Mediendienst 10 24. Juli 2014
Ein interkultureller Dolmetscherdienst zur besseren Integration von Migranten
„Se comprendre“: Verständigung zwischen Sprachen und Kulturen Barbara Ouedraogo und Samuel Jordan
Der Mediendienst der Caritas Schweiz ist ein Angebot mit Hintergrundtexten zur freien Verwendung. Für Rückfragen stehen die Autorinnen und Autoren gerne zur Verfügung.
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Ein interkultureller Dolmetscherdienst zur besseren Integration von Migranten
„Se comprendre“: Verständigung zwischen Sprachen und Kulturen Die interkulturell Dolmetschenden des Projekts «se comprendre» sprechen insgesamt rund 40 Sprachen aus der ganzen Welt. Zudem übersetzen sie Texte und bieten interkulturelle Mediationen zwischen Migranten und Kantons- sowie Gemeindevertretern in den Kantonen Freiburg, Jura und Bern an. Dieser Dolmetscherdienst mit Sitz in Freiburg wurde von Caritas Schweiz geschaffen. Kommunizieren und sich verständigen ist ein Grundbedürfnis des menschlichen Lebens. Ohne gegenseitiges Verständnis ist ein konstruktives Zusammenleben undenkbar. Bereits zwischen Menschen, welche die gleiche Sprache sprechen, ist ein friedliches Zusammenleben oft keine einfache Sache. Umso schwieriger muss es also sein für Menschen, die sich sprachlich nicht verstehen: Ein syrischer Asylsuchender muss ins Spital. Wie kann man ihm seine Diagnose erklären? Ein junger Flüchtling aus Eritrea gibt sich in der Schule keine Mühe. Wie teilt man dies seinen Eltern mit, die weder lesen noch schreiben können? Ein erst seit kurzer Zeit in der Schweiz lebender Portugiese hat einen Arbeitsunfall. Wie erklärt man ihm seine Rechte? Einer indischen Touristin wird die Handtasche gestohlen. Wer begleitet sie zur Polizei? Die einzige Lösung für solche Fälle ist der Einsatz von qualifizierten Dolmetscherinnen und Dolmetschern, um Missverständnisse zu verhindern.
Caritas Schweiz engagiert sich Dolmetschen will gelernt sein. Es braucht dazu eine Ausbildung und viel Geschick, um den Betroffenen mit maximalem Respekt zu begegnen. Caritas erkannte dies bereits 1998 und gründete deshalb einen professionellen interkulturellen Dolmetscherdienst. 16 Jahre später ist «se comprendre» so nötig wie zu Beginn. Insbesondere in einem multikulturellen Land wie der Schweiz im 21. Jahrhundert, wo die Integration von Migrantinnen und Migranten eine grosse Herausforderung darstellt. Schlussendlich ist ein interkultureller Dolmetscher wie der Treibstoff, ohne den man nicht vorwärts kommen würde. Der Dolmetscherdienst «se comprendre» hat seinen Sitz in Freiburg und bietet seine Dienste in 40 Sprachen an. Er stellt seine interkulturellen Dolmetschenden den kantonalen und kommunalen Institutionen der Kantone Freiburg, Jura und dem französischsprachigen Teil des Kantons Bern, aber auch Privatpersonen zur Verfügung. Im Jahr 2013 leistete Caritas Schweiz 4793 Dolmetsch-Stunden. Eine mit unserem Partner aus Neuenburg zusammen durchgeführte Umfrage hat gezeigt, dass mehr als 90 Prozent der Klientinnen und Klienten mit der Leistung zufrieden waren. Der Service «se comprendre» leistet neben dem Dolmetschen auch andere Dienstleitungen, wie schriftliche Übersetzungen, Gespräche mit den Institutionen, um diese für die Wichtigkeit des Dolmetschens zu sensibilisieren. Der Dienst organisiert die Einsätze der Dolmetschenden und erledigt auch die finanzielle Administration.
Caritas Schweiz, Mediendienst 10, 24. Juli 2014
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Wachsendes Bedürfnis und langfristige Einsparungen In den Bereichen Gesundheit, Soziales, Bildung und Justiz werden Fachpersonen mit zunehmend komplexeren Fragen konfrontiert, was Zugewanderte angeht. Kommt es dabei noch zu sprachlichen oder kulturellen Verständnisschwierigkeiten, so sind die Grenzen der Kommunikation bald einmal erreicht, sofern man nicht die Hilfe von professionellen Dolmetschenden in Anspruch nimmt. Dabei geht es nicht nur um Übersetzung, sondern um interkulturelles Dolmetschen, damit auch die soziokulturellen Verhältnisse beider Parteien Gehör finden. Die Systeme des Sozial-, Schul-, Rechts- und Gesundheitswesens in der Schweiz sind komplex und unterscheiden sich radikal von jenen der Herkunftsländer der Migrantinnen und Migranten. Die interkulturell Dolmetschenden unterstützen die Fachpersonen bei ihrer Aufgabe, ihre Klientel über deren Rechte und Pflichte aufzuklären. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag für eine bessere Integration in unsere Gesellschaft. Und schliesslich gilt: Sich verständigen können und sich verstanden fühlen bildet Vertrauen und schafft bei den Migrantinnen und Migranten ein Gefühl der Sicherheit. Arbeiten die Behörden bereits in einem frühen Stadium mit interkulturell Dolmetschenden zusammen, so lassen sich Zeit und Geld sparen, denn unnötige Missverständnisse und deren teure Folgen können vermieden werden.
Eine anerkannte Ausbildung Die Dolmetschenden absolvieren eine Grundausbildung in interkultureller Kommunikation. Sie sind einer strengen Berufsethik unterworfen: Sie müssen das Berufsgeheimnis wahren, sich neutral verhalten und die Gesprächsinhalte vollständig wiedergeben. Einige von ihnen machen einen Abschluss, der landesweit anerkannt ist. Zudem sorgen ein Weiterbildungsangebot und Supervision dafür, dass sie ihre Kenntnisse in spezifischen Themengebieten erweitern und mit komplexen Situationen umgehen können. Es handelt sich dabei um qualifizierte Fachpersonen mit eigener Migrationserfahrung, die als Brückenbauer zwischen Fachleuten und Migranten fungieren.
Barbara Ouedraogo, Projektleiterin «se comprendre», Caritas Schweiz, Abteilung Freiburg E-Mail: bouedraogo@caritas.ch, Tel. 026 425 81 17 Samuel Jordan, Leiter der Abteilung Freiburg der Caritas Schweiz E-Mail: sjordan@caritas.ch, Tel. 026 425 81 11
Caritas Schweiz, Mediendienst 10, 24. Juli 2014