CARITAS Nr. 6 / Dezember 2018
Magazin
Das Klima in Not Seite 6
Am Puls
Brennpunkt
Schweiz
Krankenversicherung als Armutsfalle
Flüchtlingskrise in Südamerika
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Nothilfe nach Tsunami
Offener Brief
Liebe Spenderinnen, liebe Spender «Die Welt ist in Bewegung». Ist diese Formulierung mit Blick auf das aus gehende Jahr zu weit gegriffen? Auf jeden Fall können wir festhalten, dass die Veränderungen und Unsicherheiten signifikant zugenommen haben. Europa verliert an Stabilität. Der Populismus breitet sich wie ein Flächenbrand aus. Sein Rezept lau tet: Gegen die Schwächsten. Eng mit ihm verwandt ist der Nationalismus, der alles Fremde beschimpft. Die Angst und Verunsicherung, die er schürt, sind ein guter Nährboden für neue Parteien. Der neue Nationalismus rich tet sich meist gegen Flüchtlinge. Er will uns glauben machen, dass sie die Ursache allen Übels sind. Als in Deutschland die Mauer fiel, war dies ein Triumph der Freiheit. Über all auf der Welt applaudierten die Menschen. Heute ist es umgekehrt. Es wird applaudiert, wenn neue Mauern gebaut werden – im Süden der USA, in Ungarn und Israel oder in Indien, wo Grenzzäune gegen Klimaflücht linge aus Bangladesch hochgezogen werden. Gleichzeitig finden die War nungen des Weltklimarats und der dringende Aufruf zum Kampf gegen die Erderwärmung wenig Beachtung. In der Schweiz fällt auf, dass trotz bester Wirtschaftslage die Zahl der ar
«Es ist beschämend, dass der Bund sich weitgehend aus der Armutspolitik verabschieden will.»
mutsbetroffenen Menschen und der Ausgesteuerten weiter zunimmt. Es ist deshalb beschämend, dass einzelne Kantone ihre Leistungen für Menschen in Armut kürzen und der Bund sich weitgehend aus der Armuts politik verabschieden will. Und was ist die Rolle der Caritas? In Zeiten der Verunsicherung braucht es Orientierung und richtungsweisende Positionierung. Wir wollen jene Werte herausstellen und bewahren, die ein unverzichtbares Fundament bilden für jede gesellschaftliche Ordnung: Respekt für die Würde des Menschen, Solidarität und Gerechtigkeit. Diese christlichen Werte sind zeitlos und nicht verhandelbar. Dafür setzen wir uns ein. Sie, liebe Spenderinnen und Spender, unterstützen uns in dieser Aufgabe mit grosser Verlässlichkeit. Dafür danken wir Ihnen von Herzen. Weihnach ten möge Ihnen Licht und Kraft schenken und zu einem Fest der Liebe und Solidarität werden. In Verbundenheit und Dankbarkeit
Hugo Fasel, Direktor Caritas Schweiz
Bild: Franca Pedrazzetti
Inhalt
Rettung für den Wegnia-See
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Genauso schnell wie sich der Wegnia-See mit Wasser füllt, trocknet er auch wieder aus. Es gibt nur noch wenig Niederschlag. Wenn es regnet, dann oft so heftig, dass totes Holz und Erde in den See geschwemmt werden. Die Caritas hilft der Bevölkerung, den See zu retten und dem Klimawandel die Stirn zu bieten. Seite 6
Brennpunkt: Indonesien nach der Flutwelle
Wieder hat ein Tsunami Indonesien ge troffen. Auf der Insel Sulawesi sind etwa 2000 Menschen gestorben, viele werden noch vermisst. Die Caritas leistet Nothilfe.
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Schweiz: Kein Geld für Krankenkasse
Die Krankenkassen-Prämien steigen jähr lich, die individuellen Prämienverbilligun gen werden laufend gekürzt. Für immer mehr Schweizerinnen und Schweizer wird die Krankenversicherung zur Schul denfalle.
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Am Puls: Flüchtlingskrise in Südamerika
Leere Supermärkte, Mangel an Medika menten, Hyperinflation: Millionen Vene zolanerinnen und Venezolaner kehren ih rer Heimat den Rücken zu und flüchten in die Nachbarländer. Caritas Schweiz leis tet Hilfe in Brasilien.
IMPRESSUM Das Magazin der Caritas Schweiz erscheint sechsmal im Jahr. Herausgeberin ist Caritas Schweiz, Kommunikation und Marketing, Adligenswilerstr. 15, Postfach, CH-6002 Luzern, E-Mail: info@caritas.ch, www.caritas.ch, Tel. +41 41 419 24 19 Redaktion: Sabine Schaller (ssc), Leitung; Jörg Arnold (ja); Fabrice Boulé (fbo); Stefan Gribi (sg); Anna Haselbach (ah); Vérène Morisod Simonazzi (vm) Das Abonnement kostet fünf Franken pro Jahr und wird einmalig von Ihrer Spende abgezogen. Grafik: Urban Fischer Titelbild: Fabian Biasio Druckerei: Kyburz, Dielsdorf Papier: 100 % Recycling Spendenkonto: PC 60-7000-4
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Echo Buchvernissage Almanach Entwicklungspolitik 2019
Migration menschengerecht gestalten tionale Kooperation in der Migrationsund Flüchtlingspolitik gestärkt werden. Thomas Cottier, emeritierter Professor für Europa- und Wirtschaftsvölkerrecht am World Trade Institute der Universität Bern, plädierte dafür, die Migration als gemeinsames Anliegen der Menschheit zu verstehen. Marianne Hochuli, Leite rin des Bereichs Grundlagen bei Caritas Schweiz, zeigte auf, wie stark die Fluchtursachen mit unserem eigenen Tun ver knüpft sind. Alle drei Referierenden sind auch Autoren im neuen Almanach Ent wicklungspolitik 2019. Manuela Specker Steffen Angenendt ist Migrationsexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Rund 100 Personen fanden sich Mitte Oktober an der Buchvernissage des von Caritas Schweiz herausgegebenen Al manachs Entwicklungspolitik in Luzern ein. Steffen Angenendt, einer der füh renden Migrationsexperten in Deutsch land, machte darauf aufmerksam, dass Flüchtlingskrisen immer länger andau ern, so dass nicht mehr nur Nothilfe, son dern auch Entwicklungszusammenarbeit gefragt sei. Für eine menschengerechte Migration müsse zwingend die interna
Das Caritas-Jahrbuch zur humanitären Schweiz Migration und Entwicklung: Globale Wanderungen menschengerecht gestalten Caritas-Verlag Luzern, September 2018 340 Seiten / 39 Franken Online bestellen: shop.caritas.ch
Viel Kleines kann Grosses bewirken «Füreinander da sein. Miteinander spen den». So lautet das Motto der sechsten Weihnachtsaktion der Migros. Unterstüt zen Sie die Aktion mit dem Kauf einer Spendenschokolade oder lösen Sie einen Spendencoupon im Wert von 5, 10 oder 15 Franken in Ihrer Migros-Filiale ein. Die Migros hilft mit ihrer Spendensammlung Menschen in der Schweiz, die in ihrer Not auf sich selbst gestellt sind und un
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terstützt die Hilfswerke Caritas, Heks, Pro Ju ventute, Pro Senectute und Winterhilfe in ih rem Anliegen, die Armut in der Schweiz zu lindern. Für jeden eingelösten Coupon und für jede verkaufte Schoko lade spendet die Migros 1 Franken dazu. Die Aktion läuft bis zum 24. Dezember.
Medienecho Blick: «Wir müssen Armut verhindern – nicht verwalten», Interview mit Hugo Fasel | 28.8.18 «Ich bin sehr aufge bracht. Der Bundesrat will auf die Ar mutsfrage in der Schweiz nicht ein treten. Obwohl wir über 600 000 von Armut betroffene Menschen haben, reagiert er mit einem Progrämmchen von 500 000 Franken. Der Bundes rat ist nach wie vor der Auffassung, dass Armutsbekämpfung über die So zialhilfe geregelt werden muss und deshalb Sache der Kantone und der Gemeinden sei. Das ist absurd: Der Bundesrat hat selbst festgestellt, dass Armut eine präventive Aufgabe ist.» La Liberté: «Die Flüchtlinge heissen die Bewohner von Matran willkommen» | 3.9.18 «Vor zwei Jahren hatte Caritas Schweiz das Gebäude gekauft, um Flüchtlingen ein Zuhause zu geben. (…) Am Samstag öffnete das Haus seine Türen für Besucher. Diese ka men in Scharen, der Grossteil aus der Gemeinde. ‹Dieses Haus ist ein Vor zeigeprojekt für die Integrationsarbeit im Kanton Freiburg›, freute sich An ne-Claude Demierre, Staatsrätin und Vorsteherin der Direktion für Gesund heit und Soziales.» Aargauer Zeitung: Asylzentren: Bund vergibt Mandate für Rechtsvertretung | 17.10.18 «Asylsuchende werden wäh rend des Aufenthalts in einem Bun desasylzentrum Zugang zur Beratung über das Asylverfahren haben und er halten Informationen über ihre Rechte und Pflichten. (…) Caritas wird diese Aufgaben des Rechtsschutzes in der Asylregion Westschweiz übernehmen, (…), die Bietergemeinschaft Caritas/ SOS Ticino in der Asylregion Tessin und Zentralschweiz (…).»
Bild: Nique Nager, zVg
Brennpunkt
Mehr als 200 000 Menschen sind durch den Tsunami obdachlos geworden. Viele von ihnen wohnen in einer temporären Zeltsiedlung.
Indonesien: Hilfe für abgelegene Dörfer Trümmer, Tod, Trauer: Die indonesische Insel Sulawesi steht nach dem Tsunami unter Schock. Caritas Schweiz leistet Nothilfe für Familien in schwer zugänglichen Regionen. Ende September löst ein schweres Erd beben der Stärke 7,4 auf der indonesi schen Insel Sulawesi eine elf Meter hohe Flutwelle aus, die mit 800 Stundenkilo metern über die Westküste hereinbricht. Die verheerende Katastrophe kostet 2000 Todesopfer und 11 000 Verletzte. 68 000 Häuser und 1500 Schulen wer den zerstört.
«Den Kindern zuliebe müssen wir unsere Zuversicht bewahren.» Existenzen liegen in Trümmern Mehr als 200 000 Menschen sind seither ohne Obdach. Wer nicht bei Verwandten unterkommt, sucht Schutz in einer der rund hundert temporären Zeltsiedlungen, die in der Stadt Palu, sowie in den ländli chen Bezirken Sigi, Donggala und Parigi Moutong errichtet wurden. Ida, die sich mit ihren beiden jüngsten Söhnen in letzter Sekunde aus ihrem ein
Bild: Tatan Syuflana/Keystone
stürzenden Haus retten konnte, lebt jetzt in Balaora – Zelt an Zelt mit 300 weiteren Familien. Die meisten von ihnen stam men aus einem Quartier am Stadtrand von Palu. Dort hatte die Erde nicht nur ge bebt, sondern sich auch verflüssigt und 1000 Häuser buchstäblich verschluckt. Der Tsunami hat Ida und den anderen Familien alles genommen – bis auf die Kleider, die sie während des Unglücks am Körper trugen. Caritas Schweiz hilft mit Unterstützung der Glückskette 2000 Familien, die Hab und Gut verloren ha ben und in Zeltsiedlungen in abgelegenen Dörfern leben. Gemeinsam mit Caritas Österreich und der lokalen Hilfsorganisa tion Indonesia Bhadra Utama verteilt sie Decken, Handtücher, Seife und Hygiene artikel an die Betroffenen und ermöglicht ihnen den Zugang zu sauberem Wasser. Hilfe unter widrigen Bedingungen Zerstörte Strassen und Brücken machen es nicht leicht, bis zu den Familien vor
zudringen. Deshalb ist Meri, die in einer Zeltsiedlung im Bezirk Donggala lebt, umso dankbarer für die Hilfe der Cari tas. Was passiert ist, kann sie nicht ver gessen. «Es gibt kein Wort für die Angst, die man ertragen muss. Immer wenn ich mich setze und nicht beschäftigt bin, kehrt dieses Gefühl zurück», sagt sie. Für die Kinder ist es besonders schwierig, diese Ängste und die widrigen Bedingun gen auszuhalten. Caritas hat Räume für sie eingerichtet, wo sie Freizeit- und Bil dungsaktivitäten besuchen und ihr Wohl befinden stärken können. Ida sitzt in ihrem leeren Zelt in Balaora. Sie blickt nachdenklich in die Zukunft. «Wir starten von Null», sagt sie. «Aber den Kindern zuliebe müssen wir unsere Zuversicht bewahren.» Caritas wird Ida, Meri und die anderen obdachlosen Fami lien nicht alleine lassen, sondern ihre Hilfe weiter ausbauen und sie bei ihrem Neu anfang unterstützen. (ssc)
Onlinespende: caritas.ch/de/spenden
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Reportage
An vorderster Front gegen den Klimawandel Text: Fabrice BoulĂŠ Bilder: Fabian Biasio
Nur wenn es ihnen gelingt, sich an den Klimawandel anzupassen, haben kommende Generationen eine Zukunft.
Reportage Die Launen des Himmels bezahlt Modeste Traoré aus Mali mit barer Münze. Der See, auf dem schon sein Vater fischte, droht aufgrund des ausbleibenden Regens zu verschwinden und die Brunnen liegen monatelang trocken. Die chronische Dürre ist eine schwere Hypothek für die Landwirtschaft: Die Ernten schrumpfen und Menschen hungern. Caritas Schweiz unterstützt die Bauern dabei, das ökologische Gleichgewicht wiederherzustellen. Um den See zu retten, müssen die Bäume geschützt und die Ufer gesichert werden. Die Situation ist dramatisch: 2018 kann kaum eine der Familien, die an den Ufern des Wegnia-Sees, 150 Kilometer nörd lich von Bamako in Mali leben, ihren Le bensmittelbedarf decken. Sie haben das
« Ich bin ein Fischer ohne Fische. » Jahr nur dank der öffentlichen Verteilung von Getreide überlebt. Doch die Nothilfe kann nicht mehr als eine Übergangslö sung sein. Die Bevölkerung muss mit Un terstützung von Caritas und deren loka
len Partnern Wege finden, um ihr Leben nachhaltig zu verbessern. Viele junge Leute arbeiten über den Winter in den im mer zahlreicher werdenden wilden Gold minen im Westen Malis. Andere legen noch weitere Entfernungen zurück, um Arbeit zu finden. In der Region passen die Dorfbewohner ihre Arbeitsmethoden an, um den Druck auf den See zu verringern. «Meine Kinder werden nicht mehr als Fischer arbeiten können», bedauert Mo deste Traoré. Dabei hatten schon seine Vorfahren ihren Lebensunterhalt als Fi scher verdient. Doch der Wegnia-See hat einfach zu wenig Wasser. Im Dorf erinnern sich die älteren Bewohner noch gut an die
Zeiten, als Besucher in die Region ström ten, um deren Vogelvielfalt, die Vegeta tion und die ertragreiche Landwirtschaft zu bewundern. Doch das gehört längst der Vergangenheit an. Der Klimawandel schlägt erbarmungslos zu. «Ich bin ein Fi scher ohne Fische», sagt Modest beinahe lachend. Verrückt, wie die Menschen in Mali dem Unglück mit scheinbarer Leich tigkeit ins Gesicht blicken. Das Wetter ist unberechenbar Der Regen nimmt kontinuierlich ab und Vorhersagen sind immer schwieriger zu machen. Die Dorfbewohner beobachten, wie die Wetterextreme zunehmen: Stark regen, Hitzeperioden, Sandstürme. Hef tige Gewitter schwemmen tote Bäume und Erde in den See. Der kann sich in einer Nacht füllen, aber auch genauso schnell wieder austrocknen. «Selbst wenn auf einen Schlag viel Regen fällt, habe ich wenig Hoffnung. Denn darauf
Klimaprojekte der Caritas
Brasilien Im Norden von Brasilien regnet es we nig und unregelmässig. Abholzung und Überweidung beschleunigen die Bo denerosion und Wüstenbildung. Mehr als die Hälfte der Kleinbauernfamilien hat kein fliessendes Wasser. Die Cari tas hilft ihnen beim Aufbau einer Wasserinfrastruktur: In den Haushalten werden Anlagen zur Aufbereitung von gering ver schmutztem Abwasser eingerichtet – sowie einfache Bewässerungssysteme in stalliert, mit denen die Familien den Ern teertrag ihrer Felder verbessern können. Agroforstsysteme – eine Form der Land nutzung, bei der Ackerkultur mit Bäumen und Tierhaltung kombiniert werden, tragen zur Reduktion von Treibhausgasen bei.
Somaliland In Somaliland hat die nicht enden wol lende Dürre schwerwiegende Folgen für die nomadische Bevölkerung: Ern ten fallen gering oder ganz aus, das Vieh hat kein Futter mehr und verendet. Die Familien verlieren, was sie zum Leben brauchen. Auf der Suche nach Wasser müssen sie in oft weit abgelegene Ge biete umsiedeln. Die Menschen hun gern. Sie werden immer schwächer und anfälliger für Krankheiten. Caritas unter stützt die Familien finanziell, damit sie sich auf dem lokalen Markt Lebensmittel kaufen können, sie verbessert den Zu gang zur Gesundheitsversorgung und schult schwangere und stillende Frauen in Hygiene und Ernährungssicherheit.
Tschadschikistan Tadschikistan ächzt unter den Folgen des Klimawandels: Wetterextreme neh men zu. Da der grosse Verbrauch von Brennholz die Baumbestände ruiniert hat, ist das Land den sintflutartigen Re genfällen schutzlos ausgeliefert: Frucht barer Boden wird weggeschwemmt, die Erosion nimmt dramatisch zu. Des halb engagiert sich die Caritas in Tad schikistan unter anderem für die Wie deraufforstung. Bäume regulieren den Wasserhaushalt, schützen den Boden und binden Treibhausgase. So können Wälder die Folgen des Klimawandels ab federn und dazu beitragen, dass sich die Menschen besser an die veränderten Bedingungen anpassen können.
Lesen Sie die Geschichten von Betroffenen aus diesen Ländern: caritas.ch/klima
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Wenn Modeste Traoré mit dem Verkauf von Fisch und Agrarprodukten nicht genug verdient, muss er einige seiner Tiere verkaufen.
folgt immer eine Trockenperiode, die viel leicht sehr lange andauern wird», erzählt Mo deste Traoré. 2017 konnte er 50 Kilo Klein
Bei guter Ernte reisen die Händler aus dem über 150 Kilometer entfernten Ba mako an und kaufen einen grossen Teil des Gemüses. Doch wenn man sich nicht auf einen Preis einigen kann, bleibt keine andere Wahl, als den mehrere Stunden weiten Weg zum Markt nach Tioribougou zurückzulegen – auf einer unbefestigten Strasse, die bei Regen nur schwer be fahrbar ist. Seit 2017 musste Modeste immer wieder Vieh verkaufen, um über die Runden zu kommen.
die ersten Niederschläge fallen, pflanzt er Sorghum in die feuchte Erde und fleht den Himmel um Regen an.
fisch aus dem See herausholen. Nur ein kleiner Teil ging an seine Familie und die Fa milien seiner beiden Brüder, die mit ihm im selben Haushalt leben. Mit dem Rest konnte er im Verkauf 200 Franken verdienen. Das reicht gerade mal um eine Kuh zu kaufen. Deshalb setzt Modeste nun stärker auf die Landwirtschaft. Sobald in der Regenzeit
Klimaopfer brauchen unsere Hilfe. Ihre Spende hilft armen Kleinbauern trotz Klimaveränderung ihre Ernährung sicherzustellen und sich besser vor Naturkatastrophen zu schützen.
Helfen Sie mit einer Spende! Spendenkonto: 60-7000-4 Vermerk: «Klima»
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Das Vieh als Sparguthaben Am Seeufer besitzt Modeste Traoré einige Mango- und Bananenbäume. Er produ ziert hauptsächlich Sorghum, etwas Mais und Erdnüsse für den Verkauf. Die Frauen bauen in der Nebensaison Tomaten, Pa prika und verschiedene Salatsorten an.
Es gibt Lösungen Wassermangel und Schädlingsbefall machen aus jeder Erntesaison ein Lot teriespiel. Wiederaufforstung, Ufer befestigungen, resistentes Saatgut, Fruchtfolgewechsel, klimaangepasste Anbaumethoden, Waldschutzreservate: es gibt Lösungen, aber es wird Jahre dau ern, bis sie ihre Wirkung entfalten. Doch die Dorfbewohner sind fest entschlossen und bereit, dafür auch alte Gewohnheiten über Bord zu werfen. Gemeinsam haben sie 100 000 neue Bäume gepflanzt. Ei nige Bauern haben ihre Felder am Seeufer an einen anderen Ort verlegt, um Platz zu schaffen für die Bäume, die so wich tig sind, um zu verhindern, dass Was ser abfliesst und die Erosion fortschreitet. Es werden neue Einzäunungen mit weni ger Holz angefertigt. Hunderte Landwirte bauen unterhalb ihrer Felder Steinwall
Reportage
Die Schweiz muss mehr tun!
Die Dorfbevölkerung engagiert sich beim Züchten und Pflanzen von Bäumen.
verbauungen. Mit blossen Händen tra gen sie tonnenweise Steine heran, um sie unterhalb ihrer Felder in einer Reihe an
« Durch die Zusammenarbeit mit Caritas haben sich unsere Lebensbedingungen verbessert.» zuordnen und so das Regenwasser zu rückzuhalten. Sie düngen ihre Felder mit organischem Mist und verdoppeln oder verdreifachen auf diese Weise ihren Er trag. Den Menschen wird immer mehr be wusst, wie wichtig ein schonender Um gang mit den natürlichen Ressourcen ist. In der Region wird nur noch mit Einver ständnis des Dorfchefs gerodet. Busch feuer, die von Bauern beim Anlegen neuer Felder gezündet werden, sind verboten, ebenso wie die Holzkohlenutzung. Heilige Orte und Religionsstätten sowie die Ufer des Wegnia-Sees stehen unter Schutz. In Tioribougou wird ein grosses Stück Land zum Anbau medizinischer Heilpflanzen genutzt, die der Bevölkerung kostenlos zur Verfügung stehen.
«Durch die Zusammenarbeit mit Cari tas haben sich unsere Lebensbedingun gen verbessert», freut sich Famougouri Diarra, Bürgermeister der Gemeinde Tiori bougou, zu der auch Wegnia gehört. Caritas und ihre lokalen Partner sensibilisieren die Dorfbevölkerung für eine schonende und effizientere Ressourcennutzung. Nur so können sie ihre Ernährung langfris tig sicherstellen. Dazu müssen neue Me thoden, wie der Fruchtfolgewechsel ein geführt werden. Der wechselnde Anbau unterschiedlicher Früchte schont den Bo den, erhält ihn fruchtbar und beugt dem Schädlingsbefall vor. Die Dorfbewoh ner wissen, dass die Landschaft um den Wegnia-See für sie überlebenswichtig ist und dass die Umweltbelastung reduziert werden muss. Sie tun alles dafür, den Le bensraum zu erhalten und stellen ihre Arbeitsweisen rasch um. Ob dies allein ausreicht, um den Wegnia-See zu retten, bleibt aber angesichts des ungebremsten Klimawandels höchst ungewiss.
Mehr Infos: caritas.ch/klima
Der Wegnia-See in Mali ist weit weg – aber was dort geschieht, geht uns alle an. Wir tragen viel dazu bei, dass sich die Erde aufheizt, tun jedoch wenig, um das zu ändern. Der Entwurf zur Revision des CO2-Gesetzes missachtet das Ziel des Pariser Klimaübereinkommens, die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten. Die Schweiz müsste die eigenen Treibhausgase bis 2030 um 60 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Der bundesrätliche Vorschlag geht jedoch nicht annährend in diese Richtung. Auch zu Investitionen auf dem Finanzplatz Schweiz in fossile Energien schweigt er sich aus. Dabei tragen allein die Aktienanlagen der Nationalbank zu einer Erderwärmung von 4 bis 6 Grad bei. In UN-Klimakonferenzen haben sich die wohlhabenden Länder dazu verpflichtet, «neue und zusätzliche» Mittel für Entwicklungsländer bereitzustellen – für Massnahmen im Klimaschutz und für die oft überlebenswichtige Anpassung an die klimatischen Veränderungen: Stürme und Überschwemmungen, verheerende Dürren. Darauf geht die CO2-Vorlage erst gar nicht ein. Vielmehr wird beabsichtigt, die notwendigen Mittel – wie bis anhin – aus dem Entwicklungsbudget zu nehmen. Die Folge: für Projekte im Bereich Gesundheit, Bildung, Wasser und Ernährung steht weniger Gelder zur Verfügung. Eine solche Klimapolitik ist inakzeptabel, weil sie auf Kosten der Ärmsten geht. Patrik Berlinger, Leiter Fachstelle Entwicklungspolitik
Positionspapiere zum Thema Klimawandel zum Download: caritas.ch/positionspapiere
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Schweiz
Immer häufiger suchen Menschen auf den CaritasSchuldenberatungen Hilfe, weil sie ihre Rechnungen der Krankenkasse nicht mehr bezahlen können.
Schulden bei der Krankenkasse Krankenkassen-Prämien drohen immer häufiger zur Armutsfalle zu werden: Sie schlagen jedes Jahr auf, während viele Kantone sparen und die Prämienverbilligungen kürzen. Insbesondere Familien mit einem kleinen oder mittleren Einkommen können sich die Gesundheitskosten kaum noch leisten. Für Menschen mit kleinem Budget ist es ein banger Moment: Wenn der Bund je weils im September die Krankenkassen prämien für das kommende Jahr bekannt gibt, geht es um nicht weniger als das fi nanzielle Überleben. 2019 schlagen sie
Niemand soll wegen der Krankenkassenkosten in finanzielle Not geraten. um durchschnittlich 1,2 Prozent auf. Da mit fällt die Erhöhung relativ moderat aus. Doch für die fünfköpfige Familie M. B. aus dem Kanton Basel-Landschaft ist das kein Grund zum Aufatmen. Sie bekun det immer mehr Mühe, das Geld für die Krankenkassenprämien aufzubringen – weil die Kosten für die Grundversiche rung jährlich steigen, der Lohn aber gleich bleibt.
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Gesundheit muss bezahlbar bleiben Das Haushaltseinkommen der Familie M. B. beträgt 3300 Franken pro Monat. Die Krankenkasse schlägt, abzüglich 320 Franken Prämienverbilligung, mit 1320 Franken zu Buche. Als eine Mahnung des Elektrizitätswerks im Briefkasten liegt und die Familie bald im Dunkeln zu sitzen droht, begleicht M. B. die offene Rechnung. Doch dann ist das Budget aufgebraucht und es fehlt das Geld, um die Kosten für die Kran kenkasse zu begleichen. Niemand soll wegen der Krankenkas senkosten in finanzielle Not geraten. Das hatte der Bundesrat bei der Einführung der Krankenversicherung 1996 betont. Er appellierte damals an die Kantone, die Prämien auf einem für alle bezahl baren Niveau zu halten. Doch die Reali tät heute sieht anders aus: Die Kantone zeigen sich immer seltener bereit, ein kommensschwache Menschen zu unter stützen – vielmehr werden im Zuge von
Sparprogrammen individuelle Prämien verbilligungen gekürzt. Personen mit klei nem Budget geben einen steigenden An teil ihres Einkommens für die Prämien der Grundversicherung aus – bei Familie M. B. aus Basel sind es 37 Prozent! Es braucht politische Lösungen Familie M.B. hat, um zu sparen, eine hohe Franchise gewählt und muss deshalb im Krankheitsfall einen grossen Betrag selbst übernehmen – obwohl sie es sich nicht leisten kann. Das bereitet den Eltern mitunter nicht nur finanzielle Sorgen: Ei nes der Kinder sollte sich dringend imp fen lassen. Doch der Arzt weigert sich, weil die Rechnung für die letzte Behand lung noch nicht beglichen ist. Die Kosten für die Krankenkassen werden weiter steigen. Für Menschen mit kleinem Budget sind sie schon heute kaum mehr zu stemmen. Die Caritas hat an einer Pressekonferenz im Novem ber die Politik zum Handeln aufgerufen. Eine Kehrtwende ist dringend notwendig. Denn die Gesundheitskosten dürfen nicht zur Armutsfalle werden. (ssc) Mehr Infos caritas.ch/krankenkasse
Bild: Kellenberger & Kaminski
Am Puls
Insgesamt profitieren 3500 Flüchtlinge direkt von der Hilfe der Caritas in Brasilien. 28 500 Personen werden durch Sensibilisierungskampagnen erreicht.
Exodus aus Venezuela Venezuela ist wirtschaftlich am Boden. Bereits 2,3 Millionen Menschen haben ihre Heimat verlassen und in den Nachbarländern Zuflucht gesucht. Die humanitäre Krise stellt ganz Südamerika vor grosse Herausforderungen. Caritas Schweiz engagiert sich in Brasilien für die venezolanischen Flüchtlinge. «Die Flüchtlinge kommen traumatisiert und geschwächt in Roraima an», sagt die Caritas-Mitarbeiterin Rebekka Reisch mann. Etwa 100 000 Venezolanerinnen und Venezolaner haben im Grenzbundes staat im Nordwesten von Brasilien Zu flucht gesucht – und es werden täglich mehr. Viele von ihnen haben Hunderte von Kilometern zu Fuss zurückgelegt, um
«Viele Kinder in Venezuela sterben, weil es kein Essen und keine medizinische Versorgung gibt.» der Misswirtschaft und Repression in ih rem Heimatland zu entfliehen. Aber die Not und das Elend nehmen auch in Bra silien kein Ende. «Auf der Strasse fragen die Menschen nach Geld, Windeln und Essen», sagt Reischmann.
Bilder: Felipe Larozza
Vom Reichtum in den Bankrott Venezuela steckt seit 2014 in einer tie fen Krise. Die Regale in den Supermärk ten sind leer und durch die Hyperinfla tion verliert das Geld immer schneller an Wert. Im einst reichsten Land Südameri kas, leben heute 80 Prozent der Bevölke rung in Armut. «Ein Monatsgehalt reichte nicht mal aus, um Essen für einen Tag für meine Familie zu kaufen. Viele Kinder in Venezuela sterben, weil es keine Lebens mittel und keine medizinische Versorgung gibt», sagt Andres, der vor neun Monaten als Flüchtling nach Roraima kam und jetzt für Caritas arbeitet. Die Caritas sorgt für das Allernötigste Roraima gehört zu den ärmsten und mit 500 000 Einwohnern auch zu den am wenigsten bevölkerten Bundesstaaten in Brasilien. Mit der Aufnahme und Ver sorgung der Neuankömmlinge ist Ro raima heillos überfordert: Die Spitäler
sind überbelegt, die Schulen überlastet, die Notunterkünfte überfüllt. Die Caritas leistet direkt vor Ort Unterstützung und verteilt Hygienematerial, Küchenutensi lien und Decken an die geflüchteten Men schen, sowie spezielle Bankkarten, über die ein geringes Grundeinkommen zur Verfügung gestellt wird. Transfer in andere Bundesstaaten Die Lage ist angespannt. Nach Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen hat Brasilien die Militär präsenz in Roraima verstärkt. Um den Bundesstaat zu entlasten, plant die Re gierung eine Umverteilung der Flüchtlinge, in Städte wo sie bessere Bedingungen vorfinden und langfristig eine Perspektive haben. Die Caritas unterstützt die Behör den beim Transfer von 1224 Flüchtlingen in sechs Bundesstaaten und hilft bei der Bereitstellung geeigneter Unterkünfte. Zu dem verschafft sie den Kindern Zugang zu Bildungsangeboten und unterstützt die Flüchtlinge dabei, in der brasilianischen Gesellschaft Fuss zu fassen. (ssc)
Mehr Infos caritas.ch/180064
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Menschen Alltagsfragen
Chikodi Otounge, Griechenland
«Dank Caritas habe ich die Prüfung in Griechisch bestanden»
Odilo Noti hat bis zu seiner Pension den Bereich Kommunikation und Marketing der Caritas Schweiz geleitet.
Odilo Noti: Eine prägende Persönlichkeit verlässt Caritas Odilo Noti hat drei Jahrzehnte lang im Dienste der Caritas gegen die Armut gekämpft. Jetzt geht er in die verdiente Pension. Eine Organisation wie die Caritas braucht gesellschaftliche Visionen. Ihre Arbeit richtet sich an grundlegenden Werten aus, wie die Würde des Menschen, Soli darität, Gerechtigkeit und Frieden. Es ge nügt allerdings nicht, diese Werte bloss zu benennen. Sie können nur dann wirk sam werden, wenn sie konsequent wei tergedacht werden und auf die «realen Verhältnisse» Bezug nehmen. Das ist eine anspruchsvolle Reflexionsarbeit, die es einer Organisation erst möglich macht, sich zu positionieren und gesellschaftlich Stel lung zu beziehen. Armut an der Wurzel packen Während dreier Jahrzehnte hat Odilo Noti genau diese Denkarbeit in seiner Funk tion als Mitglied der Geschäftsleitung, stellvertretender Direktor und Bereichslei ter Kommunikation für die Caritas geleis tet. In vielfältiger Form hat er die Stimme der Caritas in die öffentliche Debatte ein
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gebracht und das Profil der Caritas ent scheidend geprägt. Er hat früh erkannt, dass ein Hilfswerk sich nicht auf die Umsetzung von Hilfs projekten beschränken kann, sondern dass es gilt, den Ursachen für Ungerech tigkeit, Not und Elend auf den Grund zu gehen und dagegen politisch anzukämp fen. Mit höchster Kompetenz hat Odilo Noti Entwicklungen analysiert, Heraus forderungen benannt und Lösungen er arbeitet. Lieber Odilo, du hast die Caritas ent scheidend geprägt und unsere christli chen Werte vertreten, verkörpert und konkret umgesetzt. Dafür danken wir dir von Herzen. Unser Respekt und unsere besten Wünsche begleiten dich in die nächste Lebensetappe und hin zu dei nem weiteren Schaffen. Hugo Fasel, Direktor
Wie sieht Ihr Alltag aus? Ich stehe früh auf, bringe die Kinder zur Schule und kümmere mich um den Haushalt. Drei Mal pro Woche besu che ich Griechischkurse von Caritas. Wovon leben Sie? Mein Mann arbeitet. Und ich versu che die Familie mit Gelegenheitsjobs zu unterstützen. Was vermissen Sie an Ihrer Heimat Nigeria? Ganz klar das warme Wetter. Die Win ter sind kalt hier. Was wünschen Sie sich? Einen Masterabschluss. Aber dazu muss ich mein Griechisch verbessern. Das ist schwierig, weil ich die Kinder betreuen muss. Zudem fällt mir das Lernen schwer, weil ich seit meiner Flucht nicht mehr zur Schule gegan gen bin. Worauf sind Sie stolz? Dass ich dank der Kurse bei Caritas die A2-Prüfung in Griechisch bestan den habe. Ich war so stolz, als ich das Zertifikat in den Händen hielt. Jetzt kann ich an einem Kurs für Fortge schrittene teilnehmen. Es war super, dass ich mein Baby jeweils in den Un terricht mitbringen durfte und so nicht pausieren musste. Anouk Zulauf
Bilder: Nique Nager, zVg
Weltweit
Schutz vor Menschenhandel Shrey Mon bettelt jeden Tag auf den Strassen von Poipet, einem der gefährlichsten Orte in Kambodscha. Die Casinostadt an der Grenze zu Thailand ist Heimat gestrandeter Migranten, Anziehungspunkt für Menschenhändler und Umschlagplatz für Drogen. Thailand ist das Sehnsuchtsland vie ler Kambodschanerinnen und Kambodschaner. Dort erhoffen sie sich Arbeit und ein besseres Leben. Dort wollen sie hin. Auch die Mutter und der Stiefvater
«Mit meiner Grossmutter bin ich häufig bis um 1 Uhr morgens unterwegs.» von Shrey Mon waren voller Erwartun gen. Endlich raus aus der Arbeitslosig keit, raus aus den Slums, raus aus der Armut. Aber die Hoffnungen zerbrachen schnell. Zwar fanden sie gelegentlich
Jobs, aber nie waren es genug. Sie leb ten von der Hand in den Mund. Für Shrey kam es noch schlimmer. Die Achtjährige bekam die Wut und den Ärger ihres Stief vaters in aller Härte zu spüren. Er schlug und beschimpfte sie. Immer und immer wieder, bis die Mutter irgendwann nicht mehr hinsehen und sie zurück nach Kam bodscha zu Shreys Grossmutter brachte – nach Poipet. In Poipet werden Drogen gehandelt – und Menschen Die Casinostadt liegt im Grenzgebiet zu Thailand. Viele Migranten sind hier ge strandet und leben völlig verarmt in den Slums. Das Glücksspiel zieht reiche Tou
Caritas Kinderpatinnen und -paten helfen mit, Kinder wie Shrey Mon vor Menschenhandel zu schützen.
Bild: Nicolas Honore
Auszeichnung für Kinderschutz organisation Der Prix Caritas 2018 ging an den kambodschanischen Arzt Sovanna rith Sam. Er leitet die Kinderschutz organisation «Damnok Toek». Diese kümmert sich pro Jahr um rund 3500 benachteiligte Kinder in den Städ ten Phnom Penh, Poipet und Neak Loeung. caritas.ch/prix-caritas
risten aus dem Nachbarland an, Drogenund Menschenhändler wittern hier lukra tive Geschäfte. Poipet ist kein guter Ort für Kinder. Sie laufen Gefahr entführt, ver kauft oder in die Prostitution gezwungen zu werden. Shrey Mon setzt sich diesen Risiken jeden Tag aus. Um ihre Familie zu unterstützen, bettelt sie und sucht im Ab fall nach dem, was andere wegwerfen. Manchmal bis spät in die Nacht. «Mit meiner Grossmutter bin ich häufig bis um 1 Uhr morgens unterwegs», sagt sie. An einem dieser langen Arbeits tage begegnete Shrey Mon einem So zialarbeiter der Caritas-Partnerorganisa tion «Damnok Toek» (siehe Kasten). Er brachte sie in eine Anlaufstelle, wo Kin der für einige Stunden zur Ruhe kom men können. Zu Beginn redete Shrey kaum. Doch nach einiger Zeit öffnete sie sich. Sie nimmt nun sogar an einem Bil dungsprogramm teil. «Ich will später Leh rerin werden», sagt sie und lächelt. Dass Shrey Mon wieder an eine bessere Zu kunft glauben kann, verdankt sie auch den Caritas-Kinderpatinnen und Kinder paten. Mit einem Beitrag von einem Fran ken pro Tag schützen und fördern sie Kin der wie Shrey Mon, die in grosser Not sind. (ssc) Mehr Infos zu den Kinderpaten schaften finden Sie auf dem Flyer in der Heftmitte oder unter caritas.ch/patenschaften
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Service Sozialalmanach 2019
Digitalisierung – und wo bleibt der Mensch? Der neue Sozialalmanach von Caritas Schweiz widmet sich der Digitalisierung und ihren gesellschaftlichen Folgen: Zum einen lösen die Transformationen auf dem Arbeitsmarkt grosse Unsicherheiten aus und stellen das bisherige Sozialversiche rungssystem in Frage. Zum anderen hat die Digitalisierung Einfluss darauf, wie eine Gesellschaft funktioniert und welche Bedeutung Solidarität und Gerechtigkeit zukommt. Es sind dies keine Zukunfts szenarien – wir stecken mittendrin in die sen Umwälzungen. So wird der Mensch zunehmend zum Objekt der Vermessung. Die digitale Durchdringung und Quanti fizierung sämtlicher Lebensbereiche schafft neue Hierarchien, verstärkt Un gleichheiten und benachteiligt armutsbe troffene Menschen. Der Sozialalmanach geht diesen Zusammenhängen auf den Grund und zeigt Wege auf, wie die heute
technologiegetriebene Digitalisierung auf das gesellschaftlich Wünschbare ausge richtet werden kann. Manuela Specker
Das Caritas-Jahrbuch zur sozialen Lage der Schweiz Digitalisierung – und wo bleibt der Mensch? Caritas-Verlag Luzern, Januar 2019 304 Seiten / 36 Franken Online bestellen: shop.caritas.ch
Gutes tun zu Weihnachten amilie? Dann möchten wir Ihnen eine F ganz besondere Art des Schenkens ans Herz legen: Eine Spendenaktion zu Guns ten von armutsbetroffenen Menschen. Stellen Sie ein Körbchen oder eine Spen denbox unter den Christbaum und bitten alle Gäste beim Dessert mit einer Spende Armutsbetroffene zu unterstützen. Melden Sie sich bei uns und wir schi cken Ihnen gerne eine Spendenbox oder Einzahlungsscheine zu. Jede Spende – ob gross oder klein – hilft Not und Leid zu lindern. Herzlichen Dank, dass Sie zu Weihnachten Ihr Herz sprechen lassen! Ysabel Hotz Haben Sie in der Familie das Schenken zu Weihnachten auch bereits vor Jahren ein gestellt? Oder wollen Sie zu Weihnach ten einfach an die Menschen denken, die es nicht so gut haben wie Sie und ihre
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Agenda 15. Dezember 2018 Im Rahmen der Aktion «Eine Million Sterne» werden öffentliche Plätze und Gebäude in verschiedenen Schweizer Städten mit Kerzen beleuchtet. Das Lichtermeer ist ein Zeichen der Soli darität mit Menschen, die in Armut le ben. Der Erlös geht an Hilfsprojekte für armutsbetroffene Familien in der Schweiz. www.einemillionsterne.ch 15. bis 21. Dezember 2018 Die zehnte Ausgabe von «Jeder Rap pen zählt» findet in diesem Jahr unter dem Spendenmotto «Für ein Dach über dem Kopf» statt. Die Aktion vom SRF und der Glückskette kommt Kin dern zugute, die wegen Krieg, Armut oder Naturkatastrophen ihr Zuhause verlassen mussten. youngCaritas hat eine interaktive Schulmappe zum Thema erstellt. www.youngcaritas.ch 25. Januar 2019 Caritas-Forum: Expertinnen und Ex perten sprechen zum Thema «Die Digitalisierung und ihre sozialen Fol gen». Die Tagung findet von 9.30 – 15.30 Uhr im Eventforum in Bern statt. Anmeldungen unter Telefon 041 419 22 22 oder online unter: www.caritas.ch/forum Bis zum 10. März 2019 Flucht: Ausstellung im Historischen Museum Luzern. Die Besucherinnen und Besucher bekommen eine Ah nung davon, was es heisst, auf der Flucht zu sein und an einem Ort anzu kommen, an dem niemand auf einen gewartet hat. www.historischesmuseum.lu.ch
Mehr Infos: 041 419 24 19 oder spendenaktionen@caritas.ch
Bild: Stock.adobe.com
Gemeinsam
Deshalb bin ich dabei Themenpaten- und patinnen unterstützen Projekte gegen den Hunger, Sie schaffen Zugang zu sauberem Wasser oder helfen bei Katastrophen.
Rasem, Max, Selina und Kreshnike (v.l.n.r.) von der Organisation AsyLex haben auf der Award-Reise nach Kolumbien ein buntes und gastfreundliches Land kennengelernt, das jedoch immer noch auf der Suche nach Frieden ist.
Der Frieden ist noch nicht gewonnen Die Gewinner und Gewinnerinnen des youngCaritas-Award 2017 reisten nach Kolumbien und besuchten dort die Projekte der Caritas Schweiz. Gedanken über den Besuch in einem Land, das auch nach dem Friedens abkommen nicht zur Ruhe kommt. «Auf dem Papier ist der 52 Jahre an dauernde Konflikt, der über 220 000 To desopfer forderte, seit zwei Jahren Ge schichte. Dass dem nicht so ist, lernen wir auf unserer Reise zu Projekten in Bogotá und der Karibikregion. Es ist beinahe ab surd, wie friedlich das Land auf den ersten Blick wirkt. Die landschaftliche Idylle, die Gastfreundschaft und die kulturelle Vielfalt lassen einen leicht glauben, die Vergan genheit sei längst überwunden. Aber die Realität bleibt den meisten Touristen verborgen. Das mag zum einen daran liegen, dass man sich den Urlaub nicht verderben lassen möchte. Zum an deren aber liegt es auch daran, dass die Einheimischen nicht gerne über die Ver gangenheit sprechen. Man möchte ver gessen, aber dazu muss man auch ver geben. Auf die anfängliche Hoffnung folgt nun Ernüchterung. So kämpfen die zu rückgekehrten Bauern immer noch um Anerkennung ihres Landes, der Kokain handel blüht, viele ehemalige Rebellen
Bilder: youngCaritas, zVg
sind untergetaucht und haben sich kriminellen Gruppierungen angeschlossen, seit dem Friedensvertrag sind knapp 300 soziale Aktivisten getötet worden oder verschwunden. Das Nachbarland Venezuela erlebt eine humanitäre Krise, die Millionen Menschen zur Flucht zwingt. Viele suchen in Kolumbien Zuflucht, womit das Land masslos überfordert ist. Strukturen und politischer Wille fehlen. Der neue konservative Präsident lässt Hoffnungen auf einen baldigen und nachhaltigen Frieden weiter schwinden. Und dennoch haben wir viele entschlossene Menschen getroffen, die unermüdlich für den Frieden kämpfen. Dank ihrem bewundernswerten Engagement scheint die Hoffnung auf ein friedliches Kolumbien weiterhin greifbar.» Selina Sutter ist Mitglied der Organisation AsyLex Mehr Infos: youngcaritas.ch/kolumbien
Marianne Luyten (78), «Wasser für alle»
«Globalisierung bedeutet für mich auch die gerechte Verteilung der Güter, die wir zum Leben brauchen, ganz besonders ‹Wasser für alle›.»
Martina Frei (32), «KatastrophenHelfer»
«Bei Katastrophen muss Hilfe schnell erfolgen. Ich finde es sinnvoll, dass es einen finanziel len Grundstock gibt, auf welchen die Caritas in einem Katastro phenfall zurückgreifen kann.»
Martin Egli (58), «Welt ohne Hunger»
«Caritas kann mit meiner Spende Menschen helfen, ihre Lebens grundlage zu erhalten. Wer genug Nahrungsmittel hat, ist nicht gezwungen seine Heimat zu verlassen.
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Modeste TraorĂŠ (54), Fischer aus Mali, ringt mit dem Klimawandel
Das Richtige tun
Wenn Armut ihr Gesicht zeigt Erfahren Sie mehr Ăźber Modeste: www.dasrichtigetun.caritas.ch