO hat gerade einmal ein Drittel der benötigten Hilfsgelder zusammenbekommen. Haiti ist dringend auf internationale Hilfe angewiesen. (vm)

Verteilung von Lebensmitteln in der Gemeinde Arniquet im Südwesten von Haiti. Im ganzen Land sind 806 000 Menschen von Nahrungsknappheit betroffen.

Bilder: Marie Arago

Onlinespende: caritas.ch/de/spenden

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Reportage

«Wir wollen leben» Text: Fabrice Boulé Bilder: Alexandra Wey

Leben auf Sparflamme: Zahra Al-Hassan, ihr Mann Ali Al-Ahmad und ihre Kinder gehören zu den Vertriebenen des Krieges. Einst in Aleppo zu Hause, leben sie heute auf dem Dach eines Gebäudes in Damaskus und sind ohne feste Arbeit.

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Reportage

Die Sonne geht unter über den Dächern von Jaramana, einem Vorort von Damaskus. Ali Al-Ahmad erlebt einen kurzen Moment der Ruhe. Am Tag lebt er rastlos, immer auf der Suche nach Gelegenheitsjobs.

Ali* und Nour geben Millionen von syrischen Familien, die durch den Krieg ihr Zuhause und ihre Existenz verloren haben, ein Gesicht. Der Krieg hat ihnen alles genommen. Nur nicht den Wunsch, eines Tages wieder ein normales Leben zu führen. Ihre Willenskraft ist beeindruckend und ihre Talente sind bewundernswert. Aber das alleine reicht nicht zum Überleben. Porträts zweier Familien aus Damaskus und Homs. Ihre Kinder sind ihre Zukunft. Die Familie von Ali Al-Ahmad verlor ihren ältesten Sohn vor wenigen Monaten im Krieg. Es fällt den Hinterbliebenen unsagbar schwer, nach dieser Tragödie wieder Mut und Zuversicht zu finden. Aus Aleppo ver-

«Begreifst du, was ich sage? Kannst du überhaupt nachvollziehen, was ich fühle?» trieben, lebt Ali Al-Ahmad gemeinsam mit seiner Frau Zahra Al-Hassan* und seinen drei überlebenden Kindern heute in Damaskus, auf einem Dach eines Wohnhauses. Die zweite Familie ist die von Nour, einem zwölfjährigen Mädchen, das gerne singt und Gedichte schreibt. Ihre Fami-

lie ist zurückgekehrt in die Altstadt von Homs und lebt inmitten von Ruinen in der Hoffnung auf ein besseres Morgen. Eine zerbrochene Familie Abou Mohamad, «Vater von Mohamad»: So nennen die Nachbarn Ali Al-Ahmad ehrfürchtig und voller Zuneigung. Er ist 49 Jahre alt. Bis zum 9. Juli war er Vater von vier Kindern. Sein ältester Sohn, Mohamad*, kämpfte als Freiwilliger in der syrischen Armee. Am 9. Juli starb er im Kampf gegen die Islamisten in Deir ez-Zor. Er wurde gerade mal 22 Jahre alt. Sein Porträt ist der einzige Schmuck an den kahlen Wänden der Dreizimmerwohnung, die Ali und seine Familie in Jaramana, einem Vorort von Damaskus, gemietet haben. Immer wieder nimmt der Vater das Bild von der Wand, um es fest zu um-

klammern. Und immer wieder füllen sich seine Augen dabei mit Tränen. Ali sucht den Blickkontakt zum Besucher; still, aber eindringlich scheint er ihn zu fragen: «Begreifst du, was ich sage? Kannst du überhaupt nachvollziehen, was ich fühle?» Es ist, als hätte die Familie sich in den letzten sechs Monaten selbst verloren. Die Mutter Zahra und der zweite Sohn Hussein* leben nur noch vor sich hin. Viele Stunden am Tag sitzt Zahra zusammengekauert gegen eine Wand gelehnt und starrt ins Leere: «Ich denke an meinen Sohn, mehr nicht.» Jeden Freitag begibt sich die ganze Familie ans Grab von Mohamad in einem 20 Kilometer entfernten Dorf. Auch Hussein hat durch den Tod seines älteren Bruders jegliche Stabilität verloren. Sein Zimmer verlässt er kaum noch. Er ist unfähig, irgendetwas zu tun. Immer wieder entladen sich Hilflosigkeit und Ohnmacht in Gewalt. So hatte er am Vorabend unseres Besuches mit seinen Fäusten die Plastikfolien durchlöchert, die im grössten Zimmer der Wohnung die Fensterscheiben ersetzen.

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Reportage aus Aleppo kann einfach alles. Glücklicherweise. Schon vor dem Krieg ging der Vater als Tagelöhner und Hilfsarbeiter nach Jaramana, um das Familieneinkommen aufzubessern. Dann marschierten die Islamisten in die Region von Aleppo ein, bedrohten und misshandelten Menschen. Seine Familie flüchtete und folgte ihm in den Vorort der Hauptstadt. Die Islamisten boten dem ältesten Sohn Alis wiederholt Geld an, damit er sich ihnen anschliesse. Er hatte sich immer geweigert. Beim letzten Rekrutierungsversuch war seine Antwort: «Lieber habe ich kein Geld, aber Eltern, die stolz auf mich sind.» Zwei Wochen später war er tot. «Kannst du dir das vorstellen», erzählt mir Ali, «sie haben mir Geld geboten, damit meine Söhne für sie kämpfen.» Ihr ältester Sohn ist im Kampf gegen die Islamisten gestorben. Seither fällt es Zahra Al-Hassan schwer, ins Leben zurückzufinden.

Die unermüdliche Suche nach Arbeit Zenab*, die zwanzigjährige Tochter, und der zwölfjährige Hassan*, der jüngste Sohn, kämpfen unermüdlich, damit die Familie nicht auseinanderbricht. Und auch Ali versucht mit all seinen Kräften, seine kleine Welt zusammenzuhalten. Er gönnt sich keine Ruhe. Von früh morgens

bis spät abends ist er mit seinen zu gros­ sen Gummistiefeln, die Mütze tief ins Gesicht gezogen, im Quartier unterwegs auf der Suche nach Arbeit. Hier repariert er einen undichten Gartenschlauch, dort eine Satellitenschüssel. Er reinigt Häuser und transportiert Waren zum Markt. Keine Arbeit schlägt er aus. Der Bauer

Die Menschen in Syrien brauchen unsere Hilfe. Helfen Sie mit einer Spende! Schenken Sie eine warme Mahlzeit, Wasser, Kleider, ärztliche Versorgung, Decken, Seife und ein sicheres Dach über dem Kopf. Spendenkonto: 60-7000-4

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Eine unverzichtbare Hilfe Alis unregelmässige Einkünfte reichen bei weitem nicht aus, um auch nur die Grundbedürfnisse seiner Familie zu decken. Ab und zu kommt er bei der Nothilfe von Caritas vorbei, die sich ein paar Stras­sen weiter befindet. Hier bekommt er einen Gutschein für Lebensmittel und Kleider oder Unterstützung für die Miete der drei halbfertigen Ziegelsteinzimmer auf dem Dach: 10 000 syrische Pfund, ungefähr 20 Dollar. Auch Hassan wird von der Caritas unterstützt. Er geht wieder zur Schule und nimmt Nachhilfe,


Reportage um den verpassten Unterrichtsstoff nachzuholen, nachdem die Islamisten ihm zuvor den Schulbesuch verboten hatten. Auf die Hilfe von Caritas und anderer Hilfsorganisationen ist Ali genauso angewiesen wie auf die Unterstützung der Nachbarn. Tag für Tag muss er seinen Stolz überwinden und lernen, sich für die Hilfe, die er so dringend braucht, nicht zu schämen. Er hat keine Wahl: «In Aleppo lebten wir sehr einfach, aber wir hatten

« In Aleppo lebten wir sehr einfach, aber wir hatten das Nötigste. » das Nötigste. Ein Haus, zu essen und die Kinder gingen zur Schule», erinnert sich Ali. «Wir hatten Tiere, Oliven …», ergänzt seine Frau Zahra, die kurz aus ihrer Le­ thargie erwacht. Ali ist seinem Vermieter sehr dankbar. «Die Miete ist günstig und er gibt mir auch oft Arbeit.» Aber das Dach ist nur mit dünnem Blech abgedeckt und bietet keinen Schutz gegen Kälte und Regen. Und im Sommer wird es darunter kochend heiss. Ali hat die Fenster mit Plastikfolien abgedichtet und das Dach mehr schlecht als recht isoliert. Die Löcher in der Wand, die durch Risse im Mörtel entstanden sind, hat er wieder zugepflastert. Vor sechs Monaten schlug nicht weit von ihrem Haus eine Granate ein, die Splitter verfehlten den Kopf seiner Frau nur um wenige Zentimeter. Glücklicherweise wurde das Nachbarviertel, von wo die Granate abgefeuert wurde, inzwischen geräumt. Dennoch ist vom Dach ihres Hauses immer wieder Gefechtslärm zu hören. Niemand schenkt ihm besondere Beachtung. Das Leben muss weitergehen, koste es, was es wolle. Eine Familie voller Hoffnung Ortswechsel. Homs, eine der Städte, die der Syrienkrieg zerstörte. Zwischen 2012 und 2014 wurden mehrere Stadtviertel beim Kampf zwischen Rebellen, Islamisten und der syrischen Armee dem Erdboden gleichgemacht. Die 12-jährige

Nour Ghozam und ihre Familie gehören zu denen, die wieder in das Altstadtquartier, in dem sie früher lebten, zurückgekehrt sind. In ihr altes Haus konnten sie nicht mehr einziehen, es war zerstört. Jetzt wohnen sie in der vierten Etage eines Wohnhauses, das in einem besseren Zustand ist als die zerbombten Häuser in der Nachbarschaft. Die Miete ist günstig und der Besitzer hat ihnen sogar einige Möbel überlassen – glücklich darüber, dass die Wohnung wieder belegt ist. Begabte Kinder In einem der Zimmer, eisig kalt ist es dort, steht ein Piano. Rafi, der grosse Bruder (18), ist ein begabter Pianist und wie Nour, die eine schöne Stimme hat und Gedichte schreibt, der Stolz der Familie. Gemeinsam tragen sie ein paar Musikstücke vor. Rafi am Piano, Vater Houssam spielt Oud

und Nour singt. Die Texte stammen von Mutter Rita. Im Viertel bricht langsam die Nacht herein, weiches Licht erhellt den Raum und die Musik lässt uns die Ruinen des Krieges vergessen. Tod, Zerstörung, in alle Winde zerstreute Familien, Kälte, Entbehrungen, die ungewisse Zukunft – all die Fragen und Ängste scheinen sich aufzulösen, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick. Aber Musik vermag die Familie nicht zu ernähren. 2011 flüchtete sie in die Nachbarstadt Maschta al-Helou. Hier hatten viele Kriegsvertriebene aus Homs und Aleppo Zuflucht gesucht. Houssam ist ein erfahrener Koch und hatte immer Arbeit gefunden. Die Kinder gingen zur Schule, irgendwie kam man zurecht. Nach vier Jahren, als die Regierungsarmee Homs zurückerobert hatte, fand der Vater Arbeit in einem der Restaurants, in d ­ enen

Unvorstellbar grosse Bedürfnisse TÜRKEI

Aleppo SYRIEN Homs LIBANON Damaskus

IRAK

JORDANIEN

• Der Krieg geht in sein siebtes Jahr. • Die Opfer sind hauptsächlich Zivilisten. • 13,5 Millionen Menschen benötigen in Syrien selber humanitäre Hilfe. • Die Hälfte der ursprünglichen Bevölkerung von 22 Millionen (2011) musste – oft mehrmals – fliehen, innerhalb des Landes oder ins Ausland. Die Hälfte der Vertriebenen sind Kinder und Jugendliche.

• 70 Prozent der im Land Vertriebenen leben jetzt in den Städten und Vorstädten. • Etwa 70 Prozent der Bevölkerung lebt in extremer Armut. • Eines von drei Kindern geht nicht zur Schule, das sind 1,75 Millionen Kinder. • Eine von vier Schulen ist beschädigt, zerstört, zweckentfremdet oder geschlossen. • 12,8 Millionen Menschen brauchen medizinische Hilfe. 2,8 Millionen Menschen sind dauerkrank. Monatlich schädigt der Konflikt die Gesundheit von 30 000 Menschen. • Ende 2015 betrug die Arbeitslosigkeit 50 Prozent. • 11,8 Millionen Menschen haben bis zu 18 Stunden am Tag keinen Strom. • Der während des Kriegs verursachte wirtschaftliche Schaden wird auf 254 Milliarden Dollar geschätzt. Quelle: UNOCHA, Humanitarian Needs Overview 2017

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Als ob sie den Krieg ausgesperrt hätten: Die Familie Ghozam musiziert gemeinsam in ihrer Wohnung in Homs. Nichts deutet darauf hin, dass hinter dem Vorhang die Ruinen einer zerbombten Stadt liegen.

Die Hilfe von Caritas Die Lücke zwischen den vorhandenen Ressourcen und den Bedürfnissen der Menschen ist enorm. Behörden und Hilfsorganisationen versuchen sie zu verkleinern. In Kashkoul, einem der drei Zentren von Caritas in der syrischen Hauptstadt, sind über 5000 Familien registriert. In Homs sind es über 11 000. • Die Caritas leistet Direkthilfe durch das Verteilen von Gutscheinen zu 25 000 oder 40 000 syrischen Pfund, abhängig von der Grösse der Familie. Umgerechnet sind das 50 beziehungsweise 80 Franken. Mit diesem Geld können die Familien Kleider, Putzmittel, Decken und Nahrung kaufen (jedoch keine Zigaretten, keinen Alkohol, keine Kosmetikprodukte). Mit bestimmten Geschäften konnten Vereinbarungen über Preisnachlässe abgeschlossen werden. Der Gutschein lässt den Menschen die Wahl, denn sie wissen am besten, was genau sie brauchen.

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• Die Caritas unterstützt die Menschen auch bei den Mieten, die aufgrund der sehr hohen Nachfrage rasant ansteigen. Und das, obwohl die Menschen in halbfertigen oder stark zerstörten Gebäuden wohnen. • Medizinische Versorgung: Die Caritas schloss mit Spitälern und Kliniken Vereinbarungen über die Behandlungskosten ab, die von der Caritas übernommen werden. Psychologische Begleitung ist ein starkes Bedürfnis. • Unterstützung beim Schulbesuch: Die öffentlichen Schulen sind zwar gratis – mit 80 Schülern pro Klasse und Zweischichtbetrieb, jedoch vollkommen überfüllt –, aber die Kosten für Transport, Essen, Material und Schul­ uniformen sind für viele Familien schlichtweg nicht bezahlbar. Auch hier unterstützt die Caritas.

er früher tätig war. Die Familie folgte ihm wenige Monate später an ihren alten Wohnort. «Mit fremder Hilfe kommen wir gerade mal so über die Runden», erzählt Houssam. «Vor dem Krieg arbeitete ich in zwei Restaurants. Wir hatten ein Haus und kamen gut zurecht.» Die Hoffnungen der Familie sind gross, ihre Kinder begabt. Rafi, das junge Piano-­ Talent, träumt von einer Ausbildung zum Pianisten im Ausland. Nour dagegen ist bodenständiger: «Ich habe in Homs einige Freunde von früher wiedergefunden. Früher lebten wir mit der ganzen Familie hier im Quartier, doch jetzt sind die einen hier, die anderen dort, viele sind auch im Ausland. Ich bin immer so gern zu meinen Cousinen gegangen. Meine grosse Familie fehlt mir sehr.» *D ie Namen wurden zum Schutz der Personen geändert.

Video: Erfahren Sie mehr über Ali Al-Ahmad und seine Familie unter: dasrichtigetun.caritas.ch/ali


Menschen

Alltagsfragen

Fiseha Berhe, Äthiopien «Das Wasser hat unser Leben verändert. Jetzt haben wir das ganze Jahr über Früchte und Gemüse.» Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus? Nach dem Aufstehen bereite ich das Essen für meine Kinder und meinen Ehemann zu, anschliessend machen sich die Kleinen auf den Weg in die Schule. Nach dem Abwasch gehe ich ins Feld. Auf dem Rückweg bringe ich Trinkwasser mit. Wieder zu Hause, bereite ich das Mittagessen zu. Manchmal kann ich mir eine Fernsehserie anschauen, während die Kleinste schläft. Dann ist es schnell Abend. Wie viel verdienen Sie? Das ist unterschiedlich. Mein Ehemann ist Maurer und arbeitet oft als Tagelöhner. Er arbeitet an Häusern und baut Mauern, die die Strasse zu unserem Dorf und die Bewässerungskanäle befestigen. Seit Caritas den Damm errichtet hat und wir das ganze Jahr über Wasser haben, können wir Früchte und Gemüse verkaufen. Was macht Sie stolz? Unser Feld. Es ist nicht gross, aber schön. Auf dem fruchtbaren Boden wachsen das ganze Jahr über Früchte und Gemüse. Wir essen heute viel gesünder und besser als früher. Was bedeutet Glück für Sie? Dass meine Kinder gesund sind und zur Schule gehen können. Mein Ehemann arbeitet hart. Das Leben hier ist nicht einfach. Deshalb versuchen manche, von hier wegzugehen. Aber wir kommen zurecht. (fbo)

Bilder: Fabian Biasio, Franca Pedrazzetti

Martin Flügel ist Leiter Politik bei Caritas Schweiz und oft im Bundeshaus anzutreffen.

Benachteiligten eine Stimme geben Nicht nur mit praktischer Hilfe setzt sich die Caritas in der Armuts­ bekämpfung ein. Auch politisch engagiert sie sich für Benachteiligte. Martin Flügel ist seit November 2016 Leiter Politik bei Caritas Schweiz. Er trifft sich mit Parlamentariern und Parlamentarierinnen, pflegt die Kommunikation mit Verwaltung und Verbänden oder verfasst Stellungnahmen: Als Leiter Politik ist Martin Flügel dafür besorgt, dass die Ideen der Caritas auf dem politischen Parkett präsent sind. «Sich für Menschen

«Die Parlamentsmitglieder schätzen die Fachkompetenz der Caritas.» einsetzen, die sich selbst nicht gut Gehör verschaffen können» – das ist dabei sein zentrales Anliegen. Flügel recherchiert, beobachtet und analysiert laufend das politische Geschehen. So bleibt er frühzeitig aktuellen Entwicklungen auf der Spur. «Oft passiert bereits viel, bevor es zum Entscheid im Parlament kommt», sagt er. Wenn man etwas bewirken möchte, ist gutes Timing

deshalb wichtig. Und schliesslich gehe es auch darum, Informationen zurückzutragen, damit die Caritas «sieht, wohin die Reise in der Politik überhaupt geht». Mit der neu geschaffenen Stelle des Leiters Politik verstärkt die Caritas ihr im Leitbild verankertes gesellschaftspolitisches Engagement. Flügel freut sich, dass dies auch von Politikerinnen und Politikern honoriert wird: «Die Parlamentsmitglieder interessieren sich für die Anliegen der Caritas und schätzen unsere Fachkompetenz.» Martin Flügels Arbeit verlangt viel Kopf­ arbeit, Durchhaltevermögen und eine hohe Frustrationstoleranz. Oft geht es drei Schritte vor, zweieinhalb zurück. «In der Politik ist einmal keinmal. Man muss immer wieder das Gleiche wiederholen, um etwas zu bewegen.» Was, wenn er einmal den Kopf lüften muss? «Ich habe drei pubertierende Töchter», sagt Flügel lachend. «Das ist – neben dem Kochen und dem Rennvelofahren – Ausgleich genug.» (ah)

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Weltweit

Caritas baute auf den Philippinen 80 erdbebensichere Klassenzimmer für insgesamt 4000 Schülerinnen und Schüler.

Start in neue Schulära

Manila

Nachdem der Taifun Haiyan im November 2013 grosse Teile der zentralen Visayas im Herzen der Philippinen zerstört hatte, baute Caritas Privathäuser und Schulen wieder auf. Nun konnten alle Schulen fertiggestellt und der Bevölkerung übergeben werden.

Bantayan and Kinatarkan Islands Cebu

Farbenfroh leuchten die sieben wiederaufgebauten Schulen auf den Inseln Bantayan und Kinatarkan in den zentralen ­Visayas. Am 19. September 2016 wurden die letzten fertiggestellten Gebäude in der Schule Hagdan auf Kinatarkan eingeweiht. Jede der Schulen haben die jeweiligen Dorfbewohnerinnen und -bewohner

Die neuen Klassenzimmer sind hell und geräumig.

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und die Kinder gemäss ihren Bedürfnissen mitgestaltet. Bei den fünf Schulen, die genügend Platz dafür bieten, wurden auch Spielplätze gebaut. Tausende Menschen verloren ihr Leben, als Taifun Haiyan am 8. November 2013 über die Philippinen fegte, Millionen wurden obdachlos. Die 80 Klassenzimmer wurden nun so gebaut, dass sie in Zukunft Erdbeben und Wirbelstürmen standhalten. Deshalb werden die Gebäude nicht nur von 4000 Schülerinnen und Schülern zum täglichen Lernen genutzt; im Falle einer erneuten Naturkata­ strophe dienen sie den Dorfgemeinschaften auch als Evakuationszentren, wo sie Schutz finden. Damit das Projekt langfristige Wirkung zeigt, trainierte Caritas mit den Schulkomitees den Unterhalt der Gebäude. Zudem bildete sie lokale Bau­ arbeiter in taifun- und erdbebensicherem Bauen aus. Sie konnten dank der Ausbildung auch ihre Chancen auf dem

Auf den Inseln Bantayan und Kinatarkan in der Provinz Cebu sind im September 2016 sieben wiederaufgebaute Schulen eingeweiht worden.

­ rbeitsmarkt verbessern. Einer von ihA nen ist der 31-jährige Julito Villacarlos. Er sagt: «Seit ich denken kann, ist meine Familie arm. Nach dem Berufstraining auf dem Bau und mit einem Zertifikat in der Tasche habe ich zum ersten Mal eine Zukunftsperspektive.» Mit der Übergabe der Schulen neigt sich das Wiederaufbauprogramm auf den Philippinen dem Ende zu. Bis Juni wird auch der Bau der 1200 Privathäuser abgeschlossen sein. (ah)

Video und Bilder: caritas.ch/philippinen

Bilder: Caritas Schweiz


Schweiz

Die Selbständigkeit ist das Ziel Ihre Reise ist beschwerlich und lange noch nicht zu Ende, wenn sie hier ankommen. In Freiburg unterstützt Caritas geflüchtete Menschen auf dem Weg zur Integration. Meawel kniet in seinem Arbeitsoverall auf dem Boden und verlegt Schutzrohre unter Putz. Hier, in diesem Raum, wo künftig Studenten Psychologieseminare besuchen werden, arbeitet auch der Elektro­ installateur-Lehrling an seiner Zukunft. Heute sieht er ihr optimistisch entgegen. Aber das war nicht immer so. Patrick Bussmann, Leiter des Integrationsdienstes bei Caritas Freiburg, erinnert sich: «Im ersten Beratungsgespräch hat er geweint.» Meawel, damals 23-jährig, hatte soeben seinen Job als Hilfskraft in einem Restaurant verloren. Und der Traum von der Elektrikerlehre schien, ohne Schulabschluss und mit nur rudimentären Französischkenntnissen, unerreichbar für den Eritreer. Doch er blieb hartnäckig und setzte den Aktionsplan Schritt für Schritt um,

den er gemeinsam mit Patrick Bussmann erarbeitet hatte. Schliesslich konnte er bei einer lokalen Firma ein Praktikum absolvieren und bewährte sich. Nach einer Vorlehre, die er nutzte, um sein Französisch zu verbessern, bot ihm sein Chef Giovanni Autunno einen Lehrvertrag an. «Wir schauen nicht auf den Pass. Entscheidend ist alleine, ob jemand geeignet ist für den Beruf», sagt Autunno.

Schweizern. Häufig sind sie sogar besonders motiviert», sagt er. Auch ­Patrick Bussmann hat das in dreissig Jahren Flüchtlingsarbeit immer wieder erlebt: «In Menschen, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben den Tod in Kauf nehmen, steckt unheimlich viel Kraft. Sie gilt es zu

«Im ersten Beratungsgespräch hat er geweint.» Patrick Bussmann, Leiter Integrationsdienst Caritas Schweiz in Freiburg, über Meawel.

nutzen, um hier eine berufliche Zukunft aufzubauen.» Ganz so, wie es Meawel gemacht hat. (ssc)

Die Wirtschaft hilft mit In Freiburg arbeitet Caritas mit etwa 200 Firmen zusammen, die geflüchteten Menschen eine Chance geben und ihnen den Weg in die Berufswelt ebnen. Im Betrieb von Giovanni Autunno arbeiten gegenwärtig zwei Lehrlinge aus Fluchtländern. «Die Arbeit mit Flüchtlingen ist nicht anders und auch nicht komplizierter als mit

Erfolge bei der Integration Ende August 2016 waren von 690 Familien, die im Kanton Freiburg von ­Caritas Schweiz betreut werden, 143 finanziell unabhängig (20,7 Prozent). Das ist eine ermutigende Zahl, zumal der Hälfte der Flüchtlingsfamilien vor weniger als zwei Jahren Asyl gewährt wurde. Zudem konnten in den letzten zwei Jahren 230 geflüchtete Menschen ein Unternehmenspraktikum absolvieren. Neben der beruflichen fördert Caritas Schweiz in Freiburg auch die soziale Integration: sie bietet zum Beispiel Kurse zur Bewältigung der Behördengänge an, informiert über das Schulsystem und hilft bei der Wohnungssuche.

Der 27-jährige Meawel aus Eritrea absolviert eine Lehre als Elektroinstallateur.

Bild: Flurin Bertschinger/Ex-Press

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Service

0800 708 708: die SOS Schulden-Hotline

Agenda Bis zum 30. März 2017 Filmtage 21: éducation21 geht wieder auf Tournee und stellt an Pädagogischen Hochschulen der Schweiz neue Filme zum Thema Nachhaltigkeit für den Schulunterricht vor. Zu den Schwerpunktthemen gehören in diesem Jahr unter anderen Energie, Menschenrechte und Klimaschutz. education21.ch/de/filmtage

Caritas-Informationsanlässe Um der Schuldenspirale zu entkommen, ist es wichtig, frühzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wer in finanzielle Schwierigkeiten gerät und Schulden hat, sollte möglichst frühzeitig Rat suchen. So kann die finanzielle Situation rechtzeitig stabilisiert werden, bevor der Schuldenberg zu gross wird. Es ist meist schwierig, sich alleine von einer einmal eingetretenen Schuldenlast wieder zu befreien. Deshalb ist professionelle Hilfe wichtig. Die Caritas-Hotline

SOS Schulden vermittelt über die Gratisnummer 0800 708 708 einen ersten Kontakt zu einer kompetenten und seriösen regionalen Schuldenberatungsstelle. Auf der Caritas-Website www.caritas-schuldenberatung.ch kann zudem online um Unterstützung angefragt werden. Diese Erstberatung ist anonym möglich. Martin Abele

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Caritas Schweiz stellt sich vor und informiert über das Thema Nachlass­ planung. Mit anschliessendem Museumsbesuch. 16. März 2017 in Bern Bernisches Historisches Museum 30. März 2017 in Baden Historisches Museum Baden 2. Mai 2017 in Fribourg Bibel- und Orientmuseum an der Universität Miséricorde Die Anlässe beginnen um 13.30 Uhr. Anmeldungen: Telefon 041 419 22 22 oder event@caritas.ch

Für alle Fälle vorgesorgt «Es ist nicht lange her, da habe ich noch Arbeitsverträge unterzeichnet. Heute unterschreibe ich meinen Vorsorgeauftrag», sagt Pascal Michel. Er ist seit fünf Jahren in Pension und regelt nun seine Angelegenheiten für die Zukunft. Auf Familie und Freunde hat er neben seinem Beruf stets Wert gelegt. Deshalb ist es für ihn selbstverständlich, für den Fall einer Demenz­ erkrankung oder eines schweren Unfalls seine nächsten Angehörigen zu bevollmächtigen. Der Vorsorgeauftrag der Caritas dient älteren Menschen, die richtige Vertrauensperson zu wählen. Die Hotline 0848 419 419 gibt telefonische Auskunft bei Fragen. Beat Vogel

Legate

Selbstbestimmt im Alter Caritas Schweiz informiert zu den Themen Patientenverfügung, Vorsorgeauftrag und Testament. 20. März 2017 in Luzern Caritas Schweiz, Adligenswilerstr. 15 22. März 2017 in Luzern Caritas Schweiz, Adligenswilerstr. 15 Der Vorsorgeauftrag erleichtert es Angehörigen, im Sinne der / des Betroffenen zu entscheiden, wenn diese / r selber dazu nicht mehr in der Lage ist.

Video: caritas.ch/131

Die Anlässe beginnen um 14 Uhr. Anmeldungen: Telefon 041 419 22 22 oder event@caritas.ch

Bilder: Heike Gasser/Ex-Press/Caritas Schweiz


Gemeinsam

Ich bin dabei

Martin Lambrecht (64)

ee in Kehrsatz lernen geflüchtete Gemeinsam geht es leichter: Im Deutschkaff youngCaritas-Freiwilligen Deutsch. und en misch Einhei mit Menschen zusammen

«Ein Bergeinsatz ist für mich der perfekte Ausgleich zu meiner ­Bürotätigkeit. Es ist abwechslungsreich, körperlich fordernd und erfüllend. Und ich habe eine sinnvolle Hilfe geleistet, was mich stolz und zufrieden macht.»

Deutsch lernen beim Pizzabacken Alle zwei Wochen wird das Bistro Weidli in Kehrsatz zum Deutschkaffee. Dann treffen sich geflüchtete Menschen und andere, die ihr Deutsch verbessern möchten, mit Einheimischen und youngCaritas-Freiwilligen. Die Abenddämmerung kriecht langsam über den Gurten in das bernische Kehrsatz. Im Bistro Weidli ist alles vorbereitet für ein weiteres Deutschkaffee-Treffen: Auf den Tischen stehen Knab­bereien, in der Küche wartet Gemüse darauf, geschnitten zu werden, und in der Kinderecke liegen Farbstifte bereit. Die youngCaritas-Freiwilligen hoffen auf eine ähnlich gute Resonanz wie an den bisherigen Treffen. Und tatsächlich: Die Tür geht auf und gleich mehrere Kinderwagen werden in den Raum geschoben. Bald herrscht auch in der grossen Küche emsiges Treiben: Es wird Pizza gebacken. Derweil sitzen andere Teilnehmende und Freiwillige an den Tischen, spielen Uno und diskutieren Fragen wie «In wie vielen Ländern warst du schon?» So verbringen Alt und Jung, zugewanderte und geflüchtete Menschen zusammen mit Einheimischen den Abend und lernen sich in lockerer Atmosphäre kennen. Bewohnerinnen und Bewohnern aus Kehrsatz und youngCaritas-Freiwilligen bietet

Bilder: youngCaritas, zVg

das Deutschkaffee eine Möglichkeit, sich für Menschen aus anderen Herkunftsländern zu engagieren und ihnen eine Starthilfe in ein neues Leben zu geben: Beim Spielen, Kochen und Diskutieren lernen die Neuankömmlinge Deutsch und sie fühlen sich willkommen. Das Projekt wird von der Gemeinde Kehrsatz unterstützt. Bettina Wyler

Michèle Cesal (27)

«Weil ich damit gleichzeitig die überlasteten Bergbauern unterstützen und mir einen Traum erfüllen kann. Die Natur, die Tiere und die netten Älpler sind der wertvollste Lohn.»

Weitere Informationen: youngcaritas.ch/deutschkaffee

youngCaritas in der Schule Sind Sie interessiert an einer Einführung ins Thema Migration, Armut und Entwicklungszusammenarbeit an Ihrer Schule? Dann melden Sie sich bei uns unter: youngcaritas.ch/school

Peter Federer (58)

«Ich erhalte Einblicke in andere Lebenswelten, kann körperlich arbeiten und die Schweiz besser kennen lernen. Der Bergeinsatz hilft mir und dem Gastbetrieb.» Weitere Informationen: caritas.ch/bergeinsatz

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Ali Al-Ahmad (49), Syrien Hat seinen Sohn im Krieg verloren

Das Richtige tun

Wenn Armut ihr Gesicht zeigt Erfahren Sie mehr Ăźber Ali und seine Familie: www.dasrichtigetun.caritas.ch


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