Klöster Spezial Ausgabe Konstanz

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SPEZIAL MAGAZIN

BODENSEE MAGAZIN

SPEZIAL

Kirchen, Klöster & Konzil

BODENSEE

Labhards

KONZ I L STADT

Konstanz

K LOSTE R I N S E L

Reichenau

Z I STE RZ I E N S E R K LOSTE R

Salem H I M M E LR E I CH D E S B A ROCK

Oberschwaben

&

Kirchen, Klöster Konzil ST I F TSB E Z I R K

St. Gallen

K A RTAU S E

Ittingen

K LOSTE R A LLE R H E I LI G E N

Klosterroute Untersee Zisterzienser-Frauenklöster Kloster Fischingen Klosterprojekt Meßkirch D/A 5,– € CHF 6.–

Schaffhausen

W I E G E E U ROP ÄI SCH E R KU LTU R


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Weingut Markgraf von Baden

DEM ERBE UND DER NATUR VERPFLICHTET Unsere Vorfahren haben ihr Land wie eine Gabe empfangen. Seit 900 Jahren nennen wir uns Markgrafen von Baden. Eine solche Gabe braucht einen Geist, um ihren Wert zu behüten und zu kultivieren. Dieser Geist hat bei uns einen Namen: Fidelitas – Treue, Verlässlichkeit. Fidelitas prägt unseren Umgang mit dem anvertrauten Land, seinen Ressourcen, seiner Kultur und Eigenart: Fidelitas ist das Motto unserer Familie. Erstklassige Weinqualität ist für uns ständiger Ansporn und Herausforderung. Das Weingut Markgraf von Baden ist Mitglied im VDP – eine besondere Anerkennung unserer Weinkultur.

Das Konziljubiläum ...

... heißt Europa willkommen! 2014 bis 2018 ist Europa zu Gast in Konstanz: Festspiele auf dem Münsterplatz, inszenierte Stadtführungen und grenzüberschreitende Themenwege, Bürgerfeste und Musik aus sechs Jahrhunderten laden dazu ein, europäische Geschichte neu zu entdecken. Aktuelle Diskussionen, künstlerische Experimente und spannende Begegnungen machen aus Konstanz 600 Jahre später erneut eine Stadt der Impulse und Ideen. Institutionen aus Konstanz, der Bodenseeregion, Deutschland und Europa bereiten das Jubiläum gemeinsam vor: Kultur, Wissenschaft, Bildung, Kirchen und Tourismus arbeiten eng zusammen und ermöglichen unterschiedliche Blickwinkel auf das historische Ereignis und seine heutige Bedeutung. Aktuelle Termine für Stadtführungen rund um das Konstanzer Konzil finden Sie bei der Tourist-Information Konstanz unter www.konstanz-tourismus.de

Mehr Informationen zum Jubiläum finden Sie hier: Konzilstadt Konstanz . Eigenbetrieb der Stadt Konstanz . Marktstätte 1 . D-78462 Konstanz . Telefon +49 (0)7531 363-27 0 info@konstanzer-konzil.de . www.facebook.com/konzilstadt . www.konstanzer-konzil.de

Weinverkauf Schloss Salem, 88682 Salem, Telefon +49 (0) 7553 81-284 Weinverkauf Birnauer Oberhof, 88690 Uhldingen-Mühlhofen, Telefon +49 (0) 7556 6002 www.markgraf-von-baden.de


Editorial Editorial D

ieses Bodensee Magazin Spezial “Kirchen, Klöster & Konzil“ führt Sie in eine Zeit, die scheinbar längst vergangen, für die Bodenseeregion jedoch bestimmend war und heute noch ist. Dabei stellt es kein leichtes Unterfangen dar, ein so geschichtsmächtiges Thema zugänglich und erlebbar zu machen. Denn der Beginn liegt weit zurück im 6. Jahrhundert, dem frühen Mittelalter, mit der Gründung des Bistums Konstanz, setzt sich mit den Klostergründungen in St. Gallen und auf der Insel Reichenau fort, umfasst als historischen Meilenstein das Konstanzer Konzil von 1414 bis 1418 und mündet in die Blütezeit des 18. Jahrhunderts – eine große Zeitspanne, die die Bodenseeregion zu einem politischen, religiösen und geistigen Zentrum im heutigen Europa machte. Über alle Landesgrenzen hinweg ist die Bodenseeregion als Ganzes von „Kirchen und Klöstern“ geprägt und dies nicht im Sinne einer rückwärts gewandten Verklärung. Kirchen und Klöster waren Zentren der Macht, nicht nur aufgrund ihres finanziellen Reichtums, sondern vor allem wegen ihrer geistigen Werte. Mit ihrem in Bibliotheken dokumentierten Wissensschatz, ihren ebenso unterschiedlichen wie eindrucksvollen Bauwerken, war die Region rund um den Bodensee Ausgangspunkt europaweiter kultureller und politischer Entwicklungen von wirklich historischer und schließlich europäischer Dimension. Dies wirkt bis heute nach, insbesondere mit den UNESCO-Welterbestätten St. Gallen und Insel Reichenau und den Jubiläumsfeierlichkeiten zum Konstanzer Konzil ab 2014.

1) Der Arbeitsgemeinschaft „Kirchen, Klöster & Konzil“ gehören an: Tourist-Information Konstanz GmbH, Norbert Henneberger, Kirstin Krauße. Konzilstadt Konstanz, Daniela Paas. Tourist-Information der Insel Reichenau, Karl Wehrle. Tourismus Untersee e.V., Christine Ecker. Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg mit Kloster und Schloss Salem, Birgit Rückert, Marlene Pellhammer. Oberschwaben Tourismus GmbH (OTG), Andrea Winter. St. Gallen-Bodensee Tourismus, Boris Tschirky. Kartause Ittingen, Christa Fritschi, Corinne Rüegg. Kloster Allerheiligen in Schaffhausen, Peter Jezler; sowie als Medienpartner die Labhard Medien GmbH, Thomas Willauer, Jasmin Hummel.

Foto: OTG, Motiv Kloster Ochsenhausen

Die Bedeutung des Bodenseegebietes als Zentrum europäischer Kulturgeschichte will dieses Magazin der Arbeitsgemeinschaft „Kirchen, Klöster & Konzil“ (1) gemeinsam mit Labhard Medien für Gäste und Einheimische nachvollziehbar und erlebbar machen. Wir sind davon überzeugt, dass wir hier all denjenigen, die sich für dieses eindrucksvolle Thema interessieren, die internationale Bodenseeregion als einen Erlebnisraum präsentieren, der in seiner Vielfalt, in seiner Tiefe und Qualität einzigartig ist.


Inhalt Inhalt Editorial

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Inhalt

2

Einführung

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Konstanz

8

Insel Reichenau

22

Klosterroute Untersee

32

Salem

34

Frauenklöster der Zisterzienser

44

Oberschwaben

46

St. Gallen

58

Fischingen

68

Ittingen

70

Schaffhausen

80

Klosterprojekt Meßkirch

90

Chronologie

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Karte

94

Glossar

96

Klosterregion Bodensee – Wiege europäischer Kultur Stadt der Kirchen, Klöster und des Konzils UNESCO-Weltkulturerbe Klosterinsel Reichenau Klosterspuren am Untersee — Klosterroute entlang des Seeufers Das Zisterzienserkloster Salem Wie die Abtei Salem zu fünf eigenwilligen Töchtern kam Himmelreich des Barock UNESCO-Weltkulturerbe Stiftsbezirk St. Gallen Kloster Fischingen — Lebendiges Kloster mit bewegter Geschichte Kartause Ittingen — Geschichte und Kunst erleben Frühe Romanik — Klosterbezirk zu Allerheiligen in Schaffhausen Campus Galli — Karolingische Klosterstadt Meßkirch

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Foto: Achim Mende, Konstanzer M端nster


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önche, Nonnen und ihre Klöster haben seit dem frühen Mittelalter die Landschaft rund um den Bodensee maßgeblich gestaltet. Ihre besondere Wirtschafs- und Lebensweise hat hier nicht nur eine einzigartige Kulturlandschaft geschaffen, sondern Impulse für Neuerungen in vielerlei Hinsicht gegeben. Mit der landwirtschaftlichen Erschließung der seit der Römerzeit teilweise verödeten Gegenden, mit dem Wiederaufleben von Schriftlichkeit in den Klosterschreibstuben, mit dem Aufblühen der Wissenschaft, ja nicht zuletzt mit der Verbreitung des Christentums und der damit verbundenen geistigen und geistlichen Erneuerung geht ein enormer wirtschaftlicher und kultureller Aufschwung einher, der weit über die Region hinaus wirkte: Mit gutem Recht darf die Bodenseeregion als Wiege mitteleuropäischer Kultur gelten! Irische Wandermönche auf alten Handelsstraßen Was machte die Region für die Mönche so interessant? Der Bodensee war bereits seit frühester Zeit eine Drehscheibe für Handel und Verkehr. Seine günstige Lage am Nordrand der Alpen mit den Zugängen zu den wichtigsten Alpenquerungen und seine Anbindung an die nach Norden, Osten und Westen führenden Verkehrswege machten ihn seit der Zeit der Römer zu einem der wichtigsten Verkehrswege der Region. Der Wasserweg bot die Möglichkeit, auch größere Mengen von Gütern kostengünstig zu transportieren. Insbesondere die alten (aus keltischen Siedlungen hervorgegangenen) Römerstädte, Bregenz im Osten und Konstanz mit dem Rheinübergang im Westen, waren wichtige Umschlagplätze. Die Landeplätze Bodman mit der Pfalz, Überlingen, Meersburg, Buchhorn und Lindau am Nordufer, und vor allem Romanshorn, Rorschach und Arbon am Südufer markieren wichtige Zentren der weiteren Entwicklung. Dabei nahm Konstanz mit dem bis ins frühe Mittelalter zurückreichenden Bischofsitz eine zentrale Rolle ein. Das Bistum Konstanz, das sich von Brienz im Süden bis kurz vor Backnang im Norden, von Kempten im Osten bis Breisach im Westen erstreckte, war bis zu seiner Aufhebung 1821 eines der größten Flächenbistümer im Heiligen Römischen Reich. Die zentrale Lage von Konstanz war auch noch im Spätmittelalter unangefochten und dürfte einer der entscheidenden Gründe dafür gewesen sein, dass Konstanz von 1414 bis 1418 Konzilstadt war. Zwei Voraussetzungen machten die Ansiedlung von Mönchen und den Aufschwung der Bodenseeregion erst möglich: zum einen die Eingliederung der alemannischen Stämme und Stammesführer in das Frankenreich, zum andern die von den Frankenkönigen geförderte Missionstätigkeit iro-schottischer Mönche. Bereits Anfang des 7. Jahrhunderts gelangte der Ire Columban in die Schweiz und an den Bodensee, wo er in Bregenz ein Kloster gründete, das allerdings bald wieder aufgegeben wurde. Columban selbst blieb nicht in der Region, sondern zog nach Italien weiter.

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Bodensee Magazin Spezial | Einführung

Nicht nur die Franken, auch andere hier ansässige Adelsgeschlechter betätigten sich — vor allem im späteren Verlauf des Mittelalters — als Klosterstifter und Förderer der Klöster. Die Region Bodensee und Hochrhein bildeten den Kernbereich des (hochmittelalterlichen) Herzogtums Schwaben, weitere Hochadelsgeschlechter waren hier begütert, sowohl die Staufer als auch die Welfen hatten hier Besitz. Auf der Habsburg (heute Kanton Aargau, Schweiz) liegt der Stammsitz der Habsburger. Entlang der alten Verkehrswege im Rheintal und entlang der alten Römerstraßen schritt die Christianisierung voran. Den Anfang bildeten Einsiedeleien im 7. Jahrhundert, wie jene des (irischen?) Mönchs Gallus im damals unwirtlichen Hinterland des südlichen Bodenseeufers (heute St. Gallen). Gallus war im Gefolge des Columban an den Bodensee gekommen. Auf den Wanderbischof und Missionar Pirmin wird eine ganze Reihe von Klostergründungen oder Klosterwiederherstellungen zurückgeführt. Sein Weg lässt sich von Neuweiler über Weißenburg, Maursmünster und Murbach im Elsass bis zur 724 gegründeten Reichenau verfolgen. Die geschützt auf einer fruchtbaren Insel im Untersee gelegene Reichenau gelangte rasch zu großer Blüte. Das Kloster entwickelte sich zu einem geistlichen und kulturellen Zentrum. Im 9. Jahrhundert war die Reichenau ein Mittelpunkt des durch Benedikt von Aniane reformierten Mönchtums. Von den klösterlichen Bauten blieben auf der Insel bis heute drei große Kirchen und die frühbarocke Klosteranlage von Mittelzell erhalten. Vor allem die ottonischen Wandmalereien in St. Georg in Reichenau-Oberzell und die eng damit verbundenen Wandmalereien in der kleinen Sylvesterkapelle von Goldbach bei Überlingen können bis heute einen Eindruck vom Kunstschaffen im Umfeld der Reichenau vermitteln. Klöster als kulturelle und geistliche Zentren im Karolingerreich Als Reichskloster war die Reichenau in die Verwaltung des karolingischen Reichs eingebunden. Vergleichbar dem in Rätien gelegenen Müstair und dem von der Reichenau aus besiedelten Kloster Pfäfers im Bistum Chur bildete es eine wichtige Station am Weg vom fränkischen Reich nach Italien. 819 wurde auch das an der Stelle der Einsiedelei des hl. Gallus von dem hl. Otmar gegründete Kloster St. Gallen Reichskloster. Wohl in diesem Kontext entstand auf der Reichenau der für St. Gallen bestimmte St. Galler Klosterplan. Auf der Reichenau und in St. Gallen entstanden wichtige Bibliotheken, und in den Skriptorien der beiden Klöster wurden Handschriften geschaffen, die zu den bedeutendsten des Mittelalters zählen. Die St. Galler Bibliothek blieb bis heute erhalten und besitzt unter anderem bedeutende Fassungen der Regeln des hl. Benedikt aus dem frühen 9. Jahrhundert. In ihrem Bestand wurden auch wichtige spätantike Manuskripte, wie Vitruvs “de re aedificatoria“ (Über die Baukunst) überliefert, das im


Klösterregion Bodensee Wiege europäischer Kultur

Konstanz – Bischofsitz, Stadt der Klöster und Stifte Kirchliches Zentrum bildete bis ins Spätmittelalter der Bischofsitz in Konstanz, der sich bis in die Zeit um 600 zurückverfolgen lässt. Den Dienst in der Kathedrale versah das Domstift, von dessen Gebäuden heute nur noch Teile des hochgotischen Kreuzgangs, der Kapitelsaal und die Domschule erhalten sind. Bischof Konrad I. (amt. 934–975) gründete noch ein Mauritiusstift, für das die im Kern bis heute erhaltene Mauritiusrotunde nordöstlich des Münsters erbaut wurde. Dabei bestanden oft enge Verbindungen zwischen den Konstanzer Bischöfen zu den bedeutenden Abteien im Bodenseeraum. Wiederholt waren Konstanzer Bischöfe zugleich Äbte in St. Gallen oder auf der Reichenau. Die Kathedrale des Bistums, das Münster in Konstanz, wurde im 11. Jahrhundert weitgehend neu errichtet. Die unter den Bischöfen Lambert und Rumold ausgeführten östlichen Bauteile, die 1058 geweiht wurden sowie das etwas jüngere, 1089 geweihte Langhaus sind bis heute in großen Teilen erhalten. Sie zählen zu den bedeutendsten Bauten dieser Zeit im Bodenseeraum. Zur Infrastruktur der Bischofstadt gehörte auch eine Reihe von Klöstern und Stiften, die als Abbild der Hauptkirchen Roms interpretiert werden. Das 983 von Bischof Gebhard II. gegründete Kloster Petershausen (in dessen barockem Klostergebäude heute das Archäologische Landesmuseum untergebracht ist), war Teil dieses „Konzepts” nach dem Vorbild der römischen Hauptkirchen. Zeit der Reformen: Benediktiner, Zisterzienser, Prämonstratenser Im 10./11. Jahrhundert erlebte das benediktinische Mönchtum eine Blütezeit, die auch am Bodensee ihre sichtbaren Spuren hinterlassen hat. Besonders aufwendig waren die Anlagen des Klosters Allerheiligen in Schaffhausen. Um das bis heute erhaltene Münster gruppierte sich eine ganze Reihe von Kapellen, die eine ganze Kirchenfamilie bildete. Der betont schlicht gehaltene Bau ist ganz vom Geist der Klosterreformen des späten 11. Jahrhunderts geprägt. In dieselbe Zeit reicht das Kloster St. Georgen in Stein am Rhein zurück. Aus der Frühzeit des Klosters haben sich die romanische Klosterkirche und Teile des Kreuzgangs erhalten. Auch die Propstei Wagenhausen bei Stein am Rhein

wurde im 11. Jahrhundert gegründet und besitzt noch die Klosterkirche aus der Gründungsphase. Ebenfalls in diese Zeit der Klosterreformen fällt die Stiftung des welfischen Hausklosters Weingarten im Jahr 1056. Die gewaltige romanische Kirche wurde zwar im 18. Jahrhundert durch einen Neubau ersetzt, doch kann der Rest der südlichen Seitenwand heute noch einen Eindruck der ursprünglichen Größe vermitteln. Im 12. Jahrhundert breiteten sich die Reformorden der Zisterzienser und Prämonstratenser auch im Bodenseeraum aus. Während die Prämonstratenser mit ihren Stiften in Weissenau, Schussenried, Obermarchtal und Roggenburg eher in Oberschwaben angesiedelt waren, verfügten die Zisterzienser mit dem 1134 gestifteten Kloster Salem und dessen Tochterkloster Wettingen über zwei bedeutende Niederlassungen in der Nähe des Bodensees und des Hochrheins. Vor allem Salem erlangte im 13. und 14. Jahrhundert eine herausragende Bedeutung, die sich bis heute in dem hochgotischen Münster dokumentiert. Zahlreicher als die Männerklöster waren die Frauenklöster der Zisterzienser im Bodenseeraum. Ein Grund dürfte die nachhaltige Förderung der Frauenkonvente durch Abt Eberhard II. von Salem (amt. 1241–1276, ✝ 1284) gewesen sein. Zisterzienserinnen waren in Kalchrain, Feldbach, Wald, Gutenzell und Baindt angesiedelt. Klöster in den Städten – die Bettelorden Das 13. und 14. Jahrhundert war die große Zeit der Bettelorden, allen voran die Dominikaner und Franziskaner, die sich entlang der Hauptverkehrswege ausbreiteten. So verwundert es nicht, dass sich beide Orden früh in Konstanz niedergelassen und dort bereits im 13. Jahrhundert sehr stattliche Klöster errichtet haben. Das ungewöhnlich große Dominikanerkloster, das auf einer Insel der Stadt vorgelagert ist, wird heute als Inselhotel genutzt. In der umgebauten Klosterkirche befinden sich beachtliche Reste von Wandmalereien aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Im Zentrum der Hotelanlage liegt der (stark restaurierte) Kreuzgang aus dem 13. Jahrhundert. Das bedeutende Franziskanerkloster ist ebenfalls in weiten Teilen erhalten und wird heute teilweise als Schulgebäude und die ehemalige Kirche für Ausstellungs- und Veranstaltungszwecke genutzt. Auch die Frauenklöster der beiden Orden waren in der Region vertreten. Von diesen oft kleinen geistlichen Gemeinschaften kann das 1269 gestiftete Dominikanerinnenkloster Zoffingen (Konstanz) auf eine ununterbrochene klösterliche Tradition bis heute zurückblicken. Neben den Franziskanern und Dominikanern siedelten sich in der Bischofstadt 1268 auch die Augustinereremiten an. Von deren Niederlassung hat sich die heute barockisierte Klosterkirche, die heutige Dreifaltigkeitskirche, mit ihren Einführung | Bodensee Magazin Spezial

Foto: Th. Keller, Wandbild St. Peter und Paul, Insel Reichenau

15. Jahrhundert „wiederentdeckt“ wurde und die Architekturtheorie von der Renaissance bis heute beeinflusst hat. Große hochadelige Damenstifte, deren Gründungen in karolingische Zeit zurückreichen, waren in Lindau, Buchau und Säckingen angesiedelt. Das im 9. Jahrhundert gegründete Kanonissenstift in Lindau gilt als Keimzelle der späteren Stadt. Von den Damenstiften Lindau und Buchau haben sich die Kirchen und Konventsbauten des 18. Jahrhunderts, in Säckingen die mehrfach erneuerte Stiftskirche erhalten.

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bedeutenden Wandmalereien aus der Zeit des Konstanzer Konzils erhalten. Ebenfalls bereits im 13. Jahrhundert wurde das Franziskanerkloster in Überlingen gegründet. Der heutige, barock ausgestattete Kirchenraum stammt im Kern aus dem frühen 14. Jahrhundert und erhielt 1309 sein erstes Dachwerk. Im 15. Jahrhundert wurde der Obergaden aufgesetzt, erst 1752/53 wurde der Bau in zeitgemäßen Formen umgestaltet. Die Altar- und Skulpturenausstattung stammt zum überwiegenden Teil von Joseph Anton Feuchtmayer und von Franz Anton Dirr, der sich 1761 in Überlingen als Bildhauer niedergelassen hatte. Die Dominikaner und Franziskaner erfreuten sich einer besonderen Förderung der Habsburger. Unter König Rudolf I. wurden Mitglieder des Ordens häufig als Bischöfe berufen. Als König Albrecht I. 1308 bei Brugg an der Aare ermordet wurde, stifteten dessen Gemahlin und seine Tochter zu seinem Gedächtnis das Franziskanerdoppelkloster in Königsfelden. Die aufstrebenden Handelsstädte boten auch anderen Bettelorden Möglichkeiten der Entfaltung. 1344 ließen sich die Karmeliten in Ravensburg nieder. Ihre ungewöhnlich große Kirche entwickelte sich im 14. und 15. Jahrhundert zu einem bevorzugten Bestattungsort der Ravensburger Patrizier, wie der Mötteli, der Humpis und der Muntprat. Klöster in den Städten – Zeit der Renaissance Im 15. Jahrhundert entwickelte sich eine neue, moderne Wohn- und Lebenskultur in den Städten, die auch in den Klöstern einzog. In den Jahren 1436 bis 1555 wurde die neue Kirche des Chorherrenstifts Radolfzell (heute Pfarrkirche) erbaut. In dieselbe Zeit datiert der Bau der Chorherrenstiftskirche St. Pelagius in Bischofszell. Der in den Jahren 1487 bis 1519 nach einem Brand errichtete Neubau des Benediktinerklosters Mariaberg bei Rorschach, mit seinen prachtvollen Steinmetzarbeiten gilt als der wohl am besten erhaltene spätgotische Klosterneubau im Bodenseeraum. Ebenfalls noch im 15. Jahrhundert begonnen wurde der Neubau des Konventsgebäudes von Kloster Weingarten, das heutige Alte Kloster in Weingarten. Die in seltener Vollständigkeit erhaltene Abtei St. Georgen in Stein am Rhein erlaubt einen Einblick in das Klosterleben eines städtischen Benediktinerklosters zu Beginn der Neuzeit. Die Räume der Äbte Jodokus Krum und David von Winkelsheim der Benediktinerabtei St. Georgen in Stein am Rhein mit ihren wertvollen Renaissanceausstattungen dokumentieren den hohen Wohnstandard jener Jahre. Strenge Askese: Kartäuser - Einsiedler im Kloster Eine besondere asketische Form des Klosterlebens praktizierten die Kartäuser. Sie legten ein umfassendes Schweigegelübde ab und widmeten sich vollkommen dem kontemplativen Leben. 1461 wurde den Kartäusern das ehemalige Augustinerchorherrenstift Ittingen übergeben. Die Bauten der Kartäuser 6

Bodensee Magazin Spezial | Einführung

zeichnen sich dadurch aus, dass jedem der Brüder ein eigenes Gebäude mit kleinem Garten zur Verfügung steht, die entlang des Kreuzgangs angeordnet sind. Diese spezielle Architekturform ermöglicht dem Mönch ein Leben als Eremit im Kloster. Wesentliche Teile der Ittinger Anlage entstammen dem 17. Jahrhundert. In Buxheim, nördlich des Bodensees, hat sich eine zweite bedeutende Kartause erhalten. Abschied von der Askese? Klöster im Barock Das ausgehende 16. und frühe 17. Jahrhundert war für den Bodenseeraum eine Zeit wirtschaftlicher Prosperität. Der Wohlstand spiegelt sich in den zahlreichen anspruchsvollen Neubauten jener Zeit. Die vermutlich größte in dieser Zeit gebaute Anlage, Abtei- und Konventgebäude des Zisterzienserklosters Salem, fiel leider 1697 einem Brand zum Opfer. Einen Eindruck von der klösterlichen Architektur jener Zeit können das 1595 gebaute Jesuitenkolleg in Konstanz, das 1605/10 erbaute Konventsgebäude der (seit 1540 dem Konstanzer Domstift inkorporierten) Abtei Reichenau und die ab 1604 erneuerten Gebäude des (seit 1534 dem Konstanzer Domstift inkorporierten) Stifts Öhningen vermitteln. Den Typ der frühbarocken Klosteranlage vertritt die ab 1615 erbaute St. Galler Propstei Neu St. Johann mit ihrer bedeutenden frühbarocken Altar- und Skulpturenausstattung des Konstanzer Bildhauers Hans Schenk und dessen Neffen Hans Christoph Schenk. Im 17. Jahrhundert breiteten sich vor allem unter dem Eindruck der Schrecken des Dreißigjährigen Kriegs in den Städten neue Reformorden wie die Kapuziner aus, von denen sich bedeutende Anlagen nicht nur in Rottweil und Riedlingen, sondern auch in Überlingen erhalten haben. Die Bauten der Kapuziner sind betont schlicht gehalten und bieten einen programmatischen Gegenentwurf zu den zeitgenössischen frühbarocken Anlagen der anderen geistlichen Niederlassungen. Das 18. Jahrhundert bildete nochmals einen Höhepunkt der klösterlichen Kultur am Bodensee. In den großen Reichsabteien entstanden umfangreiche und repräsentative Neubauten. Zu den ersten Anlagen zählt der durch einen Brand notwendig gewordene Neubau des Klosters Salem nach Entwürfen von Franz (II.) Beer. Fast gleichzeitig wurden in Einsiedeln und Ottobeuren ebenfalls ambitionierte Projekte geplant. Dabei nähert sich die maßgeblich von Caspar Moosbrugger konzipierte achsialsymmetrische Anlage in Einsiedeln dem Idealkonzept eines Barockklosters, wie es auch eine Vogelschauansicht der geplanten Gesamtanlage von Weingarten (1723) und das Klostermodell des (unvollendet gebliebenen) Klosterneubaus von Schussenried repräsentieren. 1715 wurde mit dem schon seit längerer Zeit geplanten Neubau in Weingarten begonnen. Die ebenfalls nach Entwürfen von Beer begonnene und in ihrer heutigen Form maßgeblich von Donato Frisoni geprägte Klosterkirche ist zugleich der größte barocke Kirchenbau Oberschwabens. Auch in St. Gallen hatte man sich schon seit längerem mit Baugedanken getragen, als


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ISBN 978-3-939142-84-3

schließlich 1750 mit dem Bau der heutigen Stiftskirche begonnen wurde. Der Deutsche Ritterorden entwickelte im 18. Jahrhundert gleichfalls eine rege Bautätigkeit in Altshausen und auf der Mainau, wo residenzartige Anlagen entstanden. Seine Baumeister Johann Kaspar und Franz Anton Bagnato waren auch für andere Auftraggeber nördlich und südlich des Sees tätig. Zu den Bauten des Deutschen Ordens zählt ebenfalls das exponiert gelegene Schloss Achberg bei Lindau mit seiner reichen Stuckausstattung.

Bodensee Magazin spezial „Kirchen, Klöster & Konzil“ ist eine Publikation der Labhard Medien GmbH Max-Stromeyer-Straße 116 D-78467 Konstanz Tel.: +49 (0)7531 / 9071-0 verlag@labhard.de, www.labhard.de

Klöster prägen Städte und Landschaft

Geschäftsführung Thomas Willauer twillauer@labhard.de Gabriele Schindler gschindler@labhard.de Redaktion Jasmin Hummel jhummel@labhard.de Autoren Ulrich Knapp, Henry Gerlach, Monika Spicker-Beck, Johannes Huber, Birgit Rückert, Christa Fritschi, Karina Barcyk, Elke und Peter Jezler, Bert Geurten Lektorat Marius Kiniorski, Henry Gerlach Foto: Achim Mende, Wandmalerei Kloster Allerheiligen, Schaffhausen

Die Bautätigkeit der Klöster umfasste auch die zu den Klöstern gehörenden Pfleghöfe, die das Bild der Städte mitprägten, sowie Pfarrkirchen und die Wallfahrtskirchen. So entstanden die Birnau als Wallfahrtskirche des Klosters Salem, die Wallfahrtskirche Baitenhausen bei Meersburg und Steinhausen als Wallfahrt des Prämonstratenserstifts Schussenried. Viele Klöster besaßen seit dem Mittelalter Weinberge an den Ufern des Sees, so die oberschwäbischen Abteien Irsee, Ochsenhausen, Ottobeuren, Schussenried, Weingarten und Weissenau sowie die schweizerischen Abteien Einsiedeln und St. Gallen. Zu den Weinbergen gehörten Verwaltungsbauten, Torkel (Weinpressen) und große Keller. Die Schlösser Hersberg und Kirchberg dienten der Verwaltung klösterlicher Weinberge der Abteien Ochsenhausen und Salem. Pfleghöfe der Klöster Einsiedeln, Irsee, Salem, Schussenried und Weingarten haben sich in Sipplingen und Hagnau erhalten. Im 18. Jahrhundert erlebten die naturwissenschaftlichen Sammlungen, die Bibliotheken und die Schulen der Klöster eine neue, letzte Blüte. Für die bedeutenden Bibliotheksbestände wurden neue prachtvolle Räume geschaffen. Vor allem in den spätbarocken Büchersälen wie in der Fürstabtei St. Gallen wurden theologische, philosophische und ordensgeschichtliche Themen zu komplexen Bildprogrammen verwoben. Bereits vom Geist der Aufklärung geprägt ist der klassizistisch umgestaltete Bibliotheksaal in Salem. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts verbreiteten gerade die Klöster die neuen Formen des Frühklassizismus im Bodenseeraum. Allen voran ist die Zisterzienserabtei Salem zu nennen. Die Säkularisation um 1803 setzte der klösterlichen Kultur im Bodenseeraum ein jähes Ende. Nur an wenigen Orten blieben die Klostergemeinschaften erhalten oder wurden wieder- und neugegründet (wie zum Beispiel das Zisterzienserkloster Mehrerau in Bregenz, das Zisterzienserpriorat in Birnau oder Kloster Hegne). Doch bereits zu früheren Zeiten verfiel so manches Kloster zu Ruinen, Klöster wurden aus unterschiedlichen Gründen aufgegeben, Besitz verkauft, andere Formen des Zusammenlebens und Wirtschaftens erschienen zeitgemäßer. Doch haben die Mönche und Nonnen der Bodenseeregion zu ihrer einzigartigen Kulturlandschaft verholfen, wie sie sich heute in ihrer ganzen Schönheit präsentiert. Ulrich Knapp

Layout Helga Stützenberger Grafische Umsetzung Marina Fricke Vertrieb Katharina Schlude kschlude@labhard.de Kartografie map solutions GmbH, Karlsruhe Druck Stürtz GmbH, Würzburg Titelbild Achim Mende; Motiv Honigschlecker, Wallfahrtskirche Birnau Layout Helga Stützenberger Umschlagsrücken Th. Keller; Motiv Pirminstatue, Insel Reichenau Fotos Wenn nicht anders vermerkt, wurden uns die Fotos von den betreffenden Projektpartnern zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns bei allen Projektpartnern. © Labhard Medien, 2012



Konstanz – Stadt der Kirchen, Klöster und des Konzils

Fotos: Achim Mende

Über 1.200 Jahre währte die Geschichte des ehemaligen Bistums Konstanz. Gegründet um 600 handelte es sich im Mittelalter um die größte deutsche Diözese, die von Stuttgart bis zum St. Gotthard Pass und von Freiburg bis Kempten reichte. Aufgelöst wurde sie 1821. Hintergrund war eine Neuordnung der Bischofssitze und Bistumsgrenzen in der Folge der politischen Veränderungen der Nach-Napoleon-Ära. In der Hochzeit des Bistums gab es in der Stadt Konstanz selbst ein knappes Dutzend Klöster und noch mehrere kleinere und größere Kirchen.



An der Hafeneinfahrt von Konstanz dreht sich die Statue mit dem Namen Imperia des Künstlers Peter Lenk, die mittlerweile zum Wahrzeichen der Stadt geworden ist. 2014 -2018 rückt die Skulptur im Zuge der Feierlichkeiten zum Konstanzer Konzil in den Mittelpunkt und ihr ist ein Jahr des Gedenkens gewidmet. Honoré de Balzac erhob die einstige Römerin, ein Wunderweib ihrer Zeit, zu einer literarischen Figur des Konstanzer Konzils, wo sie als Kurtisane und Lebefrau zur heimlichen Herrscherin des Konzils wurde. So heißt es in der Erzählung Balzacs: „Die Höchsten wie die Kühnsten umwarben sie, ein Wink von ihr konnte einen das Leben kosten, und selbst unerbittliche Tugendbolde krochen bei ihr auf den Leim und tanzten gleich den andern nach ihrer Pfeife.“



Das Münster Unserer Lieben Frau Die ehemalige Bischofskirche ist naturgemäß nicht nur die größte Kirche der Stadt, sondern birgt mit den erhaltenen Teilen der Winkelgangkrypta die ältesten Bauteile einer Kirche in Konstanz. Im Kern geht die Krypta auf das Ende des 9. Jahrhunderts zurück. Mit dem Erwerb der Reliquien des spätrömischen Märtyrers Pelagius Anfang des 10. Jahrhunderts und der Heiligsprechung des Konstanzer Bischofs Konrad 1123 wurde sie erweitert.

D

ie Grundmauern der sogenannten Mauritiusrotunde stam men aus dem 10. Jahrhundert. Sie beherbergt das Heilige Grab, d. h. ein Kenotaph, das an die Grabeskirche Jesu Christi in Jerusalem erinnert, die der Erbauer Bischof Konrad mehrfach besuchte. In die gleiche Zeit gehört auch die berühmte Konstanzer Goldscheibe in der Krypta, eine Majestas-Domini-Darstellung, die stilistisch noch von der byzantinischen Kunst beeinflusst ist. Der Kirchenbau selbst ist eine romanische Säulenbasilika, die 1089 geweiht wurde. Sie besteht fast ausschließlich aus Sandstein, der in der Nähe der heute schweizerischen Stadt Rorschach gewonnen wurde. Aus dem 11. Jahrhundert stammt noch die Arkadenanlage mit ihren oktogonalen Kapitellen und den massiven, aus einem einzigen Steinblock errichteten Säulenschäften im Langhaus. Ursprünglich hatte das Münster eine bemalte flache Holzdecke und keine Seitenkapellen. In diesem Zustand befand sich der Kirchenbau auch noch während des Konstanzer Konzils (1414–18), das hier seine „Plenarsitzungen“ abhielt. Erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden die Kapellen in den Seitenschiffen erbaut, wobei die letzten Kapellen im nördlichen Seitenschiff erst im 17. Jahrhundert errichtet wurden. Ein schönes Beispiel für den überbordenden Reichtum an Bauschmuck der Spätgotik stellt die Welserkapelle an der Nordseite des Münsters dar. Die späte Renaissance schenkte dem Münster wenig mehr als das noch existierende Orgelgehäuse. In der Zeit der Reformation (1527–48) wurde das Münster zur Pfarrkirche ernannt und nahezu aller Ausstattungsstücke beraubt. Übrig blieben im Wesentlichen nur das Chorgestühl und die wunderbaren Eingangstüren am Westportal. Beide entstanden um 1470. Parallel zum Bau und Umbau des Langhauses und der Seitenschiffe wurde die Doppelturmfassade errichtet, deren Glockengeschosse und Spitzen jedoch einem Brand von 1511 zum Opfer fielen. Der heute existierende Turmhelm wurde erst 1853 im neugotischen Stil errichtet. In der Zeit des Barock erfolgten nur noch wenige Baumaßnahmen, was u. a. den zerrütteten finanziellen Verhältnissen des Bistums und der Stadt Konstanz unter österreichischer Herrschaft geschuldet war. Zu den sichtbaren Barockumbauten und Ausstattungsstücken gehören vor allem der Silberaltaraufsatz im Chor, sowie die Einwölbung des Langhauses und die prächtige Kanzel von 1680. Auch der Klassizismus hat seine Spuren im Konstanzer Münster hinterlassen. Ab 1775 wurden der Chor und das Querschiff in dem damals modernsten Stil umgestaltet. Vor allem aus Geldmangel verzichtete man auf die Umgestaltung der verbliebenen Teile des Münsters. Von den Anbauten des Münsters ist im Wesentlichen nur noch ein Teil des Kreuzganges erhalten. Der West- und Nordteil brannten 1824 ab und wurden nicht wieder erneuert. 1956 erhielt das Konstanzer Münster den Rang einer “Basilica minor“. Mit diesem vom Papst verliehenen Ehrentitel wird die Bedeutung der Kirche für die Region hervorgehoben, auch wenn Konstanz seit 1821 nicht mehr Sitz eines Bischofs und damit das Münster zu Konstanz keine Kathedrale mehr ist.

Aussichtsplattform auf dem Konstanzer Münster (oben). Innenraum des Konstanzer Münsters (unten)

Der Mann mit dem Kelch In fast jeder Kirche des ehemals größten deutschen Bistums finden sich eine oder mehrere Abbildungen oder Statuen des ehemaligen Konstanzer Bischofs Konrad (um 900–975). Im Jahr 934 zum Bischof gewählt, gehörte Konrad zu den einflussreichsten Reichsbischöfen in der Regierungszeit Kaiser Ottos I. Nach seinem Tod mehrten sich die Berichte über Wunder, die sich zu seinen Lebzeiten ereignet haben sollen. Dazu zählten u. a. auch, dass Konrad über das Wasser des Bodensees spaziert sei sowie die Geschichte des berühmten Spinnenwunders: Am Ostersonntag hielt Konrad das heilige Pontifikalamt. Nach der Wandlung, d. h. nach der Umwandlung der Substanz des Weines in das Blut Jesu Christi, fiel plötzlich von oben eine giftige Spinne herab, genau in den Kelch. Der Verzehr einer Spinne galt im Mittelalter als todbringend. Hätte Konrad jedoch die Spinne aus dem Kelch entfernt, so wäre möglicherweise etwas vom Blut Christi verlorengegangen und so trank Konrad auf Gott vertrauend den Kelch mitsamt der Spinne kurzerhand leer, so dass kein Tropfen des Blutes Christi verloren ging. Die Umstehenden waren vor Furcht erstarrt und fürchteten, „es werde die Freude des Tages zu tiefer Trauer sich wenden“. Nach dem Hochamt ging Konrad nach Hause. Mittags ging er zum Essen, saß aber zunächst nur schweigend am Tisch. Die anderen Teilnehmer des Mittagsmahls befürchteten das Schlimmste. Konrad blieb jedoch gelassen und sagte nur, dass er noch auf einen Gast warte. Dann neigte er sich nach vorne, öffnete den Mund und die Spinne kroch aus seinem Mund heraus. Dem Bischof ging es gut und auch die Spinne hatte überlebt. Alle brachen in Jubel aus und dankten Gott für dieses Wunder. Daher wird Bischof Konrad zumeist mit den Attributen Kelch und Spinne gezeigt.

Konstanz | Bodensee Magazin Spezial 13



Gebäuden die städtische Musikschule, das Stadtarchiv und das archäologische Landesmuseum. Ähnlich erging es dem Franziskanerkloster am heutigen Stephansplatz. 1253 bezogen die Barfüßer die Gebäude, die nach der Aufhebung des Konvents 1788 u. a. als Kaserne dienten und heute als Schule und als Bürgersaal für Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt werden. Eine gänzlich andere Nutzung erfährt heute das ehemalige Dominikanerkloster auf der Insel. Während die gesamte Uferzone von Konstanz im Laufe des Mittelalters aufgeschüttet wurde und der heutige Stadtgarten erst im 19. Jahrhundert entstand, konnten die Dominikaner schon ab 1236 auf einer Insel vor den Toren der Stadt eine weitläufige Klosteranlage bauen. Im Laufe des 13. Jahrhunderts entstanden die Konventgebäude und der heute noch erhaltene Kreuzgang, sowie die dreischiffige Kirche mit ihrem gemalten Fries von selten gemalten Martyriumsszenen. Eine der bekanntesten Persönlichkeiten des Inselklosters war der Mystiker Heinrich Seuse (1296–1366), ein Schüler des berühmten Meister Eckhart. Seuse war nach seinem Studium Prior des Inselklosters und Lektor, d. h. in der Ausbildung der Dominikanermönche tätig. Während der Konzilszeit diente das Inselkloster zeitweise als Gefängnis für den Prager Reformator Jan Hus. Außerdem war das Predigerkloster in jener Zeit Tagungsort der italienischen und französischen Nation, während das Franziskanerkloster den Vertretern der deutschen und englischen Nation als Konferenzort diente. 1785 verließen die letzten Mönche die Insel und sämtliche Bauten wurden von der Genfer Immigrantenfamilie Macaire übernommen und als Tuchdruck- und Tuchfärbefabrik genutzt. Ein bedeutender Spross dieser Familie war Ferdinand Graf Zeppelin, der Erbauer der Luftschiffe. Er kam 1838 auf der Insel zur Welt. 1874 wurden die Gebäude in ein Hotel umgewandelt, und diesem Zweck dient es bis heute. Dennoch fanden hier 1966 die ersten Vorlesungen der neugegründeten Universität Konstanz statt.

Kirche St. Stephan Die Ursprünge der Kirche St. Stephan gehen vielleicht auf die spätrömische Zeit zurück, wahrscheinlich aber auf die Zeit vor Errichtung des Bistums Konstanz Ende des 6. Jahrhunderts. In spätkarolingischer Zeit existierte dann schon ein Chorherrenstift, und St. Stephan entwickelte sich zunehmend zur bedeutendsten Stadtkirche in Konstanz, deren Kanonikerstellen vorwiegend von Mitgliedern des Patriziats besetzt wurden. Während des Konstanzer Konzils war die Kirche Sitz der “Rota Romana“, des päpstlichen Gerichts. Zwischen 1527 und 1548 befand sich das Stift im Exil und die Kirche war protestantisch/reformiert. Endgültig wurde das Stift 1807 aufgehoben. Heute präsentiert sich der Bau der Stephanskirche im Wesentlichen als ein Werk des 15. Jahrhunderts. Spätbarocke Änderungen erfolgten vor allem mit der Stuckdecke im Chor (1770).

Vom ehemaligen Augustiner-Eremiten-Kloster in Konstanz ist nur mehr der Kirchenbau übriggeblieben. Die der Heiligen Dreifaltigkeit geweihte Kirche stammt überwiegend aus dem 13. und 14. Jahrhundert und wurde im 18. Jahrhundert u. a. mit spätbarocken Deckengemälden und Stuckverzierungen versehen. Bemerkenswert sind die während der Zeit des Konstanzer Konzils entstandenen Wandmalereien im Langhaus, welche neben Ordensheiligen auch eine Darstellung König Sigismunds zeigt, der ab 1417 im Kloster Quartier nahm und drei Konstanzer Maler mit der Ausmalung beauftragte. Es ist nicht gesichert, ob Sigismund – als säumiger Schuldner bekannt – die Kosten vollständig beglich.

Bis auf die alt-katholische Christuskirche, ehemalige Kirche des Jesuitenklosters, sind sämtliche noch heute aktiven Kirchen der Altstadt katholisch, während sich linksrheinisch im Stadtteil Paradies noch die evangelische Lutherkirche (erbaut 1865–73) und die Schottenkapelle befinden.

Klöster in Konstanz Von ehemals einem Dutzend Klöster hat sich in Konstanz nur mehr das Dominikanerinnenkloster “Zoffingen“ erhalten. Die meisten Konvente wurden Ende des 18. Jahrhunderts säkularisiert, und nur Kloster Zoffingen durfte weiter existieren, angeblich aufgrund der Tatsache, dass die Nonnen eine Mädchenschule betrieben. Die anderen Klosteranlagen wurden schon Ende des 18. Jahrhunderts unter Kaiser Joseph II. oder aber 1802/03 aufgelöst. Dazu gehört z. B. das Benediktinerkloster Petershausen, das 983 gegründet worden war. Die spätbarocken Konventbauten wurden nach der Säkularisation zunächst als Kaserne genutzt. Heute befinden sich in den Vogelschauplan der Stadt Konstanz um 1600, Quelle: Rosgartenmuseum Konstanz (oben) Luftaufnahme des ehemaligen Dominikanerklosters, heute Inselhotel (unten)

“Felix Mater Constantia“ Ausgehend vom Hl. Konrad (gest. 975) war es ein Grundgedanke der Konstanzer Bischöfe des 10. Jahrhunderts, ein „Abbild“ der heiligen Stadt Rom in der Stadttopographie zu verwirklichen. Dem entsprechen Ausbau und Neugründung verschiedener Kirchen, die das gleiche Patrozinium hatten wie die fünf römischen Patriarchalkirchen. Hierzu zählen die Erweiterung des Marienmünsters (römisches Vorbild: Santa Maria Maggiore), St. Johann (Vorbild: San Giovanni in Laterano), St. Paul (heute K9-Kulturzentrum. Vorbild: San Paolo fuori le mura), St. Lorenz (nicht mehr existent. Vorbild: San Lorenzo fuori la mura) und schließlich die Klosterkirche von Petershausen (nicht mehr existent. Vorbild: St. Peter im Vatikan). Mehrmals taucht dieser Gedanke auch in literarischen Quellen auf, wenn Konstanz in Analogie zu Rom als “Felix Mater“ bezeichnet wird, so auch im Pelagius-Hymnus aus dem 12. Jahrhundert in einer St. Galler Handschrift: „Glückselige Mutter Konstanz, Christus ergeben, juble ob des Festes des hl. Pelagius, deines höchsten Patrons.“

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Das Konstanzer Konzil 1414-1418 „Die Stadt Konstanz ist klein, kann aber trotzdem vielen Menschen Herberge geben. In der Länge hat sie eine Ausdehnung von zwei guten Bogenschüssen; sie ist aber nur einen Bogenschuss breit. Allen, die sich hier aufhalten und es selbst miterleben, erscheint es fast unmöglich, wie dieser kleine Ort so viele Gäste mitsamt ihren Pferden unterbringen und ernähren kann. Italien muss ganz zurücktreten; dort gibt es kaum eine Stadt, welche die Last einer derartig zahlreichen Einquartierung ertragen könnte.“ Benedetto da Piglio (Brief vom 14.02.1415)

Zwischen 1378 und 1417 gab es nicht nur einen, sondern zwei, zuletzt sogar drei Päpste. Dieses “Schisma“ bedeutete für Europa ein politisches, theologisches und kirchenrechtliches Durcheinander. Der damalige römisch-deutsche König Sigismund und der mit der größten Anhängerschaft ausgestattete Papst Johannes XXIII. beschlossen 1413 im lombardischen Lodi, ein allgemeines Konzil in Konstanz zu veranstalten, um dieses Problem zu lösen. Sigismund forderte auch die Anhänger der anderen beiden Päpste Gregor XII. und Benedikt XIII. auf das Konzil zu besuchen. Die Reichsstadt Konstanz bot sich für das Konzil an, denn sie unterstand König Sigismund als Oberherrn. Hinzu kamen die verkehrsgünstige Lage am Rhein, intensive Handelsverbindungen nach Italien, gesicherte Lebensmittelzufuhr (Fisch, Wein, Getreide, Fleisch) und stabile politische Verhältnisse, die für Konstanz sprachen. So begann hier am 5.11.1414 der größte kirchliche, aber auch politische Kongress des Mittelalters in Europa. Über 30 Kardinäle sowie hunderte von Bischöfen, Äbten, Fürsten und Grafen versammelten sich in Konstanz. Hinzu kamen tausende von Mitgliedern des niederen Klerus, Handwerker, das Gefolge der großen Herrschaften, Gesandte ausländischer Höfe sowie Vertreter von über zwei Dutzend Universitäten und Städten. Selbst eine Delegation des byzantinischen Kaisers weilte in Konstanz. Somit wurde Konstanz zeitweilig zur Hauptstadt des Deutschen Reiches, das ja nicht wie etwa Frankreich und England über eine permanente Hauptstadt verfügte. Wo sich der Hof des Königs befand, wo Reichstage stattfanden, weltliche und kirchliche Potentaten zusammenkamen, dort wurden wichtige Entscheidungen für das ganze Reich und – im Falle des Konstanzer Konzils – auch für ganz Europa getroffen. Etliche Parteien, die sich im Krieg miteinander befanden, so z. B. England und Frankreich oder der Deutsche Orden und Polen, führten in Konstanz politische Verhandlungen und fochten Rechtstreitigkeiten aus. Somit war das Konstanzer Konzil nicht nur ein kirchlicher, sondern auch ein wichtiger politischer Kongress. Darüber hinaus zog das Konzil auch viele Intellektuelle an, so z. B. einige italienische Humanisten. Einer von ihnen, Poggio Bracciolini, unternahm von Konstanz aus mehrere Ausflüge zu verschiedenen Klosterbibliotheken, um dort verloren geglaubte antike Texte zu „retten“. So wurde das Konstanzer Konzil auch zu einem großen Büchermarkt und einem Ort des Austausches von Wissen und neuem Gedankengut. Es wurden nicht nur zahlreiche zeitgenössische Texte in Konstanz vervielfältigt, sondern z. B. auch Dantes “Göttliche Komödie“ auf Latein übersetzt und in mehreren Exemplaren hergestellt, womit ihre Bekanntheit im Deutschen Reich erst begann.

Das Konzilgebäude heute (oben) Historisches Fresko mit König Sigismund aus der Konzilzeit in der Dreifaltigkeitskirche (unten)

Foto: Wandmalerei Inselhotel

Für dreieinhalb Jahre war die wohlhabende Handelsstadt Konstanz mit ihren 6–7.000 Einwohnern mehr als nur ein regionales Zentrum. Während der Zeit des Konzils erfüllte sie mangels einer ausdrücklichen Residenzstadt des Römisch-Deutschen Königs die Hauptstadtfunktion im Deutschen Reich. In Spitzenzeiten weilten über 10.000 Gäste in der Stadt am Bodensee. Wie kam es zu diesem kirchlichen, politischen und kulturellen Großereignis des Mittelalters?

Jan Hus Am 6. Juli 1415 endete in Konstanz ein über halbjähriger Prozess gegen den böhmischen Reformator Jan Hus mit seiner Verurteilung und anschließenden Verbrennung im heutigen Stadtteil “Paradies“, also außerhalb der damaligen Ummauerung. Dabei hatte Hus bei seiner Ankunft im November 1414 – gestützt auf die Zusicherung freien Geleits durch König Sigismund – noch gehofft, seine theologischen Thesen in Form einer öffentlichen Diskussion verteidigen zu können. Geboren wurde Jan Hus ca. 1370 in Husinec (Südböhmen). Er war Priester und zeitweilig Rektor der Universität Prag. In seiner umfangreichen Predigttätigkeit und seinen Schriften griff er leidenschaftlich die Korruption und das lasterhafte Leben des Klerus an. Darüber hinaus vertrat er die Idee, dass die Grundlage der Kirche die Bibel sei und dass ein Papst oder auch ein Priester, der sich im Gegensatz zu diesem heiligen Gesetz verhält, vor Gott nicht mehr „wahrhaft“ Priester oder Papst sei, wodurch auch seine Sakramente nicht gültig wären. Außerdem trat er dafür ein, dass bei der Messe alle Gläubigen und nicht nur die Priester den Kelch erhielten. In der Folge war Hus bereits von Papst Johannes XXIII. gebannt worden, und es kam schließlich in Konstanz zur Verurteilung. Wohl dachte das Konzil damit auch Hus´ immer zahlreicher werdende Anhänger in Böhmen zu beeindrucken und damit das Problem der hussitischen „Ketzerei“ zu lösen. Es folgten jedoch Jahrzehnte blutiger Aufstände und Kämpfe zwischen den Truppen des Reichs und den Hussiten. Erst auf dem Konzil zu Basel 1434 konnte eine Einigung mit der Amtskirche erreicht werden.

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Die Haupttätigkeit des Konzils jedoch bestand darin, drei schwierige Probleme zu lösen. Zunächst ging es um das schon seit Jahrzehnten bestehende Schisma, zum zweiten um den Kampf gegen die Ketzerei und zuletzt um die Reform der Kirche „an Haupt und Gliedern“. Das erste Problem wurde gelöst, indem zunächst Papst Johannes XXIII. abgesetzt wurde (nach einer aufregenden Flucht aus Konstanz). Heutzutage anerkennt die katholische Kirche Gregor XII. als legitimen Papst. Dieser trat freiwillig zurück. Johannes der XXIII. gilt als Gegenpapst, er wird also nicht mehr mitgezählt, so dass 1958 Angelo Roncalli ebenfalls den Namen Johannes XXIII. annehmen konnte. Nach zähen Verhandlungen des Königs in Spanien mit den wichtigsten Anhängern des verbliebenen Papstes Benedikt XIII., den Königen von Aragon und Kastilien, konnte auch Benedikt auf dem Konstanzer Konzil abgesetzt werden. Die zweite Aufgabe, den Kampf gegen die Ketzerei, meinte das Konzil am Ende gelöst zu haben. Johannes Hus, der Prager Reformator, war – versehen mit einem königlichen Geleitbrief – nach Konstanz gekommen, um sich gegen den Vorwurf der Ketzerei zu verantworten. Er wurde allerdings bald verhaftet und nach einem siebenmonatigen Prozess am 6.7.1415 im heutigen Stadtteil Paradies wahrscheinlich in der Nähe des sogenannten Hussensteins verbrannt. Ein knappes Jahr später erlitt der hochgebildete, humanistisch gelehrte Hieronymus von Prag das gleiche Schicksal. Diese Prozesse waren Auslöser der zwanzig Jahre dauernden blutigen Hussitenkriege. Die dritte Aufgabe, eine grundlegende Reform der Kirche, wurde zwar angegangen; es wurde jedoch viel diskutiert, wenig beschlossen und noch weniger umgesetzt. Nach der Rückkehr des Königs und der Absetzung des verbliebenen Papstes Benedikt XIII. wurde lange darüber gestritten, wer denn nun eigentlich den nächsten Papst wählen sollte. Den Kardinälen wollte man diese Aufgabe nicht allein überlassen, hielt man sie doch für die Hauptverantwortlichen des abendländischen Schismas. So wurde letztlich beschlossen, dass Delegierte aller fünf „Nationen“, Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und England, zusammen mit den Kardinälen den neuen Papst küren sollten. Der Begriff „Nation“ ist übrigens nicht mit dem heutigen zu vergleichen, gehörten doch zur deutschen Nation u. a. Polen, Dänemark und der Deutsche Orden. Als Ort für das bevorstehende Konklave wurde das große Kaufhaus (das heutige “Konzil“) am See gewählt, da es einerseits genügend Platz für die 53 Papstwähler einschließlich ihrer Diener bot, andererseits auch gut abzuschotten war, so dass niemand das Konklave beeinflussen konnte. Das Gebäude war damals auf drei Seiten von Wasser umgeben, und Bogenschützen wachten darüber, dass keine Unbefugten sich auf Rufreichweite nähern konnten. Nach nur drei Tagen, am 11.11.1417, fiel die Wahl auf den italienischen Kardinal Oddone Colonna, der den Namen des Tagesheiligen Martin annahm (Martin V.). Da Colonna kein Priester war, musste er vor seiner Krönung noch schnell zum Diakon, danach zum Priester und schließlich zum Bischof geweiht werden. Mit diesem Papst hatte die katholische Christenheit wieder ein von allen Mächten anerkanntes Oberhaupt. Eine grundlegende Reform der Kirche wurde aber auch unter dem neuen Papst nicht durchgeführt. So ging im April des Jahres 1418 das größte Ereignis der Konstanzer Stadtgeschichte zu Ende. Die Stadt hatte gut verdient, mehr Einfluss im benachbarten Thurgau erhalten, man durfte fortan mit rotem Wachs siegeln und als Zeichen für die neu hinzu gewonnene Blutgerichtsbarkeit im heutigen Petershausen einen roten Streifen dem eigenen Wappen hinzufügen. Die Bewohner hatten viel gesehen, sogar “Mohren“ gab es laut dem Konzilschronisten Ulrich Richental zu bestaunen. Nur auf den hohen Schulden des Königs Sigismund blieb man sitzen. Man sieht: Auch Könige können Zechpreller sein. Richentalchronik: Szenen zum Konstanzer Konzil; Quelle: Rosgartenmuseum Konstanz Versammlung des Konzils im Münster (oben); Verkündigung der Wahl des neuen Papstes (unten)

Oswald von Wolkenstein O wonnigliches Paradies, zu Costentz hab ich gfunden dich! Diese Sätze schrieb der berühmte Tiroler Dichter Oswald von Wolkenstein (um 1377–1445), der im Frühjahr 1415 auf dem Konstanzer Konzil weilte. Er kam im Gefolge Herzog Friedrichs IV. von Tirol in die Reichsstadt am Bodensee. In der Folge wurde er in die Dienste König Sigismunds aufgenommen und begleitete ihn auf seiner Reise nach Spanien. Zahlreiche Gedichte mit Bezug auf Konstanz entstanden in dieser Zeit. Sie schildern in z. T. drastischer Sprache den Alltag auf dem Konzil. 1430 findet man Oswald wieder in Konstanz. Dass er kein Kind von Traurigkeit war, zeigt folgender Gedichtausschnitt: Viel zarte, engelhafte Weib, durchleuchtend schön, mit lichtem Glanz, besessen haben meinen Leib, dort in der Katzen bei dem Tanz, die ich ja nicht vergessen will; das macht ihr liebliche Gestalt. Mit Ehren lustig Freudenspiel Findt man zu Costentz mannigfalt.

Henry Gerlach

Konstanz | Bodensee Magazin Spezial 19


W O gibt es W A S ? AUSKUNFT

Foto: BSB

Tourist-Information Konstanz Bahnhofplatz 43 / Bahnhof D-78462 Konstanz am Bodensee Tel. +49 (0) 7531 / 1330-30 info@konstanz-tourismus.de www.konstanz-tourismus.de

FÜHRUNGEN/ ÖFFNUNGSZEITEN Stadtführungen In Konstanz finden sich noch heute Zeugen aus weit über 2.000 Jahren Zeitgeschichte. Es gibt thematische Führungen zu historischen Konstanzer Orten und Persönlichkeiten. Alle Stadtführungen sind im Prospekt “Verborgene Schätze” (erhältlich bei der Tourist-Info) oder aktuell www.konstanz-tourismus.de/ themen/stadtfuehrungen.html Tel. Auskunft Info Center April–September Mo–Fr von 9.00–18.00 Uhr Tel. +49 (0) 7531 13 30-30 Oktober von 9.00–17.00 Uhr November–März Mo-Fr von 9.00–12.30 Uhr und von 13.30–17.00 Uhr. Öffnungszeiten Counter von April–Oktober Mo–Fr von 9.00–18.30 Uhr, Sa. von 9.00–16.00 Uhr So. von 10.00–13.00 Uhr. Von November–März Mo–Fr von 9.30–18.00. Mobilitätsberatung Mobilitätszentrale im Bahnhof Tel. +49 (0) 7531 13 30-32 Öffnungszeiten Münsterturm April–Oktober Mo–Sa 10.00–17.30 Uhr, So 12.30–18.00 Uhr.

600 Jahre Konstanzer Konzil Konzilstadt Konstanz Marktstätte 1 D-78462 Konstanz Tel. +49 (0) 7531 / 363 270 info@stadt.konstanz.de www.facebook.com/konzilstadt www.konstanzer-konzil.de

ZUM THEMA 600 Jahre Konstanzer Konzil 2014–2018 erinnert Konstanz an das Konstanzer Konzil 1414–1418 durch vielfältige Ausstellungen und Veranstaltungen. Überschrieben mit “Europa zu Gast“ beschäftigen sich die Feierlichkeiten in den Jubiläumsjahren mit faszinierenden Persön-lichkeiten und greifen spannende Thematiken des Kongresses auf: Die fünf Jahre werden symbolisiert durch fünf Köpfe des Konzils, die für fünf heute und damals aktuelle Themen stehen. 2014: König Sigismund – Jahr der europäischen Begegnung Das Eröffnungsjahr ist König Sigismund gewidmet, dem selbsternannten Schirmherrn des Konzils. Das „Jahr der europäischen Begegnungen” möchte an die Vielfalt der Gäste des Konstanzer Konzils erinnern und aus Konstanz erneut einen Ort des europäischen Austausches machen. Das Land Baden-Württemberg eröffnet mit einer großen Landesausstellung zum Konstanzer Konzil das 600-jährige Jubiläum. Konzilfestspiele und europäische Begegnungen sowie ein Einblick in den Konstanzer Alltag um 1414 laden zu einer lebendigen Auseinandersetzung mit der Geschichte ein. Mit Gottesdiensten erinnern die Kirchen an die Eröffnung und die erste Sitzung des Konstanzer Konzils. 2015: Jan Hus – Jahr der Gerechtigkeit Das „Jahr der Gerechtigkeit” würdigt den tschechischen Theologen und

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Reformer Jan Hus. Hus, der nach Konstanz gereist war, um seine Lehren zu verteidigen, wurde am 6. Juli 1415 verurteilt und verbrannt. Ein Jahr später ereilte seinen Gefährten Hieronymus von Prag dasselbe Schicksal. Internationale und ökumenische Gedenkveranstaltungen sollen an die beiden beständigen Männer erinnern und zur Auseinandersetzung mit Themen wie Toleranz, Umgang mit Andersgläubigen sowie Werten und ihrem Wandel anregen. 2016: Imperia – Lebendiges Mittelalter 2016 ist dem „lebendigen Mittelalter” gewidmet und das einzige Jahr, in dem mit der schönen Imperia eine literarische Persönlichkeit in den Fokus rückt. Die Angebote greifen Themen aus dem mittelalterlichen Alltag auf, sie sind erlebnisorientiert und bieten nicht nur Kindern und Jugendlichen einen lebendigen Zugang zum Konstanzer Konzil. 2017: Papst Martin V. – Jahr der Religionen 1417 wurde mit Martin V. in Konstanz ein neuer Papst gewählt. Er steht für das „Jahr der Religionen” 2017, in dem sich auch die Reformation zum 500. Mal jährt. Anlass, den interreligiösen Dialog innerhalb Europas zu suchen und in der Bodenseeregion zu intensivieren. Zudem planen die Konstanzer Bürger ein großes Fest und wollen damit an die Rechte, die der Stadt anlässlich des Konzils verliehen wurden, erinnern.

2018: Oswald von Wolkenstein – Jahr der Kultur 2018 schließt das „Jahr der Kultur” das Jubiläum ab. Gewidmet ist es Oswald von Wolkenstein, dem Ritter und Minnesänger, der viel durch die Lande zog und an verschiedenen europäischen Höfen sang. So ist auch der europäische Kulturaustausch das zentrale Thema dieses Jahres sowie das Spannungsfeld zwischen christlicher und weltlicher Literatur. Touren und Termine Die Entdeckungen in der historischen, denkmalgeschützten und original erhaltenen Altstadt von Konstanz sind in dem in vielen Sprachen aufgelegten Prospekt der Tourist-Information Konstanz „Rundgang mit Sehenswürdigkeiten” übersichtlich dargestellt. Daneben führt die Reihe “Konstanz schreibt Geschichte(n)” und die “Kinderralley” der Konzilstadt gezielt an Orte in der Konstanzer Altstadt. Eine Route in die Nachbarorte bietet die während des Konstanzer Konzils stattgefundene Flucht des später abgesetzten und heute als Gegenpapst gezählten Papstes Johannes XXIII. aus Konstanz Richtung Westen. Die Flucht des Papstes fand in der Nacht vom 20. auf den 21. März statt. Sie begann am Kreuzlinger Tor in Konstanz und führte den Papst zunächst nach Steckborn. Der Ritt ging vorbei an Schloss Gottlieben. Eine weitere Station auf der Flucht war Ermatingen, das mit


wowas & K u l tur der Groppenfasnacht sogar eine Tradition bezogen auf dieses Ereignis etabliert hat. Wahrscheinlich bestieg der Papst dann in Steckborn ein Schiff. Der weitere Weg führte über Stein am Rhein, Diessenhofen weiter nach Schaffhausen. Dort hielt er sich in der Burg seines „Fluchthelfers” Friedrich von Österreich einige Zeit auf. Hier empfing er auch Delegationen aus Konstanz. Der weitere Fluchtverlauf des Papstes ging über Laufenburg bis Freiburg und Breisach. Nach seiner Inhaftierung wurde Johannes nach Radolfzell zurückgebracht und dort dann an die Delegierten des Konzils übergeben. Vorläufige Endstation der Flucht und Rückführung des Papstes nach Konstanz war das damals dem Bischof von Konstanz gehörende Schloss Gottlieben, wo Johannes eingekerkert wurde und sogar zwei Nächte Wand an Wand mit dem später auf dem Konzil verbrannten Prager Reformator Jan Hus verbrachte. Jährlich am 6. Juli findet das Gedenken an den Todestag von Jan Hus 1415 am Denkmal “Hussenstein” im Stadtteil Konstanz-Paradies statt. Daneben die Konstanzer Münsterkonzerte der Münstermusik und die Nacht der offenen Kirchen. Jährlich feiert Konstanz als wichtiges Kirchenfest die Konradi-Woche im November in den Konstanzer Kirchen, die an den im 10. Jahrhundert bedeutenden Konstanzer Bischof Konrad erinnert.

Kunst- und Kulturliebhaber finden in Konstanz ein Angebot, das sich sehen lässt: Im ältesten durchgehend bespielten Theater Deutschlands präsentiert das stadteigene Ensemble eine große Bandbreite von Inszenierungen, darunter Klassiker aller Jahrhunderte, Zeitgenössisches und fantasievolle Aufführungen für Kinder und Jugendliche. Sogar mit einem eigenen Philharmonischen Orchester wartet Konstanz auf: Die Südwestdeutsche Philharmonie ist weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt. Nicht nur bei Regenwetter machen Konstanzer Museen Lust auf einen Besuch: Allein das “Rosgartenmuseum”, das in zwei mittelalterlichen Zunfthäusern untergebracht ist, ist sehenswert. Hier erhält man auch anhand eines eindrucksvollen mittelalterlichen Stadtmodells Einblick in die Geschichte der Stadt und der Region. Besonders originell ist das „Museum im Museum”: die denkmalgeschützte Präsentation vor- und frühgeschichtlicher Funde aus der Gründungszeit des Museums im 19. Jahrhundert. Zeitgemäß präsentieren sich ebenfalls das Archäologische Landesmuseum mit dem „ältesten Schiff” aus dem Bodensee und das Naturmuseum Konstanz beim Sea Life Centre am Hafen, wo der Lebensraum Bodensee unter die Lupe genommen wird.

DER BESONDERE TIPP

Die Niederburg Nördlich des Münsters beginnt der Stadtteil “Niederburg“, in den sich eher selten Touristen verlaufen. Der Name kommt daher, dass man sich hier unterhalb der ehemaligen Residenz des Bischofs zum Rhein hin befindet. Selbst wenn Teile der Altstadt überlaufen sind, kann man in der Niederburg einsame Gassen entdecken und sich in einer längst vergangenen Zeit wähnen. Die Niederburg gilt als ältester Konstanzer Stadtteil. Auch wenn ein Teil der Gebäude bei einem Stadtbrand 1355 zerstört wurde, finden sich hier immer noch zahlreiche Häuser aus dem späten Mittelalter. Bewohnt wurde dieses Stadtviertel früher von Handwerkern, Fischern und kleinen Kaufleuten, unter denen auch Hörige des Bischofs waren. Doch auch eine Reihe von stattlichen Häusern, die früher wohlhabenden Domherren gehörten, befindet sich in der Niederburg. Mit dem Kloster Zoffingen birgt der Stadtteil das einzige noch existierende Kloster der ehemaligen Bischofsstadt. Auch die Spitalkellerei mit Lager- und Verkaufsräumen befindet sich in der Niederburg. Zahlreiche kleine Geschäfte, Restaurants und Weinstuben lohnen Erkundungstouren in diesem romantischen Konstanzer Stadtteil.

Konstanz | Bodensee Magazin Spezial 21


5.–10. Jh. Frühes Mittelalter 719 eigentliche Gründung des Benediktinerklosters St. Gallen durch Otmar

Um 600 erste Kirche St. Stephan, Konstanz

Ca. 480-547 Benedikt von Nursia

Um 600 Gründung Bistum Konstanz

612 Gallus gründet eine Einsiedlerzelle

400

500

724 Gründung des Klosters Reichenau durch den Wanderbischof Pirmin und Bau der ersten Klosterkirche 799 Weihe des ursprünglichen Baus der Kirche St. Peter (und Paul), ReichenauNiederzell

600

700

11.–13. Jh. Hochmittelalter 11.–13. Jh. Romanik

12.–16. Jh. Gotik

1049 Gründung des Benediktiner-

klosters zu Allerheiligen in Schaffhausen

1056 Gründung des Benediktinerklosters Weingarten

Anfang des 12. Jh. Neubau St. Peter und Paul, Reichenau-Niederzell

1084 Gründung Kartäuserorden mit Kloster "La Grand Chartreuse" in Grenoble

1134 Gründung des Zisterzienserklosters Salem

1089 Weihe des Konstanzer Münsters Ca. 1090-1153 Bernhard von Clairvaux, wichtigster Vertreter des Zisterzienserordens

1093 Gründung der Benediktiner-

klöster Wiblingen und Ochsenhausen

1000

1152 Bestätigung der Gründung des Klosters Ittingen durch Papst Eugen III. (ursprünglich Augustinerchorherren-Stift) Ca. 1181-1226 Franz von Assisi, Gründer des Franziskanerordens

1183 Gründung des Prämonstratenserklosters

Schussenried

1236 Gründung des Dominikanerklosters in Konstanz (heutiges Inselhotel)

1100

1200 1760–1830

NeuzeiT 1600–1770 Barock 1720–1770 Rokoko 1746-1749 Bau der Wallfahrtskirche 1704-1708 Bau der

Idda-Kapelle des Klosters Fischingen

1758-1767 Bau des barocken Bibliotheksaals im Kloster St. Gallen

1714-1783 Barocker

1755-1766 Bau der barocken Kloster-

1715-1724 Bau der

1763-1767 Barockisierung der

Neubau der Gesamtanlage des Kloster Wiblingen

1618-1648 Dreißigjähriger Krieg

1600 92 Bodensee Magazin Spezial | Chronologie

Birnau (Kloster Salem)

Basilika Weingarten

kirche, heutige Kathedrale des Bistums St. Gallen Klosterkirche Ittingen

1700

1789 Französische Revolution

K


Chronologie

Chronologie 962 Kaiserkrönung Otto I. in Rom, die als Gründungsdatum des seit dem Spätmittelalter sogenannten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gilt

816 Weihe der Klosterkirche St. Maria (Ursprung des heutigen Münsters), Reichenau-Mittelzell

Um 970 Gründung des Benediktinerkonvents St. Georgen auf dem Hohentwiel, Umsiedlung nach Stein am Rhein 1007

896 Weihe von St. Georg, ReichenauOberzell

983 Gründung des Benediktinerklosters Petershausen durch den heiligen Bischof Gebhard von Konstanz

Ende 9. Jh. Bau der Krypta des

Konstanzer Münsters

800

900 14.–15. Jh. Spätmittelalter 15.–16. Jh. Renaissance

Neuzeit

1414–1418 Konstanzer Konzil 1415 Reformator Jan Hus (ca.1369-1415) wird als Ketzer verbrannt

1524 Ittinger Sturm - Bildersturm und Klosterbrand in der Reformationszeit

1417 Oddo Colonna wird im Kaufhaus in Konstanz zum Papst gewählt (Martin V.)

1483-1546 Martin Luther

1461 Kartäuserorden erwirbt

1492 Beginn der Neuzeit mit der Entdeckung Amerikas

Kloster Ittingen

1300

1540 Inkorporation des Klosters Reichenau in das Hochstift des Bistums Konstanz

1400

1500

Klassizismus 1803 Reichsdeputationshauptschluss: weltliche Fürsten werden für Verluste während der napoleonischen Kriege entschädigt. Säkularisation: Aufhebung kirchlicher Institutionen und die Verstaatlichung ihres Besitzes sowie die Einverleibung der geistlichen Fürstentümer und Herrschaften des Heiligen Römischen Reiches durch größere Territorialstaaten.

1848 Gründung des schweize-

rischen Bundesstaates, es folgte die Aufhebung der Klöster

1922 Neugründung des Benediktinerklosters Weingarten (bis 2010)

1821 Auflösung des Bistums Konstanz

1892 die Barmherzigen Schwes-

1977 Wiedererrichtung des Klosters Fischingen

und Gründung des Erzbistums Freiburg

1827 Einsetzung des ersten Erzbischofs

von Freiburg

tern vom Heiligen Kreuz erwerben die ehemalige Sommerresidenz der Konstanzer Fürstbischöfe in Hegne und nutzen es als Kloster

1800

1977-1983 Gründung der

2004 Gründung der

1900

2000

privatrechtlichen Stiftung Kartause Ittingen

Cella St. Benedikt auf der Reichenau

Chronologie | Bodensee Magazin Spezial 93


ROTTWEIL

Wehingen

K H

Stetten am kalten Markt

H k

Aldingen

SIGMARINGEN

TROSSINGEN SPAICHINGEN 14

32

313

311

MENGEN

81

311

„Karolingische Klosterstadt Meßkirch“

523

TUTTLINGEN

MESSKIRCH

311

Ostrac 313

Kloster Wald

PFULLENDORF

311 33

31

DEUTSC Engen

Stockach

31 98

314

Heiligenberg

81

Sipplingen

33

SINGEN

Sylvesterkapelle Goldbach

314

GOTTMADINGEN

15

34

Kloster Allerheiligen Schaffhausen

Kloster St. Katharinental

SCHAFFHAUSEN

31n

31

34

81

ÜBERLINGEN

RADOLFZELL

Wallfahrtskirche REICHENAU Kloster St. Genesius Kloster St. Georgen 13 Kloster Feldbach Klosterkirche Öhningen Steckborn Triboltinger Wagenhausen Nikolauskapelle Stein am Rhein Klosterinsel Werd

4

Thur

Kartause Ittingen

MARKDO

MEERSBURG Stetten Hagnau

KONSTANZ

31

Immenstaa

Kirchen-, Klöster-, Konzilstadt KREUZLINGEN

B

16

Wallfahrtskirche Klingenzell

31

Mainau Deutschordensschloss

Diessenhofen 14

Wallfahrtskirche Birnau

UhldingenMühlhofen

Kloster Hegne

UNESCO Weltkulturerbe

Deggenha

Salem

Franziskanerkloster Überlingen Birnau

Münster und Kloster Radolfzell Kloster Kloster Adelheiden Grünenberg Klosterinsel Reichenau 33

Zisterzienserkloster Salem

O

7

D

1

13

WEINFELDEN 7

FRAUENFELD

ROMA 16

7

SCHWEIZ

7 1

14

WINTERTHUR

Stiftskirche St. Pelagius

Amriswil

Bischofszell

1

WIL 1 Kloster Königsfelden Kloster Wettingen

WALLISTELLEN

FISCHINGEN

Kloster Fischingen

ST.GALLEN

Stift

UNE


Kloster Obermarchtal

Riedlingen

Kloster Wiblingen

Kloster Heiligkreuztal

Kloster Heggbach

Heiligkreuztal

Gutenzell-Hürbel Klosterkirche Gutenzell

BIBERACH 312

32

Kloster Ochsenhausen

Bad Buchau

311

MENGEN

OCHSENHAUSEN 7

Wallfahrtskirche Steinhausen

Steinhausen

BAD SAULGAU

32

Rot an der Rot

30 Kloster Schussenried

Bad Schussenried

MEMMINGEN Ostrach

Kloster Ottobeuren

Altshausen

F

EUTSCHLAND

465

BAD WALDSEE

Deutschordensschloss 32

30

Leutkirch

rg

Kloster Baindt WEINGARTEN Deggenhausertal

Basilika und Kloster Weingarten

Kloster Weißenau

Kißlegg

RAVENSBURG

30 32

MARKDORF 33 Meckenbeuren

WANGEN

467

u

30

Immenstaad

EN

FRIEDRICHSHAFEN

96

Deutschordensschloss Eriskirch Achberg 31

D

12

LINDENBERG

Langenargen

E

308

31

Kressbronn

ROMANSHORN

LINDAU

N

S

Kanonissenstift Lindau

E

E

Arbon 11

32

Neukirch

TETTNANG

BREGENZ Kloster Mehrerau

RORSCHACH 1

Stiftsbezirk St. Gallen UNESCO Weltkulturerbe

ÖSTERREICH

202

Benediktinerkloster Mariaberg

A14 13

Kirche St. Gallus

200

DORNBIRN

Isny im Algäu


Glossar Abt lat. abbas=Vater; Vorsteher eines Klosters Abtei lat. abbatia; Kloster, dem ein Abt oder eine Äbtissin vorsteht Apsis Chorabschluss, halbkreisförmig oder polygon Arkaden von Pfeilern oder Säulen getragene Bögen, bezeichnet auch Bogengänge Askese Streng enthaltsame und entsagende Lebensweise Augustinereremiten Mönchsorden, gehört zu den Bettelorden, der sich nach der

zugänglicher Teil eines Klosters (von lat. claustrum, clausura; davon dt. Kloster)

Augustinerchorherren Männerorden, dessen Regel sich auf den hl. Augustinus

Konklave Versammlung der Kardinäle zur Papstwahl Konvent Mitgliedergemeinschaft eines Klosters; baulich: Wohnbereich in

Regel des hl. Augustinus richtet bezieht, s. auch Chorherren

Basilika besondere Bauform einer Kirche (unabhängig von der Funktion, Größe oder

Bedeutung); drei- oder fünfschiffiger (Kirchen-)Bau mit breiterem und überhöhten Mittelschiff, der Obergaden mit Fenstern sorgt für Licht

Benediktiner Mönche des Ordens, der sich auf den hl. Benedikt von Nursia und seine Ordensregel beruft; kontemplativ ausgerichtet Bettelorden Dominikaner, Franziskaner, Karmeliten, Augustiner-Eremiten; Orden mit besonderer Armutsverpflichtung; stehen als Reformorden im Gegensatz zu kontem plativen Orden; im Mittelalter besonders in den Städten angesiedelt, daher im sozia len Bereich und in der Seelsorge aktiv; Verdienste auch im wissenschaftlichen Bereich Bischof griech. episkopos=Aufseher, Hüter, Schützer; geistlicher Würdenträger der

christlichen Kirche mit geistlicher und administrativer Leitung eines bestimmten Gebietes

Brevarium lat. brevis=kurz; auch Brevier, kurzes Verzeichnis aller Teile des Stundengebets

Bruderschaft Vereinbarung geistlicher Gemeinschaften, über den Tod hinaus durch Gebete und Messopfer einander zu helfen Cella lat. cella=kleiner Raum; Mönchszelle, Klosterzelle; nach Aufgabe des Dormito riums (gemeinsamer Schlafraum der Mönche) privater Schlaf- und Wohnraum eines Mönchs Chor abgetrennter, dem Klerus vorbehaltener Kirchenraum, meist durch Lettner oder

Schranke abgetrennt

Chorherren auch: Kanoniker, Mitglieder einer Stiftskirche, eines Stift- oder Domka-

pitels, die nach einer Ordensregel leben und liturgische Aufgaben an ihrer Stifts kirche erfüllen (z. B. gemeinsames Chorgebet, Messfeiern)

Cluniazenser Reformorden, 910 gegründet, der aus dem Benediktinerorden hervor- ging, benannt nach dem Mutterkloster Cluny im Burgund Dom lat. domus=Haus; Kirchengebäude, eigentlich Bezeichnung für Bischofskirche; aber auch eine große Kirche kann als Dom bezeichnet werden, s. auch Kathedrale

Dritter Orden christliche Laiengemeinschaft, die sich an den Idealen eines Männer oder Frauenordens ausrichtet Epitaph griech. taphos=Grab; Gedenktafel mit Inschriften für einen Verstorbenen,

angebracht an Säulen oder Kirchenwänden

Eremiten griech. eremos = allein, unbewohnt; Mönche, die als Einsiedler leben wollen; ursprüngliche/früheste Formen des Mönchtums; Mönche streben nach Askese in der Abgeschiedenheit (Gegensatz zu koinobitischer Lebensweise von Mönchen) Fresko Wandmalerei, die auf den feuchten Putz aufgetragen wird Grangien Wirtschaftshöfe, Gutshöfe des Klosters, besonders der Zisterzienserklöster Illumination Gesamtheit des malerischen Buchschmucks, teilweise durch Vergol-

dungen ergänzt

Inkunabeln Wiegendruck, sehr frühe, mit beweglichen Lettern gedruckte Schriften seit Erfindung des gutenbergschen Druckverfahrens

Jesuiten Ordensgemeinschaft "Gesellschaft Jesu", gegründet von Ignatius von Loyola

1534 in der Zeit der Gegenreformation; die Ordensmitglieder sind weder zu einer besonderen Ordenstracht noch zu einem gemeinschaftlichen Leben in einem Kloster verpflichtet; Lebensgemeinschaft in Kommunitäten; früher in der Mission, heute vor allem in Bildungseinrichtungen und in der Wissenschaft tätig

Kathedrale Kathedra=Sitz, Stuhl; Kirche, die zu einem Bischofssitz gehört Kenotaph eigentlich "leeres Grab", Scheingrab, Grabdenkmal Klause/Klausur Kloster; abgeschiedener Wohnort eines Mönchs, für Laien nicht Koinobiten gr. Koinobion= Zusammenleben; mönchische Lebensform, bei der sich die Mönche zu einer Wohn- und Lebensgemeinschaft zusammenfinden, im Gegensatz zum Eremitentum

einem Kloster

Konzil lat. concilium=Versammlung; Zusammenkunft, beratende Versammlung; bei den christlichen Kirchen Zusammenkunft von Klerikern

kontemplativer Orden Mönchsgemeinschaft, die in Abkehr von weltlichen Dingen

in der Abgeschiedenheit in einem Kloster lebt (vita contemplativa) und durch Askese und Gebet (positiv) auf die Welt einwirkt; im Gegensatz zu Orden, die nach dem Ideal tätiger Nächstenliebe soziale Arbeit leisten (viat activa), s. auch Bettelorden

Kreuzgang Teil eines Klosters/Konventsgebäudes; offene oder (durch Fenster) geschlossene Gänge, die einen rechteckigen Innenhof umschließen Krypta unterirdischer Bereich einer Kirche, dient oft als Grablege und/oder für besondere liturgische Zwecke, z. B. als Aufbewahrungsort von Reliquien Laienbrüder Mitglieder einer Ordensgemeinschaft ohne Priesterweihe Liturgie gottesdienstliche Handlungen Missale Messbuch mit Gebeten, Lesungen und Gesängen für die Messfeier Mitra Hohe Bischofsmütze Münster lat. monasterium=Kloster; Mönchskirche, Bezeichnung wird auch für (größere) Kirchen ohne Kloster verwendet

Orden Gemeinschaft, die sich an bestimmte Ideale oder Regeln ausrichtet; religiöse Vereinigung, die nach bestimmten Regeln lebt Paramente im Kirchenraum und Liturgie verwendete Textilien Patrozinium Fest des Kirchenpatrons Pilaster einer Wand vorgelagerter Pfeiler (nicht freistehend) Prälat Würdenträger (z. B. Abt, Bischof) innerhalb der katholischen Kirche mit leitender

Funktion, Ehrentitel für Inhaber eines höheren Amtes

Prämonstratenser im 12. Jh. gegründeter Orden, der das kontemplative Leben im Kloster mit Seelsorge und sozialem Engagement verbindet; lebt nach der Augustinerregel Priorat von einer Abtei abhängiges und einem Prior geleitetes Kloster, bzw. dem Prior zugeordneter Bereich im Kloster

Probst lat. propostus=Vorgesetzter; Vorsteher einer Chorherrengemeinschaft Prokurator Vermögensverwalter eines Klosters Refektorium Speisesaal der Mönche Reformation kirchliche Erneuerungsbewegung zwischen 1517 und 1648, die zur

Spaltung des westlichen Christentums in verschiedene Konfessionen (katholisch, lutherisch, reformiert) führte

Reliquie lat. reliquiae=Zurückgelassenes, Überrest; körperliche Überreste eines Heiligen oder Dinge, die mit dem Heiligen in Berührung waren Retabel gemalte Tafel oder Schrein mit Schnitzfiguren hinter dem Altar Rotunde Baukörper mit kreisförmigem Grundriss Säkularisation Aufhebung kirchlicher Institutionen und die Verstaatlichung ihres

Besitzes sowie die Einverleibung der geistlichen Fürstentümer und Herrschaften des Heiligen Römischen Reiches durch größere Territorialstaaten während des Napoleo nischen Zeitalters

Kanoniker s. Chorherren; Weltgeistliche, die Gottesdienst in einem Dom oder Münster besorgen

Schirmvögte König oder Adliger, der ein lehensherrschaftsähnliches Recht an einem Kirchengut (sog. Vogtei) hatte

Kardinal Vom Papst verliehener religiöser Titel, der zur Papstwahl verpflichtet Karmeliter, Karmeliten ursprünglich von Kreuzfahrern und Pilgern im Karmel-

Spolien lat. spoliare=rauben, plündern; Bauteil oder Fragment eines Gebäudes, das in einem anderen Kontext benutzt/in einem anderen Gebäude verbaut wird

gebirge gegründeter Orden, der sich an der Lebensweise der Eremiten ausrichtete; in Europa schließlich zu den Bettelorden gehörend; Aufspaltung in Beschuhte und Unbeschuhte Karmeliten; bedeutendste Vertreterin: Teresa von Avila

Kartause, auch Karthause Kloster des Kartäuserordens; besondere architekto-

nische Form: die einzelnen Wohnhäuschen der Mönche gruppieren sich um den Großen Kreuzgang; so wird eine weitgehend eremitische Lebensweise im Kloster ermöglicht

Kartäuser Mönche eines im 11. Jh. gegründeten Ordens, der die Lebensweise eines Einsiedlers mit der in einer Klostergemeinschaft zu verbinden versucht; benannt nach Gründungskloster La Chartreuse; s. auch Koinobiten und Eremiten

96 Bodensee Magazin Spezial | Glossar

Stift eine mit einer Stiftung (meist Grundbesitz) ausgestattete Körperschaft im Bereich der Kirche

Stundengebet regelmäßige Gebete zur Tages- und Nachtzeit Wallfahrt Reise zu einer heiligen Stätte Zehnt Steuern weltlicher oder geistlicher Grundherrschaft Zisterzienser Reformorden, der sich im 11. Jh. von den Benediktinern abspaltete;

Intention zur Ordensgründung war die strengere Auslegung der Ordensregeln des Benedikt von Nursia; benannt nach Ursprungskloster Citaux im Burgund; kon templativ ausgerichtet


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Weingut Markgraf von Baden

DEM ERBE UND DER NATUR VERPFLICHTET Unsere Vorfahren haben ihr Land wie eine Gabe empfangen. Seit 900 Jahren nennen wir uns Markgrafen von Baden. Eine solche Gabe braucht einen Geist, um ihren Wert zu behüten und zu kultivieren. Dieser Geist hat bei uns einen Namen: Fidelitas – Treue, Verlässlichkeit. Fidelitas prägt unseren Umgang mit dem anvertrauten Land, seinen Ressourcen, seiner Kultur und Eigenart: Fidelitas ist das Motto unserer Familie. Erstklassige Weinqualität ist für uns ständiger Ansporn und Herausforderung. Das Weingut Markgraf von Baden ist Mitglied im VDP – eine besondere Anerkennung unserer Weinkultur.

Das Konziljubiläum ...

... heißt Europa willkommen! 2014 bis 2018 ist Europa zu Gast in Konstanz: Festspiele auf dem Münsterplatz, inszenierte Stadtführungen und grenzüberschreitende Themenwege, Bürgerfeste und Musik aus sechs Jahrhunderten laden dazu ein, europäische Geschichte neu zu entdecken. Aktuelle Diskussionen, künstlerische Experimente und spannende Begegnungen machen aus Konstanz 600 Jahre später erneut eine Stadt der Impulse und Ideen. Institutionen aus Konstanz, der Bodenseeregion, Deutschland und Europa bereiten das Jubiläum gemeinsam vor: Kultur, Wissenschaft, Bildung, Kirchen und Tourismus arbeiten eng zusammen und ermöglichen unterschiedliche Blickwinkel auf das historische Ereignis und seine heutige Bedeutung. Aktuelle Termine für Stadtführungen rund um das Konstanzer Konzil finden Sie bei der Tourist-Information Konstanz unter www.konstanz-tourismus.de

Mehr Informationen zum Jubiläum finden Sie hier: Konzilstadt Konstanz . Eigenbetrieb der Stadt Konstanz . Marktstätte 1 . D-78462 Konstanz . Telefon +49 (0)7531 363-27 0 info@konstanzer-konzil.de . www.facebook.com/konzilstadt . www.konstanzer-konzil.de

Weinverkauf Schloss Salem, 88682 Salem, Telefon +49 (0) 7553 81-284 Weinverkauf Birnauer Oberhof, 88690 Uhldingen-Mühlhofen, Telefon +49 (0) 7556 6002 www.markgraf-von-baden.de


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SPEZIAL MAGAZIN

BODENSEE MAGAZIN

SPEZIAL

Kirchen, Klöster & Konzil

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KONZ I L STADT

Konstanz

K LOSTE R I N S E L

Reichenau

Z I STE RZ I E N S E R K LOSTE R

Salem H I M M E LR E I CH D E S B A ROCK

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Kirchen, Klöster Konzil ST I F TSB E Z I R K

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Klosterroute Untersee Zisterzienser-Frauenklöster Kloster Fischingen Klosterprojekt Meßkirch D/A 5,– € CHF 6.–

Schaffhausen

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