6 minute read
Stadt, Land, Fluss: Ausflugsziel Landesgartenschau in Neuenburg am Rhein
BUNTES & GRÜNES
Ab in den Garten
Advertisement
Wer gerne gärtnert, steht schon lange in den Startlöchern. Nach außergewöhnlich kalten Tagen im April gibt es nun endlich ausgiebig Gelegenheit, den Garten oder Balkon herauszuputzen. Ob Nützliches oder Schönes, artenreiche Kräutervielfalt oder flammende Blütenpracht – in der REGIO finden sich beste Voraussetzungen, um Gartenträume wahr werden zu lassen.
„SICH ERDEN Kr äutergarte IST EIN n Urban in L eut e
GESCHENK“r s berg
Carolin Urban hat mit ihrer Freiland-Gärtnerei ein Paradies für Pflanzen und Tiere geschaffen. Auf Märkten und im Online-Shop bietet sie eine Vielfalt von Demeter-Stauden, alten Gemüsesorten und Kräutern an. Die Gärtnerin aus Leidenschaft will mit Hilfe von „Genussrechten“ expandieren.
Text & Fotos: Heide Bergmann
Am Ortseingang von SchallstadtLeutersberg: Häuser, asphaltierte Garagenzufahrten und Getreidefelder. Dazwischen ein bunter, wuseliger Garten. „Kräutergarten Urban“ steht auf der Tafel am Eingang. Seit 2017 ackert, sät und pflanzt hier die Staudengärtnerin Carolin Urban. Beim Besuch im März trägt der Garten noch sein Winterkleid aus dürren Stängeln, trockenen Gräsern und Samenständen. Insekten haben darin überwintert und brauchen noch etwas Zeit zum Schlüpfen. Zahlreiche Wildbienen sind bereits unterwegs und legen ihre Eier in Bambusröhren ab, eine Gruppe Honigbienen krabbelt am Teich. In fünf Jahren ist hier ein Ökogarten entstanden, der vor Pflanzen- und Tierarten überquillt. Da gibt es Beete mit Tee- und Küchenkräutern, Wildstauden und Beerensträuchern, Steinmauern, Kompost und Totholzhaufen – ein Lebensraum für Eidechsen, Käfer, Hummeln und Co. Am Weg entlang wachsen Rosmarin und Salbei, auf den Pflanztischen drängen sich beschilderte Töpfe mit Jungpflanzen, und in den Folienhäusern sprießen Paprika- und Tomatensetzlinge.
Von Hamburg St. Pauli in den Breisgau
Carolin Urban ist in einer DemeterGärtnerei in Oberfranken aufgewachsen. Dennoch wusste die 39-Jährige lange Zeit nicht, was sie beruflich einmal machen möchte. Über den „Umweg“ als Fotografin in Stuttgart und als Betreiberin einer Bar auf Hamburg-St. Pauli wurde ihr schließlich bewusst: „Das ist nicht meins.“ 2014 zieht sie zu ihrer Mutter und ihrem Bruder, die inzwischen im Breisgau leben, und sucht ein geeignetes Gelände für eine Gärtnerei. Das stellt sich als sehr schwierig heraus. Schließlich findet sie das Gelände in Leutersberg. Es hat zwar nur 1800 Quadratmeter, aber die zupackende Frau will nicht länger warten und legt einfach los. Von Hand hebt sie die Beete aus, weil sie das Ökosystem schonen will, errichtet Folienhäuser und Pflanztische. Ihre Mutter hilft ihr dabei. Viele lange, anstrengende Arbeitstage stecken in dem Garten. Dennoch ist Carolin Urban »
Die Hornveilchen mischen das Farbenspektrum im Frühjahr auf (o.), der Wiesensalbei ziert jede Grünfläche mit seinen üppigen Blüten (u.).
Carolin Urban ist mit ihrer FreilandGärtnerei so erfolgreich, dass sie bald umziehen muss.
überzeugt, sich für den richtigen Beruf entschieden zu haben. „Beim Gärtnern ist man ganz bei sich. Man beschäftigt sich mit dem Leben. Sich erden, entdecken, beobachten – das ist ein Geschenk. Das entspricht mir.“
Bunte, farbige Sorten
Die Gärtnerei bietet heute ein umfangreiches Pflanzensortiment. Ein Schwerpunkt sind die Kräuter. Es gibt mehrere Sorten Thymian, Basilikum, Minzen, Salat-, Tee- und Heilkräuter sowie unbekannte Arten wie Paprika-Basilikum, Salzkraut (Agretti), Minz-Verbene oder Tulsi. Frische Küchenkräuter und essbare Blüten liefert Carolin Urban an die örtliche Gastronomie. Getrocknete Tees und Kräutersalze sind im Online-Shop und in einigen Naturkostläden erhältlich. Auch das Staudensortiment kann sich sehen lassen: Es reicht von Glockenblumen, Iris, Staudenmohn bis zu Schmetterlingsmagneten wie Karden, Königskerzen, Fetthenne oder Disteln.
Alte, vergessene Sorten zu erhalten ist der engagierten Gärtnerin ein wichtiges Anliegen, dafür kooperiert sie mit dem Verband ProSpecieRara. So zieht sie Setzlinge von Palmkohl, Bunte Randen, Erdmandel, Zuckerwurz oder bunte Rauken an sowie über 40 Tomatensorten. „Eine gewöhnliche Gärtnerei bietet oft Standardsorten an. Daher bieten wir eher das Besondere, etwa bunte und farbige Sorten oder alte Lokalsorten“, erklärt Carolin Urban. Neu sind Setzlinge von Winterkulturen wie Mangold, Blattkohlarten oder Asiasalaten. Sie sind im Kommen und gerade für unsere milde Klimazone interessant. Künftig möchte Urban Gemüsesetzlinge von März bis November anbieten. Von ihren Kräutern und Wildpflanzen gewinnt sie stets den Samen. Denn sie ist überzeugt: „Nichts keimt besser als eigenes Saatgut. Darum, und weil mir eine besondere Anpassung an meinen Standort wichtig ist, versuche ich, möglichst alle Pflanzen selbst zu vermehren.“
Alle Produkte sind bio- und Demeter-zertifiziert. „Meine Pflanzen kommen in Bioerde mit Schafwollpellets, die sich sehr langsam umsetzen“, erklärt die Gärtnerin. Vergleicht man ihre Pflanzen mit denen vom Baumarkt, die aus holländischen oder italienischen Gewächshäusern stammen und kräftig gedüngt sind, fallen sie je nach Jahreszeit eher klein
Carolin Urban Foto: ©
Setzlings- und Pflanzenverkauf: Info
Samstag, 7. Mai, 10–17 Uhr
Setzlingsmarkt von ProSpecieRara auf dem Mundenhof
Samstag, 14. Mai
Kaiserstühler Regionalmarkt Emmendingen
Termine in der Gärtnerei in Schallstadt nach Vereinbarung
Aktuelles, Shop, Infos über Genussrechte:
www.kraeutergarten-urban.de
aus, aber dafür sind sie robust. „Ich habe kein Gewächshaus. Ich ziehe die Jungpflanzen im Folientunnel, und sobald es möglich ist, kommen sie raus. Die meisten müssen draußen überwintern und sind an die Klimazone angepasst. Mein Salbei sieht im März noch ein bisschen dünn aus, aber ist er einmal gepflanzt, dann explodiert er im Boden. Meine Pflanzen sollen beim Kunden schön sein, nicht unbedingt bei mir.“
Erlebnisgärtnerei und grüne Geldanlage
um etwas einzukaufen, sondern um dort zu sein, etwas zu erfahren, zu lernen, sich inspirieren zu lassen.“ Die Urbans haben inzwischen eine Gesellschaft gegründet und geben als Teil der Finanzierung Genussrechte aus. Wer interessiert ist, kann als Partner schon mit 1000 Euro einsteigen. Die jährliche Rendite wird in Form von Geld oder Naturalzins ausgezahlt. „Unser Projekt ist natürlich eine Herausforderung. Aber nur mit Herausforderungen kommt man weiter“, sagt Carolin Urban und lächelt.
Der Garten in Leutersberg ist längst zu klein geworden. Die Urbans werden ihre Gärtnerei nach Wyhl am Kaiserstuhl verlegen und künftig drei Hektar bewirtschaften. Geplant sind ein Gewächshaus, Gebäude aus Holz, Lehm und Hanfkalk, ein Hofladen, Schaubeete und viel Platz für die Teeproduktion und Kräuterverarbeitung. „Die Idee ist, eine Erlebnisgärtnerei zu schaffen, wo die Leute hinkommen, nicht nur
KOLUMNE Pfl anzenwissen von Bri gi tt a L ang e
MIT DEN SCHWALBEN
tas Foto: ©
Die Heilpflanzen-Expertin über einen Maiblüher mit vielen Namen.
Das Schöllkraut (Chelidonium majus) kann oft dort gefunden werden, wo Menschen ihre Blase entleeren. In schmalen Gassen, in der Ecke hinten am Bolzplatz, an Mauern und Wegrändern. Diese Pflanze liebt die Stoffe, die sich im menschlichen Urin verbergen.
Bekannt ist es auch unter den Namen Augenkraut, Goldkraut, Warzenkraut und Schwalbenkraut: Alte Kräuterkundige beobachteten, dass dieses Kraut mit dem Eintreffen der Schwalben im Frühjahr zu blühen begann und mit deren Wegzug verblühte.
Das Schöllkraut wird und wurde in der Volksmedizin als Warzenmittel benutzt. Der gelbe Saft, der sich in den Stängeln verbirgt, wurde auf die betreffende Stelle gegeben und so verschwanden die Warzen schnell. Innerlich ist von einer Behandlung abzusehen, denn die Pflanze ist giftig.
In alten Geschichten rankt sich die Sage, dass im Schöllkraut der „Stein der Weisen“ verborgen sei, mit dessen Hilfe sich bekanntlich Gold herstellen ließ. Außerdem findet sich in einem alten „Zauberbuch“, dass Schöllkraut, zusammen mit einem Maulwurfsherz getragen, Krieg und Streit verschwinden lasse.