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38 38 38 »Peter Schröcksnadel ist ein Visionär« »Peter Schröcksnadel ist ein Visionär« »Peter Schröcksnadel ist ein Visionär« »Peter Schröcksnadel ist ein Visionär

SKI-WM

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MACHT &SPIELE

Urs Lehmann formtedie Schweizzur Skination Nummer eins, jetztwill er FIS-Präsident unddamit der mächtigsteMann des Wintersports werden. Gespräch über Sport,Ziele, Macht – und Kontrahenten wie Peter Schröcksnadel.

Urs Lehmann hat die Schweizzur Skination Nummer eins gemacht. Nun will er FIS-Präsident und der mächtigsteMann im Wintersportwerden.

Ø VON JOSEF EBNER ( CORTINA )

Seit Swiss Skiund nichtmehr der ÖSV im Skisport das Tempovorgibt, heißt esin Österreich, der Schweizer Aufstieg sei nur dank der Tipps von Peter Schröcksnadel möglich gewesen. Wollen Sie das einmal richtigstellen? Urs Lehmann: Jaja,dasist der Peter,der dasso darstellt. Vonmir aus. Dasmag ichihm auchgönnen, meinemlieben Freund. Von Entwicklungshilfe zureden, wäre inmeinen Augenübertrieben. Selbstverständlich arbeiten wir eng zusammen, selbstverständlichhaben wir das einoder andere von euch abgeschaut. Ich weiß aber auch,dass ihr das eine oder andere vonuns abgeschauthabt. Ich würde sagen,dass wir gegenseitig die Systeme vorantreiben. Österreich warschon auf sehrhohem Niveau, wirhaben das Potenzialin den vergangenen zehn Jahren ausgelotet. Wirsind jaähnlichgelagerteLänder, ähnlichgroß, mit dem Skisport als absoluter Nummer eins, so wie ich das wahrnehme in Österreichsogarnoch mehr als in der Schweiz. In Cortina sindbeideNationen voll vorn dabei,es ist ganz wichtig, dass man diesen Zweikampfauch zelebriert,dasist, was die Leute zu Hause vor dem TVSchirm hält, das ist, was Sponsoren bringt und unseren Sport auch voranbringt.

Und was zeichnet die Schweizer Spitzenläufer dieser Tageaus? Es gibt bei den Herren keine Einzelteams, aber wir haben kleine Mannschaften, die in sich sehr homogen sind. Talente wie Lo¨ıc Meillard oder Marco Odermatt konnten wir so im Teamnachziehen. Und wenn duin der Abfahrtjemandenhast wieBeat Feuz, dann musst dunur zusehen, dass alle in seinem Windschatten bleiben und die Jungenin den Windschattenkommen. Dannhast du automatisch Zugpferde.

Die überragendeSchweizerinin Cortina ist aber Einzelkämpferin Lara Gut-Behrami. Wie ist Ihr Verhältniszuihr? Ich würde sagen,esistgut. Wirhaben auch Gespräche. Wennsieeinmal ansteht,dannruftsie mich an. Ich binsichernichtihr erster Ansprechpartner, aber das Verhältnis zwischen Verband undLara istnichtso angespannt, wie es in den Medien hochgespielt wird. Dasstimmt einfachnicht,Lara macht im Training viel mit uns mit, da gibt es einenguten Dialog.

Sie stellen sichim Juni der Wahlzumneuen FIS-Präsidenten. Wie läuft Ihr Wahlkampf? Oder ist hinter den Kulissen längst alles ausgemacht? Es gibt die einen, die sind sehr progressiv, so dass es alle sehen. Ich bin eher der Meinung,dassman dashinter den Kulissenmachenmuss. Weilichnoch seltenjemandenin der Politikgesehen habe,derlautunterwegs warund zum Schluss auchgewonnenhat.

Wie aber gelang der Aufstieg aus der Schweizer Ski-Krise zur Nummer eins? War es einfachmehr Geld? BessereJahrgänge? Dassind sehr vielePuzzlesteine,die zusammenpassen. Als ich übernommen habe (2008,Anm.), hatten wir ein Budget von 26 Millionen Franken, heute sind wir bei60 Mio.(55Mio. Euro), und es steigt immer noch (zum Vergleich: ÖSV-Gesamtumsatz knapp 90 Mio. Euro,Anm.). Fürmichistklar:Wenn man an dieSpitze will, mussman finanzielleMittelhaben, umin den Sport zuinvestieren. Esist aber eineHenneund-Ei-Frage:Musst du zuerst dieAthletenhaben, um für Sponsoren attraktiv zu werden, odermusst du zuerst Sponsorenhaben,damit du Athleten formen kannst? Dasistirgendwie iterativ. Ich glaubeaber,dass wiruns beidseitig als ganzes Team, und indem wir die richtigen Leute rekrutierthaben, so entwickelnkonnten.

Apropos progressiv:Wie reformfreudig ist der Skisportüberhaupt? Vieles ist ja sehr gut, das darf man nichtunterschätzen. Es brauchtkeine Revolution,aber es braucht eineEvolution. Wennich dasmit einem Wort beschriebenmüsste,dann wäredas„die nächsteGeneration“. Wie wenn Ihr Vater ein Geschäft aufgebauthatundes in IhreHände gibt –esist wichtig,dass man schätzt, was gemacht wurde, aber auch, dass man die Gedanken der nächsten Generation einbringt. Wirreden von Technologie, Digitalisierung. Wirmüssen esschaffen,dass wir den Skisport dieser Generation nahebringen,entlang den Bedürfnissen von Zuschauern,KundenundSponsoren.

Sie wollen den Sportlernäher ans Publikum bringen,denken auchüber Interviewsund Live-Bilder aus dem Startbereichnach. Wie kommt das bei den Athleten an? Bei den Läufernsowiesogut. Aber man muss natürlich immer wieder sagen, der

investieren. Unddas Einfachste ist China, wo der Präsidentsagt,er willstatt heute fünf Mio. in Zukunft 300 Mio. Skifahrer. Wenn ich denen Material verkaufen kann, dann hilft das dem System. Das ist eine relativ einfache, aber betriebswirtschaftlicheRechnung.

Kommentatoren meinen, dass es u. a. wegen Chinas Unterdrückung in Hongkong an der Zeitwäre, über einen Olympia-Boykott von Peking 2022nachzudenken. Es geht um das Thema, wo wir unseren Sportlangfristighinentwickeln wollen. Ichkenne nicht alleDetails, wiesoman boykottieren sollte, da wird es, hoffe ich, gescheiteGründe geben. Wenn es keine gescheiten Gründe gibt, sollte manunbedingtnach China gehenund unserer Wintersport-Community eine guteChancefür dieZukunftgeben.

Skifahren in der Pandemie hat polarisiert, mit Ischgl,geöffneten Liften. Welches Bild gibt der Skisport geradeab? Ichsehedas anders. Sie und ichstehen hierin Cortina,der Sportläuft,esgibt keineCoronafälle odernurganz ganz wenige. Auf der ganzen Welt finden FIS-Veranstaltungen statt, die Jugend kann Sport machen, wir können ihr einePerspektive geben. Wie sind sehr privilegiert im Moment. Selbstverständlichhat es Nebengeräusche gegeben,aber der Sporthat bewiesen,dass die Schutzkonzepte funktionieren. Ischgl war, bevor wir diese Konzepte hatten. Und wenn dieDingefunktionieren, gibt es fürmichkeinen Grund, wieso man das abstellen sollte. Ich sage:Wirmüssen dieVorgaben einhalten,aber ansonstenmüssen wir weiterleben. Wenn wir alles einstellen,bricht irgendwann alles zusammen. Hier ist dieRechnungrelativ einfach:Wenn es keinen Weltcup, keineWM gibt,dann bricht die FIS zusammen. Und das müssen alleLeute verstehen.

g Nachfolge von Gian Franco Kasper (SUI), im Junisoll gewählt werden. Privat Lehmann lebt mit EhefrauundExFreestyle-Skifahrerin Conny Kissling,59, undder gemeinsamen Tochterim Kanton Aargau.

Alsmöglicher FIS-Chef werden Siees dann mit einem neuen ÖSV-Präsidenten zu tun bekommen. Peter Schröcksnadeltrittheuer ab, wenwünschen Sie sich als Gegenüber? Ich schätze die Zusammenarbeit mit Peter Schröcksnadel extrem. Erist ein Visionär,erhat für den Skisportnicht nur in Österreich, sondern weltweit sehr vielgetan. Ichhoffeeinfach,dass der Nachfolger in diese sehr großen Schuhe hineinfindet. Von Beginn weg wirddasschwierigsein. Ichglaube,da mussman ein bisschen Demuthaben, das dauert zwei,drei Jahre,bis derjenige in diese Schuhe hineinwächst. Aber ich gehe auch hier davon aus, dass Peter gescheit genug ist, um zu wissen, wem ersein Erbeanvertraut.

Die Tipps werden dann also von der Schweiz nach Österreich kommen? Wir sind offen. Die Tipps aus der Schweiz gab es auch schon in der Vergangenheit. Vielleicht werden es ein wenigmehrsein. Aber wichtigist,dass sie hin- und hergehen, die Tipps. ø

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