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Gefährliche Vogelabwehr
Wenn der Specht ans Haus klopft Abwehrdrähte und Netze töten Vögel.
Das Zusammenleben von Menschen und Vögeln steckt voller Widersprüche: Auf der einen Seite hängen wir Nistkästen auf füttern sie. Andererseits fallen jedes Jahr Millionen Vögel unseren Hauskatzen und Glasscheiben zum Opfer. Hinzu kommt ein weiteres Problem: die gezielte Vertreibung von Vögeln, die Häuser zur Nahrungssuche, als Rast- oder Nistplatz nutzen. Ob Stadttauben auf dem Balkon oder Spechte an der Fassade – fast jeder kann von derartigen Erfahrungen berichten.
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Keine Patentlösungen Doch während sich viele Menschen über den Besuch freuen, fühlen sich manche durch Geräusche oder Verschmutzung gestört. Da in Berlin alle Vogelarten streng geschützt sind und gerade die Niststätten von Gebäudebrütern nicht verändert oder zerstört werden dürfen, setzen Hausbesitzer*innen meist auf Vertreibung dieser Tiere. Häufi g ist die Empfehlung zu hören, refl ektierende Objekte wie Alufolie oder CDs aufzuhängen, Greifvogelund Krähenattrappen anzubringen oder die Tiere durch Lärm zu vertreiben. Da es keine Patentlösung gibt und sich Vögel an viele Störungen und fest installierte Objekte gewöhnen, greifen manche Hausbesitzer leider zu drastischeren Mitteln und versuchen, die unerwünschten Gäste mit mechanischen Abwehrmitteln fernzuhalten. Eine beliebte Methode ist das Überspannen von Innenhöfen oder Balkonen mit Netzen. In Internetforen kursierte zudem der Tipp, Fassaden mit gespannten Drähten oder Nylonschnüren gegen Spechte zu schützen. Zwar heißt es oft, dass solche Installationen die Tiere nur abhielten und nicht verletzten. Aber oft haben die Wildvogelstation des NABU Berlin und ihre Pfl eglinge mit den Folgen dieses Irrglaubens zu kämpfen.
Waldkauz im Netz Vor allem gespannte Schnüre können bei einer Kollision schwere Verletzungen nach sich ziehen. Und erst Ende November 2019 verfi ng sich ein Waldkauz in einem Abwehrnetz. Darin wäre er langsam verendet, hätten ihn nicht aufmerksame Bürger freigeschnitten. Zum Glück ging das Missgeschick für den Vogel glimpfl ich aus: Nach einem Kurzaufenthalt in der Uniklinik wurde er von den Mitarbeiter*innen der WildSPEKTRUM | 15
Der Buntspecht löchert auch Fassaden.
vogelstation wieder aufgepäppelt und nach einiger Zeit ausgewildert. Vielen anderen Vögel ergeht es schlechter. Der NABU rät deshalb dringend von Schnüren und Netzen zur Vogelabwehr ab. Eine bessere Option, hungrige Spechte von wärmegedämmten Fassaden fernzuhalten, sind Rankgitter, die mit Kletterpfl anzen begrünt sind. Zwar bieten auch sie keinen hundertprozentigen Schutz, dafür ökologischen Nutzen und zusätzliche Wärmedämmung. Bei Neubauten sollten man einen glatten, möglichst dicken Putz einplanen. Am liebsten stochern Spechte ohnehin in morschen Stämmen herum – ein Grund mehr, sich für den Schutz alter Bäume einzusetzen.
Malte Tschertner