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30 Jahre NABU Berlin

WIR FEIERN 30 JAHRE NABU BERLIN

Der Berliner Landesverband ist ein echtes Wendekind. Für die Vögel gab es ohnehin nie eine Grenze, einige jagten im Osten und brüteten im Westen. Die Naturschützer*innen fanden ebenfalls schnell zueinander. Zunächst schloss sich der Naturschutzbund Berlin-Ost mit dem Deutschen Bund für Vogelschutz LV Berlin e.V. zusammen, wenig später, am 18. November 1990, gründete sich der neue gemeinsame Verein "Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Berlin".

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Das bewegte erste Jahr

Der "Naturschutzbund Deutschland in der DDR e.V." gründet sich im Berliner Naturkundemuseum. Zuvor waren die Ost-Naturschützer im Kulturbund der DDR organisiert.

10. März 1990

Am 14. März 1990 wird Thomas Tennhardt zum ersten Vorsitzenden des „Naturschutzbundes-Stadtverband Berlin-Ost“ gewählt. Im Mai 1990 beschließt der (West-) Deutsche Bund für Vogelschutz, sich in „Naturschutzbund Deutschland“ umzubenennen.

Am 17.11.1990 wird in Gosen bei Berlin im Zuge der deutsch-deutschen Vertreterversammlung die Vereinigung zum heutigen NABU vollzogen. Die Stadtgruppe in Berlin benennt sich in "Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Berlin e. V." um.

Mai 1990

17.11.1990 18.11.1990

Gründungsmitglieder des NABU Berlin e.V.

Karl Baier, Walter Baumann, Stefan Brehme, Günther Degen, Manfred Erdelt, Marlies Fornacon, Iris Gutschke, Maria Hartwig, Ute Heinig, Gerhard Jaeschke, Dr. Günther Klemm, Roland Lehmann, Matthias Lein, Jürgen Mielcarek, Thomas Müller, Heinz Nabrowsky, Wolfgang Nawrat, Tilo Oechsner, Winfried Otto, Andreas Ratsch, Jürgen Riese, Angele Schonert, Bernhard Schonert, Arnd Schröder, Hannelore Schöder, Johannes Schwarz, Paul Sömmer, Gerd Steinberg, Dr. Hans-Jürgen Stork, Thomas Tennhardt, Katrin Todt, Detlef Wilski, Frank Zimmermann, Michael Zwanzig

Gründung in Etappen

Im März 1990 gründet sich der „Naturschutzbund Deutschland in der DDR e. V“. Er erhält als erster ostdeutscher Verein im Sommer 1990 die Anerkennung nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz und damit die Möglichkeit, bei den rasanten Veränderungen aktiv mitzuwirken und fi nanzielle Unterstützung des letzten DDR-Umweltministeriums zu erhalten. Einige Monate später erfolgt der Zusammenschluss mit dem Naturschutzbund zum gemeinsamen NABU.

1. Vorsitzender Dr. Hans-Jürgen Stork (1980 bis 2000)

Juristische Panne

Mit der Wiedervereinigung gilt auch für die östlichen Bezirke der Stadt das Berliner Naturschutzgesetz. Aufgrund einer formalrechtlichen Unterlassung im Einigungsvertrag Berlins im August 1990 verlieren die Ost-Berliner Schutzgebiete ihren Schutzstatus und erhalten keine einstweilige Sicherstellung. Plötzlich ist Naturschutz Aufgabe des Staates - auch Ehrenamtliche dürfen Schutzgebiete ohne Sondergenehmigung nicht mehr betreten.

1991: Der NABU Berlin eröff net die "Storchenschmiede Linum" mit einem Informationszentrum zu Weißstörchen.

Neben der Landesgeschäft sstelle West in der Goltzstraße 5 wird die Geschäft sstelle in Hohenschönhausen in der Hauptstraße 13 weiter ausgebaut.

Erste Gruppengründungen in Treptow-Köpenick (Antje Stavorinus) und IG Wuhletal (Angele Schonert)

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Die Akteure in Ost und West nutzen die Aufbruchstimmung, um gegen den zunehmenden Natur- und Flächenverbrauch in der Stadt vorzugehen.

1996: Zwischen Häuserzeilen Natur entdecken – das Motto des mobilen Freilandlabors

Vogelzählung beim NABU Berlin - lange vor der 1. Citizen Science-Aktion "Stunde der Gartenvögel"

1994: Der NABU Berlin zeigt seine Ausstellungen zum alternativen Flächennutzungsplan und zum "Waldsterbenspfad". Februar 1996: Der NABU Berlin wendet sich mit einem Off enen Brief an den Deutschen Bundestag und fordert, das Transrapidbedarfsgesetz "von der Schiene" zu nehmen. Februar 1996: Der NABU Berlin wendet sich mit einem Off enen

Die Bezirksgruppe SchönebergSteglitz wird am 20. Oktober 1997 gegründet. Ihr Leiter ist Wolfgang Steff enhagen.

1997: Start der Wildtierpfl egestation in den Räumen der Landesgeschäft sstelle Ost

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Aufbruch Deutsche Einheit

Mit dem Hautptstadtbeschluss am 20. Juni 1991 erhält Berlin eine neue Bühne. Besonders die Verkehrspolitik fordert die frisch fusionierten Naturschützer*innen heraus: Positionen und Argumente zu Großprojekten wie dem Tiergartentunnel, dem Ausbau von Havel und Spree, der Nordtangente oder dem neuen Großstadtfl ughafen müssen formuliert und in die Öff entlichkeit gebracht werden.

Biodiversitätskonvention

In Rio fi ndet die seit 20 Jahren erste größere UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung statt. Die "United Nations Conference on Environment and Development" beschließt die Agenda 21, die Klimarahmenkonvention und am 5. Juni 1992 die Biodiversitätskonvention. Die Vertragsstaatenkonferenz fi ndet seit 1994 alle zwei Jahre statt.

Flora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH)

Das Europäische Parlament beschließt 1992 die FFH-Richtlinie. Bis 1995 sollen die Bundesländer alle Gebiete melden, die den Kriterien der Richtlinie entsprechen. 1997 kam Berlin als eines der ersten Bundesländer der Forderung nach. Doch die neue Hauptstadt meldet lediglich neun Gebiete – weitere geeignete Flächen bleiben unberücksichtigt.

Der NABU Berlin identifi ziert federführend und gemeinsam mit anderen Berliner Umweltverbänden weitere zwölf Gebiete, die den FFH-Kriterien entsprechen. Die so genannte "Schattenliste" wird dem Senat öff entlichkeitswirksam übergeben.

Im Jahr 2001 feiert das Freilandlabor Flughafensee sein 15-jähriges Jubiläum. Umweltbildung wird hier groß geschrieben: Besonders erfolgreich sind die Lehrerfortbildungen zum Thema "Ökosystem See".

2005 schlägt die erste "Stunde der Gartenvögel" in Berlin.

2001: Jubiläum am Flughafensee. In dem bunt bemalten Flachbau fi nden Veranstaltungen zur Umweltbildung statt.

2000: Mit rund 150 BesucherInnen beginnt am 5. Februar der 1. Berliner Naturschutztag in der Stadtbibliothek. 2002: Der NABU Berlin erarbeitet Stellungnahmen zur geplanten Wasserskianlage am Müggelsee und engagiert sich gegen die Aufhebung der Fahrrinnenregelung für Motorboote.

Einzug in die Wollankstraße: Die Geschäft sstelle des NABU Berlin und das Regionalzentrum Nord arbeiten seit Mai 2003 gemeinsam unter einem Dach. Die Wildtierstation zieht in das Forsthaus Wuhletal.

27. August 2003: Der NABU Berlin übergibt das Amphibien- und Kleintierschutzsystem im Bucher Forst an den Bezirk Pankow.

Die Berliner Baumschutzverordnung wird immer weiter ausgehöhlt. Im Herbst 2003 startet der NABU Berlin eine Kampagne zur Neufassung der Verordnung und erarbeitet in den kommenden Jahren für fast alle Bezirke ein Baumschutzkataster.

2008: Der NABU Berlin spricht sich gegen die Errichtung einer Windkraft - anlage am Autobahndreieck Pankow Nord aus.

Das Vogelschutzreservat am Flughafensee feiert im September sein 25-jähriges Bestehen.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung veranstaltet mit Unterstützung der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz auf dem Alexanderplatz einen Aktionstag zur biologischen Vielfalt. Das Event fi ndet parallel zur 9. Vertragsstaatenkonferenz zum "Übereinkommen über biologische Vielfalt" in Bonn statt. Senatorin Junge-Reyer (SPD) stellt den Beitrag des Landes Berlin zum "Countdown 2010" dar.

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1. Vorsitzender Torsten Hauschild (2000 bis 2014)

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Die Schattenliste

Im Oktober 2000 meldet die Senatsverwaltung nahezu alle Gebietsvorschläge der von den Verbänden erstellten "Schattenliste" an Brüssel nach. Auch die Fledermausquartiere an den Wasserwerken Tegel und Friedrichshagen sowie die Spandauer Zitadelle werden als auszuweisende FFH-Gebiete benannt.

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EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

Die beginnende Umsetzung der WRRL im Jahr 2001 hat ähnlich wie die NATURA 2000-Schutzgebietsausweisung eine hohe Bedeutung für die Stadt. Die neue Richtlinie ordnet und vernetzt den Schutz aller Gewässer – vom Grundwasser über die Seen und Fließgewässer bis zu den Küstengewässern. Der Schutz ist auf eine Zustandsverbesserung der ober- und unterirdischen Gewässer und deren nachhaltige Nutzung ausgerichtet.

Der NABU Berlin erarbeitet Stellungnahmen zu Maßnahmen an den Schleusen, zu Erpe, Havel, Panke, Spree, Wuhle und dem Tegeler Fließ.

Eine erste Bestandsaufnahme über den Zustand der Berliner Gewässer wird 2004 durchgeführt. Überprüfungen und Aktualisierungen folgen in den Jahren 2013 und 2019. Nur etwa ein Prozent der Berliner Gewässer erreichen 2019 die Zielsetzung der WRRL. Das Land hat noch bis 2027 Zeit, einen guten ökologischen Zustand zu erreichem – dann läuft auch die letzte Frist ab.

Der NABU Berlin bringt sich bei dem Nachnutzungskonzept Tempelhof ein. Am 8. Mai 2010 wird das Flugfeld freigegeben.

2015: Der NABU Berlin wird 25 Jahre alt.

Die "Natur in Berlin", das erste eigene Mitgliedermagazin, erscheint.

2011: Abschluss des DBU-Projekt "Naturschutz und Denkmalpfl ege", an dem der NABU Berlin beteiligt ist. 2011: Abschluss des

Gleichzeitig kritisiert der NABU die rücksichtslose Rekonstruktion und die naturarme Umgestaltung der Hufeisensiedlung und der Siemensstadt.

. 2013: Begegnungen . 2013: Begegnungen

Natur- und Ressourcenschutz statt Olympia!

mit Wildtieren sind in der Stadt alltäglich. Der Senat unterstützt die telefonische Wildtierberatung des NOLYMPIA! www.nolympia-berlin.de

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Die "96 Stunden"- Aktion des rbb-Fernsehens läuft in der Storchenschmiede Linum – ein voller Erfolg! In Kooperation mit anderen 18.11.2014 14:12:06

Berliner Verbänden startet die NOlympia Kampagne gegen die Stadtentwicklungsfantasien, die mit dem irrsinnigen Event verbunden sind. lungsfantasien, die mit dem irrsinnigen Event SCHWERPUNKT | 11

2018: Rund 700 Zauneidechsen werden auf dem Rangierbahnhof Schöneweide eingefangen. Mit einer Klage erreicht der NABU Berlin, dass zuvor geeignete Umsetzungsfl ächen geschaff en werden.

2018/19: Der NABU Berlin setzt sich gegen die Verschleuderung und Bebauung wichtiger Ufergrundstücke ein. Er unterstützt erfolgreiche Klagen der BLN gegen den Ausbau des Teufelsseekanals und gegen Steganlagen im FFHGebiet am Müggelsee. die Verschleuderung und Bebauung wichtiger Ufergrundstücke ein. Er unterstützt erfolgreiche Klagen der BLN gegen den Ausbau des Teufelsseekanals und gegen Steganlagen im FFHGebiet am Müggelsee.

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1. Vorsitzender Rainer Altenkamp (seit 2014)

Das neue Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)

Das BNatSchG gilt seit dem 1. März 2010. Bei der Förderalismusreform 2006 wird festgelegt, dass die Bundesländer einen großen Gestaltungsspielraum im Naturschutzrecht erhalten. Seither ist das Naturschutzrecht grundsätzlich der Abweichungsgesetzgebung der Länder zugänglich. Die Ausgestaltung der Eingriff sregelung wird verändert. Galt zuvor die strenge Reihenfolge: Ausgleich, Ersatz und Ersatzzahlung, gilt nun "Ausgleich und Ersatz" auf gleicher Ebene. Ersatzmaßnahmen können seither auch in FFH-Gebieten und bei der Umsetzung der WRRL stattfi nden. Erstmals fi nden die Schlagworte "Biologische Vielfalt" und "Minderung des Landschaft sverbrauchs" als Ziele im Gesetz Eingang.

Ein eigenes Naturschutzgesetz (NatSchG Bln)

Am 29. Mai 2013 tritt das neue NatSchG Bln in Kraft . Einige Forderungen der Verbände fi nden Eingang in das Gesetz, etwa der Anteil von 15 Prozent der Landesfl äche für den Biotopverbund, ein regelmäßiger Artenschutzbericht und ein Kompensationskataster.

Wichtiges Urteil

Bisher hat Berlin Eingriff e in Natur und Landschaft mit der Aufwertung des Landschaft sbilds ausgeglichen. Auch Rad- und Wegebau sowie Parkanlagen ließen sich dabei als Ausgleich anrechnen. Diese Praxis endet 2015 mit einem wegweisenden Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, dem so genannte "Wannseebahngrabenurteil". Seither gilt, dass Ausgleichsoder Ersatzmaßnahmen immer funktionsbezogen sein und sich auf das jeweilige Schutzgut beziehen müssen.

Carmen Baden

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