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from Lust auf Regio
Wald-Camping im El sa s s
GLAMOUR- AUSZEIT Ankommen und abschalten – das ist im neuen Elsässischen Waldcamp
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„Nutchel“ möglich. Auf einem Plateau mitten im Wald laden urige Holzhütten zum Entspannen ein. Für Unterhaltung sorgen hier keine Bildschirme, sondern der Blick aus dem Fenster.
Im Ofen glimmt bereits ein Feuer, Kerzen in großen Weckgläsern beleuchten rustikale Möbel, und am Eingang sorgt eine Lichterkette für kleine Glanzpunkte: Schon beim Betreten der Waldhütte nimmt einen ihr uriger Charme gefangen. In der Luft liegt das würzige Aroma von frischem Holz. Eine Küchenzeile mit kleinem Gasherd, ein Tisch mit Holzhockern, ein Sofa und eine riesige Liegewiese, auf der sich nachts die ganze Familie aneinanderkuscheln kann – die Ausstattung ist bewusst sparsam gehalten.
Manches fehlt ganz: ein Fernseher, WLAN, Ladebuchsen. Der Blick soll während des Aufenthalts nicht auf dem Smartphone ruhen, sondern aus dem Panoramafenster wandern, das eine komplette Seite der Hütte einnimmt. Die Glasfronten der tiefergelegenen Hütten geben den Blick direkt in den Wald frei. Von den Unterkünften weiter oben auf dem Plateau schweift er über das Bruche-Tal hin zu einer langgezogenen Hügelkette.
Fernsicht statt Fernsehen
37 sogenannte „Cosy Cabins“ stehen seit Ende Oktober auf dem sieben Hektar großen Waldgelände nahe dem Dörfchen Plaine, je etwa eine Stunde Fahrt von Straßburg und Colmar entfernt. Bis 2010 befand sich hier noch ein Feriendorf aus den 70er-Jahren. Rund 3,5 Millionen Euro hat das belgische Tourismusunternehmen Nutchel investiert, um die alten Bungalows abzureißen und das Gelände zu renaturieren. So wurden zwischen den Holzhütten rund 3700 neue Bäume und Sträucher gepflanzt.
Noch braucht es etwas Fantasie, um sich vorzustellen, wie es hier in ein paar Jahren aussieht, wenn aus den kleinen Setzlingen mannshohe Bäume geworden sind und der frisch gesäte Rasen dichte Flächen bildet. Doch auch wenn hier noch alles auf Anfang steht – dem Reiz des Camps tut das keinen Abbruch. Überall gibt es etwas zu entdecken: einen Parcours aus Baumstämmen und Steinen, Feuerschalen und Grillstellen, eine Bank zum Sternegucken, einen Platz zum Hüttenbauen, Wichtel und Feen, die hoch oben in den Bäumen sitzen.
Urig-gemütliche Hütten mit Holzofen bieten einfachen Komfort. Der Waldspaziergang kann direkt vor der Haustür beginnen.
Langeweile erlaubt
Bevor jedoch die ersten Erkundungsgänge anstehen, beginnt der Morgen mit einem ganz pragmatischen Problem: Das Holz im Ofen ist über Nacht ausgebrannt und in der Hütte ist es empfindlich kalt. Sobald das Feuer wieder flackert und den Wasserkessel für den ersten Kaffee langsam erwärmt, zeigt sich, warum sich Nutchel als GlampingAnlage bezeichnet. Die Wortschöpfung aus Camping und Glamour bedeutet an diesem Morgen: warmes Wasser in der Dusche, elektrisches Licht im Bad und sogar vorgewärmte Handtücher.
Frisch geduscht geht es danach zum Haupthaus – im NutchelChargon das „Cosy Chalet“ –, wo schon ein liebevoll gerichteter Frühstückskorb mit regionalen Produkten zum Mitnehmen wartet. Die mittlerweile kuschelig warme Hütte im Morgengrauen zu verlassen, lohnt sich nicht nur wegen der frischen Brioches und der köstlichen Erdbeermarmelade – der Blick über das nebelverhangene Tal bis zu den nahen Hügeln, über die sich gerade die Sonne schiebt, ist unvergleichlich.
Wer danach noch Anregungen braucht, um seinen Tag zu gestalten, wird auf einer Tafel fündig, die über dem Herd hängt: Dem Regen zuschauen und dem Wind zuhören. Sich an den kleinen Dingen erfreuen. Träumen. Sich langweilen. Ja, auch das ist im Waldcamp erlaubt. Zumindest theoretisch. Denn natürlich locken auch die elsässischen Dörfer der Umgebung, die Wander- und Radwege durchs Bruche-Tal oder Ausflüge in die angrenzenden Vogesen. Sogar im Camp selbst ist es schwer, sich zu langweilen. Zwei kleine Saunen mit kaltem Außenpool laden zum Entspannen ein, im Cosy Chalet sorgen allerlei Bücher, Brettspiele und Malwände für Unterhaltung vor dem Kaminfeuer, und auf den Sonnenterrassen der Hütten warten nagelneue Gasgrills darauf, eingeweiht zu werden.
So ist es kein Wunder, dass der Tag wie im Fluge vergeht. Nur eines darf auf keinen Fall fehlen, bevor es wieder in die kuschelige Schlafkoje geht: ein Bad im 38 Grad warmen Hot Tub. Im heißen Wasser zu liegen, in den Sternenhimmel zu blicken und dem Rascheln der Wildtiere im Wald zu lauschen – wer da noch den Fernseher vermisst, ist hier wirklich falsch.
InfoNutchel Forest Village L’Alsace Route de Salm 724, 67420 Plaine
nutchel.de
Cabins gibt es für 2 bis 6 Personen, mit oder ohne Hot Tub, ab 110 Euro/Nacht
Gewinnspiel:
Wir verlosen einen Aufenthalt für 2 Personen für 2 Nächte im Januar oder Februar im neuen Nutchel-Waldcamp im Elsass (ausgenommen Schulferien und Feiertag). Wer gewinnen möchte, schreibt eine Mail mit dem Betreff „Nutchel“ an gewinnspiel@chilli-freiburg.de
KOLUMNE Alemannisches von Stef an P f aum
Foto: Till Neumann
WELTBEKÄNNT
Der Mundart-Autor aus Schallstadt fragt sich, wo „The Länd“ zu finden ist.
Jetz endlig isches so wit. Des sprochlig ä weng sperrige „Baden-Württemberg“ erschiint bald in jedem englisch-deutsche Wörterbuch als „the Länd“ un Millione Tourischte ströme in des rätselhafte „The Länd“ zum Ferie mache. In zig Broschüre kannsch Artikel läse z. B. über „The Länd and its Blutwurst“ oder „The Länd and its Muschterländle“. Länduff, ländab triffsch Tourischte uss Isländ, Estländ, Thailänd änd so on. Alli mit Mundschutz un Abständ.
Wo Bamblemuse vun de Amble bamble, wo d Schmuse-Busseli wusselig schmuse, wo Elschtre Elschtere vergelschtre, wo Käddere dunderwettere, schnättere, wo Knäggis Verschteggis spiele um ebbis, wo Schuschter nii ins Zabbeduschter luschtre, wo Zwetschge Quetsche heiße, Ziege Geiße, wo Hummle brummle, summle un sich dummle, wo alti Bruddle über kalti Kuddle huddle, do isch „The Länd“. S isch vun Alaska bis Auschtralie weltbekännt. Un de Minischterpräsidänt wird in Zukunft jedi Red aafange mit „Liebe The Länder und The Länderinnen“.
ES GIBT KEIN PROTOKOLL Provenienzforschung in F r e i burg
Volle Transparenz. Das ist der Wunsch der Freiburger Museen in Sachen Provenienzforschung. In mühsamer Kleinstarbeit werden dafür Bestände digitalisiert. Darunter auch zehn Beninbronzen. Anfragen für eine Rückgabe liegen bisher nicht vor. Was genau passiert, wenn es so weit ist, weiß selbst das Museumsteam nicht. Ein Experte fordert eine Liste kritischer Objekte.
Text: Till Neumann
Das Zentrale Kunstdepot Freiburg-Hochdorf ist nur von außen ein schlichtes Gebäude. Im Innern liegen unter anderem rund 20.000 Objekte der Ethnologischen Sammlung des Museums Natur und Mensch, deren Herkunft nicht immer geklärt ist. Licht ins Dunkel versucht Nicole LandmannBurghart zu bringen. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ethnologischen Sammlung arbeitet seit 2019 die Bestände der AfrikaSammlung auf, erfasst Datensätze, gleicht sie ab und pflegt sie in eine Datenbank ein. Ein „Traumjob“, wie sie sagt. Doch auf sensiblem Terrain. So manches hier könnte unrechtmäßig im Besitz der Freiburger Museen sein.
Um das herauszufinden, gibt es jetzt eine Transparenzoffensive: So viele Informationen wie möglich sollen online gestellt werden – auf Deutsch, Französisch und Englisch. „Unser zentrales Ziel ist, Forschung und Kooperation zu ermöglichen“, sagt LandmannBurghart und öffnet eine schwere Metalltür. Im Raum reihen sich Speere an Masken und eiserne Werkzeuge. Sie sind auch Teil der Afrika-Sammlung, die die 44-Jährige mit einer Halbtagsstelle aufbereitet.
Mehr als 2000 Datensätze hat sie bereits abgeglichen. 1000 Fotos, Objekte und Infotexte sind bis Ende des Jahres bereit zur Veröffentlichung auf der Online-Sammlung der Städtischen Museen (STM). Ein Drittel der 3000 Objekte aus Afrika soll dann zugänglich sein. Schwer angetan von der Leistung ihrer Kollegen und Kolleginnen ist Tina Brüderlin. Eine Sisyphus-Arbeit sei das, sagt die Leiterin der Ethnologischen Sammlung des Museums Natur und Mensch.
Mit der Provenienzforschung ihres Hauses ist die gebürtige USAmerikanerin zufrieden: „Freiburg hat hier schon viel geleistet.“ Bestätigung dafür gab’s gerade vom Gemeinderat: Der hat das Vorgehen der Museen in Sachen Raubkunst und Restitution im Oktober abgesegnet und gelobt.
Etikettiert: Tausende Objekte werden in Freiburg für eine Datenbank aufbereitet. „Eine Sisyphus-Arbeit“, weiß Tina Brüderlin (u.) vom Museum Natur und Mensch.
Teil davon ist die seit 2020 verfügbare Online-Sammlung der Städtischen Museen. Rund 1400 Objekte sind dort abrufbar. Sukzessive soll sie erweitert werden. Doch für große Sprünge fehlen Brüderlin die Mittel: „Das größte Problem ist die verstetigte Finanzierung.“ Für neue Arbeitsfelder brauche es mehr Personal. Ihr Team besteht aus zwei Festangestellten und einer Volontärin. Allein für die Provenienzforschung fehlten ihr zwei Kräfte. „Andere Städte sind besser aufgestellt“, sagt die 44-Jährige. Lob gibt es dennoch vom Leiter des Forschungsprojekts freiburg-postkolonial.de. „Freiburg kommt voran“, sagt Heiko Wegmann. Die Online-Sammlung sei eine gute Sache: „Für noch mehr Transparenz sollten die Museen öffentlich machen, welche Objekte und Sammler sie, zum jetzigen Stand der Recherchen, selbst als besonders kritisch einschätzen.“ Das würde etwa die Arbeit für Herkunftsgesellschaften vereinfachen.
Brüderlin lehnt das ab: „Wir geben keine Liste raus.“ Es sei für Museen fast nicht möglich, alle Bestände konkret zu benennen, die potentiell aus kolonialen Kontexten stammen, da es viele unterschiedliche Parameter gebe. Um Bestände als kritisch einzustufen, sei eine intensive Aufarbeitung nötig. Pauschalisierungen sollten vermieden werden.
Rückgabeforderungen hätten die Freiburger noch nicht erhalten. Daher fehlen Erfahrungen, wie so etwas laufen könnte. „Es gibt hierfür noch kein Protokoll“, sagt Brüderlin. Sollten Anfragen eingehen, müssten diese „selbstverständlich bearbeitet werden und Lösungen gefunden“ werden.
„Sensible Bestände“
Dass es zu Forderungen kommen könnte, liegt nahe. Zum Beispiel zu den zehn Beninbronzen aus dem Königreich Benin in Nigeria oder zu sogenannten Tjuringas aus Australien. Das sind sakrale Objekte der Aborigines, die nur Eingeweihte sehen dürfen. Doch mit Einschätzungen zu kritischen Objekten ist Brüderlin vorsichtig. „Um sensible Bestände zu identifizieren, bedarf es neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung auch Kooperationen mit Vertreter·innen aus Urhebergesellschaften, um nicht nur aus europäischer Perspektive zu agieren.“
Wichtig ist ihr, proaktiv zu forschen, also auf Herkunftsgesellschaften zuzugehen. Immer mal wieder sind Vertreter und Vertreterinnen in Freiburg, um die Sammlungen zu begutachten. Beispielsweise der namibische Botschafter: „Wir befürworten diese Besuche, das sind mit die spannendsten Momente.“
iStock/Thor Foto: ©
KOLUMNE Mundart von Stefan Pf a u m Neues von der RegioGesel l s c ha ft
GRENZÜBERSCHREITER
Regiopräsident Bernd Dallmann erinnert an Uli Homann
Er war mehr als drei Jahrzehnte einer der profiliertesten Lokaljournalisten für Freiburg und die REGIO. Uli Homann war ein überzeugter Grenzüberschreiter: Schon in den 80er-Jahren erwarb er ein Haus im „ersten gallischen Dorf hinter der Grenze“, wie er süffisant bemerkte. Hier lebte er mit seiner Frau Anneli und den beiden Kindern. Die Vor- und Nachteile des grenzüberschreitenden Berufs- und Familienlebens haben sie über die Jahrzehnte erlebt. Ihre Erlebnisse zwischen französischer und deutscher Verwaltung waren mal liebenswert, mal lächerlich, manchmal zum Verzweifeln.
Das Schlimmste aber war Corona 2020. Plötzlich stand der deutsche europäische Staatsbürger über Nacht vor einer verschlossenen Grenze und durfte nur unter größten Schwierigkeiten wieder in sein Heimatland zurück. Eine bittere Erfahrung.
Wir trauern um einen hoch engagierten Journalisten und praktizierenden Grenzüberschreiter und versprechen, alles zu tun, damit sich solch eine Grenzschließung nicht wiederholt.