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Ausgabe 4/17

He l fen m it He rz u nd H a nd

WÜRDEVOLL HELFEN Thema Armenien Uganda

Sei gefälligst dankbar Was kostet ein Stück Würde Würde für weggeworfene Kinder


>>Inhalt

04 Sei gefälligst dankbar! Titelthema 08 Was kostet ein Stück Würde? Armenien: Würdevolle Hilfe muss nicht teuer sein 11 Hilfe für Körper und Seele Chefsache 12 Weggeworfene Kinder erhalten ihre Würde zurück Uganda 14 Updates Aktuelles aus den GAiN-Projekten 15 GAiN Aktiv Termine, Angebote So helfen Sie mit! 16 Trotz allem: Glück Holocaustüberlebende in Israel brauchen Paten

Global Aid ­N e t w o r k Global Aid Network (GAiN) ist eine internationale Hilfs­­­organi­ sation, die seit 1990 in vielen Ländern der Welt humanitäre Hilfe leistet. GAiN möchte ein weltweites Logistiknetzwerk für humanitäre Hilfe aufbauen und arbeitet eng mit ­anderen humani­tären Organisationen, Produktions­firmen und Privat­ personen zusammen. Auf diese Weise ­können wir in ­akuten Not­ situationen schnell auf die Bedürf­ nisse von betroffenen ­Menschen ­reagieren, die benötigten Hilfsgüter organisieren und diese umgehend und kostengünstig in die Zielgebiete ­transportieren. Die zuverlässige Verteilung der ­Spenden in den betroffenen Re­ gionen stellen ­unsere meist ein­ heimischen ­Partner sicher. GAiN ist der Partner für humanitäre Hilfe von Campus für Christus.

Impressum Der ­Kalender zum ­Thema „Schule und Bildung“ enthält ­hochwertige ­Fotos aus ­unseren Projekt­ländern, u.a. ­Uganda, Haiti und ­Armenien. Ideal auch als ­Weihnachtsgeschenk

12,95 E

Bestellungen per E-Mail oder Telefon: Info@GAiN-Germany.org, oder Tel. 0641-975 18-50

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Format : 34x28 cm mit ­Spiral­bindu , ng, rückseitig mit zusätzlichem Kalendarium für Notizen.

Herausgeber: Global Aid Network (GAiN) gGmbH Am Unteren Rain 2, D-35394 Gießen Tel. 0641-975 18-50 Fax 0641-975 18-41 Redaktion: Birgit Zeiss, Harald Weiss Gestaltung: Claudia Dewald Erscheinungsweise: vierteljährlich, der ­Bezugspreis ist im Mitgliederbeitrag ­enthalten. Vertrieb: GAiN Deutschland Fotos: Claudia Dewald oder privat Spendenkonto: GAiN gGmbH Volksbank Mittelhessen IBAN DE88 5139 0000 0051 5551 55 BIC VBMHDE5F


Für Leute mit Durch­ blick

Helfen. Liebe Leserin, lieber Leser, haben Sie sich über unser Titelbild gewundert? Was hat ein Friseur mit Würde zu tun? Wir haben diesen Haarkünstler im Irak persönlich kennengelernt. Er musste vor dem IS fliehen und baute in seinem Flüchtlingslager einen kleinen improvisierten Friseursalon auf. Die Männer standen Schlange, um sich rasieren zu lassen. Unter der IS-Herrschaft waren Bärte Pflicht. Dieser Friseur gab ihnen ein Stück Freiheit und Würde zurück. Menschen in Not brauchen mehr als Nahrung, Kleidung und ein Dach über den Kopf. Wenn wir jemandem mit Würde helfen, bekommt auch ­seine Seele die Nahrung, die sie braucht. Diese Art der Hilfe kostet meist etwas mehr Zeit und Kraft. Es ist einfacher, jemandem ein Paket vor die Türe zu stellen, als zu fragen, was denn eigentlich gebraucht wird. Aber diese Investition ist es wert. Menschen, denen wir respektvoll ­helfen, bekommen wieder Kraft und Hoffnung, sie leben auf. Es gehört zu unseren GAiN-Grundsätzen, dass wir uns bei der Hilfe für Menschen mehr auf den Einzelnen konzentrieren, als dass wir möglichst vielen helfen. Lesen Sie in dieser Ausgabe, wie wir das zum Beispiel in Armenien oder in Uganda umsetzen. In unserem Themen­ artikel erfahren Sie außerdem, was Lippenstifte mit humanitärer Hilfe zu tun haben. Neugierig? Schön, dann viel Freude bei der Lektüre! Herzlich, Ihre

Birgit Zeiss, Redaktion

Mit Herz und Hand. Wir suchen ­engagierte ­Mitarbeiter/­innen: Sekretär/in für die ­Katastrophenhilfe Mitarbeiter/in im Bereich Fundraising und Fördermittel­ beantragung Assistent/in der Geschäftsleitung Sachbearbeiter/in Patenschaften

Weitere Infos: GAiN/Campus für ­Christus Personalabteilung Postfach 100 262, 35332 Gießen Tel. 0641-97518-33 Personal@campus-d.de Oder auf unserer Webseite: GAiN-germany.org/mitmachen/ mitarbeiten

Der Bewerbungsprozess wird von der Personalab­ teilung von Campus für Christus e.V. durchgeführt.


>>Thema

Sei gefälligst dankbar! Wie wir würdevoll helfen können

ildung ist ein Schlüssel zu echter Hilfe. Das weiß M ­ onika, die bei GAiN in ­Armenien arbeitet. So freut sie sich, als Geldspenden aus Deutschland eintreffen. Es reicht, um für 40 Kinder Schuluniformen zu kaufen. Denn Schul­uniformen sind mehr als Kleidung: Mit ihnen können ­Kinder eine Schule besuchen und ­damit den fatalen Kreislauf aus A ­ rmut und fehlender Bildung durchbrechen. ­Freudig ­besucht sie die 40 Familien auf ihrer Liste und bespricht ­alles Notwendige mit den Eltern und den zukünftigen S ­ chülern. Alle sind begeistert. Alle? Beinah. ­Tigran druckst erst ­herum, dann rückt er mit seinem Anliegen heraus: „Ich will gar keine Schul­ uniform. Lieber hätte ich ein Spiderman-­Kostüm.“ Was der Junge mit seiner Bitte ausdrückt, ist allerdings mehr als nur ein kindischer oder kindlicher Wunsch. Er berührt die Frage: Wie sieht wirkliche Hilfe aus? Was ist nötig? Und was nicht? In der Praxis sind diese Fragen gar nicht so leicht zu beantworten. Aber sie hängen eng mit unserer Würde als Menschen zusam­ men. Ein Blick in die Nazivergangenheit Deutschlands unter­ streicht dies eindrücklich.

Lippenstifte im KZ Niemand hatte die britischen Soldaten auf das vorbereitet, was sie am 15. April 1945 erwartete. Das Konzentrations­lager Bergen-Belsen wurde ihnen kampflos übergeben. Sie rechneten fälschlicherweise mit einem Kriegsgefangenenlager und fanden ein KZ mit 40.000 Menschen in 200 Baracken vor, völlig unter­ernährt, ge­ zeichnet von Typhus und Fleckfieber, ohne Hoffnung und Leben in den Augen. Tausende weitere waren tot ­ und ihre Leichen lagen auf großen Haufen aufgeschichtet herum. Die Sol­ daten versuchten, den überlebenden ausgezehrten Menschen zu helfen und organisierten Lebensmittel, Decken, Kleidung und Medikamente. Sie wur­ den behandelt, doch sie starben wie die Fliegen. Als der leitende Miltärarzt eines Tages eine weitere Hilfslieferung öffnete, konnte er nur mühsam einen Fluch unterdrücken: „Lippen­stifte, ein ganzer Lastwagen voll Lippenstifte. Wer zum Henker …“ Doch erstaun­

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licherweise brachte diese Lieferung die große Wende. Wo sie nun einmal da waren, durften sich alle, die wollten, bei den Lippenstiften bedienen. Und genau das taten die Frauen! Ein weiterer Soldat erzählt in seinem Tagebuch, was er in den folgenden Tagen sah: „Frauen lagen ohne Decke oder Nachthemd im Bett, aber mit leuchtend roten Lippen, man sah sie mit nur einer zerrissenen Decke über den Schultern herumlaufen, aber mit leuch­ tend roten Lippen. Ich sah eine tote Frau auf dem Obduktionstisch liegen, die ih­


ren Lippenstift noch fest in der Hand hielt – und ein Lächeln auf ihren roten Lippen hatte.“ Was war geschehen? Wären mehr Lebensmittel und bessere Medikamente nicht viel notwendiger gewesen? Offensichtlich nicht, denn plötzlich sank die Sterberate. Es war, als hätten die ehemaligen Häftlinge begriffen, dass sie mehr waren als die Nummer, die in ihren Arm eintätowiert war. Sie waren wieder jemand, Individuen, Menschen mit Schönheit und Würde.

Würde im Fokus Vielen scheint solch ein Blick auf die Men­ schenwürde selbstverständlich zu sein, doch in der humanitären Hilfe war er es lange nicht. Da erklärt zwar unser deutsches Grundgesetz bereits im ersten Arti­ kel: „Die Würde des Menschen ist unan­ tastbar“, doch wenn es um Hilfe geht, dann stehen plötz­ lich Sachleistungen im Mittelpunkt. Der Wiki­ pediaartikel zum Thema humanitäre Hilfe beginnt mit der kurzen Beschreibung: „Als humanitäre Hilfe (von lat. Humanitas: Menschlichkeit, Wohl­ tätigkeit) bezeichnet man Maßnahmen zum Schutz und zur Ver­ sorgung von Menschen in einer humanitären Notlage, die über eine Erstversorgung hinausgehen. Sie findet überwiegend in der Dritten Welt statt und wird von staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen durchgeführt und finanziert.“ Nichts daran ist verkehrt, aber es ist nur ein Teil des Bildes. Menschenwürde kommt im gesamten Artikel nur ein einziges Mal vor – und die­ se Ergänzung wurde erst 2016 eingefügt. Diese Schieflage realisierten Mitarbeiter des Roten Kreuzes, des Roten Halbmondes und etlicher Nichtregierungsorganisati­ onen. 1997 gründeten sie daraufhin das „Sphere Project“. Ihr Ziel war es, die Qualität der geleisteten Hilfe zu verbessern, Mindeststandards einzuführen und Rechenschaft über geleiste­ te Hilfe abzulegen. All dies wird in einem umfangreichen Hand­ buch erklärt (das man sich übrigens unter sphereproject.org kostenlos auf Deutsch herunterladen kann). Das „Sphere Pro­ ject“ enthält als Herzstück und Basis eine humanitäre Charta. Diese umfasst das Recht auf ein Leben in Würde, das Recht auf

Humanitäre Hilfe ist nur in dem Maße ­erfolg­reich, wie sie dem ­Empfangenden seine Würde lässt oder sie ihm ­zurückgibt. G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e gt 4-2017

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>>Thema

Die humanitäre Charta umfasst das Recht auf ein ­Leben in Würde, das Recht auf humanitäre Hilfe und das Recht auf Schutz und Sicherheit.

­ umanitäre Hilfe und das Recht auf Schutz und Sicherheit. Hier h kommt Menschenwürde vor und zwar an zentraler Stelle. Sie steht für einen angemessenen Lebensstandard genauso wie für die Freiheit von Folter. Das Sphere-Handbuch hält fest: „Würde umfasst mehr als nur körperliche Unversehrtheit; sie verlangt Respekt für die gesamte Person, unter anderem für die Werte und Überzeugungen der Menschen und betroffenen Gemein­ schaften, und die Achtung ihrer Menschenrechte einschließlich Freiheit, Gewissens- und Religionsfreiheit.“ Wer jetzt denkt, dass das doch nur graue Theorie ist, mit der viele Seiten Papier bedruckt wurde, der täuscht sich, denn diese Gedanken haben gewaltige Auswirkungen auf humanitäre Hilfe.

Am Anfang steht das Fragen Es gibt eine Art Hilfsimperativ. Ganz platt lautet der: „Ich weiß, was du brauchst, und ich habe es dir mitgebracht.“ Seine ver­ schärfte Variante ist: „Ich habe etwas übrig bzw. gespendet be­ kommen, deshalb wirst du es schon brauchen. Sei dankbar.“ Das hört sich zynisch an? Aber leider liegt es oft sehr nah bei der Wirklichkeit. Genau hier macht das Fragen nach Menschen­ würde einen gewaltigen Unterschied. Ist mein Gegenüber ein Hilfsempfänger, der gefälligst froh sein soll, dass er etwas be­ kommt? Oder ist es ein Mensch, ein Individuum, eine Persön­ lichkeit? Manchmal macht eine kleine Frage den entscheidenden Un­ terschied: „Was brauchst du? Was möchtest du?“ Sie gibt dem Empfänger die Möglichkeit, sich zu äußern. Bedürfnisse zu ar­ tikulieren. Auch die, von denen kein Helfer weiß. Und sie gibt ihm seine Würde zurück.

Der Teddy und der Friseur Der Alltag von Armen, Katastrophenopfern oder Flüchtlingen wird von allen möglichen Dingen bestimmt; Würde spielt meist keine große Rolle darin. Die schlichte Größe einer Not lässt dafür scheinbar keinen Raum. Wo Hunderttausende auf der Flucht sind, da helfen nur Zeltstädte, die fast bis zum Horizont reichen. Wo Menschen hungern, da müssen erst einmal Reis, Milchpulver und anderes verteilt werden. Ja. Und trotzdem ist mehr nötig. Ich war mit GAiN im Nordirak und brachte Hilfsgüter in die Flüchtlingslager. Zum Beispiel Matratzen, weil in jedem Zelt zwar neun bis zehn Personen lebten, aber nur fünf Ma­ tratzen vorhanden waren. Wir brachten Decken, denn im ira­ kischen Winter wird es kalt. Und wir brachten Kleidung, denn die wenigsten Vertriebenen hatten die Möglichkeit, bei ihrer Flucht genug für jedes Wetter mitzunehmen. Außerdem hatten wir Stofftiere dabei. Und die Kinder nahmen sie begeistert an. Welchen Sinn kann ein Teddy in einem Zelt voller Flüchtlinge

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haben? Ganz einfach: Er steht für all das, was die Kinder zurücklassen mussten, ihre Spielsachen, ihre Freunde, ihre Kind­ heit … ihre Würde. In einem anderen Flüchtlingslager trafen wir Faoz. Bevor er vor dem IS flie­ hen musste, war der junge Mann Friseur gewesen. Im Lager hatte er kurzerhand einen improvisierten Friseursalon aufge­ baut. Ein Satz Scheren und Rasiermesser, ein Stuhl und eine Zeltplane reichten ihm dafür. Die Männer des Lagers standen Schlange vor seinem Zelt, um sich ra­ sieren zu lassen. Und warum? Unter der Schreckensherrschaft des IS war es ihnen verboten, sich zu rasieren. Bärte waren Pflicht. Jetzt konnten sie mit einem Be­ such bei Faoz dieses Kapitel ihrer Vergan­ genheit abschließen. Sie wurden dadurch weder satter noch reicher, doch sie ge­ wannen ihre Würde zurück. GAiN beschreibt als seine Vision: „Wir wollen dazu beitragen, dass die Ärmsten und Benachteiligten der Welt eine neue Perspektive für ihr Leben und Hoffnung für die Zukunft gewinnen.“ Perspektive. Leben. Hoffnung. All das steht für Wür­ de. Genauso wie ein Kind, das jetzt e ­ inen Teddy mit in sein improvisiertes Bett nimmt, oder ein Mann, der sich rasiert, wann er es möchte.

Würde ist nicht einfach da Der Philosoph Jürgen Habermas stellte zur Menschenwürde fest: „Sie ist nicht eine Eigenschaft, die man von Natur aus ‚besitzen’ kann wie Intelligenz oder blaue Augen; sie markiert vielmehr die­ jenige ‚Unantastbarkeit’, die allein in den interpersonalen Beziehungen reziproker Anerkennung, im egalitären Umgang von Personen miteinander eine Bedeu­ tung haben kann.“ Recht hat er. Men­ schenwürde haben wir nicht. Sie ist nicht einfach da. Sie wird uns zugesprochen. Durch Begegnung auf Augenhöhe. Genau das wird von Jesus Christus berichtet (auch wenn Habermas das so


Übersetzung: „Ist doch besser als nichts, oder?“ Beschriftung des Schildes: „Erdbebenrettungslager“ EMANUEL „MANU“ LETOUZÉ, WWW.SPHEREPROJECT.ORG

nicht meinte). Laut Neuem Testament schrieb er keinen Brief vom Himmel über das, was Gott von den Menschen erwartete oder für sie tun wollte. Stattdessen kam er selbst und wurde Mensch. In seiner Gesellschaft fanden sich oft die Randsiedler der Gesellschaft: Arme, Kranke, Prostituierte, sogenannte Sün­ der. Und warum? Weil sie in seiner Gegenwart spürten: Hier bin ich jemand. Dieser Jesus nimmt mich so an, wie ich bin. Er freut sich über meine Stärken und begegnet meinen Defiziten. Das war damals „Evangelium“ – gute Nachricht. Und das ist es bis heute: Hoffnung, Heilung, Freiheit, Durchblick. Das bewirkte die Begegnung mit Jesus Christus. Und das bewirkt im besten Falle die Begegnung mit Menschen, die anderen in ihrer Not zur Seite stehen. Hier treffen konkrete Hilfe und der Zuspruch von Würde zusammen. Diese beiden Seiten sind für humanitäre Hilfe unbedingt nö­ tig. Sie muss den tatsächlichen Nöten von Menschen begegnen, aber sie ist nur in dem Maße erfolgreich, wie sie dem Empfan­ genden seine Würde lässt oder sie ihm zurückgibt. Menschen­ würde ist kein Add-on, kein optionaler Zusatz, Menschenwürde ist ein menschliches Grundbedürfnis.

Entwürdigung: Der IS zerstörte die persönlichen Gegenstände der Menschen in den eroberten Gebieten mit System.

Spiderman Erinnern Sie sich an Tigran, der gar keine Schuluniform will, sondern lieber ein Spiderman-Kostüm? Natürlich denkt Moni­ ka, die armenische GAiN-Mitarbeiterin, im ersten Moment das, was wohl die meisten von uns denken würden: „Die Uniform braucht er. Das Kostüm wünscht er sich nur, es ist zu nichts nutze.“ Außerdem will sie verantwortlich mit Spendengeldern umgehen. Doch dann muss sie lächeln. Ihr Entschluss ist gefasst. Sie hat selbst noch etwas Geld übrig und kauft dem Jungen ein Spiderman-Kostüm. Denn Monika weiß: Echte Hilfe deckt im­ mer mehr ab als das Lebensnotwendige. Und sie steckt an. Die Ladeninhaberin gibt Monika das Geld zurück, das sie für das Spiderman-Kostüm bezahlt hat. Als sie Tigran eine Weile später seine Schuluniform vorbeibringt, lächelt der Junge etwas. Als sie ihm aber die Spiderman-Packung in die Hand drückt, jubelt der Junge laut. Am liebsten würde er genau so zur Schule gehen. Aber für den Anfang ist auch die Schuluniform okay. Hauke Burgarth

Nur Äußerlichkeiten? Gute Kleidung und ein schönes ­Aussehen gibt Menschen, wie z.B. den Flüchtlingen im Irak, die innere Würde zurück.

Manche Gegenstände sind zwar nicht überlebensnot­wendig, aber sie geben ein Stück Lebensfreude zurück.

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kenien > > IArram

Was kostet ein Stück Würde? Würdevolle Hilfe muss nicht teuer sein

enn Menschen sich schämen, verstecken sie sich. Sie schweigen. Auch wenn sie Hilfe brau­ chen. Sie ertragen Umstände, die unwürdig sind, und das oft lange Zeit. Mutter Sara war eine von ihnen. Sie kannte die Adresse der GAiN-Mitarbei­ ter. Aber es dauerte ein Jahr, bis sie sich tatsächlich traute, im Büro von GAiN Armenien um Hilfe für sich und ihre beiden Kinder zu bitten. Ihre Not sieht man den Menschen in Osteuropa nicht gleich auf den ersten Blick an. Wenn sie sich in der Öffentlichkeit aufhalten, tragen sie ihre besten Kleider und sehen gepflegt und ordentlich aus. Aber davon lassen sich unsere armenischen Mitarbeiter nicht täuschen. Als sie Saras Wohnung betraten, sprang ihnen die Not ganz deutlich in die Augen. Sara, 35 Jahre alt, und ihre beiden Teenagerkinder wohnen zwar nicht in einem Blechcontainer, wie viele arme armenische Familien, aber das Leben in ihrem gemauerten Mietshaus ist keineswegs angenehmer. Das Dach über ihnen ist völlig kaputt und an vielen Stellen undicht. Die Fenster schließen nicht richtig. Es gibt nur einen Wasseranschluss, der sich in der Küche befindet. Bad und Toilette sucht man vergeblich. Im Garten steht eine Art Wellblechhütte, in der sie ihre Notdurft verrich­ ten müssen. Wenn sie sich waschen wollen, müssen sie erst einige Häuser weiter bei Nachbarn fragen, die ihnen wohlgesonnen sind. Ein weiterer Grund, sich zu schämen.

Hungrig einschlafen Wie so viele arme armenische Familien versucht Sara, in ihrem Garten Lebensmittel anzubauen. Der Platz ist vorhanden, aber weil es keinen Zaun gibt, fressen die Tiere des Nachbarn ihre Pflanzen schnell weg. Sara hat keinerlei Ausbildung genossen. Sie lebt oder überlebt durch Gelegenheitsjobs. Dabei verdient sie etwa zwei Euro am Tag. Wenn es keine Arbeit gibt, bleibt nur die Sozialhilfe als Einkommen übrig. Wie soll sie aber mit 51 Euro im Monat auskommen? Ihre Miete beträgt 18 Euro pro Monat. Immerhin haben ihr die Vermieter einige Möbel zur Verfügung gestellt, sonst würde sie noch viel kärglicher wohnen müssen. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel, so könnte man ihre finanzielle Situation am besten beschreiben. Gerade im Winter gehen sie und ihre Kinder oft hungrig ins Bett. Dann wächst nichts im Garten, und es gibt keine Arbeit. Ihren Ofen müssen sie mit dem betreiben, was ihnen Freunde und Verwandte geben, alte Schuhe, Kleidung, Abfall. Brennholz ist teurer Luxus. Nur die Wohnstube kann beheizt werden. In einem kalten Winter frieren die Wasserleitungen zu und es kam auch schon vor, dass die mühsam angelegten Vorratsgläser beim Frost platzten.

Mit Musik die Armut ertragen Und wo ist der Vater der Kinder? Er wanderte nach Russland aus, um dort Arbeit zu finden. Seitdem haben Sara und ihre Kinder nichts mehr von ihm gehört. Ein Schick­ sal, das sie mit vielen anderen armenischen Frauen teilt. Selbst als Tochter Gohar sehr krank war und unter einer halbseitigen Gesichtslähmung litt, meldete er sich nicht. Gohar schämte sich sehr mit ihrem verzerrten Gesicht und spielte deshalb lange nicht mit anderen Kindern. Sohn Dschanik hat sich in allen diesen Widrigkeiten seine eige­

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Fotos oben: „Küche“ und „Badezimmer“ einer armenischen Familie. So leben viele armenische Familien Foto rechts: Diese Familie wünschte sich einen kleinen Garten. GAiN grub einen Brunnen, damit sie das Gemüse bewässern können. Durch diese geschaffene Eigenständigkeit erhalten sie ein Stück Würde.


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>>Armenien

„Die Hilfsgüter sind ein wichtiger Hoffnungsschimmer für viele Familien in unserem Land.“ Monika Mgdesyan, GAiN-Mitarbeiterin in Armenien

ne kleine Welt voller Würde aufgebaut. Mit seinen 15 Jahren ist er musikalisch sehr talentiert und hat sich selbst Flöte- und Klarinette-Spielen beigebracht. Sein Lehrer erkannte sein Talent und hätte ihm ein Stipendium für eine musikalische Ausbildung in der Hauptstadt Jerewan ermöglicht. Aber die hohen Fahrtkosten dorthin verhindern diesen Traum. Ab und zu, wenn sein Musiklehrer ihm die Kos­ ten erstattet, darf er zu Konzerten fahren und dort sein Können zeigen.

Wer braucht wann was? Wie kann man einer solchen Familie helfen, wieder würdevoll leben zu können? Das fragen sich unsere armenischen Mitarbeiter eigentlich bei jedem ihrer Schütz­ linge, die in das Hilfsprogramm aufgenommen werden. Und genau das ist eine Stärke der humanitären Arbeit in diesem Land. Die Mitarbeiter notieren sich bei ihren Familienbesuchen die Bedürfnisse ganz detailliert. Sie schreiben auf, welche Kleider- und Schuhgröße die Kinder benötigen, ob Schulranzen oder Schuluniform fehlen, wie teuer Schulbuskosten sind, oder wann die Brennholzvorräte zuende gehen. Wann immer es die Vorräte im Lager hergeben, bekommen sie dann auch genau das, was benötigt wird. Saras Familie hat bisher erst eine „Lieferung“ von Hilfsgütern bekommen. Neben Lebensmitteln und Kleidung enthielten die Pakete auch Waschpulver und Toilettenpapier. Ob Sara irgendwann auch eine passende Toilette haben wird, in einer anderen Wohnung? Die GAiN-Mitarbeiter machen sich Gedanken, hören sich um, werden Gelegenheiten ergreifen. Ihren Schritt aus der Scham heraus hat Sara nicht bereut. Sie hat neue Hoffnung geschöpft. Sie weiß, sie ist nicht vergessen. Birgit Zeiss

SO KÖNNEN SIE HELFEN • Mit 43 Euro können Sie einem Kind eine neue Schuluniform schenken und ihm einen würdevollen Start in den Schulalltag ermöglichen. • 50 Euro werden monatlich benötigt, um als Pate eine Familie mit Schuhen, Kleidung, Lebensmitteln und Fahrtkosten zur Schule zu unterstützen. Mit 25 oder 50 Euro monatlich können Sie Pate werden. Wenden Sie sich dazu an: patenschaften@gain-germany.org • Für 2.500 Euro können wir einer Familie ein Badezimmer bauen.

Spendenkonto:

GAiN gGmbH, Volksbank Mittelhessen IBAN DE88 5139 0000 0051 5551 55 BIC VBMHDE5F, Verwendungszweck: Armenien

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Foto oben: Sara und ihre beiden Töchter freuen sich über den Besuch einer Reisegruppe aus Deutsch­ land. Foto Mitte: Das Dach der gemieteten Unterkunft wurde nie fertig gestellt. Im Winter ist das Haus schlecht isoliert und feucht. Foto unten: Mit Spielen, wie Mikado, kommen Deutsche und Armenier sich näher.


>>Thema

Hilfe für Körper und Seele

Chefsache Was GAiN-Leiter Klaus Dewald bewegt

Reicht es nicht, wenn Menschen satt sind und ein Dach über dem Kopf haben? Müssen wir uns auch noch um ihre Würde kümmern? uf diese Fragen antworte ich mit einem uneinge­ schränkten Ja. Jemand, der verfolgt wird, der auf der Flucht ist, und dessen Leben auf dem Spiel steht, des­ sen Würde ist bedroht. Und der braucht Hilfe für Körper und Seele. Aber bei der Frage, ob jemand, der einfach nur arm ist, schon unwürdig lebt, kann man schon auch unterschiedlicher Meinung sein. Es gibt Menschen, die wenig be­ sitzen, die aber trotzdem sehr viel Wür­ de ausstrahlen. Sie wohnen in einem Lehmgebäude, gehen im Freien auf die Toilette und sind trotzdem glücklich und zufrieden. Sie kennen es wahrscheinlich nichts anders. Aber wenn Familien in Industriestaaten wie Armenien, Lettland oder Ukraine, wo es Millionenstädte,

Industrie und einen gewissen Lebensstan­ dard gibt, in Bruchbuden ohne Strom und Wasser hausen, dann ist das würdelos.

Mensch statt Hilfsobjekt Wir helfen Menschen in Not und wir ver­ suchen dabei, ihnen in ihrer Not in Würde zu begegnen. Das heißt, ich nehme mein Gegenüber als Menschen wahr, nicht als Objekt. Ich begegne ihm mit Respekt. Hil­ fe kann auch respektlos geschehen, indem ich mein Gegenüber zum Hilfsempfänger, zum Objekt degradiere. Respektlose Hil­ fe bedeutet für mich, wenn ich als rei­ cher Deutscher einem armen Menschen irgendwo auf der Welt einfach ein Hilfs­ paket hinknalle. Der Inhalt des Pakets ist immer der gleiche, aber wenn ich mich auf den Empfänger einlasse, ist das Ergeb­ nis ein anderes. Wenn ein vierzehnjähri­

ges Mädchen Grün als seine Lieblingsfar­ be hat, dann darf es den gelben Pulli, den es zugeteilt bekommen hat, umtauschen. Bei einer Massenverteilung ist das na­ türlich schwierig, aber auch da kann ich versuchen, den Einzelnen zu sehen, ihm in die Augen zu schauen und ihm ein freund­ liches Wort zuzusprechen. Ich kann die Geschwindigkeit herausnehmen und mir für jeden etwas Zeit nehmen. Das kann auch anstrengend werden, aber das ist eine Entscheidung für die Würde, die diese Menschen bemerken werden.

Würde und Hoffnung gehen Hand in Hand Wer mich kennt, weiß, dass ich oft und gerne über Hoffnung spreche. Hoffnung geben zu können, ist für mich ein ganz zentrales Anliegen unserer Arbeit. Für mich gehen Hoffnung und Würde Hand in Hand. Jemand, der würdelos behan­ delt wird, sich ausgegrenzt fühlt, verliert schnell seine Hoffnung. Wenn Menschen keine Hoffnung mehr haben, werden sie lethargisch und passiv. Sie können sich nicht mehr selber helfen. Genau da kann eine respektvolle Hilfe, bei der wir den Menschen persönlich begegnen, den Kreislauf durchbrechen. Wer sich als Mensch würdig behandelt fühlt, be­ kommt wieder Hoffnung. Wie oft habe ich es schon erlebt, dass dann Menschen wieder den Mut haben, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen. Dann kann etwas Neues beginnen. Dafür lohnt sich jeder Mehraufwand, den würdevolle Hilfe mit sich bringen mag.

Ein solches T-Shirt drückt Wertschätzung aus: Du bist es wert, diese Kleidung zu tragen und beachtet zu werden.

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>>Uganda

Weggeworfene Kinder erhalten ihre Würde zurück Das Tor öffnet sich, wir fahren hinein. Endlich darf ich das ­Projekt vor Ort kennenlernen, das mich schon lange aus der Ent­ fernung begeistert hat. Ich staune. Die Größe des zum Schutz umzäunten Areals beeindruckt mich. Würdelos zurückgelassen Das ist also die Auffangstation für die weggeworfenen Kinder, die würdelos zurück­ gelassen wurden, achtlos entsorgt, sich selbst überlassen. Das ist der Ort, wo man­ cher Albtraum sein Ende findet und Kinder, die ihrer Würde beraubt wurden, diese zurückbekommen. Weit mehr als die Größe des Geländes mit Säuglingsstation, Fa­ miliengruppen, Kindergarten, Schule, Ausbildungswerkstätten, Bauernhof, Spiel- und Sportplätzen und vielem anderem, bewegt mich bei einem Rundgang über das Ge­ lände das fröhliche Lachen und Toben der Kinder, das aus allen Richtungen zu hö­ ren ist. Egal, wo ich stehenbleibe, immer umgibt mich eine beträchtliche Anzahl von kleineren oder größeren Kindern und alle strahlen sie mich mit ihren wachen Augen an. Die Arche Noah ist ein Zuhause für die, die nirgendwo hingehörten. Auch Kinder aus den umliegenden Dörfern bekommen hier neben einer Schulbildung auch die Möglichkeit einen Beruf zu erlernen und eine Persönlichkeit zu entwickeln. Als Piet und Pita Buitendijk 1999 mit Owen das erste weggeworfene Baby von der örtlichen Polizeibehörde zur Pflege erhalten, wird ihnen schnell klar, dass sie hier gefragt sind. Aus einem Baby wurden zwei, dann drei und vier und inzwischen leben 180 Kinder und Jugendliche dauerhaft hier und 600 weitere besuchen die Schule. Kinder, die ohne das Engagement der Buitendijks und ihren Mitarbeitern keinerlei Hoffnung auf eine Zukunft haben.

Liebe wirkt Indem ihre Bedürfnisse wahrgenommen und beantwortet werden, bekommen die Kinder ihre Würde zurück. In einem Rundbrief aus dem Jahr 2005 schreibt das hol­ ländische Ehepaar: „Liebe ist eine mächtige Medizin und wirkt hier tadellos.“ Und dann schildern sie, wie der kleine Joel nach einer Tortur ein Zuhause gefunden hat. Es begann mit einem Anruf von der Polizei. Wie so oft ging es um ein weggewor­ fenes Kind. Auf der Polizeistation nahmen die Mitarbeiter einen etwa einjährigen Jun­ gen in Empfang, der offensichtlich schwer misshandelt und unterernährt war. In dem Protokoll von damals ist zu lesen: „Der kleine Junge hat viele Schnittwunden, blaue Flecken und offene Wunden. Er hat Malaria und weitere Infektionen, auch das Herz muss untersucht und behandelt werden.“ Die vielen Verletzungen, die Joel mitbringt, lassen es offen, ob er es schaffen, wird. Zwölf Jahre später ist über Joel, der in unser Patenschaftsprogramm aufgenommen wird, folgendes zu lesen: „Joel ist ein freund­ licher Junge, dem es gefällt, seine eigenen Dinge in seinem Tempo zu tun. Er springt gerne auf dem Trampolin, besonders mit seinen Freunden Andrew und Josh. Er liebt Fernsehen, Kartenspiele und Puzzle. An sportlichen Aktivitäten gefallen ihm beson­ ders Fußball und Schwimmen. Joel kocht gerne und ist gerne der Chef. Er ist clever und nimmt in seiner Klasse eine führende Position ein. Er ist nun in der siebten Klasse, was ein wichtiges Jahr für ihn ist, weil an dessen Ende Abschlussprüfungen stehen.“ Aus dem kleinen misshandelten und kranken Jungen ist ein normaler und gesunder Teenager geworden. Wie aus vielen anderen auch. Nichts wirkt nachhaltiger als Liebe. Harry Weiss

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Joel blühte auf: aus dem misshandel­ ten und stark unterer­ nährten Kind entwickelte sich schnell ein fröhlicher Junge.

Joel 2010: Mit sechs Jahren leidet er nicht mehr unter den Folgen seiner Erkran­ kungen.

Hier geht Joel zur Schule und mit ihm noch über 600 weitere ­Kinder aus dem Kinderdorf und den Dörfern der Umgebung.

Joel ist ein freundlicher Junge, der gerne sportlich aktiv ist. Er liebt vor allem Fußballspielen.

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>>GAiN-Projekte

updates L ET T L A ND Trotz jahrelanger EU- Mitgliedschaft, ist Armut immer noch Lettlands größtes ­Problem. Zwischen Armen und Reichen klafft weiterhin eine tiefe Schlucht. Dieses Jahr haben wir mit unseren Partnern GADIBA und TUVU in Çēsis und Jelgava bereits 16 Hilfs­güterlieferungen verteilen können. Die verantwortlichen Mitarbeiter wollen das Verantwortungsbewusstsein der lettischen Bevölkerung fördern und sie mobilisie­ ren, ihren Landsleuten selber zu helfen. Für 2018 planen sie, in Tukums, einer sozial schwachen Gegend, einen weiteren Second-Hand-Laden zu eröffnen. Menschen in Not können sich dann würdevoll, aber mit ganz wenig Geld selber einkleiden.

HAITI Vor wenigen Tagen konnte der erste Teil des Schulbaus im Kinderdorf abgeschlossen werden, so dass dort in Kürze 140 Kinder unterrichtet werden können. Dies ist auch dringend notwendig, da im notdürftig errichteten Provisorium die Unterrichtsqualität sehr unter Lärm und Hitze leidet. Mit unserem Partner ermöglichen wir den Lehrern Weiterbildungen. Sollten wir die beantragten Fördergelder des Bundesministeriums für Entwicklungshilfe erhalten, werden wir 2018 mit dem Bau des zweiten Teils der Schule beginnen. Optimistisch verfolgen wir den Plan, bis 2020 alle vier Teile der Schule fertigzustellen, um den Schülern eine angemessene Bildung zu ermöglichen.

IRAK Durch das kurdische Unabhängigkeitsreferendum spitzte sich der Konflikt zwischen den Bevölkerungsgruppen im Irak zu. Nachdem lange unklar war, ob die türkische Grenze zu Kurdistan offen bleibt, konnte Anfang November unsere fünfte Hilfsgüterlie­ ferung für dieses Jahr starten. Mit unserem Partner vor Ort ermöglichen wir seit 2014 ein monatliches Nahrungsmittelprogramm, das inzwischen 350 binnenvertriebene Fa­ milien versorgt. Seit 2016 unterstützen wir ein wöchentliches Seelsorgeprogramm für christliche und muslimische Flüchtlingsfrauen. Obwohl bereits 3.000 ­Familien nach Karakosch zurückkehren konnten, sind diese weiterhin auf Unterstützung angewiesen, da der Arbeitsmarkt brachliegt. Trotz der verschärften Situation planen wir für 2018 weitere Hilfsgüterlieferungen.

N I GE R I A Mit zwei ehrenamtlichen Mitarbeitern und unserem Partner Hope Eden konnten wir dieses Jahr den langersehnten Spielplatz für die Grundschulkinder fertigstellen. In Ni­ geria ist der Zugang zu Bildung für die meisten Familien eine zu große Herausforde­ rung. Manchmal scheitert es schon am zu weiten oder gefährlichen Schulweg. Recht­ zeitig zum Schulbeginn konnten wir zwei Schulbusse fahrtüchtig machen. Eine gute Ausbildung nach der Grundschule ist ein wichtiger Schritt aus der Armut. Deshalb planen wir langfristig den Bau einer weiterführenden Schule, um den Kindern eine hoffnungsvolle Zukunft zu ermöglichen.

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>>GAiN Aktiv

REISEN MIT HERZ

So helfen Sie mit!

Helfen mit gebrauchten ­Gütern Packen Sie gut erhaltene, saubere Kleidung, Schuhe oder Haushaltsgegenstände in ­stabile Kartons (am besten Bananenkisten), ­kleben Sie sie gut zu, heften Sie einen Zettel mit dem Inhalt daran und geben Sie sie bei einer GAiN-Sammelstelle in Ihrer Nähe ab. Adressen von Sammelstellen: www.karte.gain-germany.de oder ­Thomas Steffen: Tel. 0641-97518-66 Thomas.Steffen@GAiN-Germany.org

2018/19

Land entdecken | Menschen helfen

Reisen Sie mit uns in eines ­unserer Projekt­­länder: L ­ ernen Sie die ­Menschen und ihre Lebensumstände ­kennen. ­­Helfen Sie bei ­humanitären ­Einsätzen, ­Bau­projekten oder beim Kinder­programm. Entdecken Sie das Land bei ­Aus­flügen. Wir bieten folgende Gruppenreisen an:

2018

Armenien 17.8. – 31.8. ................ 790 € zzgl. Flug Deutschland 30.7. – 3.8. .................. 220 € Lettland 5.8. – 18.8. ................ 640 € zzgl. Flug Uganda 22.9. – 6.10. ................ 890 € zzgl. Flug

2019

Armenien Haiti Lettland

16.8. – 30.8. ............... 790 € zzgl. Flug 20.10. – 1.11. .............. 850 € zzgl. Flug 28.7. – 10.8. ............... 640 € zzgl. Flug

Reisen Sie lieber allein? Oder möchten Sie mit Ihren Freunden/Hauskreis eines unserer Projekte kennenlernen und mithelfen? Sprechen Sie uns an, wir gestalten die Reise nach Ihren Wünschen und den Gegebenheiten vor Ort.

Infos und Anmeldung

Daniela Terfloth Tel. 0641-97518-15 oder Reisen@GAiN-Germany.org Internet: GAiN-Germany.org/mitmachen/reisen-mit-herz

Helfen mit Schulranzen Packen Sie ein Päckchen mit Schul­material. Wenn Sie ­ sogar noch einen ­ gebrauchten Schulranzen besitzen, füllen Sie ­ diesen mit den Schulmaterialien und geben ihn bei ­einer der v­ ielen Schulranzen-Sammel­stellen ab. In­ fos über den Inhalt, die Sammel­stellen und die Projektumsetzung ­erfragen Sie bitte bei der Schul­ranzenaktion. Kontakt: Silvia Huth Tel. 0641-97518-57 Schulranzenaktion@ GAiN-­Germany.org

Firmen spenden Waren Statt einwandfreie, aber nicht mehr im Wirt­ schaftsverkehr umsetzbare Ware zu ent­ sorgen, können Firmen diese Güter einfach spenden. GAiN ist regelmäßig auf der Suche nach Baby- und Kindernahrung, Trocken­ produkten, Hygiene­ artikeln, Waschpulver oder auch Schulmaterial. Sachspenden­ bescheinigungen sind selbstverständlich. Kontakt: Harald Weiss Tel. 0641-97518-54 Harald.Weiss@GAiN-Germany.org

Pate werden Es sind die Schwachen an vielen Orten der Erde, die sich nicht selber helfen können: Kinder, Frauen und alte Menschen. Paten­ schaften sind eine ideale Form, p ­ersönlich und wirkungsvoll zu helfen. Wir von GAiN vermitteln Paten­ schaften für Kinder in ­Uganda, Haiti und Indien, Frauen in Indien und Holocaustüber­lebende in I­srael. Kontakt: Andrea Scheffler Tel. 0641-97518-53 Patenschaften@ GAiN-­Germany.org

G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e g t 4-2017

15


Postfach 100 262 35332 Gießen Tel.: (0641) 97518-50 Fax: (0641) 97518-41

70786 Postvertriebsstück Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

Info@GAiN-Germany.org GAiN-Germany.org

Trotz allem: Glück Maja lebt mit ihrem schwerhörigen und kranken Mann, ihrer krebskranken Toch­ ter und einer Enkelin in einer kleinen Wohnung in Netanja. Maja muss für ihre Familie sorgen. Nebenbei organisiert sie Treffen und Ausflüge für andere Holo­ caust-Überlebende und besucht diese auch. „Gott gibt mir Kraft“ sagt sie und lächelt. Für ein besonderes Foto­projekt fragen wir nach einem Wort, das über ihrem Leben stehen könnte. Sie schreibt auf Ukrainisch „Glück“ und sagt: Als der Zweite Weltkrieg in die ­Ukraine kam, zerstörte er alles. Mein Vater ­wurde eingezogen. Er sagte zu meiner Mutter: „Der Krieg wird schreck­ lich. Lauft sofort weg!“ Ich war vier Jahre alt. Am Bahnhof wurden wir mit vielen anderen in Viehwaggons gepresst. Von Stalingrad aus sollten wir in einem einfachen Boot weiterfahren. Meine Mutter weigerte sich: „Wenn wir das tun, sind wir alle tot.“ Mein Bruder, der Soldat war, bat den Kapitän eines Militärbootes um Hilfe. So kamen wir sicher am Zielhafen an, dann ging es weiter nach Sibirien. Wir lebten mit anderen in einem Raum ohne Fußboden und bekamen Typhus und Malaria. 1946 kehrten wir in die Ukraine zurück. Unser Zuhause war zerstört, mein Vater im Krieg gefallen. Mutter schaffte es sogar, uns eine Ausbildung zu ermöglichen. 2001 kamen wir nach Israel. Hier sind wir sicher. Meine Familie wird medizi­ nisch gut versorgt. Ich bin glücklich, hier zu leben.

Maja muss ihrem Mann bei unserem Besuch jedes Wort „übersetzen“, da er sehr schwerhörig ist.

Jeden ­Monat muss Maja scharf ­kalkulieren, wofür sie ihr kleines E ­ inkommen einsetzt.

Werden Sie Pate eines Holocaust-Überlebenden Jetzt ist die Zeit, dass wir ihnen am Ende ihres Lebens Gutes tun können. Das, was sie zum Leben haben, reicht oft nicht. Praktische Unterstützung, Liebe und Würde sind schon mit einem kleinen Beitrag möglich.

Eine Patenschaft ist ab 25 € pro Monat möglich. Anfragen bitte an: Patenschaften@GAiN-Germany.org, Tel. 0641-97518-53


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