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ULRIKE BRUDERFeinwerkmechanikerin
Mit Spaß und Geschick
Schraubenbehälter mit Deckelchen und Schraubenbehälter ohne Deckel stehen neben Kästchen mit Unterlegscheiben, Plastikringen und anderem Zubehör. Ulrike Bruder bringt die vielen Kleinteile nacheinander routiniert im Objekt unter. „Das geht fast wie im Schlaf, weil ich es schon so oft gemacht habe.“ Die Schrauben aus den Behältern mit Deckel fasst sie nur mit der Pinzette an, sie sind entfettet worden und dürfen nicht mit der Haut in Berührung kommen. Auf solche Feinheiten kommt es an – in ihrem Metier, der Feinwerkmechanik, und erst recht in diesem speziellen Bereich, der Medizintechnik.
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Das Aluminiumgussteil, das hier montiert wird, ist eine Schädelklemme. Sie dient dazu, den menschlichen Kopf bei Operationen zuverlässig zu fixieren. Es ist eines der Vorzeigeprodukte der Firma Black Forest Medical Group, die auf neurochirurgische Medizintechnik spezialisiert ist und ihren Sitz im Industriegebiet Haid in Freiburg hat.
Während Ulrike Bruder früher noch öfter das ein oder andere Teil selber baute – Bohrvorrichtungen zum Beispiel –, also immer mal wieder an der Dreh- oder der Fräsmaschine zugange war, ist inzwischen das Montieren zu ihrer Haupttätigkeit geworden. Das hängt eben vom jeweiligen Einsatzort ab. Bruder schätzt die Vielseitigkeit im Job, vor allem seit sie auch hinzugezogen wird, wenn es darum geht, Produktverbesserungen mit den Entwicklern durchzusprechen. Als Praktikerin kann sie dann Aspekte beisteuern, die die Theoretiker nicht unbedingt auf dem Schirm haben.
Handwerkliches Geschick und technisches Verständnis sind Voraussetzungen für den Beruf der Feinwerkmechanikerin. Zwei Dinge, die Frauen lange Zeit abgesprochen wurden. Eine ältere Kollegin, erzählt Ulrike Bruder, hatte in den 1990er-Jahren die Erfahrung gemacht, dass einer ihrer Arbeitskollegen die Maschinen, die er benutzte, nicht mit ihr „teilen“ wollte. Als sie selbst ihre Ausbildung machte – in den Nullerjahren –, betrug der Frauenanteil in der Berufsschulklasse rund ein Viertel. Das war wohl eher eine Ausnahme, denn die Klassen davor und danach waren rein männliche Jahrgänge. Daran hat sich bis heute nicht viel verändert.
15 Jahre Berufserfahrung hat die zur Feinwerkmechanikerin ausgebildete Monteurin Ulrike Bruder inzwischen gesammelt, und die Begeisterung für ihr Metier hat nicht nachgelassen. Sie ist immer noch überzeugt von ihrer Berufswahl, die sie relativ spät getroffen hat, nach langen Jahren der Selbstständigkeit in einem anderen Tätigkeitsfeld. Umso merkwürdiger war für sie die Reaktion eines neuen Kollegen, dessen Begrüßung lautete: „Was machst du denn hier? Das ist doch kein Arbeitsplatz für eine Frau!“ Ihre Reaktion damals: „Wieso? Mir macht das Spaß.“ Und das nimmt man ihr heute noch ab. dw
Mit gutem Gehör und viel Geduld
Einzelne Klaviertöne hallen durch den großen Raum, auf den sich die Eingangstür des Pianohauses Lepthien in Freiburg öffnet. Zwischen vielen Tasteninstrumenten hindurch führt der Weg in die Werkstatt, in der Letizia Vetter gerade dabei ist, ein Klavier auseinanderzubauen. Die 20-Jährige befindet sich im zweiten Lehrjahr der dreieinhalbjährigen Ausbildung zur Klavier- und Cembalobauerin mit Schwerpunkt Klavier, so die genaue Bezeichnung.
In ganz Deutschland gibt es nur noch eine Berufsschule für diesen Berufszweig, und die steht in Ludwigsburg. Die Schulbank dort drückt Letizia Vetter zusammen mit 13 Mitschülern und 5 Mitschülerinnen, die allesamt den Schwerpunkt Klavierbau gewählt haben. Cembalobauer sind also die wahren Exoten.
Im Freiburger Betrieb gehört es zur täglichen Routine der Auszubildenden, ein Klavier zu stimmen. „Das mache ich meistens vormittags, weil da das Gehör noch ein bisschen frischer ist.“ Und darauf kommt es an, bei Lepthien wird
„Man braucht auch kein absolutes Gehör, man kann es wirklich gut erlernen.“ Nur für den Grundton kommt ein elektronisches Stimmgerät oder die Stimmgabel zum Einsatz. Dann legt Vetter zuerst „in einer Oktave die Temperatur fest. Temperatur bedeutet: Man legt die Frequenz von jedem einzelnen Ton fest, damit es ein warmes Gesamtbild ergibt.“ Sie beginnt im mittleren Tonhöhenbereich mit dem Temperieren und arbeitet sich von da oktavenweise nach oben und unten. Das Klavierstimmen erfordert viel Geduld und viel Übung. Es heißt: „Tausend Klaviere muss man gestimmt haben, bevor man es kann.“
Zu den Aufgaben der Auszubildenden zählt außerdem das Überarbeiten von Klavieren. Dafür baut sie alle Teile zum Reinigen auseinander. Danach geht es ans Regulieren: „Die Mechanik besteht aus total vielen unterschiedlichen Teilen wie Federn, irgendwelchen Lederchen, dem Hammer. Alle Teile müssen nach bestimmten Maßen eingestellt werden, damit sie ineinandergreifend ein optimales Spiel ermöglichen.“
In der Werkstatt bei Lepthien steht eine alte Basssaitenspinnmaschine. Die nutzt Letizia Vetter, wenn
Letizia Vetter (u.) „feilt den Hammer auf Chor“. Für eine perfekte Klangentfaltung müssen alle Mechanikteile optimal aufeinander abgestimmt sein.
Kunden mit einer gerissenen KlavierBasssaite ins Pianohaus kommen. Dann umspinnt sie den nackten Stahlkern der Saite mit Kupfer. Eine normale Saite wird durch dieses zusätzliche Volumen zu einer volltönenden Basssaite. Im Moment lernt sie, „wie man intoniert, das heißt, wie man den Hammerkopf so bearbeitet, dass es den optimalen Klang gibt. Das ist wirklich noch einmal eine Wissenschaft für sich und ein Arbeiten auf einer anderen Ebene.“
Das macht für sie den Reiz des Berufes aus: „Ich komme nie an den Punkt, wo ich denke, in diesem Bereich hab ich jetzt ausgelernt. Das geht immer weiter.“ dw