17 01 bewegt

Page 1

Ausgabe 1/17

He l fen m it He rz u nd H a nd

HÄUSER – SO WOHNT DIE WELT Thema Haus – Heim – Heimat Lettland Einsatz in vier Wänden Irak Hoffnung ist ein schweres Wort


>>Inhalt

04

Hoffnung ist ein schweres Wort Irak: Geflohene warten auf Heimat

07 Mehr als ein Tapetenwechsel Chefsache 08 Einsatz in vier Wänden Lettland: Hierhin verirrt sich kein Fernsehteam 10

Haus – Heim – Heimat Theorie und Praxis angemessenen Wohnens

14

Updates Aktuelles aus den GAiN-Projekten

15

GAiN Aktiv Termine, Angebote So helfen Sie mit!

16 Mein Zuhause ist ein Zuhause, wenn ... Menschen berichten, wann sie sich wohl ­fühlen

Global Aid ­N e t w o r k Global Aid Network (GAiN) ist eine internationale Hilfs­­­organi­ sation, die seit 1990 in vielen Ländern der Welt humanitäre Hilfe leistet. GAiN möchte ein weltweites Logistiknetzwerk für humanitäre Hilfe aufbauen und arbeitet eng mit ­anderen humani­tären Organisationen, Produktions­firmen und Privat­ personen zusammen. Auf diese Weise ­können wir in ­akuten Not­ situationen schnell auf die Bedürf­ nisse von betroffenen ­Menschen ­reagieren, die benötigten Hilfsgüter organisieren und diese umgehend und kostengünstig in die Zielgebiete ­transportieren. Die zuverlässige Verteilung der ­Spenden in den betroffenen Re­ gionen stellen ­unsere meist ein­ heimischen ­Partner sicher. GAiN ist der Partner für humanitäre Hilfe von Campus für Christus.

Unsere neue Webseite Informativ. Modern. Kurzweilig.

Impressum Herausgeber: Global Aid Network (GAiN) gGmbH Am Unteren Rain 2, D-35394 Gießen Tel. 0641-975 18-50 Fax 0641-975 18-41 Redaktion: Birgit Zeiss, Harald Weiss Gestaltung: Claudia Dewald Erscheinungsweise: vierteljährlich, der ­Bezugspreis ist im Mitgliederbeitrag ­enthalten. Vertrieb: GAiN Deutschland Fotos: Claudia Dewald oder privat Spendenkonto: GAiN gGmbH Volksbank Mittelhessen IBAN DE88 5139 0000 0051 5551 55 BIC VBMHDE5F

Schauen Sie mal rein: GAiN-Germany.org

2

Bew e gt 1-2017 │ Glo bal Ai d N etwo rk


Für Leute mit Durch­ blick

Helfen. Liebe Leserin, lieber Leser, ich lebe noch kein Jahr in meinem neuen Heim. Wenn ich überlege, was mein Haus zu einem Zuhause macht, dann wird mein Herz schwer. Mein Mann plante und renovierte, wir zogen ein und genossen unsere neue Umgebung. Wenig später schlug die Krankheit zu und nahm meinem Mann den Atem und das Leben. Er fehlt, in meinem ­Leben, in meinem Zuhause. Ein Heim macht viel mehr als nur vier Wände aus. Während wir darüber nachdenken, wie wir es uns in unseren Woh­ nungen möglichst wohnlich und gemütlich machen – „Wohnst du noch oder lebst du schon?“, fragt uns ein bekanntes schwedisches Unterneh­ men – müssen vielerorts vertriebene Menschen in Zelten und Lagern ausharren. Während hier viele Menschen ohne Angehörige vereinsamt in ihren viel zu großen Wohnungen leben, müssen sich anderswo große Familien mit einem einzigen Zimmer begnügen. Bei GAiN konnten wir schon sehr bald nicht mehr über die katastro­ phalen Wohnverhältnisse von Menschen, denen wir helfen wollten, hinwegsehen. Nahrung und Kleidung reichen eben oft nicht, um Men­ schen ganzheitlich zu helfen. Sowohl bei der Katastrophenhilfe als auch bei unseren langfristigen Projekten machen wir die Erfahrung, dass dann wieder Hoffnung aufkommt, wenn Menschen angemessen wohnen können. Viel Freude beim Lesen! Ich kann Ihnen jetzt schon versichern, dass Sie nach der Lektüre dieser „bewegt“ dankbarer in Ihren eigenen vier ­Wänden nicht nur wohnen, sondern leben werden. Herzlich, Ihre

Birgit Zeiss, Redaktion

Mit Herz und Hand. Wir suchen ­engagierte ­Mitarbeiter/­innen: Projektleiter/in für Auslands­projekte (in der ­Gießener Zentrale) Gemeindereferent/in Assistent/in für Bereichsleiter Mobilisation Logistikleiter/in Mitarbeiter/in im Bereich ­Öffentlichkeitsarbeit

Weitere Infos:

GAiN/Campus für ­Christus Personalabteilung Postfach 100 262, 35332 Gießen Tel. 0641-97518-33 Personal@campus-d.de oder auf unserer Webseite: GAiN-Germany.org unter „Aktuell“ Der Bewerbungsprozess wird von der Personalab­ teilung von Campus für Christus e.V. durchgeführt.


>>Irak

Hoffnung ist ein schweres W Geflohene warten auf Heimat Harald Weiß (links) besucht mit seiner Kollegin Claudia Dewald geflüchtete Familien im Nordirak.

4

Bew e gt 1-2017 │ Glo bal Ai d N etwo rk


Wort achdem ich bereits einige Zeit mit GAiN unter­wegs bin, ­hatte ich hin und w ­ ieder auch die Möglichkeit unsere Projekte vor Ort kennenzu­ lernen. Inzwischen kann ich es ziemlich gut ver­ kraften, in ein armes Land zu ­reisen und Not zu er­leben. Zurück im Büro schaffe ich es schnell wieder, zur täglichen Routine zurück­zukehren. ­Meine Reise in den Irak verlief anders. Ende 2016 war ich dort mit ­einigen Kollegen unter­ wegs. Plötzlich wurde ich nicht nur mit Armut konfrontiert, sondern mit Zerstörung. Alle Men­ schen, die wir in überfüllten Flüchtlings­lagern besucht haben, hatten traumatische Erlebnisse und Erfahrungen mit ­Gewalt, die meisten haben Familiengehörige verloren und konnten gerade einmal sich selbst vor dem IS (Islamischen Staat) in Sicherheit bringen. „Hoffnung ist ein schweres Wort“, sagt Sam, ein Vater, den wir in einem großen Flüchtlingslager mit etwa 50.000 Menschen getroffen haben. Zusammen mit seiner Frau und seinen sechs Kindern, von denen einige bereits Teenager im Alter meiner ­eigenen Kinder sind, lebt er seit Monaten dort in einem Zelt. Es ist gerade mal so groß ist wie das kleine Jugendzimmer meiner Tochter. Im Gespräch mit uns erzählt er, wie sehr er darunter leidet, dass seine Kinder seit Jahren keine Schule besuchen kön­ nen. Gut, dass es im Camp eine Schule gibt, die jedem Kind we­ nigstens für einige Stunden pro Woche Unterricht ermöglicht. Trotz unzureichender Versorgung und miserablen Zuständen möchte er seinen Kindern Hoffnung auf eine Zukunft schen­ ken. Damit sie sich etwas heimisch fühlen, hat er vor dem Zelt ein kleines Beet mit Blumen angelegt und aus weggewor­ fenen Teilen eine Kinder­ schaukel gebaut. „Das, was jetzt wichtig ist: Ich muss mit dem, was ich finde, ein Heim für meine Familie schaffen. Sonst sind wir tatsächlich hoffnungslos.“ Sein Bruder Abdul, den wir einige Zeltstraßen ­weiter

G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e gt 1-2017

5


>>Irak besuchen, lebt mit seiner Frau und acht Kin­ dern bereits seit etlichen Monaten im Camp. Bevor sie nach der Flucht hier landeten, war Abdul ein angesehener Beamter. Doch das ist lange her. Auch er spricht vor allem von seinen Kindern. „Ich versuche, jetzt viel mit den Kindern zu lernen. Sie brauchen doch Bildung. Man hat ihnen nicht nur die Ver­ gangenheit geraubt, sondern ihnen auch die Zukunft gestohlen.“ Stolz zeigt einer seiner Söhne das Englischbuch, das er vor einigen Tagen von irgendjemandem bekommen hat. Dankbar ist Abdul dafür, dass er seit kurzem für sich und die Familie zwei Zelte zur Ver­ fügung hat. Das ist immer noch wenig Platz für zehn Personen, aber eine deutliche Ver­ besserung. Doch es kommen täglich neue Flüchtlingsströme an. Es wird nicht lange dauern, bis Neuankömmlinge eines der bei­ den Zelte benötigen. Während ich mit einer Kollegin zu einem Meeting der Vereinten Nationen gehe, fährt mein Chef mit einer kleinen Gruppe nach Karakosch. Ein Mitarbeiter unseres Partners vor Ort, der von dort kommt, geht mit ihnen durch die Stadt und zeigt ihnen das Maß der Zerstörung. Hier ist kein Stein auf dem an­ deren geblieben. Brachiale Gewalt hat alles kaputt gemacht, was einmal im Leben von vielen Christen bedeutsam war. Das ist es, was mich umtreibt: Hier herrscht Armut, weil Menschen anderen Menschen sinnlos alles abgenommen und zerstört haben. „Wie werden nicht vergessen, was der Islamische Staat uns angetan hat“, sagt der Erzbischof der Syrisch-Orthodoxen Kirche auf dem Christustag in Erbil, an dem wir auch teilgenommen haben. „Wir werden nicht vergessen, aber wir werden vergeben, weil wir Christen sind.“ Dieser Mut zur Ver­ gebung, der mir auch an anderer Stelle im­ mer wieder begegnet ist, beeindruckt mich. Bei einer Hilfsgüterverteilung ruft mir ein Familien­vater zu: „Ich wünsche dir Frieden für deine Gefühle.“ Diesen Frieden habe ich nach meiner Rückreise bisher noch nicht wieder gefunden. Aber Hoffnung empfinde ich. Auch weil wir mit unserem treuen Part­ ner vor Ort derzeit verstärkt helfen können. Mehrmals pro Monat verlässt ein Hilfsgü­ tertransport in den Irak unser Lager. Ehren­ amtliche Katastrophenhelfer verstärken un­ ser Team vor Ort. „Man muss das Gute ins Schlechte tragen“, habe ich gestern zurück auf meinem kuscheligen Sofa gelesen. Im Irak versuchen wir genau das. Harald Weiss ➔ Weitere Infos und Fotos über die ­Lebenssituation im Irak: GAiN-Germany.org/­projektlaender/irak

6

Bew e gt 1-2017 │ Glo bal Ai d N etwo rk

In riesigen Zeltlagern leben viele Geflüchtete, manche schon seit 2014.

Klaus Dewald steht fassungslos in den Trümmern der Stadt ­Karakosch.

SO KÖNNEN SIE HELFEN GAiN unterstützt seine einheimischen Partner im Irak seit 2014: • Mit 50 € ermöglichen Sie, dass eine Familie in einem Monat ein Paket mit Lebensmitteln und ein Paket mit Hygieneartikeln erhält. • Mit 120 € bezahlen Sie einen Frischwassertransport in ein Lager. Pro Tag werden dort zehn Lieferungen benötigt. • Mit 300 € kommen Sie für die Ausgaben auf, die unsere Mitarbeiter monatlich für die Beratung, Seelsorge, Schulung und gemeinsamen Aktivitäten für 600 Flüchtlingsfrauen einsetzen. Es gibt viele Nöte, für die wir nach Lösungs­ konzepten suchen: Z.B fehlen vielen Kindern einfach zwei Jahre Schulunterricht, Studierenden fehlen mehrere Semester. Viele brauchen einen Mikrokredit, um beruflich wieder neu anfangen zu können. Jede Spende ist willkommen, denn der Bedarf ist groß.

Spendenkonto:

GAiN gGmbH, Volksbank Mittelhessen IBAN DE88 5139 0000 0051 5551 55 BIC VBMHDE5F, Verwendungszweck: Irak


>>Thema

Mehr als ein Tapetenwechsel

Chefsache Was GAiN-Leiter Klaus Dewald bewegt

„Was? GAiN baut jetzt auch noch Häuser? Ist das nicht ­etwas zu viel des Guten? Muss das sein?“ Alle, die sich das f­ragen, lade ich ein, uns auf unsere Reisen in die Projekt­länder zu begleiten.

s begann vor vielen Jahren in wir erleben und spüren, dass das nicht Lettland. Da, wo wir Familien nur äußerlich etwas verändert. In allen geholfen haben, entdeckten Fällen haben Familien wieder Hoffnung wir katastrophale Wohnver­ bekommen, sich selber zu helfen. Wir re­ hältnisse: kein Strom, kein novieren nie das ganze Haus, sondern las­ Wasser, kein Badezimmer, kaputte sen immer auch eine Ecke unbearbeitet. ­Fenster, Dunkelheit. Da war es mit Klei­ Die Familie erhält die Mittel, selber anzu­ dung und Nahrung nicht getan. Wenn packen, und auf einmal geht das. Wenn man die Augen nicht verschließt und ich die Familien ein Jahr später wieder wirklich ganzheitlich besuche, sehe ich, wie sich das helfen will, muss man Wenn wir Konzept bewährt. mehr tun. Angemes­ Einmal dankte mir eine Mut­ senes Wohnen gehört Lebensumter schon vor der Aktion in ihrem zu den Grundbedürf­ stände verHaus sehr überschwänglich, als nissen von Menschen. wir sie besuchten, um die Reno­ vierung anzukündigen. Ich sagte, Wir haben bei un­ ändern, säen seren Gruppenreisen wir Hoffnung. sie brauche sich nicht zu bedan­ ken, bevor wir etwas gemacht zuerst immer Wo­ chenenden für Kinder Und ­Hoffnung ­hätten. Sie sagte: „Doch, ihr habt veranstaltet. Dabei bedeutet schon geholfen, weil ich jetzt lernten wir ihre Fami­ schon Hoffnung habe“. Nach der lien kennen und ihre ­Zukunft. Aktion hatte sogar ihr Mann wie­ der den Mut, eine Arbeitsstelle hoffnungslosen Le­ bensumstände. Heute wählen wir jedes zu suchen, mit Erfolg! Jahr eine Familie aus, in deren Haus wir Es ist nicht immer leicht, die richtige eine Veränderung schaffen, indem wir Familie für eine solche Renovierungsak­ ihre Wohnverhältnisse aufwerten. Wir tion auszusuchen. Es gibt so viele arme renovieren, legen Wasser- und Strom­ Familien. Darunter sind solche, die noch anschlüsse, installieren sanitäre Einrich­ kämpfen, da sind noch Hoffnung, Über­ tungen. Und über all die Jahre konnten lebenswille und Kampfgeist. Da ist noch

nicht alles verloren, sie arbeiten noch da­ ran, dass sich etwas verändert. Aber es gibt Familien, die wohnen nur noch. Da ist die Hoffnung erloschen. Genau solche Familien wählen wir aus. Das ist oft eine Gradwanderung, wenn wir vor Ort sind und uns unter den drei oder vier Fami­ lien, die unser Partner ausgewählt hat, für eine entscheiden müssen. Was in Lettland begonnen hat, gilt auch für andere Projektländer. In Arme­ nien helfen wir sogar beim Bau neuer Häuser. Einen rostigen 30 Jahre alten Wohn-Container kann man nicht mehr renovieren. Für mich ist das jedes Mal wieder unfassbar, wenn ich sehe, wie Menschen dort leben. Da gibt es kein Wasser, kein Bad, alle schlafen in einem Bett, man wäscht sich draußen mit ei­ ner Schüssel. Ich würde gerne noch viel mehr Häuser in Armenien bauen lassen. Sie kos­ten nur etwa 4.000 Euro. Mit ver­ hältnismäßig wenig Einsatz kann viel ver­ ändert werden, kann viel Hoffnung gesät werden und wachsen. Und wieder ein­ mal gilt: wir müssen nicht die Welt ret­ ten, nicht die Wohnungsnot lösen. Aber wir können für einzelne Familien sehr wohl ihre kleine Welt verändern.

G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e gt 1-2017

7


>>Lettland

Einsatz in vier Wänden Hierhin verirrt sich kein Fernsehteam

Der Brunnen ist wieder ausgetrocknet. ­Alina füllt eine Schüssel mit Wasser für den täglichen Abwasch aus einer ausrangier­ ten Badewanne. Sie sammelt Regenwas­ ser in Behältnissen rund ums Haus, da der Brunnen im Sommer nicht genügend Was­ ser für die Bedürfnisse der neunköpfigen Familie hergibt. Plötzlich ertönen Schreie aus der Küche. August hat Holzscheite aus dem Ofen geholt und damit gespie­ lt. Jetzt brennt der Teppich. Alina benutzt das Spülwasser zum Löschen des Feuers. Die ganze Wohnung ist verrußt und auch die Kinder sind schwarz und riechen nach Rauch. Sie wirft schnell ein paar Handtü­ cher in eine Tasche, nimmt ihre vier Kinder an die Hand und geht mit ihnen zum Wa­ schen zu einem zwei Kilometer entfernten See. Kaum zu glauben, dass solche Zu­ stände im EU-Land Lettland keine Einzel­ schicksale sind.


VORHER

KINDERZIMMER

KÜCHE

NACHHER

WOHNZIMMER

„Hier war deutlich zu spüren, dass die Hoff­ nung, die gesät wurde, durchträgt“.

utter Alina hat es nicht leicht. Sie lebt in einem Haus ohne Sanitäranlagen und ohne fließendes Wasser. Tag und Nacht muss sie drei geistig be­ hinderte Kinder beaufsichtigen. Ihre 18-jährige Tochter hilft ihr dabei. Sie würde so gerne ausziehen, da sie selber schon eine kleine Familie hat. Aber der Mann der Toch­ ter hat nur Gelegenheitsjobs, sodass sie sich die Miete für eine eigene Wohnung nicht leisten können. Das Einfamilienhaus, in dem die Familie lebt, ist spätestens nach dem Brand dringend renovierungsbedürftig. Vater Richards hat vor zwei Jahren neue Fenster eingebaut, aber auch er verdient gerade genug, um die Familie zu ernähren. Als Lasma (Leiterin der lettischen Partner­ organisation) Alina Hilfe in Form eines Baueinsatzes anbietet, kann sie es kaum fassen: „Egal, wie viel ihr in den drei Tagen Klaus Dewald schafft, jede Kleinigkeit wird eine tolle Veränderung für uns sein.“ Drei Tage lang müssen alle Familienmitglieder das Haus ver­ lassen und bei Verwandten wohnen. Am Tag der Fertigstellung kommen alle zurück. Mutter Alina hat zufälligerweise an die­ sem Tag Geburtstag. Vor lauter Fassungslosigkeit und Freude über das Ergebnis bringt sie zuerst kein Wort heraus. Zwei Tage später fahren Klaus und ein Mitarbeiter wieder hin. Sie treffen die Familie am neu installierten Waschbecken an. Sie drehen den Wasserhahn auf. Das Wasser läuft! Sie drehen ihn wieder zu und nochmals auf. Und es läuft immer noch. So geht das mehrere Minuten. Das fließende Wasser im Haus ist das größte Geschenk für Alina. Jetzt kann sie sogar eine Waschmaschine anschließen. Ihr Mann verspricht, den Brunnen tiefer zu graben, damit die Familie den ganzen Sommer fließendes Wasser hat. Dieser Einsatz fand im Sommer 2015 statt. Ein Jahr später, während einer neuen Renovierungsaktion, besuchte GAiN-­ Leiter Klaus Dewald und ein Team die Familie wieder: spontan Die Teilnehmer der Lettlandfreizeit stehen vor der großen Herausfor­ derung, die Räume dieses Hauses zu renovieren. Dann mal los! und unangemeldet. Die Kinder, die vor einem Jahr noch scheu waren, liefen ihnen freudig entgegen und umarmten sie. Innen war das Haus sauber, alle Geräte intakt, und der kleine Junge ➔ Interesse an einer Reise mit Baueinsatz in Lettland? lief gleich wieder zum Wasserhahn und drehte ihn mit strah­ Mehr darüber auf S. 15 oder unter: GAiN-Germany.org/­ lenden Augen auf und zu. Das Wasser läuft immer noch! Der mitmachen/reisen-mit-herz Vater hatte mittlerweile sogar einen festen Arbeitsplatz gefun­ den. Es veränderten sich nicht nur Tapeten, sondern auch Hal­ ➔ Weitere Fotos von dieser Familie und dem Baueinsatz: tungen und dann auch die Umstände. GAiN-Germany.org/­projektlaender/lettland Claudia Dewald


>>Thema

Haus – Heim – Heimat Theorie und Praxis angemessenen Wohnens

eben Nahrung und Kleidung ist Wohnung eines unserer menschlichen Grund­bedürfnisse. Ein Dach über dem Kopf, e ­ inen geschützten Platz zum Leben brauchen M ­ enschen überall auf der Welt. Erfahren Sie hier mehr über Theorie und Praxis, wie Menschen weltweit wohnen.

10

Bewe gt 1-2017 │ Glo bal Ai d N etwo rk


Wie Menschen wohnen – die Theorie

Diese und andere Standards für huma­ nitäre Hilfe hat das 1997 gegründete „Sphere“-Projekt festgeschrieben. Sphere (engl. bedeutet: Sphäre). Weltweit haben sich hunderte Hilfsorganisationen dieser privaten Initiative angeschlossen, die sich nach festgelegten Standards richten wollen, um humanitäre Hilfe zu verbes­ sern. Das zentrale Werkzeug dabei ist ein Handbuch, das in über 40 Sprachen existiert. Es enthält die konkreten Zah­ len und legt Mindeststandards für Hilfe in vier Grundbereichen fest. Bei den ge­ nannten Zahlen handelt es sich aber nicht um starre Werte, sondern um Richtlinien, die natürlich auch im Kontext des jewei­ ligen Landes betrachtet werden müssen.

Jedes Land, in dem Sozialleistungen gewährt werden, hat Richt­ linien für angemessenes Wohnen. In Deutschland hat jedes Bundesland für seine Sozialämter und Jobcenter festgelegt, wie viel Wohnraum angemessen ist, wenn die Kosten übernommen werden sollen. Um Einsparungen zu erzielen, soll sich der Wert künftig eher verringern. Die durchschnittlichen Werte betragen:

Personen

Wohnfläche

1

bis 50 qm

2

bis 60 qm (oder 2 Wohnräume)

3

bis 75 qm (oder 3 Wohnräume)

4

bis 90 qm (oder 4 Wohnräume)

ab 5

jede weitere Person zusätzlich 10 qm (oder 1 Wohnraum mehr)

Was ist angemessenes Wohnen? Jeder hat das Recht auf angemessenes Wohnen. So steht es in Art. 25 der allgemeinen Menschenrechte oder in Art. 27 der Kinderrechtskonvention. Das umfasst das Recht auf ein Le­ ben in Sicherheit, Frieden und Würde mit Rechtssicherheit der Wohnverhältnisse sowie Schutz vor Zwangsräumung und Recht auf Rückgabe. Angemessenes Wohnen bedeutet: • Ausreichend Schutz vor Kälte, Feuchtigkeit, Hitze, Regen, Wind und sonstigen gesundheitlichen Bedrohungen. • Verfügbarkeit von Dienstleistungen, öffentlichen Einrich­ tungen, Konstruktionsmaterialien und Infrastruktur. • Tragbare Kosten, Bewohnbarkeit, Zugänglichkeit, ange­ messene Lage und kulturelle Angemessenheit. • Nachhaltiger Zugang zu natürlichen und gebräuchlichen Ressourcen; sauberes Trinkwasser, Energie für das Kochen, Heizen und die Beleuchtung, Sanitäreinrichtungen und Waschgelegenheiten; Möglichkeiten zur Lagerung von Le­ bensmitteln; Abfallentsorgung; Grundstückentwässerung und Notdienste. • Geeigneter Standort von Siedlungen und Wohnungen, da­ mit der sichere Zugang zu Gesundheitsdiensten, Schulen, Kinderbetreuungszentren und sonstigen sozialen Einrich­ tungen sowie zu Existenzsicherungsmöglichkeiten bzw. Ar­ beitsmöglichkeiten gewährleistet ist. • Dass die Baumaterialien und -richtlinien betreffend den Wohnungsbau in angemessener Weise den Ausdruck der kulturellen Identität und Verschiedenheit des Wohnens ermöglichen. Alle betroffenen Menschen verfügen über eine überdachte Grundfläche von mindestens 3,5 qm pro ­Person.

­Reichen 3,5 Quadrat­ meter pro ­Person?

Wie Menschen wohnen – die Praxis Weltweit sind 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Jeder 113. hat also sein Zuhause verlassen müssen. Erst wenige von ihnen haben an ihren neuen Orten schon Wurzeln schlagen können. Viele wohnen behelfsmäßig in Lagern oder vo­ rübergehenden Wohnungen. Über eine Milliarde Menschen hat keinen Zugang zu Strom. Zwanzig Prozent der Weltbe­ völkerung hat keinen Zugang zu sau­ berem Trinkwasser. In unseren GAiN-Projektländern wohnen und leben Menschen sehr unterschied­ lich. Ihre Bedürfnisse und Ansprüche an ihr Zuhause sind grundverschieden. Während wir uns im reichen Deutschland eher über Dekoration und Wohnqualität Gedanken machen, wären andere schon glücklich, wenn sie überhaupt ein Dach über dem Kopf haben. Sehen und lesen Sie auf den nächsten Seiten, wie die Menschen in unseren Projekt­ländern wirklich wohnen.

(Aus: The Sphere Projekt, 2011, S. 280) G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e g t 1-2017

11


>>Thema

Wie Menschen wohnen – die Praxis UGANDA Afrika ist der Kontinent mit den meisten Menschen ohne Wasser- und Strom­anschluss. Abseits der Großstädte leben Menschen immer noch in selbstgebauten Steinhäusern oder in Lehmhütten in Dörfern mit einem Brunnen als Wasserquelle. Das heisst nicht unbedingt, dass diese Men­ schen unzufrieden sind. Dank der Temperaturen lebt man draußen, in den kleinen Hütten wird nur geschlafen. Es ist nicht immer klug, diese funktio­ nierenden Gemeinschaften zu verändern. Wenn Notlagen eintreten, haben diese Menschen allerdings keinerlei Reserven.

UKRAINE Im Land herrscht Wohnraummangel, wie fast überall in Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Die Men­ schen sind noch ärmer als in Lettland. Sie bewohnen oft Wohnblocks, in denen zwei oder drei Familien nur drei bis vier Zimmer zur Verfügung stehen. Auf dem Land teilen sich mehrere Generationen ein Haus. Es ist kein Geld da, sich ein neues Haus zu bauen. Man rückt hier eher zusammen. Vor allem die Christen teilen dort viel mehr als bei uns. Da werden halt Zimmer geräumt und günstig vermietet.

ARMENIEN Menschen in der Hauptstadt Jerewan wohnen anders als ein Großteil der Menschen in ländlichen Gebieten. Von dem Erdbeben 1988 waren über eine Million Menschen betroffen. Die damalige Sowjetunion hatte Hil­ fe zugesagt, aber existierte bald darauf nicht mehr. Nach fast 30 Jahren wohnen Menschen immer noch in Containern, die damals billig als Über­ gangslösung zur Verfügung gestellt wurden. Familien leben in einem Zim­ mer, schlafen in einem Bett, müssen sich draußen waschen. Die Regierung hat keine Mittel. Wohnraum ist wie überall im ehemaligen Ostblock sehr knapp. Container kann man nicht renovieren.

12

Bewe gt 1-2017 │ Glo bal Ai d N etwo rk


HAITI „Hier wohne ich!“ Nach dem Erdbeben steckten sich die obdachlosen Menschen notdürftig das ihnen zugewiesene Grundstück ab. In dem Land, das von Wirbelstürmen und Erdbeben geplagt wird, sollte sicheres Bauen Standard sein. Sollte. Armut und Korruption verhindern dies. Die Menschen abseits der Hauptstadt wohnen in Steinhäusern einfachster Bauart mit einem Blechdach. Bei den heißen Temperaturen muss es luf­ tig sein in den Räumen. Die von Hilfsorganisationen aufgestellten neuen Häuser entsprechen oft nicht den kulturellen Gegebenheiten.

LETTLAND

IRAK Der Irak ist kein armes Entwicklungsland. Es gibt einen breiten Mittelstand, viele Familien bewohnen zum Beispiel ein Reihenhäuschen in ­Orten mit guter Infrastruktur. Aber seit dem IS-Terror sind 3,5 Millionen Iraker auf der Flucht und suchten vor allem im Norden des Landes Zuflucht. Wohnraum ist mehr als knapp. Menschen leben in Lagern, Rohbauten und anderen Behelfsunterkünf­ ten. Die Heimatstädte der Geflohenen sind total zerstört. Der Wiederaufbau wird etliche Jahre dauern. Die Menschen brauchen jetzt aber Frieden und Si­ cherheit, bis sie an den Wiederaufbau denken.

Nur wenige Kilometer von der Me­ tropole Riga entfernt trifft man auf die harte Wohnrealität vieler Let­ ten. Sie bewohnen alte baufällige Häuser, oft ohne fließendes Wasser und Heizung. Die Lebenshaltungs­ kosten sind hoch, die Arbeitslosig­ keit auch. Angemessenes Wohnen bleibt für viele nur ein Traum. Selbst an den Rändern der Städte wohnen die Menschen in Wohnblocks im typisch sowjetischen Baustil. Dort teilen sich mehrere Familien Küche und Bad und bewohnen selber nur zwei Zimmer.

MYANMAR / SRI LANKA In Myanmar war es ein Zyklon, in Sri Lanka ein Tsunami. Das Er­ gebnis war das gleiche. Sehr viele Menschen kamen ums Leben, aber noch viel mehr verloren ihre Existenz, ihren Besitz und ihre Unterkunft. Zelte sind nach jeder Katastrophe eine erste Lösung, aber kein Dauerzustand. Viele Hilfswerke, so auch GAiN, errichteten einfache neue Häuser, und zwar in landesüblichem und kulturange­ passtem Standard. Dort wohnen die Opfer noch heute.

G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e g t 1-2017

13


>>GAiN-Projekte

updates HAITI Immer noch leisten wir Hilfe nach dem Hurrikan „Matthew“ (Oktober 2016). Die betroffenen Familien aus der Umgebung des Kinderheims erhielten Nahrungsmittel­ pakete, Schulranzen, Bananenpflanzen und Hühner. Ein besonderes Highlight fand an Weihnachten statt. Zum Openair-Weihnachtsgottesdienst im Kinderheim kamen etwa 300 Nachbarn mit ihren Kindern. Als Geschenk erhielten alle Gäste Taschenlam­ pen mit zusätzlichen Batterien. In ihren Häusern haben viele keinen funktionierenden Strom­anschluss. Als es an dem Abend dunkel wurde, schalteten alle ihre Lampen an. Im Januar wurde die Baugenehmigung für die neue Schule erteilt. Im April wollen die Mitarbeiter mit dem Bau beginnen.

KATA S T R O P HE NHI L F E Zusätzlich zu unserer langfristigen Hilfe im Irak kam das GAiN-Team der ehrenamt­ lichen Katastrophenhelfer von Dezember 2016 bis März 2017 dort zum Einsatz. Die Lage der Flüchtlinge in der autonomen Region Kurdistan ist eine Katastrophe, leider auch noch eine menschengemachte. 13 geschulte Katastrophenhelfer unterstützten unsere Partner beim Auf- und Abladen, Einkauf, Verpacken und Verteilen von Hilfs­ gütern in drei großen Flüchtlingslagern und auch schon in manchen anderen Orten, die von der Herrschaft des IS befreit wurden. Für das nächste Training für Katastro­ phenhelfer im April 2017 in Lettland haben wir 20 Teilnehmer aus sieben verschie­ denen Ländern angenommen.

U K R A I NE Die Not im Land nimmt zu. Die Menschen sind des Krieges müde. Die Miet- und Nebenkosten sowie die Lebensmittelpreise haben sich verdreifacht, während die Löh­ ne gleich geblieben sind. „Die Menschen kratzen alles zusammen, was sie können, um zu überleben“, berichtet unsere Partnerorganisation. Der Waffenstillstand hält nicht. Schon im Januar kam es wieder zu schweren Kämpfen zwischen den beiden Fronten. Die Flüchtlinge erkennen nach den drei Jahren Krieg, dass die Regierung ihnen nicht hilft und sich niemand um sie schert. So kehren viele in die zerstörten Dörfer der Kriegsgebiete zurück. Unsere Partner senden regelmäßig Hilfslieferungen in die Kriegsgebiete von Lugansk und Donbass. Gerade im Winter wurde diese Hilfe stark benötigt, dort herrschten zwischen 20 und 25 Grad Minus.

A R M E NI E N Bei unserem letzten Besuch in Armenien trafen wir eine dankbare junge Frau und für uns alte Bekannte wieder. Gayane aus der Blumenkinderfamilie ist jetzt erwachsen, verheiratet und hat selbst Kinder. Damals im Jahr 2005 stand sie in strömendem Re­ gen an der Straße und verkaufte Blumen an Autofahrer. Die Armut und schlimmen Lebensbedingungen ihrer Eltern und Geschwister rührten uns damals zu Tränen. Wir halfen ihnen über mehrere Jahre regelmäßig. Heute dankt sie uns strahlend: „Wenn ihr damals nicht gekommen wärt, hätte ich mich umgebracht.“

14

Bewe gt 1-2017 │ Glo bal Ai d N etwo rk


>>GAiN Aktiv

So helfen Sie mit!

Helfen mit gebrauchten ­Gütern

REISEN MIT HERZ

2017/18

Packen Sie gut erhaltene, saubere Kleidung, Schuhe oder Haushaltsgegenstände in ­stabile Kartons (am besten Bananenkisten), ­kleben Sie sie gut zu, heften Sie einen Zettel mit dem Inhalt daran und geben Sie sie bei einer GAiN-Sammelstelle in Ihrer Nähe ab. Adressen von Sammelstellen: www.karte.gain-germany.de oder ­Thomas Steffen: Tel. 0641-97518-66 Thomas.Steffen@GAiN-Germany.org

Helfen mit Schulranzen

Land entdecken | Menschen helfen Reisen Sie mit uns in eines unserer Projekt­­länder. B ­ egegnen Sie ­Menschen. ­Lernen Sie Land und ­Kultur ­kennen. Helfen Sie mit bei h ­ umanitären ­Einsätzen, ­Bau­projekten, Sport­ aktionen oder Kinder­programmen. ­Entdecken Sie das Land bei ­Ausflügen. Wir v­ ersprechen ­Ihnen eine un­ver­gessliche Zeit.

2017

Lettland 23.7. – 5.8. ................. 630 € zzgl. Flug Deutschland 31.7. – 4.8. .................. 220 € Armenien 18.8. – 1.9. .................. 690 € zzgl. Flug Uganda 28.10. – 11.11. ............. 890 € zzgl. Flug

2018

Packen Sie ein Päckchen mit Schul­material. Wenn Sie ­ sogar noch einen ­ gebrauchten Schulranzen besitzen, füllen Sie ­ diesen mit den Schulmaterialien und geben ihn bei ­einer der ­vielen Schulranzen-Sammel­stellen ab. In­ fos über den Inhalt, die Sammel­stellen und die Projektumsetzung e ­ rfragen Sie bitte bei der Schul­ranzenaktion. Kontakt: Silvia Huth Tel. 0641-97518-57 Schulranzenaktion@ GAiN-­Germany.org

Firmen spenden Waren Statt einwandfreie, aber nicht mehr im Wirt­ schaftsverkehr umsetzbare Ware zu ent­ sorgen, können Firmen diese Güter einfach spenden. GAiN ist regelmäßig auf der Suche nach Baby- und Kindernahrung, Trocken­ produkten, Hygiene­ artikeln, Waschpulver oder auch Schulmaterial. Sachspenden­ bescheinigungen sind selbstverständlich. Kontakt: Harald Weiss Tel. 0641-97518-54 Harald.Weiss@GAiN-Germany.org

Pate werden

Nigeria 3. – 17.3..................... 640 € zzgl. Flug Haiti 24.3 – 7.4. ................. 850 € zzgl. Flug und weitere Angebote im Internet

Es sind die Schwachen an vielen Orten der Erde, die sich nicht selber helfen können: Kinder, Frauen und alte Menschen. Paten­ schaften sind eine ideale Form, p ­ersönlich und wirkungsvoll zu helfen. Wir von GAiN vermitteln Paten­ schaften für Kinder in ­Uganda, Haiti und Indien, Frauen in Indien und Holocaustüber­lebende in I­srael.

Weitere Infos und Anmeldung

Kontakt: Andrea Scheffler Tel. 0641-97518-53 Patenschaften@ GAiN-­Germany.org

Daniela Terfloth Tel. 0641-97518-15 oder Reisen@GAiN-Germany.org Internet: GAiN-Germany.org/mitmachen/reisen-mit-herz

G l ob a l A id N e t w or k │ B e w e g t 1-2017

15


Postfach 100 262 35332 Gießen Tel.: (0641) 97518-50 Fax: (0641) 97518-41

70786 Postvertriebsstück Deutsche Post AG Entgelt bezahlt

Info@GAiN-Germany.org GAiN-Germany.org

Ich mag viel Platz, aber ich muss ihn nicht haben. Ich brauche ein Schlafzimmer, eine Küche und ein Bad. In der Küche koche ich gerne für meinen Mann und für Freunde. Aber ich brauche auch einen Ort, wo ich die Tür schließen kann und die Welt draußen bleibt. Ein Gebäude ist für mich dann ein Zuhause, wenn mein Mann da ist, und über­ haupt da, wo Liebe, Lachen, Essen und F ­ reunde sind. Joanna Fischer, geboren in Kanada, lebt seit 2015 in Deutschland und ist immer wieder als ­Katastrophenhelferin für GAiN unterwegs.

Ein Gebäude ist für mich dann ein Zuhause, wenn ich es als Rückzugsort bezeichnen kann, wenn ich mich wohlfühle und der Mensch sein kann, der ich bin. Dabei geht es weniger um die Quadratmeteroder Zimmeranzahl. Hier in Haiti habe ich z.B. ein Schlafzimmer, das etwa 6-7 qm groß ist. Ein klei­ nes Bad sowie die Wohnküche, die ich auf 16 qm schätzen würde, teile ich mir mit einer Haitianerin. Zuhause bedeu­ tet, dass ich Menschen habe, die mich gerne haben, sowie wenn ich einen stillen (!) Rückzugsort finde, um mit Gott in Kontakt zu treten. Alles andere ist zweitrangig. Anna-Lena Müller hat ihre deutsche Heimat verlassen, um für ein Jahr in Haiti in einem ­Kinderheim zu ­arbeiten.

Mein Zuhause muss 15 Quadratmeter groß sein. Auf dieser Fläche wohne ich gerade mit meiner Frau und zwei Kindern. Wir brauchen ein Zimmer. Früher hatten wir ein großes Haus, seit zwei Jahren wohnen wir im Container bzw. jetzt mit vier Famili­ en in einem Haus. Es ist nicht immer leicht, aber es geht.
Nicht verzichten kann ich auf meine Familie. Alles andere habe ich sowieso verloren. Ein Gebäude ist für mich dann ein Zuhause, wenn es Sicherheit gibt. Ich brauche das Ge­ fühl, dass uns als Familie nichts passieren kann. Aber nach unserer Flucht vor dem IS ist es gar nicht so einfach, das zu glauben. Adem* musste mit seiner Familie aus Mossul fliehen und lebt in einem Container in Erbil, Nordirak.

Mein Zuhause muss keine bestimmte Größe haben. Ich brauche nur ein Zimmer, das ist mir genug. Ich kann nicht auf meinen Glauben, die Kultur, meine Muttersprache, ­unsere Werte verzichten. Ein Ge­ bäude ist für mich dann ein Zuhause, wenn ich mit meiner Familie zusammen wohne. Obwohl Gott mir viele gute christliche Freunde und ein gutes Leben hier in Deutschland geschenkt hat, und obwohl die Situation in meinem Land zur Zeit so schlimm ist, vermisse ich trotzdem mein Heimatland, meine Familie, Freunde, Verwandte, Nachbarn, Uni, Arbeit, alles. Ich würde gerne irgendwann nach Hause zurückkeh­ ren, wenn die Situation dort besser wird, oder wenn Gott das will. Zaid K. aus dem Irak lebt seit zwei Jahren in Deutschland. *Name geändert

Mein Zuhause ist ein Zuhause, wenn ...


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.