chilli – das Freiburger Stadtmagazin

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Ausgabe Dezember/Januar 11. Jahrgang / #105

2,50 Euro

12/14/-01/15

Ausgabe

Was da wieder los ist: Termine & Partys 20.12.14 – 15.02.15

Eine KINOKomödie von Roy

Andersson

EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH Ab

1. Januar 2015 im Kino

Kritik nur am Finanzkonzept Wenig Gegenwehr gegen SC-Stadion am Wolfswinkel

POLITISCH

von Kirchbach bilanziert 2014

KÜNSTLERISCH Ösis auf der Kulturbörse

KRITISCH

L-Bank schickt Bürgerprojekte heim

mit T H em en H EF T X-Mas & Silvester


Titel xxx Genau dort soll die neue Arena landen: Zwischen der Landebahn und der neuen Verbindungsstraße zwischen Granada- und Madisonallee liegen gerade einmal 70 Meter. Kein Problem, sagt die Flugaufsicht. Zwischen Stadion und Elsässer Straße liegen die Erweiterungsflächen für die Universität und Forschungseinrichtungen. Beim Bau der Infrastruktur hat der viel zitierte Begriff „Synergien“ eindeutig seine Berechtigung. Im Prinzip können somit VIPS direkt ans Stadion fliegen.

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Titel bundesliga

Neues SC-Stadion: Kaum noch Zoff um 110 Millionen Euro

Neideck: Vertrauen zählt mehr als Kontrolle von Lars Bargmann

N

ein, auch Freiburgs Finanzbürgermeister Otto Neideck kennt die warum auch immer geheime wirtschaftliche Bilanz des SC Freiburg nicht. Und hat trotzdem kein Problem damit, dass sich das Rathaus bei der Finanzierung des neuen Stadions für den Bundesligisten verbürgen möchte – mit Steuergeld. „Ich habe überhaupt kein Misstrauen gegen einen Verein, der bereit ist, fürs Stadion 15 bis 20 Millionen Euro selber zu zahlen.“ Was nütze ihm eine Bilanz aus 2013 oder 2014. Es gehe um Vertrauen, „und das haben wir“. Am 1. Februar wird der Bürgerentscheid über den Stadionneubau klären, ob die Freiburger dieses Vertrauen auch haben. Die Kritiker gegen den Standort Wolfswinkel als neue Heimat für den Bundesligisten SC Freiburg spielen in Unterzahl gegen die Kritiker am Finanzierungskonzept für die – je nach Betrachtungsweise – 110 bis 135 Millionen Euro teure Arena am Freiburger Flugplatz. Zumindest in der kommunalen Politik. Auch beide zusammen aber sind deutlich unterlegen gegen die Befürworter von Standort und Investitionsarchitektur. Das war ein Ergebnis der zentralen Informationsveranstaltung Anfang Dezember an der Messe Freiburg. Wer dort ein volles Haus erwartet hatte, sah sich getäuscht: Die 400 Menschen, darunter rund 100 von den Pro/&Contra-Initiativen, von Stadtverwaltung und Sportclub selbst, hätten auch in eine Ringerhalle gepasst. Nur hätte das auch nicht recht gepasst, denn gerungen wurde wenig.

Visualisierung: © Luftbild Patrick Seeger, Darstellung HH

Oberbürgermeister Dieter Salomon hatte sich bei seiner Rede für ein neues SC-Stadion so sehr ins Zeug gelegt, dass er sich beim folgenden Auswärtsspiel in Paderborn einen Platz in der Stammformation von Christian Streich verdient hätte. „Der Sportclub ist erstklassig und dauerhaft nur konkurrenzfähig, wenn er ein neues, größeres Stadion bekommt. Wenn wir den SC nicht pleitegehen lassen wollen, dann müssen wir ihm jetzt helfen.“ Wozu die Stadt Freiburg, wozu er sich „in der Pflicht“ fühle.

Notfalls über Kredite finanzieren Denen, die das Stadion lieber außerhalb der Stadtgrenzen bauen würden, sagte der OB: „Ein SC Hintertupfingen macht überhaupt keinen Sinn, der SC muss ein Heimspiel für Freiburg bleiben.“ Beifall aus dem spärlich besetzten Rund. Der Wolfswinkel sei kurzfristig verfügbar, mit Bussen, Bahnen, Rädern und zu Fuß gut erreichbar und auch der „kostengünstigste“ Standort. Vereinzeltes Gelächter. Der Sportclub sei der siebtgrößte Gewerbesteuerzahler in Freiburg, er unterstütze Stadt und Region seit Jahren, „und jetzt müssen wir den SC zum ersten Mal richtig unterstützen.“

Finanzbürgermeister Otto Neideck erklärte hernach die Eckdaten der Finanzierung: Die Infrastruktur koste das Rathaus „netto“ 38 Millionen Euro. Gemeint hatte er saldiert, denn die Infrastruktur kostet voraussichtlich 47 Millionen Euro. Aber durch Zuschüsse und Einnahmen (1,6 Millionen Euro Erschließungsbeiträge, 4,9 Millionen durch Straßenbaumittel und 3 Millionen Euro für 1200 Stellplätze, die die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) finanzieren soll) bleiben dann rund 38 Millionen Euro übrig. Wie die ohnehin jedes Jahr von der Stadt bezuschusste FWTM die 3 Millionen Euro finanzieren will, blieb bislang offen. Über die Bewirtschaftung der Plätze soll das Geld wieder eingespielt werden. Der 38-Millionen-Brocken sei, so Salomon, zu stemmen, ohne dass andere Projekte gestrichen werden müssten. Neideck sagte in einem Nebensatz aber auch: „Wenn es gar nicht anders geht, müssen wir die Infrastruktur über Kredite finanzieren.“ Das Stadion selbst kostet netto 70 Millionen, brutto mithin 83,3 Millionen Euro. Weil die noch zu gründende Bauherrin, die SC Stadion Freiburg GmbH & Co. KG, vorsteuerabzugsberechtigt sein wird, egalisiert sich vermutlich die komplette Mehrwertsteuer für den Bau. Der SC schießt als stille Beteiligung mindestens 15 Millionen Euro in diese neue Objektgesellschaft (plus ab 2016 maximal 5 weitere für 5 Jahre erste Liga), die Staatsbrauerei Rothaus 12,78 Millionen, die sie dafür aber aus der Objektträgergesellschaft Messe Freiburg rausholt. Wie die Kapitaleinlagen verzinst werden, steht

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Titel Stadion

nicht in den öffentlichen Verlautbarungen. Die Rothaus-Einlage soll so verzinst werden als wäre es eine Staatsanleihe. Die Landesegierung hat elf Millionen Euro zugesagt, die Stadt schiebt zudem das Grundstück in die Stadion GmbH. Da aber dem Land noch ein Drittel der Fläche gehört, will Freiburg mit Stuttgart dieses Drittel mit einer Fläche tauschen, die direkt nebenan liegt und auf der dann die Uni erweitern könnte. Der Fremdkapitalbedarf liegt demnach zwischen 26 und 31 Millionen Euro, je nachdem, in welcher Liga der SC kickt. Die Refinanzierung läuft nahezu allein über den Verein, der in der ersten Liga 3,8 Millionen Euro Pacht zahlt, in der zweiten noch 2,5. Nur wenn der SC wieder drittklassig wird (die Älteren erinnern sich, das war zuletzt 1978), muss der Steuerzahler in die Bresche springen. Denn dieses Risiko will die – kommunale – Stadt mit einer Bürgschaft für den – privaten – Club absichern

– ohne dessen Bilanz zu kennen. Ob das ein Vorgang ist, für den sich die Aufsichtsbehörde interessiert, kann man im zuständigen Regierungspräsidium noch nicht sagen. „Solange wir nichts Schriftliches haben, können wir das nicht prüfen“, sagt RP-Sprecher Markus Adler. Neideck räumte gegenüber dem chilli ein, die Bilanz des Sportclubs nicht gesehen zu haben. Er habe aber überhaupt keinen Grund, an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Vereins zu zweifeln, der bis zu 20 Millionen Euro selber mitbringt. Wie Streich sich nicht in die Karten für seine Aufstellung, wollen sich der scheidende Schatzmeister Heinrich Breit und Geschäftsführer Oliver Leki nicht tief in ihre Bilanzen schauen lassen. Breit hatte allerdings bei der jüngsten Mitgliederversammlung für seine Verhältnisse relativ offen über ein Rekordergebnis in der Saison 2013/2014 berichtet: Der Umsatz stieg binnen Jahresfrist um 40 Prozent auf

70 Millionen Euro, der Jahresüberschuss verdoppelte sich im Vergleich zur Saison 2012/2013 auf 12,8 Millionen Euro. „Das ist ein sensationelles, vorher nie erreichtes Ergebnis“, so Breit. Die bärenstarken Zahlen sind dem Erreichen der Euro-League, Transfererlösen und gestiegenen Einnahmen aus der Bundesliga-Vermarktung zu verdanken. Vom Gewinn wandern fünf Millionen in die Rücklage fürs Stadion. Die gleiche Summe hatte Breit auch vor einem Jahr beiseitegelegt. Ein Insider berichtet dem chilli, dass Ratingagenturen dem SC ein triple A geben würden – das Zeichen für höchste Bonität. Der SC hat seit dem Aufstieg in die erste Liga (1993) 110 Millionen Euro Umsatzsteuer, 80 Millionen Lohn-, 18 Millionen Körperschafts- sowie 14 Millionen Gewerbe- und Grundsteuer bezahlt.Wenn Salomon fordert, dass die Stadt den SC „zum ersten Mal richtig unterstützen“ muss, sind das gute Argumente dafür.

Positionen der Fraktionen Zitate von der Infoveranstaltung an der Messe

Grünen-Fraktionschefin Maria Viethen: „Uns wäre ein Umbau an der Schwarzwaldstraße lieber gewesen, aber nachdem klar war, dass das nicht geht, sind wir für den Wolfswinkel, der ökologisch einigermaßen vertretbar ist. In Freiburg muss jeder Stadtteil, auch der Mooswald, Aufgaben tragen.“ CDU-Fraktionschef Wendelin von Kageneck: „Der SC muss in Freiburg bleiben. Für den Wolfswinkel sprechen die Erreichbarkeit und viele Synergien. Das ist nachhaltige Infrastrukturpolitik. “ Für das Pro-Lager in der SPD Julia Söhne: „Für den SC muss eine wirtschaftliche Basis her, und ein Neubau ist eine sinnvolle Investition in die Zukunft.“ Für das Contra-Lager der SPD Stefan Schillinger: „Wir sagen Nein, weil die 38 Millionen Euro für die Infrastruktur, die haben wir einfach nicht.“ Unabhängige-Listen-Fraktionschef Michael Moos: „Wir haben es uns

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nicht leicht gemacht. Die Frage ist, was uns der SC wert ist. Ein neues Stadion ist in der Gesamtentwicklung positiv, auch für den Freiburger Westen.“ Für die JPG Sergio Schmidt: „Der SC hat in den letzten vier Jahren 2,4 Millionen Euro Steuern direkt an die Stadt gezahlt. Es ist ein deutlich größeres finanzielles Risiko, kein neues Stadion zu bauen. Die Position ‚Ja, aber nicht in meinem Vorgarten’ gehört an den Stammtisch und nicht in die Politik.“ Für Lebenswertes Freiburg Gerlinde Schrempp: „Es ist schon erstaunlich, wie viele weiße Kaninchen der OB in den letzten Tagen aus dem Hut gezaubert hat. Noch haben wir über den Landeszuschuss keine Abstimmung im Landtag. Es fließen 103 Millionen Euro öffentliche Mittel ins Stadion und weitere, nicht kalkulierbare Risiken. Die fünf Millionen, die für die Beseitigung der Deponie stehen, widersprechen allen Realitäten.“

Freie-Wähler-Fraktionschef Johannes Gröger: „Frau Schrempp. Eine Rede, die auf falschen Tatsachen fußt, ist nichts wert. Das Stadion muss in Freiburg gebaut werden. Der Standort ist ein Glücksfall. Der SC bezahlt das Stadion selber. Wir können gar nicht mit Geld bewerten, was der SC weltweit an Werbung für Freiburg macht.“ Für die FDP Patrick Evers: „Das vorgelegte Finanzierungskonzept ist unzureichend. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 130 Millionen Euro. Wird hier seriös gerechnet? In einer Drucksache standen elf Millionen Euro vom Land. Wusste der OB nicht, dass es den entsprechenden Topf dafür gar nicht mehr gibt? Warum fordert Freiburg nicht mehr vom Land als das, was der KSC bekommt? Ist der Anteil des SC überhaupt ausreichend? Bedauerlicherweise hält der SC seine finanziellen Verhältnisse geheim. Die Stadt will hier eine Millionenbürgschaft für einen Verein geben und kennt nicht einmal dessen Bilanz. Das geht nicht.“



wirtschaft Karrieren

Ullrich wird Kammerpräsident

Der Freiburger Johannes Ullrich ist neuer Präsident der Handwerkskammer Freiburg und damit Nachfolger des aus Altersgründen ausscheidenden Paul Baier. Der 52-jährige Malerund Lackierermeister will sich vor allem für die Fachkräftesicherung, die Energiewende und faire Wettbewerbsbedingungen für Handwerksbetriebe einsetzen.

Schnell wie die Feuerwehr?

Der zweite Bauabschnitt bei der Sanierung der Freiburger Hauptfeuerwache ist nach 27 Monaten Bauzeit abgeschlossen. Das Investitionsvolumen lag bei neun Millionen Euro. Bei der Eröffnung kündigte Oberbürgermeister Dieter Salomon an, dass auch die noch ausstehende Sanierung der Fahrzeughalle und der Neubau des Technikzentrums planmäßig umgesetzt werden.

Im Kornhaus viel Neues

Die Fashionlabels Liebeskind Berlin und G-Star Raw haben im Kornhaus am Münsterplatz einen neuen Store eröffnet. Auf 750 Quadratmetern präsentieren sie alles von Denim, Taschen, Schuhe, Gürtel, Schals und Portemonnaies. Mit 160 Quadratmetern auf zwei Etagen ist der Freiburger Liebeskind-Store der größte in Deutschland, der G-Star Raw Store ist der größte des Labels in Süddeutschland.

PSD-Bank spendet

Die Stiftung der PSD-Bank fördert sechs Freiburger Kita-Projekte mit 16.500 Euro. Der Kindergarten Huckepack bekommt 5500, der Kindergarten der Kulturen 4000, das Familienzentrum Kita Wiesengrün und die Kita Shalom jeweils 2500, das Kinderhaus Bernhard von Baden 1500 und die Kita Alban Stolz 500 Euro. bar 24 CHILLI Dezember 2014 / Januar 2015

Erfolg beginnt im Kopf Volker Spietenborg über Sportler und Banker

R

und 150 Kunden der Freiburger Volksbank waren neulich gekommen, um zu hören, was der Chefpsychologe der Deutschen Fußballnationalmannschaft, Hans-Dieter Hermann, über „Erfolg beginnt im Kopf – Was wir von Spitzensportlern lernen können“ zu sagen hat. Anschließend diskutierte Hermann, moderiert von TV-Reporter Tom Bartels, mit Volksbank-Vorstand Volker Spietenborg, SC-Präsident Fritz Keller und Sportdirektor Klemens Hartenbach. Lars Bargmann wollte hernach von Spietenborg wissen, was Spitzensport mit einer Bank zu tun hat. chilli: Wie sportlich sind Sie? Spietenborg: Ich habe von klein auf vieles ausprobiert: Rudern, Leichtathletik, Geräteturnen, Volleyball, Tennis, später dann Bergsport, Skifahren, Langlauf, Mountainbiken … chilli: Was aber hat Spitzensport mit dem Bankwesen zu tun? Spietenborg: Auch in der Bank geht es um Einsatz, Begeisterung, um das Führen einer Mannschaft. Bei uns gibt es ein klares Bekenntnis zur Leistungskultur. Erfolgreiche Trainer kümmern sich intensiv um ihre Spieler, erfolgreiche Bankmanager müssen das auch bei ihren Mitarbeitern machen. Wir praktizieren eine Feedback-Kultur, wie Spieler müssen Mitarbeiter Vertrauen spüren, um leistungsfähig zu sein. chilli: Beginnt Erfolg im Kopf? Spietenborg: So ist es. Die innere Einstellung ist entscheidend. Empfinde ich etwa die x-te Abendveranstaltung als Belastung oder Bereicherung? Man kann dankbar und stolz sein, für diese Bank zu arbeiten, so wie ein Spieler das bei einem Verein kann.

Foto: © Volksbank Freiburg

gute Nachrichten

Banker und Psychologe: Volker Spietenborg mit und Hans-Dieter Hermann ohne Schlips

chilli: Was haben Sie aus dem Vortrag mitgenommen? Spietenborg: Hermanns Worte waren eine Bestätigung für das, was wir im Vorstand denken. Leistung auf der einen, Vertrauen und Wertschätzung auf der anderen Seite. Er hat ein gutes Beispiel angeführt: Gute Trainer kritisieren nicht den, der den Fehler gemacht hat, sondern den, der dem anderen nicht geholfen hat, den Fehler zu vermeiden. Mitgenommen habe ich, dass wie beim Leistungssport der Ausgleich zu Arbeit und zu Leistung sehr wichtig ist. chilli: Bekommen Ihre Mitarbeiter nun mehr Urlaub? Spietenborg (lacht): Nein. Aber sie müssen auch darauf achten, dass sie ihre Freizeit bewusst gestalten. chilli: Wie schaffen Sie den Ausgleich? Spietenborg: Familie, Kreativität und Sport. Bei einem Puls von 170 fließen die Gedanken langsamer. Das ist ein guter Zustand für neue Selbstreflexion.


wirtschaft Bauen

BVB Investiert Elf millionen Neues Generationenquartier im Mooswald

Kurz und Bündig 40 Millionen am Güterbahnhof

Die Bouwfonds Immobilienentwicklung GmbH hat von der Aurelis Real Estate ein 13.000 Quadratmeter großes Grundstück an der Zollhallenstraße gekauft und will für 40 Millionen 100 Wohnungen und 10.000 Quadratmeter Gewerbe bauen.

Neubau in der Wiehre

Die Planwerk Freiburg GmbH baut derzeit direkt am Lorettobad ein Wohn- und Geschäftshaus mit acht Wohnungen und vier Gewerbeeinheiten. Das Investitionsvolumen liegt bei sieben Millionen Euro.

Visualisierung: © BVB

Neues Quartier: Geplante Neubauten am Carl-Sieder-Weg. Der aber (Sieder war einer der Gründungsväter des Bauvereins) wird überbaut. Beim Spatenstich herrschte dennoch beste Laune.

E

in weiteres Projekt im Stadtteil Mooswald nimmt Formen an: An der Elsässer Straße baut der Bauverein Breisgau bis 2017 ein neues Generationenviertel mit 34 barrierefreien Mietwohnungen, fünf Reihenhäusern, einer Kindertagesstätte, Sozialstation und Seniorenbetreuung und investiert auf dem eigenen, 5100 Quadratmeter großen Grundstück am Carl-Sieder-Weg elf Millionen Euro. „Eine gelungene Innenstadtentwicklung findet dann statt, wenn man sich Gedanken darüber macht, was dem Stadtteil fehlt“, lobte Baubürgermeister Martin Haag das Projekt beim Spatenstich. Im Mooswald seien das bezahlbare Mietwohnungen sowie Angebote für Kinder und Senioren, die nun direkt an der Elsässer Straße gebaut werden. Bisher standen hier fünf Doppelhäuser aus den 30er Jahren, eines ist bereits abgerissen. Neu gebaut werden vier zwei- bis viergeschossige Mehrfamilienhäuser und die fünf Reihenhäuser um einen großen Innenhof. Einige

der bisherigen Mieter sollen auch im neuen Quartier ein Zuhause finden. Zu den neuen Mietern gehört auch die evangelische Sozialstation, die mit rund 50 Mitarbeitern einziehen will, um Patienten in der Tagespflege zu betreuen. Das Leben im neuen Viertel soll nicht nur barrierefrei und familienfreundlich gestaltet werden, sondern durch ein neues Förderprogramm der Erzdiözese Freiburg auch sozial verträglich sein. Für 20 Wohnungen können Mieter, die eine bestimmte Einkommensgrenze nicht überschreiten, einen Mietzuschuss von 1,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche bekommen. Die Kaltmiete verringert sich somit auf 7,50 Euro. tbr

In Kappel geht’s voran

Nach jahrelangen Debatten hat der Gemeinderat die Offenlage für den Bebauungsplan für das belastete Areal der Stolberger Zink AG in Kappel beschlossen. Die Treubau AG will dort rund 150 Wohnungen bauen.

Milieuschutz in St. Georgen

Der Gemeinderat hat die alte Bergmannssiedlung in St. Georgen unter Milieuschutz gestellt. Damit will er verhindern, dass Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Die Siedlung hat 146 Wohnungen in 37 Gebäuden. 14 Häuser soll Sauer Immobilien gekauft und für die Wohnungen eine Abgeschlossenheitsbescheinigung beantragt haben. Zu den Käufern zählt auch die Südwestdeutsche Bauunion von Uwe Kleiner.

Dachschaden bei Konzerthaus

Foto: © tbr

Das Freiburger Konzerthaus muss für zwei Millionen Euro saniert werden. Ein Gutachten erbrachte den Nachweis, dass das 1996 gebaute Flachdach großflächig undicht ist. bar Dezember 2014 / Januar 2015 CHILLI 25


VERANSTALTUNGSKALENDER

TAO Sonntag, 25. Januar, 20 Uhr im Konzerthaus Freiburg

Termine

Partys

Foto: © KOKO & DTK Entertainment GmbH / TAO

XX . XX.– XX. XX.

Termine

Partys

20.12.– 15. 2.

VERANSTALTUNGSKALENDER Samstag

20.12.2014 Ausstellungen ‌ oid. Retreat. Here / 10 Jahre V Kunsthaus L6 ‌ usstellung im Rahmen der „Regionale 15“, A 28.11.-4.1. Kunsthaus L6, Freiburg Info: www.freiburg.de/kunsthausl6

‌ erforming Change – Mathilde P ter Heijne ‌ enderspezifische Phänomene in G verschiedenen Kulturen, 8.11.-22.2. Museum für Neue Kunst, Freiburg Info: www.freiburg.de/museen

‌Weihnachtsmuseum – Peruanische Krippen E‌ rlesene Auswahl aus der Sammlung Carmen Würth, 8.11.-6.1. Elztalmuseum, Waldkirch Info: www.elztalmuseum.de

‌gemeinsam.einsam ‌ eue Erkenntnisse der Denkmalpflege zur N Freiburger Kartause, 20.12.-1.3. Museum für Stadtgeschichte, Freiburg Info: www.freiburg.de/museen

Die Kirsche … und eine Blueschtfahrt nach Tokyo

‌5. HochschwarzwaldWeihnachtsmarkt

Sonderausstellung über die besondere Frucht, 20.9.-14.2. Museum.BL, Zeughausplatz 28, Liestal Info: www.museum.bl.ch

‌ ochromantisch, mit außergewöhnlichen H Geschenkideen, 15-21 Uhr Ravennaschlucht, Breitnau ★ 15 Uhr Info: www.hochschwarzwald.de

Events ‌Christkindelsmarkt 2014 ‌Stimmungsvoller Weihnachtsmarkt, 24.11.-30.12. Kurpark, Baden-Baden ★ 11 Uhr Info: www.badenbadenevents.de

‌Offenburger Weihnachtscircus ‌ anege frei für das neue Programm, M 15.30 & 19.30 Uhr Messe, Offenburg ★ 15.30 Uhr Info: www.reservix.de

‌ rippe, Weihnachtspyramide & festliche K Stimmung, 11-20 Uhr Lammplatz, Bad Krozingen ★ 11 Uhr Info: www.bad-krozingen.Info ‌ ärchenhafte Weihnachtszeit in der M Innenstadt, 27.11.-23.12. Marktplatz, Emmendingen ★ 11 Uhr Info: www.emmendingen.de

‌Circolo 1‌ 0 Jahre Freiburger Weihnachts-Circus, 15 & 19 Uhr Messegelände, Freiburg ★ 15 Uhr Info: www.circolo-freiburg.de

26 CHILLI Dezember 2014 / Januar 2015

‌ inner-Show mit diesjährigem Programm D ‚Casino‘ Europa-Park, Rust ★ 19 Uhr Info: www.dinnershow.europapark.de

‌teatro COLOMBINO F‌ reiburgs Gourmettheater mit der neuen Show ‚Deliziös‘ Colombipark, Freiburg ★ 19 Uhr Info: www.teatro-freiburg.de

‌ lle Jahre wieder, A wenn das Christfest droht ... E‌ ss-Kultur mit Weihnachtskabarett-Programm Großer Meyerhof, Freiburg ★ 19.30 Uhr Info: www.grosser-meyerhof.de

‌Bad Krozinger Weihnachtsmarkt

‌Emmendinger Weihnachtsmarkt

‌Cirque d‘Europe

‌Kabarett Sauvignon

‌Knock Out Festival 2014 ‌ it dabei: Gotthard, Pretty Maids, m Unisonic uvm. Schwarzwaldhalle, Karlsruhe ★ 17 Uhr Info: www.knockout-festival.de

‌Gengenbacher Adventskalender ‌ rößter Hausadventskalender der Welt, G 30.11.-23.12. Historischer Marktplatz, Gengenbach ★ 18 Uhr Info: www.gengenbach.de

‌ ein, Witz & Gesang mit Thomas C. Breuer W Roccafé, Denzlingen ★ 20 Uhr Info: www.roccafe.de

‌Ingolf Lück ‌ ch Lück mich doch – Eine TV Nase A macht sich frei Burghof, Lörrach ★ 20 Uhr Info: www.burghof.com

‌Öl des Südens ‌ as Freiburger A-Cappella-Quintett D Vorderhaus, Freiburg ★ 20.30 Uhr Info: www.vorderhaus.de

› Alle Angaben ohne Gewähr.


VERANSTALTUNGSKALENDER

Foto: © Städtische Museen Freiburg

Ausstellung

‌Durch Nacht zum Licht ‌ erke von Mozart & Bruckner W Historisches Kaufhaus am Münsterplatz, Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.kaisersaal-konzerte.de

weihnachtszirkus Foto: © Infernal Varanne

‌Glasperlenspiel ‌ renzenlos – Die Zugabe 2014 G Jazzhaus, Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.jazzhaus.de

Z‌ wei Violinen – Friederike Starkloff & Myvanwy Ella Penny ‌ erke von Mozart, Spohr & Ysaÿe W Galerie depot.K, Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.depot-k.com

‌Schöne Schäume verblasen

gemeinsam. einsam Museum für Stadtgeschichte, Freiburg

19.12.14 bis 21.6.15

Klosterfunde Wo heute im UWC Schüler aus aller Welt lernen, stand einst eines der bedeutendsten Klöster Freiburgs: Das Kartäuserkloster. Die spannenden Funde, die bei den Ausgrabungen im Zuge des Umbaus zum Vorschein kamen, zeigt nun das Museum für Stadtgeschichte. www.freiburg.de/museen

‌ onzert des Künstlerduos Lutz & Guggisberg K Gare du Nord, Basel ★ 20 Uhr Info: www.garedunord.ch

‌Su – Brodbeck – Känzig – Stulz ‌ ier geniale Vollblutjazzer V Bird‘s Eye Jazz Club, Basel ★ 20.30 Uhr Info: www.birdseye.ch

‌Oops a Daisy ‌ op, Rock, Westcoast – Cover Deluxe P Schlosskeller, Emmendingen ★ 20.30 Uhr Info: www.schlosskeller-emmendingen.de

‌Hembelstormer ‌ it Lone Wanderer, Carrion Mother & m Thränenkind White Rabbit Club, Freiburg ★ 22 Uhr Info: www.white-rabbit-club.de

Party ‌Disco damals ‌ it DJ Rico m Guten Abend, Freiburg ★ 18 Uhr Info: www.gutenabend-freiburg.de

‌Santa‘s Calling ‌ nother Swamp Christmas-Bash ft. Fuzzy Vox A Swamp Club, Freiburg ★ 21 Uhr Info: www.swamp-club-freiburg.de

Music

‌Salsa X-Mas Party

‌Weihnachtskonzert

‌ it DJ Mambito m Salsastudio Romano, Freiburg ★ 21 Uhr Info: www.salsastudioromano.de

‌ eihnachten in aller Welt, Weihnachten W bei uns Oper, Straßburg ★ 11 Uhr Info: www.operanationaldurhin.eu

‌Weihnachtliche Bläsermusik ‌ onzert der Stühlinger Brass K Freiburger Münster ★ 17 Uhr Info: www.stuehlinger-brass.de

‌Weihnachtsoratorium I-VI

‌ onzert des Freiburger Bachchors K Konzerthaus, Freiburg ★ 19 Uhr Info: www.freiburger-bachchor.de

‌The Ten Tenors

‌ lassic Christmas Tour C Theater 11, Zürich ★ 19.30 Uhr Info: www.theater11.ch

‌Anne Sofie von Otter

Liederabend Oper, Straßburg ★ 20 Uhr Info: www.operanationaldurhin.eu

Circolo Messe, Freiburg

20.12.14 bis 5.1.15, tägl. 15 & 19 Uhr

Manege frei! Der Freiburger Weihnachtszirkus feiert Geburtstag: In diesem Jahr begeistern bereits zum zehnten Mal Artisten, Clowns und Akrobaten das Publikum. Jedes Jahr laden Christoph Mack und Adelheid Hetzel-Mack Künstler aus aller Welt nach Freiburg ein. Etwa den Jongleur David Confal, der bis zu vier Diabolos durch die Luft wirbelt. Oder die vier Ungarn von Enemy-Squad, die den Breakdance zu einer zeitgenössischen Zirkusnummer umfunktioniert haben. Wagemutig wird es etwa bei Usachovs Extreme Fly, die ihre Salti und Schwünge am Reck zeigen, oder bei den Perch-Artisten Leonardo und Vita Costache. www.circolo-freiburg.de, Karten-Infos: 07 61 / 4 96-8888 Spielfrei am 22., 23. und 24. Dezember sowie am 1. Januar Gewinnspiel auf www.chilli-freiburg.de

‌Regenbogenfisch ‌ J Party präsentiert von Sinnestäuschung D Eventmanagement Waldsee, Freiburg ★ 22 Uhr Info: www.waldsee-freiburg.de

‌Fritz Kalkbrenner ‌ ays over Water Album Tour W Volkshaus, Basel ★ 22 Uhr Info: www.volkshaus-basel.ch

‌Meet & Greet ‌ ockmaster B mit Mc Puppet & K Evans R Schneerot, Freiburg ★ 23 Uhr Info: www.facebook.com/vacationbeats

‌inthemix a‌ party through the styles by raimund flöck Jazzhaus, Freiburg ★ 23 Uhr Info: www.jazzhaus.de

‌Get Out da House ‌ it Ray Okpara m BalzBambii, Freiburg ★ 23 Uhr Info: www.balzbambii.de

‌Ehret & Rath ‌ erlin & Bohème Tour 2014 B Schmitz Katze, Freiburg ★ 23 Uhr Info: www.schmitz-katze.com

‌In Teufels Küche ‌ ard Rock Variationen in Es-Moll für H Klavier & Akkordeon Saal im E-Werk, Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.ewerk-freiburg.de

‌Rockin‘ Xmas ‌ ie groovige Weihnachtsshow des D Orsophiharmonic Rothaus Arena, Messe Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.orso.org

Tanz ‌Der Nussknacker v‌ on FreiburgerInnen für FreiburgerInnen Großes Haus, Theater Freiburg ★ 18 Uhr Info: www.theater.freiburg.de

‌Die Liebe kann tanzen ‌ allett von Stephan Thoss B Große Bühne, Theater Basel ★ 19.30 Uhr Info: www.theater-basel.ch

› Noch mehr Termine auf chilli-freiburg.de

Dezember 2014 / Januar 2015 CHILLI 27


Fotos: © Felix Grotheloh

KultuR Fotografie

» Ich kann dir Fotograf Felix Groteloh

Bendiks & Schroeder, Bülent Ceylan oder Nina & The Hotspots: Künstlerfotograf Felix Groteloh (ganz links) kriegt sie alle vor die Linse.

E

s gibt kaum eine chilli-Ausgabe, in der sein Name nicht erwähnt wird. Meist in winzigen Buchstaben unter Fotos von Künstlern wie The Tiger Lillies, Sascha Bendiks, Cecile Verny oder Äl Jawala. Dabei ist der Mann hinter der Kamera nicht weniger spannend: Der ehemalige Berufsmusiker startet gerade mit seiner Künstler-, Event- und Businessfotografie richtig durch. Ein Grund, seinen Namen mal größer zu drucken: FELIX GROTELOH. chilli-Redakteurin Tanja Bruckert hat sich in einem Freiburger Hinterhof-Studio mit einem lässigen 38-Jährigen in Jogginganzug über retuschierte Künstlervisagen, Fotos von Babybäuchen und lügende Werbebilder unterhalten. chilli: Wie wichtig ist ein guter Fotograf für einen Künstler? Groteloh: Im Gegensatz zum Fotostudio um die Ecke mache ich so viele Fotos, bis ich weiß: Das ist es. Das Problem ist, dass das natürlich kostet. Zwar wissen die größeren Künstler, wie wichtig es ist, gutes Promomaterial zu haben – selbstverständlich ist das aber nicht. Ein Beispiel: Ich mache das Booking für „Jazz ohne Stress“ im Waldsee. Die meiste Zeit renne ich dabei den Leuten wegen Fotos hinterher und bekomme dann welche, wo ich denke: Bist du blind? Was ist denn mit dir los? Ein Bühnenfoto, alles saudunkel, nur ein Notenständer vorne im Bild. Das will keiner in seiner Zeitung haben. chilli: Sie fotografieren aber auch den Menschen von nebenan, machen sogar Bewerbungsfotos. Warum braucht man dafür einen Profifotografen? 66 CHILLI Dezember 2014 / Januar 2015

Groteloh: Meist entscheidet doch schon das Foto, ob eine Bewerbung gelesen wird oder nicht. Wenn eine Frau darauf aussieht wie eine kleine Maus, wird sie nicht ernst genommen. Oder sie sieht sehr sexy aus und wird auf ihr Aussehen reduziert. Ein gutes Bild zeigt hingegen: Hey, das ist eine hübsche Frau, aber als Mann muss ich mich warm anziehen. chilli: Und das alles kann man mit einem Foto rüberbringen? Groteloh: Nö. Du kriegst nicht alles, was eine Person ausmacht, in ein Foto rein. Aber man kann sich so nah wie möglich hinbewegen. Wichtig ist dabei, nichts vorzutäuschen: Wenn das Foto eine völlig andere Person zeigt, hast du ein ganz schlechtes Standing. Denn der andere denkt sich: Wenn schon das Foto nicht gestimmt hat, was stimmt dann in der Bewerbung noch alles nicht? chilli: Das heißt, Sie müssen die Person vorher kennenlernen. Groteloh: Im Idealfall schon – und das ist das, was Zeit braucht. Einfach draufdrücken kann jeder, dafür braucht es keinen Fotografen. Ein spannendes Bild wird es, wenn du kurz die Kontrolle verlierst. Dann sieht man nicht nur eine schöne Frau, sondern ich kann dir durch die Augen schauen. Bei manchen klappt das sofort, die sind so geile Schweine, dass du fünf Fotos machst und alle gut sind. Doch für manche ist ein Shooting schlimmer als Zahnarzt und Steuerberater zusammen – denen muss man versuchen, die Angst zu nehmen.


KULTUR FOTOGRAFIE

durch die Augen schauen «

über die Kunst, im richtigen Moment abzudrücken

chilli: Gibt es etwas, das Sie nicht fotografieren würden? Groteloh: Ich mache keine Babybäuche und keine Pärchenfotos, weil ich dazu keinen Bezug habe. Ich habe zwei Kinder, und von dem Babybauch meiner Frau gibt es kein einziges Bild. Hochzeiten mache ich nur, wenn ich die Leute kenne, denn meine romantische Ader ist gleich null. Die meisten Hochzeiten sind so klischeehaft, dass ich schon mal sage: Da drück ich nicht drauf. chilli: Dann kommt bei der Ringübergabe „Nö, mach ich nicht“? Groteloh: Nein, Quatsch, ich bin immer noch ein Dienstleister, da gehören manche Sachen einfach dazu. Ich passe mich auch immer an: Wenn es der Anlass erfordert, trage ich einen Anzug und halte mich im Hintergrund. So gut es eben geht. Kürzlich habe ich Bülent Ceylan fotografiert – backstage. Ich war der Typ, der abgedrückt hat, wenn er die Hosen runterlässt: wenn er massiert wird oder ihm der Arzt eine Spritze gibt.Wir haben uns gut verstanden, aber es war klar, ich werde ihn nerven, selbst wenn ich versuche, ihm so viel Platz wie möglich zu lassen. chilli: Bist du noch nervös, wenn du berühmte Künstler fotografierst? Groteloh: Klar, gerade bei Events gibt es jedes Mal einen riesigen Adrenalinstoß. Ich weiß ja nie, was passiert: Wie sind die Menschen? Wie die Gegebenheiten? Und dann steht Bülent Ceylan auf der Bühne, ich fotografiere von hinten, wie die Wand zum Publikum aufgeht, und weiß: Ich habe nur soundso viele Sekunden, um das Bild zu kriegen.

chilli: Wie wichtig ist die Nachbearbeitung? Haben Sie Ceylan ein paar Falten aus dem Gesicht gebügelt? Groteloh: Bülent Ceylan habe ich nicht bearbeitet, aber ich retuschiere natürlich viele Künstler. Meine Regel ist, ich mache nur das weg, was ich nicht im Kopf behalten habe. Angenommen, du hast eine Narbe, die mir hängenbleiben würde – die kann ich nicht retuschieren. Aber einen Pickel mache ich natürlich weg. Und Falten kann man schon beim Fotografieren so ausleuchten, dass man sie nicht sieht. Da fängt die Lüge dann schon an, wenn man so will. chilli: Die extremste Retusche? Groteloh: Eine Künstlerin um die fünfzig, die deutschlandweit bekannt ist – ich nenne natürlich keine Namen –, hat zu mir gesagt, man darf ruhig ihr Alter sehen. Zum Schluss habe ich das Bild zwei Tage lang retuschiert: Ich hab jede Pore einzeln rumgedreht und ihr locker zwanzig Jahre geschenkt. Teilweise kann ich sie schon verstehen, das Foto wird auf riesige Plakate aufgezogen, wo man wirklich jede Pore sieht. chilli: Ist jedes Foto eine Lüge? Groteloh: In Werbefotos ist immer viel Lug und Trug drin, machen wir uns nichts vor. Viele Menschen sagen ja, ich bearbeite meine Fotos nicht, ich will alles ganz natürlich haben. Das ist völliger Blödsinn. Wenn du mit deinem Handy oder der Kamera ein Foto in jpeg machst, dann lügt ja deine Kamera schon. Weil irgendein Ingenieur entschieden hat: diese Farbe sieht so aus und diese so. Dezember 2014 / Januar 2015 CHILLI 67


KINO Filmtipp

Zwei Ritter von sehr trauriger Gestalt Keine Tauben, drei Scherzartikel und viele skurrile Figuren

Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach

Fotos: © Neue Visionen Filmverleih

Schweden 2014 Regie: Roy Andersson Mit: Holger Andersson, Nils Westblom, Sture Olsson, Charlotta Larsson u.a. Verleih: Neue Visionen Laufzeit: 100 Minuten Start: 1.1.2015

68 CHILLI Dezember/Januar 2014/2015

F

ür Arthaus- und Programmkino-Cineasten beginnt das neue Jahr mit einem Höhepunkt. Pünktlich am 1. Januar kommt der letzte Teil von Roy Anderssons Trilogie über die Natur des Menschen in die Kinos. Eine Komödie, die tragisch beginnt: Drei Begegnungen mit dem Tod – allerdings brüllend komisch – eröffnen dieses lustige, traurige, ganz eigenartig berührende Meisterwerk der Groteske, das von seltsamen, irgendwie grau wirkenden Menschen bevölkert wird. Sie erinnern an traurige Clowns, scheinen von einem anderen Stern zu stammen. Man fragt sich, wo Regisseur Roy Andersson all diese skurrilen Gestalten eigentlich gefunden hat. Den roten Faden zwischen den 39 teils miteinander verbundenen, teils für sich stehenden Episoden dieses Films spinnen zwei Vertreter für genau drei Scherzartikel. Die beiden ununterbrochen streitenden Handlungsreisenden ziehen als ziemlich traurige Gestalten übers Land, um den Menschen zu helfen, Spaß zu haben – und stolpern von einer hoffnungslosen Szene in die nächste. Denn sie kämpfen gegen Windmühlen: Weder ihre Vampirgebisse mit den extra langen Zähnen noch ihre Monstermasken noch ihre kreischenden Lachsäcke finden den gewünschten und dringend nötigen Absatz – anscheinend wollen die Leute, auf die sie treffen, gar keinen Spaß haben. Oder sie finden, dass es schon ein Übermaß an Spaß ist, wenn sie am Telefon gebetsmühlenartig die Formel„Ich freue mich zu hören, dass es dir gut geht“ wiederholen, während es ihnen offensichtlich ziemlich mies geht. Andersson erzählt keine linearen Geschichten, sondern entwirft fast Sie möchten helfen, Spaß zu haben: Jonathan (Holger Andersson) und Sam (Nils Westblom) auf ihrer glücklosen Mission als Vertreter für Scherzartikel.

surreal anmutende Tableaus in „farblosen“ Farben. Die braunen und grauen Standbilder erinnern an einfachst ausgestattetes Theater. Oder an triste Bahnhofswirtschaften zweiter Klasse ... Durch schmucklose Landschaften und Räume geht Anderssons fantastische Reise zu Orten der Geschichte und zu traumverlorenen Erinnerungen: an verliebte Könige, gegen Schnaps getauschte Küsse, peinliche Tanzstunden und lampenfiebernde Schultheater-Rezitationen über Tauben, die auf Zweigen sitzen und nachdenken. Der Film ist eine märchenhafte Irrfahrt in grandiosen Sketchen, die die Schönheit oder Absurdität oder die Verlorenheit des einzelnen Moments offenbaren – mitsamt diverser Schwächen und Abgründe des Menschen. Diese werden am deutlichsten in der Szene, in der sich ein paar alte Leute an einer altmodischen Kupferorgel ergötzen, die die Schreie der darin eingesperrten Afrikaner in Musik umwandelt. Spätestens da bleibt das Lachen im Hals stecken. Roy Anderssons Film mit dem seltsamen Namen wurde bei den Filmfestspielen in Venedig 2014 mit dem goldenen Löwen ausgezeichnet. Erika Weisser


KINO FILMTIPPS

Die Wolken von Sils Maria

Die süSSe Gier

Schändung

Frankreich/Schweiz 2013 Regie: Olivier Assayas Mit: Juliette Binoche, Chloë Grace Moretz, Kirsten Stewart u.a. Verleih: NFP marketing & distribution Start: 18.12.2014

Italien/Frankreich 2013 Regie: Paolo Vizì Mit: Valeria Bruni Tedeschi, Matilde Gioli, Fabrizio Bentivoglio u.a. Verleih: Movienet Film Start: 8.1.2015

Dänemark 2014 Regie: Mikkel Nørgaard Mit: Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Danica Curcic u.a. Verleih: NFP marketing & distribution Start: 15.1.2015

Die Malojaschlange

Aufstieg und Fall

Orgie der Gewalt

Die Schauspielerin Maria Enders fährt nach Zürich, um einen Preis für den Theaterautor Wilhelm Melchior entgegenzunehmen. Ihm verdankt Maria ihre Karriere: Vor 20 Jahren gab er ihr eine der Hauptrollen in seinem Stück „Maloja Snake“, die der jungen, verführerischen Sigrid, die ihrer wesentlich älteren Vorgesetzten Helena Geliebte und Verhängnis wird. Unterwegs erreicht Enders die Nachricht vom Tod Melchiors; in Zürich macht ihr ein Regisseur den Vorschlag, bei einer Neuaufführung des Stücks mitzuwirken – als Helena, also in der Rolle der Älteren, die sie ja inzwischen auch ist. Nach kurzem Zögern nimmt Maria an. Sie reist mit ihrer Assistentin zur Vorbereitung nach Sils Maria, Melchiors Wohnort im Engadin. Sie gerät in eine Krise, die erst endet, als sie die Wolken über dem Malojasee beobachtet, die sich zwischen den Bergen ins Tal winden – wie eine Schlange … Ein kleines Kunstwerk, in dem die Spiegelung der Wirklichkeit in der filmischen Realität und der fiktive Film im Film eine so wundersame Einheit bilden, dass die Übergänge fast nicht spürbar sind. ewei

Der kleine Immobilienmakler Dino Ossola träumt vom Aufstieg in höchste Kreise und dem damit verbundenen großen Geld. Als seine Tochter und der Sohn des reichen Spekulanten Giovanni Bernaschi ein Paar werden, glaubt er sich am Ziel seiner Träume. Unter dem Vorwand väterlicher Fürsorge macht er sich an Giovanni heran und kauft sich mit geborgtem Geld in dessen Investmentfonds ein. In seinem Taumel merkt er nicht einmal, wie lästig und lächerlich er ist. Und wie peinlich für seine Tochter. Die hat sich ohnehin längst vom reichen Sohn ab- und einem anderen, völlig mittellosen und ein wenig zwielichtigen Jungen zugewandt. Nach einer Schulfeier kommt es zu einem Unfall, bei dem ein Radfahrer lebensgefährlich verletzt – und liegen gelassen wird. Giovannis an jenem Abend besinnungslos betrunkener Sohn gerät in Verdacht. Dino findet den Täter und verlangt sein inzwischen verspekuliertes Geld samt versprochener Rendite zurück – gegen die Preisgabe des Namens. Eine kritische Parabel über die Geldgier, die alles andere als süß ist. ewei

Das Kopenhagener Sonderdezernat Q ermittelt. In einem Fall, der 20 Jahre zurückliegt und längst abgeschlossen scheint, bei näherer Betrachtung aber viele Ungereimtheiten aufwirft: Carl Mørck und sein Assistent Assad begeben sich auf die Suche nach der Wahrheit hinter dem brutalen Mord an zwei Jugendlichen – und kommen ehemaligen Schülern eines Elite-Internats auf die Spur, die damals für ihre Gewaltorgien bekannt waren und inzwischen zu den höchsten und sehr einflussreichen Kreisen der Gesellschaft zählen. Dabei nähern sie sich auch den Abgründen – bis zum bitteren Show-down. Von Jussi Adler-Olsens gleichnamigem Thriller ist der Film ziemlich weit entfernt; das hat sicher damit zu tun, dass die Dramaturgie eines Films eine andere ist als die eines Buches. Dass aber die Hauptprotagonistin, die im Buch bis zum Schluss mordet und ihre ehemaligen Komplizen aus tiefstem Herzen hasst, nur als Opfer ihres früheren Lovers erscheint, dem sie in der Sekunde seines von ihr herbeigeführten Todes ihre Liebe gesteht, ist denn doch sehr an den Haaren herbeigezogen. ewei


FACHMESSE

über 300 Aussteller auf 6.000 m2

27.INTERNATIONALE KULTURBÖRSE FREIBURG SEMINARE2015 26.– 29.Januar AUSSTELLUNGEN

LIVE-AUFTRITTE

über 200 Auftritte auf 4 Bühnen

SPECIALS

das kostenlose Zusatzangebot

27.INTERNATIONALE KULTURBÖRSE FREIBURG 26.– 29.Januar 2015 Fachmesse für Bühnenproduktionen, Musik und Events Trade Fair for Stage Productions, Music and Events

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Dies war eine Leseprobe der Dezember/Januar-Ausgabe 2014/2015.

Sie haben lust auf mehr? Das komplette Heft ist unter abo@chilli-online.de oder im Handel erh채ltlich.


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