Mediendienst 1 22. Januar 2015
Rahmenbedingungen sowie Einstellungen von betroffenen Familien 辰ndern
Schutz vor weiblicher Genitalbeschneidung in der Schweiz Nadia Bisang
Der Mediendienst der Caritas Schweiz ist ein Angebot mit Hintergrundtexten zur freien Verwendung. F端r R端ckfragen stehen die Autorinnen und Autoren gerne zur Verf端gung.
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Rahmenbedingungen sowie Einstellungen von betroffenen Familien ändern
Schutz vor weiblicher Genitalbeschneidung in der Schweiz Am 6. Februar ist der internationale Tag der Nulltoleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung. In der Schweiz leben gemäss UNICEF rund 10 000 Frauen und Mädchen aus Ländern, in denen weibliche Genitalbeschneidung praktiziert wird. Hunderte von Mädchen sind davon bedroht. Sie haben ein Recht darauf, geschützt zu werden. Mädchenbeschneidung, auch weibliche Genitalverstümmelung (englisch Female Genital Mutilation FGM) genannt, ist eine schwere Körperverletzung. Sie ist in der Schweiz seit dem 1. Juli 2012 mit einem spezifischen Gesetzesartikel unter Strafe gestellt. Untersagt sind jegliche Formen der weiblichen Genitalbeschneidung, auch wenn diese im Herkunftsland vorgenommen wird. Doch um sie zu verhindern, braucht es mehr als ein Verbot. Herkömmliche Präventionsmethoden erreichen die Zielgruppe kaum - Sprachbarrieren, Berührungsängste, Vorurteile und fehlendes Vertrauen verhindern den nötigen Diskurs mit betroffenen Familien. Die Beweggründe für eine Beschneidung sind unterschiedliche, die Argumente und Überzeugungen vielfältig. Den betroffenen Familien in der Schweiz gelingt es oft nicht alleine, eine differenzierte Auseinandersetzung zu führen und sich gegen die Tradition zu stellen. Caritas Schweiz bringt sie deshalb mit vertrauensvollen Gesprächspartnern und Anlaufstellen zusammen. Sie stellt die Verständigung sicher, damit die für eine Verhaltensänderung nötigen Informationen ankommen und eine kritische Reflexion stattfinden kann. Für diese Arbeit in den Gemeinschaften (Communities) setzt Caritas Schweiz über 40 Migrantinnen und Migranten ein. Sie leisten in ihrem eigenen sozialen Umfeld aktive Sensibilisierungsarbeit. Gemeinsam werden Programme für Anlässe und Interventionen entwickelt. Mit viel Geduld und Respekt für Traditionen schaffen sie bei den betroffenen Müttern, Vätern, Mädchen und jungen Frauen die notwendige Vertrauensbasis für das Gespräch über Kultur, Traditionen, Kinderrechte und die dramatischen Folgen der weiblichen Genitalbeschneidung. Diese aktive Beteiligung bewirkt eine hohe Akzeptanz in den Communities und ist unerlässlich für die Präventionsarbeit. Damit die aktiven Multiplikatorinnen und Multiplikatoren von den verschiedensten Erfahrungen in der Schweiz profitieren können, fand Mitte Januar ein erstes schweizweites Netzwerktreffen statt.
Nationale Strategie erforderlich Caritas hat die Communityarbeit in den letzten Jahren stark weiterentwickelt und gestärkt. Die Bemühungen reichen jedoch nicht, um Prävention flächendeckend anzubieten und nachhaltig zu verankern. Es braucht die Unterstützung des Bundes und der Kantone. Diese müssen einerseits genügend Ressourcen zur Verfügung stellen. Andererseits sind sie dafür verantwortlich, dass Massnahmen wie ein nationales Monitoring der Aktivitäten, Forschung zum Thema, Verankerung von FGM in Aus- und Weiterbildungen für Fachpersonen oder Klärung der Vorgehensweise in Verdachtsfällen konsequent umgesetzt werden. Caritas wird sich 2015 im Sinne der Nulltoleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung dafür einsetzen, dass eine solche nationale Strategie erarbeitet und umgesetzt wird. Nadia Bisang, Vermittlungsstelle zur Prävention von Mädchenbeschneidungen, Caritas Schweiz, E-Mail: nbisang@caritas.ch, Tel. 041 419 23 55
Caritas Schweiz, Mediendienst 1, 22. Januar 2015