CLV-Schulblatt Ausgabe Dezember 2020

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STICHMARKE GASTBEITRAG

Die digitale Schule von Georg Cavallar

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nterricht im Park? Vokabellernen beim Waldspaziergang? Weder realistisch noch für alle Schulstufen wünschenswert. Viel eher kommt auf Schülerinnen und Schüler eine Digitalisierungswelle zu. Über Visionen und Realitäten im Schulalltag. Während des Lockdowns im Frühjahr wagte der Zukunfts- und Trendforscher Matthias Horx voller Zuversicht eine viel beachtete sogenannte „ReGnose“, also einen Blick aus der Zukunft zurück in die imaginierte Gegenwart um den September 2020. Nun haben wir diesen September 2020 erreicht. Der damalige Enthusiasmus von Horx über die Zeit nach Corona wirkt jetzt ziemlich naiv und realitätsfremd. Die körperliche Distanz „erzwang“ eine neue Nähe? Die gesellschaftliche Höflichkeit habe zugenommen? Eine „neue Kultur der Erreichbarkeit“ sei entstanden? Mehr Humor und Mitmenschlichkeit statt TechnikHype? Für alle diese Prophezeiungen gibt es weder Belege noch anekdotische Evidenz.

» Was wir in Zukunft haben werden, ist nicht der Unterricht im Park oder das Vokabellernen beim Sport, sondern mehr Digitalisierung – zur Freude von Microsoft, Apple und Co. « 6

DEZEMBER 2020 | DAS SCHULBLATT

Auch über die Schule nach dem Corona-Shutdown ist schon viel geschrieben worden. Die grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann erhofft sich mehr Unterricht im Freien und die Freisetzung „von ganz neuen Dynamiken“ in den Schulen. Die Coronakrise als möglicher „Game-Changer“. Vielleicht ist es keine Hoffnung, sondern auch eine Erwartung, eine Prophezeiung oder einfach nur Wunschdenken.

IT-Firmen bauen Einfluss aus Thomas Krebs, der Vorsitzende des Wiener Zentralausschusses in der Pflichtschullehrergewerkschaft, stand für den skeptischen Pragmatiker. Eine Einstellung, die wohl typisch für die Mehrzahl der Lehrkräfte ist: Was ist realistisch, was ist machbar? Die professionelle Biologielehrerin ist schon lange vor Corona im Rahmen eines Lehrausganges in den Park oder den Wald gegangen, um Bäume „anzusehen“ (Hamanns Beispiel) und das Gesehene methodisch und systematisch in den Unterricht einzubeziehen. Aber jede Woche in den Wald? Mehr Unterricht im Grünen? Schwierig, wenn die Innenstadtschule keine eigenen Grünflächen hat und sich den Park mit anderen Schulen teilen müsste. „Schule neu denken“? Schon lange vor Corona gab es zahlreiche Visionen, wie Schule anders sein könnte. Einiges davon wurde


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