Humanitäre Krise in Zentralafrika

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Mediendienst 3 27. Februar 2014

Humanitäre Krise in Zentralafrika

Alles ist zerstört - man muss bei null wieder anfangen Katja Remane

Der Mediendienst der Caritas Schweiz ist ein Angebot mit Hintergrundtexten zur freien Verwendung. Für Rückfragen stehen die Autorinnen und Autoren gerne zur Verfügung.


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Humanitäre Krise in Zentralafrika

Alles ist zerstört - man muss bei null wieder anfangen Seit dem Sturz der Regierung von François Bozizé im März 2013 versinkt die Zentralafrikanische Republik in einer eine Spirale der Gewalt. Der Staat ist gelähmt und ein Grossteil der Infrastrukturen zerstört. Nach Schätzungen des Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) sind fast eine Million Menschen auf der Flucht. Weil diese Flüchtlinge dringend Hilfe brauchen, leistet Caritas Schweiz Nothilfe. Interview mit Yolande Maria Antonia Ngbodo, Koordinatorin der Agentur für Entwicklungszusammenarbeit und -forschung (ACORD) in Bangui. ACORD ist der lokale Partner von Caritas Schweiz in der Zentralafrikanischen Republik. Wie entwickelt sich die Lage in Zentralafrika und wie geht es der Zivilbevölkerung? Genaue Angaben über die Zahl der Opfer gibt es nicht. Es herrscht immer noch Unsicherheit, es gibt Racheakte und Tötungen, aber die Lage hat sich ein wenig normalisiert, seit der Nationale Übergangsrat Catherine Samba Panza als Übergangspräsidentin gewählt hat. Sehr viele Menschen haben in Kirchen, Moscheen oder in Flüchtlingscamps Zuflucht gesucht, die in den Grossstädten und in der Hauptstadt von den Truppen der MISCA (Internationalen Mission zur Unterstützung der Zentralafrikanischen Republik unter afrikanischer Führung) und von französischen Soldaten gesichert werden. Viele Leute haben alles verloren. Kann man von einem religiösen Konflikt, vom drohenden Völkermord sprechen? Nein, das ist kein interreligiöser Konflikt. Der Hass zwischen den Bevölkerungsgruppen geht auf den Staatsstreich durch François Bozizé im März 2003 zurück. Bozizé (der seinerseits im März 2013 gestürzt wurde) war mit Unterstützung des Präsidenten von Tschad, Idriss Déby Itno, und dessen Handlangern, muslimische Zaghawas, an die Macht gekommen. Sie billigten sämtliche Gräueltaten gewisser Mitglieder der tschadischen Gemeinschaft an Zentralafrikanern. Dadurch entstand unter der zentralafrikanischen Bevölkerung Hass gegenüber der tschadischen Gemeinschaft. Die grossangelegten Übergriffe der mehrheitlich muslimischen Séléka-Kämpfer an Zivilisten, die mehrere Monate anhielten, verstärkten diesen Hass. Dieser löste schliesslich die Gewalt der überwiegend aus Christen bestehenden Anti-Balaka-Bewegung gegen Moslems aus, als Rache für das Wüten der Séléka. Derzeit ist das Problem, dass sich viele Jugendliche zwischen 15 und 25 mit Gewehren und Macheten bewaffnet haben, um zu plündern und Angst und Schrecken zu verbreiten. Es gibt sie in beiden Lagern, bei den ehemaligen Séléka-Kämpfern und bei den Anti-Balaka-Milizen. Sie sind Banditen, sie nutzen die aktuelle Lage aus. Jetzt muss dringend gehandelt werden. Wenn man sie entwaffnen könnte, wäre es möglich, die Sicherheit im Land wieder herzustellen, andernfalls wird das Land in einer Spirale des Hasses und der Gewalt versinken, aus der wir nicht mehr herauskommen werden. Die internationalen Truppen reichen nicht, um die Lage in den Griff zu bekommen, und der Staat ist praktisch inexistent. Die Verwaltung ist gelähmt, die Staatsangestellten bekommen seit fünf Monaten keinen Lohn mehr, es gibt keine Polizei, keine Justiz, keine Gefängnisse, die Infrastruktur ist völlig zerstört. Der Wiederaufbau wird ewig dauern. Man wird wieder bei null anfangen müssen.

Caritas Schweiz, Mediendienst 3, 27. Februar 2014


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Reicht die internationale Hilfe? Zurzeit sind nur Hilfsorganisationen vor Ort, die schon vor Ausbruch des Konflikts im Land waren, das heisst vor allem das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) und MSF (Médecins sans frontières) für die medizinische Hilfe, sowie nationale Organisationen. Erreicht die Hilfe alle Regionen des Landes? Die grossen Städte werden mehr oder weniger durch die MISCA und französische Truppen gesichert, aber nicht im Norden des Landes. Die ländlichen Regionen und Provinzen, die weit von der Hauptstadt Bangui entfernt sind, sind nicht gesichert. Dort ist noch keine Hilfe angekommen. Auf den Strassen ist man extrem gefährdet. Inzwischen können die Hilfsorganisationen ihre Hilfstransporte von der MISCA begleiten und sichern lassen. Gerade organisieren wir Hilfstransporte nach Bossembélé (150 km von Bangui entfernt), Bossangoa ( 305 km entfernt) und Kaga Bandoro (330 km entfernt). In den beiden weiter entfernten Regionen waren wir schon vorher aktiv. Auf der Achse BossangoaBossembélé befinden sich derzeit sehr viele Flüchtlinge. Wir sprechen unsere Arbeit mit anderen Organisationen ab. Was braucht es heute am meisten? Alles wurde zerstört. Die Menschen brauchen vor allem Lebensmittel, Medikamente und medizinische Versorgung, denn viele sind verletzt oder krank, und es braucht Unterkünfte für Flüchtlinge. Spätestens wenn die Regenzeit beginnt, in zwei bis drei Monaten, brauchen die Menschen ein Dach über dem Kopf. Katja Remane, Kommunikationsverantwortliche Westschweiz, Caritas Schweiz, E-Mail: kremane@caritas.ch, Tel.: 041 419 23 36

Caritas Schweiz, Mediendienst 3, 27. Februar 2014


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