Mediendienst 1 22. Januar 2015
Für eine investive Bildungspolitik: Das Potenzial der älteren Arbeitnehmenden
Weiterbildung für alle Urezza Caviezel
Der Mediendienst der Caritas Schweiz ist ein Angebot mit Hintergrundtexten zur freien Verwendung. Für Rückfragen stehen die Autorinnen und Autoren gerne zur Verfügung.
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Für eine investive Bildungspolitik: Das Potenzial der älteren Arbeitnehmenden
Weiterbildung für alle Immer mehr Menschen werden aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Insbesondere älteren Arbeitnehmenden droht mit dem Verlust der Erwerbsarbeit auch ein Abrutschen in die Armut. Jüngste Studien zeigen, dass eine investive Bildungspolitik diese beunruhigende Entwicklung bremsen und die Generation 50+ vor Armut bewahren könnte. Im Oktober 2014 publizierte die OECD in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft SECO und dem Bundesamt für Sozialversicherungen BSV einen Bericht zu „Alterung und Beschäftigungspolitik Schweiz – Bessere Arbeit im Alter“. Darin schneidet die Schweiz mit einer 70%Erwerbsquote der 55- bis 64-Jährigen grundsätzlich gut ab. Gleichzeitig zeigt der Bericht aber, dass insbesondere Frauen und Niedrigqualifizierte frühzeitig aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Zugleich belegen jüngsten Zahlen des SECO zur Lage auf dem Arbeitsmarkt die kontinuierliche Zunahme der Arbeitslosenquote älterer Arbeitnehmender. Dass ältere Menschen aus dem Berufsleben ausscheiden, ist hauptsächlich auf mangelnde Weiterbildung zurückzuführen.
Das Los älterer Arbeitnehmender Der beschleunigte Fortschritt im Bereich Wissen und Technik, aber auch neue, flexibilisierte Beschäftigungsformen und neue Organisationsstrukturen führen dazu, dass viele Firmen gefragte Kompetenzen bei neuen, jüngeren Arbeitnehmenden suchen. Ältere Bewerberinnen und Bewerber kämpfen gegen das Vorurteil sinkender Produktivität und Leistungsfähigkeit. Sie werden nicht für Neubesetzungen rekrutiert, für Beförderungen nicht berücksichtigt oder sogar entlassen. Immer mehr über 50Jährige werden so zu Langzeitarbeitslosen. Ihr Anteil an den Sozialhilfebeziehenden wächst laufend. Jüngste Studien betonen die Bedeutung der kontinuierlichen Weiterbildung für die Betroffenen. Die rasante technologische Entwicklung verlangt nach einer ständigen Erneuerung einmal erworbener Kompetenzen. Werden niedrigqualifizierte Arbeitnehmende nicht gezielt weitergebildet, droht ihnen der Stellenverlust und ein Abrutschen in die Armut.
Weiterbildung als Armutsprävention Laut OECD nehmen 63% der Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren regelmässig an Weiterbildungen teil. Ein differenzierter Blick zeigt jedoch grosse Unterschiede. So profitieren gut ausgebildete Personen in Kaderpositionen überdurchschnittlich von Weiterbildungen. Fast die Hälfte aller Weiterbildungen wird von Personen mit einem Tertiärabschluss besucht, während Niedrigqualifizierte kaum Zugang haben. Zudem zeigen sich grosse Unterschiede bezüglich Geschlecht und Alter. Frauen profitieren weniger von Weiterbildungen als Männer, ältere Menschen weniger als jüngere. Die Möglichkeit zur Weiterbildung ist aber insbesondere für Niedrigqualifizierte, Frauen und ältere Arbeitnehmende zentral. Dadurch sichern sie nicht nur ihre Position im Arbeitsmarkt, sondern erhöhen bei einem allfälligen Stellenverlust auch ihre Chancen für eine Neuanstellung.
Caritas Schweiz, Mediendienst 1, 22. Januar 2015
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Wirtschaft und Unternehmen in der Verantwortung Aktuelle Zahlen des BFS bestätigen den kontinuierlichen Abbau an Weiterbildungsangeboten in der Privatwirtschaft. Auch jüngste Studien zeigen auf, dass Unternehmen immer weniger externe Kurse und Seminare finanzieren, Weiterbildungen auf Instruktionen am Arbeitsplatz reduziert werden und Bildungsangebote nur selten während der Arbeitszeit besucht werden können. Stattdessen wird neues Personal rekrutiert, welches die gefragten Qualifikationen anderweitig bereits erworben hat. Die eigenen Mitarbeitenden und damit auch das Potenzial älterer Arbeitnehmender werden vernachlässigt.
Weiterbildung für alle! Bildung und insbesondere kontinuierliche Weiterbildung für alle ist ein zentraler Baustein in der präventiven Armutspolitik. Damit Weiterbildung für alle Bevölkerungsgruppen erreichbar ist – auch für diejenigen in prekären Beschäftigungssituationen –, braucht es aber eine bildungspolitische Gesamtstrategie. Ein stärkeres Engagement der Unternehmen und des Bundes tut dringend Not. Mit verbesserten Weiterbildungsmöglichkeiten bleiben die Chancen der einzelnen Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt auch nach einem Stellenverlust intakt. Dies ist insbesondere für Niedrigqualifizierte, Teilzeitarbeitende und ältere Arbeitnehmende zentral und verhindert ein Abrutschen in die Armut. Urezza Caviezel, Fachstelle Sozialpolitik, Caritas Schweiz, E-Mail ucaviezel@caritas.ch, Tel. 041 419 23 79
Caritas Schweiz, Mediendienst 1, 22. Januar 2015