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Ausgabe 3/17

He l fen m it He rz u nd H a nd

BILDUNG — SO LERNT DIE WELT Thema Denken lernen ist der Schlüssel Irak Bildung in Trümmern Haiti Schule mit Hindernissen


>>Inhalt

04 Denken lernen ist der Schlüssel Titelthema Interview mit Judith Ochoje 08 Bildung in Trümmern Irak: Schule im Dauerkrieg 11 Mein Kind soll es besser haben Chefsache 12 Lernen mit Hindernissen Haiti: Schule in einem der ärmsten Länder der Welt 14 Updates Aktuelles aus den GAiN-Projekten 15 GAiN Aktiv Termine, Angebote So helfen Sie mit! 16 Wir haben die Schule – Du hast die S ­ chul­gebühr Schulkinder in Uganda brauchen Paten

Global Aid ­N e t w o r k Global Aid Network (GAiN) ist eine internationale Hilfs­­­organi­ sation, die seit 1990 in vielen Ländern der Welt humanitäre Hilfe leistet. GAiN möchte ein weltweites Logistiknetzwerk für humanitäre Hilfe aufbauen und arbeitet eng mit ­anderen humani­tären Organisationen, Produktions­firmen und Privat­ personen zusammen. Auf diese Weise ­können wir in ­akuten Not­ situationen schnell auf die Bedürf­ nisse von betroffenen ­Menschen ­reagieren, die benötigten Hilfsgüter organisieren und diese umgehend und kostengünstig in die Zielgebiete ­transportieren. Die zuverlässige Verteilung der ­Spenden in den betroffenen Re­ gionen stellen ­unsere meist ein­ heimischen ­Partner sicher. GAiN ist der Partner für humanitäre Hilfe von Campus für Christus.

SCHULRANZENAKTION

HELFEN MACHT

SCHULE

Gebra Ranzeuchte neu g n – efüllt

Spenden Sie den ­gebrauchten Schulranzen Ihres Kindes und füllen Sie ihn mit Schul­material. Auf diese Weise ermög­ lichen Sie einem Kind in Armenien, dem Irak, ­Lettland oder der Ukraine den Schulbesuch. GAiN-Germany.org/Schulranzenaktion 2

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Impressum Herausgeber: Global Aid Network (GAiN) gGmbH Am Unteren Rain 2, D-35394 Gießen Tel. 0641-975 18-50 Fax 0641-975 18-41 Redaktion: Birgit Zeiss, Harald Weiss Gestaltung: Claudia Dewald Erscheinungsweise: vierteljährlich, der ­Bezugspreis ist im Mitgliederbeitrag ­enthalten. Vertrieb: GAiN Deutschland Fotos: Claudia Dewald oder privat Spendenkonto: GAiN gGmbH Volksbank Mittelhessen IBAN DE88 A5139 0000 0051 5551 55 BIC VBMHDE5F


Für Leute mit Durch­ blick

Helfen. Liebe Leserin, lieber Leser, morgens auf der Fahrt in mein Büro passiere ich unzählige Wahlplakate. Auf einem steht: „Schulranzen verändern die Welt, nicht Akten­koffer“. Prima, denke ich. Endlich ein guter Slogan, der mir gefällt. Wahrschein­ lich weiß dieser Politiker aber nichts von unserer Schulranzenaktion. Er oder sein Werbeteam wollen wohl einfach deutlich machen, dass seiner Partei Bildung wichtig ist. Dass Bildung etwas wert ist, wissen auch einfache Menschen in armen Ländern der Welt. Auch in Afrika tun Eltern ihr Möglichstes, damit ihre Kinder zur Schule gehen können. Was bei uns lästige Pflicht für Kinder ist, bedeutet für andere Kinder ein großes Privileg. Aber wenn das Geld nicht einmal für das Essen reicht, ist es klar, dass Bildung weiter hin­ ten in der Rangfolge der Prioritäten steht. Es ist ein Teufelskreis. Arme ­Menschen haben weniger Zugang zu Bildung. Aber nur mit Bildung kann Armut effektiv verhindert werden. In manchen unserer Projektländer, in denen wir Kinder und ihre Bil­ dung fördern, haben die ersten Kinder ihre Schulabschlüsse gemacht und Arbeit gefunden. Viele stehen kurz davor. Wir hoffen und glauben, dass unser Konzept für alle von ihnen aufgeht. Sie sollen anders leben können als ihre Eltern. Leider können wir die Ursachen mangelnder Bildung in armen Ländern nicht einfach beseitigen. Aber wo immer es uns möglich ist, unterstüt­ zen wir in unseren Projektländern Initiativen und Schulen, die Kindern die Chance bieten, der Armut zu entfliehen. In dieser „bewegt“ lesen Sie, wie wir das im Entwicklungsland Haiti oder im Kriegsgebiet Irak umsetzen. Viel Freude beim Lesen. Und wenn Sie uns schreiben, dürfen Sie auch mit einer Antwort rechnen. Herzlich, Ihre

Birgit Zeiss, Redaktion

Mit Herz und Hand. Wir suchen ­engagierte ­Mitarbeiter/­innen: Sekretär/in Projektreferent/in für die ­Schulranzenaktion Bereichsleiter/in Logistik Assistent/in für Bereichsleiter Mobilisation

Weitere Infos: GAiN/Campus für ­Christus Personalabteilung Postfach 100 262, 35332 Gießen Tel. 0641-97518-33 Personal@campus-d.de Oder auf unserer Webseite: GAiN-germany.org/mitmachen/ mitarbeiten Der Bewerbungsprozess wird von der Personalab­ teilung von Campus für Christus e.V. durchgeführt.


>>Thema

Denken lernen ist der Schlüssel Bildung für alle

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„Ich bin Analphabetin, ich bin wie eine blinde Person!“ Frau aus Pakistan

ildung ist ein Menschenrecht. Auf ihrer Basis entwickelt sich die kulturelle Identität des Ein­ zelnen und der Gesellschaft. Bildung allein macht zwar ­weder satt noch reich und kann auch keine soziale Ge­ rechtigkeit schaffen, sie ist aber die Voraussetzung für die ­Lösung der großen ­Probleme unserer Welt. Menschen mit Bildung handeln umwelt­ freundlicher, sind gesünder, haben we­ niger Kinder, finden besser bezahlte Ar­ beitsplätze, leben friedlicher zusammen, fördern Frieden und soziale Gerechtig­ keit. Bildung verbessert die politische, soziale, kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation von Einzelnen und der ganzen Welt. Trotzdem gibt es weltweit etwa noch 774 Millionen Jugendliche und Erwach­ sene, die nicht lesen und schreiben kön­ nen (ein Zehntel der Weltbevölkerung). Davon sind etwa zwei Drittel Frauen. Fast drei Viertel der Analphabeten leben in nur zehn Ländern – in Indien, China, Pa­ kistan, Bangladesch, Nigeria, Äthiopien, Ägypten, Brasilien, Indonesien und in der Demokratischen Republik Kongo. Etwa 57 Millionen Kinder im Grund­ schulalter haben keine Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Mehr als die Hälfte die­ ser Kinder lebt in afrikanischen Ländern südlich der Sahara, mehr als 20 Prozent leben in Süd- und Westasien. 54 Prozent der Kinder, die nicht zur Schule gehen, sind Mädchen. Da diese Zahlen der Or­ ganisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UN­ ESCO) auf amtlichen Erhebungen der

Staaten beruhen, muss befürchtet wer­ den, dass die Dunkelziffern noch sehr viel höher liegen. In vielen Krisenregionen werden keine Bildungsstatistiken erstellt. In der frühen Kindheit wird der Grund­ stein für spätere Lernerfolge gelegt. Doch weltweit leidet jedes vierte Kind un­ ter fünf Jahren unter Mangelernährung. Bei diesen Kindern kommt es häufig zu Entwicklungsstörungen und damit zu verminderten Chancen auf eine gute Bil­ dung. Zudem besucht die Hälfte der Kin­ der im Vorschulalter keinen Kindergarten oder eine ähnliche Einrichtung; in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara profitiert nicht einmal jedes fünfte Kind von frühkindlicher Förderung. Staatliche Schulgebühren entfallen zwar mehr und mehr und dann werden auch mehr Kinder eingeschult. Aber viele Jungen und Mädchen brechen die Grund­ schule dann trotzdem vorzeitig ab. In Ländern südlich der Sahara schließen nur 56 Prozent der Kinder die Grundschule erfolgreich ab. Im Jahr 2010 besuchten weltweit 69 Millionen Jugendliche im Se­ kundarschulalter (10-16 Jahre) keine wei­ terführende Schule. Nach Schätzungen müssen etwa 215 Millionen Kinder zwi­ schen 5 und 17 Jahren arbeiten, so dass keine Zeit für den Schulbesuch bleibt. Die Grunddisziplinen Lesen, Schreiben und Rechnen reichen eben nicht aus, um Fachwissen zu erlangen. Menschen müs­ sen auch lernen, wie sie sich lebenslang nötige Informationen beschaffen können. Bildung ist ein Schlüssel für eine besse­ re und gerechtere Welt. Wer Wissen hat, wer lesen, schreiben und rechnen kann, wer sich informieren kann, ist weniger auf andere angewiesen, weniger anfällig für Ausbeutung und kann Gelegenheiten nutzen, sich selbst aus der Armut zu be­ freien.

Menschenrecht Bildung ➔

„Jeder hat das Recht auf Bildung Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fachund Berufsschulunter­ richt müssen allgemein verfügbar gemacht ­werden, und der Hochschulunterricht muss allen gleicher­maßen ­ihren Fähig­keiten ­offenstehen.“ Artikel 26 (1) der ­Allgemeinen Erklärung der ­Menschenrechte

Quelle: Bundesministerium für wirtschaftliche ­Zusammenarbeit und Entwicklung

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>>Thema

INTERVIEW mit Judith Ochoje Judith Ochoje kam vor zehn Jahren zum ersten Mal nach Nigeria und lernte dort ihren nigerianischen Mann Elijah kennen. Sie leiten die HopeEden-Schule mit 135 Schülern, neun ­Klassen und 16 Lehrern.

ir unterstützen in unseren GAiN-Ländern, wo immer es möglich ist, Projekte, die die Bildung von Kindern und Ju­ gendlichen fördern. In Haiti, ­Uganda und Nigeria betreiben wir Schulen für Kinder, deren Familien sich keinen Schulbe­ such leisten können. Über ihre Erfahrungen als Schulleiterin in Nigeria hat Birgit Zeiss die deutsche GAiN-Mitarbeiterin Judith Ochoje befragt. Nigeria gehört zu den Ländern mit einer sehr hohen Analphabeten-Rate. Woran liegt das? Es gibt einfach nicht genug Schulen. Es fehlt an Schulen, Lehrern und Ausstat­ tung. Die Regierung ist ganz froh, dass viele Privatschulen den Job erledigen. Und da gibt es große Unterschiede im Niveau. Und es gibt auch kulturelle Ur­ sachen. Im christlichen Süden gehen weit mehr Kinder in die Schule als im muslimisch geprägten Norden. Dort be­ suchen viele Kinder, wenn überhaupt, dann Koran­schulen, in denen nicht in der Landes­sprache Englisch unterrichtet wird. Was kostet Bildung? Offiziell ist der Schulbesuch frei, aber de facto kostet er etwas. Die Kinder müssen ihre Uniform und ihre Bücher bezahlen. Die Gebühren werden anders verpackt. In den staatlichen Schulen sind sie ge­ ringer. Die privaten Schulen haben für gewöhnlich ein höheres Niveau. Es gibt islamische Schulen, kirchliche, und viele von privaten Geschäftsleuten, die einfach Geld verdienen wollen. Ganz viele Eltern können das Schulgeld nicht aufbringen.

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Brechen wirklich viele Kinder die Schule ab? Ja, das kommt in Nigeria ganz oft vor. Die meisten brechen ab, weil kein Geld mehr da ist – einfach mittendrin. Bei uns in der Hope-Eden-Schule kommt das nicht vor. Jedes nigerianische Kind muss morgens seine Hauspflichten erledigen, und auf dem Land muss es nach dem Unterricht auf die Felder. Es kommt schon mal vor, dass die Eltern die Kinder aufs Feld schi­ cken anstatt zur Schule. Der Ruf afrikanischer Bildung ist eher schlecht. Man denkt an Frontalunterricht, veraltete Lehrpläne, unmotivierte Lehrer. Stimmt das? Überwiegend trifft das zu, muss ich lei­ der ehrlich sagen. Das liegt aber nicht am Lehrplan. Aber die Realität sieht so aus, dass Lehrer noch so lehren, wie sie es gewohnt waren. Die Lehrerausbildung lässt zu wünschen übrig. Es gibt ein Bil­ dungsministerium und es gibt einen lan­ desweiten Lehrplan. Schulen dürfen auch ein britisches oder amerikanisches Cur­ riculum verwenden. Wir verwenden das nigerianische und legen das für uns aus. Es gab neulich heftige Kontroversen, als ein neues Curriculum eingeführt werden sollte, das den Religionsunterricht ab­ schafft, aber nicht den muslimischen, und das die arabische Sprache einführt. Der islamische Norden möchte die Gesell­ schaft prägen. Da haben sich die Christen mit Erfolg massiv gewehrt. Wie wird man Lehrer in Nigeria? Es gibt unterschiedliche Wege. Der klas­ sische ist, dass man eine Ausbildung an einem College macht. Vergleichbar mit der deutschen Erzieherausbildung, inklu­ sive Praktika. Man kann auch „Pädago­ gik“ studieren. Generell unterrichten viele auch ohne pädagogische Ausbildung, d.h. mit irgendeinem anderen Uniabschluss. Wir schauen schon auf die Qualifikation, aber das ist nicht unser Hauptfokus. Ent­ scheidend für uns ist der Hintergrund, ob


Die Hope-Eden-Schule bietet Unterricht für die, die sich sonst keine Schule leisten könnten.

jemand eine Leidenschaft für das Unterrichten hat und das Inte­ resse, Neues zu lernen. Wir bilden auch weiter. Die Kreativität, die wir in Deutschland als Lehrer antrainiert bekommen, fehlt hier bei den Lehrern. Aber wir haben auch sehr gute Lehrer, zu denen die Kinder gerne gehen. Das hat hauptsächlich mit deren Haltung zu tun. Unterrichten kann man lernen, aber man muss bereit sein, Neues zu lernen. Ist Lehrer ein angesehener Beruf? Nein, leider gar nicht. Diejenigen, die auf’s College gehen, sind die, die es nicht an die Uni geschafft haben, deren Abi nicht gut genug war. Wer keinen Job als Ingenieur findet, unterrichtet halt. Was unterscheidet die Hope-Eden-Schule von anderen? Wir verlangen keine Schulgebühr und bieten denen eine Chan­ ce, die sonst keine hätten. Unsere Schule ist beliebt, es hat sich herumgesprochen, dass unsere Schüler viel können. Die ein­ fachen Dorfleute haben erkannt, dass die Kinder, die bei uns den Abschluss machen, tatsächlich lesen und schreiben können und Englisch sprechen können. Das fällt auch Besuchern auf, die nicht erwartet hätten, dass sie sich mit unseren Kindern verständigen können. Unser Curriculum ist nigerianisch, aber unsere Methoden sind moderner, internationaler. Wir arbeiten effektiver und wir sind viel besser ausgestattet. Wir haben An­ schauungsmaterialien, wir haben sogar Computer. Unsere Kin­ der lernen, praktisch damit umzugehen, während andere nur aus dem Buch lernen und nie einen echten Computer sehen. Im naturwissenschaftlichen Unterricht machen wir Experimente. Wie schafft man es auf die Hope-Eden-Schule? Der Andrang ist sehr groß. Wir haben deshalb ein Auswahl­ verfahren entwickelt. Ein halbes Jahr vor der Einschulung gibt es einen Interviewtermin. Da müssen alle interessierten Eltern mit ihren Kindern kommen. Dann wählen wir aus. Wir nehmen nur Kinder aus den zwei umliegenden Dörfern. Für alle anderen ist der Weg zu weit. Wir schauen auf die Größe und auf den Zahnstand, denn selten wissen die Eltern das genaue Alter ihrer Kinder. Das ist für sie einfach nicht relevant. Im Kindergarten nehmen wir Kinder erst ab drei Jahren auf. Dann führen wir Interviews durch, in denen wir versuchen, mehr über die Fami­ lie zu erfahren. Hat die Familie z.B. Geld, um sich eine andere Schule leisten zu können, verdient einer den Lebensunterhalt, oder ist da eine Witwe, die ihre sechs Kinder allein großziehen muss? Wir machen eine Liste mit allen, die in Frage kommen, und dann wählen wir als Team unsere 15 neuen Kinder aus. Alle anderen kommen auf die Warteliste. Wir erwarten, dass die Eltern zum Arbeiten kommen, zum Bauen, Putzen, Aufräumen. Wer auf der Liste steht, muss fünfmal zum Helfen erschienen sein, um zu zeigen, dass seine Kinder wirklich bei uns lernen

sollen. Auch in jedem Schulquartal müssen Eltern fünfmal am Arbeitseinsatz teilnehmen. Werden Jungen und Mädchen in ihren Familien gleich behandelt? Es kommt schon noch vor, dass Familien, die sich nur ein Schul­ kind leisten können, dann eben einen Jungen schicken. Aber es kommen auch Eltern aus konservativen Stämmen zu uns, die uns sagen, dass sie schlaue Mädchen haben, die doch zur Schu­ le gehen sollten. Vor allem Mädchen mit muslimischem Hinter­ grund wollen wir besonders gern helfen. Musstet Ihr schon Kinder abweisen? Wenn die Eltern gar nicht kooperieren, ihre Arbeitspflichten nicht erfüllen, sind wir konsequent. Wir beschließen das immer als ganzes Team. Im letzten Jahr war das einmal der Fall, in die­ sem Jahr bei zwei Kindern. Das tut mir im Herzen weh, aber ist wohl nötig. Was würdest du ändern, wenn das nötige Geld da wäre? Ich würde die weiterführende Schule bauen. Wir bieten ja nur drei Kindergartenjahrgänge und sechs Grundschuljahrgänge an. Außerdem würde ich gerne unsere Lehrer besser bezahlen. Weil unsere Schule eher im Busch liegt, ist sie nicht so attraktiv. Die guten Leute wollen Jobs in der Stadt. Mit einem guten Gehalt wären wir attraktiver. Wir zahlen ganz gut für eine Grundschule auf dem Land, aber es gibt Schulen, die wesentlich mehr zahlen, als wir das können. Verhindert Bildung wirklich Armut? Hätten die Kinder mit einem Abschluss bei Hope Eden eine Chance auf Arbeit? Alle Schulabgänger, die wir bisher hatten, also erst zwei Jahr­ gänge, besuchen andere weiterführende Schulen, wo sie zu den besten Schülern gehören. Wer einen akademischen Abschluss hat, hat einfach viele Möglichkeiten, auch in Nigeria. Aber es gibt viele Arbeitssuchende. Nicht jeder ausgebildete Ingeni­ eur erhält eine Arbeit. Auf dem Lande sind alle Bauern. Die einfachen Bauern werden in unserer Gegend in der Nähe der Hauptstadt immer mehr zurückgedrängt. In zehn Jahren wird es in der Region unserer Schule wohl nicht mehr viel Landwirt­ schaft geben. Geschäftsleute aus der Stadt kaufen das Land auf. Dann fehlt den Bauern die Lebensgrundlage. Sie müssen andere Berufe erlernen. Aber auch mit kleinen Geschäften kann man mit einem kleinen Startkapital und einer guten Idee schnell Erfolg haben. Unsere Bauern, die neue Jobs brauchen, werden Wachleute oder Fahrer. Ihre Frauen putzen. Wer nachdenken kann, Pläne machen kann, weiß, woher er Informationen be­ kommt, hat auch andere Möglichkeiten. Denken lernen ist der Schlüssel! G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e gt 3-2017

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>>Irak

Bildung in Trümmern Schule im Dauerkrieg

Sprengfallen versteckt in Teddybären, Puppen oder Kleidung sind grausam tückische Hinter­ lassenschaften des IS bei seinem Rückzug.

Die Universität von Karakosch, deren Bau 2011 begonnen wurde, hat der IS komplett zerstört.

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„Der IS hat uns aus unseren Schulen vertrieben. Wir rächen uns dafür, wenn wir wieder zur Schule gehen. Ich will Ärztin werden.“ Zahra, 13 Jahre alt

Wenn Schule Hoffnung macht Einst gab es hier die besten Schulen und Universitäten der arabischen Welt. Heute fehlt es tausenden Schu­ len an grundlegenden Mitteln, um Kindern eine an­ gemessene Ausbildung zu bieten, wenn die Schulen überhaupt noch existieren. Mit Ausnahme einer klei­ nen Pause zwischen 1988 und 1990 hat die irakische Bevölkerung seit 36 Jahren keine Friedenszeiten mehr erlebt. In der Theorie ist die sechsjährige Grundschule im Irak für alle Kinder verpflichtend. Seit dem IS-Terror 2014 und der darauffolgenden Fluchtwelle fehlen manchen nicht nur die Schulranzen, sondern ganze Schuljahre. Hilfsorganisationen, Privatinitiativen etc. haben provisorische Kindergärten und Schulen in Containern, Wohnhäusern und in den großen Flüchtlingslagern errichtet. Manchmal sitzen 40 Kinder in einem 15 qm großen Raum oder der Unterricht findet im Wechsel statt: morgens die Mädchen, nachmittags die Jungen. Die meisten Familien richten sich in diesen Camps auf einen längeren Aufenthalt ein. Sie können nicht einfach zurückkehren. Manche Gebiete sind vermint, und die Men­ schen haben kein Geld für den Wiederaufbau. Auch der IS betrieb Schulen in den Gebieten, die seine Milizen erobert und besetzt hatten. Mit einem eigenen Curriculum und eigenen Lehrbüchern fand Unterricht nach dem Motto statt: eine Bombe plus ein Panzer plus drei Gewehre ergibt ... Kinder lernten, wie man kämpft, tötet und was man beachten muss, wenn man jemand den Kopf ab­ schneiden will. Puppen in Menschengröße dienten dabei als Modelle. Kinder mussten Videos ansehen, in denen „Feinde“ geköpft wurden. Bücher und Materialien, die den IS-Leuten nicht gefielen, wurden verbrannt. Die Universitätsbibliothek in Mossul, die viele alte literarische Schätze enthielt, liegt in Schutt und Asche. Ein Student aus Mossul erzählte einem amerikanischen Magazin: „Niemand wollte den Schrott lernen, den sie uns beibrachten. Deshalb blieben wir lieber zu Hause, ohne Unterricht, ohne Fernseher und Internet. Das hatte der IS gesperrt. Die Langeweile war kaum auszuhalten. Jetzt muss ich wieder da mit dem Stoff anfangen, wo ich vor zwei Jahren aufhören musste.“ Das Schuljahr beginnt im Irak Mitte September. Die westliche Hälfte Mossuls wurde am 11. Juli für befreit erklärt. Dort lauern aber unzählige sogenannte boopy traps, also Spielzeuge und Stofftiere mit Sprengstoff, die explodieren, wenn man sie berührt. Mi­ nen und andere gefährliche Munition fordern ihren Tribut. Der weniger zerstörte östliche Teil Mossuls wurde schon im Februar für befreit erklärt. Seitdem haben dort 400 Schulen wieder geöffnet. Werden sich die Kinder des Irak davon erholen? Werden sie einfach vergessen können? Die Zukunft des Landes liegt auch in den Händen seiner Lehrer. Viele von ihnen unterrichten jetzt, ohne einen Lohn dafür zu erhalten. Dafür hat Kurdistan kein Geld. Es mangelt an allem, aber da, wo es wieder Schulen gibt, schöpfen die Men­ schen neue Hoffnung. Bildung ist eine entscheidende Investition in die Zukunft des Lan­ des, um die Jahre des Kriegs, der Entbehrung und religiösen Konflikte zu überwinden. Birgit Zeiss

Schule gibt Kindern Sicherheit. Sie schafft eine gewohnte, überschaubare und sichere Umgebung und liefert eine Tagesstruktur.

Lesen Sie auf der ­nächsten Seite, was eine Erzieherin aus dem Irak über ihre Arbeit berichtet.

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>>Irak

Schule für alle Kinder In einer christlichen Schule in Erbil unterrichtet eine muslimische Lehrerin Flüchtlingskinder.

Ashti ist eine dynamische, warmherzige Frau. Bei der Vorstellung entschuldigt sie sich fast für ihren Namen: „Ich habe zwar einen kurdischen Namen, bin aber Christin. Doch die Bedeutung gefällt mir: Ashti heißt ‚Friede’.“ Ashti leiteit einen Kindergarten. Dorthin gehen christliche sowie muslimische Kinder.

SO KÖNNEN SIE HELFEN Die Schüler und Studenten sind hoch motiviert, endlich wieder lernen zu dürfen. Es fehlt aber an so einfachen Dingen wie Schulranzen, Heften, Stiften, Kugelschreibern. In den provisorischen Schulen fehlt es an Schulmöbeln, Bänken, Tischen, Stühlen, Whiteboards und Stiften. Kindergärten brauchen Bastelmaterial, Spielgeräte. Die IS-Milizen verbrannten rigoros Stühle und Tische, um zu kochen oder um es im Winter warm zu haben. • Mit 50 € helfen Sie, dass wir den Kindern gefüllte Schulranzen bringen können. • Mit 100 € helfen Sie, dass wir gebrauchte Schulmöbel zu den behelfsmäßigen Schulen transportieren können. • Mit 300 € können Sie einem Studenten helfen, sein Studium fortzusetzen. • Jede Spende ist willkommen, denn der Bedarf ist groß.

Spendenkonto:

GAiN gGmbH, Volksbank Mittelhessen IBAN DE88 5139 0000 0051 5551 55 BIC VBMHDE5F, Verwendungszweck: Irak

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Als ich ihr im Shahzada-Kindergarten in Erbil begegne, habe ich sofort den Eindruck, dass sie genau am richtigen Platz ist. Seit vier Jahren leitet sie den privaten Kindergarten. Inmitten von Bürgerkrieg und religiösen Wirren hält sie daran fest, dass hier jeder seinen Platz finden soll. Und Christen, Jesiden und Musli­ me vertrauen ihr ihre Kinder an. Als Katastrophenhelfer bringen wir ein paar Lebensmittel für jedes Kind mit. Im Kindergarten herrscht eine wohltuen­ de Atmosphäre, wir sehen in helle, freundliche Räume. In der Außenanlage spielen Kinder Fußball oder schaukeln. Drinnen sind die ersten Gruppen bereits am Essen, denn Frühstück und Mittagessen sind inbegriffen. Der Umgang miteinander ist von Freundlichkeit und Wertschätzung geprägt. Nachdem wir unsere Geschenke an die Kinder losgeworden sind, erzählt Ashti ein wenig von sich und ihrer Arbeit. Der Shahzada-Kindergarten hat mit ihr selbst 12 Angestellte. Dazu kommen vier Erzieherinnen und genau so viele Helferinnen. 81 Kinder besuchen ihn. Als ich Ashti auf den religiösen Mix an­ spreche, lächelt sie nur: „Wir dachten erst, dass es schwieriger wäre, aber die Kinder haben keine Probleme damit. Und selbst muslimische Eltern fragen inzwischen, ob wir nicht auch eine Schule aufbauen können. Sie schätzen unseren positiven Um­ gang miteinander. Dabei machen wir kein Geheimnis daraus, dass wir Christen sind. Nur den Namen Jesus vermeiden wir, aber wir können ja auch von Gott reden.“ Die Kinder hier sind praktisch alle Vertriebene. Viele haben traumatische Erlebnisse, die so gar nicht zu ihrem Alter passen. Andere leben mit den „normalen“ kulturellen Besonderheiten, dass ihr Vater drei Frauen hat und das Familienleben zu Hause eher von Gegen- als von Miteinander geprägt ist. Aber Ashti und ihre Mitarbeiterinnen investieren gern in die Kinder – und denen merkt man an, dass sie eine Umgebung haben, in der sie sich entfalten können. Offensichtlich bedeutet Ashti nicht nur theoretisch „Friede“. Mit Gottes Hilfe gewinnt sein Friede hier im Shahzada-Kindergarten in Erbil Gestalt. Hauke Burgarth ist ehrenamtlicher Katastrophenhelfer bei GAiN und packte fünf Wochen tatkräftig im Irak mit an.


>>Thema

Mein Kind soll es ­ besser haben

Chefsache Was GAiN-Leiter Klaus Dewald bewegt

Immer wieder fragen mich Menschen, ob Bildung wirklich Armut verhindert. Und ich antworte dann gerne: ja und nein. Es gibt – wie so oft im Bereich der humanitären Hilfe – keine Pauschal­ antwort. ach Notsituationen, Kriegen, Naturkatastrophen schließt sich an die Hilfe für das nackte Überleben irgendwann auch das Fördern der Bildung an. Kinder wol­ len wieder zur Schule gehen, Studieren­ de wollen ihre Abschlüsse machen. Es kommt dann aber darauf an, ob die Hilfs­ bedürftigen aus einem System kommen, in dem Bildung dazugehört oder nicht. Im Irak zum Beispiel müssen wir nur die nötigen Hilfsmittel liefern. Da gibt es ein Bildungs­system und Strukturen. Schwie­ riger ist es dort, wo System und Struk­ turen fehlen. Wo man Eltern erst noch überzeugen muss, dass es gut ist, wenn ihre Kinder lesen und schreiben lernen. Oft ist der Wunsch und die Einsicht so­ gar da. Die Eltern wollen, dass es ihre Kinder besser haben, aber der Überle­

benskampf wiegt schwerer. Wenn eine Fa­ milie nichts zu essen hat, kaum Kleidung besitzt, dann steht Bildung nicht mehr an erster Stelle. In Ländern wie Indien, Haiti oder Uganda tragen die Kinder zum Le­ bensunterhalt der Familie bei. Dort müs­ sen Schüler für Bücher und Schuluniform selber aufkommen. Diese wesentlichen Faktoren werden bei uns oft unterschätzt, aber wir müssen das wissen, wenn wir dort Bildung anbieten wollen. Wenn kein Unterricht stattfindet, müssten die Kinder nach Hause gehen und arbeiten. Unsere Partner offerieren Kindern deshalb oft ein Ganztagsprogramm, z.B. zusätzliche Hausaufgabenhilfe. Unsere Partner bieten sogar Mahlzeiten an, weil das für diese Kinder oft die einzige gute Nahrung ist, die sie bekommen. Bildung und Nahrung sind unzertrennliche Freunde.

Theorie und Praxis

René aus Haiti hat es geschafft. Aus dem ehemaligen Heimkind ist ein Klempner und Fliesenleger geworden, der von seiner Arbeit leben kann.

Ohne Bildung bleiben Kin­ der in der Armutsspirale ganz unten. Weil sie weder lesen noch schreiben können, müs­ sen sie sich wie ihre Eltern als Tagelöhner am Leben halten. Aber für die tatsächlich ge­ bildeten Kinder und Jugend­ lichen muss es auch Arbeits­ plätze geben. Sonst wird das hübsche Mädchen, das lesen und schreiben kann, auch nur die Prostituierte von morgen. Deshalb freue ich mich so über das Konzept unserer „Arche Noah“ in Uganda. Dort wird darauf geachtet, dass Schüler auch praktische Fertigkeiten erlernen. Auch die Mädchen reparieren Au­ tos, auch die Jungs schnei­

dern mit Nähmaschinen, die Ausbildung erfolgt gleichberechtigt für alle. Die Kin­ der lernen, dass man Dinge und Maschi­ nen warten und pflegen muss, dass man sie reparieren kann. Das hilft ihnen spä­ ter beim Überleben. Diese Kombination von Theorie und Praxis ist für ugandische Verhältnisse einmalig. In Afrika bedeutet Bildung leider oft noch vor allem Aus­ wendiglernen.

Verändern statt verbieten Örtliche Mentalitäten verhindern oft Wachstum und gute Entwicklungen im Bereich Bildung. Nicht alle davon kön­ nen und wollen wir ändern. Aber wenn Kinder nur mit Gewalt auf den richtigen Weg gebracht werden sollen, wenn Schu­ len nur mit Korruption funktionieren, se­ hen wir Handlungsbedarf. Mentalitäten ändern sich aber nicht unter Druck. In Haiti ist es üblich, dass Lehrer ihre Schü­ ler schlagen. Wir haben den Lehrern in unserem Heim nicht verboten zu schla­ gen. Das hieße, Gleiches mit Gleichem zu bekämpfen. Die Lehrer müssen selbst darauf kommen, dass es andere Mög­ lichkeiten als Schläge gibt. Wir haben sie nach solchen Alternativen gefragt, und je mehr sie andere Methoden selber wol­ len und lernen, desto weniger müssen sie schlagen. Das ist ein längerer Prozess, der aber viel wirkungsvoller ist, als wenn wir Westler kommen und Vorschriften machen. Kinder werden groß. Wenn ich bei meinen Reisen zu unseren Partnern ver­ mehrt ehemalige Kinderheimbewohner treffe, die nach ihrer Schule und Aus­ bildung mit ihrer Arbeit Geld verdienen können, freue ich mich riesig. Dann weiß ich, dass es sich lohnt, weiter in Bildung zu investieren.

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>>Haiti

Lernen mit Hindernissen Schule in einem der ärmsten Länder der Welt

m fünf Uhr morgens läutet ­erbarmungslos die ­Glocke im Kinder­heim. Für die einen ist es die ­Erinnerung, dass sie zur Morgen­andacht gehen, für die anderen ist es der Wecker. S ­ arah und ihre drei Zimmer­ genossinnen reiben sich die Augen und steigen aus ihren Betten.

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Der morgendliche Appell: Dazu gehört das Singen der Nationalhymne und das Hissen der Flagge.

Sarah lebt im Waisenhaus und möchte gern Krankenschwester werden.

Der Unterricht findet in einfachen Baracken statt.

orgenandacht ist Pflicht. Manchmal schaffen es einzelne Kinder nicht, sich anzuziehen, und kommen mit umge­ legten Decken. Nach einer halben Stunde Morgenandacht bleibt genug Zeit für Zähneputzen, Duschen, Schuluniform anziehen, Haare richten. Zum Frühstück gehen Sarah und ihre Altersgenossen wie aus dem Ei gepellt in den Essraum. Ihre Gruppe der jüngeren Kinder kommt erst zum Schluss dran. Zu essen gibt es Reis mit Bohnen.

Schulalltag Um acht beginnt der Unterricht für alle. Die Schule kann neun Klassen beher­ bergen. Das behelfsmäßige Gebäude Schule zu nennen, ist schon geschmeichelt. Nach dem Erdbeben hat man einfach ein paar Holzwände zusammengezimmert und ein Wellblechdach darübergelegt. Die Wände der Klassenräume sind nach oben offen. Das heißt, dass jeder Lehrer laut genug sprechen muss, um den Laut­ stärkepegel aus den Nachbarzimmern zu übertönen. Sarah ist das gewohnt. Sie geht gern zur Schule. Französisch ist ihr Lieblingsfach. Bei den Tests erreicht sie meist 9 von 10 Punkten. Bis Unterrichtsschluss um 13 Uhr gibt es zwei Pausen. Zum Mittagessen um 14 Uhr haben die zwei heimeigenen Köchinnen heute zu dem Reis und Bohnen von morgens noch etwas Fleisch zubereitet. Um 15 Uhr muss Sarah in ihrem Zimmer sein, wo Erzieherin Sephora mit den Mädchen Haus­ aufgaben macht, erklärt und übt. Dann endlich ist freie Zeit zum Spielen! Um 18 Uhr wird es dunkel, aber das stört die echten Fußballfans unter den Kindern gar nicht. Erst um 20 Uhr müssen alle auf ihren Zimmern sein und es heißt „bonne nuit“.

➔ Bildung

in Haiti

Nach dem Erdbeben im Jahr 2010 brach die komplette Infrastruktur des Landes zusammen. Über 80 Prozent der Schulen auf Haiti sind in privater Führung, und es wird Schulgeld erhoben. Trotzdem sind die Lehrkräfte ­häufig unzureichend ausge­bildet. Dementsprechend gibt es einen niedrigen Anteil an Kindern, die eingeschult werden. Mehr als 50 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind Analphabeten. Haiti gilt als ärmstes Land der westlichen Erdhalbkugel.

Kein guter Start Sarah bekommt nie Besuch, sie weiß nichts über ihre Eltern. Angeblich wurde sie als kleines Kind von ihren Eltern ausgesetzt und von einer fremden Frau aufgezo­ gen. Ihr Traum ist es, einmal Krankenschwester zu werden. Ob sie das schaffen wird? Ein guter Schulabschluss wird ihr dabei helfen. Wie alle anderen Schüler beobachtet sie aufmerksam den Baufortschritt der neuen Schule. Welche Klassen wohl zuerst umziehen dürfen? Sie freut sich auf ihr neues großes, helles, kühles Klassenzimmer.

Die neue Schule wächst GAiN konnte öffentliche Fördergelder aus Deutschland für den Neubau der Schule erhalten. Seit April 2017 wird gegraben, gemauert und gezimmert. Der erste Bauabschnitt der neuen Schule soll noch in diesem Jahr fertigge­ stellt werden. Vier Klassenräume und die sanitären Anlagen für die Schule können dann möbliert und ausgestattet werden. Schon im nächsten Jahr soll ein zweiter Bauabschnitt mit weiteren vier Klassenräumen plus Unterkünfte für Lehrer folgen. Die Planung sieht insgesamt 16 Räume vor, von denen drei nicht den normalen Klassen zur Verfügung stehen, sondern als Bibliothek, Computer­ raum und Labor genutzt werden. Die staatliche Förderung aus Deutschland deckt leider grundsätzlich immer nur einen Anteil der Kosten. Jeden Morgen vor dem ­Unterricht flicht eine ­Freundin Sarahs Haare.

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>>GAiN-Projekte

updates U K R A I NE Wir konnten bisher 27 Hilfsgüterlieferungen zu unseren Partnern in die West­ukraine bringen. Jetzt dürfen wir zollrechtlich sogar Babynahrung liefern, was bisher nicht erlaubt war. Unsere Partnerwerke helfen weiterhin den verzweifelten Menschen in den Kriegsgebieten. Es brodelt noch im Osten. Auch nach der im Juni vereinbarten Waffenruhe gibt es keinen wirklichen Frieden. Landminen oder Sprengfallen versetzen die Menschen in Angst und Schrecken. Die Bevölkerung in den Kriegsgebieten wird nicht mehr regelmäßig mit Lebensmitteln versorgt, weil es zu gefährlich ist, dorthin zu fahren. Wenn dann doch etwas in den Geschäften ankommt, ist es lebensgefährlich anzustehen und einzukaufen.

L ET T L A ND Wie jeden Sommer reiste auch dieses Jahr eine deutsche Gruppe zu unserem let­ tischen Partner. Die Teilnehmer besuchten Familien, die regelmäßig Hilfe von GAiN erhalten. Der traditionelle Baueinsatz fand bei einer Familie mit acht Personen statt, in der weder Kinder noch Eltern ein eigenes Zimmer hatten. Die deutsche Gruppe war in diesem Jahr ausnahmsweise eher klein, aber das war kein Nachteil. Zum ersten Mal halfen mehr Letten als Deutsche bei dem Wochenendeinsatz mit. Über alle Sprachbar­ rieren hinweg hatten die Aktiven viel Erfolg und Spaß bei ihrer Arbeit. Die Familie ist überglücklich mit ihren neuen Zimmern, neuer Küche und neuem Bad und packt jetzt selber da an, wofür die Helfer keine Zeit mehr hatten.

A R M E NI E N Wie in vielen armen Ländern der Welt tragen Schulkinder auch in Armenien eine Schul­uniform. Diese Kleidung müssen die Eltern selbst kaufen. Pünktlich zum Schul­ anfang half unsere Mitarbeiterin Monika 31 armen Familien finanziell und praktisch beim Kauf der Schulkleidung. An fünf Tagen erhielten 45 Kinder ihre neue Ausstat­ tung. Die GAiN-Mitarbeiter kauften außerdem einen leeren Container, der in der GAiN-Niederlassung jetzt als Lager dient. Bisher waren manche Räume des Büros mit zahlreichen Hilfsgüter-Kartons belegt. Im Sommer freuten sich drei Familien über die Hilfe beim Renovieren oder Bauen ihrer einfachen Häuser. Die Mitarbeiter vor Ort besuchen weiterhin regelmäßig arme Familien und versorgen sie mit Hilfsgütern.

N O R DK O R E A Regenausfälle in der Hauptwachstumszeit der wichtigen Getreidesorten werden die bevorstehende Ernte massiv vermindern. Gerade in den Provinzen, die normalerweise zwei Drittel des Landesbedarfs an Getreide liefern, rechnet man mit großen Einbußen. Das bedeutet, dass Nordkorea schlimme nächste Monate bevorstehen. Ohne Getreide­ importe und Hilfe von anderen Ländern werden wieder Menschen hungern müssen. GAiN-Mitarbeiter möchten noch in diesem Jahr nach Nordkorea reisen. Aufgrund der aktuellen Raketentests Nordkoreas und den Militärübungen von USA und Südkorea spitzt sich die politische Situation wieder einmal zu. Dadurch wird das Land weiter isoliert. Leidtragende sind die Menschen, die so nicht nur unter den Ernteausfällen, sondern auch unter der Isolation und den Sanktionen leiden. Wir wollen dennoch der Bevölkerung helfen. Ein Container mit Nahrungsmitteln ist aktuell unterwegs nach Nordkorea.

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Bewe gt 3-2017 │ Glo bal Ai d N etwo rk


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REISEN MIT HERZ

So helfen Sie mit!

Helfen mit gebrauchten ­Gütern Packen Sie gut erhaltene, saubere Kleidung, Schuhe oder Haushaltsgegenstände in ­stabile Kartons (am besten Bananenkisten), ­kleben Sie sie gut zu, heften Sie einen Zettel mit dem Inhalt daran und geben Sie sie bei einer GAiN-Sammelstelle in Ihrer Nähe ab. Adressen von Sammelstellen: www.karte.gain-germany.de oder ­Thomas Steffen: Tel. 0641-97518-66 Thomas.Steffen@GAiN-Germany.org

2018/19

Land entdecken | Menschen helfen

Reisen Sie mit uns in eines ­unserer Projekt­­länder: L ­ ernen Sie die ­Menschen und ihre Lebensumstände ­kennen. ­­Helfen Sie bei ­humanitären ­Einsätzen, ­Bau­projekten oder beim Kinder­programm. Entdecken Sie das Land bei ­Aus­flügen. Wir bieten folgenden Gruppenreisen an:

2018

Armenien 17.8. – 31.8. ................ 790 € zzgl. Flug Lettland 5.8. – 18.8. ................ 640 € zzgl. Flug Deutschland 30.7. – 3.8. .................. 220 € Uganda 22.9. – 6.10. ................ 890 € zzgl. Flug

2019

Armenien Lettland Haiti

16.8. – 30.8. ............... 790 € zzgl. Flug 28.7. – 10.8. ............... 640 € zzgl. Flug 20.10. – 1.11. .............. 850 € zzgl. Flug

Reisen Sie lieber allein? Oder möchten Sie mit Ihren Freunden/Hauskreis eines unserer Projekte kennenlernen und mithelfen? Sprechen Sie uns an, wir gestalten die Reise nach Ihren Wünschen und den Gegebenheiten vor Ort.

Infos und Anmeldung

Daniela Terfloth Tel. 0641-97518-15 oder Reisen@GAiN-Germany.org Internet: GAiN-Germany.org/mitmachen/reisen-mit-herz

Helfen mit Schulranzen Packen Sie ein Päckchen mit Schul­material. Wenn Sie ­ sogar noch einen ­ gebrauchten Schulranzen besitzen, füllen Sie ­ diesen mit den Schulmaterialien und geben ihn bei ­einer der v­ ielen Schulranzen-Sammel­stellen ab. In­ fos über den Inhalt, die Sammel­stellen und die Projektumsetzung ­erfragen Sie bitte bei der Schul­ranzenaktion. Kontakt: Silvia Huth Tel. 0641-97518-57 Schulranzenaktion@ GAiN-­Germany.org

Firmen spenden Waren Statt einwandfreie, aber nicht mehr im Wirt­ schaftsverkehr umsetzbare Ware zu ent­ sorgen, können Firmen diese Güter einfach spenden. GAiN ist regelmäßig auf der Suche nach Baby- und Kindernahrung, Trocken­ produkten, Hygiene­ artikeln, Waschpulver oder auch Schulmaterial. Sachspenden­ bescheinigungen sind selbstverständlich. Kontakt: Harald Weiss Tel. 0641-97518-54 Harald.Weiss@GAiN-Germany.org

Pate werden Es sind die Schwachen an vielen Orten der Erde, die sich nicht selber helfen können: Kinder, Frauen und alte Menschen. Paten­ schaften sind eine ideale Form, p ­ersönlich und wirkungsvoll zu helfen. Wir von GAiN vermitteln Paten­ schaften für Kinder in ­Uganda, Haiti und Indien, Frauen in Indien und Holocaustüber­lebende in I­srael. Kontakt: Andrea Scheffler Tel. 0641-97518-53 Patenschaften@ GAiN-­Germany.org

G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e g t 3-2017

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Postfach 100 262 35332 Gießen Tel.: (0641) 97518-50 Fax: (0641) 97518-41

70786 Postvertriebsstück Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

Info@GAiN-Germany.org GAiN-Germany.org

„Wir haben die Schule – Du hast die Schulgebühr“ „Was willst du einmal werden?“ Wenn man das die Kinder in Uganda fragt, dann sagen sie: „Arzt, Rechtsanwalt, Architekt, Fußballspieler oder Sänger“. Hohe Ziele, die kaum einer von ihnen erreichen wird. Die weiterführende Schule bietet zwar einen Abschluss, mit dem die Schüler studieren können. Aber Uganda kann als Entwicklungsland nur wenige wirklich hochwertige Jobs bieten. Trotzdem wer­ den immer Häuser gebaut, immer Autos repariert und immer Kleidung getragen. Deshalb muss jeder Schüler der weiterfüh­ renden Schule mindestens eine praktische Ausbildung absolvieren. So kann sich jeder später mit seinem Handwerk über Wasser halten. Jovia Babirye besucht die zweite Klasse der Oberstufe. Ihre beiden Eltern leben noch, aber verdienen mit Gelegenheits­arbeiten nicht genug, um 13 Familien­mitglieder ausreichend zu ernähren. Früher musste Jovia zu Hause bleiben, um zu kochen, sauber zu machen und sich um ihren Groß­ vater zu kümmern, statt in die Schule zu gehen. Das Patenschafts­programm ermöglicht ihr den Schulbesuch. Viele Schulkinder brauchen noch Paten. Die „Arche Noah“ kann ihre Kosten für Lehrer, Materialien und die Mahlzeiten für die Schüler nur dann decken, wenn genügend Paten regel­ mäßig spenden. In der Schule erhalten die Kinder neben Bildung auch warme und nahrhafte Mahlzeiten.

Jovia ist ihren Pateneltern sehr dankbar, sie schreibt in einem Brief an sie: „Ich danke euch herzlich dafür, dass ihr meine Schulgebühren bezahlt und ich bete zu Gott, dass er euch beschützen möge und euch segnet.“

Die „New Horizon“-Schule in Uganda bietet den Schülern neben dem klassischen Unterricht eine breite Palette an praktischen Kursen an, wie z.B. Automechaniker, Elektriker, Maurer u.v.m.

Werden Sie Pate eines Schulkindes in Uganda Viele Schulkinder brauchen noch Paten. Die „Arche Noah“ kann ihre Kosten für Lehrer, Materialien und die Mahlzeiten für die Schüler nur dann decken, wenn genügend Paten regelmäßig spenden. In der Schule erhalten die Kinder neben Bildung auch warme und nahrhafte Mahlzeiten.

Eine Patenschaft ist ab 25 € pro Monat möglich. Jedes Schulkind in Uganda braucht zwei Paten. Anfragen bitte an: Patenschaften@GAiN-Germany.org, Tel. 0641-97518-53


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