Ausgabe 3/16
bewegt Helfen mit Herz und Hand
WANN MACHT HELFEN SINN? Irak Ukraine Thema
Kein Weinen mehr Der vergessene Krieg Sinnvolle Hilfe – keine leichte Aufgabe
>>Inhalt
Global Aid N e t w o r k
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Kein Weinen mehr Heimatlos seit zwei Jahren
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Veränderte Menschen verändern die Welt Chefsache
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Der vergessene Krieg Zwischen Keller und Kanonen
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Sinnvolle Hilfe – keine leichte Aufgabe Titelthema
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Updates Aktuelles aus den GAiN-Projekten
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GAiN Aktiv Termine, Angebote So helfen Sie mit!
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Verwaist mit drei Jahren Yslender aus Haiti
KALENDER Einige der Motive:
2017
Global Aid Network (GAiN) ist eine internationale Hilfsorgani sation, die seit 1990 in vielen Ländern der Welt humanitäre Hilfe leistet. GAiN möchte ein weltweites Logistiknetzwerk für humanitäre Hilfe aufbauen und arbeitet eng mit anderen huma nitären Hilfswerken, Produktions firmen und Privatpersonen zusam men. Auf diese Weise können wir in akuten Notsituationen schnell auf die Bedürfnisse von betrof fenen Menschen reagieren, die benötigten Hilfsgüter organisie ren und diese umgehend und kostengünstig in die Zielgebiete transportieren. Die zuverlässige Verteilung der Spenden in den betroffenen Regionen stellen unsere meist einheimischen Partner sicher. GAiN ist der Partner für humanitäre Hilfe von Campus für Christus.
Impressum Herausgeber: Global Aid Network (GAiN) gGmbH Am Unteren Rain 2, D-35394 Gießen Tel. 0641-975 18-50 Fax 0641-975 18-41 Redaktion: Birgit Zeiss, Harald Weiss Gestaltung: Claudia Dewald Erscheinungsweise: vierteljährlich, der Bezugspreis ist im Mitgliederbeitrag enthalten. Vertrieb: GAiN Deutschland Fotos: Claudia Dewald oder privat
Jetzt bestellen! Per E-Mail: Per Telefon:
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Info@GAiN-Germany.org 0641-97518-50
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Form ,95 mit at : 34 E x28 Sp rück iralbind cm, s e i zusä tig m ung, Kale tzliche it m für Nndarium otiz en.
Spendenkonto: GAiN gGmbH Volksbank Mittelhessen IBAN DE88 5139 0000 0051 5551 55 BIC VBMHDE5F
Für Leute mit Durch blick
Helfen. Liebe Leserin, lieber Leser, wenn ich etwas nicht gut machen kann, dann lasse ich es lieber. Lieber gar kein Ergebnis als ein schlechtes abliefern. So lautet eines meiner verinnerlichten Lebensmottos. Ich backe meinen Kuchen lieber nach dem besten Rezept, als nach Versuch und Irrtum vorzugehen. Dass diese Haltung nicht immer der Weisheit letzter Schluss ist, ist mir bewusst. Aber was hat Backen mit Hilfe zu tun? Es gibt immer mehr Fachbücher, Richtlinien, Diplomarbeiten, die sich mit der Qualität von humanitärer Hilfe befassen. Sie enthalten wunder bare Listen, Voraussetzungen, Anleitungen. Wir von GAiN setzen uns vermehrt mit solchen Qualitätsansprüchen an Hilfe auseinander. Sie helfen uns, besser zu werden und manche dummen Fehler zu vermei den. Und doch gibt es kein Hilfe-Kochbuch mit den besten Rezepten, die wir immer und überall anwenden können. Die Erfahrungen zeigen, dass Helfen etwas komplizierter ist als: „Man nehme ein paar Spenden und bringe armen Menschen ein Hilfspaket.“ Lesen Sie in diesem Heft, welche Fragen wir uns stellen, zu welchen Antworten wir kommen, und warum es nicht nur gute oder schlechte Hilfe gibt. „Wenn wir nicht die Welt retten können, dann helfen wir lieber gar nie mandem.“ Dass ich nach dem Arbeiten an dieser Ausgabe der „bewegt“ eben nicht zu diesem Schluss kommen muss, freut mich. Um bei dem Beispiel vom Backen zu bleiben: Nicht jedem muss mein Kuchen schmecken. Es geht um Menschen, nicht um Pakete. Jeder Einzelne zählt, nicht die Masse. Selbst wenn wir von GAiN nicht die Welt retten können, verändern wir doch Lebensumstände! Dann kann sogar jemand wie ich mitmachen. Und Sie können es auch. Lassen Sie uns zusammen sinnvoll helfen! Herzlich, Ihre
Birgit Zeiss, Redaktion P.S.: Wenn Sie Menschen helfen und Urlaub machen miteinander verknüpfen wollen, dann werfen Sie einen Blick in unsere Beilage „Reisen mit Herz“.
Mit Herz und Hand. Wir suchen engagierte Mitarbeiter/innen: Projektleiter/in für Auslandsprojekte (in der Gießener Zentrale) Gemeindereferent/in Assistent/in für verschiedene Bereichsleiter Logistikleiter/in Mitarbeiter/in im Bereich Öffentlichkeitsarbeit (Online-Redaktion)
Weitere Infos:
GAiN/Campus für Christus Personalabteilung Postfach 100 262, 35332 Gießen Tel. 0641-97518-33 Personal@campus-d.de oder auf unserer Webseite: Der Bewerbungsprozess wird von der Personalab teilung von Campus für Christus e.V. durchgeführt.
>>Irak
Kein Weinen mehr Heimatlos seit zwei Jahren Die Lage für die Menschen im Irak verschlimmert sich durch die Militäroffensive, durch die der IS zurückgedrängt wurde. Weitere Tausende müssen fliehen, viele von ihnen leiden schon mehr als zwei Jahre lang unter der brutalen Kontrolle der IS-Leute.
Joanna Fischer (links) mit Miriam*, einer jungen irakischen Christin, die vor zwei Jahren aus Karakosch geflohen ist.
*Name aus Sicherheitsgründen geändert
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Alltag im „vertikalen Camp“, wie es die Einheimischen nennen, da dieses Flüchtlingslager höher als breit ist.
„Ich vermisse alles, was es dort gab – bis hin zum Duft der Blumen.“ Miriam*
Das Erdgeschoss des Rohbaus, das eigentlich die Rezeption des geplanten Hotels beherbergen sollte, dient den Bewohnern mal als Markthalle, mal als Fußballplatz.
J
oanna Fischer, GAiN-Projektleiterin für den Irak, hat im Juni 2016 die Mitarbeiter unserer Partnerorganisationen in der autonomen Region Kurdistan besucht. Ihre Eindrücke schildert sie so: Viele Menschen sind von ihren schlimmen Erlebnissen traumatisiert, mussten vor Waffengewalt bei 50 Grad Hitze durch Minenfelder fliehen, ohne genug Trinkwasser mitnehmen zu können. Man erwartet einige tausend neue Flüchtlinge in der autonomen Region Kurdistan in diesen Tagen. Immer neue Lager werden für solche Menschen errichtet, aber ihre Versor gung lässt zu wünschen übrig und überfordert die Verantwort lichen.
Flüchtlinge in Erbil Unsere Partner in Erbil besuchten vor kurzem ein Lager, in dem mehr als 40.000 Menschen leben. Geschockt von den Verhält nissen dort haben die Mitarbeiter uns gebeten, hier verstärkt zu helfen. Sie brauchen vor allem Wasser, Brot, Grundnahrungs mittel, Obst und Gemüse. Weil es kaum Arbeitsplätze oder Ver dienstmöglichkeiten gibt, bleiben die vielen Familien weiter auf fremde Hilfe angewiesen. Die regelmäßigen Nahrungsmittel pakete sind jetzt nötiger denn je, da manche Hilfsorganisati onen ihre Unterstützung in Form von Lebensmitteln bereits ein gestellt haben. Wir helfen unseren Partnern mit Spenden auch dabei, in zwei Lagern die Wasserversorgung durch Tanklaster sicherzustellen. Die Hilfe geht aber weit über körperliche Be dürfnisse hinaus. Trösten, Beraten, Beten sind manchmal wich tiger, als Hunger und Durst zu stillen. Unsere Partner können das sehr gut, denn sie alle haben das durchgemacht, was viele Flüchtlinge erlebt haben. Die Frauen unter ihnen bieten zum Beispiel regelmäßige Treffen für christliche Frauen an, bei denen sie diese mit Referaten und Gesprächen ermutigen und seelisch stärken.
In diesem Rohbau, aus dem ein Hotel werden sollte, leben 150 Flüchtlingsfamilien. Jede Familie hat einen Raum zum Leben, zum Schlafen, zum Essen. Auf jedem Flur gibt es Kochgelegenheiten. Immer zwei Familien müssen sich einen Herd teilen. Duschen und Toiletten werden von vielen benutzt.
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>>Irak
SO KÖNNEN SIE HELFEN Wir versorgen ca. 300 Familien monatlich mit Lebensmittel- und Hygienepaketen, deren Inhalte vor Ort eingekauft werden. Seit kurzem helfen wir auch finanziell mit, dass zwei Lager ausreichende Wasserlieferungen erhalten. • Mit 50 € ermöglichen Sie, dass eine Familie ein Paket mit Lebensmitteln und ein Paket mit Hygieneartikeln für einen Monat erhält. • Mit 120 € bezahlen Sie einen Frischwassertransport in ein Lager. Pro Tag werden dort zehn Lieferungen benötigt. • Mit 300 € kommen Sie für die Ausgaben auf, die unsere Mitarbeiter monatlich für die Beratung, Seelsorge, Schulung und gemeinsamen Aktivitäten für 600 Flüchtlingsfrauen einsetzen. • Mit 2.000 € ermöglichen Sie, dass ein Student ein Jahr lang sein Studium an der Universität fortsetzen kann.
Spendenkonto:
GAiN gGmbH, Volksbank Mittelhessen IBAN DE88 5139 0000 0051 5551 55 BIC VBMHDE5F Verwendungszweck: Irak
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Durch die Unterstützung von GAiN können Frauen wie Miriam im Irak bleiben und müssen sich nicht auf den Weg nach Deutschland machen.
Ihr sollt weiterleben Ich interviewe Miriam*, eine junge irakische Christin, in einem großen betonierten Raum im fünften Stock ihres Lagers für Flüchtlinge. Die drückende Hitze des Tages liegt immer noch im Raum, obwohl die Sonne schon seit ein paar Stunden un tergegangen ist. Die Schreie spielender Kinder im Treppenhaus dringen gedämpft durch die Tür und bilden den Hintergrund für unser Gespräch. Ähnlich wie viele andere lebt auch Miriams Familie jetzt ganz anders als früher. Zwei Jahre, nachdem sie aus ihrer Heimat in Karakosch vertrieben wurden, können sie einen wenige Quadratmeter großen betonierten Raum ihr Eigen nennen. Die Koch- und Duschmöglichkeiten teilen sie sich mit ungefähr 35 anderen Familien. Es gibt keine Stromversorgung außer der, die durch einen Generator erzeugt wird, und die Wasserversorgung stammt von großen Wassertanks, die immer wieder aufgefüllt werden müssen. „Ich habe in einer wunder schönen Stadt gewohnt” sagt sie mit einem sehnsüchtigen Lä cheln. „Ich vermisse alles, was es dort gab – bis hin zum Duft der Blumen. In unserem Haus war es so still, dass man eine Stecknadel fallen hören konnte.” „Hier zu leben ist sehr schwie rig, und die Tatsache, dass wir hier alles teilen müssen, macht es noch schwieriger. Die Menschen hier sind müde und deshalb kommt es zu vielen Problemen untereinander.” „Als wir Kara kosch verließen haben wir die ganze Zeit nur geweint… und irgendwann mussten wir uns sagen ‚kein Weinen mehr‘. Wie hätten wir sonst jemals aufhören können zu weinen. Es war fast so, als ob Gott sagen würde: Ihr sollt weiterleben, euer Leben soll weitergehen.” Miriam hat erst letztes Frühjahr als Klassenbeste ihr Bachelor-Studium in Englisch abgeschlossen. Jetzt träumt sie davon, ihren Master zu machen. „Ich möchte unterrichten. Ihr mögt es vielleicht seltsam finden, aber ich will nicht für Geld unterrichten. Ich finde, es ist meine Verantwortung, das, was ich gelernt habe, weiterzugeben. Warum sonst habe ich es ge lernt?” Diese junge Frau, die sich so gut ausdrücken kann und mit so viel Würde durch ihre schwierige Situation geht, ist ein Lichtblick für mich und sicher auch für andere in ihrer schlim men Lage. Sie macht mir Hoffnung, dass es vielleicht doch eine Zukunft für diese heimatlosen Menschen gibt. Joanna Fischer
>>Thema
Veränderte Menschen verändern die Welt
Chefsache Was GAiN-Leiter Klaus Dewald bewegt
Manchmal gehen wir als Helfer mit guten Absichten an ein Projekt heran und geben unser Bestes. Aber wir vergessen, dass es vor Ort eine andere Mentalität, eine andere Kultur und eine andere Historie gibt. Auch wir von GAiN wa ren schon zu naiv in unseren Absichten und mussten durch Erfahrung lernen.
ehmen wir das Beispiel Wasser. Irgendwo auf der Welt fehlt in einem Dorf mit 1.000 Bewoh nern Trinkwasser. Wir wollen helfen, damit Menschen nicht dahin siechen. Aber wenn wir einen Brunnen bohren und das Umfeld nicht miteinbe ziehen, haben wir bald ein neues Pro blem geschaffen. Innerhalb von zwei Jahren werden in demselben Dorf 5.000 Menschen leben, weil es dort ausrei chend Wasser gibt. Aber dann kann das Land nicht mehr genug Nahrung für alle hervorbringen. Die Folge? Wir haben etwas Gutes geleistet, aber gleichzeitig haben wir auch eine neue Not geschaf fen. Ist es richtiger, gar nichts zu tun und 1.000 Menschen verdursten zu las sen? Sicher nicht! Trotzdem müssen wir im Blick behalten, dass wir die Gesamt situation verändern, wenn wir irgend wo eingreifen, und nicht nur das, was wir unmittelbar und direkt beeinflussen wollen.
Nichtstun oder Eingreifen? Für die Hilfe in Katastrophenfällen gel ten besondere Regeln. Wenn es um das
nackte Überleben geht, muss man mit Kleidung, Medizin, Wasser und einem Dach über dem Kopf helfen. Erst danach stellt sich die Frage, was langfristig in dem bestehenden System geschieht, weil ich eingreife. Für GAiN gilt: Ich halte nichts von einer Hilfe, bei der ich nur „Lieferant“ bin. Wenn ich hilfsbedürftigen Menschen nicht begegnen oder mit ihnen arbeiten kann, ist das für mich keine sinnvolle Hilfe. Deutlich wird das zum Beispiel in Haiti. Nach dem Erdbeben wurden dort viele neue Häuser gebaut, doch das Land steht heute fast am gleichen Punkt wie vor der Katastrophe, weil die Menschen sich nicht verändert haben. Es geht näm lich nicht darum, Hilfe abzuliefern, es geht darum, dass sich Menschen ändern.
Nachhaltige Hilfe In unseren Kinderheimen in Haiti und Uganda sehe ich gute Ansätze. Hier wachsen Kinder heran, die von Werten geprägt sind. Wenn sie erwachsen sind, können sie ihre Umgebung ändern, weil sie selbst verändert sind. Ein Waisenkind in Haiti hat zum Beispiel mit unserer Hilfe eine Ausbildung gemacht und ist heute Arbeitgeber für vier andere. Die Kinder
im Heim lernen, Müll zu trennen und zu entsorgen. In Uganda lernen Teenager mädchen, dass sie mit ihren Fähigkeiten Geld verdienen können. Sie landen nicht in der Prostitution, wie viele andere. Hier entsteht neues Denken. Hier grei fen neue Werte. Und genau darum geht es! Wenn eine Mutter keine Hoffnung hat, haben ihre Kinder keine Zukunft. Aber wenn ich diesen Zustand verändern kann, habe ich etwas erreicht.
Menschen involvieren Das gilt übrigens auch für uns selbst. Auch in unserem Land geht es mir zuerst um veränderte Menschen und dann erst um Hilfsgüter oder Spenden. Ich wün sche mir, Helfer zu involvieren, und dass viele einen Blick für die Not der Men schen in unserer Nachbarschaft bekom men. Beim Besuch von Sammelstellen sage ich oft: Ich brauche weder Schuhe noch Kleidung, ich brauche euch. Und wenn dann ein Kind seinen Lieblings teddy in einen Schulranzen steckt und ihn weggibt, weil es einem anderen Kind in Not helfen will, dann ist es genau das, was ich sehen will: Veränderte Menschen verändern die Welt.
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>>Ukraine
Der vergessene Krieg Zwischen Keller und Kanonen
Katerina T. mit ihren Kin dern nach der Flucht aus dem Kriegs gebiet.
ch habe drei Kinder. Mein ältester Sohn ist zehn, meine Tochter neun Jahre und mein jüngster Sohn fünf Monate alt. Ich bekomme 2.000 Griwna (umgerechnet ca. 68 Euro) im Monat, wovon ich das meiste für Haferflocken und Windeln ausgebe. Manchmal, aber nicht oft, bekommen wir Windeln geschenkt. Als der Beschuss anfing, waren meine beiden älteren Kinder al lein zu Hause, ich war im achten Monat schwanger. Unser Haus wurde damals von drei Granaten getroffen, weshalb wir große Angst hatten und zunächst in das Haus meiner Eltern gegan gen sind. Dort warteten wir, dass das Granatfeuer aufhört, aber die Separatisten schossen jeden Tag, jede Stunde. Ich habe unter Granatenbeschuss meinen jüngsten Sohn gebo ren. Wir lebten sechs Monate im Keller, ohne elektrischen Strom, ohne Wasser oder Gas. Wir kochten auf Lager feuern und mussten zwei Kilometer laufen, um etwas Wasser zu holen. Mein Ältester wurde auf dem Weg zum Wasser holen beinahe getötet. Mo natelang hatten wir kein Brot.
Hoffnung auf Frieden Als die Situation irgend wann untragbar wurde, ver ließen wir die Stadt. Es war eine Flucht mit nichts außer dem, was wir mit den eige nen Händen tragen konnten und Geld für nur einen Monat. Wir mieteten eine Wohnung in Kramatorsk, wo wir im Bus Menschen trafen, die uns dann geholfen haben, Fuß zu fassen. Hoffentlich ist der Krieg bald vorbei, dass wieder Frieden herrscht und wir aus dieser schreck lichen Situation herauskommen. Ich erwarte nicht mehr, dass wir unser Haus zurückbekommen. Wahrscheinlich könnte man es derzeit noch reparieren, aber der Krieg ist auch noch nicht vorbei. Man streckt die Hände aus und betet: „Herr, wann wird
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„Ich schließe die Schule mit Bestnoten ab, werde ukrainische Präsidentin und beende den Krieg. Dann können alle Kinder wieder zur Schule gehen.“ Sofia, sechs Jahre, als man ihr einen gefüllten Schulranzen überreicht. D E R V E RG ESSENE KRIEG I N DER UKRAINE Die Ukraine ist der größte Flächenstaat Europas. Bewohnt wird sie hauptsächlich von Ukrainern und Russen. Als die Bevölkerung im sogenannten Euromaidan 2013 eine Annäherung an die EU forderte, kam es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen und dem Sturz der Regierung. 2014 eskalierte die Spannung zwischen prorussischen und ukrainischen Milizen. Die Halbinsel Krim wurde von Russland annektiert und in der Ostukraine begannen Gefechte. Trotz mehrerer Friedensvereinbarungen (Minsk I und II) dauert dieser Krieg bis heute unverändert an und fordert täglich Todesopfer.
das alles aufhören? Gott, bewahre uns vor diesem Krieg, möge diese Bombe die letzte sein. Gott, bewahre uns!“. Diesen Bericht gab Katerina T., als die Mitarbeiter der christ lichen Gemeinde Lutsk sie 2015 besuchten und ihr Hilfsgüter brachten. So wie viele andere Landsleute konnte sie bis heute nicht zurück in ihre Heimatstadt. Der Krieg gärt immer noch, auch wenn die Medien kaum noch darüber berichten. Seit sei nem Beginn (Februar 2014) starben über 9.000 Menschen, wur den über 20.000 verletzt und mussten zwei Millionen aus ihren Heimatorten fliehen. An den Fronten kommt es immer noch zum gegenseitigen Beschuss, und auch internationale politische Bemühungen um Frieden scheinen keinerlei Fortschritte zu er zielen.
Zufälle, die keine sind Die GAiN-Partnerorganisation mit ihrem Sitz in der Westukraine setzt sich seit Beginn des Krieges verstärkt für die Menschen ein, die aus dem Osten in den sicheren Westen geflohen sind. Die Mitarbeiter der christlichen Gemeinde helfen dabei, Unter künfte zu finden und zu finanzieren. Sie wagen sich aber auch mit Hilfstransporten in das gefährliche Gebiet im Osten. Mehr als 1.000 Familien, die in Flüchtlingslagern oder Gemeinden Unterschlupf fanden, erhielten Hilfe. Bisher fanden 15 solcher Transporte statt. Bei einem dieser Transporte besuchten die Helfer eine zer bombte Schule. Für die Renovierung hatte die Regierung dem Bürgermeister nur ganz wenige öffentliche Gelder zugesagt. Umso mehr freute er sich, als die Helfer Schulmöbel aus einer deutschen Schule im Gepäck hatten. Sie waren durch ein Verse hen falsch bestellt worden und wurden GAiN zur Verfügung ge stellt. Ebenfalls „zufällig“ auf der Ladeliste standen Bäckereiöfen. Im Ankunftsort freute man sich riesig, weil die örtliche Suppen küche der christlichen Gemeinde diese Geräte gut gebrauchen kann. Auch die Schulranzen aus Deutschland sind jetzt hoch be gehrt. Denn bei sinkenden Löhnen, zunehmender Inflation und steigenden Lebensmittelpreisen bedeutet ein Schulranzen puren Luxus. Viele Menschen fragen jetzt nach Hilfsgütern, die es vor her nicht nötig hatten. Die frühere Mittelschicht gibt es nicht mehr. Unsere Mitarbeiter helfen jetzt sogar im früher reichen Kiew oder in Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine. Birgit Zeiss
Von Granaten zerschossene Wohnhäuser in der Ost ukraine.
Pastor Rudy nets und seine ehrenamtlichen Helfer unserer Partnergemeinde aus Lutsk vertei len Hilfsgüter aus Deutschland an Bedürftige und soziale Einrich tungen.
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>>Thema
Sinnvolle Hilfe – keine leichte Aufga
GR FI KE N VON FR EEPI K
Über die Tücken des Selbstverständlichen
„Wir sind nicht angetreten, um Fehler zu vermeiden, sondern um Menschen zu helfen.“ Klaus Dewald
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Familie Lepere aus Lettland erhielt durch den Baueinsatz 2012 wieder Motivation, ihr Leben in die Hand zu neh men: Sie renovierten ihr Wohnzimmer mit den zurückge lassenen Baumaterialien selber.
Veronica war HIV-positiv als sie als Baby ins Kinderheim Arche Noah in Uganda kam. Heute ist der Erreger im Blut nicht mehr nachzuweisen. Sie kümmert sich gerne um andere Menschen, insbesondere Babys.
frika? Da will ich nie hingehen, denn Afrika ist nicht zu helfen.“ So kategorisch lehnte GAiNLeiter Klaus Dewald früher ein humanitäres Engagement im schwarzen Kontinent ab. Der Grund? „Ich bilde mir nicht ein, es besser zu können als all diejenigen, die sich dort seit 50 Jahren oder länger engagieren.“ Und viele prominente Stimmen geben ihm recht. Die sambische Ökonomin Dambisa Moyo schrieb ein Buch zum Thema: „Dead Aid: Warum Entwicklungshilfe nicht funktioniert und was Afrika besser machen kann“. Sie unterstreicht immer wieder: „Hört auf, uns zu helfen, eure Hilfe hindert uns, uns selbst zu helfen.“ Was müssen wir bedenken, damit die Hilfe nicht in eine Fass ohne Boden fällt? Dass es kompliziert ist, nachhaltig zu helfen, steht außer Fra ge. Denn Nächstenliebe, Mitleid oder visionäre Ideen schützen nicht vor Fehlern. Jeder, der humanitäre Hilfe leistet, kann ein Lied davon singen. Gut gemeint ist eben noch lange nicht gut gemacht. Doch was wäre die Alternative? Fehler vermeiden und nicht helfen? In unterschiedlicher Form wird diese Frage immer wieder an die Mitarbeiter von GAiN herangetragen und sie stel len sich auch selbst damit infrage. Effektivität ist ihnen wich tig, doch Zahlen beherrschen nicht ihr Denken. „Was ist uns ein Menschenleben wert?“, bringt Klaus Dewald die Spannung auf den Punkt. Und er betont: „Wir sind nicht angetreten, um Fehler zu vermeiden, sondern um Menschen zu helfen.“ Genau dabei spielen aber kritische Fragen eine immens wichtige Rol le: Wem soll geholfen werden – und wem nicht? Was sind die Ziele von Hilfeleistungen? Was tun, wenn man als Helfer nicht gewinnen kann? Jedes dieser Fragezeichen zielt aufs Herz der humanitären Hilfe und braucht eine Antwort. Eine Antwort, die nicht vom grünen Tisch her kommt, und die sowohl für Spender und Unterstützer als auch mitten in einem Flüchtlingscamp im Irak noch tragfähig ist.
Hoffnung erzeugen Fast jeder weiß, dass es nichts mit Marxismus zu tun hat, wenn man sich bewusst ist, dass die eigenen Ressourcen begrenzt
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Elena aus Armenien lebte mit ihren Kindern in einem rostigen Container. Durch die Hilfe von GAiN kann sie ein Haus bauen und durch die Begleitung der Mitarbeiter hat sie neue Kraft für ihr Leben geschöpft.
sind. Alle anderen überzeugt meist ein Blick ins eigene Portmo müssen involviert werden. Das Ziel ist, dass sie sich verändern. nee. Auch Hilfswerke wie GAiN können jeden Euro nur einmal Das bedeutet nicht, dass ein Afghane deutsch denken sollte. ausgeben, deshalb stellt sich vor Ort sehr oft die Frage: Wem Das wird er sowieso nie. Aber er darf nicht in Abhängigkeiten können wir helfen? Und in der Konsequenz daraus: Wem helfen hineinwachsen, in das scheinbare Wissen, dass immer irgend wir nicht? Einfach ist diese Frage nie. Schließlich geht es dabei ein Europäer am Horizont auftauchen wird, der ihn aus allen Schwierigkeiten herausholen kann. um Menschen, um ihre Zukunft, vielleicht um ihr Überleben. Genau um diese Veränderung geht es auch bei zahllosen Konkret wurde diese Problematik auch bei einem Baueinsatz in Lettland. Die Reiseteilnehmer von „Lettland erleben“ helfen Projekten von GAiN, die Mädchen und jungen Frauen helfen. dabei einer Familie, indem sie ihr Haus renovieren und es damit Am Anfang steht oft ein beherztes Anpacken, weil sonst Hil wieder bewohnbar und zu einem echten Zuhause machen. Eine fe gar nicht möglich ist. Wer nur darauf wartet, bis sich Hil lettische Mitarbeiterin schlug vor: „Wir nehmen diese Familie. fe zur Selbsthilfe entwickelt, der wartet meist sehr lange … Gerade Frauen und Mädchen haben oft im Sie brauchen Hilfe und ihr Haus ist am einfachs Kontext von Drittwelt-Staaten nur wenige ten zu renovieren …“ Sicher wäre es nicht verkehrt Möglichkeiten, etwas zu verdienen. Damit gewesen, ihnen zu helfen, doch Klaus Dewald ent ist für viele von ihnen der Weg in die Prosti schied sich für eine andere Familie. Warum? „Die tution vorgezeichnet. GAiN setzt an diesem erste Familie hat noch gekämpft, die andere exis Punkt an und kümmert sich um Bildung und tiert nur“, ist seine Antwort. Ausbildung. Doch das ist nicht genug. „Wir Dahinter stecken Erfahrung, die Werte von wollen nicht am Ende gebildete Prostituier GAiN und nicht zuletzt das Prinzip Hoffnung. Nie te haben“, stellt Klaus Dewald klar. Deshalb mand kann jedem Bedürftigen helfen. Und manch haben das Zusammenleben und das Vermit ein Mensch in Not kommt auch allein wieder teln von Werten denselben Stellenwert wie auf die Füße, weil er noch Perspektive hat, noch Martin Luther die klassische Bildung. Eine Frau, die lesen kämpft. Aber manch einer hat bereits aufgegeben und schreiben kann, die mit ihrem Beruf Geld und ist gerade dabei unterzugehen. Hier zu helfen, erzeugt vielfache Hoffnung. Menschen, die sich und ihre Familie verdient und die außerdem weiß, dass sie als Mensch wertvoll bereits aufgegeben haben, sehen plötzlich Licht am Horizont. ist, gerät nicht so einfach in die Falle der Prostitution. So be Sie erleben, dass sich andere für sie einsetzen. Sie erfahren, wie ginnt wirkliche Veränderung. Eine Veränderung, die auch in die ihre Gebete erhört werden. Und deshalb schöpfen sie wieder nächste Generation weitergetragen wird. Dazu ist ein langer Hoffnung. Diese Hilfe geht dabei weit über materielle Unter Atem nötig. stützung hinaus, denn sie unterstreicht: Du bist nicht vergessen. Andere sind gekommen, um dir zu helfen. Sie denken an dich … Wirtschaftliche Weisheit Das Spannende ist, dass dies nicht nur auf die eigentlichen Hilfs Schwächen Hilfslieferungen aus dem Ausland nicht die hei empfänger beschränkt bleibt, denn Hoffnung steckt an. Das ist mische Wirtschaft? Gerade in labilen Situationen? Natürlich auch die Erfahrung, die die Teams machen, die einer lettischen ja – und natürlich nein. Die Frage muss gestellt werden, doch Familie die Wohnung renovieren: Die Hoffnung wächst bei der auch hier gibt es keine allgemeingültige Antwort. GAiN bringt betroffenen Familie, bei ihren Angehörigen und Nachbarn, bei z.B. Erstlingsnahrung nach Uganda, weil sie dort kaum erhältlich der einheimischen Sozialarbeiterin und nicht zuletzt bei den ist. Und wenn man sie kaufen kann, ist sie unverhältnismäßig teuer. Dasselbe gilt für medizinische Artikel. GAiN transportiert Freizeitteilnehmern selbst. auch Kleidung nach Lettland oder in die Ukraine für Menschen, die so arm sind, dass sie sich eben keine Kleidung kaufen kön Es geht um veränderte Menschen „Entwicklungshilfe war und ist für die meisten Länder auch heute nen. Einerseits geschieht dies nicht in solchen Mengen, dass der noch ein politisches und humanitäres Desaster.“ Diese kritische Markt dort kollabieren könnte, andererseits würden die Emp Sicht von Dambisa Moyo ist absolut gerechtfertigt. Wer haupt fänger sowieso keine heimischen Produkte kaufen, weil ihnen sächlich Geld investiert, um schwierige Verhältnisse zu ändern, das Geld dafür fehlt. Hier überwiegt der positive Effekt, dass der muss fast zwangsläufig Schiffbruch erleiden und bewirkt oft durch Kleiderkammern oder Secondhandläden Arbeitsplätze mehr Schaden als Nutzen. Nur in der Katastrophenhilfe ist der entstehen und Menschen ihr eigenes Geld verdienen. In Län Fokus auf Nahrung, Kleidung, Medizin und ein Dach über dem dern wie dem Irak oder in Nepal gilt dies so nicht. Hier kauft Kopf sinnvoll. Ansonsten sind die Ziele von Hilfeleistungen nie GAiN die Hilfsgüter natürlich vor Ort. Wichtige Grundlage die Situationen, sondern immer Menschen. Und diese Menschen ser Entscheidungen bleibt die Flexibilität: Kein Konzept wird
„Denen, die wirklich arm sind, muss man helfen.“
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„Die Ziele von Hilfeleistungen sind nie Situationen, sondern immer Menschen.“
jeder Situation vor Ort gerecht. Und selbst in einem bestimm ten Einsatzland können sich die Voraussetzungen im Laufe der Zeit ändern.
Manchmal kann man nicht gewinnen Regelmäßig werden bei der Umsetzung von humanitärer Hilfe Fehler sichtbar. Damit steht – ausgesprochen oder stillschwei gend – die Forderung im Raum, diese Fehler abzustellen und stattdessen den „richtigen“ Weg zu gehen. Das hört sich ver nünftig an. Doch oft ist dies leider zu idealtypisch gedacht. So zuckt Klaus Dewald die Achseln und fragt zurück: „Was mache ich, wenn es kein Richtig und Falsch gibt, sondern nur Falsch? Ich verliere, wenn ich nicht helfe. Und ich verliere auch, wenn ich helfe. Manchmal kann man einfach nicht gewinnen. Deswe gen gar nicht zu helfen, ist aber keine Lösung.“ Humanitäre Hilfe findet eben nicht unter Laborbedingungen statt, sondern in Krisenregionen, unter der Herrschaft von kor rupten Regimes, in undurchschaubaren Situationen. Tatsäch lich kommen die Werte von GAiN besonders unter diesen Vo raussetzungen zum Tragen. Gerade, wenn im Land Korruption herrscht, wie zum Beispiel in der osteuropäischen Ukraine, sind klare Grundsätze wichtig wie zum Beispiel: „Wir beste chen nicht. Nie.“ Dadurch kann humanitäre Hilfe schwieriger werden, langwieriger, aber tatsächlich durch das Vorbild auch fruchtbarer. Denn wer echte Veränderung in einem anderen Land erreichen will, der muss sich selbst anders verhalten. Natürlich kam es auch bei GAiN schon vor, dass Menschen sich an Hilfsgütern bereichert haben. In Einzelfällen wurde auch die Zusammenarbeit mit einheimischen Partnern einge stellt. Doch in der Regel helfen Berichte und Überprüfungen allen Beteiligten dabei, die Hilfsgüter effektiv zu verteilen. Auch hier gilt: Dass es ab und an zu Missbrauch kommen kann, ist kein Grund dafür, nichts zu tun. Manchmal nimmt GAiN die Unzuverlässigkeit eines Partners sogar wissend in Kauf. Nordko rea ist zum Beispiel solch ein herausforderndes Land. Hilfe ist dort nur über die Regierung möglich. Vielleicht wird ein Teil der Hilfsgü ter abgezweigt, das lässt sich nicht verhin dern, doch Tatsache ist: Hilfe kommt auch an. Und es gibt keine Alternative, außer die Zusammenarbeit ganz zu beenden.
Prinzipien über Bord zu werfen, wenn sie sich als falsch erwei sen. „Nach Afrika will ich nie hingehen, denn Afrika ist nicht zu helfen“, war genau solch ein falsches Prinzip. Alle Fakten über Milliardenhilfen für den schwarzen Kontinent waren rich tig. Auch die Berichte über große Schwierigkeiten trafen hun dertprozentig zu. Doch solche Umstände haben GAiN noch nie daran gehindert zu helfen. Im Fall von Afrika brachten eine Einladung und eine Begegnung den Stein ins Rollen: Ein hollän discher Freund sprach Klaus Dewald an: „Du solltest unbedingt mal nach Afrika mitkommen.“ Der lehnte ab. Doch sein Freund blieb hartnäckig. Drei Jahre lang kam der Freund immer wieder mit seiner Anfrage und lud ihn schließlich sogar auf seine Ko sten ein. Und seine Hartnäckigkeit hatte Erfolg. In Uganda ange kommen, ging er die nächsten Schritte. Im Waisenhaus „Arche Noah“ bekam Klaus Dewald ein Baby in den Schoß gelegt. Eines dieser Kinder, die ausgesetzt wurden, die übrig waren, von de nen andere sagten: „Wirf das weg. Es ist Müll.“ Dieses Baby traf sein Herz. Er sah das Potenzial in ihm und wusste genau: „Wenn ich diesem Kind helfe, helfe ich Afrika.“ So begann die Arbeit von GAiN in Afrika.
Keine leichte Aufgabe Sinnvoll zu helfen ist nicht immer leicht, denn es gibt nicht nur gute oder schlechte Hilfe. Welche Kriterien hier entscheidend sind, ob die Vor- oder die Nachteile überwiegen, ist oft kompli ziert. Trotz Erfahrung und mancher objektiven Maßstäbe blei ben die Entscheidungen letztlich subjektiv. Und trotz Erfahrung und guter Vorsätze kommen Fehler vor. Doch hier sind sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von GAiN mit denen anderer Hilfswerke einig: „Nichts tun ist keine Lösung. Lieber ma chen wir aus guter Motivation Fehler, lernen daraus, korrigieren sie und ge hen weiter – aber wir tun etwas.“ Hauke Burgarth
Und plötzlich doch nach Afrika Sinnvolle Hilfe ist wirklich keine leichte Aufgabe. Trotz vieler Unwägbarkeiten ist es wich tig, dabei Prinzipien zu ha ben. Und manche dieser G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e g t 3-2016
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>>GAiN-Projekte
updates IS R A E L Während sich nur wenige Kilometer entfernt die IS-Truppen der aufständischen Syrer und der Regierung bekämpfen, kommt aus Israel das Signal: Die Arbeit von GAiN läuft gut. Sébastien Petrone aus Netanja hat weitere 50 Holocaust-Überlebende besucht, die Hilfe brauchen, und hat ihr Profil aufgenommen. Mit seinem Team arbeitet er un ter Hochdruck daran, weitere Überlebende zu unterstützen, denn das Zeitfenster für sie schließt sich. Immer mehr Holocaust-Überlebende sterben. Die übrigen kommen kaum noch zu den für sie geplanten Großveranstaltungen. So betreut und besucht Sébastian sie hauptsächlich zu Hause oder in den Kleingruppen, den Shalom-Häusern. Für die 50 „neuen“ Holocaust-Überlebenden können ab sofort Patenschaften über nommen werden.
L ET T L A ND Familie Puce teilt sich ein Mehrfamilienhaus für ehemalige Eisenbahner mit vier wei teren Familien. Sie selbst haben fünf Kinder, das Älteste ist gerade acht Jahre alt. Sie leben auf 40 Quadratmetern. Die Reiseteilnehmer von „Lettland erleben“ sorgten dafür, dass sich ihre Umstände deutlich verbesserten. Nach einer dreitägigen Grund sanierung war die Wohnung nicht wiederzuerkennen. Das Highlight für die Kinder war ihr neues dreistöckiges Etagenbett: Endlich hat jedes von ihnen ein eigenes Bett. Und da die Teilnehmer auch noch einen Spielplatz mit Klettergerüst, Rutsche und Schaukel vor die Tür bauten, haben sogar die Nachbarfamilien noch etwas von dem Baueinsatz.
A U S DE R L O GI S T I K Gute Nachrichten kommen aus dem Lager von GAiN in der Gießener Siemensstraße. Selten konnten die Logistiker so viele Sachspenden von Firmen weiterleiten. Sie stell ten Lkw-Ladungen voller Lebensmittel, Hygieneartikel, Babynahrung und Sportklei dung zur Verfügung. Jetzt befinden sich so viele hochwertige Hilfsgüter im Lager, dass sie schnell weitergeleitet werden müssen, um wieder Platz zu schaffen. Ein schönes Problem.
A R M E NI E N Die Teilnehmer der ersten Gruppenreise nach Armenien waren beeindruckt vom inte ressanten Land und den vielfältigen Hilfsmöglichkeiten. Trotz der großen Altersspanne – der jüngste Teilnehmer war 25, der älteste 78 – verstand sich die Gruppe gut. Be sonders angetan waren sie von den Familienbesuchen und dem Baueinsatz. Auch ein Besuch in einem Dorf begeisterte die einsatzfreudige Gruppe. GAiN bietet dort Hilfe für benachteiligte Familien an: Die Kinder bekommen Hausaufgabenbetreuung und erhalten auch noch eine warme Mahlzeit.
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DISASTER ASSISTANCE AND RESPONSE TEAM (DART)
So helfen Sie mit!
Be the change Give hope Join DART now!
Helfen mit gebrauchten Gütern Packen Sie gut erhaltene, saubere Kleidung, Schuhe oder Haushaltsgegenstände in stabile Kartons (am besten Bananenkisten), kleben Sie sie gut zu, heften Sie einen Zettel mit dem Inhalt daran und geben Sie sie bei einer GAiN-Sammelstelle in Ihrer Nähe ab. Adressen von Sammelstellen: www.karte.gain-germany.de oder Thomas Steffen: Tel. 0641-97518-66 Thomas.Steffen@GAiN-Germany.org
Helfen mit Schulranzen Packen Sie ein Päckchen mit Schulmaterial. Wenn Sie sogar noch einen gebrauchten Schulranzen besitzen, füllen Sie diesen mit den Schulmaterialien und geben ihn bei einer der v ielen Schulranzen-Sammelstellen ab. In fos über den Inhalt, die Sammelstellen und die Projektumsetzung erfragen Sie bitte bei der Schulranzenaktion. Kontakt: Silvia Huth Tel. 0641-97518-57 Schulranzenaktion@ GAiN-Germany.org
Wenn Sie bereit sind, selber in Katastrophen gebieten mitanzupacken, bewerben Sie sich als Katastrophenhelfer/in. Berwerbungsschluss für das Trainingscamp 2017: 31. Oktober 2016
Firmen spenden Waren Statt einwandfreie, aber nicht mehr im Wirt schaftsverkehr umsetzbare Ware zu ent sorgen, können Firmen diese Güter einfach spenden. GAiN ist regelmäßig auf der Suche nach Baby- und Kindernahrung, Trocken produkten, Hygieneartikeln, Waschpulver oder auch Schulmaterial. Sachspenden bescheinigungen sind selbstverständlich. Kontakt: Harald Weiss Tel. 0641-97518-54 Harald.Weiss@GAiN-Germany.org
Pate werden Es sind die Schwachen an vielen Orten der Erde, die sich nicht selber helfen können: Kinder, Frauen und alte Menschen. Paten schaften sind eine ideale Form, persönlich und wirkungsvoll zu helfen. Wir von GAiN vermitteln Paten schaften für Kinder in Uganda, Haiti und Indien, Frauen in Indien und Holocaustüberlebende in Israel.
INFORMATIONEN UND BEWERBUNG DARTGAiN.eu
Tel. 0641-97 518-15
Kontakt: Andrea Scheffler Tel. 0641-97518-53 Patenschaften@ GAiN-Germany.org
Info@DartGAiN.eu
G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e g t 3-2016
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Postfach 100 262 35332 Gießen Tel.: (0641) 97518-50 Fax: (0641) 97518-41
70786 Postvertriebsstück Deutsche Post AG Entgelt bezahlt
E-Mail: Info@GAiN-Germany.org www.GAiN-Germany.org
Verwaist mit drei Jahren Als Yslender Pierre in unser Kinderheim in Haiti kam, war er schon sechseinhalb Jahre alt, aber er wusste nicht einmal, wie man einen Stift hält. Zwei Jahre lang ging er also in den Kindergarten, bevor er die Schule besuchen k onnte. In seiner ersten Klasse waren nur sieben Kinder und so konnte er vieles aufholen, was er wohl in seinen ersten Lebensjahren vermissen musste. Beide Eltern starben beim Erdbeben 2010. Da war Yslender gerade einmal drei Jahre alt. Seine bit terarme Großmutter nahm ihn bei sich auf, aber die Verhältnisse bei ihr waren wohl nicht gerade gut. Nicht umsonst bat ein Pastor, der von den Umständen wusste, im Kinderheim um die Aufnah me von Yslender. Heute lebt der inzwi schen Neunjährige gerne im Kinder heim. In seinem Zimmer wohnen noch fünf andere Jungen. Er ist ein liebens werter Kerl, der es sehr genießt, wenn man ihn in den Arm nimmt.
Yslender mit seinem Freud und Zimmer kollegen Clavensky.
Werden Sie Pate eines Kindes in Haiti
Etliche der Heimkinder brauchen noch Paten. Unser Kinderheim in Léogâne kann die Kosten für Mahlzeiten, Kleidung und Lehrer nur dann bestreiten, wenn genügend Paten regelmäßig spenden. Diese Kinder bekommen eine Zukunfts perspektive und müssen später nicht mehr so leben wie ihre Eltern. Wie überall auf der Welt ist Bildung der wichtigste Schritt auf dem Weg aus der Armut.
Eine Patenschaft ist ab 25 € pro Monat möglich
Anfragen bitte an: Patenschaften@GAiN-Germany.org, Tel. 0641-97518-53