Mediendienst 2 18. Februar 2016
Caritas Schweiz sagt Nein zur Durchsetzungsinitiative der SVP
Schweiz muss international verl辰ssliche Partnerin bleiben Marianne Hochuli
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Caritas Schweiz sagt Nein zur Durchsetzungsinitiative der SVP
Schweiz muss international verlässliche Partnerin bleiben Mit der Annahme der Durchsetzungsinitiative würden grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien ausser Kraft gesetzt und gegen zahlreiche völkerrechtliche Konventionen verstossen. Dadurch würde die Schweiz in der internationalen Zusammenarbeit zu einer unglaubwürdigen Partnerin. Sie kann bei anderen nicht auf der Einhaltung der Menschenrechte bestehen, wenn sie selbst grundlegendste Rechte über Bord wirft. In den hitzigen Debatten zur bevorstehenden Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative wird in den Medien – zum Beispiel in der Rundschau vom 27. Januar ‒ die Frage verhandelt, ob die Schweiz straffällige Ausländer ausschaffen soll oder nicht und ob es sich die Schweiz leisten kann und soll, unterschiedliches Recht für Schweizer und Ausländer anzuwenden. Diese Frage ist jedoch mit Annahme der Ausschaffungsinitiative im November 2010 längst beantwortet. Das zustimmende Abstimmungsresultat der sehr strikten Ausschaffungsinitiative, die jährlich tausende Ausschaffungen zulässt, hat das Parlament fristgerecht umgesetzt und in der Frühjahrssession 2015 verabschiedet.
Versenken der Verhältnismässigkeit Dabei hat das Parlament zumindest eine Härtefallklausel eingebaut, die das in der Bundesverfassung festgeschriebene Verhältnismässigkeitsprinzip in minimalster Weise aufnimmt und so einem blinden Automatismus von Ausschaffungen entgegenwirkt: Das Gericht kann im konkreten Einzelfall „ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen.“ Dieser verklausulierte Rechtssatz sagt ganz einfach aus, dass ein grundlegendes Rechtsprinzip eines Rechtsstaats eingehalten werden muss: Jeder Mensch hat das Recht, dass sein Fall einzeln geprüft wird und die Lebensumstände abgewogen werden gegenüber einer Ausschaffung in ein Land, wo nicht die geringsten Bindungen bestehen. Es ist ein beschämendes Zeichen gegenüber der Staatenwelt, dass die Schweiz, die in der internationalen Zusammenarbeit immer wieder als demokratisches Vorzeigebeispiel dient, über rechtsstaatliche Selbstverständlichkeiten abstimmen lassen muss. Die Durchsetzungsinitiative, die mit ihrem erweiterten Deliktkatalog noch viel weiter geht als die Ausschaffungsinitiative, verletzt mit ihrem Begehren nach automatischen Ausschaffungen ohne richterliche Beurteilungen grundlegende Rechte wie das Recht auf Anhörung oder die Verhältnismässigkeit von Strafen. Menschen ohne Schweizer Pass können bereits wegen Bagatelldelikten ihre Aufenthaltsberechtigung verlieren. Automatische Ausschaffungen unterlaufen internationale Menschenrechtsgarantien wie das Recht auf Privat- und Familienleben oder die Kinderrechtskonvention. Durch Landesverweise ungeachtet der Situation können Familien auseinandergerissen und getrennt sowie ihrer Existenz beraubt werden. Dies würde vor allem auch viele in der Schweiz lebende Angehörige treffen.
Caritas Schweiz, Mediendienst 2, 18. Februar 2016
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Rechtsstaat, nicht Unrechtsstaat! Bis anhin gilt die Schweiz in der internationalen Zusammenarbeit als eine verlässliche Partnerin. Sie setzt sich in vielen Ländern dafür ein, dass Menschen sowohl auf lokaler, regionaler als auch nationaler Ebene ihre Rechte einfordern können. Sie unterstützt Demokratieprozesse auf Regierungsebene und will noch vermehrt in fragilen Staaten, wo kaum mehr Strukturen bestehen, einen Beitrag zu Rechtsstaatlichkeit und Stabilität leisten. Bei Annahme der Durchsetzungsinitiative aber würde sie selbst grundlegendste Prinzipien über Bord werfen und wahrlich zu einer unglaubwürdigen Partnerin in der internationalen Zusammenarbeit. Sie könnte in anderen Ländern nicht auf der Einhaltung der Menschenrechte bestehen, wenn sie selbst sich nicht daran hält. Die Annahme würde darum nicht nur für die Schweiz, sondern auch für die weltweite Demokratisierung einen herben Rückschlag bedeuten. Die Welt braucht die Schweiz als verlässliche und aktive Verfechterin von Rechtstaatlichkeit, sie braucht nicht einen weiteren Unrechtsstaat. Marianne Hochuli, Leiterin Bereich Grundlagen und Fachstelle Migrationspolitik, Caritas Schweiz, E-Mail mhochuli@caritas.ch, Tel. 041 419 23 20
Caritas Schweiz, Mediendienst 2, 18. Februar 2016