Syrische Flüchtlinge im Nordirak

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Mediendienst 2 6. Februar 2014

Syrische Flüchtlinge im Nordirak

Verlorene Kindheit – verlorene Zukunft? Beatrice Winkler

Der Mediendienst der Caritas Schweiz ist ein Angebot mit Hintergrundtexten zur freien Verwendung. Für Rückfragen stehen die Autorinnen und Autoren gerne zur Verfügung.


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Syrische Flüchtlinge im Nordirak

Verlorene Kindheit – verlorene Zukunft? Über 1000 Tage Krieg in Syrien und noch immer ist kein Ende in Sicht. Die Friedenskonferenz in Genf hat die Konfliktparteien zwar an einen Tisch gebracht, aber die Positionen haben sich bis anhin nicht angenähert. Wie schwerwiegend die Langzeitfolgen dieses Krieges sind, lässt sich an verschiedensten Facetten der Syrienkrise ablesen. Die Situation der Kinder Syriens, die grossenteils traumatisiert und ohne formale Bildung heranwachsen, zeigt dies ganz deutlich. Ein Blick in den Nordirak. „In Syrien ging ich zur Schule, doch hier muss ich arbeiten.“ Mohammed, 14 Jahre alt, verkauft jeden Tag auf der Strasse im nordirakischen Sulaimaniyah Taschentücher und Kaugummis. Seit Beginn des Krieges sind über 215 000 Syrer, mehrheitlich syrische Kurden, in die autonome Region Kurdistan im Irak geflohen, rund die Hälfte davon sind Kinder. Obwohl es in den nordirakischen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaimaniyah mehrere Flüchtlingslager gibt, leben rund 60 Prozent der Flüchtlinge ausserhalb der Lager in den Städten und Dörfern, denn die Lager sind überfüllt, die Bedingungen schlecht und viele wollen arbeiten. Die kurdische Regionalregierung bietet den Flüchtlingen durch erneuerbare sechsmonatige Arbeitsund Aufenthaltsgenehmigungen die Möglichkeit zu arbeiten und das öffentliche Gesundheits- und Bildungssystem zu nutzen, doch die Jobmöglichkeiten sind dünn gesät und die Mehrheit der Kinder im Nordirak gehen nicht zur Schule. Die Hürden sind zu hoch.

Erschwerter Zugang zu Bildung Vor dem Krieg gingen in Syrien rund 97 Prozent der Kinder im Primarschulalter zur Schule. Durch den Konflikt wurde jedoch neben einem Fünftel aller Schulen in Syrien auch die schützende Umgebung vieler Kinder brutal zerstört. Laut dem UNHCR (siehe http://unhcr.org/FutureOfSyria) müssen über 70 000 Flüchtlingsfamilien ohne Vater auskommen; 8000 Kinder sind gänzlich auf sich allein gestellt und leben unter schwierigsten Umständen. In vielen Fällen werden Kinder zu den Geldverdienern der Familie und verlieren ihre Chance auf eine Ausbildung. Rund 60 Prozent aller syrischen Flüchtlingskinder im Schulalter gehen nicht mehr zur Schule, manche haben schon mehr als ein Jahr Schule verpasst. In der autonomen Region Kurdistan stellen sich den Flüchtlingen ausserhalb der Lager grosse Herausforderungen beim Zugang zu formaler Bildung. Die Aufnahmefähigkeit der bestehenden Schulen ist beschränkt und die meisten Schulen sind schon jetzt überfüllt. Zudem werden die Kurden in Syrien auf Arabisch und nicht in ihrer kurdischen Muttersprache unterrichtet. Im Nordirak herrscht jedoch ein chronischer Mangel an Arabisch sprachigen Schulen und Lehrern, zudem ist der Lehrplan anders und an gewissen Orten unterscheidet sich sogar der kurdische Dialekt von demjenigen, der in Syrien gesprochen wird. Die wenigen Schulen, die auf Arabisch unterrichten, sind oftmals für die Flüchtlinge weit weg. Viele Eltern sorgen sich um die Sicherheit der Kinder auf dem langen Schulweg und lassen deshalb insbesondere die Mädchen aus Angst vor Belästigung und Diskriminierung nicht die Schule besuchen.

Caritas Schweiz, Mediendienst 2, 6. Februar 2014


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Die zusätzlichen Kosten, die der Schulbesuch für Transport, Uniform, Schulhefte usw. mit sich bringt, sind für viele Familien nicht tragbar. Für Mohammed ist dies der Hauptgrund: „Ich kann nicht zur Schule. Ich habe kein Heft und keine Schultasche.“

Mangelnde Unterstützung von aussen Der letztjährige Nothilfeplan der UNO für den Irak war per Ende Jahr nur zu 53 Prozent finanziert, für 2014 liegt der Finanzbedarf bei 552 Millionen US-Dollar. Aufgrund der Ölvorkommen und der boomenden Wirtschaft wird oft angenommen, dass die autonome Region Kurdistan selbst für die Flüchtlinge sorgen kann. Doch die Zentralregierung in Bagdad und die Regionalregierung streiten sich immer noch heftig um die Rechte auf die Öleinnahmen. Die kurdische Zentralregierung hat bisher 70 Millionen Dollar an die Hilfe für syrische Flüchtlinge beigesteuert, das meiste Geld floss jedoch in die Flüchtlingslager. Ohne Zugang zu Bildung und Unterstützung fehlt vielen Kindern ausserhalb der Lager die Möglichkeit, ihren negativen Stress und ihre traumatischen Erfahrungen bewältigen zu können. Die meisten Kinder haben Gewalt miterlebt und Familienmitglieder verloren. Als Flüchtlinge fühlen sie sich entwurzelt, Perspektiven fehlen. Je weiter die syrischen Kinder aufgrund von fehlender Unterstützung und einem kumulierten Verlust von Schuljahren in ihrer Ausbildung und Entwicklung zurückfallen, desto schwerwiegender werden die Folgen für die Zukunft Syriens. Beatrice Winkler, Programmverantwortliche Humanitäre Hilfe Syrienkrise E-Mail bwinkler@caritas.ch, Tel. 041 419 22 80

Hilfe der Caritas Schweiz in der Syrienkrise In Zusammenarbeit mit der Partnerorganisation STEP baut Caritas im Nordirak zur Unterstützung und zum Schutz von syrischen Flüchtlingskindern und Jugendlichen, die ausserhalb der Lager leben, ein Nothilfezentrum auf. Dort erhalten die Flüchtlinge nicht nur Beratung und psychologische Betreuung, sondern können auch an psychosozialen Aktivitäten und Sprachkursen teilnehmen. Das Zentrum leistet auch sofortige Hilfe wie zum Beispiel Notunterkünfte, Rechtsbetreuung, Pflegefamilien und unterstützt gemeinsam mit lokalen Behörden oder Institutionen wie dem UNHCR die Suche nach dauerhaften Lösungen. Caritas ist zudem mit Nothilfeprojekten in Jordanien und Libanon engagiert. Weitere Informationen unter www.caritas.ch/syrien

Caritas Schweiz, Mediendienst 2, 6. Februar 2014


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